Herbert NOW AK, Hallein
GÖTTER UND KULTE DER ALTKANARIER AUFGRUND DER
HISTORISCHEN QUELLEN
Als Grundlage für diese Darstellung wurde die Chronik von LEONARDO TORRIANI,
deren Kenntnis wir dem Österreicher Dominik Josef WÖLFEL verdanken,
aus dem Jahre 1590 herangezogen. Ferner noch die Chronik des ABREU Y
GALINDO aus etwa der gleichen Epoche. Beide Chronisten schöpften aus derselben
historischen Quelle, die jedoch bis heute noch nicht aufgefunden wurde. Für
Ergänzungen wurden noch Passagen aus der „Cuarta Decada" des ALONSO DE
PALENCIA aus der Zeit um 1480 sowie WÖLFELS im Jahre 1965 posthum
erschienenes Werk MONUMENTA LINGUAE CANARIAE herangezogen.
Auf die Verarbeitung weiterer sich anbietender Quellen wurde verzichtet, zumal
sie für diese Darstellung keine weiteren Ausblicke mehr geboten hätten. Auf die
Beiziehung von Berichten und Hinweisen der nachfolgenden Chronisten wurde
verzichtet, da gerade WÖLFEL, der das historische Material wie kein anderer kannte,
in seinen MONUMENT A LINGUAE CANARIAE deutlich darauf hingewiesen hat,
wie ungesichert das Material oft ist, ja daß es vielfach eine romantische Vorstellung
eher festhält als seriöse Nachrichten.
Wenden wir uns nach diesen Vorbemerkungen jedoch den Überlieferungen für die
Inseln selbst zu.
Hierro
Die Männer verehrten einen männlichen Götzen, ERAORANHAN, die Frauen einen
weiblichen namens MONEIBA. TORRIANI schreibt: ,,Zu ihnen beteten sie ohne
Opfer und glaubten, daß sie auf den höchsten Felsen wohnten. Außerdem wurde bei
ihnen das Schwein hochverehrt, weil ihnen der Teufel, von ihnen ARANFEIBO
genannt, in ähnlicher Gestalt erschien" (TORRIANI, 189).
Wenn die Niederschläge ausblieben, gingen die Herrefios zu einem TACUITUNTA
genannten Ort, fasteten drei Tage, schrien das Wort „Wasser" zum Himmel, bis
schließlich der Teufel in Gestalt eines Schweines herauskam und es regnen ließ
(TORRIANI, 191). ABREU Y GALINDO (91) erweitert diesen Bericht: Das
Schwein ARANFAIBO, ein „Vermittler" zwischen den Menschen und Gott, war ein
Freund des männlichen Gottes ERAORANHAN. Das aus einer Höhle kommende
Schwein wurde von einem als heilig geltenden Mann aufgenommen und im Rahmen
einer Prozession um die beiden Kultfelsen herumgetragen und schließlich zu seiner
Höhle, ASTEHEYTA genannt, zurückgebracht.
Ich habe mich bereits mit der Örtlichkeit BENT A YCA, also dem Platz der beiden
Kultfelsen, befaßt und stehe damit im Gegensatz zur Ansicht von ALV AREZ
DELGADO (1945, 408; 1946, 10), der die Kultfelsen auf einigen Felsblöcken tief im
Süden der Inseln lokalisieren will, während meiner Ansicht dafür doch am ehesten
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der Platz um die heutige Montana Ventejea dafür in Frage kommt (NOWAK, 1970).
Doch ist für uns heute die Lage der beiden Kultfelsen nicht von Bedeutung,
sondern nur der Kult selbst, den WÖLFEL als Ahnenkult um einen Stammvater und
eine Stammutter sieht. Diese Stammeltern sowie das Schwein in seiner Rolle als
,,Vermittler" zwischen Göttern und Menschen sind für WÖLFEL typisch megalithisch.
Der Kultplatz TACUITUNTA muß in unsere Betrachtung miteinbezogen werden,
doch werden wir darüber erst im Rahmen unserer Betrachtungen über die Insel
Tenerife sprechen.
Ahnenkultisch bedeutungsvoll ist weiters die altkanarische Anlage im Steilabfall
von El Julan, Los Concheros, unweit der Felsinschriften von Los Letreros. Dieser
Opferplatz wurde von A. CLOSS in religionswissenschaftlicher Sicht schon mehrmals
behandelt (CLOSS, 1966a; 1966b; 1968/69).
In einem Steinkreis befindet sich ein aus Steinplatten geschlichteter turmartiger
Aufbau von rund 1,80 m Höhe rechteckigen Grundrisses. Knapp daneben befinden
sich die zerfallenen Reste eines Brandopferofens, im Hintergrund eine aus
Steinmauern geschlichtete Wohnanlage. Die von VERNEAU (1889) gegebene Skizze
führte WÖLFEL unglücklicherweise zur Annahme einer überdachten Cella
(WÖLFEL, 1942, Tafel XIV, Abb. 14; 1950, 247). Diesen Irrtum konnte A. CLOSS
(1968/69) ins rechte Licht rücken und zudem in seinen folgenden Publikationen
entscheidende Standortbestimmungen, wie kaum jemand vor ihm, treffen (siehe
Bibliographie).
Wir haben also, wenn wir Hierro zusammenfassen, neben einem gut beschriebenen
Regenkult auch das Brandopfer belegt.
La Palma
Die Palmeros verehrten den „Teufel" in Gestalt eines Hundes, HAGUARAN
genannt. Sie sagten, er wohne im Himmel und auf dem Berg Tedote. Dort
verrichteten sie auch ihre Gebete und gaben als Opfer Milch und Butter
(TORRIANI, 199).
Zu dieser Aussage TORRIANIS teilt uns ABREU Y GALINDO noch mit, daß den
Palmeros ein Dämon in Hundegestalt, IRDENE genannt, erschien. Auch verehrten
sie den Mond und die Sonne (ABREU Y GALINDO, 270).
Derselbe Chronist teilt auch mit, daß ein Gott namens ABORA verehrt wurde, der
sich im Himmel befand.
Es gab auch noch einen weiteren Kult: In der Caldera de Taburiente befand sich
ein natürlicher Monolith, IDAFE genannt, bei dem IDAFE verehrt wurde (donde
veneraban a Idafe, por cuya contemplaci6n al presente se llama el roque de Idafe /
ABREU Y GALINDO, 270). Der in der Caldera wohnhafte Stamm opferte dem
Idafe von allen Tieren, die zum Verzehr geschlachtet wurden, die Eingeweide im
Rahmen einer Zeremonie. In WÖLFELS „MONUMENTA" (374) wird eingehend
über die vielen Interpretationen abgehandelt, die diese Zeremonie provozierte. Wir
werden uns hier damit begnügen können, im genannten Felsen den Träger einer Seele
oder eines Geistes, also einen Seelen- oder Geistersitz, zu sehen.
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Von ABREU Y GALINDO erfahren wir auch, daß die Palmeros Steinhaufen
errichteten, die sie verehrten. WÖLFEL (1965, 375) schreibt dazu, daß derartige
Steinhaufen „der typische megalithische Altar sind, zu dem jeder Opfernde einen
Stein trägt". Parallelen zum palmerischen Kerkur fanden wir auf Gomera und Gran
Canaria.
Aus der neuesten Forschung durch die junge kanarische Forschergilde wissen wir
auf La Palma noch von zwei Versammlungsplätzen, TAGOROR genannt, und von
einem Opferplatz. Nähere Details fehlen freilich. Beim Opferplatz handelt es sich um
eine sogenannte „ara de sacrificio". Dies ist eine Bezeichnung, die von den
kanarischen Forschern meist für Brandopferplätze verwendet wird, so daß wir das
Brandopfer als gesichert annehmen dürfen (siehe dazu HERNANDEZ PEREZ,
1972).
Gomera
Für diese Insel berichtet TORRIANI von einem Gott namens ORAHAN ( eine etwas
auffällige Parallele zum ERAORANHAN der Insel Hierro). Ferner sei von den
Gomeros der „Teufel" in Gestalt eines wolligen (haarigen) Mannes, HIRGUAN
genannt, verehrt worden (TORRIANI, 181).
WÖLFEL (1961, 431) kennt noch ein dämonisches Wesen, das in Gestalt eines
Ziegenbockes erschien und den Frauen nachstellte. Diese konnten sich durch Zweige
eines bestimmten Baumes vor den Galanterien des Bockes schützen.
Zu diesen etwas spärlichen Bericht kommt noch ein archäologischer Fund, der
über die religiösen Praktiken der Altgomerer wesentliches auszusagen vermag.
Schon BETHENCOURT Y ALFONSO (1881) und R. VERNEAU (1890; 1898)
berichten über Steinkonstruktionen auf der Fortaleza de Chipude. BETHENCOURT
Y ALFONSO tat dies sehr ausführlich, seine diesbezügliche Publikation wurde in
ALMOGAREN I in deutscher Sprache publiziert (siehe BETHENCOURT Y ALFONSO,
1970).
Den Spuren der Vorgenannten folgend konnte ich 196 7 das „Inventar" dieses
Hochplateaus aufnehmen. Ich darf es formlos und ohne Rangwertung aufzählen: Ein
mächtiger Steinhaufen mit einem ausgeschachtetem Feuerloch in der Mitte,
alleinstehende Baetyle, Baetyle in Verbindung mit kleinen Steinhaufen und
Brandopferstellen, Grübchen für Libationen in den Stufen zum Hochplateau
(NOWAK 1969; 1970).
Diese Funde decken sich klar mit der Beschreibung von BETHENCOURT Y
ALFONSO, vor allem im Bezug auf die Brandopferöfen, die er noch unversehrt
vorfand. Heute sind die beschriebenen kalzinierten Knochen natürlich schon längst
verschwunden. Dieser Berg wurde mit Recht von den beiden genannten Forschern
als „Heiliger Berg" bezeichnet. Ich durfte mich dieser Ansicht anschließen.
Im Jahre 19 7 4 wurde nun die F ortaleza von Chipude von Archäologen der
Universität La Laguna untersucht. Einer Pressemeldung zufolge stellte sich
M. PELLICER strikt gegen diesen „HEILIGEN BERG", das Inventar wurde als
Reste von Hirtenunterkünften bezeichnet. Leider ist die angekündigte Publikation
darüber bis heute noch nicht erschienen. Doch möchte ich meine Bedenken gegen
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diese Umwidmung schon jetzt ankündigen. Es ist zu fürchten, daß die archäologischen
Reste der Fortaleza genauso der neuen Interpretationswelle zum Opfer fallen
wie vieles aus der kanarischen Archäologie.
Diese Uminterpretationen von Anlagen und Felsbildern sind auf den Kanaren seit
einigen Jahren im Gange. Man ersieht dies aus den Arbeiten von M. PELLICER
(1971, 1971/72), aber auch bei BELTRAN MARTINEZ (1971) von der Universität
Zaragoza, der sich mit den Felsbildern des Barranco de Balos befaßte.
Es ist richtig, daß mit einer Vielzahl von romantischen „Guanchen"-NostalgieInterpretationen
aufgeräumt wird. Es gibt eine derartige Anhäufung von Bezeichnungen,
die in der Tat nahezu untragbar geworden waren. Der neue Weg sollte
jedoch mit etwas mehr Vorsicht beschritten werden. Es geht nicht an, daß man alles
bisher Geleistete schroff abtut. Und es geht umso weniger an, daß man im Eifer die
Berichte der Chronisten, je nach Opportunität, vergißt und auch, unabhängig von der
Echtheit der Manuskripte, diese wegwischen will. Wenn schon einige C-14 Daten
„nur" das Bestattungsjahr um 1000 n. Chr. angeben, so kann man deshalb die
altkanarische Kultur nicht als „jung" abtun, genauso, als ob es weder eine
vergleichende Religionswissenschaft noch die Chronisten je gegeben hätte.
Ein Musterbeispiel für diese neue Art ist M. PELLICER. Er schreibt wörtlich:
„Monumente wie die Höhlen von Valer6n (Guia) werden jetzt glücklicherweise nicht
mehr als Klöster der Harimaguadas oder als Stätten zum Mästen von Jungfrauen
angesehen, sondern gelten als einfache Gemeinschafts-Kornkammern, die wie jene im
nordafrikanischen Atlas verteidigt wurden" (M. PELLICER, 1971, 92). Es gibt
keinerlei Unterlagen oder gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse, die PELLICER
dazu berechtigen würden, die Funktion von Valer6n als Stätte der Harimaguadas in
eine Kornkammer umzuwandeln. Es gibt aber sage und schreibe mehr als 20
Chronisten verschiedenster Nationen, die für Valer6n jene Harimaguadas, also
jungfräuliche Priesterinnen, die wieder ausgezeichnet zu den anderen Kulten dieser
Insel passen, nachweisen.
Gerade ein in jüngster Zeit von uns vorgenommener Lokalaugenschein ( 197 5) im
Cenobio de Valer6n ergab die Haltlosigkeit der von M. PELLICER ersonnenen
„Gemeinschaftskornkammern". Es würde wohl niemand in diesen aus dem Fels
geschlagenen Kammern, die fast nie mannshoch sind und zum Teil senkrecht in den
Boden führen, Korn lagern. Die Höhlenräumchen sind selbst für kleine zu mästende
Mädchen mehr als beschwerlich, da man infolge der geringen Höhe der Kammern
und der kaum größeren Breite sich darin in kaum einer anderen Position als in der
Hocker-Stellung aufhalten kann. Fast jedes der Kämmerchen hat ein weiteres
anschließendes kleineres, etwas tiefer liegendes Kämmerchen, etwa der Größe, daß
man sich gut darin eine bescheidene Vorratslagerung mit einigen Töpfen und
Tonschüsseln vorstellen könnte. Die Eingangsöffnungen zu den Kammern zeigen
fast durchwegs gut sichtbare herausgeschlagene Rinnen, etwa der Art, daß ein
Deckstein gut darin ruhen würde oder auch ein hölzerner Türstock darin verankert
hätte werden können. Ein zentraler Raum inmitten der kleineren Kammern ist gut
mannshoch und zeigt im Boden einige Rinnen und Wannen, aber auch die gleichen
Türverschlußmöglichkeiten wie die kleineren Kammern. übersehen darf bei allem
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nicht werden, daß sich auf der Anhöhe über dem Cenobio de Valer6n ein „tagoror"
befindet, daß also hier etwa eine Kombination - Kultplatz auf dem Gipfel und
Wohnanlagen tiefer davon - vorliegt, wie wir sie von der Montafi.a de las Cuartro
Puertas, aber auch vom Bentaiga her kennen.
Darf ich noch einmal zur Fortaleza de Chipude zurückkehren, um aufzuzeigen,
wie geradezu unverständlich derzeit interpretiert wird. Ein Steinhaufen mit 10 m
Durchmesser und 2 m Höhe, ein doppelter Steinkreis mit einem umgestürzten
Baetyl, zahlreiche Baetyle, allein oder mit Steinhaufen, oder mit Brandopferöfen
sind das Inventar. BETHENCOURT Y ALFONSO (1970) schreibt im Jahre 1881
darüber: ,,Die Feuerstätte ist von elliptischer Form, 1,50 m lang und 95 cm breit, die
Wände erreichen 1 m Höhe und sind aus langen und dicken Steinen errichtet und
vom Feuer geschwärzt. Die Aushöhlung des Feuerloches verjüngt sich gegen den
Grund zu, wo sie in einer Art Tröglein endet .... An jener Feuerstätte hatten wir das
Glück, nachdem wir die Steine und die Erde weggeräumt hatten, die sie nahezu ganz
ausfüllten, Stücke von Ziegenknochen und von einem Geißbock (alles ausgeglüht) zu
finden, ferner Steinmesser, mit denen die Tiere geopfert wurden ..."
Und zu dieser Schilderung und all den anderen Anlagen hat M. PELLICER
lediglich zu sagen, daß es sich um Reste von Hirtenbehausungen handelt. Die Sache
hat aber noch einen weiteren Schönheitsfehler: Die Hochfläche der Fortaleza ist als
Wohnraum völlig ungeeignet. Sie ist wasserlos, kalt, windig und unwirtlich. Niemand
wird dort oben wohnen, geschweige denn in großer Zahl Tiere zur Höhe bringen, um
sie dort zu weiden. Der Berg kann nur an einer Stelle erstiegen werden, ein schmaler
Steig führt nach oben. Wenn also schon Ziegen oben geweidet haben sollten, wozu
müßten die Hirten oben sein, wenn der Zustieg mit einem einzigen Holzstamm
versperrt werden kann?
Oder sehen wir uns, um die Sache abzuschließen, noch die Aussage PELLICERS
( 1971, 91) über Felsinschriften an. Er schreibt: Die spiralförmigen Petroglyphen, die
mit jenen des Atlantischen Europa zusammengebracht werden, sollten jedoch, schon
aufgrund ihrer Identität und geographischen Nähe, eher jenen Nordafrikas zugeordnet
werden.
Man kann PELLICER nur allzugerne recht geben, nur hat die Sache insoweit
einen Haken, daß wir Petroglyphen wie auf der Kanareninsel La Palma, also jene
typischen Petroglyphen, die WÖLFEL als „megalithische Petroglyphen" bezeichnet,
weil sie wie ein „Leitfossil" des Megalithikums überall dort auftauchen, wo wir
normalerweise die klassischen Megalithbauten finden, in Nordafrika in vergleichbarem
Maße kaum antrefen. Die noch unpublizierten Funde von A. SIMONEAU in
Marokko waren PELLICER zum Datum seines Berichtes ebenso unbekannt wie jene
Spiralgravierungen in Rio de Oro, die HONRADO EGUREN 1974 in Rio de Oro
fand und die wir in unserem Band FELSBILDER DER SPANISCHEN SAHARA, der
im März 1975 erschien, vorstellen konnten (NOWAK/ORTNER 1975).
Wir müssen also die Kanarischen Petroglyphen mit denen des atlantischen Europa
vergleichen, wenn wir zunächst geographisch günstiger gelegene zum Vergleich nicht
haben.
„Man" wird also zur Kenntnis nehmen müssen, daß die Kultur der Altkanarier
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eine archaische Hochkultur ist, deren Steinbauten und Kulte nun einmal typologisch
in jene Zeit passen, die etwa ident ist mit jener der Entstehung des Megalithikums.
Ältere Reste sind ebenso noch vorhanden wie Erscheinungen jüngeren Datums. Die
Chronisten berichten uns Fakten aus der Zeit der Eroberung, also der Epoche um
1500 n. Chr. und wir müssen - Radiokarbondaten hin oder her - zur Kenntnis
nehmen, daß sich diese archaische Hochkultur eben bis zur Konquistazeit erhalten
hat.
Schließlich sind auch die Studien der Anthropologin Ilse SCHWIDETZKY
greifbar, die klare Einwanderungsschübe zu den Kanaren festhalten. Es heißt
wörtlich: ,,Es ist demnach also anzunehmen, daß die kulturelle und damit auch die
bevölkerungsbiologische Isolierung der Kanarischen Inseln spätestens am Ende des
zweiten vorchristlichen Jahrtausends erfolgte. Die ersten Besiedlungsschübe können
aber erheblich älter sein und bis an das Ende des dritten vorchristlichen Jahrtausends
zurückreichen. Eine Besiedlung in mehreren Schüben wird jedenfalls durch die
anthropologischen Befunde nahegelegt" (SCHWIDETZKY, 1963, 16 ).
Mit haltlosen Uminterpretationen allein ist der Altkanarierforschung wohl am
allerwenigsten geholfen.
Tenerife
Ein Kult um die Einsetzung eines neuen Königs verdient unsere Beachtung.
TORRIANI (167) schreibt:
Diese Könige -es gab auf Tenerife neun Teilreiche mit Königinnen -folgten in der
Herrschaft dem Bruder. Sie wurden von den Adeligen und Verwandten erwählt, die
den erwählten König auf einen Knochen eines seiner königlichen Vorgänger und
Verwandten schwören ließen. Dann schwuren auch sie auf den genannten Knochen.
WÖLFEL (1961, 432) sieht darin den Ahnenkult bezeugt, der durch Selbstopfer
junger Helden bei der Totenbestattung des Herrschers erhärtet wird. Dem sich selbst
Opfernden wurden Mitteilungen, Aufforderungen und Bitten an den verstorbenen
König und die anderen Toten mitgegeben.
Mit den Göttern der Guanchen werden wir, wenn wir TORRIANI und ABREU Y
GALINDO genau verfolgen, einige Probleme bekommen. Es wird daher nötig sein zu
zitieren. TORRIANI (167) schreibt: ,,Sie bekannten sich zum wahren Gott unter
dem Namen ACHGUAIAXERAX und OCHORON ACHAMAN, d. h. Erhalter des
Himmels und der Erde. Sie nannten ihn auch ACHUHURAN ACHAHUCANAC,
d. h. der Große, der Erhabene. Unsere liebe Frau nannten sie CHAXIRAXI und auch
ARMAXES GUAIAXIRAXI, was heißt: die Mutter jenes, der die Welt erhält. Man
glaubt auch, daß sie Gott ARGUAICHA FAN ATAMAN nannten, was heißt: Gott
des Himmels, weil sie auch den Himmel ATAMAN nannten. Sie feierten einige Feste.
Sie hatten eine Taufe mit Wasser, womit eine ehrwürdige Frau taufte, die dadurch
mit allen in ein Verwandtschaftsverhältnis trat. Sie sagten, es gäbe eine Hölle im Pico
de Teide, und Gott haben den ersten Mann und die erste Frau aus Erde gemacht.
Alle religiösen Dinge hatten sie von zwei heiligen Schotten, Maclovius und
Blandanus vom Orden des Heiligen Benedikt. Man glaubt auch, vor dieser Zeit habe
es unter diesen Inselbewohnern keinerlei Religion gegeben."
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Diese Aussage TORRIANIS gibt uns eindeutig die Lehre der Missionare mit
altkanarischen Namen wieder - vom Gott bis zur Muttergottes, der Taufe, Adam
und Eva. Selbst der Teufel ist vertreten. Man glaubt fast, daß sich Wölfel, der für
Tenerife einen Hochgott anerkannt hat, zu weit vorgewagt hat. Doch Wölfel
rechnete sicherlich mit der Aufpfropfung des Christentums auf eine vorhandene
Religion der Guanchen, zumal ja der Hinweis TORRIANIS auf die Religionslosigkeit
der Ureinwohner Tenerifes recht unglaubwürdig erscheint. Wölfel hat mit seiner
Annahme recht behalten, denn für Aufpfropfungen gibt es auf den Kanaren mehrere
Hinweise.
Ein Beispiel für den Glauben an ein Höheres Wesen durch die Guanchen gibt uns
der für Tenerife nachgewiesene Regenkult. Die Zeremonie bestand darin, daß man an
einem dazu bestimmten Ort die Mutterschafe von den Lämmern trennte, um durch
das jämmerliche Blöken der Tiere die Gottheit zu rühren, so daß sie Regen sandte.
Diese Kultorte hießen, wie wir von der Insel Hierro her wissen, TACUITUNTA.
Dieses altkanarische T ACUITUNT A ist nach WÖLFELS Analyse ein „Ort des
Blökens", spanisch BALADERO genannt (WÖLFEL, 1965, 453) Als dieses Wort
jedoch seine Bedeutung verlor, entstand daraus das heute gebräuchliche Wort
BAILADERO (Tanzplatz).
Wir haben heute noch auf Tenerife, Gomera, Hierro und Gran Canaria viele
solcher Bailaderos, immer auf erhöhten Plätzen, erhalten. So vermögen wir einen für
mehrere Inseln gleichartigen Regenkult nachzuweisen. Archäologisch sind diese
Bailaderos wenig ertragreich. Es handelte sich meist nur um einen ebenen Fleck, in
dessen Mitte eine Lanze gesteckt wurde. Ob die Lanze für die Zeit der Zeremonie
etwa einen Geistersitzpfahl ersetzen sollte, läßt sich natürlich nicht mehr beurteilen.
Gran Canaria
Die Reihe der Chronisten ist sich em1g, daß ACORAN der einzige Gott für die
Canarios war. ACORAN heißt „der Größte, der Höchste, der Erhabenste."
Seine Verehrung erfolgte auf Bergheiligtümern wie etwa Bentaiga, Tirma, Cuatro
Puertas, Amagro, um nur einige zu nennen.
Es gab auch, wie wir schon gehört haben, jungfräuliche Priesterinnen, die in einem
Höhlenkloster lebten. Ihnen oblag die Erziehung junger Mädchen und die Teilnahme
an Regenzeremonien, bei denen mit Ruten das Wasser gepeitscht wurde (WÖLFEL,
1965, 459). Ein derartiges Höhlenkloster gab es im Barranco von Valer6n, es können
aber auch die Höhlenpaläste bei den Bergheiligtümern des Bentaiga und von Cuatro
Puertas als Wohnstätten gedient haben.
Ein Oberpriester, FAICAN genannt, der die Position gleich nach dem König
einnahm (WÖLFEL, 1965, 454), war für Gebete und Opfer zuständig. TORRIANI
(107) schreibt: Der Faican führte alle Leute mit sich auf den höchsten Felsen, den
sie erklimmen konnten, wo er nach Verrichtung des Gebetes reichlich Milch auf die
Erde goß.
Die bekanntesten Heiligen Berge, die uns die Chronisten überliefern, sind der
UMIAYA bei Tirajana, der AMAGRO bei Galdar und der TIRMA bei San Nicolas.
Gerade über den UMIA Y A gibt uns eine 1970 in Madrid publizierte Schrift aus der
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Zeit von 14 77 und 14 78 Nachricht (LOPEZ DE TORO, 1970). Es ist dies die „4a.
Decada" von ALONSO DE PALENCIA, den WÖLFEL in seinem TORRIANI im
Jahre 1940 (Seite XV) noch als vermißt melden mußte.
Nach PALENCIA war das Höhenheiligtum wie eine Festung gebaut. Als es 500
Soldaten angriffen, wurde es nicht verteidigt. Die einzige Besatzung war ein Junge
und ein hübsches Mädchen. Der Junge wählte den Tod vor der Gefangenschaft, das
Mädchen wurde gefangen; der Tempel angezündet und zerstört.
Diese Mitteilung zeigt uns, daß die altkanarischen Heiligtümer wenigstens zum Teil
Holzkonstruktionen waren, die durch Feuer zerstört werden konnten. Von
zyklopischen Nur-Steinbauten kann man also nicht reden.
Mir wird durch diese Nachricht ein vor Jahren gefaßter Gedanke bestätigt, der
anläßlich meiner Besichtigung des aus den Fels geschlagenen Vorplatzes der Montafia
Bermeja zum Tragen kam. Dieser Platz vor den vier Höhlentoren hat einige
wunderschöne Libationslöcher im Boden. Diese Löcher könnten ebensogut auch
solche für Steher, die eine Dachkonstruktion zu tragen hatten, geschafen worden
sein.
Ich glaube, daß wir diesen Gesichtspunkt bei künftigen Untersuchungen immer
beachten sollten, wenngleich eine Pro- oder Kontrabeweisführung immer problematisch
sein wird.
Wir haben auf Gran Canaria auch Zeugnisse kultisch-plastischer Kunst, die einmal
in einem Bericht florentinischer Kaufleute aus dem Jahre 1341, zum anderen bei
BERNALDEZ (TORRIANI, 239) beschrieben wird. Demnach standen in Bethäusern
hölzerne Abbildungen, einmal die Figur eines Mannes darstellend, das anderemal die
einer nackten Frau, vor der, ebenfalls aus Holz geschnitzt, ein Bock und eine Ziege
einen Begattungsakt vollzogen.
In Wohn- und Grabhöhlen wurden tönerne Idole gefunden, die neben Frauengestalten
auch Tiere darstellen.
Wir haben auf dieser Insel Dämonen, TIBICENAS genannt, die in Gestalt großer
haariger Hunde bei Tag und Nacht erschienen sind. Derselbe „dämonische Hund" ist
auch für die Insel Tenerife unter den Namen CANCHA oder CUCANCHA
überliefert.
Dabei erinnere ich mich an einen Bericht aus dem Jahre 1966 von der Insel
Gomera. Man erzählte mir eine Überlieferung im Zusammenhang mit dem
BAILADERO oberhalb Hermiguas. Dort habe nachts ein nackter Mann mit einem
Hund getanzt. Der Erzähler war ein 90-jähriger Mann, der sich gut daran erinnern
konnte, daß ihm sein Großvater dies mitgeteilt habe. Derartige Geschichten
erscheinen mir gerade für Gomera glaubhaft. Die Abgeschlossenheit dieser Insel mit
ihren mächtigen Schluchten und Bergen ist für eine Erhaltung derartiger Kulte
prädestiniert. Außerdem erstreckt sich die Erinnerung eines 90-Jährigen an die
Erzählung seines Großvaters doch auf einen rund 200 Jahre zurückreichenden
Zeitraum. Zur Abrundung des Gesagten sei noch erwähnt, daß es auf dieser Insel
heute noch die aus der Vorkonquistazeit stammende Pfeifsprache sowie das
Männerkindbett, den sogenannten „ZORROCLOCO" gibt. Es sind dies also
durchaus alte Traditionen, die wir auf dieser Insel noch vorfinden, so daß man auch
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im nackten Mann, der mit seinem Hund auf dem Regenkultplatz tanzte, eine
Überlieferung aus den alten Zeiten der Insel sehen könnte (vgl. auch BIEDERMANN,
Die „Hunde-Inseln" im Westmeer, in: Almogaren III/1972, S. 103f.).
Wenden wir uns jetzt noch kurz den archäologischen Bauwerken Gran Canarias
zu. Faszinierend ist die Montafia Bermeja, auch Cuatro Puertas genannt. Knapp
unterhalb des Berggipfels befindet sich auf der Nordseite des Berges ein aus dem Fels
gehauener Vorplatz, von dem vier Portale in einen großen künstlichen Höhlenraum
führen. Der Opferplatz auf dem Gipfel ist ebenfalls aus dem Fels gehauen worden
und hat eine mächtige Libationsrinne. Eine Steiganlage führt in den steilen
Südabhang des Berges zu einem, wie es WÖLFEL bezeichnete, Höhlenpalast
(WÖLFEL, 1935 ). In einigen Höhlenböden findet man wiederum Libationsgruben
und Rinnen vor, und zwar derart angelegt, daß das Trankopfer über den Steilhang
abrinnen mußte. Beim Bentaiga sind die Anlagen ähnlich angelegt. Der Opferplatz
liegt innerhalb einer befestigten Anlage hoch oben zu Füßen des mächtigen
Basaltpfeilers des Gipfels und zeigt ebenfalls Libationsrinnen und Wannen. Dazu
kommen noch einige nahezu kreisrunde kleine Höhlenräume mit Libationslöchern
davor.
Die Liste der Bergheiligtümer ließe sich fortsetzen, wenn man die kanarischen
Literatur ab 1940 heranzieht. Da ich diese Berge aber nicht aus eigener Anschauung
kenne, möchte ich auf Beschreibungen verzichten und auf die einschlägigen
Publikationen, vor allem des verdienten S. JIMENEZ SANCHEZ, verweisen.
Zu erwähnen ist für Gran Canaria - am Zustieg zum Höhenheiligtum des Bentaiga
- eine beachtliche Steinhaufenkonstruktion mit Setzung eines aufrecht stehenden
„Menhirs", etwa den Baetylsetzungen auf Gomera ähnlich. Weiters fanden sich
Tumuli verschiedenster Konstruktionsarten, Bestattungen in Steinkisten und Steinkisten
in doppelten Steinkreisen, Tumuli mit Abdeckungen aus bunten Steinen und
mächtige Rundbauten als Bestattungsanlagen, wie etwa die Totenstadt La Guancha1
bei Galdar. Es darf hier ebenfalls auf die diesbezügliche Literatur verwiesen werden
(SEBASTIAN JIMENEZ sANCHEZ, 1970; 1971; sowie seine Publikationen in der
Serie FAICAN).
Vor allem die Tumuli in ihren Variationen erinnern stark an Funde in der
Spanischen Sahara, wo die kanarischen bunt bemalten Steine durch rote, braune und
weiße Kieselsteine ersetzt werden. Im südlichen Rio de Oro, bei Leyuad, konnten
wir 1971 nahe von Steinreihen und Steinhaufen sogar Depots derartiger Kiesel
vorfinden. Leider fehlen für die gesichteten Anlagen und Bestattungen - hier wie
dort - vernünftige Ausgrabungen und datierbares Material, doch gilt das Steinkistengrab
auch für die Spanische Sahara als gesichert.
Fuerteventura
Diese Insel war zur Eroberungszeit von zwei führenden Frauengestalten beherrscht.
TAMONANTE war für die Regierungsgeschäfte zuständig, während die wie eine
Göttin verehrte TIBIABIN als Priesterin für alle Zeremonien und Riten verantwortlich
war. Die Menschen dieser Insel verehrten ein steinernes Götzenbild menschlicher
Gestalt, in dem jedoch WÖLFEL (1940, 237) einen Monolithen vermutet.
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Der Kultplatz war ein EFEQEN genannter runder labyrinthartiger Tempel, auf
dessen freiem Innenplatz das vorerwähnte Götzenbild bzw. der Monolith stand. über
die Art der Opfer haben wir bei TORRIANI keine Hinweise, ebenso fehlt auch eint
Mitteilung über den Namen der Gottheit.
An archäologischen Monumenten haben wir die hochinteressanten CASAS
HONDAS, also versenkte Häuser, die mehrere Kammern im Halbstock unter der
Erde haben und stark an die megalithischen Vielkammerbauten (Ganggräber)
erinnern. Ein interessanter Turmbau befindet sich im Barranco de la Torre, der,
allerdings ohne Bestattungen, etwas an La Guancha erinnern könnte. Der T AGOROR
fehlt auf dieser Insel ebensowenig wie auf Gran Canaria, was hiemit
nachgetragen wäre. Es gibt auch diverse Steinsetzungen, vor allem in der höhlenreichen
Montafia de los Cardones. Ic h mu ß gestehen, daß mir über diese Insel kaum
Fachliteratur zur Verfügung steht, meine Aussagen daher sehr beschränkt sein
müssen. Hilfreich für all jene, die sich an Ort und Stelle informieren möchten ( und
dies wäre sehr zu begrüßen), ist die neue Publikation von John MERCER ( 19 7 3), der
die prähistorischen Fundstätten wenigstens namentlich sammelte. Dieser Liste
folgend darf man auf Fuerteventura mit einem reichen archäologischen Inventar,
Menhirsetzungen eingeschlossen, rechnen. Eine gezielte Forschungsfahrt zu dieser
Insel ist vordinglich, ehe die letzten archäologischen Mauerreste für Hausbau und
Straßenschotterung verwendet werden. Dies war ja auf der Insel Hierro bereits der
Fall, wo man zahlreiche Inschriftensteine von La Caleta für Hausfundamente
verwendete und Hirten Inschriftenplatten von El Julan zum Bau von Windmäuerchen
gebrochen haben.
Lanzarote
Mit Lanzarote sind wir bei der letzten, in unserer kurzen Darstellung noch fehlenden
Insel angelangt. Von den MAHOREROS berichtet TORRIANI, daß sie einen Götzen
menschlicher Gestalt in einem Haus als Tempel, wo sie zusammenkamen, verehrten.
In dieses Haus, das von zwei Mauern umgeben war, traten sie wie in ein Labyrinth
ein, um Milch und Butter zu opfern (TORRIANI, 79; ABREU Y GALINDO, 57).
ABREU Y GALINDO teilt auch noch mit, daß auf Lanzarote und auf Fuerteventura
ein Gott verehrt wurde, dem man in den Bergen Milchlibationen darbrachte. Auf
diese Libationen wird anschließend noch hingewiesen.
Die Archäologie der Insel bietet vor allem wiederum dieselben CASAS HONDAS
wie auf Fuerteventura. Dazu kommt noch das zyklopenmauerartige Castillo von
Zonzamas, das in den vergangenen Jahren von lokalen Forschern ausgegraben wurde.
Einer kürzlich erschienen Notiz über diese Ausgrabungen dürfen wir entnehmen, daß
unter einem Altar phallusartige Idole gefunden wurden. Der Ausgrabungsbericht ist
uns zur Stunde noch nicht zugänglich.
In der REVISTA DE HISTORIA CANARIA (1942, Nr. 58) finden wir die
Abbildung eines innerhalb der Mauern von Zonzamas liegenden behauenen Monolithen
mit umlaufenden ringförmigen und dazu wieder senkrecht verlaufenden
Gravierungen. Dieser Stein befindet sich im Museum von Arrecife, der Hauptstadt
dieser Insel. Eine detaillierte Beschreibung fehlt dazu ebenso wie eine gute
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Abbildung. In diesem Zusammenhang muß betont werden, daß ein wissenschaftlicher
Informationsaustausch von uns wohl angestrebt, aber, von wenigen freundlichen
Ausnahmen abgesehen, durch mangelnde Gegenliebe schwer realisierbar ist.
Die Gründe, ,,insidern" wohl bekannt, dürfen hier jedoch ausgeklammert werden.
Eine weitere interessante Konstruktion, die vorhin schon angedeutet, eng mit den
genannten Libationen zusammenhängt, finden wir in den sogenannten QUESERAS,
etwa mit „Käseglocken" zu übersetzen. Es sind dies tiefe und breite in den ebenen
Felsen gehauene Rinnen (REVISTA DE HISTORIA CANARIA, Nr. 58, 1942;
ALVAREZ DELGADO, 1967). Ich glaube festhalten zu dürfen, daß wir in diesen
Anlagen die von ABREU Y GALINDO genannten Libationsplätze erkennen sollten,
zumal der Name QUESERAS doch sehr an die vergossene u. später gestockte Milch
erinnert.
LA HOZ ( 1966) weiß weiters von Örtlichkeiten mit Stelen, Steinkreisen und
pyramidenartigen Steinhaufen zu berichten. über diese Konstruktionen ist mir
allerdings noch keine wissenschaftliche Publikation bekannt.
Wir wären somit am Ende der wohl überwiegend kompilatorischen Betrachtung
über die überlieferten altkanarischen Götter und Kulte.
So sehr sich in jüngster Zeit eine neue heimische Forschergilde sehr verdienstvoll
mit archäologischen Details und Übersichten befaßte, muß doch beklagt werden, daß
vor allem Feldforschungsergebnisse, die in religionswissenschaftlicher Sicht Entscheidendes
erbringen sollten, ausbleiben. Eine vorbehaltlose Zusammenarbeit aller
mit der Kanaristik Befaßten würde diese faszinierende Thematik wünschenswertest
erhellen. Das Vorliegende mußte skizzenhaft bleiben und manches wäre noch
nachzutragen. Vielleicht ist es. mit Hilfe unserer kanarischen Freunde möglich,
manche Literaturlücke zu schließen. Trotz allem konnte, trotz unverschuldeten
Mangels, ein Blick in die eindrucksvolle Welt der alt kanarischen Religion getan
werden. Diesen Blick zu weiten, sollte der Befaßten verstärktes Anliegen bleiben.
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Monumenta Linguae Canariae. Die Kanarischen Sprachdenkmäler. Akad. Druck- u.
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Abb. 1 Detail vom Höhlenpalast der Montana de las Cuatro Puertas (Gran Canaria)
Foto: H. Nowak
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Abb. 2 Teilansicht des Cenobio de Valer6n (Gran Canaria) Foto: H. Nowak
© Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017
Abb. 3 Eingang einer Höhlenkammer mit Ausnehmungen für einen Eingangsverschluß
Foto: H. Nowak
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Abb. 4 Eingänge zu Höhlenkammern mit Ausnehmungen für Eingangsverschlüsse
Foto: H. Nowak