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Alois CLOSS, Graz HALLEIN AUF DEM WEGE ZUM MITTELEUROPÄISCHEN ZENTRUM DER ALTKANARIERFORSCHUNG Die im Namen Hallein 1 mitzudenkenden singulären prähistorischen und wirtschaftsgeschichtlichen Tatsachen unterbauen ein außerordentliches städtisches Jubiläum, an dessen oberstem zeitlichen Rand eine erst in den letzten zehn Jahren nach und nach aufgerichtete Doppelorganisation steht, in ihrer Existenz und in ihrem Bezug auf den so fernen Archipel nahe von Südwesteuropa und Nordafrika überraschend und für Außenstehende erklärungsbedürftig. Es sind dies das Institutum Canarium (IC) und die 1974 gegründete Gesellschaft für Interdisziplinäre Saharaforschung (GISAF) zum Gedächtnis eines Gelehrten, der zu seinen Lebzeiten vielleicht einmal in dieser Stadt gewesen sein wird, zu ihr aber keine nähere Verbindung hatte, des österreichischen Kanarierforschers D. J. WÖLFEL, dessen hohe wissenschaftliche Bedeutung einer seiner Schüler, Univ.-Doz. Dr. F. ANDERS, in den Wiener Völkerkundl. Mitt. 11, 1963 gewürdigt hat. Imponierend ist immerhin der Erfolg dieser Vereinigung, den sie schon in der kurzen Zeit ihres Bestandes hatte. Gemäß dem Bericht in den IC-Nachrichten 31, 1979, zählte das IC 285, die GISAF 71 Mitglieder in 28 Ländern der Erde. Entscheidend war es, daß dem Institutum Canarium nicht weniger als 25 Institute beitraten, unter denen, durch seinen Begründer ehrwürdig, das ethnologische FROBENIUSInstitut in Frankfurt und, durch sein Programm von besonderem Belang, das Institut für wissenschaftliche Zusammenarbeit in Tübingen herauszuheben sind. Vom Mitgliederstand zuständiger Fachgelehrter in reicher Zahl ragen hervor außer jenen, die später noch eigens angeführt werden, vor allem die Berberologen L. GALAND und P. GALAND-PERNET, die schon vorher mit den Kanarischen Inseln beschäftigte Anthropologin I. SCHWIDETZKY (Mainz), unter den Saharaforschern R.MAUNY und Th. MONOD (Paris) und F. MORI (Roma). Prähistoriker haben sich aus den verschiedensten Ländern, aus Spanien, Italien, Frankreich, England, den beiden Deutschland, Polen und Nordamerika beim IC und bei der GISAF gemeldet; das von WÖLFEL her in seinem noch lebenden Freund S. JIMENEZ SANCHEZ nachwirkende wissenschaftliche Erbe wenn schon nicht ganz deckend, so doch für die Weiterforschung beachtlich anerkennend, nimmt in dieser Forschungsgilde K. J. NARR den Rang eines Universalisten ein. Aus dem antiken Raum hat sich der Etruskologe A. J. PFIFFIG mit einem megalithischen Aspekt an dieser Kultur in verdienstvoller Weise eingestellt. Dieser überraschende Aufstieg erfolgte nach zuerst ganz bescheidenen Anfangszielen: Das rasche Beschaffen der außerhalb des Archipels und Spaniens nirgends, an keinem Universitätsinstitut und an keiner Bibliothek, systematisch vorhandenen oder bestellten einheimischen Literatur, dann das Heranholen des wissenschaftlichen Nachlasses von D J. WÖLFEL und seines zuerst an das Anthropologische Institut in 1 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Kiel gegangenen, von F. ANDERS in den ADEVA-Mitt. (Graz 6, 1965, 15-24) überschaubar gemachten Archivum Canarium Wölfel, das 1974 nach Hallein übernommen wurde, und nicht zuletzt Reisepläne nach den Kanaren, um Fragen zu klären, die bei der Beschäftigung mit WÖLFELs Arbeiten auftauchten und von ihm mitunter gar nicht erkannt, noch weniger gelöst wurden. Die Anregung dazu ging aber von Hallein aus. Hier hatte sich ab 1964 ein Freundeskreis um H. NOWAK zusammengefunden, der, noch vor dem Kontakt mit Graz, im Jahre 1963 durch drei Monate, 1965 durch sechs Monate und 1966/67 durch 18 Monate auf den Kanaren war, nachdem er sich gründlich mit den Schriften D. J. WÖLFELs und der übrigen Fachliteratur beschäftigt hatte. Der Übergang aus dieser Befassung des einzelnen mit dem so ausgebreiteten Bildungsgut in den verschiedenen bis dahin erreichbaren WÖLFELschen Publikationen zum Nutzbarmachen in einer Organisation erfolgte, nach dem Bekanntwerden des posthumen Erscheinens des Hauptwerkes D. J. WÖLFELs, der Monumenta Linguae Canariae (MLC) in der Akademischen Druck- u. Verlagsanstalt in Graz2 , in der Salinenstadt. Damals waren vier ihrer Alpinisten daran, mit NOWAK eine Expedition zu den heiligen Bergen auf den Kanaren zu unternehmen. Hiefür bewarb sich H. NOW AK beim Bearbeiter der MLC an der Phil.-Fak. Graz um die Befürwortung eines Ansuchens an das Bundesministerium für Unterricht um eine Dotation. Durch ein mitgesandtes Elaborat, das er selber ausgearbeitet hatte, erbrachte der Gesuchsteller den Beweis für seine gute Kenntnis der Arbeiten WÖLFELs und der spanischen Literatur. So wurde dem Ansuchen auch entsprochen, jedoch unter dem Vorbehalt, daß von ihnen keinerlei Ausgrabungen versucht werden sollen, solange es ihnen nicht gelungen sei, möglichst von den einheimischen kanarischen Fachleuten, besonders an der Universität La Laguna, eine Unterstützung für ihr Vorhaben durch Beistellung eines ihrer Experten zu erreichen. Die gestellte Bedingung wurde von der Halleiner Expedition dementsprechend genau eingehalten, zur Fühlungnahme mit der einheimischen Gelehrtenwelt an der Universität und in den Museen reichte die Zeit aber nicht aus. Doch wäre es, wie sich später zeigte, zur Vermeidung eines Mißverständnisses wichtig gewesen, den Hauptprotektor WÖLFELs in La Laguna, E.SERRA RA.POLS, der ihn 1960 in großer Feierlichkeit zum Ehrendoktor promoviert hatte, von der Ausrichtung dieses Unternehmens und der noch beabsichtigten folgenden Wiederbelebung des Gedächtnisses der Leistung WÖLFELS in Kenntnis zu setzen. Denn als sich dann H. NOWAK 1966/67 im Alleingang zur Klärung des von WÖLFEL nicht behandelten, von VERNEAU aber hoch eingeschätzten Heiligtumcharakters der Fortaleza de Chipude von Gomera aufgemacht hatte und über seine dortige Untersuchung in der Tageszeitung „El Dia", Santa Cruz, Tenerife, am 19.11.1967 berichtete, sie mit dem Vermerk begründend, daß man sich in der einheimischen Forschung bis dahin nicht darum gekümmert hätte, hielt ihm der große Freund WÖLFELs E. SERRA RAFOLS am 29.11.1967 persönlich, ofenbar verärgert, vor, er habe den in dieser Sache ausführlich beobachtenden und beschreibenden J. BETHENCOURT ALFONSO (über ihn siehe Almogaren I, 1970, 141-150) nicht gekannt. Wie dann aus einer im selben Blatt am 18.11.1973 er- 2 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 schienenen Darstellung durch den inzwischen mit der Leitung des Archäologischen Departments der Universität La Laguna betrauten M. PELLICER hervorging, empfand man nun in La Laguna, aufgrund der Differenzen zwischen E. SERRA R.AFOLS und H. NOWAK, die Notwendigkeit, sich um diese Dinge an der Fortaleza de Chipude anzunehmen. In seinem Bericht im genannten Blatt erklärt PELLICER, sein Ergebnis erfordere ein Verlassen der von VERNEAU und vorher von BETHENCOURT und dann von H. NOWAK vertretenen religiösen Deutung der Steindenkmäler auf diesem Basaltstock. Die von H. NOWAK als Libationsgruben bezeichneten Vertiefungen am Ende des Aufstieges hätten nur als Trinkstellen (wohl von Regenwasser) für die Schafe und Ziegen der dort sich mitunter einfindenden Hirten gedient, und der nach der Zeichnung H. NOWAKs darauffolgende Altar und der Steinkreis, bei dem sich VERNEAU an die efquenes in Fuerteventura erinnert hatte, seien nur Reste von Hirtenunterkünften, und die vereinzelt stehenden Steinblöcke werden von PELLICER (am wenigsten befriedigend) teils als Mauerstützen, teils als Windschutz für die Feuerstellen gedeutet. Hält man neben diesen Bericht den von H. NOWAK in der angesehenen Schweizer Kunst- und Altertumszeitschrift „Raggi" vom Jahre 1969 darüber erstatteten Befund, auf den sich PELLICER bezieht, so erforderte dieser allein schon durch seine detaillierte Genauigkeit eine aufgeschlossenere Würdigung. Die Deutung PELLICERs, alles Religiöse daran sei zu bestreiten, geht dem Vergleich VERNEAUs mit den efquenes auf den Ostinseln und BETHENCOURTs mit dem unbestreitbaren Heiligtum in El Julan aus dem Weg. So kann er die Interpretation H. NOWAKs aufgrund der aus kanarischen Denkmälern sonst sich ergebenden Gesichtpunkte nicht entkräften. M. PELLICERs Erklärung der Funktion dieser Steindenkmäler steht und fällt mit der Berechtigung seiner allgemeinen antimegalithischen Einstellung3 • Sie ist übrigens in einigen Punkten sogar widerspruchsvoll und der Situation einfach nicht entsprechend, am wenigsten seine Behauptung, die Fortaleza de Chipude sei für die Hirten ein „Zufluchtsort" gewesen. Wovor hätten sie sich gerade dorthin, in ein so unwirtliches Gebiet ohne Wasser, zurückziehen sollen? Seinem dementsprechend zustimmenden Urteil fügte der Rezensent (Al. CLOSS in: Almogaren I, 1970, 156) den Wunsch an, H. NOWAK möge sich nun auch noch zu den Steindenkmälern von El Julan auf der Insel Hierro (Ferro) begeben, die BETHENCOUR T mit denen von Gomera behandelt hatte, und auf die sich WÖLFEL, aufgrund der Schilderung und Darstellung durch R. VERNEAU, allerdings nur in einem Kurzbericht, bezogen hatte, aus dem nicht einmal hervorging, ob der Ausdruck „Los Concheros", den er von VERNEAU übernahm, die dort unbestreitbar vorhandene Kultanlage betraf und nicht, wie E. SERRA R.AFOLS nachher geltend gemacht hat, den zugrunde liegenden Muschelhaufen (Kjökkenmöddinger). Wäre das erstere der Fall, so wäre es um so bedeutsamer, daß manche der dort von VERNEAU eingezeichneten Steinkreise eine schalenartige Vertiefung umrandeten und in diesem Sinn „muschelförmig" wären. Auch sonst schien noch einiges einer näheren Aufhellung hierüber bedürftig. Mit seinen sorgfältigen Beobachtungen der ganzen Anlage ermöglichte es H. NOWAK dem anfragenden Bearbeiter der MLC, seine früheren Aufstellungen über sie 3 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 (Wiener Völkerk. Mitt. 12, Jg., Bd. 8, 1966, 1-7) zu verbessern und zu vertiefen (Anthropos 63/64, 1968/69, 892-903, besonders 895). Darüber hinaus hat aber H. Nowak in einem sehr selbständigen Artikel (Almogaren I, 1970, 55-74) die in einer Zeichnung von S. BERTHELOT (nachgebildet Abb. 3, S. 63) in zwei gemauerten Säulen symbolisierten Ahnengottheiten der Inseln entgegen einer Auffassung von J. AL V AREZ DELGADO mit entfernteren Bergspitzen in Zusammenhang gebracht. Dies geschah insoferne im Sinne WÖLFELs, als dieser ja das Megalithikum auf den Kanaren auch auf Bergkulte bezogen hat, allerdings nur auf solche in Gran Canari, auf die Königsgräber am Gipfel des Bentayga und noch mehr auf den von S. JIMENEZ SANCHEZ (deutsch Almogaren II, 1971, 92-108) archäologisch behandelten Berg Tirma. Zu der megalithisch wohl noch eher außer Frage stehenden kleinen Grabpyramide mit dem übrigen archäologischen Komplex von Tauro Alto an der Playa de Mogan in Gran Canaria (S. JIMENEZ SANCHEZ, deutsch Almogaren II, 179-207) gibt es auf Hierro allerdings keine Entsprechung. Der erwähnte Artikel von H. NOWAK über die Santillos war insoferne dem Fortschritt der Forschung gut angepaßt, als er an den stratigraphischen Befunden in dieser Gegend von L. D. CUSCOY (1947) orientiert war, die M. PELLICER (1968/ 69, deutsch in Almogaren II, 1971, 83-90) in den Arbeiten von S. JIMENEZ SANCHEZ und seiner ganzen Stellungnahme zum kanarischen Megalithikum auf dem 5. Panafrikanischen Kongreß der Prähistorie ( deutsch in Almogaren I, 1970, 7-90) vermißt. Ohne Stratigraphie sei die Chronologisierung des kanarischen Altertums, aufgrund des ihm zugeschriebenen Megalithikums durch WÖLFEL und JIMENEZ sANCHEZ, notwendig irrtümlich. Durch den Vermerk in seinem zweiten Hauptwerk, in „Christus und die Religionen der Erde" (1, Wien 1951, 422), daß in Irland Megalithen noch vom 6. bis zum 8. Jahrhundert n. Chr. errichtet worden seien4 , hatte sich WÖLFEL allerdings die Möglichkeit einer notwendigen chronologischen Differenzierung der Steinbauten auf den Kanaren ofen gelassen. Für seine Zurückhaltung dort, wo die Tatsachen zur Feststellung megalithischer Bauten nicht hinreichten, spricht es auch, daß er reale Anzeichen für Megalithikum auf Tenerife nicht geltend machte und sich auch auf die Diskussion einer dubiosen Inschrift auf dem Anaga-Gebirge im Norden dieser Insel5 als einer angeblichen Dokumentation dafür, daß man dort in vorchristlicher Zeit Bergspitzen megalithisch verstanden habe, nicht einließ. Bei seiner Ausweitung auf das Megalithikum im mediterranen Raum (in: Christus und die Religionen der Erde I, 1951) hatte WÖLFEL freilich schon zu seinen Lebzeiten von Seiten der zunächst zuständigen Archäologie den Vorwurf zu sorgloser Durchkonstruktionen erfahren6 • - Im Mittelpunkt seiner Megalithforschung, im Sprachlichen, hat WÖLFEL, was man nicht übersehen sollte, große Akribie bewiesen bei seiner Deutung des Namens Idafe, des hinter dem über 100 Ellen hohen Kultfelsen in der Caldera de Taburiente von La Palma gedachten Numens, indem er dieses von 0. RÖSSLER als eine Weltsäule interpretierte „Klif" nur als einen „monolithischen Seelensitz" (MLC IV, 140 u. 18) gelten ließ, obwohl die so abgelehnte Sinngebung seiner Einbeziehung des Hochragenden und der Kultberge ins Megalithwesen recht gut entsprochen hätte. Viel empfindlicher traf es ihn, daß er hinsichtlich seiner Anschauungen über den 4 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Begriff der Megalithkultur 7 bei dessen Ausweitung von der ursprünglichen Stellung in der Westkultur8 nicht nur auf die Mediterranis, sondern auch auf den von R. HEINE- GELDERN 9 aufgestellten ethnologischen Megalithbegriff mit einem erweiterten Merkmalinhalt eben von diesem engeren Fachkollegen kontriert wurde10 • Im ethnologischen Verständnis des westeuropäischen Megalithikums mit einer alten eurafrikanischen Kulturschichte im Hintergrund kam WÖLFEL auf die Idee eines durch ethnolinguistischen Rückschluß von dem zwischen Kanariern und Berbern gemeinsamen Wortbestand, also seinen MLC, möglichen Erweises einer M e g a 1 i t h s p r a c h e , einer für den allgemeinen Sprachforscher von vornherein problematischen und in ihren Voraussetzungen kaum fundierten ll Zielsetzung. WÖLFEL suchte sie durch ein an der Universität Salamanca herausgebrachtes Buch ,,Eurafrikanische Wortschichten als Kulturschichten" (1955) der zum Urteil zunächst zuständigen Disziplin, der Semasiologie, näher zu bringen. Als er es dann ein Jahr vor seinem Tode noch erleben mußte, daß in den Sitzungsberichten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften von E. LOCKER (Phil. hist. Kl. 240, 1962) ein Artikel über „Älteste Sprachschichten Westeuropas" erschien, der auf der europäischen Seite seine megalithische nicht mit einbezog, versteifte er sich als Autor der MLC um so mehr darauf, daß die von ihm erhofte und vorbereitete Neuausgabe mit dem Untertitel „und die Megalithsprache" erscheinen solle. Der Bearbeiter des aufgrund von Notizen WÖLFELs möglichst erweiterten Textes stellte beim Verlag jedoch den Antrag, daß wohl der von WÖLFEL selbst verfaßte VI. Teil mit dem nach der Skizze einer kanarischen Grammatik angefügten Programm jenes Rückschlusses noch den Monumenta eingefügt werden sollte, nicht aber jener Vermerk in dem Titel, weil ein Erweis der Megalithsprache nicht erbracht sei. Es stimmte ihm WÖLFELs Schüler H. BIEDERMANN, der Fachlektor des Werkes beim Verlag, zu, und in einer nachträglichen Besprechung hat ein anderer Schüler WÖLFELs, der immer mehr auf Feinarbeit in afrikanischer Sprachforschung sich spezialisierende H. JUNGRAITHMAYR, diese Maßnahme gebilligt (OLZ 61, 1971). Von dieser Entwicklung konnte die von Hallein ausgehende kanarische Feldforschung jedoch nichts wissen, zumal ja ihr Ziel nicht die Interpretation, sondern die beschreibende Darstellung der altkanarischen Monumente war. Erst mit einem vor ganz kurzem eingelangten anders angesetzten Versuch, den Cromagnontyp als den Träger einer Megalithsprache zu erweisen, der in diesem Sinne, aber nur dadurch, dem WÖLFELschen Ziel zusteuerte12 , kam das Thema Megalithsprache neuerlich aufs Tapet. Auf einer im Jahre 1974 vorangegangenen sprachwissenschaftlichen Tagung in Hallein hatte aber der Moderator, H. STUMFOHL, durch seine Betonung der Inkongruenz von Megalithkultur und Sprache (Almogaren V-VI, 1974/75, 57) einem Aufkommen der bis dahin nicht vorhandenen Bereitschaft zum Eingehen auf eine Megalithsprache eher entgegengewirkt. Noch größer ist jedoch die Inkongruenz zwischen Megalithsprache und Megalithreligion 13 , angesichts der lokalen Verschiedenheit ihres differenzierten Umfanges und der Umstrittenheit ihres Inhaltes überhaupt. Unter diesen Umständen konnte H. NOWAK sich auf dem richtigen Weg wissen, daß er schon von Anfang an den Ausdruck megalithisch möglichst vermieden hat 5 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 und bei seiner deskriptiven Feldforschung nur die religiöse Deutung der von ihm untersuchten Steindenkmäler aufgrund der alten Berichte, die diesen Begrif noch gar nicht kannten, wenn die eigenen Beobachtungen dafür zu sprechen schienen, zu rechtfertigen suchte. Die inzwischen bekannt gewordene Ablehnung des zuerst in La Laguna in Archäologie tätigen, dann nach Sevilla ernannten M. PELLICER gegen den Freund WÖLFELs S. JIMENEZ SANCHEZ, den früheren staatlich beauftragten Archäologen für Gran Canaria, lenkte die Aufmerksamkeit im IC auf das notwendig gewordene Diferenzieren in megalithicis, das von den Ethnologen schon gefordert wurde. Damit die Position WÖLFELs in dieser Sache nicht zu voreilig ganz aufgegeben werde, orientierte AL CLOSS durch ein von vornherein nur vorbereitend gedachtes Referat auf der Tagung 1973, in dem er einerseits auf die Veränderungen hinwies, die an der ethnologischen Aufassung über die konstituierenden Merkmale des Megalithikums durch R. HEINE-GELDERN vom Jahre 1928, der später die Frankfurter Ethnologen A. E. JENSEN, aufgrund von Beobachtungen im kuschitischen Bereich, und M. SCHUSTER, von solchen in Südostasien, beigetreten waren, von diesem Autor selbst im Jahre 1958 vorgenommen wurden (ihre negativen, aber doch auch positiven Auswirkungen auf die Kanaren sind in unseren Anmerkungen 9 und 10 besprochen), andererseits auf die nun immer stärker hervortretende Gegensätzlichkeit zum prähistorischen Begriff des Gräbermegalithikums, auf dessen Seite sich - nach einem Vermerk in den IC-Nachrichten (27, 1978, 20) - der der Ethnologie im allgemeinen nicht abgeneigte Prähistoriker K. J. NARR eindeutig gestellt hat. AL CLOSS suchte zu vermitteln, indem er bei der darauffolgenden Tagung im Jahre 1974 unter dem Titel „Der megalithische Aspekt an kanarischen Steindenkmälern" (publiziert Almogaren V-VI, 1974/7 5, 67-84 ), in ähnlicher Weise, wie früher H. BIEDERMANN in Sachen der Westkultur, Gesichtspunkte zugunsten S. JIMENEZ SANCHEZ, entwickelte, vor allem im Hinblick auf seine Spezialarbeiten über den Kultberg Tirma und den niedrigen Grabturm an der Playa de Mogan mit den zusätzlichen Steindenkmälern. Dabei klang der Gedanke an eine Stellvertretung der Dolmen durch die Grabtürmchen und andere Weisen der Bestattung, besonders in Höhenheiligtümern mit den Königsgräbern auf dem Bentaiga, trotz des Fehlens von eigenen, direkt megalithisch zu verstehenden Termini für beides, vorsichtig an. Der von beiden Referenten, sowohl von H. BIEDERMANN als auch von Al. CLOSS, beabsichtigten retardierenden Wirkung gegenüber der vollen Preisgabe des megalithischen Prinzips bei der Erklärung der kanarischen Steindenkmäler, kam es sicher zugute, daß sich dann beim IC einer der bedeutendsten, schon früher mehrfach für WÖLFEL eingetretenen Megalithforscher, S. HUMMEL, als Mitglied eingestellt hat. In einem Aufsatz (Bericht hierüber Almogaren VIII, 1977, 94) versuchte er sogar, die WÖLFELsche These vom kontinental entstandenen und kostal verbreiteten Megalithikum auch für Tibet, wohin es den Indus aufwärts zunächst nach Kashmir und von dort ins Schneeland gelangt sei, zu verifizieren und darüber hinaus sogar eine Nachwirkung in die Gnosis in Betracht zu ziehen (Almogaren VIII, 1977, 88 Anm. 12 u. 89 Anm. 23), wodurch er nicht unbeträchtlich das Vertrauen aufWÖLFEL und JIMENEZ SANCHEZ verstärkte. Kalmierend wirkte nach dem zerreißend 6 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 anmutenden Widerstreit der Beitritt auch des Departamento de Arqueologia der Univeristät La Laguna (Almogaren VIII, 1977, 8) und des Departamento de Antropologia y Etnologia de America der Universität Madrid zum lnstitutum Canarium (ebd.). Weiter als M. PELLICER ging übrigens D. SMOLLA in der ethnologischen Stuttgarter Zeitschrift (Tribus 1977) in der Trennung zwischen dem Megalithikum und den Kanaren, indem er gegen WÖLFELs Formel, die kanarische Kultur sei ein Gautyp davon, angesichts des Fehlens von Metall im kanarischen Archipel, die dortigen Steinbauten nur für eine Verarmung aus einer höheren Kultur, etwa gar der punischen, ansehen zu können glaubte. Den Anspruch plausibler zu sein (als die WÖLFELsche Aufassung), durfte aber schon vorher H. BIEDERMANN mit seinem ihr näher bleibenden Artikel „Zur Typologie der altkanarischen Kultur" (Almogaren II, 1971, 39-46) erheben. Darin wird nämlich die Andersartigkeit der Gesteinswelt im klassischen Gräbermegalithikum gegenüber der kanarischen für die Veränderung des megalithischen Standes auf den Kanaren verantwortlich gemacht. Anstelle des Dolmenmegalithikums, das sich dort nicht entfalten konnte, entstanden einerseits die Höhenheiligtümer mit den Königsgräbern, andererseits die Nekropolen, wie CUSCOY eine solche von Hierro neben der Kultanlage von El J ulan beschrieben hat. Bei der Vorbereitung einer Monographie der kanarischen Felsbilder richtet sich das Augenmerk H. NOWAKs gemäß dem Anliegen WÖLFELs auch auf die megalithischen Petroglyphen, d.h. auf die von ihm so genannten spiralförmigen und geometrischen Sinnzeichen, unter denen dieser bei ihrer Aufzählung in „Christus und die Religionen der Erde" (1, 1951, 222) diejenigen in der Höhle von Belmaco auf Palma eigens erwähnt. Um Felsbilderforschung auf Palma, besonders um die der dortigen megalithischen Petroglyphen, machte sich schon H. WALTER sehr verdient. H. BIEDERMANN (Almogaren VII, 1976, 237-239) bringt mit dieser Gruppe die „Ringwellensymbole" in Zusammenhang. Al. CLOSS (Almogaren V-VI, 1974-1975) stellte S. 7 8 das erste Vorkommen der einfachen, also noch nicht megalithischen Spirale schon in der frühesten Linearkeramik fest und er berichtete (l.c.) über einen außerordentlichen Fall, in dem dieses im Megalithischen ein Leben-Tod-Symbol darstellende Spiralsymbol auf einem Megalithgrab gefunden wurde, wo es bei der Wintersonnenwende von den Strahlen des Sonnenlichtes getroffen wird, nämlich im Hügelgrab von New Grange, County Meath, Irland. Geographisch war von den Kanaren aus Nordwestafrika, abgesehen von den anthropotypischen Entsprechungen auf beiden Seiten, die WÖLFEL seinerzeit zu seinem Aufsatz über die Probleme Weißafrikas angeregt hatten, das nächste Vergleichsgebiet, auch hinsichtlich der Steindenkmäler. Dementsprechend wurden sie auf den Tagungen des IC zum Gegenstand einer eigenen in der GISAF zentrierten Forschungsrichtung. Das Ergebnis war, daß vom zweiten Bd. Almogaren (1971) bis zum achten (1977) über Steindenkmäler in Afrika von verschiedenen Autoren 24 Aufsätze veröfentlicht wurden, darunter drei von H. NOWAK aus der Spanischen Sahara (II, 1971, 47-66, V-VI, 1974/75, VII, 1976), sowie zusammen mit S. u. D. ORTNER die „Felsbilder der Spanischen Sahara" (Akadem. Druck- u. Verlags- 7 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 anstalt, Graz 1975), ferner mehrere von M. MILBURN und I. KÖBEL- WETTLAUFFER über die Westsahara (besonders Almogaren II und V-VI). Eröffnet wurde die ganze Serie durch einen Aufsatz über „Vorgeschichtliche Kunst und Kultur der Sahara" von F. MORI (Almogaren II, 1971, 1-19), wichtige Aufsätze von R. MAUNY (V-VI, 1974/75, 165-176), über Marokko von J.W.MAVOR,jr. (VII, 1976, 89-121), F. TROST (VII, 1976, 81-88 und VIII, 1977, 209-211) und über Steinsetzungen in Westafrika von J. PICHL (IV, 1973, 151-160). Weiters zwei die Grabbauten und die Felsbilder in Nordafrika zusammenfassende Arbeiten, die eine aus der ehemaligen Spanischen Sahara von M.MILBURN (III, 197-206) und die andere von G. ENGLJÄHRINGER und R. KRAML aus der Algerischen Sahara (VIII, 1977, 41-53. - über Felsbilder in Weißafrika schrieben mehr als ein Dutzend verschiedener feldforschender Autoren. E. SCHERZ, der Verfasser eines Dokumentationsbandes über die Felsmalereien in Südwestafrika, vermutet (Almogaren VIII, 1977, 97-99), daß die Gravierer von Zeichnungen in dieser Gegend einer anderen Menschengruppe angehörten. Von welcher die Steindenkmäler stammen, bleibt ungeklärt. Die Fahrt HEYERDAHLs im Binsenfloß „Ra" bis hinüber nach Mittelamerika hatte bereits von Almogaren II an eine Erkundung von den Kanaren aus zur Neuen Welt zur Folge, in Almogaren II (1971) durch AL CLOSS „über die nautischen Voraussetzungen der kanarischen Landnahme und transatlantischer Kultureinflüsse aus dem alteurafrikanischen Westeuropa" (21-38) und von J. ALCINA FRANCH (ebd. 91-10 2 u. 103-136) über mehr oder weniger vermutliche Beziehungen zwischen den Kanaren und dem prähistorischen Amerika, worauf dann K. H. PEIFFER (Almogaren III, 1972, 17 5-195) die antiken Quellen zur Geschichte der Atlantikfahrten zusammentrug und erörterte. Gleichzeitig mit dem Artikel von PEIFFER erschienen wichtige Ergänzungen, eine von E. DONDELINGER über altägyptischen Schiffsbau (Almogaren III, 1972, 133-146) von Z. KRZAK, der Versuch einer Rekonstruktion eines „afroiberischen Schiffes aus neolithischer Zeit" ( ebd.147 -17 4),d azu Th.B ARGATZKY über die „Fischerboot-Hypothese" in vorkolumbischer Zeit (V-VI, 1974/ 75, 247-258). Auf der amerikanischen Seite war man damit auf die seinserzeit bereits von H. R. SCHOOLCRAFT (gestorben 1864) in ihrer Bedeutung für die nordamerikanische Ethnologie erkannten und in deren Darstellung mit eingearbeiteten Felsbilder Nordamerikas verwiesen. Die inzwischen von der Grazer Akad. Druck- u. Verlagsanstalt zu ihrem besonderen Pflegegebiet gewählte Felsbilderforschung gewann damit vom Halleiner Arbeitszentrum her wertvolle Fachleute, die mit bedeutsamen Arbeiten SCHOOLCRAFTs Werk fortsetzten in Vorträgen und Veröffentlichungen an dieser Studiengemeinschaft, K. F. WELLMANN (Almogaren V-VI, 1974/75, 227-242 u. 259-270, dann VII, 1977, 153-166) undJ. L. SWAUGER (Almogaren V-VI, 1974/75, 300-304 und VII, 1976, 191-198), ferner G. WEBER-M. STRECKER (ebd. V-VI, 1974/75, 306-308) und H. HARTUNG von den Olmeken (VII, 1976, 223-229). Wie von selbst schlossen sich daran Untersuchungen aus anderen Erdgebieten an, 8 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 vom schon früher behandelten Nordafrika über Afrika im ganzen von H. KOLMER (VIII, 1977, 123-138) und über den Süden dieses Erdteiles von H. PAGER (V-VI, 1974/75, 205-226 ), dann weiter nach Osten die Felsbilder von Anatolien (M. UYANIK in Almogaren III, 1972, 207-220), von Indien (L. WANKE in VIII, 1977, 147-152), über Nordost-Afghanistan (K. GRATZL in V-VI, 1974/75, 327), in der Sowjetunion (M. KSICA in III, 1972, 221-234) und in Northumberland (S. BECKENSALL in VII, 1976, 183-193). Zum Megalithikum in der Neuen Welt lieferten Beiträge über die Olmeken C. GAY (II, 1971, 67-82), P. BRYKCZYNSKI über die Kreuze von La Venta (IV, 1973, 173-187), A. POLLAK-ELTZ über Menhire in Venezuela (ebd. 213) und A. WIERCINSKI über Megalithen in Teotihuacan (V-VI, 1974/75, 271-276). - Die Eröff nung der Felsbildforschung zog viele neue Mitglieder aus den verschiedensten Gegenden ins Halleiner Zentrum. Und dieses kam dadurch zu seiner universalen sachlichen Ausdehnung. Durch diese Verlagerung, insbesondere der Felsbilderforschung, von den Kanaren auf die Neue Welt wurde die primäre Bezogenheit des Institutum Canarium auf den Kanarischen Archipel nicht beseitigt. Es hatten sich nämlich zwei der im Kontakt mit dem Vorstand der Vereinigung aktivsten und in deren wissenschaftlichen Zeitschrift Almogaren durch eigene Publikationen am meisten vertretenen Mitglieder der jüngeren Generation dieser Vereinigung auf den Kanaren, wenn schon nicht dauernd wohnhaft, so doch den größeren Teil des Jahres seßhaft gemacht. Dies ist in erster Linie der Ethnologe M. MILBURN und der mehr aus literarischen und volkstümlichen Quellen schöpfende spezifische moderne Kanarienforscher J. KRÜSS. M. Milburn (Doktorat an der Sorbonne), vor allem mit Forschungen in der Sahara befaßt, beschäftigt sich am meisten auch mit den Steinsetzungen auf den Kanaren. Auf eine Anfrage von Al. CLOSS hat er überaus wertvolle Angaben über die um Galdar und die dortige große Anlage herum feststellbaren, den saharischen ähnlichen couchets geliefert, von denen aus die Anfänge um Galdar sich besser beurteilen lassen. Es ist zu hofen, daß er diese Angaben selbst illustriert veröfentlichen und damit die Megalithforschung an diesen nach Prof. I. SCHWIDETZKY bis nahe zum Zeitalter der Conquista weitergebauten, wohl imponierendsten Steintürmen auf den Kanaren ergänzen wird. Außerdem verdankt das IC M. MILBURN eine wertvolle Mitteilung, durch die die in einer Abbildung in D. J. WÖLFELs Paideuma-Aufsatz (4, 1950) als Amphitheater bezeichneten Grundmauern (Abb. 4, S. 247) im Sinne von S. JIMENEZ SANCHEZ als palacio de justicia umbestimmt werden konnten. Da WÖLFEL seine Ansicht in keiner Weise begründet, muß die in der Society of Antiquaries (Burlington House, Picadilly Circus, London) eingetragene Bezeichnung von S. JIMENEZ SANCHEZ erst noch im Hinblick auf den Terminus tag6ror diskutiert werden. Die Nachprüfung besorgte M. MILBURN, der sich im Boledn de la Real Sociedad Geogrifica (Madrid 197 5) in einem Hommagium zu S. JIMENEZ sANCHEZ bekannt hat. Das zweite auf den Kanaren seßhaft gewordene, mit der Leitung des IC regelmäßigen Kontakt haltende wissenschaftlich aktive Mitglied ist J. KRÜSS. Ihm verdankt 9 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 der Verfasser dieser Zeilen eine am 26.3.1973 eingelangte sehr wertvolle Mitteilung über das Vorhandensein des Ausdruckes Tirma außer in der von S. JIMENEZ SANCHEZ ausführlich beschriebenen Kultanlage auf dem hochsakralen, durch eine feierliche Prozession beider Könige von Gran Canaria und der Maguadas ausgezeichneten heiligen Berg dieses Namens auch für einen Berg ohne jedes kultische Merkmal nordwestlich des Barranco de Balos. Dazu machte J. KRÜSS bei H. STRAUBE, Westkuschitische Völker Südäthiopiens (Stuttgart 1963, 35) das Vorkommen desselben Namens Tirma zur Bezeichnung einer altäthiopischen Volksgruppe, der Tschako, ausfindig14 • Im allgemeinen aber erweist sich dieser Autor durch seine Wohlerfahrenheit in den Quellen, in Verbindung mit seiner Geöffnetheit für das heute noch nachhaltende Erbe aus der Urbevölkerung, in unserem Mitgliederstand am besten zum Aufbau einer kanarischen Volkskunde, also einer eigenen Sonderdisziplin der Kanaristik, befähigt. Innerhalb einer derartigen Bestrebung würde das Herausarbeiten von Erzählungen über die heiligen Berge aus den Volkstraditionen einem der beiden Hauptthemen des IC im religiösen Bereich gut entsprechen. Auf dem Gebiete der Lebenstechnik aber wäre, von Hallein aus gesehen, eine erstmalige monographische Darstellung des Zusammenhanges der heutigen Salzgewinnung auf den Kanarischen Inseln mit der dortigen geschichtlichen und vorgeschichtlichen Praxis auf dem Hintergrund der allgemein einschlägigen Literatur 15 darüber wohl angepaßt. Und wie alles übrige, was im Halleiner Doppelinstitut durch zehn Jahre geleistet wurde, ordnete sich dies ungezwungen zusammen mit der ständigen Absicht der Führung, den Erkenntnisstand über menschliche Aktivitäten besonders an der Lithosphäre im Archipel, sowohl im Ahnenkult und piktographisch in den Felsbildern als auch sonst zu sichern, zu verbessern zu vermehren und zu vertiefen. Als im Jahre 1970 das Heimatbuch „Hallein" erschien, war die Gründung des Institutum Canarium in dieser Stadt durch H. NOWAK und den Lektor der Grazer Akademischen Druck- u. Verlagsanstalt, H. BIEDERMANN abgeschlossen, aber noch kaum dort bekannt. Zum 7 SO-jährigen Stadtjubiläum kann und darf die Führung dieses Institutes nach zehnjähriger Tätigkeit in der oben charakterisierten Steigerung, im Kontakt mit prominenten Gelehrten und qualifizierten Fachanstalten wissenschaftlich wohlfundiert, mit einer eigenen Festschrift aufwarten. Es hat sich inzwischen verselbständigt, wodurch allerdings die Forderungen an den Idealismus seiner Mitglieder noch größer wurde. Die behördlichen Kulturreferate, nicht nur der Gemeinden, sondern auch des Landes und des Bundes, können sie in ihrem unentwegten Ringen um die Erhaltung dieser kulturellen Organisation nicht im Stiche lassen. Vor allem nicht das Land Salzburg, denn der Glanz seiner zweitältesten Stadt ist auch der seinige, und irgend einer Art von Inkardination des schon weltbekannt gewordenen Halleiner Zentrums der Zirkumkanaristik in das öffentliche Studienwesen wäre wohl ein begründetes Anliegen der kulturellen Zukunftsplanung. Das Gedächtnis D. J. WÖLFELs aber, sowie das Nutzbarmachen seiner Leistungen, zu dem dieses Institut errichtet wurde, gehört, weil es sich um einen großen, in seinem Leben in der Heimat nicht verdient belohnten Österreicher handelt, auch mit zu den Angelegenheiten dieses Staates. 10 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 ANMERKUNGEN 1 Den Namen Hallein für illyro-keltisch zu halten, angesichts der vorlatenezeitlichen Besiedlung des der Stadt im Westen vorgelagerten, salzführenden Dürrnberges ist wegen illyrisch salpina (W. STEINHAUSER, Was war das „Hall"? Mitt. Ges. für Salzburger Landeskunde, 92, 1952, 147-151) und wegen venetisch asanka nicht möglich; er ist also keltisch. Eine Beurteilung des Halleiner Dürrnberges in seinem Verhältnis zu der Hallstätter Salzgewinnung ergibt sich aus dem Vortrag von H. KROMER (Die Bedeutung des Fundortes Hallstatt für die europäische Eisenzeit. In: Wartenstein I, 1958 Horn 1959, 58-64). 2 D. J. WÖLFEL war mit dem ihm befreundeten Verfasser des vorliegenden Berichtes einer Meinung, daß eine kulturhistorisch orientierte Ethnologie, entsprechend dem Ansatz W. SCHMIDTs dazu in Australien, v o n d e n s p r a c h 1 i c h e n G e g e b e n h e i t e n a u s z u g e h e n und zunächst an diesen die vergleichende Methode zu erproben habe. WÖLFELs Ausführungen über Sprachverwandtschaft im Vorwort der MLC (7-11), daß außerhalb der sprachgesetzlich erschlossenen indogermanischen Sprachfamilie durch ein Vergleichen von laut- und bedeutungsähnlichen Wörtern Zusammenhänge zwischen verschiedenen Sprachen aufgedeckt werden können, waren durch die gegen das Verabsolutieren der etymologischen Methode gestellte Semiotik F. SAUSSUREs gedeckt. Dadurch schien diese für die vergleichende Ethnologie tragfähig gemacht. Das semiotische Prinzip hatte D.J. WÖLFEL bereits in der Festschrift für W. SCHMIDT (1928) dargelegt und er schaltete diesen Aufsatz seinen MLC vor. Auf deren Herausgabe steuerte er schon seit jenem grundlegenden Aufsatz durch das Beschaffen der Quellen, zu denen er die archäologisch wichtige des TORRIANI auffand und zuerst veröffentlichte, zu. Aus ihnen erschloß er den altkanarischen Wortbestand. Zwei Jahre nach seinem TORRIANI-Buch und ein Jahr vor der in Leipzig bereits gedruckten, aber zerbombten ersten Auflage der MLC, also im Jahre 1942, hatte er als das Bezugsfeld seiner Sprachvergleichung des Kanarischen „Weißafrika" signalisiert. Und mit seinem großen wissenschaftlichen Gönner E. FISCHER hielt er unter den Weißafrikanern die Berber mit den Altkanariern durch einen starken Anteil des cromagnoiden Elementes verbunden. Aufgrund dieser Voraussetzung, die, wie sich in der Anm. 12 zeigen wird, erst in allerjüngster Zeit hinsichtlich der Berber angefochten wurde, hob WÖLFEL aus den Quellen die gegenüber der spanischen Überformung als altkanarisch erkennbaren Wörter heraus. H. NOWAK hatte (1967) das Fortleben der im Register der MLC zusammengefaßten Wörter im heutigen Spanisch-Kanarischen aufzudecken versucht; deren Gesamtbestand in Ortsnamen wird in einer Sonderpublikation nach langjähriger Sammeltätigkeit von Buenaventura PEREZ PEREZ nachgewiesen. Die MLC WÖLFELs sind vom Bemühen beherrscht, die von ihm als altkanarisch sondierten Wörter aus dem Berberischen und seinen verschiedenen Dialekten und sonst noch aus den dieser Sprachgruppe in Nordafrika nahestehenden Idiomen zu erklären. Das Ergebnis hielt der Autor im ganzen, obwohl manche Wörter auf diese Weise nicht zu interpretieren waren, für genügend beweiskräftig zugunsten einer inneren Einheit des Altkanarischen als einer dem Berberischen am nächsten stehenden Sondersprache, um damit die gegenteilige Meinung von E. ZYHLARZ aus dem Feld zu schlagen (hierüber Al. CLOSS in: ADEVA-Mitt. 6, 1965, 25 f.). Über die andere Aufassung des Verhältnisses zum Berberischen in der sehr problematischen Stellung des Kanarischen zur Megalithsprache wird erst im Zusammenhang mit dieser geurteilt werden. 3 Eine Mitteilung über die im kontinentalen Megalithikum voranstehenden Grabstrukturen auf der Fortaleza de Chipude konte H. NOWAK ebenso wenig machen wie J. BETHENCOURT ALFONSO (Text in Almogaren I, 1970, 146 f.), denn es sind dort überhaupt keine Bestattungen vorhanden. Über jene in anderen Gebieten dieser Insel (Kavernen im Barrancos oder sonst) sagt er, die Leichen seien darin in Rückenlage bestattet, ohne bestimmte Ausrichtung; A. PALLARES PADILLA aber stellt dazu (Almogaren VII, 1976, 24) fest, in Gomera komme in einigen Fällen eine ältere Weise, die Beerdigung in Seitenlage, vor. Aus einem erst in den IC-Nachrichten 30, 1979, 18 vermerkten Artikel von A. HÄUSLER wird eine seit der Glockenbecherkultur von Ägypten ausstrahlende Bestattungsweise in ausgestreckter, nach Osten gerichteter Lage neben Brandbestattungen vom Rhein bis zur oberen Wolga überschaubar gemacht. Der Aufsatz von M. AGUILAR „EI enterramiento Canario prehistorico" (Anuario de Estudios Atlanticos 22, 19 76, 15-112), der die einschlägigen Verhältnisse im ganzen Archipel aufschließt, wäre auf einen etwaigen Anteil solcher möglicherweise megalithischen Bergung in der Erde zu überprüfen. An sich liegen die megalithischen Grabstrukturen aber doch über der Erde. Die Steinsäulen auf der Fortaleza de Chipude können, weil sie nicht auf Gräbern stehen, nicht gut als megalithisch bezeichnet werden. Die Libationsstellen ließen sich leichter als solche bestimmen, denn R. HEINE-GELDERN zählt solche (1928, 279 u. 277) zu seinem ethnologischen Megalithikum, wenn ihnen auch, die den „queseras" auf Lanzarote (Rinnen verschiedener Breite und Tiefe auf Steinplatten) eigene megalithische Umgebung fehlt. Näheres hierüber erforschte H. NOW AK (Almogaren VIII, 1977, 1-3). 4 Auf besondere Zusammenhänge zwischen dem Irischen und dem Kanarischen in sprachlicher Hinsicht hatten bereits C. GRAEBEL und, ihm folgend, J. ALVAREZ DELGADO (vermerkt von WÖLFEL MLC IV, 7) hingewiesen. WÖLFEL stellte sich aber energisch gegen die damit verbundene Behauptung einer Zugehörigkeit des Kanarischen zum Indogermanischen; allerdings nähere Entsprechungen in den Steinbauten auf beiden Seiten als Anzeichen eines vorindogermanischen Zusammenhanges konnte auch er nicht angeben. 11 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 5 Die vom Volk „obispos" (Bischöfe) genannten Felsspitzen am nordöstlichen Auslauf von Tenerife sind auch durch die Inschrift am berühmten „Stein von Anaga" (P. TARQUIS RODRIGUEZ in: Almogaren II, 1971, 169-177) nicht als megalithisch religiöse Natursteingebilde erweisbar (Al. CLOSS, Almogaren V-VI, 1975/ 75, 81 Anm. 10). 6 An diesem zweiten, auf das M e g a 1 i t h i k u m viel ausgiebiger ausgerichteten Werk D.J. WÖLFELs übte der ihm im ganzen wohlwollend gesinnte Prähistoriker H. KIRCHNER, mit seiner Monographie über den europäischen Menhir zunächst zuständig, im „Sociologus" (Berlin II, 1952, 151-156) in mehreren Einzelheiten Kritik. 7 Der Begriff M e g a 1 i t h k u 1 t u r ist eine Prägung der Prähistorie, zuerst auf die neben der Einzelgräberkultur in Jütland im Osten anschließende Provinz mit Sippengräbern angewendet (R. PITTIONI, Die urgeschichtlichen Grundlagen der europäischen Kultur. Wien 1949, 81-85), dann von C. SPROCKHOFF (Die nordische Megalithkultur. Wien-Leipzig 1938) ausgeweitet auf die Verbreitung der ahnenkultischen Steinsetzungen unter den Germanen im Gegenlicht zur keltisch überschichteten Bretagne und zu Irland. WÖLFEL pflichtete jenen bei, die das germanische Megalithikum von den Britischen Inseln herleiten. 8 Auch der Begriff der W e s t k u 1 t u r stammt von einem Prähistoriker, von C. SCHUCHARDT (Westeuropa als Kulturkreis. S. B. Wiener Akad. Wiss. Phil. hist. Kl. 1913). Darin ist das Megalithikum aber nur ein Teilbestand. WÖLFEL schrieb ihm die Rolle des diese Konfiguration hauptsächlich prägenden Aufbaufaktors zu. Mit dem archäologischen Faktenmaterial Nordwestafrikas setzt die Westkultur, so wie sie WÖLFEL verstanden hat, H. BIEDERMANN in den IC-Nachrichten 3, 1970, 3-5, auseinander. 9 R. HEINE-GELDERN hatte in diesem ethnologischen Aufsatz, ,,Die Megalithen Südostasiens und ihre Bedeutung für die Klärung der Megalithfrage in Europa und Polynesien" (Anthropos 24, 1928, 276-315) noch selbst von einer „ausgesprochenen Megalithkultur" (bei den Angami Naga 286) und einer „mächtig entfalteten Megalithkultur" (in Flores und Sumatra 283) und einer „megalithischen Grundschicht" (zwischen Munda, Angami Naga, Nias und Polynesiern 312) und des weiteren zwischen Südostasien und Europa gesprochen. Von den in seinem Artikel nachgewiesenen Steinsetzungen bei den Aliteralen im Nordosten Indiens sind zwar nicht die dort vorkommenden „Dolmen" (nur zum Teil Grabbauten), eher noch „schalenartige" Vertiefungen (277) für die Beurteilung des Megalithwesens auf den Kanaren bedeutsam, um so mehr aber die Steinkreise und Menhire, besonders wenn solche als spezielle Kultelemente in der Mitte stehen, wie in Nias (305), Guilong, Naga (299) und auf den Geselschaftsinseln sowie in Polynesien (293). Mit den gegenüber dem Gräbermegalithikum des Westens auf den Kanaren als Sonderformen erscheinenden niedrigen Stumpfkegeln lassen sich vereinzelt solche, ebenfalls von geringer Höhe, 1-2 m hohe, in Nias (306) vergleichen. 10 Im Referat „Das M e g a 1 i t h p r o b 1 e m " (I. Wartensteinsymposion 1958, Horn 1959, 162-182) ließ R. HEINE-GELDERN zwar den Ausdruck „Megalithkulturen" noch für solche Fälle gelten, wo das Megalithwesen das „die Gedankenwelt beherrschende Zentrum religiösen Lebens" ist (165), bestritten aber hat er nun die Berechtigung der Redeweise von d e r „Megalithkultur", am meisten die mehr oder weniger latente Voraussetzung eines „megalithischen Kulturkreises" (1. c.), die er WÖLFEL hauptsächlich anzuschuldigen scheint. Ausdrücklich hat dieser den Terminus kaum gebraucht. Betrofen war WÖLFEL jedoch vom Angriff R. HEINE-GELDERNs in zwei Punkten, daß, ethnologisch gesehen, weder das Mutterrecht (165) noch der Himmelsgottglaube mit dem Megalithikum von seinem Ursprung her verbunden sei; das Mutterrecht konnte WÖLFEL übrigens auf den Kanaren nicht sicher nachweisen, andererseits fehlt dort ein Moment, das nach R. HEINE-GELDERN fest mit dem Megalithikum verbunden sein soll, nämlich die Verdienstfeste, deren Vorkommen bei den Germanen (173 f.) ihm immerhin möglich zu sein scheint. Das nach R. HEINE- GELDERN in Ostasien (und nach A. E. JENSEN im kuschitischen Gebiet) mit dem Errichten von Megalithen verbundene Rinderopfer ist in Nias und Melanesien durch das Schweineopfer ersetzt (1969). Dem könnte auf den Kanaren das aranfaibo auf Ferro (MLC IV§ 102 und§ 190) entsprechen; auf der Forteleza de Chipude in Gomera deuten Knochen höchstens auf ein Ziegenopfer hin. 11 Diesbezüglich hat man vergeblich erwartet, im Nachlaß WÖLFELs Faszikel zu finden, in denen Material gesammelt wäre zu dem in den MLC abgedruckten VI. Teil (S. 903-906), dem Entwurf (außer einer Grammatik des Kanarischen bis zum § 75, die sich wohl aus den in den Teilen II und IV dargebotenen Tatsachen hätte entwickeln lassen) einer komparativen Fortsetzung von § 76 an zum Erweis einer M e g a 1 i t h - s p r a c h e . Besonders dringend erforderlich wären Belege zum§ 126 gewesen, in dem auf der europäischen Seite das Baskische und das Iberische mit dem Libyschen in Afrika näher verwandt hingestellt werden, um dann dahinter ein „Atlanto-Libysches" in seiner Rolle als Substrat, einerseits des Lateinisch-Griechischen und andererseits des Keltisch-Germanischen als die Megalithsprache erfaßbar zu machen. Daß eben dieses Atlanto-Libysche als eigenes ethnisches Idiom nirgends, auch in Afrika nicht, nachweisbar ist, macht den schwächsten Punkt dieser Konstruktion WÖLFELs aus. Er wird auch dadurch kaum „gestärkt", daß zehn Jahre nach dem Tode WÖLFELs der Wiener linguistische Afrikanist H. G. MUKAROWSKY, einer seiner Schüler, auf eine engere Verwandtschaft des Sardischen mit dem Baskischen gestoßen ist (berichtet von H. GROLIG im Organ der Presseagentur IBF Wien 1973, 11-13), nachdem er (1963/64 u. 1969) das Baskische mit dem Berberischen enger verbunden erkannt hatte, trotz der Behauptung von E. ZYHLARZ (1932), es handle sich bei der von F. v. d. VELDEN (1931) vertretenen Ansicht, das Baskische sei eine afrikanische Sprache, nur um eine angebliche Verwandtschaft. Das Sardische aber wurde, nachdem F. v. d. VELDEN (1933) einen nordafrikanischen Untergrund der keltischen Sprache aufgedeckt hatte, über das 12 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Keltische, von J. HUBSCHMID (1953), besonders von L. WAGNER, indirekt ebenfalls zum Nordafrikanischen in Beziehung gebracht. Nähere Wortzusammenhänge, speziell megalithische mit dem Kanarischen, kamen dabei aber nicht zur Sprache. Aufallende Entsprechungen zu kanarischen Wörtern, die WÖLFEL für megalithisch hielt, hatte H. G. MUKAROWSKY (Wiener Völkerkundl. Mitt. 13, 1966, 1-7) aus Ghana und Senegal berichtet, von den Mandingo, den Wolof und den Ful, weißafrikanischen Megalithikern verwandten, aber mehr oder weniger negerisch überschichteten Stämmen (ihre Lage ist ersichtlich auf WÖLFELs Karte von Weißafrika in: Beiträge zur Kolonialforschung 6 Berlin 1942, 201). Die einschlägigen Vokabel sind zum Teil lautähnlich jenen, die WÖLFEL aus dem Berberischen nicht erklären konnte, nämlich aus dem Sachbezirk ein fara, entsprechend dem favra auf Fuerteventura, das einen runden Stein bezeichnet, und, soziologisch, zu f eican auf Gran Canaria ein fagha-ma in der Bedeutung Mächtiger und König und zum mensey auf Tenerife ( das aber aus dem Tuareg erklärbar ist) die Form massa und mansa. Beides sind Hoheitsbezeichnungen, die in den Mandingo-Staaten Bambara und Mali ihren festen Sitz haben. Eine direkte Abhängigkeit dieser südwestafrikanischen Stämme von den Kanaren und umgekehrt kommt wegen der Strömungsverhältnisse nicht in Frage; nahe liegt ein ursprünglicher Zusammenhang nachträglich von Negern überschichteter Weißafrikaner aus einem hochkulturellen und auch megalithischen Stratum, das nach H. BIEDERMANN (Almogaren IV, 1973, 12) um 300 v. Chr. von der großen Syrte bis zu den „Säulen des Herkules" bestanden hat, von wo her auch die Kanarier am ehesten erklärbar sind. 12 Einen entsprechenden Aufsatz erhielt der Bearbeiter der MLC von einem bekannten, die Natur- mit den Geisteswissenschaften, speziell in der Linguistik, biofunktional verbindenden Gelehrten,]. H. SCHARF an der Akademie der Wissenschaften in Halle a. d. Saale (Bericht in den IC-Nachrichten 29, 1979, 10). Er entwickelt darin zwei an sich selbständige Gedankengänge. Der eine zeigt überraschende und aufsehenerregende Wortanalogien zwischen einem besondern Teil des kanarischen Sprachbestandes und dem das Türkische, Mongolische und Tungusische mitumfassenden Alt-Altaischen auf. Dieser sprachvergleichenden Spannweite aus Afrika hatte der ägyptologische Ordinarius in Wien W. CZERMAK, der Lehrer der beiden afrikanistischen Linguisten aus dem Schülerkreis WÖLFELs, Bahn gebrochen. Aus dem Kanarischen hat J. H. SCHARF nicht weniger als 41 in den WÖLFELschen Sprachdenkmälern enthaltene, zum großen Teil aus dem Berberischen nicht erklärbare Wörter herangeholt, unter denen viele aus Tenerife stammen, darunter der Name Tenerife selbst, der erst auf diese Weise glatt erklärbar wird. Aber auch unter den aus dem Berberischen von WÖLFEL befriedigend belegten sind manche nicht minder gut auch aus jenen altaischen Wörtern deutbar, wie mensey und tigotan (der Name des Himmelsgottes auf Palma). Von den durch WÖLFEL dem Megalithikum zugeschriebenen, aus dem Berberischen aber nicht belegbaren Wörtern sind zwei am beachtenswertesten vom Altaischen her zu deuten, das wieder ebenfalls bei den Mandingo vorhandene soziologische feican auf Gran Canaria (SCHARF verbindet es mit bögö) und der Name der Muttergottheit moneiba auf Hierro (während sich eoranhan, der Name des Vatergottes, nach Sprache 2, 19 51, 174 wohl besser aus berberisch uhurahan = groß versteht). Sehr umfangreich ist freilich der Anteil an spezifisch megalithischen Ausdrücken auch da nicht. Der Hauptbestand jener 41 kanarischen Vergleichswörter wird nun von J. H. SCHARF, gewissermaßen im zweiten Gedankengang, wobei der Autor von der Behauptung ausgeht, das Berberische habe das eigentlich Altkanarische erst nachträglich überschichtet, dieses aber gehöre der Sprache der cromagnoiden Grundbevölkerung, insbesondere Tenerifes, an, als die Megalithsprache interpretiert. Den Einfluß einer cromagnoiden Schichte auch auf das Alt-Altaische stellte J. H. SCHARF in einem Artikel „Sprachen die Cr8-Magnon-Megalithiker Protomongolisch?" (Bio!. Rundsch. 15, 1977, 382-385) zur Diskussion. Die Entstehung des Megalithikums in einer cromagnoiden Bevölkerung mag sich irgendwie andeuten, doch wohl nur in einem schon spezialisierten Teil dieses anthropologischen Typs. Insbesondere mit dem Bezug auf das cromagnoide Element und seinen speziellen Zusammenhang mit dem Megalithikum gibt es insoferne auf den Kanaren eine Schwierigkeit, als gerade von Tenerife keine megalithischen Bauten bekannt sind. So ist gerade hinsichtlich der Megalithsprache, ähnlich, aber wieder in anderer Weise als die Vertikaltheorie WÖLFELs, auch die horizontal von den Kanariern zu den Altaiern hinüberspannende Theorie von J. H. SCHARF mit großen Fraglichkeiten behaftet. - Das ihm in dieser Sache mit WÖLFEL gemeinsam Fragliche liegt darin, daß sie beide das Vorhandensein des Megalithikums in den Ethnien, aus deren Wortbeständen sie die Megalithsprache herleiten zu können glauben, ebenso voraussetzen wie den Zusammenhang des Cromagnontyps i m a 11 g e - m e i n e n mit dem Megalithikum. 13 Die Einschränkung des Begrifes M e g a 1 i t h r e 1 i g i o n will besagen, daß nirgends, wo das Megalithikum mit seinem religiösen Grundbestand als „Sonderform des Ahnenkultes" (W. HIRSCHBERG, Wörterbuch der Völkerkunde 1965) bemerkbar ist, selbst dann nicht, wenn es stark hervortritt, alle Vorstellungen vom Heiligen und die Verhaltensweisen dazu bei der betrefenden Bevölkerung, also die g a n z e Religion, umfaßt. Dies ist wohl auch der Grund dafür, warum es im BERTHOLETschen „Wörterbuch der Religionen" (3. Aufl. von K. GOLDAMMER 1976) kein Textwort Megalithreligion gibt. Außerdem bestehen zwischen den Experten in beiden Disziplinen, die zunächst über den Religionsbestand des Megalithikums zu urteilen haben, zwischen denen der Prähistorie und der Ethnologie, und innerhalb jeder dieser Disziplinen, beträchtliche Verschiedenheiten in der Beurteilung der dem ahnenkultischen Ansatz mitverbundenen Merkmale. Den Steindenkmälern vorangehende Holzpfosten als Vergegenwärtigung des Toten, Gabelhölzer beim Rinder- 13 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 opfer als ein Zeremoniell bei der Errichtung von Megalithen, Kultteiche und Libationen, sowie der Terrassenbau werden z. B. vom Prähistoriker K. J. NARR nicht seinem ganz vom Gräbermegalithikum bestimmten Begrif zugeordnet. Andererseits läßt er Steinsäulen nur dann als ,,Megalithen" gelten, wenn sie sich auf Gräbern oder in Grabanlagen befinden. Eine religiöse Funktion können sie trotzdem haben. Weltsäulen, Weltberge und Himmelspfeiler werden als auf der Denkweise des Megalithikums beruhende Strukturelemente in Zweifel gezogen oder gar bestritten. Der Himmelsgott steht nach R. HEINE-GELDERN (oben Anm.10, 1959, 163) nicht so im Mittelpunkt des Gesamtmegalithikums,wie dies WÖLFEL aufgrund der Nachrichten über den Glauben der Kanarier im Textwort Megalithreligion (Religionswissenschaftliches Wörterbuch 1956, 531) angenommen hat. Zur archäologisch-ethnologischen Diskussion des Umfanges des Megalithikums tritt auf den Kanaren, am klarsten in Hierro, wo die Bezugsgottheiten als die Ahnen der Bevölkerung verehrt werden, die Frage der Ausweitung des megalithischen Denkens auf Felsspitzen und sonst aufragende Naturgebilde. - Die Bezeichnung der Megalithreligion als eine vorhochkulturelle Weltreligion durch WÖLFEL entbehrt der Rücksicht auf das prophetisch-propagandistische Moment in den eigentlichen Weltreligionen. Zu R. HEINE-GELDERNs dementsprechender Reduktion des Begriffes Weltreligion auf Weltanschauung vgl. E. UNGER-DREILING (Die Psychologie der Naturvölker als kulturhistorische Grunddisziplin. Wien 1966, 83-87). 14 Dies sind wertvolle Angaben, weil ich einerseits für F. LÖHER am Bergnamen Tirma der Bezug zur Irminsäule der Germanen ergab, andererseits in der Zeusmonographie von A. B. COOK (II, 1925, 50-57) die Irminsul mit den Juppitergigantensäulen und mit Zeuspfeilern zusammengebracht wurde. Konnte am Namen Tirma das ti als Artikel für abtrennbar gelten, so blieb WÖLFELs in dieser Frage offene Stellungnahme sprachwissenschaftlich diskutierbar. Die oben angeführten vonJ.KRÜSS beigebrachten Tirmanamen sprechen dagegen. Zu erwägen wäre aber noch immer der für sich allein (d. h. ohne Artikel) dastehende Ausdruck irmi (asmun) bei den Zenaga, den WÖLFEL (MLC IV, S 318) zum Beleg für etwas Aufragendes heranzieht, zumal angesichts der Möglichkeit, daß er Zusammenhang hätte einerseits mit dem Namen Ermima eines Wadis in der Spanischen Sahara (Karte von H. NOWAK in Almogaren II, 1971, 58 u. 56, Text auf S. 57),wo megalithische Steinsetzungen häufig sind, andererseits mit einem Worte orma bei den Basken (C. C. UHLENBECK in: Anthropos 35/36, 1940/41, 202). Dies würde die Annahme eines „eurafrikanischen" Substratwortes ermöglichen, aus dem sich die von Germanisten noch unerklärte Bedeutung des germanischen Wortes Irmin als „groß" gegenüber den etymologisch in Betracht kommenden, in eine andere Richtung weisenden Bezugswörtern im Indogermanischen erklären ließe. Darauf sind wir bei unseren Diskussionen über das Megalithikum in Hallein gestoßen. - Viel weiter entfernt von den drei genannten eurafrikanischen Wörtern als die Bezeichnung Irma für ein Wadi in Südarabien (H. v. WISSMANN in: Saeculum 1953, 73, 78) ist das Element irma als Beiname des megalithisch deutbaren Gottes Huiracocha in Peru (Al. CLOSS l. c. 85), zumal dieser Name (l. c.) auf der Verschreibung eines Illyapa beruhen soll, wobei es freilich erst noch einer Erklärung darüber bedürfte, wieso es zu dieser Verschreibung kam. 15 Der originalkanarische Name für Salz ist nirgends überliefert, doch besteht kein Zweifel an der von alters her üblichen Gewinnung dieses mineralischen Mittels zum Würzen auf den Inseln aus dem Meere (hiezu im allgemeinen K. MÜLLER, Die Salzgärten des Meeresufers. Diss. Leipzig 1920). Für den ethnologischen Vergleich ist zunächst behilflich J. MÜLLER, Die Salzversorgung Zentralafrikas (Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 27, 1905) und A. SPRINGER, Die Salzversorgung der Eingeborenen Afrikas vor der neuzeitlichen europäischen Kolonisation (Diss. Vajda 1918), dann aber auch noch F. WITTHÖFT, Das Salz in Ozeanien (Hamburg phil. Diss. 1940). Im Hintergrund dieser ethnologischen Spezialarbeiten die umfassenderen Veröfentlichungen von H. HEHN, Das Salz. Eine kulturhistorische Studie (Berlin 1973) und M.J. SCHLEIDEN, Das Salz, seine Geschichte, seine Symbolik seine Bedeutung im Menschenleben. Eine monographische Skizze (Leipzig 1875), ferner R. TROITZSCH, Das Salz in der Kultur der Vorzeit (Kosmos 1917) und H. HEIM, Das Salz in Geschichte und Vorgeschichte (Kosmos 1927). SCHRIFTENLISTE DER HALLEINER UND SALZBURGER IC UND GISAF-MITGLIEDER Baier, Bernd 1971 Die Felsbilder von Oukaimeden, Hoher Atlas, Marokko - m: Almogaren II, Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. 1974/75 Felsbilder des Oued Saac, Südmarokko - in: Almogaren V /VI, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Hallein. Engljähringer, Gerti 1972 Felsbilder in der Schlucht des Oued Djaret, Algerien - in: Almogaren III, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Hallein. 14 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Engljiihringer, Gerti - Kraml, Roland 1977 Felsbilder und Grabbauten von Arak, Algerische Sahara - in: Almogaren VIII,Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. Nowak, Herbert 1967 Altkanarische Sprachreste im heutigen Spanisch der Insel Gomera - in: ADEVA-Mitteilungen, Heft 11, März 1967, Graz. 1969 „Fortaleza de Chipude" - Ein Bergheiligtum der Altgomerer - in: RAGGi, Zeitschrift für Kunstgeschichte und Archäologie, Vol. 9, No. 4, 1969, Zürich. 1970 Neue Gesichtspunkte zur Bearbeitung des kanarischen Megalithikums - in: Almogaren I, Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. 1971 Steinsetzungen im südlichen Rio de Oro, Spanische Sahara - in: Almogaren II, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Hallein. 1972 Silbo Gomero, die Pfeifsprache der Kanareninsel Gomera - in: Almogaren 111,Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. 1972 Smara, die heilige Stadt des Ma el'Ainin - in: Almogaren III, Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. 1973 E. Bonelli: Reisen ins Innere der Sahara. übersetzt und bearbeitet von H. Nowak. - in: Almogaren IV, Graz. 197 3 Rock Engravings in the Land Salzburg - in: Almogaren IV, Jahrbuch des Institutum Canarium, Graz. 197 4/7 5 Prähistorische Steinbauten der Kanarischen Inseln - in: Almogaren V /VI, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 1974/75 Götter und Kulte der Altkanarier - in: Almogaren V /VI, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 1974/75 Neue Felsbildstationen in der Spanischen Sahara - in: Almogaren V/VI, Jahrbuch des Institutum Canarium, Graz. 1975 Die Felsbilder der Spanischen Sahara (zusammen mit S. und D. Ortner) - Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz. 1976 Die Felsbilder von Amgala - in: Almogaren VII, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 1977 Archäologische Monumente der Kanareninsel Lanzarote, 1. Teil: ,,Queseras", Monolithen, Steinfunde, Felsbilder - in: Almogaren VIII, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 197 8/79 Archäologische Monumente der Kanareninsel Lanzarote 2. Teil: Zonzamas, Casas Hondas ... - in: Almogaren IX/X, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 1978/79 Steinsetzungen der Westsahara (zusammen mit M. Milburn) - in: Almogaren IX/X, Jahrbuch des Institutum Canarium, Graz. 1980 Die Petroglyphen der Kanarischen Inseln - Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz ( in Vorbereitung). Ortner, Dieter 1971 Prophylaktische Maßnahmen vor Nordafrika-Reisen - in: Almogaren 11, Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein, Ortner, Sigrid - Ortner, Dieter ( zusammen mit H. Nowak) 1975 Die Felsbilder der Spanischen Sahara - Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz. 15 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017
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Calificación | |
Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Hallein auf dem Weg zum mitteleuropäischen Zentrum der Altkanarierforschung |
Autor principal | Closs, Alois |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 09-10 |
Tipo de documento | Artículo |
Lugar de publicación | Hallein |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 1978 |
Páginas | pp. 001-015 |
Materias | Prehistoria ; Islas Canarias |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 510745 Bytes |
Texto | Alois CLOSS, Graz HALLEIN AUF DEM WEGE ZUM MITTELEUROPÄISCHEN ZENTRUM DER ALTKANARIERFORSCHUNG Die im Namen Hallein 1 mitzudenkenden singulären prähistorischen und wirtschaftsgeschichtlichen Tatsachen unterbauen ein außerordentliches städtisches Jubiläum, an dessen oberstem zeitlichen Rand eine erst in den letzten zehn Jahren nach und nach aufgerichtete Doppelorganisation steht, in ihrer Existenz und in ihrem Bezug auf den so fernen Archipel nahe von Südwesteuropa und Nordafrika überraschend und für Außenstehende erklärungsbedürftig. Es sind dies das Institutum Canarium (IC) und die 1974 gegründete Gesellschaft für Interdisziplinäre Saharaforschung (GISAF) zum Gedächtnis eines Gelehrten, der zu seinen Lebzeiten vielleicht einmal in dieser Stadt gewesen sein wird, zu ihr aber keine nähere Verbindung hatte, des österreichischen Kanarierforschers D. J. WÖLFEL, dessen hohe wissenschaftliche Bedeutung einer seiner Schüler, Univ.-Doz. Dr. F. ANDERS, in den Wiener Völkerkundl. Mitt. 11, 1963 gewürdigt hat. Imponierend ist immerhin der Erfolg dieser Vereinigung, den sie schon in der kurzen Zeit ihres Bestandes hatte. Gemäß dem Bericht in den IC-Nachrichten 31, 1979, zählte das IC 285, die GISAF 71 Mitglieder in 28 Ländern der Erde. Entscheidend war es, daß dem Institutum Canarium nicht weniger als 25 Institute beitraten, unter denen, durch seinen Begründer ehrwürdig, das ethnologische FROBENIUSInstitut in Frankfurt und, durch sein Programm von besonderem Belang, das Institut für wissenschaftliche Zusammenarbeit in Tübingen herauszuheben sind. Vom Mitgliederstand zuständiger Fachgelehrter in reicher Zahl ragen hervor außer jenen, die später noch eigens angeführt werden, vor allem die Berberologen L. GALAND und P. GALAND-PERNET, die schon vorher mit den Kanarischen Inseln beschäftigte Anthropologin I. SCHWIDETZKY (Mainz), unter den Saharaforschern R.MAUNY und Th. MONOD (Paris) und F. MORI (Roma). Prähistoriker haben sich aus den verschiedensten Ländern, aus Spanien, Italien, Frankreich, England, den beiden Deutschland, Polen und Nordamerika beim IC und bei der GISAF gemeldet; das von WÖLFEL her in seinem noch lebenden Freund S. JIMENEZ SANCHEZ nachwirkende wissenschaftliche Erbe wenn schon nicht ganz deckend, so doch für die Weiterforschung beachtlich anerkennend, nimmt in dieser Forschungsgilde K. J. NARR den Rang eines Universalisten ein. Aus dem antiken Raum hat sich der Etruskologe A. J. PFIFFIG mit einem megalithischen Aspekt an dieser Kultur in verdienstvoller Weise eingestellt. Dieser überraschende Aufstieg erfolgte nach zuerst ganz bescheidenen Anfangszielen: Das rasche Beschaffen der außerhalb des Archipels und Spaniens nirgends, an keinem Universitätsinstitut und an keiner Bibliothek, systematisch vorhandenen oder bestellten einheimischen Literatur, dann das Heranholen des wissenschaftlichen Nachlasses von D J. WÖLFEL und seines zuerst an das Anthropologische Institut in 1 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Kiel gegangenen, von F. ANDERS in den ADEVA-Mitt. (Graz 6, 1965, 15-24) überschaubar gemachten Archivum Canarium Wölfel, das 1974 nach Hallein übernommen wurde, und nicht zuletzt Reisepläne nach den Kanaren, um Fragen zu klären, die bei der Beschäftigung mit WÖLFELs Arbeiten auftauchten und von ihm mitunter gar nicht erkannt, noch weniger gelöst wurden. Die Anregung dazu ging aber von Hallein aus. Hier hatte sich ab 1964 ein Freundeskreis um H. NOWAK zusammengefunden, der, noch vor dem Kontakt mit Graz, im Jahre 1963 durch drei Monate, 1965 durch sechs Monate und 1966/67 durch 18 Monate auf den Kanaren war, nachdem er sich gründlich mit den Schriften D. J. WÖLFELs und der übrigen Fachliteratur beschäftigt hatte. Der Übergang aus dieser Befassung des einzelnen mit dem so ausgebreiteten Bildungsgut in den verschiedenen bis dahin erreichbaren WÖLFELschen Publikationen zum Nutzbarmachen in einer Organisation erfolgte, nach dem Bekanntwerden des posthumen Erscheinens des Hauptwerkes D. J. WÖLFELs, der Monumenta Linguae Canariae (MLC) in der Akademischen Druck- u. Verlagsanstalt in Graz2 , in der Salinenstadt. Damals waren vier ihrer Alpinisten daran, mit NOWAK eine Expedition zu den heiligen Bergen auf den Kanaren zu unternehmen. Hiefür bewarb sich H. NOW AK beim Bearbeiter der MLC an der Phil.-Fak. Graz um die Befürwortung eines Ansuchens an das Bundesministerium für Unterricht um eine Dotation. Durch ein mitgesandtes Elaborat, das er selber ausgearbeitet hatte, erbrachte der Gesuchsteller den Beweis für seine gute Kenntnis der Arbeiten WÖLFELs und der spanischen Literatur. So wurde dem Ansuchen auch entsprochen, jedoch unter dem Vorbehalt, daß von ihnen keinerlei Ausgrabungen versucht werden sollen, solange es ihnen nicht gelungen sei, möglichst von den einheimischen kanarischen Fachleuten, besonders an der Universität La Laguna, eine Unterstützung für ihr Vorhaben durch Beistellung eines ihrer Experten zu erreichen. Die gestellte Bedingung wurde von der Halleiner Expedition dementsprechend genau eingehalten, zur Fühlungnahme mit der einheimischen Gelehrtenwelt an der Universität und in den Museen reichte die Zeit aber nicht aus. Doch wäre es, wie sich später zeigte, zur Vermeidung eines Mißverständnisses wichtig gewesen, den Hauptprotektor WÖLFELs in La Laguna, E.SERRA RA.POLS, der ihn 1960 in großer Feierlichkeit zum Ehrendoktor promoviert hatte, von der Ausrichtung dieses Unternehmens und der noch beabsichtigten folgenden Wiederbelebung des Gedächtnisses der Leistung WÖLFELS in Kenntnis zu setzen. Denn als sich dann H. NOWAK 1966/67 im Alleingang zur Klärung des von WÖLFEL nicht behandelten, von VERNEAU aber hoch eingeschätzten Heiligtumcharakters der Fortaleza de Chipude von Gomera aufgemacht hatte und über seine dortige Untersuchung in der Tageszeitung „El Dia", Santa Cruz, Tenerife, am 19.11.1967 berichtete, sie mit dem Vermerk begründend, daß man sich in der einheimischen Forschung bis dahin nicht darum gekümmert hätte, hielt ihm der große Freund WÖLFELs E. SERRA RAFOLS am 29.11.1967 persönlich, ofenbar verärgert, vor, er habe den in dieser Sache ausführlich beobachtenden und beschreibenden J. BETHENCOURT ALFONSO (über ihn siehe Almogaren I, 1970, 141-150) nicht gekannt. Wie dann aus einer im selben Blatt am 18.11.1973 er- 2 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 schienenen Darstellung durch den inzwischen mit der Leitung des Archäologischen Departments der Universität La Laguna betrauten M. PELLICER hervorging, empfand man nun in La Laguna, aufgrund der Differenzen zwischen E. SERRA R.AFOLS und H. NOWAK, die Notwendigkeit, sich um diese Dinge an der Fortaleza de Chipude anzunehmen. In seinem Bericht im genannten Blatt erklärt PELLICER, sein Ergebnis erfordere ein Verlassen der von VERNEAU und vorher von BETHENCOURT und dann von H. NOWAK vertretenen religiösen Deutung der Steindenkmäler auf diesem Basaltstock. Die von H. NOWAK als Libationsgruben bezeichneten Vertiefungen am Ende des Aufstieges hätten nur als Trinkstellen (wohl von Regenwasser) für die Schafe und Ziegen der dort sich mitunter einfindenden Hirten gedient, und der nach der Zeichnung H. NOWAKs darauffolgende Altar und der Steinkreis, bei dem sich VERNEAU an die efquenes in Fuerteventura erinnert hatte, seien nur Reste von Hirtenunterkünften, und die vereinzelt stehenden Steinblöcke werden von PELLICER (am wenigsten befriedigend) teils als Mauerstützen, teils als Windschutz für die Feuerstellen gedeutet. Hält man neben diesen Bericht den von H. NOWAK in der angesehenen Schweizer Kunst- und Altertumszeitschrift „Raggi" vom Jahre 1969 darüber erstatteten Befund, auf den sich PELLICER bezieht, so erforderte dieser allein schon durch seine detaillierte Genauigkeit eine aufgeschlossenere Würdigung. Die Deutung PELLICERs, alles Religiöse daran sei zu bestreiten, geht dem Vergleich VERNEAUs mit den efquenes auf den Ostinseln und BETHENCOURTs mit dem unbestreitbaren Heiligtum in El Julan aus dem Weg. So kann er die Interpretation H. NOWAKs aufgrund der aus kanarischen Denkmälern sonst sich ergebenden Gesichtpunkte nicht entkräften. M. PELLICERs Erklärung der Funktion dieser Steindenkmäler steht und fällt mit der Berechtigung seiner allgemeinen antimegalithischen Einstellung3 • Sie ist übrigens in einigen Punkten sogar widerspruchsvoll und der Situation einfach nicht entsprechend, am wenigsten seine Behauptung, die Fortaleza de Chipude sei für die Hirten ein „Zufluchtsort" gewesen. Wovor hätten sie sich gerade dorthin, in ein so unwirtliches Gebiet ohne Wasser, zurückziehen sollen? Seinem dementsprechend zustimmenden Urteil fügte der Rezensent (Al. CLOSS in: Almogaren I, 1970, 156) den Wunsch an, H. NOWAK möge sich nun auch noch zu den Steindenkmälern von El Julan auf der Insel Hierro (Ferro) begeben, die BETHENCOUR T mit denen von Gomera behandelt hatte, und auf die sich WÖLFEL, aufgrund der Schilderung und Darstellung durch R. VERNEAU, allerdings nur in einem Kurzbericht, bezogen hatte, aus dem nicht einmal hervorging, ob der Ausdruck „Los Concheros", den er von VERNEAU übernahm, die dort unbestreitbar vorhandene Kultanlage betraf und nicht, wie E. SERRA R.AFOLS nachher geltend gemacht hat, den zugrunde liegenden Muschelhaufen (Kjökkenmöddinger). Wäre das erstere der Fall, so wäre es um so bedeutsamer, daß manche der dort von VERNEAU eingezeichneten Steinkreise eine schalenartige Vertiefung umrandeten und in diesem Sinn „muschelförmig" wären. Auch sonst schien noch einiges einer näheren Aufhellung hierüber bedürftig. Mit seinen sorgfältigen Beobachtungen der ganzen Anlage ermöglichte es H. NOWAK dem anfragenden Bearbeiter der MLC, seine früheren Aufstellungen über sie 3 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 (Wiener Völkerk. Mitt. 12, Jg., Bd. 8, 1966, 1-7) zu verbessern und zu vertiefen (Anthropos 63/64, 1968/69, 892-903, besonders 895). Darüber hinaus hat aber H. Nowak in einem sehr selbständigen Artikel (Almogaren I, 1970, 55-74) die in einer Zeichnung von S. BERTHELOT (nachgebildet Abb. 3, S. 63) in zwei gemauerten Säulen symbolisierten Ahnengottheiten der Inseln entgegen einer Auffassung von J. AL V AREZ DELGADO mit entfernteren Bergspitzen in Zusammenhang gebracht. Dies geschah insoferne im Sinne WÖLFELs, als dieser ja das Megalithikum auf den Kanaren auch auf Bergkulte bezogen hat, allerdings nur auf solche in Gran Canari, auf die Königsgräber am Gipfel des Bentayga und noch mehr auf den von S. JIMENEZ SANCHEZ (deutsch Almogaren II, 1971, 92-108) archäologisch behandelten Berg Tirma. Zu der megalithisch wohl noch eher außer Frage stehenden kleinen Grabpyramide mit dem übrigen archäologischen Komplex von Tauro Alto an der Playa de Mogan in Gran Canaria (S. JIMENEZ SANCHEZ, deutsch Almogaren II, 179-207) gibt es auf Hierro allerdings keine Entsprechung. Der erwähnte Artikel von H. NOWAK über die Santillos war insoferne dem Fortschritt der Forschung gut angepaßt, als er an den stratigraphischen Befunden in dieser Gegend von L. D. CUSCOY (1947) orientiert war, die M. PELLICER (1968/ 69, deutsch in Almogaren II, 1971, 83-90) in den Arbeiten von S. JIMENEZ SANCHEZ und seiner ganzen Stellungnahme zum kanarischen Megalithikum auf dem 5. Panafrikanischen Kongreß der Prähistorie ( deutsch in Almogaren I, 1970, 7-90) vermißt. Ohne Stratigraphie sei die Chronologisierung des kanarischen Altertums, aufgrund des ihm zugeschriebenen Megalithikums durch WÖLFEL und JIMENEZ sANCHEZ, notwendig irrtümlich. Durch den Vermerk in seinem zweiten Hauptwerk, in „Christus und die Religionen der Erde" (1, Wien 1951, 422), daß in Irland Megalithen noch vom 6. bis zum 8. Jahrhundert n. Chr. errichtet worden seien4 , hatte sich WÖLFEL allerdings die Möglichkeit einer notwendigen chronologischen Differenzierung der Steinbauten auf den Kanaren ofen gelassen. Für seine Zurückhaltung dort, wo die Tatsachen zur Feststellung megalithischer Bauten nicht hinreichten, spricht es auch, daß er reale Anzeichen für Megalithikum auf Tenerife nicht geltend machte und sich auch auf die Diskussion einer dubiosen Inschrift auf dem Anaga-Gebirge im Norden dieser Insel5 als einer angeblichen Dokumentation dafür, daß man dort in vorchristlicher Zeit Bergspitzen megalithisch verstanden habe, nicht einließ. Bei seiner Ausweitung auf das Megalithikum im mediterranen Raum (in: Christus und die Religionen der Erde I, 1951) hatte WÖLFEL freilich schon zu seinen Lebzeiten von Seiten der zunächst zuständigen Archäologie den Vorwurf zu sorgloser Durchkonstruktionen erfahren6 • - Im Mittelpunkt seiner Megalithforschung, im Sprachlichen, hat WÖLFEL, was man nicht übersehen sollte, große Akribie bewiesen bei seiner Deutung des Namens Idafe, des hinter dem über 100 Ellen hohen Kultfelsen in der Caldera de Taburiente von La Palma gedachten Numens, indem er dieses von 0. RÖSSLER als eine Weltsäule interpretierte „Klif" nur als einen „monolithischen Seelensitz" (MLC IV, 140 u. 18) gelten ließ, obwohl die so abgelehnte Sinngebung seiner Einbeziehung des Hochragenden und der Kultberge ins Megalithwesen recht gut entsprochen hätte. Viel empfindlicher traf es ihn, daß er hinsichtlich seiner Anschauungen über den 4 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Begriff der Megalithkultur 7 bei dessen Ausweitung von der ursprünglichen Stellung in der Westkultur8 nicht nur auf die Mediterranis, sondern auch auf den von R. HEINE- GELDERN 9 aufgestellten ethnologischen Megalithbegriff mit einem erweiterten Merkmalinhalt eben von diesem engeren Fachkollegen kontriert wurde10 • Im ethnologischen Verständnis des westeuropäischen Megalithikums mit einer alten eurafrikanischen Kulturschichte im Hintergrund kam WÖLFEL auf die Idee eines durch ethnolinguistischen Rückschluß von dem zwischen Kanariern und Berbern gemeinsamen Wortbestand, also seinen MLC, möglichen Erweises einer M e g a 1 i t h s p r a c h e , einer für den allgemeinen Sprachforscher von vornherein problematischen und in ihren Voraussetzungen kaum fundierten ll Zielsetzung. WÖLFEL suchte sie durch ein an der Universität Salamanca herausgebrachtes Buch ,,Eurafrikanische Wortschichten als Kulturschichten" (1955) der zum Urteil zunächst zuständigen Disziplin, der Semasiologie, näher zu bringen. Als er es dann ein Jahr vor seinem Tode noch erleben mußte, daß in den Sitzungsberichten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften von E. LOCKER (Phil. hist. Kl. 240, 1962) ein Artikel über „Älteste Sprachschichten Westeuropas" erschien, der auf der europäischen Seite seine megalithische nicht mit einbezog, versteifte er sich als Autor der MLC um so mehr darauf, daß die von ihm erhofte und vorbereitete Neuausgabe mit dem Untertitel „und die Megalithsprache" erscheinen solle. Der Bearbeiter des aufgrund von Notizen WÖLFELs möglichst erweiterten Textes stellte beim Verlag jedoch den Antrag, daß wohl der von WÖLFEL selbst verfaßte VI. Teil mit dem nach der Skizze einer kanarischen Grammatik angefügten Programm jenes Rückschlusses noch den Monumenta eingefügt werden sollte, nicht aber jener Vermerk in dem Titel, weil ein Erweis der Megalithsprache nicht erbracht sei. Es stimmte ihm WÖLFELs Schüler H. BIEDERMANN, der Fachlektor des Werkes beim Verlag, zu, und in einer nachträglichen Besprechung hat ein anderer Schüler WÖLFELs, der immer mehr auf Feinarbeit in afrikanischer Sprachforschung sich spezialisierende H. JUNGRAITHMAYR, diese Maßnahme gebilligt (OLZ 61, 1971). Von dieser Entwicklung konnte die von Hallein ausgehende kanarische Feldforschung jedoch nichts wissen, zumal ja ihr Ziel nicht die Interpretation, sondern die beschreibende Darstellung der altkanarischen Monumente war. Erst mit einem vor ganz kurzem eingelangten anders angesetzten Versuch, den Cromagnontyp als den Träger einer Megalithsprache zu erweisen, der in diesem Sinne, aber nur dadurch, dem WÖLFELschen Ziel zusteuerte12 , kam das Thema Megalithsprache neuerlich aufs Tapet. Auf einer im Jahre 1974 vorangegangenen sprachwissenschaftlichen Tagung in Hallein hatte aber der Moderator, H. STUMFOHL, durch seine Betonung der Inkongruenz von Megalithkultur und Sprache (Almogaren V-VI, 1974/75, 57) einem Aufkommen der bis dahin nicht vorhandenen Bereitschaft zum Eingehen auf eine Megalithsprache eher entgegengewirkt. Noch größer ist jedoch die Inkongruenz zwischen Megalithsprache und Megalithreligion 13 , angesichts der lokalen Verschiedenheit ihres differenzierten Umfanges und der Umstrittenheit ihres Inhaltes überhaupt. Unter diesen Umständen konnte H. NOWAK sich auf dem richtigen Weg wissen, daß er schon von Anfang an den Ausdruck megalithisch möglichst vermieden hat 5 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 und bei seiner deskriptiven Feldforschung nur die religiöse Deutung der von ihm untersuchten Steindenkmäler aufgrund der alten Berichte, die diesen Begrif noch gar nicht kannten, wenn die eigenen Beobachtungen dafür zu sprechen schienen, zu rechtfertigen suchte. Die inzwischen bekannt gewordene Ablehnung des zuerst in La Laguna in Archäologie tätigen, dann nach Sevilla ernannten M. PELLICER gegen den Freund WÖLFELs S. JIMENEZ SANCHEZ, den früheren staatlich beauftragten Archäologen für Gran Canaria, lenkte die Aufmerksamkeit im IC auf das notwendig gewordene Diferenzieren in megalithicis, das von den Ethnologen schon gefordert wurde. Damit die Position WÖLFELs in dieser Sache nicht zu voreilig ganz aufgegeben werde, orientierte AL CLOSS durch ein von vornherein nur vorbereitend gedachtes Referat auf der Tagung 1973, in dem er einerseits auf die Veränderungen hinwies, die an der ethnologischen Aufassung über die konstituierenden Merkmale des Megalithikums durch R. HEINE-GELDERN vom Jahre 1928, der später die Frankfurter Ethnologen A. E. JENSEN, aufgrund von Beobachtungen im kuschitischen Bereich, und M. SCHUSTER, von solchen in Südostasien, beigetreten waren, von diesem Autor selbst im Jahre 1958 vorgenommen wurden (ihre negativen, aber doch auch positiven Auswirkungen auf die Kanaren sind in unseren Anmerkungen 9 und 10 besprochen), andererseits auf die nun immer stärker hervortretende Gegensätzlichkeit zum prähistorischen Begriff des Gräbermegalithikums, auf dessen Seite sich - nach einem Vermerk in den IC-Nachrichten (27, 1978, 20) - der der Ethnologie im allgemeinen nicht abgeneigte Prähistoriker K. J. NARR eindeutig gestellt hat. AL CLOSS suchte zu vermitteln, indem er bei der darauffolgenden Tagung im Jahre 1974 unter dem Titel „Der megalithische Aspekt an kanarischen Steindenkmälern" (publiziert Almogaren V-VI, 1974/7 5, 67-84 ), in ähnlicher Weise, wie früher H. BIEDERMANN in Sachen der Westkultur, Gesichtspunkte zugunsten S. JIMENEZ SANCHEZ, entwickelte, vor allem im Hinblick auf seine Spezialarbeiten über den Kultberg Tirma und den niedrigen Grabturm an der Playa de Mogan mit den zusätzlichen Steindenkmälern. Dabei klang der Gedanke an eine Stellvertretung der Dolmen durch die Grabtürmchen und andere Weisen der Bestattung, besonders in Höhenheiligtümern mit den Königsgräbern auf dem Bentaiga, trotz des Fehlens von eigenen, direkt megalithisch zu verstehenden Termini für beides, vorsichtig an. Der von beiden Referenten, sowohl von H. BIEDERMANN als auch von Al. CLOSS, beabsichtigten retardierenden Wirkung gegenüber der vollen Preisgabe des megalithischen Prinzips bei der Erklärung der kanarischen Steindenkmäler, kam es sicher zugute, daß sich dann beim IC einer der bedeutendsten, schon früher mehrfach für WÖLFEL eingetretenen Megalithforscher, S. HUMMEL, als Mitglied eingestellt hat. In einem Aufsatz (Bericht hierüber Almogaren VIII, 1977, 94) versuchte er sogar, die WÖLFELsche These vom kontinental entstandenen und kostal verbreiteten Megalithikum auch für Tibet, wohin es den Indus aufwärts zunächst nach Kashmir und von dort ins Schneeland gelangt sei, zu verifizieren und darüber hinaus sogar eine Nachwirkung in die Gnosis in Betracht zu ziehen (Almogaren VIII, 1977, 88 Anm. 12 u. 89 Anm. 23), wodurch er nicht unbeträchtlich das Vertrauen aufWÖLFEL und JIMENEZ SANCHEZ verstärkte. Kalmierend wirkte nach dem zerreißend 6 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 anmutenden Widerstreit der Beitritt auch des Departamento de Arqueologia der Univeristät La Laguna (Almogaren VIII, 1977, 8) und des Departamento de Antropologia y Etnologia de America der Universität Madrid zum lnstitutum Canarium (ebd.). Weiter als M. PELLICER ging übrigens D. SMOLLA in der ethnologischen Stuttgarter Zeitschrift (Tribus 1977) in der Trennung zwischen dem Megalithikum und den Kanaren, indem er gegen WÖLFELs Formel, die kanarische Kultur sei ein Gautyp davon, angesichts des Fehlens von Metall im kanarischen Archipel, die dortigen Steinbauten nur für eine Verarmung aus einer höheren Kultur, etwa gar der punischen, ansehen zu können glaubte. Den Anspruch plausibler zu sein (als die WÖLFELsche Aufassung), durfte aber schon vorher H. BIEDERMANN mit seinem ihr näher bleibenden Artikel „Zur Typologie der altkanarischen Kultur" (Almogaren II, 1971, 39-46) erheben. Darin wird nämlich die Andersartigkeit der Gesteinswelt im klassischen Gräbermegalithikum gegenüber der kanarischen für die Veränderung des megalithischen Standes auf den Kanaren verantwortlich gemacht. Anstelle des Dolmenmegalithikums, das sich dort nicht entfalten konnte, entstanden einerseits die Höhenheiligtümer mit den Königsgräbern, andererseits die Nekropolen, wie CUSCOY eine solche von Hierro neben der Kultanlage von El J ulan beschrieben hat. Bei der Vorbereitung einer Monographie der kanarischen Felsbilder richtet sich das Augenmerk H. NOWAKs gemäß dem Anliegen WÖLFELs auch auf die megalithischen Petroglyphen, d.h. auf die von ihm so genannten spiralförmigen und geometrischen Sinnzeichen, unter denen dieser bei ihrer Aufzählung in „Christus und die Religionen der Erde" (1, 1951, 222) diejenigen in der Höhle von Belmaco auf Palma eigens erwähnt. Um Felsbilderforschung auf Palma, besonders um die der dortigen megalithischen Petroglyphen, machte sich schon H. WALTER sehr verdient. H. BIEDERMANN (Almogaren VII, 1976, 237-239) bringt mit dieser Gruppe die „Ringwellensymbole" in Zusammenhang. Al. CLOSS (Almogaren V-VI, 1974-1975) stellte S. 7 8 das erste Vorkommen der einfachen, also noch nicht megalithischen Spirale schon in der frühesten Linearkeramik fest und er berichtete (l.c.) über einen außerordentlichen Fall, in dem dieses im Megalithischen ein Leben-Tod-Symbol darstellende Spiralsymbol auf einem Megalithgrab gefunden wurde, wo es bei der Wintersonnenwende von den Strahlen des Sonnenlichtes getroffen wird, nämlich im Hügelgrab von New Grange, County Meath, Irland. Geographisch war von den Kanaren aus Nordwestafrika, abgesehen von den anthropotypischen Entsprechungen auf beiden Seiten, die WÖLFEL seinerzeit zu seinem Aufsatz über die Probleme Weißafrikas angeregt hatten, das nächste Vergleichsgebiet, auch hinsichtlich der Steindenkmäler. Dementsprechend wurden sie auf den Tagungen des IC zum Gegenstand einer eigenen in der GISAF zentrierten Forschungsrichtung. Das Ergebnis war, daß vom zweiten Bd. Almogaren (1971) bis zum achten (1977) über Steindenkmäler in Afrika von verschiedenen Autoren 24 Aufsätze veröfentlicht wurden, darunter drei von H. NOWAK aus der Spanischen Sahara (II, 1971, 47-66, V-VI, 1974/75, VII, 1976), sowie zusammen mit S. u. D. ORTNER die „Felsbilder der Spanischen Sahara" (Akadem. Druck- u. Verlags- 7 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 anstalt, Graz 1975), ferner mehrere von M. MILBURN und I. KÖBEL- WETTLAUFFER über die Westsahara (besonders Almogaren II und V-VI). Eröffnet wurde die ganze Serie durch einen Aufsatz über „Vorgeschichtliche Kunst und Kultur der Sahara" von F. MORI (Almogaren II, 1971, 1-19), wichtige Aufsätze von R. MAUNY (V-VI, 1974/75, 165-176), über Marokko von J.W.MAVOR,jr. (VII, 1976, 89-121), F. TROST (VII, 1976, 81-88 und VIII, 1977, 209-211) und über Steinsetzungen in Westafrika von J. PICHL (IV, 1973, 151-160). Weiters zwei die Grabbauten und die Felsbilder in Nordafrika zusammenfassende Arbeiten, die eine aus der ehemaligen Spanischen Sahara von M.MILBURN (III, 197-206) und die andere von G. ENGLJÄHRINGER und R. KRAML aus der Algerischen Sahara (VIII, 1977, 41-53. - über Felsbilder in Weißafrika schrieben mehr als ein Dutzend verschiedener feldforschender Autoren. E. SCHERZ, der Verfasser eines Dokumentationsbandes über die Felsmalereien in Südwestafrika, vermutet (Almogaren VIII, 1977, 97-99), daß die Gravierer von Zeichnungen in dieser Gegend einer anderen Menschengruppe angehörten. Von welcher die Steindenkmäler stammen, bleibt ungeklärt. Die Fahrt HEYERDAHLs im Binsenfloß „Ra" bis hinüber nach Mittelamerika hatte bereits von Almogaren II an eine Erkundung von den Kanaren aus zur Neuen Welt zur Folge, in Almogaren II (1971) durch AL CLOSS „über die nautischen Voraussetzungen der kanarischen Landnahme und transatlantischer Kultureinflüsse aus dem alteurafrikanischen Westeuropa" (21-38) und von J. ALCINA FRANCH (ebd. 91-10 2 u. 103-136) über mehr oder weniger vermutliche Beziehungen zwischen den Kanaren und dem prähistorischen Amerika, worauf dann K. H. PEIFFER (Almogaren III, 1972, 17 5-195) die antiken Quellen zur Geschichte der Atlantikfahrten zusammentrug und erörterte. Gleichzeitig mit dem Artikel von PEIFFER erschienen wichtige Ergänzungen, eine von E. DONDELINGER über altägyptischen Schiffsbau (Almogaren III, 1972, 133-146) von Z. KRZAK, der Versuch einer Rekonstruktion eines „afroiberischen Schiffes aus neolithischer Zeit" ( ebd.147 -17 4),d azu Th.B ARGATZKY über die „Fischerboot-Hypothese" in vorkolumbischer Zeit (V-VI, 1974/ 75, 247-258). Auf der amerikanischen Seite war man damit auf die seinserzeit bereits von H. R. SCHOOLCRAFT (gestorben 1864) in ihrer Bedeutung für die nordamerikanische Ethnologie erkannten und in deren Darstellung mit eingearbeiteten Felsbilder Nordamerikas verwiesen. Die inzwischen von der Grazer Akad. Druck- u. Verlagsanstalt zu ihrem besonderen Pflegegebiet gewählte Felsbilderforschung gewann damit vom Halleiner Arbeitszentrum her wertvolle Fachleute, die mit bedeutsamen Arbeiten SCHOOLCRAFTs Werk fortsetzten in Vorträgen und Veröffentlichungen an dieser Studiengemeinschaft, K. F. WELLMANN (Almogaren V-VI, 1974/75, 227-242 u. 259-270, dann VII, 1977, 153-166) undJ. L. SWAUGER (Almogaren V-VI, 1974/75, 300-304 und VII, 1976, 191-198), ferner G. WEBER-M. STRECKER (ebd. V-VI, 1974/75, 306-308) und H. HARTUNG von den Olmeken (VII, 1976, 223-229). Wie von selbst schlossen sich daran Untersuchungen aus anderen Erdgebieten an, 8 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 vom schon früher behandelten Nordafrika über Afrika im ganzen von H. KOLMER (VIII, 1977, 123-138) und über den Süden dieses Erdteiles von H. PAGER (V-VI, 1974/75, 205-226 ), dann weiter nach Osten die Felsbilder von Anatolien (M. UYANIK in Almogaren III, 1972, 207-220), von Indien (L. WANKE in VIII, 1977, 147-152), über Nordost-Afghanistan (K. GRATZL in V-VI, 1974/75, 327), in der Sowjetunion (M. KSICA in III, 1972, 221-234) und in Northumberland (S. BECKENSALL in VII, 1976, 183-193). Zum Megalithikum in der Neuen Welt lieferten Beiträge über die Olmeken C. GAY (II, 1971, 67-82), P. BRYKCZYNSKI über die Kreuze von La Venta (IV, 1973, 173-187), A. POLLAK-ELTZ über Menhire in Venezuela (ebd. 213) und A. WIERCINSKI über Megalithen in Teotihuacan (V-VI, 1974/75, 271-276). - Die Eröff nung der Felsbildforschung zog viele neue Mitglieder aus den verschiedensten Gegenden ins Halleiner Zentrum. Und dieses kam dadurch zu seiner universalen sachlichen Ausdehnung. Durch diese Verlagerung, insbesondere der Felsbilderforschung, von den Kanaren auf die Neue Welt wurde die primäre Bezogenheit des Institutum Canarium auf den Kanarischen Archipel nicht beseitigt. Es hatten sich nämlich zwei der im Kontakt mit dem Vorstand der Vereinigung aktivsten und in deren wissenschaftlichen Zeitschrift Almogaren durch eigene Publikationen am meisten vertretenen Mitglieder der jüngeren Generation dieser Vereinigung auf den Kanaren, wenn schon nicht dauernd wohnhaft, so doch den größeren Teil des Jahres seßhaft gemacht. Dies ist in erster Linie der Ethnologe M. MILBURN und der mehr aus literarischen und volkstümlichen Quellen schöpfende spezifische moderne Kanarienforscher J. KRÜSS. M. Milburn (Doktorat an der Sorbonne), vor allem mit Forschungen in der Sahara befaßt, beschäftigt sich am meisten auch mit den Steinsetzungen auf den Kanaren. Auf eine Anfrage von Al. CLOSS hat er überaus wertvolle Angaben über die um Galdar und die dortige große Anlage herum feststellbaren, den saharischen ähnlichen couchets geliefert, von denen aus die Anfänge um Galdar sich besser beurteilen lassen. Es ist zu hofen, daß er diese Angaben selbst illustriert veröfentlichen und damit die Megalithforschung an diesen nach Prof. I. SCHWIDETZKY bis nahe zum Zeitalter der Conquista weitergebauten, wohl imponierendsten Steintürmen auf den Kanaren ergänzen wird. Außerdem verdankt das IC M. MILBURN eine wertvolle Mitteilung, durch die die in einer Abbildung in D. J. WÖLFELs Paideuma-Aufsatz (4, 1950) als Amphitheater bezeichneten Grundmauern (Abb. 4, S. 247) im Sinne von S. JIMENEZ SANCHEZ als palacio de justicia umbestimmt werden konnten. Da WÖLFEL seine Ansicht in keiner Weise begründet, muß die in der Society of Antiquaries (Burlington House, Picadilly Circus, London) eingetragene Bezeichnung von S. JIMENEZ SANCHEZ erst noch im Hinblick auf den Terminus tag6ror diskutiert werden. Die Nachprüfung besorgte M. MILBURN, der sich im Boledn de la Real Sociedad Geogrifica (Madrid 197 5) in einem Hommagium zu S. JIMENEZ sANCHEZ bekannt hat. Das zweite auf den Kanaren seßhaft gewordene, mit der Leitung des IC regelmäßigen Kontakt haltende wissenschaftlich aktive Mitglied ist J. KRÜSS. Ihm verdankt 9 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 der Verfasser dieser Zeilen eine am 26.3.1973 eingelangte sehr wertvolle Mitteilung über das Vorhandensein des Ausdruckes Tirma außer in der von S. JIMENEZ SANCHEZ ausführlich beschriebenen Kultanlage auf dem hochsakralen, durch eine feierliche Prozession beider Könige von Gran Canaria und der Maguadas ausgezeichneten heiligen Berg dieses Namens auch für einen Berg ohne jedes kultische Merkmal nordwestlich des Barranco de Balos. Dazu machte J. KRÜSS bei H. STRAUBE, Westkuschitische Völker Südäthiopiens (Stuttgart 1963, 35) das Vorkommen desselben Namens Tirma zur Bezeichnung einer altäthiopischen Volksgruppe, der Tschako, ausfindig14 • Im allgemeinen aber erweist sich dieser Autor durch seine Wohlerfahrenheit in den Quellen, in Verbindung mit seiner Geöffnetheit für das heute noch nachhaltende Erbe aus der Urbevölkerung, in unserem Mitgliederstand am besten zum Aufbau einer kanarischen Volkskunde, also einer eigenen Sonderdisziplin der Kanaristik, befähigt. Innerhalb einer derartigen Bestrebung würde das Herausarbeiten von Erzählungen über die heiligen Berge aus den Volkstraditionen einem der beiden Hauptthemen des IC im religiösen Bereich gut entsprechen. Auf dem Gebiete der Lebenstechnik aber wäre, von Hallein aus gesehen, eine erstmalige monographische Darstellung des Zusammenhanges der heutigen Salzgewinnung auf den Kanarischen Inseln mit der dortigen geschichtlichen und vorgeschichtlichen Praxis auf dem Hintergrund der allgemein einschlägigen Literatur 15 darüber wohl angepaßt. Und wie alles übrige, was im Halleiner Doppelinstitut durch zehn Jahre geleistet wurde, ordnete sich dies ungezwungen zusammen mit der ständigen Absicht der Führung, den Erkenntnisstand über menschliche Aktivitäten besonders an der Lithosphäre im Archipel, sowohl im Ahnenkult und piktographisch in den Felsbildern als auch sonst zu sichern, zu verbessern zu vermehren und zu vertiefen. Als im Jahre 1970 das Heimatbuch „Hallein" erschien, war die Gründung des Institutum Canarium in dieser Stadt durch H. NOWAK und den Lektor der Grazer Akademischen Druck- u. Verlagsanstalt, H. BIEDERMANN abgeschlossen, aber noch kaum dort bekannt. Zum 7 SO-jährigen Stadtjubiläum kann und darf die Führung dieses Institutes nach zehnjähriger Tätigkeit in der oben charakterisierten Steigerung, im Kontakt mit prominenten Gelehrten und qualifizierten Fachanstalten wissenschaftlich wohlfundiert, mit einer eigenen Festschrift aufwarten. Es hat sich inzwischen verselbständigt, wodurch allerdings die Forderungen an den Idealismus seiner Mitglieder noch größer wurde. Die behördlichen Kulturreferate, nicht nur der Gemeinden, sondern auch des Landes und des Bundes, können sie in ihrem unentwegten Ringen um die Erhaltung dieser kulturellen Organisation nicht im Stiche lassen. Vor allem nicht das Land Salzburg, denn der Glanz seiner zweitältesten Stadt ist auch der seinige, und irgend einer Art von Inkardination des schon weltbekannt gewordenen Halleiner Zentrums der Zirkumkanaristik in das öffentliche Studienwesen wäre wohl ein begründetes Anliegen der kulturellen Zukunftsplanung. Das Gedächtnis D. J. WÖLFELs aber, sowie das Nutzbarmachen seiner Leistungen, zu dem dieses Institut errichtet wurde, gehört, weil es sich um einen großen, in seinem Leben in der Heimat nicht verdient belohnten Österreicher handelt, auch mit zu den Angelegenheiten dieses Staates. 10 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 ANMERKUNGEN 1 Den Namen Hallein für illyro-keltisch zu halten, angesichts der vorlatenezeitlichen Besiedlung des der Stadt im Westen vorgelagerten, salzführenden Dürrnberges ist wegen illyrisch salpina (W. STEINHAUSER, Was war das „Hall"? Mitt. Ges. für Salzburger Landeskunde, 92, 1952, 147-151) und wegen venetisch asanka nicht möglich; er ist also keltisch. Eine Beurteilung des Halleiner Dürrnberges in seinem Verhältnis zu der Hallstätter Salzgewinnung ergibt sich aus dem Vortrag von H. KROMER (Die Bedeutung des Fundortes Hallstatt für die europäische Eisenzeit. In: Wartenstein I, 1958 Horn 1959, 58-64). 2 D. J. WÖLFEL war mit dem ihm befreundeten Verfasser des vorliegenden Berichtes einer Meinung, daß eine kulturhistorisch orientierte Ethnologie, entsprechend dem Ansatz W. SCHMIDTs dazu in Australien, v o n d e n s p r a c h 1 i c h e n G e g e b e n h e i t e n a u s z u g e h e n und zunächst an diesen die vergleichende Methode zu erproben habe. WÖLFELs Ausführungen über Sprachverwandtschaft im Vorwort der MLC (7-11), daß außerhalb der sprachgesetzlich erschlossenen indogermanischen Sprachfamilie durch ein Vergleichen von laut- und bedeutungsähnlichen Wörtern Zusammenhänge zwischen verschiedenen Sprachen aufgedeckt werden können, waren durch die gegen das Verabsolutieren der etymologischen Methode gestellte Semiotik F. SAUSSUREs gedeckt. Dadurch schien diese für die vergleichende Ethnologie tragfähig gemacht. Das semiotische Prinzip hatte D.J. WÖLFEL bereits in der Festschrift für W. SCHMIDT (1928) dargelegt und er schaltete diesen Aufsatz seinen MLC vor. Auf deren Herausgabe steuerte er schon seit jenem grundlegenden Aufsatz durch das Beschaffen der Quellen, zu denen er die archäologisch wichtige des TORRIANI auffand und zuerst veröffentlichte, zu. Aus ihnen erschloß er den altkanarischen Wortbestand. Zwei Jahre nach seinem TORRIANI-Buch und ein Jahr vor der in Leipzig bereits gedruckten, aber zerbombten ersten Auflage der MLC, also im Jahre 1942, hatte er als das Bezugsfeld seiner Sprachvergleichung des Kanarischen „Weißafrika" signalisiert. Und mit seinem großen wissenschaftlichen Gönner E. FISCHER hielt er unter den Weißafrikanern die Berber mit den Altkanariern durch einen starken Anteil des cromagnoiden Elementes verbunden. Aufgrund dieser Voraussetzung, die, wie sich in der Anm. 12 zeigen wird, erst in allerjüngster Zeit hinsichtlich der Berber angefochten wurde, hob WÖLFEL aus den Quellen die gegenüber der spanischen Überformung als altkanarisch erkennbaren Wörter heraus. H. NOWAK hatte (1967) das Fortleben der im Register der MLC zusammengefaßten Wörter im heutigen Spanisch-Kanarischen aufzudecken versucht; deren Gesamtbestand in Ortsnamen wird in einer Sonderpublikation nach langjähriger Sammeltätigkeit von Buenaventura PEREZ PEREZ nachgewiesen. Die MLC WÖLFELs sind vom Bemühen beherrscht, die von ihm als altkanarisch sondierten Wörter aus dem Berberischen und seinen verschiedenen Dialekten und sonst noch aus den dieser Sprachgruppe in Nordafrika nahestehenden Idiomen zu erklären. Das Ergebnis hielt der Autor im ganzen, obwohl manche Wörter auf diese Weise nicht zu interpretieren waren, für genügend beweiskräftig zugunsten einer inneren Einheit des Altkanarischen als einer dem Berberischen am nächsten stehenden Sondersprache, um damit die gegenteilige Meinung von E. ZYHLARZ aus dem Feld zu schlagen (hierüber Al. CLOSS in: ADEVA-Mitt. 6, 1965, 25 f.). Über die andere Aufassung des Verhältnisses zum Berberischen in der sehr problematischen Stellung des Kanarischen zur Megalithsprache wird erst im Zusammenhang mit dieser geurteilt werden. 3 Eine Mitteilung über die im kontinentalen Megalithikum voranstehenden Grabstrukturen auf der Fortaleza de Chipude konte H. NOWAK ebenso wenig machen wie J. BETHENCOURT ALFONSO (Text in Almogaren I, 1970, 146 f.), denn es sind dort überhaupt keine Bestattungen vorhanden. Über jene in anderen Gebieten dieser Insel (Kavernen im Barrancos oder sonst) sagt er, die Leichen seien darin in Rückenlage bestattet, ohne bestimmte Ausrichtung; A. PALLARES PADILLA aber stellt dazu (Almogaren VII, 1976, 24) fest, in Gomera komme in einigen Fällen eine ältere Weise, die Beerdigung in Seitenlage, vor. Aus einem erst in den IC-Nachrichten 30, 1979, 18 vermerkten Artikel von A. HÄUSLER wird eine seit der Glockenbecherkultur von Ägypten ausstrahlende Bestattungsweise in ausgestreckter, nach Osten gerichteter Lage neben Brandbestattungen vom Rhein bis zur oberen Wolga überschaubar gemacht. Der Aufsatz von M. AGUILAR „EI enterramiento Canario prehistorico" (Anuario de Estudios Atlanticos 22, 19 76, 15-112), der die einschlägigen Verhältnisse im ganzen Archipel aufschließt, wäre auf einen etwaigen Anteil solcher möglicherweise megalithischen Bergung in der Erde zu überprüfen. An sich liegen die megalithischen Grabstrukturen aber doch über der Erde. Die Steinsäulen auf der Fortaleza de Chipude können, weil sie nicht auf Gräbern stehen, nicht gut als megalithisch bezeichnet werden. Die Libationsstellen ließen sich leichter als solche bestimmen, denn R. HEINE-GELDERN zählt solche (1928, 279 u. 277) zu seinem ethnologischen Megalithikum, wenn ihnen auch, die den „queseras" auf Lanzarote (Rinnen verschiedener Breite und Tiefe auf Steinplatten) eigene megalithische Umgebung fehlt. Näheres hierüber erforschte H. NOW AK (Almogaren VIII, 1977, 1-3). 4 Auf besondere Zusammenhänge zwischen dem Irischen und dem Kanarischen in sprachlicher Hinsicht hatten bereits C. GRAEBEL und, ihm folgend, J. ALVAREZ DELGADO (vermerkt von WÖLFEL MLC IV, 7) hingewiesen. WÖLFEL stellte sich aber energisch gegen die damit verbundene Behauptung einer Zugehörigkeit des Kanarischen zum Indogermanischen; allerdings nähere Entsprechungen in den Steinbauten auf beiden Seiten als Anzeichen eines vorindogermanischen Zusammenhanges konnte auch er nicht angeben. 11 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 5 Die vom Volk „obispos" (Bischöfe) genannten Felsspitzen am nordöstlichen Auslauf von Tenerife sind auch durch die Inschrift am berühmten „Stein von Anaga" (P. TARQUIS RODRIGUEZ in: Almogaren II, 1971, 169-177) nicht als megalithisch religiöse Natursteingebilde erweisbar (Al. CLOSS, Almogaren V-VI, 1975/ 75, 81 Anm. 10). 6 An diesem zweiten, auf das M e g a 1 i t h i k u m viel ausgiebiger ausgerichteten Werk D.J. WÖLFELs übte der ihm im ganzen wohlwollend gesinnte Prähistoriker H. KIRCHNER, mit seiner Monographie über den europäischen Menhir zunächst zuständig, im „Sociologus" (Berlin II, 1952, 151-156) in mehreren Einzelheiten Kritik. 7 Der Begriff M e g a 1 i t h k u 1 t u r ist eine Prägung der Prähistorie, zuerst auf die neben der Einzelgräberkultur in Jütland im Osten anschließende Provinz mit Sippengräbern angewendet (R. PITTIONI, Die urgeschichtlichen Grundlagen der europäischen Kultur. Wien 1949, 81-85), dann von C. SPROCKHOFF (Die nordische Megalithkultur. Wien-Leipzig 1938) ausgeweitet auf die Verbreitung der ahnenkultischen Steinsetzungen unter den Germanen im Gegenlicht zur keltisch überschichteten Bretagne und zu Irland. WÖLFEL pflichtete jenen bei, die das germanische Megalithikum von den Britischen Inseln herleiten. 8 Auch der Begriff der W e s t k u 1 t u r stammt von einem Prähistoriker, von C. SCHUCHARDT (Westeuropa als Kulturkreis. S. B. Wiener Akad. Wiss. Phil. hist. Kl. 1913). Darin ist das Megalithikum aber nur ein Teilbestand. WÖLFEL schrieb ihm die Rolle des diese Konfiguration hauptsächlich prägenden Aufbaufaktors zu. Mit dem archäologischen Faktenmaterial Nordwestafrikas setzt die Westkultur, so wie sie WÖLFEL verstanden hat, H. BIEDERMANN in den IC-Nachrichten 3, 1970, 3-5, auseinander. 9 R. HEINE-GELDERN hatte in diesem ethnologischen Aufsatz, ,,Die Megalithen Südostasiens und ihre Bedeutung für die Klärung der Megalithfrage in Europa und Polynesien" (Anthropos 24, 1928, 276-315) noch selbst von einer „ausgesprochenen Megalithkultur" (bei den Angami Naga 286) und einer „mächtig entfalteten Megalithkultur" (in Flores und Sumatra 283) und einer „megalithischen Grundschicht" (zwischen Munda, Angami Naga, Nias und Polynesiern 312) und des weiteren zwischen Südostasien und Europa gesprochen. Von den in seinem Artikel nachgewiesenen Steinsetzungen bei den Aliteralen im Nordosten Indiens sind zwar nicht die dort vorkommenden „Dolmen" (nur zum Teil Grabbauten), eher noch „schalenartige" Vertiefungen (277) für die Beurteilung des Megalithwesens auf den Kanaren bedeutsam, um so mehr aber die Steinkreise und Menhire, besonders wenn solche als spezielle Kultelemente in der Mitte stehen, wie in Nias (305), Guilong, Naga (299) und auf den Geselschaftsinseln sowie in Polynesien (293). Mit den gegenüber dem Gräbermegalithikum des Westens auf den Kanaren als Sonderformen erscheinenden niedrigen Stumpfkegeln lassen sich vereinzelt solche, ebenfalls von geringer Höhe, 1-2 m hohe, in Nias (306) vergleichen. 10 Im Referat „Das M e g a 1 i t h p r o b 1 e m " (I. Wartensteinsymposion 1958, Horn 1959, 162-182) ließ R. HEINE-GELDERN zwar den Ausdruck „Megalithkulturen" noch für solche Fälle gelten, wo das Megalithwesen das „die Gedankenwelt beherrschende Zentrum religiösen Lebens" ist (165), bestritten aber hat er nun die Berechtigung der Redeweise von d e r „Megalithkultur", am meisten die mehr oder weniger latente Voraussetzung eines „megalithischen Kulturkreises" (1. c.), die er WÖLFEL hauptsächlich anzuschuldigen scheint. Ausdrücklich hat dieser den Terminus kaum gebraucht. Betrofen war WÖLFEL jedoch vom Angriff R. HEINE-GELDERNs in zwei Punkten, daß, ethnologisch gesehen, weder das Mutterrecht (165) noch der Himmelsgottglaube mit dem Megalithikum von seinem Ursprung her verbunden sei; das Mutterrecht konnte WÖLFEL übrigens auf den Kanaren nicht sicher nachweisen, andererseits fehlt dort ein Moment, das nach R. HEINE-GELDERN fest mit dem Megalithikum verbunden sein soll, nämlich die Verdienstfeste, deren Vorkommen bei den Germanen (173 f.) ihm immerhin möglich zu sein scheint. Das nach R. HEINE- GELDERN in Ostasien (und nach A. E. JENSEN im kuschitischen Gebiet) mit dem Errichten von Megalithen verbundene Rinderopfer ist in Nias und Melanesien durch das Schweineopfer ersetzt (1969). Dem könnte auf den Kanaren das aranfaibo auf Ferro (MLC IV§ 102 und§ 190) entsprechen; auf der Forteleza de Chipude in Gomera deuten Knochen höchstens auf ein Ziegenopfer hin. 11 Diesbezüglich hat man vergeblich erwartet, im Nachlaß WÖLFELs Faszikel zu finden, in denen Material gesammelt wäre zu dem in den MLC abgedruckten VI. Teil (S. 903-906), dem Entwurf (außer einer Grammatik des Kanarischen bis zum § 75, die sich wohl aus den in den Teilen II und IV dargebotenen Tatsachen hätte entwickeln lassen) einer komparativen Fortsetzung von § 76 an zum Erweis einer M e g a 1 i t h - s p r a c h e . Besonders dringend erforderlich wären Belege zum§ 126 gewesen, in dem auf der europäischen Seite das Baskische und das Iberische mit dem Libyschen in Afrika näher verwandt hingestellt werden, um dann dahinter ein „Atlanto-Libysches" in seiner Rolle als Substrat, einerseits des Lateinisch-Griechischen und andererseits des Keltisch-Germanischen als die Megalithsprache erfaßbar zu machen. Daß eben dieses Atlanto-Libysche als eigenes ethnisches Idiom nirgends, auch in Afrika nicht, nachweisbar ist, macht den schwächsten Punkt dieser Konstruktion WÖLFELs aus. Er wird auch dadurch kaum „gestärkt", daß zehn Jahre nach dem Tode WÖLFELs der Wiener linguistische Afrikanist H. G. MUKAROWSKY, einer seiner Schüler, auf eine engere Verwandtschaft des Sardischen mit dem Baskischen gestoßen ist (berichtet von H. GROLIG im Organ der Presseagentur IBF Wien 1973, 11-13), nachdem er (1963/64 u. 1969) das Baskische mit dem Berberischen enger verbunden erkannt hatte, trotz der Behauptung von E. ZYHLARZ (1932), es handle sich bei der von F. v. d. VELDEN (1931) vertretenen Ansicht, das Baskische sei eine afrikanische Sprache, nur um eine angebliche Verwandtschaft. Das Sardische aber wurde, nachdem F. v. d. VELDEN (1933) einen nordafrikanischen Untergrund der keltischen Sprache aufgedeckt hatte, über das 12 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Keltische, von J. HUBSCHMID (1953), besonders von L. WAGNER, indirekt ebenfalls zum Nordafrikanischen in Beziehung gebracht. Nähere Wortzusammenhänge, speziell megalithische mit dem Kanarischen, kamen dabei aber nicht zur Sprache. Aufallende Entsprechungen zu kanarischen Wörtern, die WÖLFEL für megalithisch hielt, hatte H. G. MUKAROWSKY (Wiener Völkerkundl. Mitt. 13, 1966, 1-7) aus Ghana und Senegal berichtet, von den Mandingo, den Wolof und den Ful, weißafrikanischen Megalithikern verwandten, aber mehr oder weniger negerisch überschichteten Stämmen (ihre Lage ist ersichtlich auf WÖLFELs Karte von Weißafrika in: Beiträge zur Kolonialforschung 6 Berlin 1942, 201). Die einschlägigen Vokabel sind zum Teil lautähnlich jenen, die WÖLFEL aus dem Berberischen nicht erklären konnte, nämlich aus dem Sachbezirk ein fara, entsprechend dem favra auf Fuerteventura, das einen runden Stein bezeichnet, und, soziologisch, zu f eican auf Gran Canaria ein fagha-ma in der Bedeutung Mächtiger und König und zum mensey auf Tenerife ( das aber aus dem Tuareg erklärbar ist) die Form massa und mansa. Beides sind Hoheitsbezeichnungen, die in den Mandingo-Staaten Bambara und Mali ihren festen Sitz haben. Eine direkte Abhängigkeit dieser südwestafrikanischen Stämme von den Kanaren und umgekehrt kommt wegen der Strömungsverhältnisse nicht in Frage; nahe liegt ein ursprünglicher Zusammenhang nachträglich von Negern überschichteter Weißafrikaner aus einem hochkulturellen und auch megalithischen Stratum, das nach H. BIEDERMANN (Almogaren IV, 1973, 12) um 300 v. Chr. von der großen Syrte bis zu den „Säulen des Herkules" bestanden hat, von wo her auch die Kanarier am ehesten erklärbar sind. 12 Einen entsprechenden Aufsatz erhielt der Bearbeiter der MLC von einem bekannten, die Natur- mit den Geisteswissenschaften, speziell in der Linguistik, biofunktional verbindenden Gelehrten,]. H. SCHARF an der Akademie der Wissenschaften in Halle a. d. Saale (Bericht in den IC-Nachrichten 29, 1979, 10). Er entwickelt darin zwei an sich selbständige Gedankengänge. Der eine zeigt überraschende und aufsehenerregende Wortanalogien zwischen einem besondern Teil des kanarischen Sprachbestandes und dem das Türkische, Mongolische und Tungusische mitumfassenden Alt-Altaischen auf. Dieser sprachvergleichenden Spannweite aus Afrika hatte der ägyptologische Ordinarius in Wien W. CZERMAK, der Lehrer der beiden afrikanistischen Linguisten aus dem Schülerkreis WÖLFELs, Bahn gebrochen. Aus dem Kanarischen hat J. H. SCHARF nicht weniger als 41 in den WÖLFELschen Sprachdenkmälern enthaltene, zum großen Teil aus dem Berberischen nicht erklärbare Wörter herangeholt, unter denen viele aus Tenerife stammen, darunter der Name Tenerife selbst, der erst auf diese Weise glatt erklärbar wird. Aber auch unter den aus dem Berberischen von WÖLFEL befriedigend belegten sind manche nicht minder gut auch aus jenen altaischen Wörtern deutbar, wie mensey und tigotan (der Name des Himmelsgottes auf Palma). Von den durch WÖLFEL dem Megalithikum zugeschriebenen, aus dem Berberischen aber nicht belegbaren Wörtern sind zwei am beachtenswertesten vom Altaischen her zu deuten, das wieder ebenfalls bei den Mandingo vorhandene soziologische feican auf Gran Canaria (SCHARF verbindet es mit bögö) und der Name der Muttergottheit moneiba auf Hierro (während sich eoranhan, der Name des Vatergottes, nach Sprache 2, 19 51, 174 wohl besser aus berberisch uhurahan = groß versteht). Sehr umfangreich ist freilich der Anteil an spezifisch megalithischen Ausdrücken auch da nicht. Der Hauptbestand jener 41 kanarischen Vergleichswörter wird nun von J. H. SCHARF, gewissermaßen im zweiten Gedankengang, wobei der Autor von der Behauptung ausgeht, das Berberische habe das eigentlich Altkanarische erst nachträglich überschichtet, dieses aber gehöre der Sprache der cromagnoiden Grundbevölkerung, insbesondere Tenerifes, an, als die Megalithsprache interpretiert. Den Einfluß einer cromagnoiden Schichte auch auf das Alt-Altaische stellte J. H. SCHARF in einem Artikel „Sprachen die Cr8-Magnon-Megalithiker Protomongolisch?" (Bio!. Rundsch. 15, 1977, 382-385) zur Diskussion. Die Entstehung des Megalithikums in einer cromagnoiden Bevölkerung mag sich irgendwie andeuten, doch wohl nur in einem schon spezialisierten Teil dieses anthropologischen Typs. Insbesondere mit dem Bezug auf das cromagnoide Element und seinen speziellen Zusammenhang mit dem Megalithikum gibt es insoferne auf den Kanaren eine Schwierigkeit, als gerade von Tenerife keine megalithischen Bauten bekannt sind. So ist gerade hinsichtlich der Megalithsprache, ähnlich, aber wieder in anderer Weise als die Vertikaltheorie WÖLFELs, auch die horizontal von den Kanariern zu den Altaiern hinüberspannende Theorie von J. H. SCHARF mit großen Fraglichkeiten behaftet. - Das ihm in dieser Sache mit WÖLFEL gemeinsam Fragliche liegt darin, daß sie beide das Vorhandensein des Megalithikums in den Ethnien, aus deren Wortbeständen sie die Megalithsprache herleiten zu können glauben, ebenso voraussetzen wie den Zusammenhang des Cromagnontyps i m a 11 g e - m e i n e n mit dem Megalithikum. 13 Die Einschränkung des Begrifes M e g a 1 i t h r e 1 i g i o n will besagen, daß nirgends, wo das Megalithikum mit seinem religiösen Grundbestand als „Sonderform des Ahnenkultes" (W. HIRSCHBERG, Wörterbuch der Völkerkunde 1965) bemerkbar ist, selbst dann nicht, wenn es stark hervortritt, alle Vorstellungen vom Heiligen und die Verhaltensweisen dazu bei der betrefenden Bevölkerung, also die g a n z e Religion, umfaßt. Dies ist wohl auch der Grund dafür, warum es im BERTHOLETschen „Wörterbuch der Religionen" (3. Aufl. von K. GOLDAMMER 1976) kein Textwort Megalithreligion gibt. Außerdem bestehen zwischen den Experten in beiden Disziplinen, die zunächst über den Religionsbestand des Megalithikums zu urteilen haben, zwischen denen der Prähistorie und der Ethnologie, und innerhalb jeder dieser Disziplinen, beträchtliche Verschiedenheiten in der Beurteilung der dem ahnenkultischen Ansatz mitverbundenen Merkmale. Den Steindenkmälern vorangehende Holzpfosten als Vergegenwärtigung des Toten, Gabelhölzer beim Rinder- 13 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 opfer als ein Zeremoniell bei der Errichtung von Megalithen, Kultteiche und Libationen, sowie der Terrassenbau werden z. B. vom Prähistoriker K. J. NARR nicht seinem ganz vom Gräbermegalithikum bestimmten Begrif zugeordnet. Andererseits läßt er Steinsäulen nur dann als ,,Megalithen" gelten, wenn sie sich auf Gräbern oder in Grabanlagen befinden. Eine religiöse Funktion können sie trotzdem haben. Weltsäulen, Weltberge und Himmelspfeiler werden als auf der Denkweise des Megalithikums beruhende Strukturelemente in Zweifel gezogen oder gar bestritten. Der Himmelsgott steht nach R. HEINE-GELDERN (oben Anm.10, 1959, 163) nicht so im Mittelpunkt des Gesamtmegalithikums,wie dies WÖLFEL aufgrund der Nachrichten über den Glauben der Kanarier im Textwort Megalithreligion (Religionswissenschaftliches Wörterbuch 1956, 531) angenommen hat. Zur archäologisch-ethnologischen Diskussion des Umfanges des Megalithikums tritt auf den Kanaren, am klarsten in Hierro, wo die Bezugsgottheiten als die Ahnen der Bevölkerung verehrt werden, die Frage der Ausweitung des megalithischen Denkens auf Felsspitzen und sonst aufragende Naturgebilde. - Die Bezeichnung der Megalithreligion als eine vorhochkulturelle Weltreligion durch WÖLFEL entbehrt der Rücksicht auf das prophetisch-propagandistische Moment in den eigentlichen Weltreligionen. Zu R. HEINE-GELDERNs dementsprechender Reduktion des Begriffes Weltreligion auf Weltanschauung vgl. E. UNGER-DREILING (Die Psychologie der Naturvölker als kulturhistorische Grunddisziplin. Wien 1966, 83-87). 14 Dies sind wertvolle Angaben, weil ich einerseits für F. LÖHER am Bergnamen Tirma der Bezug zur Irminsäule der Germanen ergab, andererseits in der Zeusmonographie von A. B. COOK (II, 1925, 50-57) die Irminsul mit den Juppitergigantensäulen und mit Zeuspfeilern zusammengebracht wurde. Konnte am Namen Tirma das ti als Artikel für abtrennbar gelten, so blieb WÖLFELs in dieser Frage offene Stellungnahme sprachwissenschaftlich diskutierbar. Die oben angeführten vonJ.KRÜSS beigebrachten Tirmanamen sprechen dagegen. Zu erwägen wäre aber noch immer der für sich allein (d. h. ohne Artikel) dastehende Ausdruck irmi (asmun) bei den Zenaga, den WÖLFEL (MLC IV, S 318) zum Beleg für etwas Aufragendes heranzieht, zumal angesichts der Möglichkeit, daß er Zusammenhang hätte einerseits mit dem Namen Ermima eines Wadis in der Spanischen Sahara (Karte von H. NOWAK in Almogaren II, 1971, 58 u. 56, Text auf S. 57),wo megalithische Steinsetzungen häufig sind, andererseits mit einem Worte orma bei den Basken (C. C. UHLENBECK in: Anthropos 35/36, 1940/41, 202). Dies würde die Annahme eines „eurafrikanischen" Substratwortes ermöglichen, aus dem sich die von Germanisten noch unerklärte Bedeutung des germanischen Wortes Irmin als „groß" gegenüber den etymologisch in Betracht kommenden, in eine andere Richtung weisenden Bezugswörtern im Indogermanischen erklären ließe. Darauf sind wir bei unseren Diskussionen über das Megalithikum in Hallein gestoßen. - Viel weiter entfernt von den drei genannten eurafrikanischen Wörtern als die Bezeichnung Irma für ein Wadi in Südarabien (H. v. WISSMANN in: Saeculum 1953, 73, 78) ist das Element irma als Beiname des megalithisch deutbaren Gottes Huiracocha in Peru (Al. CLOSS l. c. 85), zumal dieser Name (l. c.) auf der Verschreibung eines Illyapa beruhen soll, wobei es freilich erst noch einer Erklärung darüber bedürfte, wieso es zu dieser Verschreibung kam. 15 Der originalkanarische Name für Salz ist nirgends überliefert, doch besteht kein Zweifel an der von alters her üblichen Gewinnung dieses mineralischen Mittels zum Würzen auf den Inseln aus dem Meere (hiezu im allgemeinen K. MÜLLER, Die Salzgärten des Meeresufers. Diss. Leipzig 1920). Für den ethnologischen Vergleich ist zunächst behilflich J. MÜLLER, Die Salzversorgung Zentralafrikas (Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik 27, 1905) und A. SPRINGER, Die Salzversorgung der Eingeborenen Afrikas vor der neuzeitlichen europäischen Kolonisation (Diss. Vajda 1918), dann aber auch noch F. WITTHÖFT, Das Salz in Ozeanien (Hamburg phil. Diss. 1940). Im Hintergrund dieser ethnologischen Spezialarbeiten die umfassenderen Veröfentlichungen von H. HEHN, Das Salz. Eine kulturhistorische Studie (Berlin 1973) und M.J. SCHLEIDEN, Das Salz, seine Geschichte, seine Symbolik seine Bedeutung im Menschenleben. Eine monographische Skizze (Leipzig 1875), ferner R. TROITZSCH, Das Salz in der Kultur der Vorzeit (Kosmos 1917) und H. HEIM, Das Salz in Geschichte und Vorgeschichte (Kosmos 1927). SCHRIFTENLISTE DER HALLEINER UND SALZBURGER IC UND GISAF-MITGLIEDER Baier, Bernd 1971 Die Felsbilder von Oukaimeden, Hoher Atlas, Marokko - m: Almogaren II, Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. 1974/75 Felsbilder des Oued Saac, Südmarokko - in: Almogaren V /VI, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Hallein. Engljähringer, Gerti 1972 Felsbilder in der Schlucht des Oued Djaret, Algerien - in: Almogaren III, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Hallein. 14 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Engljiihringer, Gerti - Kraml, Roland 1977 Felsbilder und Grabbauten von Arak, Algerische Sahara - in: Almogaren VIII,Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. Nowak, Herbert 1967 Altkanarische Sprachreste im heutigen Spanisch der Insel Gomera - in: ADEVA-Mitteilungen, Heft 11, März 1967, Graz. 1969 „Fortaleza de Chipude" - Ein Bergheiligtum der Altgomerer - in: RAGGi, Zeitschrift für Kunstgeschichte und Archäologie, Vol. 9, No. 4, 1969, Zürich. 1970 Neue Gesichtspunkte zur Bearbeitung des kanarischen Megalithikums - in: Almogaren I, Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. 1971 Steinsetzungen im südlichen Rio de Oro, Spanische Sahara - in: Almogaren II, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Hallein. 1972 Silbo Gomero, die Pfeifsprache der Kanareninsel Gomera - in: Almogaren 111,Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. 1972 Smara, die heilige Stadt des Ma el'Ainin - in: Almogaren III, Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein. 1973 E. Bonelli: Reisen ins Innere der Sahara. übersetzt und bearbeitet von H. Nowak. - in: Almogaren IV, Graz. 197 3 Rock Engravings in the Land Salzburg - in: Almogaren IV, Jahrbuch des Institutum Canarium, Graz. 197 4/7 5 Prähistorische Steinbauten der Kanarischen Inseln - in: Almogaren V /VI, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 1974/75 Götter und Kulte der Altkanarier - in: Almogaren V /VI, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 1974/75 Neue Felsbildstationen in der Spanischen Sahara - in: Almogaren V/VI, Jahrbuch des Institutum Canarium, Graz. 1975 Die Felsbilder der Spanischen Sahara (zusammen mit S. und D. Ortner) - Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz. 1976 Die Felsbilder von Amgala - in: Almogaren VII, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 1977 Archäologische Monumente der Kanareninsel Lanzarote, 1. Teil: ,,Queseras", Monolithen, Steinfunde, Felsbilder - in: Almogaren VIII, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 197 8/79 Archäologische Monumente der Kanareninsel Lanzarote 2. Teil: Zonzamas, Casas Hondas ... - in: Almogaren IX/X, Jahrbuch des lnstitutum Canarium, Graz. 1978/79 Steinsetzungen der Westsahara (zusammen mit M. Milburn) - in: Almogaren IX/X, Jahrbuch des Institutum Canarium, Graz. 1980 Die Petroglyphen der Kanarischen Inseln - Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz ( in Vorbereitung). Ortner, Dieter 1971 Prophylaktische Maßnahmen vor Nordafrika-Reisen - in: Almogaren 11, Jahrbuch des Institutum Canarium, Hallein, Ortner, Sigrid - Ortner, Dieter ( zusammen mit H. Nowak) 1975 Die Felsbilder der Spanischen Sahara - Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz. 15 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 |
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