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ALMOGAREN XLIII/2012MM71 ICDIGITAL Separata XLIII-4 ALMOGAREN XLIII/2012 IC 72MMALMOGAREN XLIII/2012 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). Die deutsche Rechtschreibung wurde – mit Ausnahme von Literaturzitaten – den aktuellen Regeln angepasst. Englischsprachige Keywords wurden zum Teil nach-träglich ergänzt. PDF-Dokumente des IC lassen sich mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader (Version 7.0 oder höher) lesen. Für den Inhalt der Aufsätze sind allein die Autoren verantwortlich. Dunkelrot gefärbter Text kennzeichnet spätere Einfügungen der Redaktion. Alle Vervielfältigungs- und Medien-Rechte dieses Beitrags liegen beim Institutum Canarium Hauslabgasse 31/6 A-1050 Wien IC-Separatas werden für den privaten bzw. wissenschaftlichen Bereich kostenlos zur Verfügung gestellt. Digitale oder gedruckte Kopien von diesen PDFs herzu-stellen und gegen Gebühr zu verbreiten, ist jedoch strengstens untersagt und be-deutet eine schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: institutum-canarium.org almogaren.org Abbildung Titelseite: Original-Umschlag des gedruckten Jahrbuches. Institutum Canarium 1969-2013 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte ALMOGAREN XLIII/2012MM73 Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Hans-Joachim Ulbrich: Neubewertung einiger libysch-berberischer Inschriften im Barranco de las Piletas (Lanzarote) .............................................................. 7 Samia Ait Ali Yahia: Les peintures et gravures rupestres en Grande Kabylie ................................ 25 Franz Trost: Das berühmte Grab 100 von Hierakonpolis .................................................. 35 Gerald Unterberger: Schiffswelten in Altsardinien – die "sardo-phönizischen" Stierboot-Bronzen .............................................. 75 Enrique Gozalbes Cravioto: Observaciones sobre el conjunto megalítico de Mezora (Arcila, Marruecos) ................................................................... 133 Andoni Sáenz de Buruaga: Recherches culturelles sur le Sahara Occidental. Une présentation sommaire des travaux dans la région du Tiris entre 2005 et 2010. .............................................................. 155 Franz Trost: Die Hatiua von Tjehenu ............................................................................. 179 Hartwig-E. Steiner: Höhlen und Abris auf Selvagem Grande (Ilhas Selvagens/Portugal) ............................................................................211 Wolfgang Rähle: Landschnecken auf Selvagem Grande und Selvagem Pequena (Ilhas Selvagens/Portugal) ..............................................249 Hartwig-E. Steiner: Ritual-Höhle für Jünglinge der Osterinsel – "Ana More Mata Puku" auf Rapa Nui/Polynesien ........................................261 • 74MMALMOGAREN XLIII/2012 Unterberger, Gerald (2012): Schiffswelten in Altsardinien – die "sardo-phönizi-schen" Stierboot-Bronzen.- Almogaren XLIII (Institutum Canarium), Wien, 75-132 Zitieren Sie bitte diesen Aufsatz folgendermaßen / Please cite this article as follows: ALMOGAREN XLIII/2012MM75 Almogaren XLIII / 2012 Wien 2012 75 - 132 Gerald Unterberger Schiffswelten in Altsardinien – die "sardo-phönizischen" Stierboot-Bronzen Keywords: Sardinia, bull-boat-bronzes, Phoenicians, history of culture, prehistoric navigation, mythology Zusammenfassung: Es werden spezielle Bronzen aus der frühen Eisenzeit Sardiniens (ca. 9.-7. Jhdt. v. Chr.) untersucht, die Boote mit Tierprotomen (hauptsächlich Rinder- bzw. Stierprotome) dar-stellen. Die Technik des Metallgusses sowie das Motiv dieser "Stierboote" brachten wahr-scheinlich die Phönizier nach Sardinien, die um etwa 1.050 v. Chr. auf der Insel landeten und dort Handelsniederlassungen und Gießereiwerkstätten gründeten. Der Beitrag un-tersucht sowohl die Herkunft dieser speziellen Bootstypen und ihren Verbreitungsweg von der Levante in den Westmittelmeer-Raum, als auch deren mögliche mythologische Bedeutung und ideengeschichtliche Hintergründe. Abstract: Special bronzes from the early Sardinian Iron Age (about 9th-7th century BC) are described which show boats with animal protomes (mainly protomes of cattle or bulls). Toreutic skills and the motif of the "bull-boats" were probably brought to Sardinia by the Phoenicians. They reached the island about 1050 BC and there established trading centres and foundries. This article examines the origin of this particular type of boat and its spreading from the Levant to the West Mediterranean Sea as well as possible mythological meanings of the bull-boats. Resumen: Se analizan bronces especiales procedentes de la Edad del Hierro temprana de Cerdeña (aprox. siglos IX-VII a. de C.) que muestran embarcaciones con prótomos de animales (sobre todo de buey o de toro). Es probable que la técnica de la fundición del metal y el motivo de estas embarcaciones con prótomo bovino los llevaran a Cerdeña los fenicios, que desem-barcaron en la isla hacia el 1.050 a. de C. y fundaron allí factorías comerciales y talleres de fundición. La presente aportación examina tanto la procedencia de estos tipos especiales de embarcaciones y sus vías de propagación del Levante al ámbito mediterráneo occidental como también su posible significación mitológica y antecedentes histórico-ideológicos. Die Vorgeschichte Sardiniens – kein Inselleben ohne Schiff Sardinien ist mit rund 24.000 km2 die zweitgrößte Insel des Mittelmeeres und hatte aufgrund ihrer zentralen Lage im westlichen Becken des großen europäischen Meeres seit je einen entscheidenden und frühen Anteil an Kultur-strömungen und -einflüssen aus dem ostmediterranen bzw. vorderasiatischen 76MMALMOGAREN XLIII/2012 Bereich, welche die insularen und litoralen Gebiete des westlichen Mittel-meerraumes erreichten. Aber nicht nur die Lage Sardiniens machte die Insel zu einem begehrenswerten Anlege- und Siedlungsplatz sowie im Weiteren auch zu einer Drehscheibe von Kulturverbreitungen in die benachbarte Insel-welt wie auf das südeuropäische Festland, sondern auch ihre natürliche Be-schaffenheit ließ Abenteurer, Landsuchende oder Händler hier gerne verwei-len. Zur Subsistenz eignete sich neben dem Fischfang auch die Landwirtschaft in den fruchtbaren Ebenen und Hügelländern, und zudem war die Insel reich an Rohstoffen verschiedener Art: Stein und Holz als Baustoffe sowie reiche Erzvorkommen (Kupfer, Zinn, Blei, Silber), die ab dem Metallzeitalter als Roh-stoffquellen dienten. Darüber hinaus machten die Größe Sardiniens und ihre strategisch gute Lage die Insel einladend, Kolonisationen durchzuführen bzw. feste Niederlassungen oder Handelsstützpunkte zu gründen. Die ersten Besiedelungsspuren des Homo sapiens reichen bereits in das Jungpaläolithikum, wo man in der Höhle Corbeddu im Supramonte (Provinz Nuoro) Überreste von menschlichen Schädel- bzw. Fingerknochen fand, die auf ein Alter von etwa 13.500 bzw. sogar 20.000 Jahren datiert wurden. Auch wenn der Wasserstand des Mittelmeeres im frühen Holozän um etwa 35–40 m tiefer lag als heute, so war Sardinien doch nicht mit dem Festland verbun-den; eine Besiedelung musste also schon zu so frühen Zeiten über das Meer erfolgen. In diesem Sinne meint Alasdair Whittle: "Inseln wie Korsika, Sardi-nien und die Balearen waren von etwa 9000 v. Chr. an besiedelt, was die Nut-zung seetüchtiger Schiffe belegt" 1 [Anm.: Die neueren Forschungsergebnisse datieren, wie zuvor erwähnt, die Erstbesiedelung Sardiniens noch wesentlich früher als Whittle hier annimmt]. Der Verkehr über die See war nicht nur Voraussetzung für die ersten erfolg-reichen Besiedelungen der Insel, sondern er spielte auch für nachfolgende Einwanderungswellen und rege Handels- wie Kulturbeziehungen zu teils weit entfernten Ländern eine entscheidende Rolle für die Entfaltung der alt-sardischen Kulturen. Ab der frühen Jungsteinzeit (etwa 6.000 v. Chr.) werden die einzelnen Kulturabfolgen in Sardinien immer besser fassbar. Neben ver-mutlich autochthon produzierten Steinwerkzeugen aus Obsidian, die schon damals nach Korsika, Italien, Spanien und Südfrankreich gelangten, wurden im Südwesten der Insel einfache Tongefäße mit typischer Verzierungsart ge-funden, die dem Kulturhorizont des mediterranen Neolithikums zuzuordnen sind. Diese sog. "Impresso-Keramik", deren dominierendes Stilelement der Abdruck der Herzmuschel in den feuchten Ton ist, hat sich im Laufe des 7. Jahrtausends vom ostmediterranen Raum entlang der Küsten- und Inselwelt des Westmittelmeeres bis Andalusien und Portugal verbreitet und wurde auch ALMOGAREN XLIII/2012MM77 in den Syrte- und Atlasländern Nordafrikas gefunden. Es ist stark dafürzuhal-ten, dass die Impresso-Keramik ein archäologisches Leitfossil für die Ver-breitung des Neolithikums von der Levante über den litoralen Seeweg in den süd- bzw. südwesteuropäischen Raum darstellt. An verschiedenen Orten wur-den im gleichen Fundhorizont der Impresso-Keramik Reste von festen Sied-lungen und dazu Spuren von Getreidekörnern und Knochen domestizierter Tiere gefunden2. Die Wissenschaft datiert die Einführung des keramischen Neolithikums mit beginnender produzierender Wirtschaftsform (Ackerbau und Viehzucht) im insularen und litoralen Südwesteuropa in die ersten Jahrhun-derte des 6. Jahrtausends. Der Weg dieser Verbreitung zeichnet sich relativ klar ab: vom "Levantinischen Korridor" – einer Zone in Vorderasien, die sich von der Südlevante durch das Jordan-Tal bis in das Euphrat/Taurus-Gebiet erstreckt und eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Neolithikums ge-spielt hat – über Zypern, Kreta, die Küstenstriche des ägäischen und adriatischen Meeres in den Westmittelmeerraum, wo auch Sardinien erfasst wurde3. Einflüsse aus dem nahen Osten dürften seit dieser Zeit in unterschied-licher Stärke und Gewichtung bestanden haben – archäologisch und kunsthis-torisch verstärkt fassbar werden sie wieder ab dem späten Neolithikum im Rahmen der sog. "Ozieri-Kultur" (3. Jahrtausend). Bestanden die Behausun-gen der Menschen bis dahin hauptsächlich in Form von künstlich in den Fels geschlagenen Wohnhöhlen – ein Phänomen übrigens, das man in den Sedimentgebieten vieler Mittelmeerländer und Inseln zwischen Syrien und Portugal wiederfindet –, so begann man ab jetzt, in Dörfern zu siedeln, die in Küstennähe oder in den Flusstälern lagen. Es scheint, als sei zu dieser Zeit eine bäuerliche Hirtenkultur erblüht, mit der ein Aufschwung in Wirtschaft und Wohlstand einhergegangen ist; vor allem aber intensivierten sich wieder die Verbindungen zum "Ausland", wie Jürgen Thimme sagt: "Beziehungen zu den Kykladen, zu Kreta, Malta, wohl auch zu Anatolien und Syrien lassen sich an verschiedenen Erzeugnissen, an Keramiken, Idolen aus Stein, Knochen oder Ton, an einer monumentalen Grab- und Tempelarchitektur ablesen und werden jetzt wichtiger und folgenreicher als die im 3. Jahrtausend zurücktretenden Kontakte zu den Ländern des westlichen Mittelmeeres" 4. Zu den eindrucksvollsten Leistungen im materiellen Kulturschaffen dieser Zeit zählen anthropomorphe Idol-Figuren aus Marmor und Alabaster, die je-nen aus der kykladischen Kultur des 4. bis späten 3. Jahrtausends in einzelnen Stilformen und Entwicklungslinien derart ähnlich sind, dass an Beziehungen zwischen der ägäischen und der sardischen Kultur kaum zu zweifeln ist. Ein der späteren Ozieri-Kultur zuzurechnender, bislang im Westmittelmeer singulärer Fund ist der sog. "Terrassentempel" vom Monte d'Accoddi (bei Sas- 78MMALMOGAREN XLIII/2012 sari). Dabei handelt es sich um einen im Grundriss von ca. 38 x 30 Metern trapezförmigen, etwa 10 Meter hohen Pyramidenbau, an dessen Südseite eine flache Rampe auf die Terrasse führt – vielleicht, wie Jürgen Thimme meint, " ... um Rinder als Opfertiere leichter auf die Plattform führen zu können" 5. Man ist der recht einheitlichen Meinung, dass ohne orientalische Anregun-gen, namentlich von den Zikkurat-Bauten Mesopotamiens, die Entstehung dieses speziellen Monumentes nicht zu erklären sei6. Nicht umsonst hat Jürgen Thimme die explizite Vermutung ausgesprochen, dass die ca. 40 Meter lange und somit sehr flach gehaltene Rampe auf die Terrasse des Monte d'Accoddi- Bauwerks vielleicht zum Auftrieb von Rindern gedient hat, die dort womöglich geopfert wurden. Denn das Rind, oder besser der Stier, scheint ab dieser Zeit (späte Ozieri-Kultur bis Chalkolithikum, Ende 3./Anfang 2. Jahrtausend) ein besonders verehrungswürdiges Tier für die Sarden geworden zu sein. Die hypogäischen Felskammern, die früher als Wohnhöhlen gedient haben, wur-den weiter ausgebaut und zu "Wohnungen für die Toten" umgewidmet. Diese von den heutigen Sarden "Feenhäuser" (domus de janas) genannten Höhlen wurden zu regelrechten Nekropolen ausgeweitet und weisen das bestimmend einheitliche Motiv des Stierkopfes oder der Stierhörner bzw. des Bukranion- Pfahles auf, das sich sehr häufig (weit über 100 Mal in etwa 50 Hypogäen) geritzt oder im Relief gearbeitet über den Eingängen der Grabkammern oder Scheintüren sowie an den glatt polierten Wänden in unterschiedlichen Stil-und Formvarianten findet. Giovanni Lilliu, der Altmeister der sardischen Kultur- und Kunstgeschichte, spricht unter anderem von der "minoischen Art" 7 einer Anzahl von sardischen Hörnerdarstellungen und spricht dabei das an, was offensichtlich ist: die in einzelnen ikonografischen Details oft überra-schenden Parallelen zwischen dem Stierkopf- bzw. Hörnersymbol, das schon in frühneolithischen Kulturen Anatoliens so prominent vertreten ist (Çatal Höyük), sich auf Zypern ebenso findet wie in Mykene und im minoischen Kreta, in Altägypten und auf dem Weg in den Westen auch seine starken Spu-ren in den megalithischen Tempelanlagen von Tarxien (Malta) hinterlassen hat, wo eine Vielzahl an Stierhörnern gefunden wurde und wo sich wieder just über bzw. neben den Eingängen Stierreliefs befinden8. Dies alles sind starke Indizien dafür, dass der Stier als religiös wie kultisch verehrtes Wesen spätestens an der Wende vom 3. zum 2. Jahrtausend von Seefahrern, die aus dem Osten kamen, in Sardinien eingeführt wurde – ein Gedanke, der für die weiteren Betrachtungen von Relevanz sein wird. Die Nuraghen-Kultur und die "sardo-phönizischen" bronzetti Nicht zuletzt aufgrund umwälzender politischer Ereignisse auf der griechi- ALMOGAREN XLIII/2012MM79 schen Halbinsel, vor allem aber auch mit dem zunehmenden Interesse an me-tallischen Rohstoffen von Kulturvölkern des nahen Ostens, die die Technik der Metallbearbeitung schon lange kannten und auf der Suche nach neuen Roh-stofflagern und Abbaugebieten waren, geriet die westliche Mittelmeerwelt ab der ersten Hälfte des 2. Jahrtausend in den Blickpunkt von Interessenslagen. Am Beginn des 2. Jahrtausends wanderten indogermanische Stämme (Io-nier und Aiolier) in das festländische Griechenland und zerstörten dort die hoch entwickelte frühhelladische Kultur. Aus der Vermischung der kriegeri-schen Eroberer und den autochthon Ansässigen formte sich im Weiteren die sog. mittelhelladische Kultur, die sich etwa zwischen 1.600 und 1.500 v. Chr. unter dem Einfluss kretisch-minoischer Strömungen zur frühmykenischen Kulturform bildete. Mögen frühhelladische Flüchtlinge vor dem Einsturm der Eroberer schon per Schiff in den Westmittelmeerraum abgewandert sein, so lässt sich in folgender Zeit die Expansion der mykenischen Kultur in den Westen klar ablesen. Etwa um 1.500 v. Chr. waren die Liparischen Inseln ein Handelsstützpunkt der Mykener, die in der sog. "Tholosbewegung" auch Sar-dinien erreichte9. Die typischen Tholos-Bauten der Mykener haben wahr-scheinlich den Anreiz zum Bau der für Sardinien so typisch gewordenen "Nuraghen" gebildet: zyklopische Rundtürme von teils enormen Dimensio-nen, die vermutlich als Festungssitz für aristokratische Familien gedient ha-ben und von denen es ursprünglich etwa 10.000 auf der Insel gegeben hat. Jürgen Thimme sagt dazu: "Diese megalithischen Festungen, von den Sarden Nuraghen genannt, sind kaum ohne Anregung aus dem Osten, von Mykene, Anatolien oder Syrien denkbar" 10. Megalithische Gräber (Dolmen) und Men-hire sind schon seit der Ozieri-Kultur bekannt; nun nimmt ihre Zahl zu, und was hinsichtlich der zuvor schon erwähnten religiösen Verehrung des Stieres gesagt wurde, findet eine eindrucksvolle Fortsetzung in der Weise, dass man-che der sog. "Gigantengräber" (tumbas de sos zigantes) im Grundriss ganz deutlich einen Stierkopf abgeben, ähnlich wie einige der in etwas späterer Zeit bis ins 1. Jahrtausend erscheinenden "Brunnentempel", in denen sich zusätzlich Stierköpfe und Stierprotomen an betonten Stellen befinden11. Wie Giovanni Lilliu sagt: "Unter den ältesten Beispielen dieser heiligen Brunnen ist der sogenannte Su Putzu-Orroli, der auch mit seinem Grundriß nach Art der Stierprotome dem der Gigantengräber ähnlich ist (die rechteckige Haupt-kammer symbolisiert den Kopf, die Exedra die Hörner des Stieres) und der das Bild einer angebeteten Gottheit heraufbeschwört" 12. Die Nuraghen-Kultur wird mit dem Beginn der sardischen Bronzezeit ab 1.800 v. Chr. angesetzt, bildete sich jedoch erst um die Mitte des 2. Jahrtau-sends charakteristisch heraus. Spätestens ab dieser Zeit entwickelte sich auch 80MMALMOGAREN XLIII/2012 ein ausgeklügelter und weiter Metallhandel zwischen den Levante-Ländern und den Inselstaaten wie litoralen Räumen des Westmittelmeeres, der über Iberien hinaus sogar bis Südengland reichte. Metall war gefragter denn je und Sardinien konnte mit guten Rohstofflagern an Kupfer und Zinn dienen, das für die Bronzeverarbeitung unabdingbar ist. Kupfer- und Bronzegegenstände wurden in und über Sardinien verhandelt, und es ist wohl davon auszugehen, dass die metallurgische Praxis mehr und mehr auch in Sardinien selbst zur Anwendung kam. In der letzten Phase der sardischen Bronzezeit (Stufe III, ca. 1.200–900 v. Chr.) erfolgte ein enormer Aufschwung der Nuraghen-Bauten zu mehrteilig verbundenen Konstruktionen teils gewaltigen Ausmaßes (Viel- oder Mehrpass- Nuraghen). Wieder waren es politische Wirren im Ostmittelmeerraum, die die künftigen Entwicklungen auf Sardinien beeinflussten: "Aus der Tiefe des Donauraumes vorstoßende Stämme vernichteten um 1200 v. Chr. Troja und das mächtige Hethiterreich. Zur gleichen Zeit fiel im Ansturm der sogenannten See-völker auf Zypern das reiche Enkomi und an der Levante Ugarit. Die Philister besetzten die Küstenstriche Palästinas. Ägypten verlor seinen politischen Einfluß im Osten. Schließlich zerstörten im 12. Jahrhundert auch in Griechen-land einwandernde Dorer die mykenischen Burgen" 13. Die kriegerischen Aus-einandersetzungen im Ostmittelmeerraum haben zu prekären Situationen und einem Erlahmen des Metallhandels mit dem Westen geführt. Trotz allem müs-sen auch in diesen schwierigen Zeiten Beziehungen zwischen dem Ost- und Westmittelmeerraum bestanden haben, was das Faktum beweist, dass typisch zyprische Kupferbarren ("Vierzungenbarren") in vielen Orten Sardiniens ge-funden und in die Zeit um 1.200 v. Chr. datiert wurden14. Mit einiger Wahr-scheinlichkeit waren es schon zu dieser Zeit die Phönizier, die das Machtva-kuum ausgenutzt und fortan den Handel mit den Ländern des westlichen Mittel-meeres weitergeführt haben. Daneben ist aber auch zu vermuten, dass das ins westliche Meer segelnde Seevolk der Schardana15 Sardinien erreicht und Kultur-einflüsse aus dem Osten mitgebracht hat. Wie auch immer – sicher ist, dass in der letzten großen Kulturstufe Sardiniens, die mit 900 v. Chr. angegeben wird und den Beginn der Eisenzeit markiert, phönizischer Einfluss auf Sardinien stark wurde. Die Phönizier sind etwa 1.050 v. Chr. auf Sardinien gelandet; eini-ge Götter-Statuetten aus Bronze typisch syrisch-phönizischer Provenienz sowie frühe phönizische Inschriften aus Nora beweisen dies eindeutig16. Mit Beginn des letzten Jahrtausends vor der Zeitenwende setzte in Sardini-en eine wirkliche Blüte im kulturellen und künstlerischen Schaffen ein. Aus dem breiten Spektrum der prosperierenden Kulturäußerungen seien hier ne-ben den bereits erwähnten und jetzt zahlreicher gebauten Brunnentempel- ALMOGAREN XLIII/2012MM81 Anlagen vor allem auch die lebens- bis überlebensgroßen Steinskulpturen genannt, die für das frühe 1. Jahrtausend v. Chr. in ihrer Qualität einzigartig im gesamten Mittelmeerraum sind. Spätestens ab dieser Zeit begann auf der Insel die Produktion von Bronze-Statuetten, die in ihrer teils vollkommenen Qualität, Originalität und einem besonderen, sardisch-autochthonen Stil-empfinden so überwältigend sind, dass ihnen ein erster Rang in der früh-geschichtlichen Kunstwelt eingeräumt werden muss. Im Wachsausschmelz-verfahren wurden sie ("in verlorener Form") im Vollguss hergestellt. Bis heute sind etwa 500 dieser "bronzetti" entdeckt und gesichert worden und befinden sich großteils in den archäologischen Museen von Cagliari und Sassari, Rom, Florenz sowie in verschiedenen Privatsammlungen. Die Bronze-Statuetten müssen schon zu Anfang des 1. Jahrtausends be-gehrte Luxusobjekte gewesen sein, fand man sie doch als Exportwaren unter anderem in etruskischen Gräbern des späten 9. bis 6. Jahrhunderts. Die meis-ten dieser Kleinbronzen entdeckte man auf sardinischem Boden in den Brunnentempeln, wo sie wohl als Votivgaben oder heilige Accessoires dien-ten, in den Gießereiwerkstätten, aber auch in Gräbern, Höhlen, Nuraghen und Wohnhäusern. Die Bronze-Statuetten stellen zum großen Teil menschliche Wesen dar, worunter am häufigsten Krieger mit Schwert, Dolch, Bogen und/oder Schild erscheinen; fast die Hälfte von ihnen trägt den charakteristischen Hörnerhelm in unterschiedlichen Variationen. Daneben erscheinen opfernd oder betend dargestellte Menschen, Priester, aristokratische Frauengestalten, aber auch Menschen aus dem einfachen Volk: Bauern, Handwerker und Musiker. Ob-wohl es in der sardischen Bronzeplastik an Darstellungen von göttlichen We-sen weitestgehend fehlt, stellt eine kleine Gruppe der bronzetti offensichtlich mythische bzw. dämonische Figuren dar: Es gibt etwa eine Reihe von vieräugigen und vierarmigen Krieger-Figuren mit Helmen, deren Hörner in Kugeln enden und an ihrem Schaft mit einer Drahtspirale umwickelt sind (was im Ganzen so aussieht, als sei eine Art Boxhandschuh über die Hörnerspitzen gestülpt)17. Das sardische Motiv des Stierhörnerhelmes als besonderes, kriegerisch-aristokratisches und/oder heiliges Symbol dürfte sein Vorbild im levantinisch-vorderasiatischen Bereich haben. Eine frühe zyprische Bronze-Statuette, die auf Sardinien gefunden und bereits in das 12. Jahrhundert datiert wurde – der berühmte "Barrengott" aus Enkomi – zeigt ein göttliches Wesen in kriegeri-scher Haltung auf einem Barren stehend mit Rundschild und Hörnerhelm18 (vgl. dazu auch die gleiche Darstellungsweise der Schardana auf altägyptischen Bildern; weitere Hinweise in Anm. 15). 82MMALMOGAREN XLIII/2012 Das Symbol der Stierhörner als magisch-rituelle Essenz des Tieres spielte, wie weiter oben erwähnt wurde, schon in früheren Epochen der sardischen Kultur eine bedeutende Rolle. Anhand eines singulären Stückes, es handelt sich um eine knapp 20 cm hohe, anthorpomorphe Maske mit drei Hörnern aus dem 8./7. Jahrhundert, die vielleicht als Bekrönung eines Zepters gedient hat, ist auf sardinischem Boden auch das besondere Motiv der Dreihörnigkeit (bzw. des mythischen Dreihorn-Stieres) dinglich manifest gemacht. Dieses Thema habe ich an anderer Stelle19 ausführlich untersucht und kann hier nicht mehr detaillierter behandelt werden – nur so viel sei gesagt, dass der Ursprung des Dreihornstieres im tief prähistorischen Bereich zwischen Indien und Vorder-asien liegt und offensichtlich über sardische Vermittlung in den südwest-europäischen und dann weiter in den gallo-romanischen Bereich transferiert wurde, wo der "Taureau tricornu" in den ersten Jahrhunderten unserer Zeit eine antike Renaissance erlebte. Aber auch die Gestalt des Stieres selbst wird ab nun in bronzene Formen gegossen. Etwa ein Viertel aller Statuetten machen Tierfiguren aus, und wieder wird der Stier bzw. das Rind mit Abstand am öftesten dargestellt; manches Mal mit dem interessanten Detail, dass ein Vogel auf seinem Rücken oder auch zwischen den Hörnern auf dem Kopf sitzt (darauf wird später noch einmal Bezug zu nehmen sein). Von noch größerem Interesse ist eine wiederum einzigartige Figur unter den sardischen bronzetti: der sog. "Stiermensch von Nule" aus dem 8./7. Jahr-hundert20. Dieses sonderbare Wesen mit hochgestreckten Armen, Stierleib und menschlichem Gesicht steht einerseits in der Tradition der vorderasiatischen und griechischen Minotaurus-Typen, andererseits zeichnet es sich wiederum durch eine Extravaganz aus: einen eigenartigen, zungen- oder biberschwanz-förmigen, weit nach vor hängenden Lappen, der sich in breiter Basis in der Mitte des Kopfes, zwischen den Hörnern, erhebt. Ob es sich dabei – wie Giovanni Lilliu gemeint hat21 – tatsächlich um eine Art Uräus-Schlange nach ägyptischem Vorbild handelt, wie sie Pharaonen als hohes Rangabzeichen und auch der heilige Apis-Stier aus Memphis auf dem Kopf trugen, bleibt freilich ungewiss, doch ist die Deutung immerhin beachtenswert! In jedem Fall ist zu erkennen, dass auch im Rahmen der bronzetti-Produk-tion dem Stier als verehrungswürdige Gestalt bzw. dem Stiergehörn als heili-ges Accessoire eine besondere Bedeutung beigemessen wurde; letzteres ist noch anhand einiger liturgischer Stierhorn-Darstellungen bzw. Zepter-Auf-sätze mit stilisiertem Stiergehörn zu ermessen22. Die verschiedenen Bronze-Statuetten sind in ihrem Stil nicht einheitlich; vor allem mit Bezug auf die menschengestaltigen Bronzen teilt man grob in ALMOGAREN XLIII/2012MM83 die sog. "Uta-Abini"- und in die "Barbaricino"-Gruppe ein. Erstere stellt über-wiegend die Hirtenaristokratie dar und unterteilt sich wieder in die Uta- und in die Abini-Gruppe. Ist der Uta-Stil eher geometrisch gegliedert und in seiner Form schlichter orientiert, so wirkt der Abini-Stil dagegen fast barock-ver-schnörkelt und formenreicher. Vor allem im Abini-Stil sind fremdländische, vorderasiatische Einflüsse stark spürbar, die man unter anderem in den Luristan-Bronzen (Zagros-Gebirge, Iran) und in der Kunst des Urartu-Rei-ches im armenischen Hochland sichtet (auch der Stiermensch von Nule ist hier einzuordnen). Der Barbaricino-Stil stellt nicht die Aristokratie sondern vorwiegend Menschen aus dem einfachen Volk dar. Allgemein lässt sich sa-gen, dass diese Richtung in ihren Gestaltungen freier ist, nicht geometrisch orientiert aber auch nicht verschnörkelt; vielmehr einem realistischen Prinzip folgend. Hier scheint sich ein syrisch-/phönizisch-/zyprischer Stileinfluss aus-gewirkt zu haben. Die Bronze-Statuetten werden oft "sardo-phönizisch" genannt, obwohl die-ses Attribut eigentlich irreführend bzw. ungenau ist. Es gründet sich zum einen darauf, dass man den Beginn dieser Kunstwerke mit der Ankunft der Phönizier in Sardinien in Verbindung bringt und zum anderen darauf, dass phönizische Stilmerkmale in den sardischen Statuetten teilweise wiederzu-erkennen sind. Wie aber erstens bereits erwähnt wurde, betrifft dies bestenfalls die Barbaricino-Gruppe, wogegen die Uta-Abini-Werke wesent-lich weiter gefächerte Stilelemente aus noch anderen Kulturen Vorderasiens, vielleicht auch Kretas und Ägyptens aufweisen. Zweitens ist die absolute Datierung der in Sardinien gefundenen Bronze-Statuetten in den allermeis-ten Fällen einigermaßen unsicher. Man setzt ihren Beginn allgemein in das 9. Jahrhundert v. Chr. – das Problem dabei ist jedoch, dass die Bronzen in keinen stratigrafischen Fundzusammenhängen gefunden wurden, die eine unanfechtbare zeitliche Einordnung garantieren könnten. Und immerhin ist dabei noch weiters zu bedenken, dass vor allem die perfekt gearbeiteten Bronzen des Uta-Abini-Stils eigentlich weniger einen Anfang (9. Jhdt.) als vielmehr den reifen Höhepunkt einer Entwicklung zeigen. Es müssten also ältere Vorläufermodelle anzunehmen sein, die realiter allerdings fehlen. Dies hat unter anderem zu der Überlegung geführt, dass Gussmeister und Bronze-künstler aus Luristan und/oder Urartu mit den phönizischen Schiffen an Land kamen, wo sie ihre ausgereifte Technik in Form der sardischen Bronzen un-mittelbar umsetzten. Diesem Gedanken widerspricht aber wiederum das Faktum, dass die Bronzen einen ausgeprägten autochthon-sardischen Eigen-charakter aufweisen. 84MMALMOGAREN XLIII/2012 Die sardischen Stierboote: Darstellungen mit symbolischem Tiefgang Eine besondere Stellung unter den bronzetti stellen eigentümliche Schiffs-bzw. Bootsplastiken dar. Ihre Anzahl ist mit etwa 75 Stück verhältnismäßig hoch, und ihre Ikonografie ist insofern von spezifischem Gepräge, als die Besonderheit der meisten Bootsbronzen in einer Bugprotome eines gehörnten Tieres liegt, worunter wiederum das Rind mit Abstand am häufigsten erscheint (seltener sind Hirsch oder Ziege, einmal erscheint sogar ein antilopenartiges Tier). Die elaborierteren Stücke weisen mit ihren skurril bis teilweise fast humoristisch wirkenden "Tierbesatzungen" eine absolute Einzigartigkeit auf – ikonografische Details werden im Anschluss noch genauer besprochen. Die Stücke bewegen sich in einer Längendimension von ca. 10-30 cm und die meisten von ihnen haben eine Aufhängvorrichtung in Form eines Ringes und/oder – falls der Bootskörper schmal gestaltet ist – eine stabilisierende Querleiste an der Kielunterseite zum besseren Stehvermögen. Der genaue Sinn bzw. die Bedeutung dieser Bootsbronzen ist ungeklärt. Man vermutet, dass sie als liturgische Öllampen in Heiligtümern gedient haben, zumal ein Teil der Stücke in den Brunnentempeln gefunden wurde. In den Nuraghen, wo sie ebenfalls entdeckt wurden, verwendete man sie wahrscheinlich auch als Be-leuchtungskörper und vielleicht auch als kleine Aufbewahrungsgefäße. Es scheint aber doch gewiss, dass ihnen ein magisch-ritueller bzw. religiös-sym-bolischer Gehalt inne liegt, zumal sie neben ihrer Funktion als Accessoires in den Brunnentempeln auch als Beigaben in Gräbern (zumal in Etrurien) auf-gefunden wurden. Ihre Erzeugung dürfte vom 9. bis ins 6. Jahrhundert ge-reicht haben. Die vermutlich älteren Stücke weisen zumeist noch keinen Mast auf, ihr halb verdeckter oder offener Bootskörper (Abb. 1)23 zeigt noch wenige Verzierungen; die Aufhängöse ist wie in Abb. 2 24 an bootsüberspannenden Tragbändern befestigt. Die Rinderprotome ist hier stilisiert, der Hals des Tie-res sowie die Hörnerenden sind von einem Draht umwickelt (in Gusstechnik realisiert), und zwischen den Hörnern bildet der Draht eine Spirale: eine Symbolverbindung, die sich bereits in den ozieri-zeitlichen Feenhäusern ge-funden hat, wo Stiergehörn und Spirale gemeinsam erscheinen bzw. die Stier-hörner selbst in spiralisch gedrehter Form dargestellt sind, und die auch noch bei nachfolgenden Bootsbronzen weitergeführt wird, wie in Abb. 3 25 zu erken-nen ist. Hier erscheinen erstmals auch Tiere am Boot: Auf dem Ring zur Auf-hängung sitzt ein Vogel, und zwei weitere – wohl Enten – befinden sich gegen die Fahrtrichtung zu beiden Seiten an der Bordkante. Abb. 4 26 zeigt ein Stierboot mit Mast und Reling, die von vier Pfosten mit aufgesetztem Knauf eingefasst wird. Annähernd der gleiche Knauf krönt auch den Mast, auf dem sich die Öse zum Aufhängen mit dem Vogel darauf befin- ALMOGAREN XLIII/2012MM85 det. Die Rinderprotome ist stilisiert dargestellt; die Schnauze des Tieres ist seltsam nach oben gebogen und die hoch ragenden Hörner enden in Kugeln, ein häufig zu beobachtendes Charakteristikum der sardischen Bronzen. Diese Sitte hat sich womöglich bis heute in Brauchtümern erhalten: Zum Efisio-Fest am 1. Mai werden in Cagliari die Hörnerspitzen der Ochsen, die die Kutsche mit dem Heiligenbild ziehen, mit Orangen und Wollbüscheln geschmückt. Und portugiesischen Kampfstieren werden, bevor man sie in die Arena führt, Stoff-bälle auf die Hörner gesteckt. Hinsichtlich eines ersten Deutungs- und Interpretationsversuches der sar-dischen Bootsbronzen muss hier zum ersten Mal inne gehalten und auf zwei Aspekte hingewiesen werden: Zum einen auf die Darstellung des Vogels, der auch bei den etwas späteren, figürlich reicher ausgeformten Bootsbronzen ein konstantes Attribut mit zweifelsfrei besonderem Symbolgehalt ist. Er befin-det sich dort zumeist auf der Spitze des Bootsmastes, wo er in Ösenform zur Aufhängung gestaltet ist oder aber am oberen Ende des Aufhängringes sitzt. Schon weiter vorne ist darauf hingewiesen worden, dass sich auch bei man-chen Rinderbronzen ein Vogel auf dem Rücken oder Kopf des Bovinen befin-det – eine deutliche Analogie, führt man sich dabei die mythisch-weltanschau-lich bedingte Sitte vor Augen, den Schiffen durch die Tierprotome ein therio-morphes Aussehen zu verleihen, um sie so gleichsam zu lebendigen Wesen zu machen. Von schier unzähligen Völkern und Kulturen ist das mythische Bild vom Vogel, der im oder auf dem Weltbaum bzw. auf der Spitze der Weltsäule sitzt, in bildlichen Darstellungen und schriftlicher Form überliefert. Es ist zumeist eine Art "Seelenvogel", der entlang der Axis mundi in den Himmel gelangt. Auch in schamanistischen Kulturen war und ist dieses Bild omniprä-sent; hier jedoch oft so interpretiert, dass der Vogel den Schamanen entlang dieser Weltstütze in die himmlischen Gefilde trägt (bzw. der Schamane selbst Vogelgestalt hat), wo er seine Heilungen vornimmt. Ist auch auf den sardi-schen Stierboot-Bronzen das Federtier eine Art "Seelenvogel", und soll das Bild des Mastes auf dem "Stierrücken" eigentlich eine Verbindungsvertikale zwischen dem diesseitigen Hier und dem jenseitigen Dort darstellen? Im An-schluss wird auf diese Thematik noch einmal eingegangen werden. Zum anderen muss betont werden, dass neben der schon genannten Analo-gie zwischen dem Motiv der Spirale und dem Stiergehörn in den Feenhäusern der Ozieri-Kultur und den sardischen Stierboot-Plastiken noch eine weitere Parallele liegt, die sich womöglich zu dem vorhin genannten thematisch fügt: In manchen der Höhlennekropolen befinden sich neben den Stierkopf- und Stierhörner-Darstellungen auch Bootsdarstellungen, was schon von anderen Wissenschaftern zu der Vermutung geführt hat, diese Schiffe könnten Toten- 86MMALMOGAREN XLIII/2012 boote darstellen, die die Seelen der Verstorbenen ins jenseitige Land beför-dern. Dass eine solche Vorstellung gerade bei Inselbewohnern und Seefahrern als eine Fahrt über das Wasser gedacht wurde, ist nahe liegend. Dazu mag der alte, ursprünglich im ägäischen Raum beheimatet gewesene und dann mit den Seefahrern weit in den westmediterran- bis westeuropäischen Raum verbrei-tete Mythos von der "Insel der Seligen" passen. Jene Insel wäre im westlichen Meer der Abendröte gelegen, und es würde nicht verwundern, wenn für See-fahrer des Ostens die Suche nach diesem Elysium ein wesentlicher Impuls-geber für Fahrten in das westliche Meer gewesen wäre. Symbolforscher, wie Manfred Lurker und Hans Biedermann, haben tref-fend darauf hingewiesen, dass sich auch schon die frühchristliche Kirche die-ses alten Mythenbildes angenommen hat, indem sie die Ekklesia mit dem "Schiff Petri" oder der "Arche Noah" gleichsetzte, die zum himmlischen Ziel führt27. Und die frühesten christlichen Schiffsdarstellungen auf Grabmälern stellen die Fahrt der Toten zum Hafen der Ewigkeit dar, wobei auch hier das Detail interessant ist, dass auf der Spitze des Mastes der Vogel als Seelen-symbol dargestellt ist28. Dasselbe mythische Motiv liegt noch in der legendären Seereise des heili-gen Brendan vor, einer ursprünglich keltischen Geschichte aus dem 8./9. Jh. n.Chr., die im Weiteren verchristlicht wurde. Ziel der Reise Brendans war die "Terra Repromissionis", die verheißene Insel im Westen, das Land der Seligen: "Es liegt eine Insel in weiter Ferne [...], vier Pfeiler tragen sie [...] Dort steht ein heiliger Baum, mit Blüten bedeckt, auf dem die Vögel die Stunden ausrufen [...]" 29. Die Navigatio Sancti Brendani war eine im Mittelalter äußerst beliebte Geschichte; Brendans Insel bzw. Inselgruppe war auf mehreren mittelalterli-chen Seekarten verzeichnet, und bis ins 18. Jahrhundert wurden Expeditionen zur Suche nach diesem Archipel unternommen, das man später in den Kanarischen Inseln oder gar Amerika glaubte, real wiederfinden zu können. Wenn die Kraft einer Legende noch bis in die letzte Neuzeit ausreichte, um eine mythische Insel ausfindig machen zu wollen, wieso sollte dieser für See-fahrer der Vorgeschichte lebendige Mythos also nicht stark genug gewesen sein, Inseln im Westen zu suchen, die neu zu besiedelndes Land mit der Hoff-nung auf ewige Seligkeit versprachen? Die Schiffe aber mochten für das angesehen werden, was sie für die Men-schen entsprechend dem Mythos sein mussten: "Jenseitsboote" insofern, als sie in das verheißene Andersland der Seligkeit führen; "Toten- oder Seelen-boote" vielleicht in der Weise, dass auch die letzte Fahrt nach dem Tod auf ALMOGAREN XLIII/2012MM87 solch einem Schiff ins Land der Seligen führen wird. Es scheint von da her nicht weit hergeholt, dass das Schiff als reales Fortbewegungsmittel eine es-sentielle Bewertung und in Folge auch eine mythisch bedingte Überhöhung erfahren hat, was materiell zuletzt in Form der sardischen Bronzeboote mani-fest gemacht wurde. Ein Stück der Meisterklasse unter den sardischen Stierbooten liegt in einer Bronze aus dem 8. Jahrhundert vor, das einen schalenartigen Bootskörper mit verzierter Umrandung und eine grazile, fast waagrecht wegführende Stier-protome mit dicken Kugeln auf den Hörnern zeigt (Abb. 5)30. Noch mehr als andere Plastiken mit Tierprotomen entlockt diese Darstellung dem Betrachter das Gefühl, dass das Boot als lebendiges Wesen dargestellt ist; auf den ersten Blick wirkt es fast wie eine Schnecke, die sich in geduldiger Mühsamkeit mit ihrer Besatzung über die Wasser quält. Tierbesatzungen erscheinen auf den sardischen Bronzebooten öfters; auf einem Stück, das später besprochen wird, in sogar noch wesentlich mannigfaltigerer Weise als hier, doch ist diese Ab-folge in ihrer skurrilen Art eine absolut einzigartige Kreation: In der Boots-mitte sitzt ein Affe mit der Aufhängöse auf dem Rücken und gewandtem Kopf, der sich mit der linken Pfote sein Gesäß zu kratzen scheint. Zu beiden Seiten hocken auf der Bordkante zwei ithyphallische Affen mit spähender Handgeste gegeneinander gerichtet. Das eine Tier weist mit ausgestreckter Rechten auf sein Gegenüber, das andere aber schnappt mit seiner Hand einen Fuchs am Ohr; der Fuchs wiederum wird von einem Hund am Schwanz gebissen. Am hinteren Bootsrand befindet sich noch eine Ratte oder Maus mit einigem Ab-stand zum Späheraffen. Dass es sich bei dieser Darstellung nicht um ein Abbild eines realen Tier-transportes handelt, versteht sich von selbst. Immerhin ist auffällig, dass menschliche Besatzung grundsätzlich bei allen sardischen Bootsdarstellungen fehlt. Über die Bedeutung dieser Ikonografie kann man freilich nur mutma-ßen, denn hinsichtlich dieser Tierbesatzung gibt es außerhalb dieser sardi-schen Bronzen nirgendwo auch nur annähernd ähnliche Bootsdarstellungen, aufgrund derer Vergleichsmöglichkeiten bestünden. Dass dieser gekonnten und eigentümlichen Tierabfolge womöglich auch ein humoristischer Aspekt inne wohnt, widerspricht sich nicht mit der Tatsache einer symbolischen Inhaltstiefe des ikonografischen Rasters der Tierbesatzung an sich. Grund-sätzlich wäre denkbar, dass durch den Wegfall des Menschen als Besatzungs-mitglied eine mythische Überhöhung durch den Transfer ins Tierreich erreicht werden wollte. Vielleicht sollten die Affen, die auf Sardinien wohl nie autoch-thon heimisch waren, im Besonderen das Fremdländische markieren. Maka-ken konnten von den vorderasiatischen Einwanderern aus ihrer Heimat mit- 88MMALMOGAREN XLIII/2012 gebracht worden sein, möglicherweise stehen die Affen auch als Ersatz für die menschliche Besatzung, sind sie doch in ihrem spähenden Blick gewisser-maßen auch "navigierend" dargestellt. Womöglich stehen die anderen Tiere Pate für die unterschiedlichen Tierarten, vielleicht ist dieses Schiff also eine Art von "Weltarche" und damit auch ein Bild von der Welt, ein mythisches Weltbild en miniature? Bei diesen Erwägungen gelangt man wieder zum Mythos von der Insel der Seligen. In Brendans mythischer Seereise wird sie aufschlussreich geschil-dert: auf vier Pfeilern ruhend, mit einem heiligen Baum, auf dem Vögel sit-zen. In der Legende von Brendan verbirgt sich noch ein besonders archai-sches, mythisch-kosmografisches Motiv: nämlich jenes vom erd- bzw. insel-tragenden Tier, das in der Heiligenlegende der Fisch "Jasconius" ist. Das Mythenmotiv vom vornehmlich aquatisch gedachten Erdträger-Tier (Fisch, Schlange, Schildkröte), welches auch als in den unterirdischen Gewässern schwimmendes Schiff vorgestellt wurde, war in der Alten Welt äußerst weit verbreitet: grob gesagt von Indonesien, Indien, Vorderasien, Sibirien bis West-europa. Etwa die gleiche Verbreitung hatte die Idee vom unterirdischen Stier, der im Wasser oder auf einem Fisch stehend die Erde hält bzw. eine oder mehrere Säulen auf seinem Rücken trägt, auf denen die Erde ruht31. Dort, wo es Überschneidungen gegeben hat und beide Vorstellungskreise aufeinander getroffen sind (was des Öfteren der Fall ist), wurden die Gestalten "Stier" und "Fisch bzw. Schlange" kontaminiert, woraus etwa eine stiergehörnte Schlange werden konnte oder aber zwei Fische, die wie Ochsen ins Rindergeschirr ge-spannt die Erde tragen müssen (Johannes-Apokryph). Die Heiligenlegende verarbeitet dieses mythische Motiv im Klischee des Abenteuer und Prüfungen bestehen müssenden Brendan nur noch episoden-haft: Im Glauben Brendans, er habe die verheißene Insel schon gefunden, leg-te er sein Boot an Land und musste daraufhin erkennen, dass die vermeintli-che Insel der Seligen nur der Rücken eines riesigen Fisches war. Eine ursprüng-lichere Fassung ist wohl so anzunehmen, dass es eben dieses selige Eiland war, das von einem Fisch oder nach einer anderen Fassung womöglich auch von einem Stier getragen wurde. Wie vorne beschrieben stand, wonach die Insel von Pfeilern gestützt werde, so mögen das jene kosmischen Säulen sein, die das Tier laut Mythos auf seinem Rücken trägt und worauf die Erde bzw. die Insel ruht. Andererseits wurde nach früher Anschauung offensichtlich auch das Schiff Brendans vom Fisch getragen vorgestellt, wie eine Miniatur aus einem Kodex des frühen 15. Jahrhunderts zeigt32. Schiff wie Land sind die Inseln im Meer und stehen mit einem Tier in enger Assoziation: Es ist der Fisch oder auch der Stier, dessen Rücken die für Men- ALMOGAREN XLIII/2012MM89 schen bewohnbare Welt darstellt; in einem parallel realisierten Bild trägt die-ses Tier die Insel oder das Schiff. Die beiden "Inseln im Meer" – Land wie Schiff – zeichnen sich durch ein weiteres gemeinsames Charakteristikum aus: Auf der Insel befindet sich der Weltbaum mit den Vögeln und auf dem Schiff die vielleicht nur vordergründig als "Mast" zu sehende Vertikale, auf der der Vogel sitzt (weiter hinten werden noch Boote mit Tierprotomen vorgeführt, die anstelle des "Mastes" einen Baum oder eine stilisiert dargestellte Vertika-le in Standarten-Form zeigen). Zu vermuten ist, dass der Grund für diese Analogie in einer Art "Sympathie-Zauber" zu suchen ist, wonach jenes Was-serfahrzeug, das zur Insel führt und gleichzeitig selber eine Insel ist, der ely-sischen gleichen bzw. ein miniaturhaftes Abbild ihrer sein muss, damit es gleichsam von selbst dorthin finden kann. Wie in Abb. 4 zu sehen ist und es sich auch bei anderen bemasteten Boots-darstellungen in unterschiedlicher Prägnanz wiederholt, ist diese Vertikale bei den sardischen Bootsbronzen nicht als dienlicher Mast zur Befestigung einer Rah gestaltet. Er ist im Verhältnis zum Bootskörper zu gedrungen und weist auch keinerlei Art der Anbringung für eine Segelquerstange auf (auch keine Spuren einer ehemaligen Befestigung). Der überall erscheinende Knauf auf der Spitze der Vertikalen kann seiner Gestaltung nach kein Aussichtskorb sein; er erscheint in Abb. 4 auch auf den vier die Reling durchbrechenden Pfählen. Sollen jene vier Pfeiler auf dem Boots- bzw. Stierrücken vielleicht die vier Säulen der Terra Repromissionis versinnbildlichen, und der zentrale "Mast" mit dem Vogel gleich bedeutend sein mit dem von Vögeln bewohnten Welt-baum auf der elysischen Insel? Eine kleine, nur knapp über 8 cm hohe sardische Bronze könnte die Vermu-tung, dass es sich bei dem Pfeiler auf dem Stierboot nicht um einen profanen Mast handelt, weiter unterstützen. Das in dieser Form singuläre Stück zeigt eine männliche Figur in Kombination mit einem Stier: Der Mann umfasst mit seiner rechten Hand eine Art Zepter, das als Aufsatz einen Nuraghen-Turm trägt und dabei vom Kopf des Stieres hochragt (Abb. 6)33. Kleine Nuraghen- Modelle kennt die sardische Kunst öfters; aus Stein geformt oder aber in Bron-ze gegossen, wie eine Skizze in Abb. 7 34 zeigt. Es handelt sich hier um einen Mehrpass-Nuraghen mit vier seitlichen, kleineren Türmen und einem zentra-len, hohen. Allen diesen Türmen, inklusive jenem in Abb. 6, ist der doppel-konische Knaufabschluss eigen – sehr ähnlich jenen Knäufen auf dem Stier-boot in Abb. 4. Genau genommen sind es auch hier vier umgebende, kleinere Pfeiler bzw. Türme, aus deren Mitte sich der höchste erhebt: eine Reminiszenz an einen Vierpass-Nuraghen, der sich in Abb. 4 auf dem Stierboot-Rücken befindet? 90MMALMOGAREN XLIII/2012 Die Stiere bzw. Stierboote – und beides ist mit Empathie für gleich zu hal-ten – tragen Vertikale auf ihrem Rücken oder Kopf, deren Vorbild nach sardi-schem Muster vielleicht in den Nuraghen-Türmen zu sehen ist. Es ist früher schon davon gesprochen worden, dass nicht wenige der sardischen Bronzen offensichtliche und unverkennbare Motiv- und Stilparallelen zur Kunst des Urartu-Reiches aufweisen, das um ca. 860 v. Chr. gegründet wurde und sich in seiner Ausdehnung rings um den Van-See in Ostanatolien (armenisches Hoch-land) gruppierte. Hinsichtlich der Stierboote bzw. des Stieres in Abb. 6 mit ihrer Vertikalen auf dem "Rücken" bzw. Kopf kann ein Relief aus der urartäischen Stadt Adilcevac aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. zu Vergleichs-zwecken herangezogen werden (Abb. 8)35: Eine göttliche Gestalt im Sternen-mantel und mit einem astralen Symbol auf dem Kopf steht auf einem Stier, der auf seinem Haupt eine zepterartige Vertikale trägt, die im oberen Bereich eine Dreiteilung aufweist (ob es sich dabei um Federn, Blätter oder Lanzen-spitzen handelt, sei hier dahingestellt). Die Darstellung beinhaltet vermutlich einen hohen mythologischen Wert: Die Gabel- oder Dreispross-Form ist sehr typisch für die Weltsäule, und der Gott ist mit seinem gestirnbesetzten Ge-wand wahrscheinlich schon für sich eine anthropomorphe Erscheinung der Axis mundi. Eine Variante dieses Mythenbildes mag auch in Form eines Fels-bildes aus dem benachbarten Tiri in-Plateau vorliegen (Abb. 9)36: Ein Stier mit auffällig rechteckigem bzw. quadratischem Körper trägt eine baumartige Vertikale auf seinem Rücken. Denkbar ist auch, dass es sich bei dem "Baum" um eine stark stilisierte anthropomorphe Gestalt handelt, die ithyphallisch, mit nach oben gestreckten Armen und gehörnt dargestellt ist (vergleichbare Petroglyphen aus dem gleichen Felsbildbezirk zeigen solche Figuren nämlich deutlicher anthropomorph realisiert). Vielleicht wollte der Schöpfer des Bil-des sogar bewusst ein Spiel mit der Wandlung zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen der Weltsäule herbeiführen, die neben ihrer bautümli-chen Form als Pfahl oder Turm sowohl wachstümlich als Baum wie auch in menschlicher Gestalt auftreten kann. Der geometrisch dargestellte Körper des Stieres hebt sich auffällig vom ansonsten eher naturnah gezeichneten Kopf mit der geschwungenen Rückenlinie ab, womit der Felsbild-Künstler sicher etwas zum Ausdruck bringen wollte. Es ist bekannt, dass Rechteck oder Qua-drat sehr weit verbreitete Piktogramme mit der Bedeutung "Erde oder Welt" sind. Gibt das Bild vielleicht einen Stier wieder, dessen Körper die Erde sym-bolisiert, von der die Weltsäule in den Himmel reicht? Nimmt man die sardischen Stierboote bewusst als lebendige Wesen – also als Stiere – und fügt man dazu den real dargestellten Stier in Abb. 6 mit sei-nem knaufbesetzten Pfeiler bzw. Turm auf seinem Kopf, so sind motivische ALMOGAREN XLIII/2012MM91 Übereinstimmungen mit den Bildern aus dem vorgeschichtlichen Armenien zu erkennen. Das, was ausgesprochene Binnenländer nur terrestrisch bewer-ten konnten, den Körper eines Tieres als Erde bzw. Welt, war von Seefahrern leicht in ihre "kleine Welt" zu übersetzen, deren feste Planken sie über die wogende und unsichere See führte: den Schiffs- oder Bootskörper. Das fixier-te, mythisch-kosmografische Kürzel: "Tierkörper (=Welt/Erde) + Pfahl oder Baum (=Weltsäule, die sich von der Erde in den Himmel erhebt)", konnte so-mit auf die "Weltarchen-Boote" angewandt werden. Und wenn dies, so ver-mutlich auch das andere, wonach die Inseln im Westmeer, die es zu suchen und zu finden galt, im Denken dieser Menschen nach eben diesem mythi-schen Weltmuster geformt waren. Auch die sagenumwobene und mit dem Elysium gleich gestellte Insel Atlantis wurde von Platon mit einer inselmittigen Säule als das größte Heiligtum geschildert. Und bemerkenswert ist immerhin, dass nach Platons Beschreibung auch diese Säule einen "Knauf" trägt37. Das Hirschboot aus Vetulonia Boote mit Hirschprotomen sind meines Wissens einzigartig und als beson-dere, originär sardische Schöpfung zu verstehen (Abb. 10 a). Nicht minder ist man sich darüber einig, dass das Hirsch-Motiv, welches in der sardischen Bronzeplastik auch noch in Form von Doppel- oder Dreifach-Protomen als Stan-darten- oder Zepteraufsätze erscheint, unter orientalischem Einfluss steht38. In frühetruskischen Gräbern aus dem späten 9. bis 8. Jahrhundert in Vetulonia, Trestina und Vulci wurden eine Reihe von sardischen bronzetti gefunden, darunter einige Stierboote und Hirschprotomen. In der "Tomba del Duce" in Vetulonia konnte man das vielleicht bedeutendste und am reichsten ausgestat-tete aller Boote sardischer Produktion finden (Abb. 10 b) 39. In den Worten von Michel Gras: "Besonders beeindrucken der Reichtum der Verzierung und die Überfülle von Tieren, die auf dem Rand des Schiffes dargestellt sind und es zu einer wahren 'Arche Noah' machen, wie man gesagt hat: Es gibt dort Hunde, Schweine, Rinder, einen Fuchs, ein Mufflon, einen Igel und einige andere Tiere, die schwer zu bestimmen sind (Nagetiere, Vögel), und nicht zu vergessen den Hirsch, dessen Protome mit Tauen am Bug des Schiffes befestigt ist. Das Joch, das die beiden Rinder miteinander verbindet, bildet zugleich die 'Bootsbrücke' mit einem Ring in der Mitte, der ein Aufhängen des Objektes ermöglichte. Von Interesse, wenn auch rätselhaft, ist der Pfahl auf dem Schiffsbug" 40. Dieses Boot mit mehr als einem Dutzend tierischer Bewohner weist keinen zentralen "Mast" auf, der sich meiner Ansicht nach aber gerade in Form des "rätselhaften" Pfahls wiederfindet, der am Bug des Schiffes, sprich: auf dem Nacken des Hirsches, in die Höhe ragt. Die feine Struktur dieses Pfeilers – in 92MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 10 nicht genau zu erkennen – weist nämlich wiederum die Grundstruktur des vierpassigen Nuraghen-Turmes auf: Der Pfahl besteht aus vier halbsäulen-artigen Gebilden, an deren Spitze wieder jeweils ein Vogel sitzt, und bekrönt werden sie von dem bekannten doppelkonischen Knauf, der sich ansonsten an der Spitze des Mastes bzw. an der Spitze des zentralen, höchsten Nuraghen- Turmes befindet (vgl. dazu Abb. 7). Dies kann als weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass die als profane Masten interpretierten Vertikalen auf den anderen Booten eben das in Wahr-heit gar nicht sind, sondern sich dieser Pfahl – orientiert nach dem Nuraghen- Vorbild – vom "Rücken des Horntieres" auf dem zentralen Bootskörper auch auf den "Nacken des Boviden" zum Bug des Schiffes hin verschieben konnte, was zuletzt ganz dem mythischen Vorbild vom Stier bzw. Hirsch entspricht, der nach schriftlichen wie bildlichen Überlieferungen seine Weltsäule auf dem Rücken ebenso gut trägt wie auf seinem Nacken oder Kopf (man vergleiche dazu auch noch die feinen ikonografischen Differenzen bei den sardischen Stierbronzen, auf denen der Vogel als "Weltsäulen-Anzeiger" sowohl auf dem Rücken oder Widerrist als auch auf dem Kopf des Stieres erscheint). Vermutlich ist auch dieses elaborierte Hirschboot – eine Grabbeigabe (!) – als eine Art von "Weltenarche" mit kosmologischer Symboltiefe zu verstehen. Motiv-Vergleiche und Kulturgeschichte: Der dreitausendjährige Weg des Stierbootes vom Nil übers Rote Meer zu den Strömen Mesopotamiens und aus der Levante zum westlichen Mittelmeer in den Atlantik Die Archäologie konnte auf Sardinien keine prähistorischen Schiffsreste sicherstellen (ein bedauernswerter Umstand, der jedoch in den seltensten Fäl-len bei Schifffahrt treibenden Völkern der Vorgeschichte gelingt), auch liegen auf der Insel keine anderen bildlichen Dokumente etwa in Form von Felsbil-dern vor, die einen Eindruck vom Aussehen der seinerzeitigen, realen Han-dels- und Kriegsschiffe der Sarden vermitteln könnten. Wohl aber kennt man einige, vielleicht bronzezeitliche Felsritzungen aus Südspanien vom Abri Laja Alta bei Jimena de la Frontera im Osten der Provinz Cadiz, die Schiffe bzw. Boote mit ein oder zwei hochgezogenen Steven darstellen, die vermutlich eine oder zwei Tierprotomen tragen bzw. mit einer Hörnerzier ausgestattet sind (Abb. 11)41. Selbst auf den Kanarischen Inseln könnten prähistorische Felszeichnungen Boote wiedergeben, deren hochgezogene Steven mit einem Hörnerschmuck bzw. einem Tierkopf versehen sind: Auf Gran Canaria im Barranco de Balos findet sich ein Felsbild, das vielleicht ein Schiff mit gehörntem Steven zeigt; der zweite scheint sich einem Herzblatt ähnlich zu formen (oder sollte es ein ALMOGAREN XLIII/2012MM93 Tierkopf sein?). In der Mitte des Bootskörpers dürfte sich eine Art Kajüte befinden (Abb. 12). Dazu schreibt Dominik Josef Wölfel im Jahr 1955: "[...] habe ich schon vor zwölf Jahren einen frühen und häufigen Schiffsverkehr mit der Insel vorausgesetzt, und so selbstverständlich diese Folgerung ist, müssen doch nun auch die schärfsten Zweifler verstummen, wenn ich ihnen einen Schiffstypus, graviert auf einer Felswand Gran Canarias, vorführen kann, der unzweifelhaft mit den Schiffstypen auf skandinavischen Felswänden, mit sol-chen in der nubischen und arabischen Wüste und auf prädynastischer Keramik Ägyptens zusammengehört [...]" 42. Antonio Beltrán Martínez hat jedoch die Meinung vertreten, dass es sich bei diesem Felsbild um keine Schiffsdar-stellung sondern um ein neuzeitliches Monogramm handelt43. Die Deutung Beltráns ist möglich, wenngleich ich sie für nicht zwingender als Wölfels hal-te. Wie auch immer, Hans-Joachim Ulbrich hat eine Felsritzung aus dem Valle de Fuente Salada in Lanzarote vorgestellt, das eindeutig ein Schiff darstellt. Auffällig dabei ist die klar herzförmige Bugstevenzier, die im Ganzen an ei-nen stilisiert geformten, theriomorphen Kopf mit Ohren oder Hörnern erin-nert. Die Kritzeleien im Bootskörper sind schwer auszumachen; mögli-cherweise kann man dabei einen zentralen, relativ hoch gestalteten, kajüten-artigen Aufsatz erkennen (Abb. 13)44. Ulbrich datiert das Felsbild als "sehr wahr-scheinlich vorspanisch", worunter er sehr vorsichtig sämtliche Zeitepochen vor 1290 unserer Zeitrechnung versteht. Die Darstellung erinnert ihn an "ähnlich gebaute Schiffe der Bronze- und Eisenzeit", wozu vielleicht noch eine Fels-zeichnung aus El Julán von der Insel El Hierro passen kann, die ein Boot mit hoch gezogenen Steven und vielleicht überdachtem Verdeck in Kajütenform zeigt (die Datierung reicht von spätneolithisch bis bronze- oder eisenzeitlich)45. Höchstwahrscheinlich hat das Aussehen solch realer Schiffe als Vorbild für die Gestaltung der sardischen Bronzeboote gedient; vor allem hinsichtlich der typischen theriomorph-bovinen Bugprotomen bzw. Tierkopfsteven. Dass die-se Bugzier orientalische Vorbilder hat, ist in weiten Kreisen der heutigen Wissenschaft unbestritten; J.W. Meyer schreibt dazu etwa: "Die Sitte, Bug und Heck mit Tierprotomen – besonders mit Vögeln – zu schmücken, beruht auf einer ägäischen Tradition der Spätbronzezeit, in der auch die 'Seevölker' ste-hen. Noch im 1. Jts. v. Chr. ist dieser Brauch weit verbreitet und ähnliche Schif-fe sind von zahlreichen phönizischen Darstellungen bekannt" 46. Diese teils wie Schwimmenten aussehenden Kriegsschiffe der Seevölker sind etwa auf einem Relief des Grabtempels von König Ramses III. in Medinet Habu (bei Theben) zu sehen (vgl. Anm. 15). Dass für den menschlichen Eindruck ein so typisch "aquatisches Tier" wie die Ente oder auch der Fisch leicht zu einem Schiffswesen werden konnte, ist 94MMALMOGAREN XLIII/2012 dabei nicht weiter verwunderlich. Auf einer etruskischen Pyxis aus Caere (7. Jahrhundert v. Chr.) stehen sich etwa ein Boot, dessen Körper als Fisch mit offenem Maul gestaltet ist, und ein bemastetes Entenboot gegenüber; wie es scheint zum Kampf bereit: denn beide sind mit Ruderern und Kriegern be-mannt47. Denkbar wäre immerhin, dass die Entenkopfsteven dieser Schiffe einen Anreiz für die Sarden gegeben haben, auch ihre Bronzeboote teilweise mit Entenvögel auf der Reling zu besetzen (vgl. Abb. 3); wenngleich: Entenprotomen finden sich in Sardinien nirgends. Die Phönizier kannten aber nicht nur Schiffe mit Vogelkopfsteven (sprich: Entenprotomen), sondern sie zierten ihre Steven auch mit Pferdeköpfen, wie aus Abb. 14 48 hervorgeht. Dieses Detail aus einem Flachrelief im Palast des assyrischen Königs Sargon II. in Dur Šarrukin (heutiges Chorsabad) aus dem ersten Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr. zeigt phönizische Schiffe beim Lasten-transport von Zedernstämmen. Etwa aus der Mitte des 9. Jahrhunderts v. Chr. zeigen Bronzebeschläge auf den Palasttoren von Imgur-Enlil (heute Balawat) des assyrischen Königs Šulmanu-ašared III. wieder phönizische Schiffe, de-ren Bug- wie Hecksteven als Tierprotomen gebildet sind (Abb. 15)49. Ob es sich dabei um Pferde- oder nicht vielmehr um Kalbsköpfe handelt, sei hier unentschieden gelassen. Auffällig ist jedoch, dass die Abbildungen der phöni-zischen Schiffe im genauen Gegensatz zu den sardischen Bronzebooten keine Protomen von gehörnten Tieren zeigen. Die mehrfach zitierten Analogien zwischen diesen phönizischen Schiffsdarstellungen und den sardischen Bronzebooten 50 werden allein auf der Basis argumentiert, dass hier wie dort Tierprotomen bzw. Tierkopfsteven an den Wasserfahrzeugen erscheinen. Freilich kann aufgrund der wenigen vorgeschichtlichen Abbildungen phönizi-scher Schiffe nicht ausgeschlossen werden, dass sich realiter einst darunter auch solche befanden, die Stier- oder vielleicht sogar Hirschköpfe an ihrem Bug trugen; allein, überliefert sind sie nicht. Weiter vorne wurde bereits erwähnt, dass für die sardischen Bronze-Statu-etten oft das Attribut "sardo-phönizisch" mit jenem Anspruch gebraucht wird, dass der Beginn der bronzetti-Produktion mit der Ankunft der Phönizier gleichgesetzt wird und dass man – gleichsam folgerichtig notgedrungen – in den sardischen Bronzen demgemäß phönizisch-zyprische Stilelemente wie-dererkennen will. Dies gilt deshalb umso mehr noch für die Schiffsbronzen, als man gerade darin die Wasserfahrzeuge jener phönizischen Händler sehen möchte, die die Technik des Bronzegusses nach Sardinien brachten. Aber wie gleichfalls schon erwähnt, finden sich in den unterschiedlichen Stilgruppen der sardischen Bronzen neben ihrem autochthonen Charakter eine Menge verschiedener Stil- und Motivelemente, die aus unterschiedlichen Kultur- ALMOGAREN XLIII/2012MM95 schichten Vorderasiens bzw. des Fruchtbaren Halbmondes stammen. Dieses Faktum gilt auch für die in Diskussion stehenden Schiffsbronzen. Damit will zum einen also gesagt werden, dass es nicht unbedingt nur die Schiffe der Phönizier sein mussten, die in ihrer Form das Vorbild für die sardischen Schiffsbronzen abgaben. Einwanderer, die schon Jahrhunderte oder gar Jahr-tausende früher aus sehr unterschiedlichen Beweggründen zu Schiff nach Sardinien kamen, sei es aufgrund politischer Wirren in ihren Heimatländern, auf der Suche nach Rohstoffen oder als Abenteurer und Desperados auf der Suche nach den Inseln des Heils, haben sicher teils tiefe Eindrücke bei den alten Sarden hinterlassen, die sich in der geistigen wie materiellen Kultur der Inselbewohner niedergeschlagen und ihre Spuren hinterlassen haben. Sie konnten mit Stierbooten angekommen sein, die die Sarden vielleicht schon lange vor Ankunft der Phönizier nachbildeten – real wie auch in Form von Miniaturbooten, die freilich mangels der Metallbearbeitungskunst noch nicht in Bronze gegossen sondern vielleicht in einem anderen Baustoff verfertigt wurden, der die Jahrtausende nicht überdauert hat. Zum anderen muss aber auch in Rechnung gestellt werden, dass die Phöni-zier als begabte Händler im weiten Umfeld Vorderasiens viel Kulturgut von ihren Nachbarländern aufgenommen und so weiter transportiert haben – nicht zuletzt auch nach Sardinien. Wie Ferruccio Barreca meint: "Ich glaube, daß der phönizische Beitrag zum Entstehen der sardischen Figuralplastik letztlich aber doch viel wichtiger war, als man aufgrund der bisherigen Beobachtungen annehmen möchte. Denn die Ähnlichkeiten zu Bronzen aus Urartu (9.–8. Jh. v. Chr.) und Luristan (8.–7. Jh. v. Chr.) – sie wurden völlig zu Recht von Lilliu nachgewiesen und aufgezeigt – finden meiner Meinung nach nur eine einleuch-tende Erklärung: im Handel zwischen den phönizischen Städten und den ge-nannten Gebieten [...] So entstand eine Verbindung der phönizischen Städte mit jenen der Ebenen Mesopotamiens, die durch die Zagros-Täler ihrerseits wiederum mit Luristan unterhielten [...] Die Phönizier brachten nach Sardini-en [...] nicht nur ihre eigene Kunst, sondern auch die der Völker, mit denen sie direkt oder indirekt Handel betrieben [...]" 51. Wenn einerseits die typischen Protomen von gehörnten Tieren auf den Schiffsdarstellungen der Phönizier nicht erscheinen, andererseits direkte oder indirekte Einflussnahmen älterer vorderasiatischer Kulturhorizonte für diese so typische Gestaltungsform der sardischen Bronzeboote vermutet werden, so müssten für eine solche Indizienführung typologisch ähnliche Schiffs-darstellungen aus dem Orient aufzuspüren sein, die womöglich zeitlich über das 1. Jahrtausend v. Chr. hinwegreichen, sprich: noch älter sind als die phöni-zischen Schiffsdarstellungen. Ein erster Blick mag auf die frühe Kykladen- 96MMALMOGAREN XLIII/2012 kultur gerichtet werden, von welcher man aufgrund der stilistisch ähnlichen, weiblichen Idol-Figuren schon früh auf Sardinien gerichtete Kultureinflüsse wahrnehmen kann. Tatsächlich gibt es einige Keramikritzungen (datiert in die erste Hälfte bis Mitte des 3. Jahrtausends: Keros-Syros-Kultur), die see-tüchtige Ruderboote stilisiert wiedergeben. Auf dem Hecksteven findet sich stets ein Fisch als Zier 52 – Entsprechungen solcher Art gibt es bei den sardi-schen Bronzebooten allerdings nicht. Anders ist die Lage in Mesopotamien: Späte Siegelbilder aus assyrischer Zeit (1. Jahrtausend v. Chr.) zeigen eine Art "Schlangenboot", dessen Kopf bzw. Steven Stierhörner trägt (Abb. 16)53. Die Szene auf dem Siegelbild erzählt wahr-scheinlich den Kampf des Gottes Marduk gegen das Seeungeheuer Tiāmat, wie er im Enuma eliš erzählt wird. Das babylonische Weltschöpfungsgedicht schildert die Tiāmat als Personifikation des Meeres, und nach ihrem Tod baut Marduk die Welt aus ihren Teilen; ein Oben und Unten, Himmel und Erde, indem er sie wie ein "Schalentier" teilt. Die Tiāmat wird im Enuma eliš also nicht als Boot geschildert und schon gar nicht mit Stierhörnern versehen – diese spezifischen Gestaltungsformen beruhen offensichtlich auf älteren Tra-ditionen, die innerhalb der semitischen Völker des Zweistromlandes schon län-ger tradiert wurden. Tatsächlich finden sich seit Beginn der Akkad-Zeit und über die weiteren Jahrhunderte hinweg eine Reihe von Siegelzylindern, die Boote mit Protomen von gehörnten Tieren bzw. mythischen Wesen in anthro-pomorpher Gestalt mit Hörnerkrone zeigen. Das vielleicht früheste Siegel die-ser Art stammt aus der Ur-I-Zeit (25. Jahrhundert v. Chr.) und zeigt ein sichel-förmiges Boot, dessen Bugsteven in den Körper eines gehörnten Wesens aus-läuft, das menschliche Hände hat. Auch der Hecksteven endet im Kopf eines nicht näher zu bestimmenden Tieres (vielleicht handelt es sich um einen Dra-chenkopf). Im Boot selbst befindet sich wieder eine gehörnte Gottheit, wahr-scheinlich handelt es sich dabei um den akkadischen Gott Šamaš (Abb. 17)54. Nachfolgende Siegel der Akkader zeigen immer wieder das "Gottesschiff" mit hochgezogenem Vordersteven, der in einen menschlichen Oberkörper ausläuft, der mit seiner Hörnerkrone als heiliges Wesen charakterisiert ist (Abb. 18 a). Interessant ist, dass der vielfach zu beobachtende Mittelspitz der Hörner-krone ein besonderes, göttliches Attribut darstellt55 – das spezifische Motiv der Dreihörnigkeit ist auch schon in Form eines maskenartigen Zepterauf-satzes in Sardinien aufgefallen! Auf manchen Siegeln der späteren Akkad- Zeit erscheint die Eigentümlichkeit, dass das eine Bein des gehörnten Boots-gottes in den Leib des Schiffes übergeht, während das andere frei nach vorne hervortritt, womit der Aspekt der Lebendigkeit des Schiffes noch besonders hervorgehoben wird (Abb. 18 b)56. ALMOGAREN XLIII/2012MM97 Die Akkader waren ein semitisch sprechendes Volk, das zu Beginn des 3. Jahrtausends von Syrien ins Land der Sumerer einwanderte, wo es bald eine bedeutende Rolle zu spielen begann. Viele akkadische Lehnwörter sind im Sumerischen zu finden und Akkadisch wurde als älteste fassbare semitische Sprache schon bald in Mesopotamien gesprochen. Ab dem 27. Jahrhundert v. Chr. gab es Könige mit semitischen Namen in der Stadt Kiš. Wo genau die Genese des Semitohamitischen als Vorläufer der semitischen Sprach- und Völkerfamilie stattgefunden hat, ist zwar umstritten, doch argumentieren sprachwissenschaftliche Indizien für eine Entstehung im Sahara-Raum der humiden Phase im 5./4. Jahrtausend 57. Semitohamitische Stämme sind wahr-scheinlich aus dem Westen ins Niltal gewandert, wo sie sich mit den dort an-sässigen neolithischen Bauern der Badāri-Kultur vermischt haben, wodurch – vereinfacht gesagt – die oberägyptischen Naqāda-Kulturen entstanden sind (Naqāda I: ca. 4.500–3.500 v. Chr.; Naqāda II: ca. 3.500–3.100 v. Chr.), die zuletzt in die dynastische Epoche Ägyptens geleitet haben. Diese ins Niltal strömenden Semitohamiten drangen zum Teil über die Sinai-Halbinsel bzw. über das Rote Meer aber auch nach Vorderasien ein, wo sich die semitische Sprachfamilie gebildet hat und im Weiteren in Form des Akkadischen seit der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends auch fassbar wird. Gerade aber in jenen Gebieten der heutigen oberägyptischen und nubischen Wüste zwischen Nil und Rotem Meer – einst natürlich fruchtbares Weideland mit Wasserläufen und Seen – befinden sich eine beachtliche Zahl an Felsbild-stationen, die Boote mit Protomen gehörnter Tiere in den unterschiedlichsten Variationen zeigen und zumeist wohl in die Naqāda-Kulturhorizonte zu da-tieren sind. Zu diesen Felsbildern fügen sich überdies parallele Schiffs- und Bootsdarstellungen in Form von Keramikbemalungen und Töpfermarken aus Naqāda II bis in frühdynastische Zeit. Die Formen der Felsbilder aus Bir Kanais reichen von relativ stilisierten Booten mit gehörnten Tierkopfsteven bis hin zu Schiffen mit teils phantas-tisch langen Hörnern, die in der Mitte eine Art Kajütenaufbau haben: Abbn. 19 a 58 (vgl. dazu die kanarische Bootsdarstellung in Abb. 12 sowie Wölfels Zitat dazu). Manches Mal ist eine mit erhobenen Armen adorierende mensch-liche Gestalt im Bootskörper dargestellt und einmal ein Stiertorso. Überhaupt fällt auf, dass die Schiffe gern im "bovinen Milieu" abgebildet sind. Ein be-sonderes Charakteristikum, das bei den sardischen Bronzen in Zusammen-hang mit den Stierhörnern immer wieder auffällig erscheint: die in Kugeln endenden Hörner, fällt auch bei den ostägyptischen Felsbildern ins Auge, wie die letzte Darstellung aus Bir Kanais in Abb. 19 a bzw. das im Anschluss vor-geführtes Bild vom Fundort Toshka in Abb. 19 b zeigt. 98MMALMOGAREN XLIII/2012 Manches Mal sind riesige Menschengestalten mit Phallus und langen, an-tennenartigen Hörnern oder Federn auf dem Kopf im Bootskörper stehend abgebildet (Fundort Wadi Abu Wasil)59 und in anderen Felsbildstationen er-scheinen wieder die typischen Kajütenaufbauten, teils mit den adorierenden Menschen und/oder standartenförmigen Aufsätzen, die mitunter einen realen Mast vorgaukeln wollen, bei näherer Betrachtung aber deutlich als kultische Accessoires erkennbar sind, die teilweise wiederum halb anthropomorph in Anlehnung an jene menschlichen Wesen dargestellt werden, die ihre Arme kreisförmig über den Kopf in die Höhe strecken (Abbn. 19 b: Fundorte: Toshka, Wadi Hammamat, Gerf Husrin)60. Ähnliche Felsbildbeispiele von den gehörnten Tierbooten aus der ober-ägyptischen Wüste könnten hier noch mehrfach vorgeführt werden – den Abschluss sollen aber zwei in ihrer Art einzigartige Felszeichnungen bilden, deren Bildhaftigkeit mehr aussagt als lange Beschreibungen dies könnten (Abbn. 19 c)61. Es kann klarer und eindeutiger nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass hier das lebendige und reale Rind als Boot vorgestellt wurde und dies wahrscheinlich auch als Vorbild für alle weiteren Bootsdarstellungen mit Rinderprotomen oder gehörnten Steven gebildet hat. Beide Bilder sind in Wadi Hodein Magoll entdeckt worden; im einen bildet die Rückenlinie des Tieres den Bootskörper und die Punktierung des Rinderkörpers mag andeu-ten, dass das Tier unter Wasser ist, also gleichsam das Schiff trägt; im ande-ren wird der Körper des Stieres zum Segel des Schiffes. Ob die Stierboote eine Erfindung der Naqāda-Leute waren oder ob sie in einen noch tieferen neolithischen Kulturhorizont Oberägyptens reichen, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden (für zweiteres könnte sprechen, dass die beiden zuletzt vorgeführten Felsbilder aus Wadi Hodein Magoll womöglich älter sind als die vorangegangenen). Jedenfalls dürfte schon seit dem 5. Jahr-tausend mit solchen Booten der Nil befahren und damit später auch das Rote Meer überquert worden sein, womit die Tradition der mythischen Stierschiffe auch nach Mesopotamien gebracht wurde, von wo sie sich weiter in der Le-vante verbreiten konnte. In der dynastischen Zeit Ägyptens verschwinden die Schiffe mit Tierpro-tomen weitgehend. In manchen Kultboot-Darstellungen bleibt jedoch die alte Symbolik erhalten: der typische, bootsmittige Kajütenaufsatz, in dem eine Gottheit (Amun-Re), der tote Osiris (vgl."Seelenboot") oder der Horus-Falke abgebildet sind; die Steven sind teilweise noch mit Widderköpfen, dem heili-gen Tier Amuns, geziert, wie in Form einer Wandmalerei im Tempel von Karnak. Stierköpfe oder Rinderprotomen als Stevenzier sind während der langen Zeit des ägyptischen Reiches in Schiffsdarstellungen meines Wissens ALMOGAREN XLIII/2012MM99 nicht überliefert. Trotzdem ist damit zu rechnen, dass diese Tradition nicht vergessen wurde, erscheint der Stierkopf am Bugsteven doch auf einer Dar-stellung eines Bootsschlittens auf dem Tempel von Edfu, der zwar aus später, ptolemäischer Epoche stammt, jedoch alte Traditionen aufrecht erhalten hat (Abb. 20)62. Es ist das Boot des ägyptischen Totengottes Sokar, das anlässlich eines Totenfestest um den Tempel gezogen wurde. Zur Mitte sitzt der Falke mit der Sonnenscheibe auf dem Kopf und ihm zugewandt ist ein Antilopen-kopf als Bugprotome (dazu vergleicht sich vielleicht die antilopenartige Schiffsprotome auf dem sardischen Bronzeboot). Dahinter aber, eher klein gehalten und versteckt, ist auch ein Stierschädel als Stevenzier dargestellt, der in Fahrtrichtung positioniert ist. Im ägyptischen Kontext ist aber vor allem noch an den heiligen Stier Apis aus Memphis zu denken. Er steht mit dem Wasser in besonderer Verbindung und wird nach der Überlieferung mit dem Nil und dem Fruchtbarkeit bringen-den Nass fast gleichgesetzt. In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass er im Rahmen seiner Inthronisation zu Schiff zum Niltempel und anschließend zu seiner kultischen Einsetzung nach Memphis transportiert wurde63. Eine sol-che Schifffahrt, die Stier und Boot in innigem Verband erscheinen lässt, ist wieder auf dem Tempel von Edfu abgebildet (Abb. 21)64. Der Apis-Stier trägt als Zeichen seiner Heiligkeit nach ägyptischer Traditi-on besondere Kennzeichen: allem voran das typische, weiße Stirndreieck. Apis wurde auch gerne in der Farben-Trias Schwarz-Weiß-Rot abgebildet (Schwarz als Grundfarbe für den Körper, Weiß das Dreieck auf der Stirn, Rot die Au-genringe, teils Geschlechtsteile, teils trägt er eine rote Decke). Dieser "Apis- Bootsstier" bzw. ein "Apis-Stierboot" erschien zumindest bis ins 20. Jahrhun-dert noch lebendig bei den Bewohnern des Bijagos-Archipels (eine westlich von Guinea-Bissau vorgelagerte Inselgruppe im Atlantik): Die königlichen Kriegsboote – hochseetüchtige Einbäume mit bis zu 20 Ruderern – besitzen als Bugzier einen Stierkopf, der mit seinem weißen Stirndreieck im typischen Apis-Stil gestaltet ist (Abb. 22)65. Das ganze Boot, das den heiligen Wasser-stier symbolisieren soll – wie es heißt: der Stierkopf sei mit einem Wasser-zauber versehen –, ist weiters in den charakteristischen Farben Schwarz, Weiß und Rot bemalt. Es scheint sich hier um eine klare ägyptische Ausstrahlung in den insular-westafrikanischen Bereich zu handeln. Ein Rest dieser Vorstellungswelt, die sich um den Mythenkreis "Stier-Was-ser- Schiff" dreht, liegt auch im griechischen bzw. ursprünglich kretischen Mythos vom Zeus-Stier vor. Viel früher als sein lichter und himmlischer Bru-der Zeus war es Poseidon, der mit dem Stier in Verbindung stand. Seit jeher ist er ein Gott in den "Tiefen der Welt"; ursprünglich als "Erderschütterer" im 100MMALMOGAREN XLIII/2012 Inneren der Erde vorgestellt, übernahm er die Funktion des Meergottes. Be-kannt ist, dass Poseidons Tier das Pferd war: Der Gott schuf das erste Pferd, diese Tiere waren ihm heilig und vermutlich besaß er auch selbst Pferdegestalt. Die andere, ursprünglichere theriomorphe Erscheinungsweise Poseidons ist aber der Stier. Die Funktion Poseidons als Meerstier ist im Europe-Mythos einmal auf Zeus übergegangen. Er trägt die Göttin schiffsgleich über das Meer nach Kreta. Auf einem Ölgefäß aus Kyme in Kampanien ist Europe auf ihrem schwimmenden Stier dargestellt (Abb. 23)66. Ein archaisches Charakteristi-kum an diesem Bild ist der Baum, der sich mit seinen Ästen breit über die Schultern der Göttin und den Körper des Tieres ausweitet. Der göttliche Stier als Boot trägt mit Europe einen Baum auf seinem Rücken – vielleicht eine Reminiszenz an das mythische Thema vom Stierschiff mit dem Weltbaum oder Weltpfeiler, das sich anderswo in Form von Mastvertikalen, Standarten oder Nuraghen-Türmen manifestiert hat. Eine bildliche Vorläufer-Variante zum Schiffs- oder Wasserstier Zeus mit Baum und Göttin liegt vermutlich in einer Darstellung auf einem Goldring aus Mochlos in Ostkreta aus dem Ende der frühminoischen Kultur vor (ca. 2.000 v. Chr.). Es scheint sich hier zwar um ein Boot mit Pferdeprotome zu handeln, das jedoch ähnlich dem Zeus-Stier einen heiligen Baum und eine göttliche Gestalt vermutlich weiblichen Geschlechts trägt (Abb. 24 a)67. Noch andere Darstellungen auf Tonsiegeln der spät-früh-minoischen bis in die mittelminoische Zeit (ca. 2.000–1.500 v. Chr.) zeigen bemastete Schiffe mit einer Stevenzier, die wiederum an Hörner oder den Kopf eines gehörnten Tieres erinnern (Abb. 24 b)68. In dieser Tradition liegt vermutlich auch noch die berühmte "Münchner Augenschale" des griechischen Vasenmalers Exekias. Der schwarzfigurige Kylix aus der staatlichen Antikensammlung (ca. 530 v. Chr. aus Vulci) zeigt den liegenden Dionysos in seinem Schiff, das eine delphinartige Tierprotome zeigt (den Steven mit einem Fisch zu zieren, stammt wohl aus kykladischer Tradition). Entlang des Schiffsmastes wächst ein mächtiger Baum, dem dio-nysischen Lebensgefühl entsprechend handelt es sich hierbei freilich um ei-nen Weinstock, der seine Reben und Knospen über den Bootskörper ausbrei-tet. Hinsichtlich des kretisch-griechischen Mythos, der den Stier mit dem Meer in Verbindung bringt, hat Fritz Schachermeyr gemeint, dass diese ideelle Be-ziehung aus vermutlich urindogermanischer Auffassung von der mythischen Verbindung "Wasser/Fluss und Stier" sowie aus der mediterranen Vor-stellungswelt erklärt werden könne69 (vgl. etwa auch den Flussgott Achelóos, der von griechischen Künstlern oft in Stiergestalt bzw. halb anthropo-, halb tauromorph dargestellt wurde). ALMOGAREN XLIII/2012MM101 Aus dieser ostmediterranen Welt sind sowohl die mythische Idee vom Wasserstier als auch der formgemäße Schiffstyp in den Westmittelmeerraum und nach Sardinien gelangt, wo er ab dem frühen 1. Jahrtausend v. Chr. auch in Bronze gegossen wurde. Wann genau und durch welche vorderasiatischen Schifffahrer der Bootstyp ins Westmittelmeer gekommen ist, lässt sich wohl nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Es bleibt die Vermutung aufrecht, dass es erst die Phönizier waren; es ist aber auch nicht ausgeschlossen, wenn nicht sogar wahrscheinlicher, dass schon ostmediterrane Seefahrer früherer Zeiten mit ihren Stierbooten das Westmittelmeer und auch bereits den Atlantik kreuz-ten, wo ihre Boote plastische wie bildliche Ausdrucksformen in Felsritzungen erhalten haben. Ein Hinweis dafür kann sein, dass, wie vorne berichtet, bereits in den Feenhäusern der Ozieri-Zeit Bootsdarstellungen neben den Stierhörnern erscheinen; stilisiert dargestellte Schiffe mit auffällig hochgezogenen Steven, die teils so wirken, als seien sie gehörnt oder würden in einem Tierkopf aus-laufen, erscheinen darüber hinaus auch auf megalithischen Anlagen in Malta sowie in der Bretagne70. Mit Bezug darauf, dass solche Boote auch auf dem bretonischen Dolmen-Grab von Mané Lud entdeckt wurden, schreibt Hans Biedermann: "Da die Darstellung realer Schiffe in einem Grabbauwerk nicht recht erklärbar wäre und die Vorstellung eines Totenlandes jenseits des West-meeres, in dem die Sonne allabendlich zur Ruhe geht, weit verbreitet ist, han-delt es sich bei Ritzbildern dieser Art mit großer Wahrscheinlichkeit um die vereinfachte Wiedergabe von 'Totenschiffen' " 71. Biedermanns Worte fügen sich zu der Tatsache, dass auch auf Sardinien Boote in den hypogäischen Grab-anlagen (Feenhäusern) abgebildet sind. Ich möchte dazu jedoch erweiternd formulieren, dass – entsprechend dem bereits weiter vorn Erwähnten – die mediterranen Seefahrer auf ihrer Suche nach der Insel des Heils womöglich auch ihre realen Schiffe als "Jenseitsboote" ansehen konnten. Der Hinweis von Dominik Josef Wölfel, wonach diese Schiffstypen auch in Skandinavien in Form von Felsbildern vorliegen, kann an dieser Stelle nur mit Nachdruck bestätigt werden. Eine Reihe von Felsbildforschern haben dies auch erkannt und nordostafrikanische Felsbilder mit solchen der nordischen Bronze- bis Eisenzeit gegenüber gestellt72. Die Übereinstimmungen in ver-schiedenen motivischen Gestaltungen – in Form von Götterfiguren an Bord, hohen Standartenaufsätzen bzw. Baumdarstellungen im Bootskörper und nicht zuletzt in Form der hochgezogenen Steven mit (gehörntem) Tierkopf bzw. Hörnertierprotome – sind teils so beeindruckend, dass man an tiefe kulturge-schichtliche Zusammenhänge denken muss. In Abb. 2573 wird nur eines unter mehreren skandinavischen Beispielen vorgeführt. Dabei handelt es sich um zwei Felsritzungen aus dem südschwedischen Schonen, die in ihrer Art 102MMALMOGAREN XLIII/2012 vielleicht zu den ältesten zählen und möglicherweise schon in die erste Peri-ode der nordischen Bronzezeit zu datieren sind (ca. 1.500 v. Chr.). Herbert Kühn schreibt mit Bezug auf die Schiffsdarstellungen in der nordischen Bron-zezeit: "Das Schiff, so oft dargestellt, spricht deutlich von dem Handel. Der Handel ist sichtbar durch Fundstücke aus dem nahen Orient, wie etwa die Bronzefigur aus Schernen im ehemaligen Ostpreußen, im Memelgebiet. Sie gehört der Zeit um 1.500 v. Chr. an und ist gearbeitet im östlichen Kleinasien, ein hethitisches Stück. Es ist zwar nicht in Skandinavien gefunden worden, aber am Rande der Ostsee. Die Bronzefunde der Periode I der Bronzezeit, 1600 bis 1400 im mittleren und nördlichen Europa, sie sind alle Einfuhr. Erst mit der Periode II, 1400-1200, entsteht in diesem Raume eine eigene Bronzetechnik" 74. Sehr ähnliche Felsbilder, die nach Herbert Kühn eine ungebrochene Fortset-zung der skandinavischen bronzezeitlichen Kunst darstellen, finden sich in Nordwest-Russland: Abb. 2675 zeigt eine Bootsdarstellung vom Onega-See, die das Wasserfahrzeug als Tier (mit Ohren oder Hörnern?) bzw. mit tieri-schem Bugsteven zeigt. Dass die Mittelmeer-Seefahrer die Straße von Gibraltar durchquert haben und als Prospektoren und Metallhändler zumindest bis England vorstießen, ist bekannt. Åke Ström schreibt etwa, dass die frühbronzezeitliche Wessex- Kultur Südenglands (Beginn ca. 1.600 v. Chr.) Handelsbeziehungen in die ägäische Welt bis nach Ägypten hatte76. Wenn der Beginn der skandinavischen Bronzezeit im Sinne Herbert Kühns mit dem Schiff in Verbindung steht, das in Schweden und Norwegen möglicherweise im "levantinischen Stil" darge-stellt ist77, reimt sich darauf leicht der Gedanke, dass mediterrane Seefahrer ihre Bronze-Produkte bis Skandinavien handelten und mit ihren Schiffen samt dazugehörigen Glaubensvorstellungen auch eine nachahmenswerte Vorbild-funktion für die germanischen Völker hatten. Dazu ist noch auf ein spezifi-sches und auffallendes Motiv zu verweisen, das sich bei den sardischen Stierprotomen und Hörnerhelmen, teils aber auch schon bei den ost-ägyptischen Felsbildern gefunden hat und sich parallel als eine beliebte Zier just bei keltischen und germanischen Stierplastiken, Stierprotomen und Trink-hörnern wiederfindet: die mit Kugeln gekrönten Hörnerspitzen. Emmanuel Anati, der die Kontakte der bronzezeitlichen Skandinavier mit Südeuropa und der Levante bestätigt und sogar mykenischen Einfluss in manchen Felsgravierungen sieht, nimmt diese Kulturbeziehungen entlang der transkontinentalen Handelsrouten entstanden an. Anders als Herbert Kühn vermutet Emmanuel Anati Beziehungen über die Seeroute in den skandinavi-schen Raum bereits vor der Bronzezeit: "Äußere Einflüsse in den primitivsten Phasen der südskandinavischen Felsgravierungen, vor allem in Dänemark und ALMOGAREN XLIII/2012MM103 der Südküste Norwegens, sind an Zeichen und Zeichenkomplexen erkennbar, die der megalithischen atlantischen Kunst der Bretagne und Irlands ähneln [...] Wenn diese Analogie, wie es scheint, auf eine Beziehung schließen läßt, sind diese Bebilderungen in neolithischer Periode und nicht in der Bronzezeit entstanden, wie manche Forscher annehmen möchten" 78. Ich habe bereits zuvor darauf hingewiesen, dass schon auf megalithischen Anlagen Maltas und der Bretagne Boots- oder Schiffsdarstellungen erschei-nen, die möglicherweise auch Hörner oder eine Tierprotome am Bug tragen. Ob es sich dabei schon um Stierboote gehandelt hat, bleibt freilich ungewiss, wenngleich auch nicht unmöglich. Vielleicht ist das Stierboot als eine Art "kultur- und kunstgeschichtliches Leitfossil" zu werten, das einen langen Weg vom Fruchtbaren Halbmond durch das Mittelmeer und zuletzt womöglich sogar entlang der Atlantik-Küsten bis in die Nord- und Ostsee hinter sich ge-bracht hat. Die bronzezeitlichen (oder neolithischen?) Seefahrer hätten auf ihrem lan-gen Weg wohl auch Sardinien gestreift und wären mit ihren vermuteten Stier-booten dort rund ein Millennium vor ihrer Verwirklichung im kunstvollen Bronzeguss bekannt geworden. Vielleicht stellen die sardischen Bronzeboote in ihren teils vollendeten und von tiefem Symbolismus geprägten Formen also eine bereits vorgeschichtliche Renaissance mythischer Vorstellungen dar, die sich rund um das Stierboot älterer Zeiten gedreht haben. Anmerkungen: (1) Whittle, Alasdair: Die ersten Bauern. In: Cunliffe Barry (Hg.): Illustrierte Vor- und Frühgeschichte Europas. Frankfurt 1996, S 170. (2) Whittle (wie Anm. 1), S 158–175. Alimen, Marie-Henriette & Steve, Marie- Joseph (Hg.): Vorgeschichte. Fischer Weltgeschichte, Bd. 1. Frankfurt 1992, S 105. (3) Siehe dazu in: Unterberger, Gerald: Der Stier mit der Weltsäule. Ein archa-isches Mythenbild vom Bau der Welt. Wien 2011, S 491–503. (4) Thimme, Jürgen: Kunst der Sarden bis zum Ende der Nuraghenzeit. Mün-chen 1983, S 10. (5) Thimme (wie Anm. 4), S 16. (6) Tanda, Giuseppa: Beziehungen zum östlichen Mittelmeer. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neoli-thikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 172. An dieser Stelle sei auch auf die Pyramidenbauten im Kanarischen Archi-pel hingewiesen: In den 1990er Jahren wurden sechs pyramidenförmige Terrassenbauten in Güímar auf der Insel Tenerife bekannt. Thor Heyerdahl 104MMALMOGAREN XLIII/2012 hat sie als prähistorische Bauwerke und in einer kulturhistorischen Linie mit den Pyramidenbauten in Ägypten und Mittelamerika stehend gedeutet. Das hat Heyerdahl als starkes Indiz dafür gewertet, dass bereits seit vorge-schichtlicher Zeit ein Transatlantik-Verkehr bestanden hat, der vom Ost-mittelmeer- Raum (Ägypten) über die Kanarischen Inseln nach Mittel-amerika stattgefunden hat, womit die Anregung zum Pyramidenbau auch in die Neue Welt gelangt sei. In den folgenden Jahren haben Archäologen der Universität La Laguna ausführliche Grabungen und Untersuchungen an diesen tenerifischen Pyramiden durchgeführt und sind dabei zu dem ernüchternden Ergebnis gelangt, dass die sechs Pyramiden von Güímar erst im 19. Jahrhundert unserer Zeitrechnung erbaut worden wären (Juan Fran-cisco Navarro Mederos & Maria Cruz Jiménez Gómez: El difusionismo at-lántico y las pirámides de Chacona, in: Miguel Ángel Molinero Polo y Do-mingo Solaquera: Arte y Sociedad del Egipto antiguo. Madrid 2000, S 246- 249). Heyerdahl hielt trotz dieser Grabungsergebnisse an seiner Theorie fest. Über die Erbauer, über die Motivation der Errichtungen bzw. deren Sinn ist nichts überliefert oder bekannt. Mangels Fakten ist man zu der Mutmaßung gelangt, dass die nach den Sonnwendpunkten orientierten Pyramiden in ihrer Ausrichtung und Konstruktion vom Symbolismus der Freimaurer inspiriert worden wären, zumal der Eigentümer des Grundstü-ckes, auf dem die Pyramiden errichtet wurden, Freimaurer war. Diese doch sehr dünne und äußerst vage Begründung verliert meiner Ansicht nach je-doch gänzlich an Gewicht, wenn man sich vor Augen führt, dass auch noch anderswo im Kanarischen Archipel vergleichbare Pyramiden- bzw. Ter-rassenbauten entdeckt wurden; nämlich auf der westlich von Tenerife be-nachbarten Insel La Palma: bei Los Cancajos nahe der Inselhauptstadt San-ta Cruz sowie zwei ähnliche Pyramiden mit vermutlich astronomischer Aus-richtung und Treppen auf eine Plattform in El Paso am Nordrand des Aridane-Tales (Manfred Jantzon: Noticias Canarias: La Palma – Neue Er-gebnisse der Altkanarierforschung kritisch betrachtet. In: IC-Nachrichten Nr. 93 [Institutum Canarium], 2011, S 18–23). In El Calvario sollen sich nach Berichten alter Gewährsleute noch vor 80 Jahren ebenfalls Reste ei-ner großen, quadratischen Pyramide befunden haben, wovon heute nichts mehr zu sehen ist, zumal die Menschen diese lose geschichteten Steine gerne als Baumaterial für ihre eigenen Häuser verwendet haben. Manfred Jantzon schreibt, dass auch die Chronisten der Conquista übereinstimmend von solchen Pyramidenbauten der Insel berichtet hätten, auf denen man Rituale abhielt und auch Könige krönte. Wenn also davon auszugehen ist, dass bereits seit dem 15. Jahrhundert Berichte über terrassenförmige Kult- ALMOGAREN XLIII/2012MM105 bauten vorliegen – vielleicht in Form der spanisch vermittelten toriña mit der Bedeutung 'casa de oración' (Kultterrasse künstlich errichteter Stein-berg), so ist in zwei Richtungen zu schlussfolgern: Erstens, dass die tenerifischen Pyramiden von Güímar – auch wenn tatsächlich erst im 19. Jahrhundert erbaut – in einer historischen Tradition liegen und nicht allein aufgrund eines neuzeitlichen Freimaurer-Bestrebens errichtet wurden. Zweitens ist wohl auch damit zu rechnen, dass die von den spanischen Chronisten erwähnten bzw. die auf La Palma noch bestehenden Terrassen-türme viel älter sind und womöglich in vorgeschichtliche Zeiten zurück-reichen (meines Wissens sind die Pyramiden von La Palma noch nicht ar-chäologisch untersucht worden). Vor diesem Hintergrund müssen die Fra-gen nach Entstehung und kulturgeschichtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Pyramidenbauten sicher neuerlich überdacht werden und sollten nicht zu dem vielleicht allzu vordergründig gezogenen Schluss führen, dass die kanarischen Terrassentürme nur neuzeitliche Erscheinungen sind, die aufgrund einer bizarren Idee eines einzelnen Menschen des 19. Jahrhun-derts erbaut wurden. Hinsichtlich der einzigartigen Kultterrasse vom Monte d'Accoddi auf Sar-dinien mit ihren Bezügen zu den mesopotamischen Zikkurat-Bauten sollte jedenfalls auch ins Auge gefasst werden, ob nicht auch die Terrassen-Bau-ten des Kanarischen Archipels in einer kulturgeschichtlichen Linie dazu stehen. (7) Lilliu, Giovanni: Frühe Randkulturen des Mittelmeerraumes. Korsika – Sardinien – Balearen – Iberische Halbinsel. Baden-Baden 1967, S 54 f. (8) Zur detaillierten Beschreibung, teilweise mit Darstellungen und genauen Quellangaben siehe in: Unterberger (wie Anm. 3), S 633–640. Kulturelle Beeinflussungen dürften von Sardinien nach Etrurien gegangen sein, wo man über der Eingangstüre in das "Grab der Reliefs" von Caere (4./3. Jhdt. v. Chr.) wiederum zwei Stierköpfe im Relief dargestellt sieht (Sibylle von Cles-Reden: Das versunkene Volk. Die Etrusker. Frankfurt 1963, S 16, Ta-fel 5). (9) Lilliu, Giovanni: Die Nuraghenkultur. In: Badisches Landesmuseum Karls-ruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 49 f. (10) Thimme, Jürgen: Kunst. In (wie Anm. 9), S 103. (11) Thimme (wie Anm. 4), S 33. (12) Lilliu (wie Anm. 7), S 75, Fig. 11a. (13) Thimme (wie Anm. 4), S 29. (14) Tanda (wie Anm. 6), S 175. 106MMALMOGAREN XLIII/2012 (15) Zwischen dem Landes- und Volksnamen "Sardinien bzw. Sarden" und den aus ägyptischen bzw. griechischen Quellen überlieferten Volksnamen "Schardana/Scherdanu bzw. Serdaioi" gibt es vermutlich eine Beziehung. Möglicherweise lebte im 2. Jahrtausend auf Sardinien ein Volk, das sich nach seinem Heimatland benannte – der Landesname Sardinien dürfte schon sehr ursprünglich und auf eine Wortwurzel sard- zurückzuführen sein: Griechisch sardó für den Namen der Insel findet seine etymologischen Entsprechungen in spanischen Ortsnamen vom Wortstamm sard sowie dem aragonischen Dialektwort sarda 'niederes Strauchwerk auf einem Berg'. Vielleicht ist dazu auch noch baskisch sarde 'Büschel/Haufen' zu stellen; der Wortstamm serd- hat sich nach Giovanni Lilliu in Ortsnamen der Insel bis heute erhalten. Möglicherweise ist die Insel also nach einer typisch dort vorkommenden Vegetationsform benannt und wahrscheinlicher als umge-kehrt ist, dass sich die "Sarden/(ägyptisch rezipiert: Schardana)" eben nach dem Namen der Insel benannt haben. Es ist durchaus zu denken, dass diese Schardana als Abkömmlinge Sardiniens in guter seefahrerischer Praxis schon lange die Küsten des Ostmittelmeerraumes sowie Libyens kreuzten und sich womöglich dem Seevölkersturm gegen Ägypten anschlossen. Auf der Bühne der Weltgeschichte erscheinen die Sarden/Schardana sowohl als Schlachtenhelfer als auch als erbitterte Gegner der Ägypter – in zweiterem Fall im Verbund mit libyschen Völkern einerseits und den Seevölkern andererseits: Seit der 18. Dynastie (ca. 1.551–1.305) waren Schardana als Söldner in den Heeren der Pharaonen und dort als hervorragende Kämpfer gerühmt. Ramses II. (ca. 1.290–1.224) musste gegen drohende libysche Einfälle – unter diesen feindlichen Völkern dürften sich auch Sarden be-funden haben – im westlichen Nildelta und entlang des libyschen Küsten-streifens eine Kette von Festungen errichten. In seinem 2. Regierungsjahr hatte er gegen Sarden-Verbände zu kämpfen, die er jedoch besiegte und die sodann Dienst im ägyptischen Heer sowie in der Leibgarde des Königs leisteten. Merenptah, der Sohn Rames' II., musste um ca. 1.220 v. Chr. im Nildelta schwere Angriffe gegen von Westen herströmende libysche Völker-scharen – darunter wiederum Sarden – abwehren; sicherlich kämpften hier Angehörige desselben Volkes gegeneinander: Sarden mit anderen libyschen Völkern gegen Schardana im Dienste Merenpthas. Die Ägypter gingen sieg-reich aus diesen Kämpfen hervor und Merenptah integrierte gefangen ge-nommene Libyer in seine Streitmacht (darunter auch Sarden). Ramses III., der 2. König der 20. Dynastie und letzte große Herrscher des Neuen Rei-ches, hatte gegen die massiven Angriffe der Seevölker aus dem Nordosten zu kämpfen. Die Seevölker bestanden aus einer Einheit verschiedener ALMOGAREN XLIII/2012MM107 Ethnien, deren Heimat sich ursprünglich am Schwarzen Meer, auf den ägäischen Inseln und der kleinasiatischen Küste befand. Zu diesen Seevöl-kern gesellten sich aber womöglich auch westmittelmeerische Einheiten: darunter vielleicht sardische Verbände. Ramses III. schlug die von Norden daherbrausende Macht zu Lande in Palästina und zur See im Mündungs-gebiet des Ostdeltas. Wiederum wurden gefangen genommene Seevölker ins ägyptische Heer integriert, z. T. in Ägypten oder an der palästinischen Küste angesiedelt, so etwa das Seevolk der Palasta: die biblischen Philister. An den Mauern des Palastes von Ramses III. in Medinet Habu sind Szenen aus den See- und Landkämpfen der Ägypter gegen die Seevölker verewigt. Interessant zu sehen ist, dass zu beiden Seiten Einheiten in der typischen Rüstungstracht der Sarden/Schardana dargestellt sind: mit langem Schwert, Rundschild und dem typischen Hörnerhelm; also wiederum scheinen An-gehörige desselben Volkes in unterschiedlicher Passion gegeneinander ge-fochten zu haben. Auf dem Felsentempel von Ramses II. in Abu Simbel ist ein Schardana als Angehöriger der pharaonischen Leibgarde in seiner Prachtrüstung wieder mit Schwert, Rundschild und Hörnerhelm dargestellt. (16) Barreca, Ferruccio: Phönizischer Einfluß auf die Bronzeplastik. In (wie Anm. 9), S 121 ff. (17) Zu den hier beschriebenen, unterschiedlichen Typen der Bronze-Statuet-ten, die an diesem Ort aufgrund Platzmangels nicht in Bildern wiedergege-ben werden können, siehe die Tafelteile in der bereits zitierten Literatur (wie Anm. 4 und 6) sowie in: Lilliu, Giovanni: Sculture della Sardegna Nuragica. Cagliari 1966, passim. (18) Buchholz, Hans-Günter: Metallurgie. In (wie Anm. 9), Abb. 116, S 146; S 151. (19) Unterberger (wie Anm. 3), S 279–285; S 322–327. (20) Zu dieser Darstellung siehe in: Lilliu: Religion. In (wie Anm. 9), S 93, Abb. 65. (21) Lilliu (wie Anm. 17), S 245. (22) Zu den Darstellungen siehe in: Lilliu (wie Anm. 17), S 461, Nr. 261a; S 466, Nr. 265. Thimme (wie Anm. 4), Tafel Nr. 87. (23) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 322, Tafel 178. (24) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 322, Tafel 177. (25) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens 108MMALMOGAREN XLIII/2012 vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 323, Tafel 179 a (Detail) und b. (26) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 331, Tafel 195. (27) Lurker, Manfred: Wörterbuch der Symbolik. Stuttgart 51991, S 645 f. Bie-dermann, Hans: Knaurs Lexikon der Symbole. München 1989, S 381. (28) Zur Darstellung siehe in: Lurker, Manfred: Die Botschaft der Symbole. In Mythen, Kulturen und Religionen. München 1990, S 225. (29) Zitiert aus: Müller, Werner: Die Jupitergigantensäulen und ihre Verwand-ten. In: Beiträge zur klassischen Philologie, Heft 66, Meisenheim 1975, S 30. (30) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 318 f., Tafel 174 a und b. (31) Zu den einzelnen Mythenversionen und deren Verbreitung siehe in: Unterberger (wie Anm. 3), S 377–390. (32) Buchmalerei aus der Übersetzung der Navigatio fabulosa sancti Brendani ad terram repromissionis. Aus dem Sammelkodex von 1430 in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Heidelberg. (33) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 304, Tafel 147 a. (34) Eigene Skizze. Zum fotografischen Original siehe in: Badisches Landes-museum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 336, Tafel 200. (35) Aus: Haussig, Hans Wilhelm (Hg.): Wörterbuch der Mythologie, Band IV: Götter und Mythen der kaukasischen und iranischen Völker. Stuttgart 1986, Tafel IV/4. (36) Aus: Uyanik, Muvaffak: Petroglyphs of south-eastern Anatolia. Graz 1974, Fig. 142/22. (37) Platon: Kritias, 119 e. (38) Zu diesen Darstellungen siehe in: Lilliu (wie Anm. 17), S 445–459 mit Abbildungen sowie Gras, Michel: Sardische Bronzen in Etrurien. In (wie Anm. 9), S 131, Abb. 95 a. (39) Abb. 10 a und b aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 330, Tafel 194 und S 321, Tafel 176. (40) Gras, Michel (wie Anm. 38), S 126. ALMOGAREN XLIII/2012MM109 (41) Aus: Gómez Barrera, Juan & Rojo Guerra, Manuel & García Díez, Marcos: Las pinturas rupestres del Abrigo de Carlos Álvarez o Abrigo de la Dehesa. In: Zephyrus 58, 2005, Universidad de Salamanca, S 240, Fig. 15. Bei Aliseda in der spanischen Extremadura ist auf einer Brosche des 7. Jahrhunderts v. Chr. ebenfalls ein Boot mit hohen Steven dargestellt, die in ein oder zwei Tierköpfen enden. Zu dieser Darstellung siehe in: Ulbrich, Hans-Joachim: Die naviformen Felsbilder von Lanzarote (Kanarische In-seln). In: Almogaren XXX/1999 (Institutum Canarium), S 299, Abb. 18. (42) Wölfel, Dominik Josef: Eine Felsgravierung eines neolithisch-bronzezeit-lichen Schiffstypus und anderes aus der Archäologie der Kanarischen In-seln. Afrikanistische Studien. Festschrift Diedrich Westermann, Berlin 1955, S 181 f. Abb. 14 a.a.O., S 183, Fig. 1a. (43) Beltrán Martínez, Antonio: Los grabados del Barranco de Balos (Gran Canaria). Arqueológica I, Las Palmas 1971, S 64–66. Siehe dazu auch in: Ulbrich (wie Anm. 41), S 277 und Abb. 3. (44) Aus: Ulbrich (wie Anm. 41), S 282 f.; 306, Abb. 32. (45) Zur Darstellung siehe in: Ulbrich (wie Anm. 41), S 303, Abb. 27. (46) Meyer, J.-W.: Die Silberschale VA 14117 – ägyptisch oder phönizisch? In: Lipi ski, Edward: Phoenicia in the East Mediterranean in the first millen-nium B.C. Studia Phoenicia V, Leuven 1987, S 176. (47) Zur Darstellung siehe in: Lächler, Paul & Wirz, Hans: Die Schiffe der Völker. Freiburg 1962, S 21, Abb. 9. (48) Ausschnitt aus: Aubet, Maria Eugenia: The Phoenicians and the West. Politics, Colonies, and Trade. Cambridge 22001, S 38, Fig. 13. (49) Ausschnitt aus: Aubet (wie Anm. 48), S 37, Fig. 12. (50) Etwa Tanda (wie Anm. 6), S 177. (51) Barreca (wie Anm. 16), S 123 f. (52) Zu den Darstellungen siehe in: Lächler & Wirz (wie Anm. 47), S 20, Abb. 7; S 246, Abb. 193. (53) Aus: Weber, Otto: Altorientalische Siegelbilder. Leipzig, 1920, S 69, Nr. 347. (54) Aus: Boehmer, Rainer Michael: Die Entwicklung der Glyptik während der Akkad-Zeit. Berlin 1965, Tafel XXXIX/466. (55) Boehmer (wie Anm. 54), S 80. (56) Abb. 18 a und b aus: Boehmer (wie Anm. 54), Tafel XL/477, 478. (57) Für eine überblickshafte Darstellung zu dieser Diskussion sowie der nö-tigen Quellangaben dazu siehe in: Unterberger (wie Anm. 3), S 564 f. (58) Aus: Resch, Walther: Die Felsbilder Nubiens. Eine Dokumentation der ostägyptischen und nubischen Petroglyphen. Graz 1967, S 19, Abb. 2; Ta-feln 15, 16, 17, 72 a, c. 110MMALMOGAREN XLIII/2012 (59) Zu diesen Darstellungen siehe in: Resch (wie Anm. 58), Tafel 12. (60) Aus: Resch (wie Anm. 58), Tafeln 72 b, 73 a, 75 b. (61) Aus: Resch (wie Anm. 58), Tafel 40. (62) Aus: Almgren, Oscar: Nordische Felszeichnungen als religiöse Urkun-den. Frankfurt 1934, S 44, Abb. 31a. (63) Otto, Eberhard: Beiträge zur Geschichte der Stierkulte in Ägypten. Leipzig 1938, S 2, 16, 25. (64) Aus: Vollmer, Wilhelm: Vollständiges Wörterbuch der Mythologie aller Nationen. Stuttgart 1836, Tafel I/5. (65) Aus: Bernatzik, Hugo Adolf: Im Reich der Bidyogo. Geheimnisvolle Insel im Westatlantik. Leipzig 51944, Abb. 164. (66) Aus: Cook, Arthur: Zeus. A study in ancient religion, vol. III/1. Cambridge 1940, S 616, Fig. 416. (67) Aus: Lächler & Wirz (wie Anm. 47), S 47, Abb. 27. (68) Aus: Evans, Arthur: Scripta Minoa I. Oxford 1909, S 149, 203. (69) Schachermeyr, Fritz: Poseidon und die Entstehung des griechischen Götterglaubens. Salzburg 1950, S 145. (70) Zu diesen Darstellungen siehe in: Ulbrich (wie Anm. 41), S 293 ff., Abbn. 8–12 oder Gómez Barrera, Juan & Co (wie Anm. 41), S 242, Fig. 16/1,2 oder Sieveking, Gale: Ursprung und Ausbreitung der Großsteinkulturen Europas. In: Bacon, Edward (Hg.): Versunkene Kulturen. Geheimnis und Rätsel frü-her Welten. München/Zürich 1963, S 321, Fig. 55. (71) Biedermann, Hans: Bildsymbole der Vorzeit. Graz 1977, S 92 (mit Abbn. 132–134). (72) Siehe dazu unter anderem in: Almgren (wie Anm. 62), S 1–86 oder Bie-dermann, Hans: Lexikon der Felsbildkunst. Graz 1976, S 113 ff. (73) Aus: Gómez Barrera, Juan & Co (wie Anm. 41), S 242, Fig. 16/4. (74) Kühn, Herbert: Die Felsbilder Europas. Stuttgart 1971, S 92. (75) Aus: Kühn (wie Anm. 74), Tafel 42. (76) Ström, Åke & Biezais, Haralds: Germanische und Baltische Religion. Stuttgart 1975, S 23. (77) An dieser Stelle soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass es Fels-zeichnungen von Booten mit Tierkopfsteven gibt, die anscheinend schon in eine frühere Epoche als jene der bronzezeitlichen Skandinavier fallen: "Schon die frühesten Felszeichnungen skandinavischer Jägerkulturen zei-gen Fellboote mit Tierköpfen auf den Vordersteven" (Beck, Heinrich & Ellmers, Detlev & Schier, Kurt: Germanische Religionsgeschichte. Quel-len und Quellenprobleme. Berlin 1992, S 105). Auch wenn Herbert Kühn in seinem Standardwerk "Die Felsbilder Europas" das Schiff mit den typischen ALMOGAREN XLIII/2012MM111 Steven nur im bronzezeitlich-skandinavischen Kontext liest, ist natürlich nicht auszuschließen, diese Sitte der Bugzier auf eine ältere, autochthon-skandinavische Tradition zurückzuführen. Aber selbst bei Annahme dieser Tatsache ist nicht auszuschließen, dass eine "mittelmeerische Tradition" parallel dazu gewirkt hat, wofür die schon erwähnten Übereinstimmungen in den Bootsdarstellungen Ägyptens mit jenen der nordischen Bronze- bis Eisenzeit sprechen. (78) Anati, Emmanuel: Höhlenmalerei. Düsseldorf 2002, S 278. Literaturverzeichnis: Alimen, Marie-Henriette & Steve, Marie-Joseph (Hg.) (1992): Vorgeschichte. Fischer Weltgeschichte, Bd. 1. Frankfurt. Almgren, Oscar (1934): Nordische Felszeichnungen als religiöse Urkunden. Frankfurt. Anati, Emmanuel (2002): Höhlenmalerei. Düsseldorf. Aubet, Maria Eugenia (22001): The Phoenicians and the West. Politics, Colonies, and Trade. Cambridge. Barreca, Ferruccio (1980): Phönizischer Einfluß auf die Bronzeplastik. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Beck, Heinrich & Ellmers, Detlev & Schier, Kurt (1992): Germanische Religi-onsgeschichte. Quellen und Quellenprobleme. Berlin. Beltrán Martínez, Antonio (1971): Los grabados del Barranco de Balos (Gran Canaria). Arqueológica I, Las Palmas. Bernatzik, Hugo Adolf (51944): Im Reich der Bidyogo. Geheimnisvolle Insel im Westatlantik. Leipzig. Biedermann, Hans (1976): Lexikon der Felsbildkunst. Graz. Biedermann, Hans (1977): Bildsymbole der Vorzeit. Graz. Biedermann, Hans (1989): Knaurs Lexikon der Symbole. München. Böhm, Gerhard (1996, 1999, 2002): Sprache und Geschichte im Kanarischen Archipel. Bd. I: Kulturgeschichte. Bd. II: Epigraphik. Bd. III: Sprachdenk-mäler. Wien. Boehmer, Rainer Michael (1965): Die Entwicklung der Glyptik während der Akkad-Zeit. Berlin. Buchholz, Hans-Günter (1980): Metallurgie. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Cook, Arthur (1940): Zeus. A study in ancient religion, vol. III/1. Cambridge. Evans, Arthur (1909): Scripta Minoa I. Oxford. 112MMALMOGAREN XLIII/2012 Gómez Barrera, Juan & Rojo Guerra, Manuel & García Díez, Marcos (2005): Las pinturas rupestres del Abrigo de Carlos Álvarez o Abrigo de la Dehesa. In: Zephyrus 58, Universidad de Salamanca. Gras, Michel (1980): Sardische Bronzen in Etrurien. In: Badisches Landes-museum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Haussig, Hans Wilhelm (Hg.) (1986): Wörterbuch der Mythologie, Band IV: Götter und Mythen der kaukasischen und iranischen Völker. Stuttgart. Kühn, Herbert (31971): Die Felsbilder Europas. Stuttgart. Lächler, Paul & Wirz, Hans (1962): Die Schiffe der Völker. Freiburg. Lilliu, Giovanni (1966): Sculture della Sardegna Nuragica. Cagliari. Lilliu, Giovanni (1967): Frühe Randkulturen des Mittelmeerraumes. Korsika – Sardinien – Balearen – Iberische Halbinsel. Baden-Baden. Lilliu, Giovanni (1980): Die Nuraghenkultur. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Lilliu, Giovanni (1980): Religion. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Lurker, Manfred (1990): Die Botschaft der Symbole. In Mythen, Kulturen und Religionen. München. Lurker, Manfred (51991): Wörterbuch der Symbolik. Stuttgart. Meyer, J.-W. (1987): Die Silberschale VA 14117 – ägyptisch oder phönizisch? In: Lipi ski, Edward: Phoenicia in the East Mediterranean in the first millennium B.C. Studia Phoenicia V, Leuven. Müller, Werner (1975): Die Jupitergigantensäulen und ihre Verwandten. In: Beiträge zur klassischen Philologie, Heft 66. Otto, Eberhard (1938): Beiträge zur Geschichte der Stierkulte in Ägypten. Leipzig. Pauli, Rainer (1978): Sardinien. Geschichte – Kultur – Landschaft. Köln. Resch, Walther (1967): Die Felsbilder Nubiens. Eine Dokumentation der ost-ägyptischen und nubischen Petroglyphen. Graz. Schachermeyr, Fritz (1950): Poseidon und die Entstehung des griechischen Götterglaubens. Salzburg. Sieveking, Gale (1963): Ursprung und Ausbreitung der Großsteinkulturen Europas. In: Bacon, Edward (Hg.): Versunkene Kulturen. Geheimnis und Rätsel früher Welten. München/Zürich. Ström, Åke & Biezais, Haralds (1975): Germanische und Baltische Religion. Stuttgart. ALMOGAREN XLIII/2012MM113 Tanda, Giuseppa (1980): Beziehungen zum östlichen Mittelmeer. In: Badi-sches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Thimme, Jürgen (1980): Kunst. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghen-zeit. Karlsruhe. Thimme, Jürgen (1983): Kunst der Sarden bis zum Ende der Nuraghenzeit. München. Ulbrich, Hans-Joachim (1999): Die naviformen Felsbilder von Lanzarote (Ka-narische Inseln). In: Almogaren XXX (275-319). Vöcklabruck. Unterberger, Gerald (2011): Der Stier mit der Weltsäule. Ein archaisches Mythenbild vom Bau der Welt. Wien. Uyanik, Muvaffak (1974): Petroglyphs of south-eastern Anatolia. Graz. Vollmer, Wilhelm (1836): Vollständiges Wörterbuch der Mythologie aller Na-tionen. Stuttgart. von Cles-Reden, Sibylle (1963): Das versunkene Volk. Die Etrusker. Frank-furt. Weber, Otto (1920): Altorientalische Siegelbilder. Leipzig. Whittle, Alasdair (1996): Die ersten Bauern. In: Cunliffe Barry (Hg.): Illust-rierte Vor- und Frühgeschichte Europas. Frankfurt. Wölfel, Dominik Josef (1955): Eine Felsgravierung eines neolithisch-bronze-zeitlichen Schiffstypus und anderes aus der Archäologie der Kanarischen Inseln. Afrikanistische Studien. Festschrift Diedrich Westermann, Berlin. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome. Halb verdeckter Bootskörper. Länge: 16,3 cm. Datierung: 9./8. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbe-kannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 322, Tafel 178. Abb. 2: Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome. Offener Bootskörper, Haltering an Trage-bändern. Hals und Hörnerenden der Tierprotome umwickelt. Länge: 16,3 cm. Datierung: 9./8. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 322, Tafel 177. Abb. 3 (mit Detail): Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome. Offener Bootskörper, Halte-ring an Tragebändern. Auf der Aufhängöse und an den hinteren Bordkanten befinden sich Vögel. Zwischen den Hörnern der Protome ist ein Spiraldraht. Länge: 27 cm. Datie-rung: 8. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 322, Tafel 179 a und b. Abb. 4: Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome, die Hörner enden in Kugeln. Am knauf-besetzten Mast befindet sich ein Vogel. Die Reling wird von vier Pfählen mit Knauf 114MMALMOGAREN XLIII/2012 durchbrochen. Länge: 32 cm. Datierung: 8./7. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 331, Tafel 195. Abb. 5: Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome und "Tierbesatzung" (drei Affen, Fuchs, Hund, Maus). Länge: 13,6 cm. Datierung: 8./7. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 318 f., Tafeln 174 a und b. Abb. 6: Sardische Bronze: Mann und Stier mit nuraghenförmigem Zepter auf dem Kopf. Höhe: 8,1 cm. Datierung: 8/7. Jh. v. Chr. Fundort: Unsicher, möglicherweise Cerveteri (Latium). Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardini-ens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 304, Tafel 147 a. Abb. 7: Vierpass-Nuraghen-Modell in Bronze. Höhe: 25,8 cm. Datierung: 8/7. Jh. v. Chr. Fundort: Camposanto bei Olmedo (Sassari). Eigene Skizze. Zum fotografischen Origi-nal siehe in: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 336, Tafel 200. Abb. 8: Relief aus Adilcevac am Van-See (Urartu-Reich). Eine Astral-Gottheit auf dem Stier, der zusätzlich ein dreizinkiges Zepter auf seinem Kopf trägt. Datierung: 7. Jh. v. Chr. Aus: Haussig, 1986, Tafel IV/4. Abb. 9: Felsbild aus dem Tiri in-Plateau (südöstliche des Van-Sees). Stier mit quadratischem Körper und einer wachstümlich (oder anthropomorph?) geformten Vertikalen auf sei-nem Nacken. Datierung: Unklar, möglich ist neolithisch bis 1. Jt. v. Chr. Aus: Uyanik 1974, Fig. 142/22. Abb. 10 a: Sardisches Bronzeboot mit Hirschprotome. Länge: 27 cm. Datierung: 7. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 330, Tafel 194. Abb. 10 b: Sardisches Bronzeboot mit Hirschprotome und reicher "Tierbesatzung" (u. a. bilden zwei Stiere den Bügelhalter für die Aufhängöse). Länge: 23 cm. Datierung: 8. Jh. v. Chr. Fundort: Tomba del Duce in Vetulonia. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 321, Tafel 176. Abb. 11: Felsbilder, die Schiffe und naviforme Zeichen wiedergeben. Fundort: Abri Laja Alta bei Jimena de la Frontera im Osten der südspanischen Provinz Cadiz. Datierung: Unsicher, womöglich bronzezeitlich. Aus: Gómez Barrera & Rojo Guerra & García Díez, 2005, S 240, Fig. 15. Abb. 12: Felsbild aus Gran Canaria: Neolithische bis bronzezeitliche Bootsdarstellung oder neuzeitliches Monogramm? Fundort: Barranco de Balos. Aus: Wölfel, 1955, S 183, Fig. 1a. Abb. 13: Felsbild aus Lanzarote: Bootsdarstellung mit herzförmigem Stevenaufsatz. Fund-ort: Valle de Fuente Salada. Aus: Ulbrich, 1999, S 306, Abb. 32. Datierung: Nach Ulbrich (1999) "vorspanisch" bzw. aufgrund neuerer C14-Daten zur Besiedlungsgeschichte von Lanzarote möglicherweise 1000-900 v.Chr. (pers. Mitt. Ulbrich 2012). Abb. 14: Flachrelief im Palast des assyrischen Königs Sargon II. in Dur Šarrukin (heutiges Chorsabad) aus dem ersten Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr.: phönizische Schiffe mit ALMOGAREN XLIII/2012MM115 Pferdeprotomen beim Lastentransport von Zedernstämmen. Ausschnitt aus: Aubet, 2001, S 38, Fig. 13. Abb. 15: Bronzebeschlag auf den Palasttoren von Imgur-Enlil (heute Balawat) des assyri-schen Königs Šulmanu-ašared III. aus der Mitte des 9. Jhs. v. Chr.: Phönizische Schiffe, deren Bug- wie Hecksteven als Tierprotomen gebildet sind. Ausschnitt aus: Aubet, 2001, S 37, Fig. 12. Abb. 16: Assyrisches Siegelbild: Tiāmat als gehörnte Seeschlange oder Schlangenboot ge-gen den Helden Marduk (1. Jt. v. Chr.). Aus: Weber, 1920, S 69, Nr. 347. Abb. 17: Akkadisches Siegel aus der Ur-I-Zeit (25. Jh. v. Chr.): Sichelförmiges Boot mit Bugsteven, der in den Körper eines gehörnten Wesens ausläuft. Im Bootskörper der gehörnte Gott Šamaš. Aus: Boehmer, 1965, Tafel XXXIX/466. Abb. 18 a und 18 b: Akkadische Siegel mit dem "Bootsgott", der die Hörnerkrone trägt. Der Sonnengott Šamaš befindet sich im Bootskörper. Aus: Boehmer, 1965, Tafel XL/477, 478. Abbn. 19 a: Verschiedene Felsbilder aus der ostägyptischen Wüste, die Boote mit gehörnten Tierprotomen zeigen. Fundort: Bir Kanais. Datierung: Wahrscheinlich Naqāda I bis Naqāda II: ca. 4.500–3.100 v. Chr. Aus: Resch, 1967, S 19, Abb.2; Tafeln 15, 16, 17, 72 a, c. Abbn. 19 b: Verschiedene Felsbilder aus der ostägyptischen Wüste, die Boote mit gehörnten Tierprotomen zeigen. Fundorte: Toshka, Wadi Hammamat, Gerf Husrin. Datierung: Wahrscheinlich Naqāda I bis Naqāda II: ca. 4.500–3.100 v. Chr. Aus: Resch, 1967, Tafeln 72 b, 73 a, 75 b. Abbn. 19 c: Zwei Felsbilder aus der ostägyptischen Wüste, die den Stier als lebendiges Wesen in Bootsform zeigen. Fundort: Wadi Hodein Magoll. Datierung: Wahrscheinlich Badāri- Kultur bis Naqāda I: erste Hälfte bis Ende 5. Jt v. Chr. Aus: Resch, 1967, Tafel 40. Abb. 20: Der kultische Bootsschlitten des ägyptischen Totengottes Sokar mit Antilopen-und Stierprotome, am Tempel von Edfu. Zeitstellung: Ptolemäisch. Aus: Almgren, 1934, S 44, Abb. 31 a. Abb. 21: Der heilige Nil-Apis-Stier auf dem Boot, am Tempel von Edfu. Zeitstellung: Ptole-mäisch. Aus: Vollmer, 1836, Tafel I/5. Abb. 22: Das königliche Stierboot der Bidjogo. Aus: Bernatzik, 1944, Abb. 164. Abb. 23: Bemalung auf einer Ölvase aus Kyme in Kampanien: Der schwimmende Zeus- Stier auf dem Weg nach Kreta, mit der Göttin Europe und dem Baum auf seinem Rü-cken. Datierung: 5. Jh. v. Chr. Aus: Cook, 1940, S 616, Fig. 416. Abb. 24 a: Goldring aus Mochlos in Ostkreta, der ein Boot mit Tierprotome zeigt, in dessen Mitte sich ein heiliger Baum und eine (weibliche) Gottheit befinden. Zeitstellung: Ende der frühminoischen Kultur, ca. 2.000 v. Chr. Aus: Lächler & Wirz, 1962, S 47, Abb. 27. Abbn. 24 b: Verschiedene Schiffsdarstellungen auf Tonsiegeln der spät- bis mittelminoischen Zeit (ca. 2.000–1.500 v. Chr.), die Schiffe mit gehörnten Steven bzw. Tierprotomen zei-gen. Aus: Evans, 1909, S 149, 203. Abb. 25: Zwei Felsbilder aus dem südschwedischen Schonen, die Boote mit (gehörnten) Tierkopfsteven zeigen. Datierung: Wahrscheinlich frühe Bronzezeit, ca. 1.500 v. Chr. Aus: Gómez Barrera & Rojo Guerra & García Díez, 2005, S 242, Fig. 16/4. Abb. 26: Felsbild vom Onega-See (Nordwest-Russland), das ein Boot mit (gehörntem?) Tier-kopfsteven zeigt. Datierung: Wahrscheinlich zweite Hälfte des 2. Jts. v. Chr. Aus: Kühn, 1971, Tafel 42. 116MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 2 Abb. 3 Detail Abb. 1 ALMOGAREN XLIII/2012MM117 Abb. 5_1 Abb. 4 118MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 5_2 ALMOGAREN XLIII/2012MM119 Abb. 8 120MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 9 Abb. 10a ALMOGAREN XLIII/2012MM121 Abb. 10b Abb. 11 122MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 12 Abb. 13 ALMOGAREN XLIII/2012MM123 Abb. 14 Abb. 16 Abb. 15 124MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 17 Abb. 18a Abb. 18b ALMOGAREN XLIII/2012MM125 Abb. 19a_1 Abb. 19a_2 Abb. 19a_3 Abb. 19a_4 126MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 19b_1 Abb. 19b_2 Abb. 19a_5 Abb. 19a_6 ALMOGAREN XLIII/2012MM127 Abb. 19b_3 Abb. 19c_1 128MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 19c_2 Abb. 20 ALMOGAREN XLIII/2012MM129 Abb. 21 Abb. 22 130MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 23 Abb. 24a Abb. 24b_1 ALMOGAREN XLIII/2012MM131 Abb. 24b_2 Abb. 25 132MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 26
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Calificación | |
Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Schiffswelten in Altsardinien – die "sardo-phönizischen" Stierboot-Bronzen |
Autor principal | Unterberger, Gerald |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 43 |
Tipo de documento | Separata |
Lugar de publicación | Wien |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 2012 |
Páginas | pp. 075-132 |
Materias | Prehistoria ; Islas Canarias |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 3776570 Bytes |
Texto | ALMOGAREN XLIII/2012MM71 ICDIGITAL Separata XLIII-4 ALMOGAREN XLIII/2012 IC 72MMALMOGAREN XLIII/2012 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). Die deutsche Rechtschreibung wurde – mit Ausnahme von Literaturzitaten – den aktuellen Regeln angepasst. Englischsprachige Keywords wurden zum Teil nach-träglich ergänzt. PDF-Dokumente des IC lassen sich mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader (Version 7.0 oder höher) lesen. Für den Inhalt der Aufsätze sind allein die Autoren verantwortlich. Dunkelrot gefärbter Text kennzeichnet spätere Einfügungen der Redaktion. Alle Vervielfältigungs- und Medien-Rechte dieses Beitrags liegen beim Institutum Canarium Hauslabgasse 31/6 A-1050 Wien IC-Separatas werden für den privaten bzw. wissenschaftlichen Bereich kostenlos zur Verfügung gestellt. Digitale oder gedruckte Kopien von diesen PDFs herzu-stellen und gegen Gebühr zu verbreiten, ist jedoch strengstens untersagt und be-deutet eine schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: institutum-canarium.org almogaren.org Abbildung Titelseite: Original-Umschlag des gedruckten Jahrbuches. Institutum Canarium 1969-2013 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte ALMOGAREN XLIII/2012MM73 Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Hans-Joachim Ulbrich: Neubewertung einiger libysch-berberischer Inschriften im Barranco de las Piletas (Lanzarote) .............................................................. 7 Samia Ait Ali Yahia: Les peintures et gravures rupestres en Grande Kabylie ................................ 25 Franz Trost: Das berühmte Grab 100 von Hierakonpolis .................................................. 35 Gerald Unterberger: Schiffswelten in Altsardinien – die "sardo-phönizischen" Stierboot-Bronzen .............................................. 75 Enrique Gozalbes Cravioto: Observaciones sobre el conjunto megalítico de Mezora (Arcila, Marruecos) ................................................................... 133 Andoni Sáenz de Buruaga: Recherches culturelles sur le Sahara Occidental. Une présentation sommaire des travaux dans la région du Tiris entre 2005 et 2010. .............................................................. 155 Franz Trost: Die Hatiua von Tjehenu ............................................................................. 179 Hartwig-E. Steiner: Höhlen und Abris auf Selvagem Grande (Ilhas Selvagens/Portugal) ............................................................................211 Wolfgang Rähle: Landschnecken auf Selvagem Grande und Selvagem Pequena (Ilhas Selvagens/Portugal) ..............................................249 Hartwig-E. Steiner: Ritual-Höhle für Jünglinge der Osterinsel – "Ana More Mata Puku" auf Rapa Nui/Polynesien ........................................261 • 74MMALMOGAREN XLIII/2012 Unterberger, Gerald (2012): Schiffswelten in Altsardinien – die "sardo-phönizi-schen" Stierboot-Bronzen.- Almogaren XLIII (Institutum Canarium), Wien, 75-132 Zitieren Sie bitte diesen Aufsatz folgendermaßen / Please cite this article as follows: ALMOGAREN XLIII/2012MM75 Almogaren XLIII / 2012 Wien 2012 75 - 132 Gerald Unterberger Schiffswelten in Altsardinien – die "sardo-phönizischen" Stierboot-Bronzen Keywords: Sardinia, bull-boat-bronzes, Phoenicians, history of culture, prehistoric navigation, mythology Zusammenfassung: Es werden spezielle Bronzen aus der frühen Eisenzeit Sardiniens (ca. 9.-7. Jhdt. v. Chr.) untersucht, die Boote mit Tierprotomen (hauptsächlich Rinder- bzw. Stierprotome) dar-stellen. Die Technik des Metallgusses sowie das Motiv dieser "Stierboote" brachten wahr-scheinlich die Phönizier nach Sardinien, die um etwa 1.050 v. Chr. auf der Insel landeten und dort Handelsniederlassungen und Gießereiwerkstätten gründeten. Der Beitrag un-tersucht sowohl die Herkunft dieser speziellen Bootstypen und ihren Verbreitungsweg von der Levante in den Westmittelmeer-Raum, als auch deren mögliche mythologische Bedeutung und ideengeschichtliche Hintergründe. Abstract: Special bronzes from the early Sardinian Iron Age (about 9th-7th century BC) are described which show boats with animal protomes (mainly protomes of cattle or bulls). Toreutic skills and the motif of the "bull-boats" were probably brought to Sardinia by the Phoenicians. They reached the island about 1050 BC and there established trading centres and foundries. This article examines the origin of this particular type of boat and its spreading from the Levant to the West Mediterranean Sea as well as possible mythological meanings of the bull-boats. Resumen: Se analizan bronces especiales procedentes de la Edad del Hierro temprana de Cerdeña (aprox. siglos IX-VII a. de C.) que muestran embarcaciones con prótomos de animales (sobre todo de buey o de toro). Es probable que la técnica de la fundición del metal y el motivo de estas embarcaciones con prótomo bovino los llevaran a Cerdeña los fenicios, que desem-barcaron en la isla hacia el 1.050 a. de C. y fundaron allí factorías comerciales y talleres de fundición. La presente aportación examina tanto la procedencia de estos tipos especiales de embarcaciones y sus vías de propagación del Levante al ámbito mediterráneo occidental como también su posible significación mitológica y antecedentes histórico-ideológicos. Die Vorgeschichte Sardiniens – kein Inselleben ohne Schiff Sardinien ist mit rund 24.000 km2 die zweitgrößte Insel des Mittelmeeres und hatte aufgrund ihrer zentralen Lage im westlichen Becken des großen europäischen Meeres seit je einen entscheidenden und frühen Anteil an Kultur-strömungen und -einflüssen aus dem ostmediterranen bzw. vorderasiatischen 76MMALMOGAREN XLIII/2012 Bereich, welche die insularen und litoralen Gebiete des westlichen Mittel-meerraumes erreichten. Aber nicht nur die Lage Sardiniens machte die Insel zu einem begehrenswerten Anlege- und Siedlungsplatz sowie im Weiteren auch zu einer Drehscheibe von Kulturverbreitungen in die benachbarte Insel-welt wie auf das südeuropäische Festland, sondern auch ihre natürliche Be-schaffenheit ließ Abenteurer, Landsuchende oder Händler hier gerne verwei-len. Zur Subsistenz eignete sich neben dem Fischfang auch die Landwirtschaft in den fruchtbaren Ebenen und Hügelländern, und zudem war die Insel reich an Rohstoffen verschiedener Art: Stein und Holz als Baustoffe sowie reiche Erzvorkommen (Kupfer, Zinn, Blei, Silber), die ab dem Metallzeitalter als Roh-stoffquellen dienten. Darüber hinaus machten die Größe Sardiniens und ihre strategisch gute Lage die Insel einladend, Kolonisationen durchzuführen bzw. feste Niederlassungen oder Handelsstützpunkte zu gründen. Die ersten Besiedelungsspuren des Homo sapiens reichen bereits in das Jungpaläolithikum, wo man in der Höhle Corbeddu im Supramonte (Provinz Nuoro) Überreste von menschlichen Schädel- bzw. Fingerknochen fand, die auf ein Alter von etwa 13.500 bzw. sogar 20.000 Jahren datiert wurden. Auch wenn der Wasserstand des Mittelmeeres im frühen Holozän um etwa 35–40 m tiefer lag als heute, so war Sardinien doch nicht mit dem Festland verbun-den; eine Besiedelung musste also schon zu so frühen Zeiten über das Meer erfolgen. In diesem Sinne meint Alasdair Whittle: "Inseln wie Korsika, Sardi-nien und die Balearen waren von etwa 9000 v. Chr. an besiedelt, was die Nut-zung seetüchtiger Schiffe belegt" 1 [Anm.: Die neueren Forschungsergebnisse datieren, wie zuvor erwähnt, die Erstbesiedelung Sardiniens noch wesentlich früher als Whittle hier annimmt]. Der Verkehr über die See war nicht nur Voraussetzung für die ersten erfolg-reichen Besiedelungen der Insel, sondern er spielte auch für nachfolgende Einwanderungswellen und rege Handels- wie Kulturbeziehungen zu teils weit entfernten Ländern eine entscheidende Rolle für die Entfaltung der alt-sardischen Kulturen. Ab der frühen Jungsteinzeit (etwa 6.000 v. Chr.) werden die einzelnen Kulturabfolgen in Sardinien immer besser fassbar. Neben ver-mutlich autochthon produzierten Steinwerkzeugen aus Obsidian, die schon damals nach Korsika, Italien, Spanien und Südfrankreich gelangten, wurden im Südwesten der Insel einfache Tongefäße mit typischer Verzierungsart ge-funden, die dem Kulturhorizont des mediterranen Neolithikums zuzuordnen sind. Diese sog. "Impresso-Keramik", deren dominierendes Stilelement der Abdruck der Herzmuschel in den feuchten Ton ist, hat sich im Laufe des 7. Jahrtausends vom ostmediterranen Raum entlang der Küsten- und Inselwelt des Westmittelmeeres bis Andalusien und Portugal verbreitet und wurde auch ALMOGAREN XLIII/2012MM77 in den Syrte- und Atlasländern Nordafrikas gefunden. Es ist stark dafürzuhal-ten, dass die Impresso-Keramik ein archäologisches Leitfossil für die Ver-breitung des Neolithikums von der Levante über den litoralen Seeweg in den süd- bzw. südwesteuropäischen Raum darstellt. An verschiedenen Orten wur-den im gleichen Fundhorizont der Impresso-Keramik Reste von festen Sied-lungen und dazu Spuren von Getreidekörnern und Knochen domestizierter Tiere gefunden2. Die Wissenschaft datiert die Einführung des keramischen Neolithikums mit beginnender produzierender Wirtschaftsform (Ackerbau und Viehzucht) im insularen und litoralen Südwesteuropa in die ersten Jahrhun-derte des 6. Jahrtausends. Der Weg dieser Verbreitung zeichnet sich relativ klar ab: vom "Levantinischen Korridor" – einer Zone in Vorderasien, die sich von der Südlevante durch das Jordan-Tal bis in das Euphrat/Taurus-Gebiet erstreckt und eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Neolithikums ge-spielt hat – über Zypern, Kreta, die Küstenstriche des ägäischen und adriatischen Meeres in den Westmittelmeerraum, wo auch Sardinien erfasst wurde3. Einflüsse aus dem nahen Osten dürften seit dieser Zeit in unterschied-licher Stärke und Gewichtung bestanden haben – archäologisch und kunsthis-torisch verstärkt fassbar werden sie wieder ab dem späten Neolithikum im Rahmen der sog. "Ozieri-Kultur" (3. Jahrtausend). Bestanden die Behausun-gen der Menschen bis dahin hauptsächlich in Form von künstlich in den Fels geschlagenen Wohnhöhlen – ein Phänomen übrigens, das man in den Sedimentgebieten vieler Mittelmeerländer und Inseln zwischen Syrien und Portugal wiederfindet –, so begann man ab jetzt, in Dörfern zu siedeln, die in Küstennähe oder in den Flusstälern lagen. Es scheint, als sei zu dieser Zeit eine bäuerliche Hirtenkultur erblüht, mit der ein Aufschwung in Wirtschaft und Wohlstand einhergegangen ist; vor allem aber intensivierten sich wieder die Verbindungen zum "Ausland", wie Jürgen Thimme sagt: "Beziehungen zu den Kykladen, zu Kreta, Malta, wohl auch zu Anatolien und Syrien lassen sich an verschiedenen Erzeugnissen, an Keramiken, Idolen aus Stein, Knochen oder Ton, an einer monumentalen Grab- und Tempelarchitektur ablesen und werden jetzt wichtiger und folgenreicher als die im 3. Jahrtausend zurücktretenden Kontakte zu den Ländern des westlichen Mittelmeeres" 4. Zu den eindrucksvollsten Leistungen im materiellen Kulturschaffen dieser Zeit zählen anthropomorphe Idol-Figuren aus Marmor und Alabaster, die je-nen aus der kykladischen Kultur des 4. bis späten 3. Jahrtausends in einzelnen Stilformen und Entwicklungslinien derart ähnlich sind, dass an Beziehungen zwischen der ägäischen und der sardischen Kultur kaum zu zweifeln ist. Ein der späteren Ozieri-Kultur zuzurechnender, bislang im Westmittelmeer singulärer Fund ist der sog. "Terrassentempel" vom Monte d'Accoddi (bei Sas- 78MMALMOGAREN XLIII/2012 sari). Dabei handelt es sich um einen im Grundriss von ca. 38 x 30 Metern trapezförmigen, etwa 10 Meter hohen Pyramidenbau, an dessen Südseite eine flache Rampe auf die Terrasse führt – vielleicht, wie Jürgen Thimme meint, " ... um Rinder als Opfertiere leichter auf die Plattform führen zu können" 5. Man ist der recht einheitlichen Meinung, dass ohne orientalische Anregun-gen, namentlich von den Zikkurat-Bauten Mesopotamiens, die Entstehung dieses speziellen Monumentes nicht zu erklären sei6. Nicht umsonst hat Jürgen Thimme die explizite Vermutung ausgesprochen, dass die ca. 40 Meter lange und somit sehr flach gehaltene Rampe auf die Terrasse des Monte d'Accoddi- Bauwerks vielleicht zum Auftrieb von Rindern gedient hat, die dort womöglich geopfert wurden. Denn das Rind, oder besser der Stier, scheint ab dieser Zeit (späte Ozieri-Kultur bis Chalkolithikum, Ende 3./Anfang 2. Jahrtausend) ein besonders verehrungswürdiges Tier für die Sarden geworden zu sein. Die hypogäischen Felskammern, die früher als Wohnhöhlen gedient haben, wur-den weiter ausgebaut und zu "Wohnungen für die Toten" umgewidmet. Diese von den heutigen Sarden "Feenhäuser" (domus de janas) genannten Höhlen wurden zu regelrechten Nekropolen ausgeweitet und weisen das bestimmend einheitliche Motiv des Stierkopfes oder der Stierhörner bzw. des Bukranion- Pfahles auf, das sich sehr häufig (weit über 100 Mal in etwa 50 Hypogäen) geritzt oder im Relief gearbeitet über den Eingängen der Grabkammern oder Scheintüren sowie an den glatt polierten Wänden in unterschiedlichen Stil-und Formvarianten findet. Giovanni Lilliu, der Altmeister der sardischen Kultur- und Kunstgeschichte, spricht unter anderem von der "minoischen Art" 7 einer Anzahl von sardischen Hörnerdarstellungen und spricht dabei das an, was offensichtlich ist: die in einzelnen ikonografischen Details oft überra-schenden Parallelen zwischen dem Stierkopf- bzw. Hörnersymbol, das schon in frühneolithischen Kulturen Anatoliens so prominent vertreten ist (Çatal Höyük), sich auf Zypern ebenso findet wie in Mykene und im minoischen Kreta, in Altägypten und auf dem Weg in den Westen auch seine starken Spu-ren in den megalithischen Tempelanlagen von Tarxien (Malta) hinterlassen hat, wo eine Vielzahl an Stierhörnern gefunden wurde und wo sich wieder just über bzw. neben den Eingängen Stierreliefs befinden8. Dies alles sind starke Indizien dafür, dass der Stier als religiös wie kultisch verehrtes Wesen spätestens an der Wende vom 3. zum 2. Jahrtausend von Seefahrern, die aus dem Osten kamen, in Sardinien eingeführt wurde – ein Gedanke, der für die weiteren Betrachtungen von Relevanz sein wird. Die Nuraghen-Kultur und die "sardo-phönizischen" bronzetti Nicht zuletzt aufgrund umwälzender politischer Ereignisse auf der griechi- ALMOGAREN XLIII/2012MM79 schen Halbinsel, vor allem aber auch mit dem zunehmenden Interesse an me-tallischen Rohstoffen von Kulturvölkern des nahen Ostens, die die Technik der Metallbearbeitung schon lange kannten und auf der Suche nach neuen Roh-stofflagern und Abbaugebieten waren, geriet die westliche Mittelmeerwelt ab der ersten Hälfte des 2. Jahrtausend in den Blickpunkt von Interessenslagen. Am Beginn des 2. Jahrtausends wanderten indogermanische Stämme (Io-nier und Aiolier) in das festländische Griechenland und zerstörten dort die hoch entwickelte frühhelladische Kultur. Aus der Vermischung der kriegeri-schen Eroberer und den autochthon Ansässigen formte sich im Weiteren die sog. mittelhelladische Kultur, die sich etwa zwischen 1.600 und 1.500 v. Chr. unter dem Einfluss kretisch-minoischer Strömungen zur frühmykenischen Kulturform bildete. Mögen frühhelladische Flüchtlinge vor dem Einsturm der Eroberer schon per Schiff in den Westmittelmeerraum abgewandert sein, so lässt sich in folgender Zeit die Expansion der mykenischen Kultur in den Westen klar ablesen. Etwa um 1.500 v. Chr. waren die Liparischen Inseln ein Handelsstützpunkt der Mykener, die in der sog. "Tholosbewegung" auch Sar-dinien erreichte9. Die typischen Tholos-Bauten der Mykener haben wahr-scheinlich den Anreiz zum Bau der für Sardinien so typisch gewordenen "Nuraghen" gebildet: zyklopische Rundtürme von teils enormen Dimensio-nen, die vermutlich als Festungssitz für aristokratische Familien gedient ha-ben und von denen es ursprünglich etwa 10.000 auf der Insel gegeben hat. Jürgen Thimme sagt dazu: "Diese megalithischen Festungen, von den Sarden Nuraghen genannt, sind kaum ohne Anregung aus dem Osten, von Mykene, Anatolien oder Syrien denkbar" 10. Megalithische Gräber (Dolmen) und Men-hire sind schon seit der Ozieri-Kultur bekannt; nun nimmt ihre Zahl zu, und was hinsichtlich der zuvor schon erwähnten religiösen Verehrung des Stieres gesagt wurde, findet eine eindrucksvolle Fortsetzung in der Weise, dass man-che der sog. "Gigantengräber" (tumbas de sos zigantes) im Grundriss ganz deutlich einen Stierkopf abgeben, ähnlich wie einige der in etwas späterer Zeit bis ins 1. Jahrtausend erscheinenden "Brunnentempel", in denen sich zusätzlich Stierköpfe und Stierprotomen an betonten Stellen befinden11. Wie Giovanni Lilliu sagt: "Unter den ältesten Beispielen dieser heiligen Brunnen ist der sogenannte Su Putzu-Orroli, der auch mit seinem Grundriß nach Art der Stierprotome dem der Gigantengräber ähnlich ist (die rechteckige Haupt-kammer symbolisiert den Kopf, die Exedra die Hörner des Stieres) und der das Bild einer angebeteten Gottheit heraufbeschwört" 12. Die Nuraghen-Kultur wird mit dem Beginn der sardischen Bronzezeit ab 1.800 v. Chr. angesetzt, bildete sich jedoch erst um die Mitte des 2. Jahrtau-sends charakteristisch heraus. Spätestens ab dieser Zeit entwickelte sich auch 80MMALMOGAREN XLIII/2012 ein ausgeklügelter und weiter Metallhandel zwischen den Levante-Ländern und den Inselstaaten wie litoralen Räumen des Westmittelmeeres, der über Iberien hinaus sogar bis Südengland reichte. Metall war gefragter denn je und Sardinien konnte mit guten Rohstofflagern an Kupfer und Zinn dienen, das für die Bronzeverarbeitung unabdingbar ist. Kupfer- und Bronzegegenstände wurden in und über Sardinien verhandelt, und es ist wohl davon auszugehen, dass die metallurgische Praxis mehr und mehr auch in Sardinien selbst zur Anwendung kam. In der letzten Phase der sardischen Bronzezeit (Stufe III, ca. 1.200–900 v. Chr.) erfolgte ein enormer Aufschwung der Nuraghen-Bauten zu mehrteilig verbundenen Konstruktionen teils gewaltigen Ausmaßes (Viel- oder Mehrpass- Nuraghen). Wieder waren es politische Wirren im Ostmittelmeerraum, die die künftigen Entwicklungen auf Sardinien beeinflussten: "Aus der Tiefe des Donauraumes vorstoßende Stämme vernichteten um 1200 v. Chr. Troja und das mächtige Hethiterreich. Zur gleichen Zeit fiel im Ansturm der sogenannten See-völker auf Zypern das reiche Enkomi und an der Levante Ugarit. Die Philister besetzten die Küstenstriche Palästinas. Ägypten verlor seinen politischen Einfluß im Osten. Schließlich zerstörten im 12. Jahrhundert auch in Griechen-land einwandernde Dorer die mykenischen Burgen" 13. Die kriegerischen Aus-einandersetzungen im Ostmittelmeerraum haben zu prekären Situationen und einem Erlahmen des Metallhandels mit dem Westen geführt. Trotz allem müs-sen auch in diesen schwierigen Zeiten Beziehungen zwischen dem Ost- und Westmittelmeerraum bestanden haben, was das Faktum beweist, dass typisch zyprische Kupferbarren ("Vierzungenbarren") in vielen Orten Sardiniens ge-funden und in die Zeit um 1.200 v. Chr. datiert wurden14. Mit einiger Wahr-scheinlichkeit waren es schon zu dieser Zeit die Phönizier, die das Machtva-kuum ausgenutzt und fortan den Handel mit den Ländern des westlichen Mittel-meeres weitergeführt haben. Daneben ist aber auch zu vermuten, dass das ins westliche Meer segelnde Seevolk der Schardana15 Sardinien erreicht und Kultur-einflüsse aus dem Osten mitgebracht hat. Wie auch immer – sicher ist, dass in der letzten großen Kulturstufe Sardiniens, die mit 900 v. Chr. angegeben wird und den Beginn der Eisenzeit markiert, phönizischer Einfluss auf Sardinien stark wurde. Die Phönizier sind etwa 1.050 v. Chr. auf Sardinien gelandet; eini-ge Götter-Statuetten aus Bronze typisch syrisch-phönizischer Provenienz sowie frühe phönizische Inschriften aus Nora beweisen dies eindeutig16. Mit Beginn des letzten Jahrtausends vor der Zeitenwende setzte in Sardini-en eine wirkliche Blüte im kulturellen und künstlerischen Schaffen ein. Aus dem breiten Spektrum der prosperierenden Kulturäußerungen seien hier ne-ben den bereits erwähnten und jetzt zahlreicher gebauten Brunnentempel- ALMOGAREN XLIII/2012MM81 Anlagen vor allem auch die lebens- bis überlebensgroßen Steinskulpturen genannt, die für das frühe 1. Jahrtausend v. Chr. in ihrer Qualität einzigartig im gesamten Mittelmeerraum sind. Spätestens ab dieser Zeit begann auf der Insel die Produktion von Bronze-Statuetten, die in ihrer teils vollkommenen Qualität, Originalität und einem besonderen, sardisch-autochthonen Stil-empfinden so überwältigend sind, dass ihnen ein erster Rang in der früh-geschichtlichen Kunstwelt eingeräumt werden muss. Im Wachsausschmelz-verfahren wurden sie ("in verlorener Form") im Vollguss hergestellt. Bis heute sind etwa 500 dieser "bronzetti" entdeckt und gesichert worden und befinden sich großteils in den archäologischen Museen von Cagliari und Sassari, Rom, Florenz sowie in verschiedenen Privatsammlungen. Die Bronze-Statuetten müssen schon zu Anfang des 1. Jahrtausends be-gehrte Luxusobjekte gewesen sein, fand man sie doch als Exportwaren unter anderem in etruskischen Gräbern des späten 9. bis 6. Jahrhunderts. Die meis-ten dieser Kleinbronzen entdeckte man auf sardinischem Boden in den Brunnentempeln, wo sie wohl als Votivgaben oder heilige Accessoires dien-ten, in den Gießereiwerkstätten, aber auch in Gräbern, Höhlen, Nuraghen und Wohnhäusern. Die Bronze-Statuetten stellen zum großen Teil menschliche Wesen dar, worunter am häufigsten Krieger mit Schwert, Dolch, Bogen und/oder Schild erscheinen; fast die Hälfte von ihnen trägt den charakteristischen Hörnerhelm in unterschiedlichen Variationen. Daneben erscheinen opfernd oder betend dargestellte Menschen, Priester, aristokratische Frauengestalten, aber auch Menschen aus dem einfachen Volk: Bauern, Handwerker und Musiker. Ob-wohl es in der sardischen Bronzeplastik an Darstellungen von göttlichen We-sen weitestgehend fehlt, stellt eine kleine Gruppe der bronzetti offensichtlich mythische bzw. dämonische Figuren dar: Es gibt etwa eine Reihe von vieräugigen und vierarmigen Krieger-Figuren mit Helmen, deren Hörner in Kugeln enden und an ihrem Schaft mit einer Drahtspirale umwickelt sind (was im Ganzen so aussieht, als sei eine Art Boxhandschuh über die Hörnerspitzen gestülpt)17. Das sardische Motiv des Stierhörnerhelmes als besonderes, kriegerisch-aristokratisches und/oder heiliges Symbol dürfte sein Vorbild im levantinisch-vorderasiatischen Bereich haben. Eine frühe zyprische Bronze-Statuette, die auf Sardinien gefunden und bereits in das 12. Jahrhundert datiert wurde – der berühmte "Barrengott" aus Enkomi – zeigt ein göttliches Wesen in kriegeri-scher Haltung auf einem Barren stehend mit Rundschild und Hörnerhelm18 (vgl. dazu auch die gleiche Darstellungsweise der Schardana auf altägyptischen Bildern; weitere Hinweise in Anm. 15). 82MMALMOGAREN XLIII/2012 Das Symbol der Stierhörner als magisch-rituelle Essenz des Tieres spielte, wie weiter oben erwähnt wurde, schon in früheren Epochen der sardischen Kultur eine bedeutende Rolle. Anhand eines singulären Stückes, es handelt sich um eine knapp 20 cm hohe, anthorpomorphe Maske mit drei Hörnern aus dem 8./7. Jahrhundert, die vielleicht als Bekrönung eines Zepters gedient hat, ist auf sardinischem Boden auch das besondere Motiv der Dreihörnigkeit (bzw. des mythischen Dreihorn-Stieres) dinglich manifest gemacht. Dieses Thema habe ich an anderer Stelle19 ausführlich untersucht und kann hier nicht mehr detaillierter behandelt werden – nur so viel sei gesagt, dass der Ursprung des Dreihornstieres im tief prähistorischen Bereich zwischen Indien und Vorder-asien liegt und offensichtlich über sardische Vermittlung in den südwest-europäischen und dann weiter in den gallo-romanischen Bereich transferiert wurde, wo der "Taureau tricornu" in den ersten Jahrhunderten unserer Zeit eine antike Renaissance erlebte. Aber auch die Gestalt des Stieres selbst wird ab nun in bronzene Formen gegossen. Etwa ein Viertel aller Statuetten machen Tierfiguren aus, und wieder wird der Stier bzw. das Rind mit Abstand am öftesten dargestellt; manches Mal mit dem interessanten Detail, dass ein Vogel auf seinem Rücken oder auch zwischen den Hörnern auf dem Kopf sitzt (darauf wird später noch einmal Bezug zu nehmen sein). Von noch größerem Interesse ist eine wiederum einzigartige Figur unter den sardischen bronzetti: der sog. "Stiermensch von Nule" aus dem 8./7. Jahr-hundert20. Dieses sonderbare Wesen mit hochgestreckten Armen, Stierleib und menschlichem Gesicht steht einerseits in der Tradition der vorderasiatischen und griechischen Minotaurus-Typen, andererseits zeichnet es sich wiederum durch eine Extravaganz aus: einen eigenartigen, zungen- oder biberschwanz-förmigen, weit nach vor hängenden Lappen, der sich in breiter Basis in der Mitte des Kopfes, zwischen den Hörnern, erhebt. Ob es sich dabei – wie Giovanni Lilliu gemeint hat21 – tatsächlich um eine Art Uräus-Schlange nach ägyptischem Vorbild handelt, wie sie Pharaonen als hohes Rangabzeichen und auch der heilige Apis-Stier aus Memphis auf dem Kopf trugen, bleibt freilich ungewiss, doch ist die Deutung immerhin beachtenswert! In jedem Fall ist zu erkennen, dass auch im Rahmen der bronzetti-Produk-tion dem Stier als verehrungswürdige Gestalt bzw. dem Stiergehörn als heili-ges Accessoire eine besondere Bedeutung beigemessen wurde; letzteres ist noch anhand einiger liturgischer Stierhorn-Darstellungen bzw. Zepter-Auf-sätze mit stilisiertem Stiergehörn zu ermessen22. Die verschiedenen Bronze-Statuetten sind in ihrem Stil nicht einheitlich; vor allem mit Bezug auf die menschengestaltigen Bronzen teilt man grob in ALMOGAREN XLIII/2012MM83 die sog. "Uta-Abini"- und in die "Barbaricino"-Gruppe ein. Erstere stellt über-wiegend die Hirtenaristokratie dar und unterteilt sich wieder in die Uta- und in die Abini-Gruppe. Ist der Uta-Stil eher geometrisch gegliedert und in seiner Form schlichter orientiert, so wirkt der Abini-Stil dagegen fast barock-ver-schnörkelt und formenreicher. Vor allem im Abini-Stil sind fremdländische, vorderasiatische Einflüsse stark spürbar, die man unter anderem in den Luristan-Bronzen (Zagros-Gebirge, Iran) und in der Kunst des Urartu-Rei-ches im armenischen Hochland sichtet (auch der Stiermensch von Nule ist hier einzuordnen). Der Barbaricino-Stil stellt nicht die Aristokratie sondern vorwiegend Menschen aus dem einfachen Volk dar. Allgemein lässt sich sa-gen, dass diese Richtung in ihren Gestaltungen freier ist, nicht geometrisch orientiert aber auch nicht verschnörkelt; vielmehr einem realistischen Prinzip folgend. Hier scheint sich ein syrisch-/phönizisch-/zyprischer Stileinfluss aus-gewirkt zu haben. Die Bronze-Statuetten werden oft "sardo-phönizisch" genannt, obwohl die-ses Attribut eigentlich irreführend bzw. ungenau ist. Es gründet sich zum einen darauf, dass man den Beginn dieser Kunstwerke mit der Ankunft der Phönizier in Sardinien in Verbindung bringt und zum anderen darauf, dass phönizische Stilmerkmale in den sardischen Statuetten teilweise wiederzu-erkennen sind. Wie aber erstens bereits erwähnt wurde, betrifft dies bestenfalls die Barbaricino-Gruppe, wogegen die Uta-Abini-Werke wesent-lich weiter gefächerte Stilelemente aus noch anderen Kulturen Vorderasiens, vielleicht auch Kretas und Ägyptens aufweisen. Zweitens ist die absolute Datierung der in Sardinien gefundenen Bronze-Statuetten in den allermeis-ten Fällen einigermaßen unsicher. Man setzt ihren Beginn allgemein in das 9. Jahrhundert v. Chr. – das Problem dabei ist jedoch, dass die Bronzen in keinen stratigrafischen Fundzusammenhängen gefunden wurden, die eine unanfechtbare zeitliche Einordnung garantieren könnten. Und immerhin ist dabei noch weiters zu bedenken, dass vor allem die perfekt gearbeiteten Bronzen des Uta-Abini-Stils eigentlich weniger einen Anfang (9. Jhdt.) als vielmehr den reifen Höhepunkt einer Entwicklung zeigen. Es müssten also ältere Vorläufermodelle anzunehmen sein, die realiter allerdings fehlen. Dies hat unter anderem zu der Überlegung geführt, dass Gussmeister und Bronze-künstler aus Luristan und/oder Urartu mit den phönizischen Schiffen an Land kamen, wo sie ihre ausgereifte Technik in Form der sardischen Bronzen un-mittelbar umsetzten. Diesem Gedanken widerspricht aber wiederum das Faktum, dass die Bronzen einen ausgeprägten autochthon-sardischen Eigen-charakter aufweisen. 84MMALMOGAREN XLIII/2012 Die sardischen Stierboote: Darstellungen mit symbolischem Tiefgang Eine besondere Stellung unter den bronzetti stellen eigentümliche Schiffs-bzw. Bootsplastiken dar. Ihre Anzahl ist mit etwa 75 Stück verhältnismäßig hoch, und ihre Ikonografie ist insofern von spezifischem Gepräge, als die Besonderheit der meisten Bootsbronzen in einer Bugprotome eines gehörnten Tieres liegt, worunter wiederum das Rind mit Abstand am häufigsten erscheint (seltener sind Hirsch oder Ziege, einmal erscheint sogar ein antilopenartiges Tier). Die elaborierteren Stücke weisen mit ihren skurril bis teilweise fast humoristisch wirkenden "Tierbesatzungen" eine absolute Einzigartigkeit auf – ikonografische Details werden im Anschluss noch genauer besprochen. Die Stücke bewegen sich in einer Längendimension von ca. 10-30 cm und die meisten von ihnen haben eine Aufhängvorrichtung in Form eines Ringes und/oder – falls der Bootskörper schmal gestaltet ist – eine stabilisierende Querleiste an der Kielunterseite zum besseren Stehvermögen. Der genaue Sinn bzw. die Bedeutung dieser Bootsbronzen ist ungeklärt. Man vermutet, dass sie als liturgische Öllampen in Heiligtümern gedient haben, zumal ein Teil der Stücke in den Brunnentempeln gefunden wurde. In den Nuraghen, wo sie ebenfalls entdeckt wurden, verwendete man sie wahrscheinlich auch als Be-leuchtungskörper und vielleicht auch als kleine Aufbewahrungsgefäße. Es scheint aber doch gewiss, dass ihnen ein magisch-ritueller bzw. religiös-sym-bolischer Gehalt inne liegt, zumal sie neben ihrer Funktion als Accessoires in den Brunnentempeln auch als Beigaben in Gräbern (zumal in Etrurien) auf-gefunden wurden. Ihre Erzeugung dürfte vom 9. bis ins 6. Jahrhundert ge-reicht haben. Die vermutlich älteren Stücke weisen zumeist noch keinen Mast auf, ihr halb verdeckter oder offener Bootskörper (Abb. 1)23 zeigt noch wenige Verzierungen; die Aufhängöse ist wie in Abb. 2 24 an bootsüberspannenden Tragbändern befestigt. Die Rinderprotome ist hier stilisiert, der Hals des Tie-res sowie die Hörnerenden sind von einem Draht umwickelt (in Gusstechnik realisiert), und zwischen den Hörnern bildet der Draht eine Spirale: eine Symbolverbindung, die sich bereits in den ozieri-zeitlichen Feenhäusern ge-funden hat, wo Stiergehörn und Spirale gemeinsam erscheinen bzw. die Stier-hörner selbst in spiralisch gedrehter Form dargestellt sind, und die auch noch bei nachfolgenden Bootsbronzen weitergeführt wird, wie in Abb. 3 25 zu erken-nen ist. Hier erscheinen erstmals auch Tiere am Boot: Auf dem Ring zur Auf-hängung sitzt ein Vogel, und zwei weitere – wohl Enten – befinden sich gegen die Fahrtrichtung zu beiden Seiten an der Bordkante. Abb. 4 26 zeigt ein Stierboot mit Mast und Reling, die von vier Pfosten mit aufgesetztem Knauf eingefasst wird. Annähernd der gleiche Knauf krönt auch den Mast, auf dem sich die Öse zum Aufhängen mit dem Vogel darauf befin- ALMOGAREN XLIII/2012MM85 det. Die Rinderprotome ist stilisiert dargestellt; die Schnauze des Tieres ist seltsam nach oben gebogen und die hoch ragenden Hörner enden in Kugeln, ein häufig zu beobachtendes Charakteristikum der sardischen Bronzen. Diese Sitte hat sich womöglich bis heute in Brauchtümern erhalten: Zum Efisio-Fest am 1. Mai werden in Cagliari die Hörnerspitzen der Ochsen, die die Kutsche mit dem Heiligenbild ziehen, mit Orangen und Wollbüscheln geschmückt. Und portugiesischen Kampfstieren werden, bevor man sie in die Arena führt, Stoff-bälle auf die Hörner gesteckt. Hinsichtlich eines ersten Deutungs- und Interpretationsversuches der sar-dischen Bootsbronzen muss hier zum ersten Mal inne gehalten und auf zwei Aspekte hingewiesen werden: Zum einen auf die Darstellung des Vogels, der auch bei den etwas späteren, figürlich reicher ausgeformten Bootsbronzen ein konstantes Attribut mit zweifelsfrei besonderem Symbolgehalt ist. Er befin-det sich dort zumeist auf der Spitze des Bootsmastes, wo er in Ösenform zur Aufhängung gestaltet ist oder aber am oberen Ende des Aufhängringes sitzt. Schon weiter vorne ist darauf hingewiesen worden, dass sich auch bei man-chen Rinderbronzen ein Vogel auf dem Rücken oder Kopf des Bovinen befin-det – eine deutliche Analogie, führt man sich dabei die mythisch-weltanschau-lich bedingte Sitte vor Augen, den Schiffen durch die Tierprotome ein therio-morphes Aussehen zu verleihen, um sie so gleichsam zu lebendigen Wesen zu machen. Von schier unzähligen Völkern und Kulturen ist das mythische Bild vom Vogel, der im oder auf dem Weltbaum bzw. auf der Spitze der Weltsäule sitzt, in bildlichen Darstellungen und schriftlicher Form überliefert. Es ist zumeist eine Art "Seelenvogel", der entlang der Axis mundi in den Himmel gelangt. Auch in schamanistischen Kulturen war und ist dieses Bild omniprä-sent; hier jedoch oft so interpretiert, dass der Vogel den Schamanen entlang dieser Weltstütze in die himmlischen Gefilde trägt (bzw. der Schamane selbst Vogelgestalt hat), wo er seine Heilungen vornimmt. Ist auch auf den sardi-schen Stierboot-Bronzen das Federtier eine Art "Seelenvogel", und soll das Bild des Mastes auf dem "Stierrücken" eigentlich eine Verbindungsvertikale zwischen dem diesseitigen Hier und dem jenseitigen Dort darstellen? Im An-schluss wird auf diese Thematik noch einmal eingegangen werden. Zum anderen muss betont werden, dass neben der schon genannten Analo-gie zwischen dem Motiv der Spirale und dem Stiergehörn in den Feenhäusern der Ozieri-Kultur und den sardischen Stierboot-Plastiken noch eine weitere Parallele liegt, die sich womöglich zu dem vorhin genannten thematisch fügt: In manchen der Höhlennekropolen befinden sich neben den Stierkopf- und Stierhörner-Darstellungen auch Bootsdarstellungen, was schon von anderen Wissenschaftern zu der Vermutung geführt hat, diese Schiffe könnten Toten- 86MMALMOGAREN XLIII/2012 boote darstellen, die die Seelen der Verstorbenen ins jenseitige Land beför-dern. Dass eine solche Vorstellung gerade bei Inselbewohnern und Seefahrern als eine Fahrt über das Wasser gedacht wurde, ist nahe liegend. Dazu mag der alte, ursprünglich im ägäischen Raum beheimatet gewesene und dann mit den Seefahrern weit in den westmediterran- bis westeuropäischen Raum verbrei-tete Mythos von der "Insel der Seligen" passen. Jene Insel wäre im westlichen Meer der Abendröte gelegen, und es würde nicht verwundern, wenn für See-fahrer des Ostens die Suche nach diesem Elysium ein wesentlicher Impuls-geber für Fahrten in das westliche Meer gewesen wäre. Symbolforscher, wie Manfred Lurker und Hans Biedermann, haben tref-fend darauf hingewiesen, dass sich auch schon die frühchristliche Kirche die-ses alten Mythenbildes angenommen hat, indem sie die Ekklesia mit dem "Schiff Petri" oder der "Arche Noah" gleichsetzte, die zum himmlischen Ziel führt27. Und die frühesten christlichen Schiffsdarstellungen auf Grabmälern stellen die Fahrt der Toten zum Hafen der Ewigkeit dar, wobei auch hier das Detail interessant ist, dass auf der Spitze des Mastes der Vogel als Seelen-symbol dargestellt ist28. Dasselbe mythische Motiv liegt noch in der legendären Seereise des heili-gen Brendan vor, einer ursprünglich keltischen Geschichte aus dem 8./9. Jh. n.Chr., die im Weiteren verchristlicht wurde. Ziel der Reise Brendans war die "Terra Repromissionis", die verheißene Insel im Westen, das Land der Seligen: "Es liegt eine Insel in weiter Ferne [...], vier Pfeiler tragen sie [...] Dort steht ein heiliger Baum, mit Blüten bedeckt, auf dem die Vögel die Stunden ausrufen [...]" 29. Die Navigatio Sancti Brendani war eine im Mittelalter äußerst beliebte Geschichte; Brendans Insel bzw. Inselgruppe war auf mehreren mittelalterli-chen Seekarten verzeichnet, und bis ins 18. Jahrhundert wurden Expeditionen zur Suche nach diesem Archipel unternommen, das man später in den Kanarischen Inseln oder gar Amerika glaubte, real wiederfinden zu können. Wenn die Kraft einer Legende noch bis in die letzte Neuzeit ausreichte, um eine mythische Insel ausfindig machen zu wollen, wieso sollte dieser für See-fahrer der Vorgeschichte lebendige Mythos also nicht stark genug gewesen sein, Inseln im Westen zu suchen, die neu zu besiedelndes Land mit der Hoff-nung auf ewige Seligkeit versprachen? Die Schiffe aber mochten für das angesehen werden, was sie für die Men-schen entsprechend dem Mythos sein mussten: "Jenseitsboote" insofern, als sie in das verheißene Andersland der Seligkeit führen; "Toten- oder Seelen-boote" vielleicht in der Weise, dass auch die letzte Fahrt nach dem Tod auf ALMOGAREN XLIII/2012MM87 solch einem Schiff ins Land der Seligen führen wird. Es scheint von da her nicht weit hergeholt, dass das Schiff als reales Fortbewegungsmittel eine es-sentielle Bewertung und in Folge auch eine mythisch bedingte Überhöhung erfahren hat, was materiell zuletzt in Form der sardischen Bronzeboote mani-fest gemacht wurde. Ein Stück der Meisterklasse unter den sardischen Stierbooten liegt in einer Bronze aus dem 8. Jahrhundert vor, das einen schalenartigen Bootskörper mit verzierter Umrandung und eine grazile, fast waagrecht wegführende Stier-protome mit dicken Kugeln auf den Hörnern zeigt (Abb. 5)30. Noch mehr als andere Plastiken mit Tierprotomen entlockt diese Darstellung dem Betrachter das Gefühl, dass das Boot als lebendiges Wesen dargestellt ist; auf den ersten Blick wirkt es fast wie eine Schnecke, die sich in geduldiger Mühsamkeit mit ihrer Besatzung über die Wasser quält. Tierbesatzungen erscheinen auf den sardischen Bronzebooten öfters; auf einem Stück, das später besprochen wird, in sogar noch wesentlich mannigfaltigerer Weise als hier, doch ist diese Ab-folge in ihrer skurrilen Art eine absolut einzigartige Kreation: In der Boots-mitte sitzt ein Affe mit der Aufhängöse auf dem Rücken und gewandtem Kopf, der sich mit der linken Pfote sein Gesäß zu kratzen scheint. Zu beiden Seiten hocken auf der Bordkante zwei ithyphallische Affen mit spähender Handgeste gegeneinander gerichtet. Das eine Tier weist mit ausgestreckter Rechten auf sein Gegenüber, das andere aber schnappt mit seiner Hand einen Fuchs am Ohr; der Fuchs wiederum wird von einem Hund am Schwanz gebissen. Am hinteren Bootsrand befindet sich noch eine Ratte oder Maus mit einigem Ab-stand zum Späheraffen. Dass es sich bei dieser Darstellung nicht um ein Abbild eines realen Tier-transportes handelt, versteht sich von selbst. Immerhin ist auffällig, dass menschliche Besatzung grundsätzlich bei allen sardischen Bootsdarstellungen fehlt. Über die Bedeutung dieser Ikonografie kann man freilich nur mutma-ßen, denn hinsichtlich dieser Tierbesatzung gibt es außerhalb dieser sardi-schen Bronzen nirgendwo auch nur annähernd ähnliche Bootsdarstellungen, aufgrund derer Vergleichsmöglichkeiten bestünden. Dass dieser gekonnten und eigentümlichen Tierabfolge womöglich auch ein humoristischer Aspekt inne wohnt, widerspricht sich nicht mit der Tatsache einer symbolischen Inhaltstiefe des ikonografischen Rasters der Tierbesatzung an sich. Grund-sätzlich wäre denkbar, dass durch den Wegfall des Menschen als Besatzungs-mitglied eine mythische Überhöhung durch den Transfer ins Tierreich erreicht werden wollte. Vielleicht sollten die Affen, die auf Sardinien wohl nie autoch-thon heimisch waren, im Besonderen das Fremdländische markieren. Maka-ken konnten von den vorderasiatischen Einwanderern aus ihrer Heimat mit- 88MMALMOGAREN XLIII/2012 gebracht worden sein, möglicherweise stehen die Affen auch als Ersatz für die menschliche Besatzung, sind sie doch in ihrem spähenden Blick gewisser-maßen auch "navigierend" dargestellt. Womöglich stehen die anderen Tiere Pate für die unterschiedlichen Tierarten, vielleicht ist dieses Schiff also eine Art von "Weltarche" und damit auch ein Bild von der Welt, ein mythisches Weltbild en miniature? Bei diesen Erwägungen gelangt man wieder zum Mythos von der Insel der Seligen. In Brendans mythischer Seereise wird sie aufschlussreich geschil-dert: auf vier Pfeilern ruhend, mit einem heiligen Baum, auf dem Vögel sit-zen. In der Legende von Brendan verbirgt sich noch ein besonders archai-sches, mythisch-kosmografisches Motiv: nämlich jenes vom erd- bzw. insel-tragenden Tier, das in der Heiligenlegende der Fisch "Jasconius" ist. Das Mythenmotiv vom vornehmlich aquatisch gedachten Erdträger-Tier (Fisch, Schlange, Schildkröte), welches auch als in den unterirdischen Gewässern schwimmendes Schiff vorgestellt wurde, war in der Alten Welt äußerst weit verbreitet: grob gesagt von Indonesien, Indien, Vorderasien, Sibirien bis West-europa. Etwa die gleiche Verbreitung hatte die Idee vom unterirdischen Stier, der im Wasser oder auf einem Fisch stehend die Erde hält bzw. eine oder mehrere Säulen auf seinem Rücken trägt, auf denen die Erde ruht31. Dort, wo es Überschneidungen gegeben hat und beide Vorstellungskreise aufeinander getroffen sind (was des Öfteren der Fall ist), wurden die Gestalten "Stier" und "Fisch bzw. Schlange" kontaminiert, woraus etwa eine stiergehörnte Schlange werden konnte oder aber zwei Fische, die wie Ochsen ins Rindergeschirr ge-spannt die Erde tragen müssen (Johannes-Apokryph). Die Heiligenlegende verarbeitet dieses mythische Motiv im Klischee des Abenteuer und Prüfungen bestehen müssenden Brendan nur noch episoden-haft: Im Glauben Brendans, er habe die verheißene Insel schon gefunden, leg-te er sein Boot an Land und musste daraufhin erkennen, dass die vermeintli-che Insel der Seligen nur der Rücken eines riesigen Fisches war. Eine ursprüng-lichere Fassung ist wohl so anzunehmen, dass es eben dieses selige Eiland war, das von einem Fisch oder nach einer anderen Fassung womöglich auch von einem Stier getragen wurde. Wie vorne beschrieben stand, wonach die Insel von Pfeilern gestützt werde, so mögen das jene kosmischen Säulen sein, die das Tier laut Mythos auf seinem Rücken trägt und worauf die Erde bzw. die Insel ruht. Andererseits wurde nach früher Anschauung offensichtlich auch das Schiff Brendans vom Fisch getragen vorgestellt, wie eine Miniatur aus einem Kodex des frühen 15. Jahrhunderts zeigt32. Schiff wie Land sind die Inseln im Meer und stehen mit einem Tier in enger Assoziation: Es ist der Fisch oder auch der Stier, dessen Rücken die für Men- ALMOGAREN XLIII/2012MM89 schen bewohnbare Welt darstellt; in einem parallel realisierten Bild trägt die-ses Tier die Insel oder das Schiff. Die beiden "Inseln im Meer" – Land wie Schiff – zeichnen sich durch ein weiteres gemeinsames Charakteristikum aus: Auf der Insel befindet sich der Weltbaum mit den Vögeln und auf dem Schiff die vielleicht nur vordergründig als "Mast" zu sehende Vertikale, auf der der Vogel sitzt (weiter hinten werden noch Boote mit Tierprotomen vorgeführt, die anstelle des "Mastes" einen Baum oder eine stilisiert dargestellte Vertika-le in Standarten-Form zeigen). Zu vermuten ist, dass der Grund für diese Analogie in einer Art "Sympathie-Zauber" zu suchen ist, wonach jenes Was-serfahrzeug, das zur Insel führt und gleichzeitig selber eine Insel ist, der ely-sischen gleichen bzw. ein miniaturhaftes Abbild ihrer sein muss, damit es gleichsam von selbst dorthin finden kann. Wie in Abb. 4 zu sehen ist und es sich auch bei anderen bemasteten Boots-darstellungen in unterschiedlicher Prägnanz wiederholt, ist diese Vertikale bei den sardischen Bootsbronzen nicht als dienlicher Mast zur Befestigung einer Rah gestaltet. Er ist im Verhältnis zum Bootskörper zu gedrungen und weist auch keinerlei Art der Anbringung für eine Segelquerstange auf (auch keine Spuren einer ehemaligen Befestigung). Der überall erscheinende Knauf auf der Spitze der Vertikalen kann seiner Gestaltung nach kein Aussichtskorb sein; er erscheint in Abb. 4 auch auf den vier die Reling durchbrechenden Pfählen. Sollen jene vier Pfeiler auf dem Boots- bzw. Stierrücken vielleicht die vier Säulen der Terra Repromissionis versinnbildlichen, und der zentrale "Mast" mit dem Vogel gleich bedeutend sein mit dem von Vögeln bewohnten Welt-baum auf der elysischen Insel? Eine kleine, nur knapp über 8 cm hohe sardische Bronze könnte die Vermu-tung, dass es sich bei dem Pfeiler auf dem Stierboot nicht um einen profanen Mast handelt, weiter unterstützen. Das in dieser Form singuläre Stück zeigt eine männliche Figur in Kombination mit einem Stier: Der Mann umfasst mit seiner rechten Hand eine Art Zepter, das als Aufsatz einen Nuraghen-Turm trägt und dabei vom Kopf des Stieres hochragt (Abb. 6)33. Kleine Nuraghen- Modelle kennt die sardische Kunst öfters; aus Stein geformt oder aber in Bron-ze gegossen, wie eine Skizze in Abb. 7 34 zeigt. Es handelt sich hier um einen Mehrpass-Nuraghen mit vier seitlichen, kleineren Türmen und einem zentra-len, hohen. Allen diesen Türmen, inklusive jenem in Abb. 6, ist der doppel-konische Knaufabschluss eigen – sehr ähnlich jenen Knäufen auf dem Stier-boot in Abb. 4. Genau genommen sind es auch hier vier umgebende, kleinere Pfeiler bzw. Türme, aus deren Mitte sich der höchste erhebt: eine Reminiszenz an einen Vierpass-Nuraghen, der sich in Abb. 4 auf dem Stierboot-Rücken befindet? 90MMALMOGAREN XLIII/2012 Die Stiere bzw. Stierboote – und beides ist mit Empathie für gleich zu hal-ten – tragen Vertikale auf ihrem Rücken oder Kopf, deren Vorbild nach sardi-schem Muster vielleicht in den Nuraghen-Türmen zu sehen ist. Es ist früher schon davon gesprochen worden, dass nicht wenige der sardischen Bronzen offensichtliche und unverkennbare Motiv- und Stilparallelen zur Kunst des Urartu-Reiches aufweisen, das um ca. 860 v. Chr. gegründet wurde und sich in seiner Ausdehnung rings um den Van-See in Ostanatolien (armenisches Hoch-land) gruppierte. Hinsichtlich der Stierboote bzw. des Stieres in Abb. 6 mit ihrer Vertikalen auf dem "Rücken" bzw. Kopf kann ein Relief aus der urartäischen Stadt Adilcevac aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. zu Vergleichs-zwecken herangezogen werden (Abb. 8)35: Eine göttliche Gestalt im Sternen-mantel und mit einem astralen Symbol auf dem Kopf steht auf einem Stier, der auf seinem Haupt eine zepterartige Vertikale trägt, die im oberen Bereich eine Dreiteilung aufweist (ob es sich dabei um Federn, Blätter oder Lanzen-spitzen handelt, sei hier dahingestellt). Die Darstellung beinhaltet vermutlich einen hohen mythologischen Wert: Die Gabel- oder Dreispross-Form ist sehr typisch für die Weltsäule, und der Gott ist mit seinem gestirnbesetzten Ge-wand wahrscheinlich schon für sich eine anthropomorphe Erscheinung der Axis mundi. Eine Variante dieses Mythenbildes mag auch in Form eines Fels-bildes aus dem benachbarten Tiri in-Plateau vorliegen (Abb. 9)36: Ein Stier mit auffällig rechteckigem bzw. quadratischem Körper trägt eine baumartige Vertikale auf seinem Rücken. Denkbar ist auch, dass es sich bei dem "Baum" um eine stark stilisierte anthropomorphe Gestalt handelt, die ithyphallisch, mit nach oben gestreckten Armen und gehörnt dargestellt ist (vergleichbare Petroglyphen aus dem gleichen Felsbildbezirk zeigen solche Figuren nämlich deutlicher anthropomorph realisiert). Vielleicht wollte der Schöpfer des Bil-des sogar bewusst ein Spiel mit der Wandlung zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen der Weltsäule herbeiführen, die neben ihrer bautümli-chen Form als Pfahl oder Turm sowohl wachstümlich als Baum wie auch in menschlicher Gestalt auftreten kann. Der geometrisch dargestellte Körper des Stieres hebt sich auffällig vom ansonsten eher naturnah gezeichneten Kopf mit der geschwungenen Rückenlinie ab, womit der Felsbild-Künstler sicher etwas zum Ausdruck bringen wollte. Es ist bekannt, dass Rechteck oder Qua-drat sehr weit verbreitete Piktogramme mit der Bedeutung "Erde oder Welt" sind. Gibt das Bild vielleicht einen Stier wieder, dessen Körper die Erde sym-bolisiert, von der die Weltsäule in den Himmel reicht? Nimmt man die sardischen Stierboote bewusst als lebendige Wesen – also als Stiere – und fügt man dazu den real dargestellten Stier in Abb. 6 mit sei-nem knaufbesetzten Pfeiler bzw. Turm auf seinem Kopf, so sind motivische ALMOGAREN XLIII/2012MM91 Übereinstimmungen mit den Bildern aus dem vorgeschichtlichen Armenien zu erkennen. Das, was ausgesprochene Binnenländer nur terrestrisch bewer-ten konnten, den Körper eines Tieres als Erde bzw. Welt, war von Seefahrern leicht in ihre "kleine Welt" zu übersetzen, deren feste Planken sie über die wogende und unsichere See führte: den Schiffs- oder Bootskörper. Das fixier-te, mythisch-kosmografische Kürzel: "Tierkörper (=Welt/Erde) + Pfahl oder Baum (=Weltsäule, die sich von der Erde in den Himmel erhebt)", konnte so-mit auf die "Weltarchen-Boote" angewandt werden. Und wenn dies, so ver-mutlich auch das andere, wonach die Inseln im Westmeer, die es zu suchen und zu finden galt, im Denken dieser Menschen nach eben diesem mythi-schen Weltmuster geformt waren. Auch die sagenumwobene und mit dem Elysium gleich gestellte Insel Atlantis wurde von Platon mit einer inselmittigen Säule als das größte Heiligtum geschildert. Und bemerkenswert ist immerhin, dass nach Platons Beschreibung auch diese Säule einen "Knauf" trägt37. Das Hirschboot aus Vetulonia Boote mit Hirschprotomen sind meines Wissens einzigartig und als beson-dere, originär sardische Schöpfung zu verstehen (Abb. 10 a). Nicht minder ist man sich darüber einig, dass das Hirsch-Motiv, welches in der sardischen Bronzeplastik auch noch in Form von Doppel- oder Dreifach-Protomen als Stan-darten- oder Zepteraufsätze erscheint, unter orientalischem Einfluss steht38. In frühetruskischen Gräbern aus dem späten 9. bis 8. Jahrhundert in Vetulonia, Trestina und Vulci wurden eine Reihe von sardischen bronzetti gefunden, darunter einige Stierboote und Hirschprotomen. In der "Tomba del Duce" in Vetulonia konnte man das vielleicht bedeutendste und am reichsten ausgestat-tete aller Boote sardischer Produktion finden (Abb. 10 b) 39. In den Worten von Michel Gras: "Besonders beeindrucken der Reichtum der Verzierung und die Überfülle von Tieren, die auf dem Rand des Schiffes dargestellt sind und es zu einer wahren 'Arche Noah' machen, wie man gesagt hat: Es gibt dort Hunde, Schweine, Rinder, einen Fuchs, ein Mufflon, einen Igel und einige andere Tiere, die schwer zu bestimmen sind (Nagetiere, Vögel), und nicht zu vergessen den Hirsch, dessen Protome mit Tauen am Bug des Schiffes befestigt ist. Das Joch, das die beiden Rinder miteinander verbindet, bildet zugleich die 'Bootsbrücke' mit einem Ring in der Mitte, der ein Aufhängen des Objektes ermöglichte. Von Interesse, wenn auch rätselhaft, ist der Pfahl auf dem Schiffsbug" 40. Dieses Boot mit mehr als einem Dutzend tierischer Bewohner weist keinen zentralen "Mast" auf, der sich meiner Ansicht nach aber gerade in Form des "rätselhaften" Pfahls wiederfindet, der am Bug des Schiffes, sprich: auf dem Nacken des Hirsches, in die Höhe ragt. Die feine Struktur dieses Pfeilers – in 92MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 10 nicht genau zu erkennen – weist nämlich wiederum die Grundstruktur des vierpassigen Nuraghen-Turmes auf: Der Pfahl besteht aus vier halbsäulen-artigen Gebilden, an deren Spitze wieder jeweils ein Vogel sitzt, und bekrönt werden sie von dem bekannten doppelkonischen Knauf, der sich ansonsten an der Spitze des Mastes bzw. an der Spitze des zentralen, höchsten Nuraghen- Turmes befindet (vgl. dazu Abb. 7). Dies kann als weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass die als profane Masten interpretierten Vertikalen auf den anderen Booten eben das in Wahr-heit gar nicht sind, sondern sich dieser Pfahl – orientiert nach dem Nuraghen- Vorbild – vom "Rücken des Horntieres" auf dem zentralen Bootskörper auch auf den "Nacken des Boviden" zum Bug des Schiffes hin verschieben konnte, was zuletzt ganz dem mythischen Vorbild vom Stier bzw. Hirsch entspricht, der nach schriftlichen wie bildlichen Überlieferungen seine Weltsäule auf dem Rücken ebenso gut trägt wie auf seinem Nacken oder Kopf (man vergleiche dazu auch noch die feinen ikonografischen Differenzen bei den sardischen Stierbronzen, auf denen der Vogel als "Weltsäulen-Anzeiger" sowohl auf dem Rücken oder Widerrist als auch auf dem Kopf des Stieres erscheint). Vermutlich ist auch dieses elaborierte Hirschboot – eine Grabbeigabe (!) – als eine Art von "Weltenarche" mit kosmologischer Symboltiefe zu verstehen. Motiv-Vergleiche und Kulturgeschichte: Der dreitausendjährige Weg des Stierbootes vom Nil übers Rote Meer zu den Strömen Mesopotamiens und aus der Levante zum westlichen Mittelmeer in den Atlantik Die Archäologie konnte auf Sardinien keine prähistorischen Schiffsreste sicherstellen (ein bedauernswerter Umstand, der jedoch in den seltensten Fäl-len bei Schifffahrt treibenden Völkern der Vorgeschichte gelingt), auch liegen auf der Insel keine anderen bildlichen Dokumente etwa in Form von Felsbil-dern vor, die einen Eindruck vom Aussehen der seinerzeitigen, realen Han-dels- und Kriegsschiffe der Sarden vermitteln könnten. Wohl aber kennt man einige, vielleicht bronzezeitliche Felsritzungen aus Südspanien vom Abri Laja Alta bei Jimena de la Frontera im Osten der Provinz Cadiz, die Schiffe bzw. Boote mit ein oder zwei hochgezogenen Steven darstellen, die vermutlich eine oder zwei Tierprotomen tragen bzw. mit einer Hörnerzier ausgestattet sind (Abb. 11)41. Selbst auf den Kanarischen Inseln könnten prähistorische Felszeichnungen Boote wiedergeben, deren hochgezogene Steven mit einem Hörnerschmuck bzw. einem Tierkopf versehen sind: Auf Gran Canaria im Barranco de Balos findet sich ein Felsbild, das vielleicht ein Schiff mit gehörntem Steven zeigt; der zweite scheint sich einem Herzblatt ähnlich zu formen (oder sollte es ein ALMOGAREN XLIII/2012MM93 Tierkopf sein?). In der Mitte des Bootskörpers dürfte sich eine Art Kajüte befinden (Abb. 12). Dazu schreibt Dominik Josef Wölfel im Jahr 1955: "[...] habe ich schon vor zwölf Jahren einen frühen und häufigen Schiffsverkehr mit der Insel vorausgesetzt, und so selbstverständlich diese Folgerung ist, müssen doch nun auch die schärfsten Zweifler verstummen, wenn ich ihnen einen Schiffstypus, graviert auf einer Felswand Gran Canarias, vorführen kann, der unzweifelhaft mit den Schiffstypen auf skandinavischen Felswänden, mit sol-chen in der nubischen und arabischen Wüste und auf prädynastischer Keramik Ägyptens zusammengehört [...]" 42. Antonio Beltrán Martínez hat jedoch die Meinung vertreten, dass es sich bei diesem Felsbild um keine Schiffsdar-stellung sondern um ein neuzeitliches Monogramm handelt43. Die Deutung Beltráns ist möglich, wenngleich ich sie für nicht zwingender als Wölfels hal-te. Wie auch immer, Hans-Joachim Ulbrich hat eine Felsritzung aus dem Valle de Fuente Salada in Lanzarote vorgestellt, das eindeutig ein Schiff darstellt. Auffällig dabei ist die klar herzförmige Bugstevenzier, die im Ganzen an ei-nen stilisiert geformten, theriomorphen Kopf mit Ohren oder Hörnern erin-nert. Die Kritzeleien im Bootskörper sind schwer auszumachen; mögli-cherweise kann man dabei einen zentralen, relativ hoch gestalteten, kajüten-artigen Aufsatz erkennen (Abb. 13)44. Ulbrich datiert das Felsbild als "sehr wahr-scheinlich vorspanisch", worunter er sehr vorsichtig sämtliche Zeitepochen vor 1290 unserer Zeitrechnung versteht. Die Darstellung erinnert ihn an "ähnlich gebaute Schiffe der Bronze- und Eisenzeit", wozu vielleicht noch eine Fels-zeichnung aus El Julán von der Insel El Hierro passen kann, die ein Boot mit hoch gezogenen Steven und vielleicht überdachtem Verdeck in Kajütenform zeigt (die Datierung reicht von spätneolithisch bis bronze- oder eisenzeitlich)45. Höchstwahrscheinlich hat das Aussehen solch realer Schiffe als Vorbild für die Gestaltung der sardischen Bronzeboote gedient; vor allem hinsichtlich der typischen theriomorph-bovinen Bugprotomen bzw. Tierkopfsteven. Dass die-se Bugzier orientalische Vorbilder hat, ist in weiten Kreisen der heutigen Wissenschaft unbestritten; J.W. Meyer schreibt dazu etwa: "Die Sitte, Bug und Heck mit Tierprotomen – besonders mit Vögeln – zu schmücken, beruht auf einer ägäischen Tradition der Spätbronzezeit, in der auch die 'Seevölker' ste-hen. Noch im 1. Jts. v. Chr. ist dieser Brauch weit verbreitet und ähnliche Schif-fe sind von zahlreichen phönizischen Darstellungen bekannt" 46. Diese teils wie Schwimmenten aussehenden Kriegsschiffe der Seevölker sind etwa auf einem Relief des Grabtempels von König Ramses III. in Medinet Habu (bei Theben) zu sehen (vgl. Anm. 15). Dass für den menschlichen Eindruck ein so typisch "aquatisches Tier" wie die Ente oder auch der Fisch leicht zu einem Schiffswesen werden konnte, ist 94MMALMOGAREN XLIII/2012 dabei nicht weiter verwunderlich. Auf einer etruskischen Pyxis aus Caere (7. Jahrhundert v. Chr.) stehen sich etwa ein Boot, dessen Körper als Fisch mit offenem Maul gestaltet ist, und ein bemastetes Entenboot gegenüber; wie es scheint zum Kampf bereit: denn beide sind mit Ruderern und Kriegern be-mannt47. Denkbar wäre immerhin, dass die Entenkopfsteven dieser Schiffe einen Anreiz für die Sarden gegeben haben, auch ihre Bronzeboote teilweise mit Entenvögel auf der Reling zu besetzen (vgl. Abb. 3); wenngleich: Entenprotomen finden sich in Sardinien nirgends. Die Phönizier kannten aber nicht nur Schiffe mit Vogelkopfsteven (sprich: Entenprotomen), sondern sie zierten ihre Steven auch mit Pferdeköpfen, wie aus Abb. 14 48 hervorgeht. Dieses Detail aus einem Flachrelief im Palast des assyrischen Königs Sargon II. in Dur Šarrukin (heutiges Chorsabad) aus dem ersten Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr. zeigt phönizische Schiffe beim Lasten-transport von Zedernstämmen. Etwa aus der Mitte des 9. Jahrhunderts v. Chr. zeigen Bronzebeschläge auf den Palasttoren von Imgur-Enlil (heute Balawat) des assyrischen Königs Šulmanu-ašared III. wieder phönizische Schiffe, de-ren Bug- wie Hecksteven als Tierprotomen gebildet sind (Abb. 15)49. Ob es sich dabei um Pferde- oder nicht vielmehr um Kalbsköpfe handelt, sei hier unentschieden gelassen. Auffällig ist jedoch, dass die Abbildungen der phöni-zischen Schiffe im genauen Gegensatz zu den sardischen Bronzebooten keine Protomen von gehörnten Tieren zeigen. Die mehrfach zitierten Analogien zwischen diesen phönizischen Schiffsdarstellungen und den sardischen Bronzebooten 50 werden allein auf der Basis argumentiert, dass hier wie dort Tierprotomen bzw. Tierkopfsteven an den Wasserfahrzeugen erscheinen. Freilich kann aufgrund der wenigen vorgeschichtlichen Abbildungen phönizi-scher Schiffe nicht ausgeschlossen werden, dass sich realiter einst darunter auch solche befanden, die Stier- oder vielleicht sogar Hirschköpfe an ihrem Bug trugen; allein, überliefert sind sie nicht. Weiter vorne wurde bereits erwähnt, dass für die sardischen Bronze-Statu-etten oft das Attribut "sardo-phönizisch" mit jenem Anspruch gebraucht wird, dass der Beginn der bronzetti-Produktion mit der Ankunft der Phönizier gleichgesetzt wird und dass man – gleichsam folgerichtig notgedrungen – in den sardischen Bronzen demgemäß phönizisch-zyprische Stilelemente wie-dererkennen will. Dies gilt deshalb umso mehr noch für die Schiffsbronzen, als man gerade darin die Wasserfahrzeuge jener phönizischen Händler sehen möchte, die die Technik des Bronzegusses nach Sardinien brachten. Aber wie gleichfalls schon erwähnt, finden sich in den unterschiedlichen Stilgruppen der sardischen Bronzen neben ihrem autochthonen Charakter eine Menge verschiedener Stil- und Motivelemente, die aus unterschiedlichen Kultur- ALMOGAREN XLIII/2012MM95 schichten Vorderasiens bzw. des Fruchtbaren Halbmondes stammen. Dieses Faktum gilt auch für die in Diskussion stehenden Schiffsbronzen. Damit will zum einen also gesagt werden, dass es nicht unbedingt nur die Schiffe der Phönizier sein mussten, die in ihrer Form das Vorbild für die sardischen Schiffsbronzen abgaben. Einwanderer, die schon Jahrhunderte oder gar Jahr-tausende früher aus sehr unterschiedlichen Beweggründen zu Schiff nach Sardinien kamen, sei es aufgrund politischer Wirren in ihren Heimatländern, auf der Suche nach Rohstoffen oder als Abenteurer und Desperados auf der Suche nach den Inseln des Heils, haben sicher teils tiefe Eindrücke bei den alten Sarden hinterlassen, die sich in der geistigen wie materiellen Kultur der Inselbewohner niedergeschlagen und ihre Spuren hinterlassen haben. Sie konnten mit Stierbooten angekommen sein, die die Sarden vielleicht schon lange vor Ankunft der Phönizier nachbildeten – real wie auch in Form von Miniaturbooten, die freilich mangels der Metallbearbeitungskunst noch nicht in Bronze gegossen sondern vielleicht in einem anderen Baustoff verfertigt wurden, der die Jahrtausende nicht überdauert hat. Zum anderen muss aber auch in Rechnung gestellt werden, dass die Phöni-zier als begabte Händler im weiten Umfeld Vorderasiens viel Kulturgut von ihren Nachbarländern aufgenommen und so weiter transportiert haben – nicht zuletzt auch nach Sardinien. Wie Ferruccio Barreca meint: "Ich glaube, daß der phönizische Beitrag zum Entstehen der sardischen Figuralplastik letztlich aber doch viel wichtiger war, als man aufgrund der bisherigen Beobachtungen annehmen möchte. Denn die Ähnlichkeiten zu Bronzen aus Urartu (9.–8. Jh. v. Chr.) und Luristan (8.–7. Jh. v. Chr.) – sie wurden völlig zu Recht von Lilliu nachgewiesen und aufgezeigt – finden meiner Meinung nach nur eine einleuch-tende Erklärung: im Handel zwischen den phönizischen Städten und den ge-nannten Gebieten [...] So entstand eine Verbindung der phönizischen Städte mit jenen der Ebenen Mesopotamiens, die durch die Zagros-Täler ihrerseits wiederum mit Luristan unterhielten [...] Die Phönizier brachten nach Sardini-en [...] nicht nur ihre eigene Kunst, sondern auch die der Völker, mit denen sie direkt oder indirekt Handel betrieben [...]" 51. Wenn einerseits die typischen Protomen von gehörnten Tieren auf den Schiffsdarstellungen der Phönizier nicht erscheinen, andererseits direkte oder indirekte Einflussnahmen älterer vorderasiatischer Kulturhorizonte für diese so typische Gestaltungsform der sardischen Bronzeboote vermutet werden, so müssten für eine solche Indizienführung typologisch ähnliche Schiffs-darstellungen aus dem Orient aufzuspüren sein, die womöglich zeitlich über das 1. Jahrtausend v. Chr. hinwegreichen, sprich: noch älter sind als die phöni-zischen Schiffsdarstellungen. Ein erster Blick mag auf die frühe Kykladen- 96MMALMOGAREN XLIII/2012 kultur gerichtet werden, von welcher man aufgrund der stilistisch ähnlichen, weiblichen Idol-Figuren schon früh auf Sardinien gerichtete Kultureinflüsse wahrnehmen kann. Tatsächlich gibt es einige Keramikritzungen (datiert in die erste Hälfte bis Mitte des 3. Jahrtausends: Keros-Syros-Kultur), die see-tüchtige Ruderboote stilisiert wiedergeben. Auf dem Hecksteven findet sich stets ein Fisch als Zier 52 – Entsprechungen solcher Art gibt es bei den sardi-schen Bronzebooten allerdings nicht. Anders ist die Lage in Mesopotamien: Späte Siegelbilder aus assyrischer Zeit (1. Jahrtausend v. Chr.) zeigen eine Art "Schlangenboot", dessen Kopf bzw. Steven Stierhörner trägt (Abb. 16)53. Die Szene auf dem Siegelbild erzählt wahr-scheinlich den Kampf des Gottes Marduk gegen das Seeungeheuer Tiāmat, wie er im Enuma eliš erzählt wird. Das babylonische Weltschöpfungsgedicht schildert die Tiāmat als Personifikation des Meeres, und nach ihrem Tod baut Marduk die Welt aus ihren Teilen; ein Oben und Unten, Himmel und Erde, indem er sie wie ein "Schalentier" teilt. Die Tiāmat wird im Enuma eliš also nicht als Boot geschildert und schon gar nicht mit Stierhörnern versehen – diese spezifischen Gestaltungsformen beruhen offensichtlich auf älteren Tra-ditionen, die innerhalb der semitischen Völker des Zweistromlandes schon län-ger tradiert wurden. Tatsächlich finden sich seit Beginn der Akkad-Zeit und über die weiteren Jahrhunderte hinweg eine Reihe von Siegelzylindern, die Boote mit Protomen von gehörnten Tieren bzw. mythischen Wesen in anthro-pomorpher Gestalt mit Hörnerkrone zeigen. Das vielleicht früheste Siegel die-ser Art stammt aus der Ur-I-Zeit (25. Jahrhundert v. Chr.) und zeigt ein sichel-förmiges Boot, dessen Bugsteven in den Körper eines gehörnten Wesens aus-läuft, das menschliche Hände hat. Auch der Hecksteven endet im Kopf eines nicht näher zu bestimmenden Tieres (vielleicht handelt es sich um einen Dra-chenkopf). Im Boot selbst befindet sich wieder eine gehörnte Gottheit, wahr-scheinlich handelt es sich dabei um den akkadischen Gott Šamaš (Abb. 17)54. Nachfolgende Siegel der Akkader zeigen immer wieder das "Gottesschiff" mit hochgezogenem Vordersteven, der in einen menschlichen Oberkörper ausläuft, der mit seiner Hörnerkrone als heiliges Wesen charakterisiert ist (Abb. 18 a). Interessant ist, dass der vielfach zu beobachtende Mittelspitz der Hörner-krone ein besonderes, göttliches Attribut darstellt55 – das spezifische Motiv der Dreihörnigkeit ist auch schon in Form eines maskenartigen Zepterauf-satzes in Sardinien aufgefallen! Auf manchen Siegeln der späteren Akkad- Zeit erscheint die Eigentümlichkeit, dass das eine Bein des gehörnten Boots-gottes in den Leib des Schiffes übergeht, während das andere frei nach vorne hervortritt, womit der Aspekt der Lebendigkeit des Schiffes noch besonders hervorgehoben wird (Abb. 18 b)56. ALMOGAREN XLIII/2012MM97 Die Akkader waren ein semitisch sprechendes Volk, das zu Beginn des 3. Jahrtausends von Syrien ins Land der Sumerer einwanderte, wo es bald eine bedeutende Rolle zu spielen begann. Viele akkadische Lehnwörter sind im Sumerischen zu finden und Akkadisch wurde als älteste fassbare semitische Sprache schon bald in Mesopotamien gesprochen. Ab dem 27. Jahrhundert v. Chr. gab es Könige mit semitischen Namen in der Stadt Kiš. Wo genau die Genese des Semitohamitischen als Vorläufer der semitischen Sprach- und Völkerfamilie stattgefunden hat, ist zwar umstritten, doch argumentieren sprachwissenschaftliche Indizien für eine Entstehung im Sahara-Raum der humiden Phase im 5./4. Jahrtausend 57. Semitohamitische Stämme sind wahr-scheinlich aus dem Westen ins Niltal gewandert, wo sie sich mit den dort an-sässigen neolithischen Bauern der Badāri-Kultur vermischt haben, wodurch – vereinfacht gesagt – die oberägyptischen Naqāda-Kulturen entstanden sind (Naqāda I: ca. 4.500–3.500 v. Chr.; Naqāda II: ca. 3.500–3.100 v. Chr.), die zuletzt in die dynastische Epoche Ägyptens geleitet haben. Diese ins Niltal strömenden Semitohamiten drangen zum Teil über die Sinai-Halbinsel bzw. über das Rote Meer aber auch nach Vorderasien ein, wo sich die semitische Sprachfamilie gebildet hat und im Weiteren in Form des Akkadischen seit der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends auch fassbar wird. Gerade aber in jenen Gebieten der heutigen oberägyptischen und nubischen Wüste zwischen Nil und Rotem Meer – einst natürlich fruchtbares Weideland mit Wasserläufen und Seen – befinden sich eine beachtliche Zahl an Felsbild-stationen, die Boote mit Protomen gehörnter Tiere in den unterschiedlichsten Variationen zeigen und zumeist wohl in die Naqāda-Kulturhorizonte zu da-tieren sind. Zu diesen Felsbildern fügen sich überdies parallele Schiffs- und Bootsdarstellungen in Form von Keramikbemalungen und Töpfermarken aus Naqāda II bis in frühdynastische Zeit. Die Formen der Felsbilder aus Bir Kanais reichen von relativ stilisierten Booten mit gehörnten Tierkopfsteven bis hin zu Schiffen mit teils phantas-tisch langen Hörnern, die in der Mitte eine Art Kajütenaufbau haben: Abbn. 19 a 58 (vgl. dazu die kanarische Bootsdarstellung in Abb. 12 sowie Wölfels Zitat dazu). Manches Mal ist eine mit erhobenen Armen adorierende mensch-liche Gestalt im Bootskörper dargestellt und einmal ein Stiertorso. Überhaupt fällt auf, dass die Schiffe gern im "bovinen Milieu" abgebildet sind. Ein be-sonderes Charakteristikum, das bei den sardischen Bronzen in Zusammen-hang mit den Stierhörnern immer wieder auffällig erscheint: die in Kugeln endenden Hörner, fällt auch bei den ostägyptischen Felsbildern ins Auge, wie die letzte Darstellung aus Bir Kanais in Abb. 19 a bzw. das im Anschluss vor-geführtes Bild vom Fundort Toshka in Abb. 19 b zeigt. 98MMALMOGAREN XLIII/2012 Manches Mal sind riesige Menschengestalten mit Phallus und langen, an-tennenartigen Hörnern oder Federn auf dem Kopf im Bootskörper stehend abgebildet (Fundort Wadi Abu Wasil)59 und in anderen Felsbildstationen er-scheinen wieder die typischen Kajütenaufbauten, teils mit den adorierenden Menschen und/oder standartenförmigen Aufsätzen, die mitunter einen realen Mast vorgaukeln wollen, bei näherer Betrachtung aber deutlich als kultische Accessoires erkennbar sind, die teilweise wiederum halb anthropomorph in Anlehnung an jene menschlichen Wesen dargestellt werden, die ihre Arme kreisförmig über den Kopf in die Höhe strecken (Abbn. 19 b: Fundorte: Toshka, Wadi Hammamat, Gerf Husrin)60. Ähnliche Felsbildbeispiele von den gehörnten Tierbooten aus der ober-ägyptischen Wüste könnten hier noch mehrfach vorgeführt werden – den Abschluss sollen aber zwei in ihrer Art einzigartige Felszeichnungen bilden, deren Bildhaftigkeit mehr aussagt als lange Beschreibungen dies könnten (Abbn. 19 c)61. Es kann klarer und eindeutiger nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass hier das lebendige und reale Rind als Boot vorgestellt wurde und dies wahrscheinlich auch als Vorbild für alle weiteren Bootsdarstellungen mit Rinderprotomen oder gehörnten Steven gebildet hat. Beide Bilder sind in Wadi Hodein Magoll entdeckt worden; im einen bildet die Rückenlinie des Tieres den Bootskörper und die Punktierung des Rinderkörpers mag andeu-ten, dass das Tier unter Wasser ist, also gleichsam das Schiff trägt; im ande-ren wird der Körper des Stieres zum Segel des Schiffes. Ob die Stierboote eine Erfindung der Naqāda-Leute waren oder ob sie in einen noch tieferen neolithischen Kulturhorizont Oberägyptens reichen, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden (für zweiteres könnte sprechen, dass die beiden zuletzt vorgeführten Felsbilder aus Wadi Hodein Magoll womöglich älter sind als die vorangegangenen). Jedenfalls dürfte schon seit dem 5. Jahr-tausend mit solchen Booten der Nil befahren und damit später auch das Rote Meer überquert worden sein, womit die Tradition der mythischen Stierschiffe auch nach Mesopotamien gebracht wurde, von wo sie sich weiter in der Le-vante verbreiten konnte. In der dynastischen Zeit Ägyptens verschwinden die Schiffe mit Tierpro-tomen weitgehend. In manchen Kultboot-Darstellungen bleibt jedoch die alte Symbolik erhalten: der typische, bootsmittige Kajütenaufsatz, in dem eine Gottheit (Amun-Re), der tote Osiris (vgl."Seelenboot") oder der Horus-Falke abgebildet sind; die Steven sind teilweise noch mit Widderköpfen, dem heili-gen Tier Amuns, geziert, wie in Form einer Wandmalerei im Tempel von Karnak. Stierköpfe oder Rinderprotomen als Stevenzier sind während der langen Zeit des ägyptischen Reiches in Schiffsdarstellungen meines Wissens ALMOGAREN XLIII/2012MM99 nicht überliefert. Trotzdem ist damit zu rechnen, dass diese Tradition nicht vergessen wurde, erscheint der Stierkopf am Bugsteven doch auf einer Dar-stellung eines Bootsschlittens auf dem Tempel von Edfu, der zwar aus später, ptolemäischer Epoche stammt, jedoch alte Traditionen aufrecht erhalten hat (Abb. 20)62. Es ist das Boot des ägyptischen Totengottes Sokar, das anlässlich eines Totenfestest um den Tempel gezogen wurde. Zur Mitte sitzt der Falke mit der Sonnenscheibe auf dem Kopf und ihm zugewandt ist ein Antilopen-kopf als Bugprotome (dazu vergleicht sich vielleicht die antilopenartige Schiffsprotome auf dem sardischen Bronzeboot). Dahinter aber, eher klein gehalten und versteckt, ist auch ein Stierschädel als Stevenzier dargestellt, der in Fahrtrichtung positioniert ist. Im ägyptischen Kontext ist aber vor allem noch an den heiligen Stier Apis aus Memphis zu denken. Er steht mit dem Wasser in besonderer Verbindung und wird nach der Überlieferung mit dem Nil und dem Fruchtbarkeit bringen-den Nass fast gleichgesetzt. In diesem Sinne ist es zu verstehen, dass er im Rahmen seiner Inthronisation zu Schiff zum Niltempel und anschließend zu seiner kultischen Einsetzung nach Memphis transportiert wurde63. Eine sol-che Schifffahrt, die Stier und Boot in innigem Verband erscheinen lässt, ist wieder auf dem Tempel von Edfu abgebildet (Abb. 21)64. Der Apis-Stier trägt als Zeichen seiner Heiligkeit nach ägyptischer Traditi-on besondere Kennzeichen: allem voran das typische, weiße Stirndreieck. Apis wurde auch gerne in der Farben-Trias Schwarz-Weiß-Rot abgebildet (Schwarz als Grundfarbe für den Körper, Weiß das Dreieck auf der Stirn, Rot die Au-genringe, teils Geschlechtsteile, teils trägt er eine rote Decke). Dieser "Apis- Bootsstier" bzw. ein "Apis-Stierboot" erschien zumindest bis ins 20. Jahrhun-dert noch lebendig bei den Bewohnern des Bijagos-Archipels (eine westlich von Guinea-Bissau vorgelagerte Inselgruppe im Atlantik): Die königlichen Kriegsboote – hochseetüchtige Einbäume mit bis zu 20 Ruderern – besitzen als Bugzier einen Stierkopf, der mit seinem weißen Stirndreieck im typischen Apis-Stil gestaltet ist (Abb. 22)65. Das ganze Boot, das den heiligen Wasser-stier symbolisieren soll – wie es heißt: der Stierkopf sei mit einem Wasser-zauber versehen –, ist weiters in den charakteristischen Farben Schwarz, Weiß und Rot bemalt. Es scheint sich hier um eine klare ägyptische Ausstrahlung in den insular-westafrikanischen Bereich zu handeln. Ein Rest dieser Vorstellungswelt, die sich um den Mythenkreis "Stier-Was-ser- Schiff" dreht, liegt auch im griechischen bzw. ursprünglich kretischen Mythos vom Zeus-Stier vor. Viel früher als sein lichter und himmlischer Bru-der Zeus war es Poseidon, der mit dem Stier in Verbindung stand. Seit jeher ist er ein Gott in den "Tiefen der Welt"; ursprünglich als "Erderschütterer" im 100MMALMOGAREN XLIII/2012 Inneren der Erde vorgestellt, übernahm er die Funktion des Meergottes. Be-kannt ist, dass Poseidons Tier das Pferd war: Der Gott schuf das erste Pferd, diese Tiere waren ihm heilig und vermutlich besaß er auch selbst Pferdegestalt. Die andere, ursprünglichere theriomorphe Erscheinungsweise Poseidons ist aber der Stier. Die Funktion Poseidons als Meerstier ist im Europe-Mythos einmal auf Zeus übergegangen. Er trägt die Göttin schiffsgleich über das Meer nach Kreta. Auf einem Ölgefäß aus Kyme in Kampanien ist Europe auf ihrem schwimmenden Stier dargestellt (Abb. 23)66. Ein archaisches Charakteristi-kum an diesem Bild ist der Baum, der sich mit seinen Ästen breit über die Schultern der Göttin und den Körper des Tieres ausweitet. Der göttliche Stier als Boot trägt mit Europe einen Baum auf seinem Rücken – vielleicht eine Reminiszenz an das mythische Thema vom Stierschiff mit dem Weltbaum oder Weltpfeiler, das sich anderswo in Form von Mastvertikalen, Standarten oder Nuraghen-Türmen manifestiert hat. Eine bildliche Vorläufer-Variante zum Schiffs- oder Wasserstier Zeus mit Baum und Göttin liegt vermutlich in einer Darstellung auf einem Goldring aus Mochlos in Ostkreta aus dem Ende der frühminoischen Kultur vor (ca. 2.000 v. Chr.). Es scheint sich hier zwar um ein Boot mit Pferdeprotome zu handeln, das jedoch ähnlich dem Zeus-Stier einen heiligen Baum und eine göttliche Gestalt vermutlich weiblichen Geschlechts trägt (Abb. 24 a)67. Noch andere Darstellungen auf Tonsiegeln der spät-früh-minoischen bis in die mittelminoische Zeit (ca. 2.000–1.500 v. Chr.) zeigen bemastete Schiffe mit einer Stevenzier, die wiederum an Hörner oder den Kopf eines gehörnten Tieres erinnern (Abb. 24 b)68. In dieser Tradition liegt vermutlich auch noch die berühmte "Münchner Augenschale" des griechischen Vasenmalers Exekias. Der schwarzfigurige Kylix aus der staatlichen Antikensammlung (ca. 530 v. Chr. aus Vulci) zeigt den liegenden Dionysos in seinem Schiff, das eine delphinartige Tierprotome zeigt (den Steven mit einem Fisch zu zieren, stammt wohl aus kykladischer Tradition). Entlang des Schiffsmastes wächst ein mächtiger Baum, dem dio-nysischen Lebensgefühl entsprechend handelt es sich hierbei freilich um ei-nen Weinstock, der seine Reben und Knospen über den Bootskörper ausbrei-tet. Hinsichtlich des kretisch-griechischen Mythos, der den Stier mit dem Meer in Verbindung bringt, hat Fritz Schachermeyr gemeint, dass diese ideelle Be-ziehung aus vermutlich urindogermanischer Auffassung von der mythischen Verbindung "Wasser/Fluss und Stier" sowie aus der mediterranen Vor-stellungswelt erklärt werden könne69 (vgl. etwa auch den Flussgott Achelóos, der von griechischen Künstlern oft in Stiergestalt bzw. halb anthropo-, halb tauromorph dargestellt wurde). ALMOGAREN XLIII/2012MM101 Aus dieser ostmediterranen Welt sind sowohl die mythische Idee vom Wasserstier als auch der formgemäße Schiffstyp in den Westmittelmeerraum und nach Sardinien gelangt, wo er ab dem frühen 1. Jahrtausend v. Chr. auch in Bronze gegossen wurde. Wann genau und durch welche vorderasiatischen Schifffahrer der Bootstyp ins Westmittelmeer gekommen ist, lässt sich wohl nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Es bleibt die Vermutung aufrecht, dass es erst die Phönizier waren; es ist aber auch nicht ausgeschlossen, wenn nicht sogar wahrscheinlicher, dass schon ostmediterrane Seefahrer früherer Zeiten mit ihren Stierbooten das Westmittelmeer und auch bereits den Atlantik kreuz-ten, wo ihre Boote plastische wie bildliche Ausdrucksformen in Felsritzungen erhalten haben. Ein Hinweis dafür kann sein, dass, wie vorne berichtet, bereits in den Feenhäusern der Ozieri-Zeit Bootsdarstellungen neben den Stierhörnern erscheinen; stilisiert dargestellte Schiffe mit auffällig hochgezogenen Steven, die teils so wirken, als seien sie gehörnt oder würden in einem Tierkopf aus-laufen, erscheinen darüber hinaus auch auf megalithischen Anlagen in Malta sowie in der Bretagne70. Mit Bezug darauf, dass solche Boote auch auf dem bretonischen Dolmen-Grab von Mané Lud entdeckt wurden, schreibt Hans Biedermann: "Da die Darstellung realer Schiffe in einem Grabbauwerk nicht recht erklärbar wäre und die Vorstellung eines Totenlandes jenseits des West-meeres, in dem die Sonne allabendlich zur Ruhe geht, weit verbreitet ist, han-delt es sich bei Ritzbildern dieser Art mit großer Wahrscheinlichkeit um die vereinfachte Wiedergabe von 'Totenschiffen' " 71. Biedermanns Worte fügen sich zu der Tatsache, dass auch auf Sardinien Boote in den hypogäischen Grab-anlagen (Feenhäusern) abgebildet sind. Ich möchte dazu jedoch erweiternd formulieren, dass – entsprechend dem bereits weiter vorn Erwähnten – die mediterranen Seefahrer auf ihrer Suche nach der Insel des Heils womöglich auch ihre realen Schiffe als "Jenseitsboote" ansehen konnten. Der Hinweis von Dominik Josef Wölfel, wonach diese Schiffstypen auch in Skandinavien in Form von Felsbildern vorliegen, kann an dieser Stelle nur mit Nachdruck bestätigt werden. Eine Reihe von Felsbildforschern haben dies auch erkannt und nordostafrikanische Felsbilder mit solchen der nordischen Bronze- bis Eisenzeit gegenüber gestellt72. Die Übereinstimmungen in ver-schiedenen motivischen Gestaltungen – in Form von Götterfiguren an Bord, hohen Standartenaufsätzen bzw. Baumdarstellungen im Bootskörper und nicht zuletzt in Form der hochgezogenen Steven mit (gehörntem) Tierkopf bzw. Hörnertierprotome – sind teils so beeindruckend, dass man an tiefe kulturge-schichtliche Zusammenhänge denken muss. In Abb. 2573 wird nur eines unter mehreren skandinavischen Beispielen vorgeführt. Dabei handelt es sich um zwei Felsritzungen aus dem südschwedischen Schonen, die in ihrer Art 102MMALMOGAREN XLIII/2012 vielleicht zu den ältesten zählen und möglicherweise schon in die erste Peri-ode der nordischen Bronzezeit zu datieren sind (ca. 1.500 v. Chr.). Herbert Kühn schreibt mit Bezug auf die Schiffsdarstellungen in der nordischen Bron-zezeit: "Das Schiff, so oft dargestellt, spricht deutlich von dem Handel. Der Handel ist sichtbar durch Fundstücke aus dem nahen Orient, wie etwa die Bronzefigur aus Schernen im ehemaligen Ostpreußen, im Memelgebiet. Sie gehört der Zeit um 1.500 v. Chr. an und ist gearbeitet im östlichen Kleinasien, ein hethitisches Stück. Es ist zwar nicht in Skandinavien gefunden worden, aber am Rande der Ostsee. Die Bronzefunde der Periode I der Bronzezeit, 1600 bis 1400 im mittleren und nördlichen Europa, sie sind alle Einfuhr. Erst mit der Periode II, 1400-1200, entsteht in diesem Raume eine eigene Bronzetechnik" 74. Sehr ähnliche Felsbilder, die nach Herbert Kühn eine ungebrochene Fortset-zung der skandinavischen bronzezeitlichen Kunst darstellen, finden sich in Nordwest-Russland: Abb. 2675 zeigt eine Bootsdarstellung vom Onega-See, die das Wasserfahrzeug als Tier (mit Ohren oder Hörnern?) bzw. mit tieri-schem Bugsteven zeigt. Dass die Mittelmeer-Seefahrer die Straße von Gibraltar durchquert haben und als Prospektoren und Metallhändler zumindest bis England vorstießen, ist bekannt. Åke Ström schreibt etwa, dass die frühbronzezeitliche Wessex- Kultur Südenglands (Beginn ca. 1.600 v. Chr.) Handelsbeziehungen in die ägäische Welt bis nach Ägypten hatte76. Wenn der Beginn der skandinavischen Bronzezeit im Sinne Herbert Kühns mit dem Schiff in Verbindung steht, das in Schweden und Norwegen möglicherweise im "levantinischen Stil" darge-stellt ist77, reimt sich darauf leicht der Gedanke, dass mediterrane Seefahrer ihre Bronze-Produkte bis Skandinavien handelten und mit ihren Schiffen samt dazugehörigen Glaubensvorstellungen auch eine nachahmenswerte Vorbild-funktion für die germanischen Völker hatten. Dazu ist noch auf ein spezifi-sches und auffallendes Motiv zu verweisen, das sich bei den sardischen Stierprotomen und Hörnerhelmen, teils aber auch schon bei den ost-ägyptischen Felsbildern gefunden hat und sich parallel als eine beliebte Zier just bei keltischen und germanischen Stierplastiken, Stierprotomen und Trink-hörnern wiederfindet: die mit Kugeln gekrönten Hörnerspitzen. Emmanuel Anati, der die Kontakte der bronzezeitlichen Skandinavier mit Südeuropa und der Levante bestätigt und sogar mykenischen Einfluss in manchen Felsgravierungen sieht, nimmt diese Kulturbeziehungen entlang der transkontinentalen Handelsrouten entstanden an. Anders als Herbert Kühn vermutet Emmanuel Anati Beziehungen über die Seeroute in den skandinavi-schen Raum bereits vor der Bronzezeit: "Äußere Einflüsse in den primitivsten Phasen der südskandinavischen Felsgravierungen, vor allem in Dänemark und ALMOGAREN XLIII/2012MM103 der Südküste Norwegens, sind an Zeichen und Zeichenkomplexen erkennbar, die der megalithischen atlantischen Kunst der Bretagne und Irlands ähneln [...] Wenn diese Analogie, wie es scheint, auf eine Beziehung schließen läßt, sind diese Bebilderungen in neolithischer Periode und nicht in der Bronzezeit entstanden, wie manche Forscher annehmen möchten" 78. Ich habe bereits zuvor darauf hingewiesen, dass schon auf megalithischen Anlagen Maltas und der Bretagne Boots- oder Schiffsdarstellungen erschei-nen, die möglicherweise auch Hörner oder eine Tierprotome am Bug tragen. Ob es sich dabei schon um Stierboote gehandelt hat, bleibt freilich ungewiss, wenngleich auch nicht unmöglich. Vielleicht ist das Stierboot als eine Art "kultur- und kunstgeschichtliches Leitfossil" zu werten, das einen langen Weg vom Fruchtbaren Halbmond durch das Mittelmeer und zuletzt womöglich sogar entlang der Atlantik-Küsten bis in die Nord- und Ostsee hinter sich ge-bracht hat. Die bronzezeitlichen (oder neolithischen?) Seefahrer hätten auf ihrem lan-gen Weg wohl auch Sardinien gestreift und wären mit ihren vermuteten Stier-booten dort rund ein Millennium vor ihrer Verwirklichung im kunstvollen Bronzeguss bekannt geworden. Vielleicht stellen die sardischen Bronzeboote in ihren teils vollendeten und von tiefem Symbolismus geprägten Formen also eine bereits vorgeschichtliche Renaissance mythischer Vorstellungen dar, die sich rund um das Stierboot älterer Zeiten gedreht haben. Anmerkungen: (1) Whittle, Alasdair: Die ersten Bauern. In: Cunliffe Barry (Hg.): Illustrierte Vor- und Frühgeschichte Europas. Frankfurt 1996, S 170. (2) Whittle (wie Anm. 1), S 158–175. Alimen, Marie-Henriette & Steve, Marie- Joseph (Hg.): Vorgeschichte. Fischer Weltgeschichte, Bd. 1. Frankfurt 1992, S 105. (3) Siehe dazu in: Unterberger, Gerald: Der Stier mit der Weltsäule. Ein archa-isches Mythenbild vom Bau der Welt. Wien 2011, S 491–503. (4) Thimme, Jürgen: Kunst der Sarden bis zum Ende der Nuraghenzeit. Mün-chen 1983, S 10. (5) Thimme (wie Anm. 4), S 16. (6) Tanda, Giuseppa: Beziehungen zum östlichen Mittelmeer. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neoli-thikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 172. An dieser Stelle sei auch auf die Pyramidenbauten im Kanarischen Archi-pel hingewiesen: In den 1990er Jahren wurden sechs pyramidenförmige Terrassenbauten in Güímar auf der Insel Tenerife bekannt. Thor Heyerdahl 104MMALMOGAREN XLIII/2012 hat sie als prähistorische Bauwerke und in einer kulturhistorischen Linie mit den Pyramidenbauten in Ägypten und Mittelamerika stehend gedeutet. Das hat Heyerdahl als starkes Indiz dafür gewertet, dass bereits seit vorge-schichtlicher Zeit ein Transatlantik-Verkehr bestanden hat, der vom Ost-mittelmeer- Raum (Ägypten) über die Kanarischen Inseln nach Mittel-amerika stattgefunden hat, womit die Anregung zum Pyramidenbau auch in die Neue Welt gelangt sei. In den folgenden Jahren haben Archäologen der Universität La Laguna ausführliche Grabungen und Untersuchungen an diesen tenerifischen Pyramiden durchgeführt und sind dabei zu dem ernüchternden Ergebnis gelangt, dass die sechs Pyramiden von Güímar erst im 19. Jahrhundert unserer Zeitrechnung erbaut worden wären (Juan Fran-cisco Navarro Mederos & Maria Cruz Jiménez Gómez: El difusionismo at-lántico y las pirámides de Chacona, in: Miguel Ángel Molinero Polo y Do-mingo Solaquera: Arte y Sociedad del Egipto antiguo. Madrid 2000, S 246- 249). Heyerdahl hielt trotz dieser Grabungsergebnisse an seiner Theorie fest. Über die Erbauer, über die Motivation der Errichtungen bzw. deren Sinn ist nichts überliefert oder bekannt. Mangels Fakten ist man zu der Mutmaßung gelangt, dass die nach den Sonnwendpunkten orientierten Pyramiden in ihrer Ausrichtung und Konstruktion vom Symbolismus der Freimaurer inspiriert worden wären, zumal der Eigentümer des Grundstü-ckes, auf dem die Pyramiden errichtet wurden, Freimaurer war. Diese doch sehr dünne und äußerst vage Begründung verliert meiner Ansicht nach je-doch gänzlich an Gewicht, wenn man sich vor Augen führt, dass auch noch anderswo im Kanarischen Archipel vergleichbare Pyramiden- bzw. Ter-rassenbauten entdeckt wurden; nämlich auf der westlich von Tenerife be-nachbarten Insel La Palma: bei Los Cancajos nahe der Inselhauptstadt San-ta Cruz sowie zwei ähnliche Pyramiden mit vermutlich astronomischer Aus-richtung und Treppen auf eine Plattform in El Paso am Nordrand des Aridane-Tales (Manfred Jantzon: Noticias Canarias: La Palma – Neue Er-gebnisse der Altkanarierforschung kritisch betrachtet. In: IC-Nachrichten Nr. 93 [Institutum Canarium], 2011, S 18–23). In El Calvario sollen sich nach Berichten alter Gewährsleute noch vor 80 Jahren ebenfalls Reste ei-ner großen, quadratischen Pyramide befunden haben, wovon heute nichts mehr zu sehen ist, zumal die Menschen diese lose geschichteten Steine gerne als Baumaterial für ihre eigenen Häuser verwendet haben. Manfred Jantzon schreibt, dass auch die Chronisten der Conquista übereinstimmend von solchen Pyramidenbauten der Insel berichtet hätten, auf denen man Rituale abhielt und auch Könige krönte. Wenn also davon auszugehen ist, dass bereits seit dem 15. Jahrhundert Berichte über terrassenförmige Kult- ALMOGAREN XLIII/2012MM105 bauten vorliegen – vielleicht in Form der spanisch vermittelten toriña mit der Bedeutung 'casa de oración' (Kultterrasse künstlich errichteter Stein-berg), so ist in zwei Richtungen zu schlussfolgern: Erstens, dass die tenerifischen Pyramiden von Güímar – auch wenn tatsächlich erst im 19. Jahrhundert erbaut – in einer historischen Tradition liegen und nicht allein aufgrund eines neuzeitlichen Freimaurer-Bestrebens errichtet wurden. Zweitens ist wohl auch damit zu rechnen, dass die von den spanischen Chronisten erwähnten bzw. die auf La Palma noch bestehenden Terrassen-türme viel älter sind und womöglich in vorgeschichtliche Zeiten zurück-reichen (meines Wissens sind die Pyramiden von La Palma noch nicht ar-chäologisch untersucht worden). Vor diesem Hintergrund müssen die Fra-gen nach Entstehung und kulturgeschichtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Pyramidenbauten sicher neuerlich überdacht werden und sollten nicht zu dem vielleicht allzu vordergründig gezogenen Schluss führen, dass die kanarischen Terrassentürme nur neuzeitliche Erscheinungen sind, die aufgrund einer bizarren Idee eines einzelnen Menschen des 19. Jahrhun-derts erbaut wurden. Hinsichtlich der einzigartigen Kultterrasse vom Monte d'Accoddi auf Sar-dinien mit ihren Bezügen zu den mesopotamischen Zikkurat-Bauten sollte jedenfalls auch ins Auge gefasst werden, ob nicht auch die Terrassen-Bau-ten des Kanarischen Archipels in einer kulturgeschichtlichen Linie dazu stehen. (7) Lilliu, Giovanni: Frühe Randkulturen des Mittelmeerraumes. Korsika – Sardinien – Balearen – Iberische Halbinsel. Baden-Baden 1967, S 54 f. (8) Zur detaillierten Beschreibung, teilweise mit Darstellungen und genauen Quellangaben siehe in: Unterberger (wie Anm. 3), S 633–640. Kulturelle Beeinflussungen dürften von Sardinien nach Etrurien gegangen sein, wo man über der Eingangstüre in das "Grab der Reliefs" von Caere (4./3. Jhdt. v. Chr.) wiederum zwei Stierköpfe im Relief dargestellt sieht (Sibylle von Cles-Reden: Das versunkene Volk. Die Etrusker. Frankfurt 1963, S 16, Ta-fel 5). (9) Lilliu, Giovanni: Die Nuraghenkultur. In: Badisches Landesmuseum Karls-ruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 49 f. (10) Thimme, Jürgen: Kunst. In (wie Anm. 9), S 103. (11) Thimme (wie Anm. 4), S 33. (12) Lilliu (wie Anm. 7), S 75, Fig. 11a. (13) Thimme (wie Anm. 4), S 29. (14) Tanda (wie Anm. 6), S 175. 106MMALMOGAREN XLIII/2012 (15) Zwischen dem Landes- und Volksnamen "Sardinien bzw. Sarden" und den aus ägyptischen bzw. griechischen Quellen überlieferten Volksnamen "Schardana/Scherdanu bzw. Serdaioi" gibt es vermutlich eine Beziehung. Möglicherweise lebte im 2. Jahrtausend auf Sardinien ein Volk, das sich nach seinem Heimatland benannte – der Landesname Sardinien dürfte schon sehr ursprünglich und auf eine Wortwurzel sard- zurückzuführen sein: Griechisch sardó für den Namen der Insel findet seine etymologischen Entsprechungen in spanischen Ortsnamen vom Wortstamm sard sowie dem aragonischen Dialektwort sarda 'niederes Strauchwerk auf einem Berg'. Vielleicht ist dazu auch noch baskisch sarde 'Büschel/Haufen' zu stellen; der Wortstamm serd- hat sich nach Giovanni Lilliu in Ortsnamen der Insel bis heute erhalten. Möglicherweise ist die Insel also nach einer typisch dort vorkommenden Vegetationsform benannt und wahrscheinlicher als umge-kehrt ist, dass sich die "Sarden/(ägyptisch rezipiert: Schardana)" eben nach dem Namen der Insel benannt haben. Es ist durchaus zu denken, dass diese Schardana als Abkömmlinge Sardiniens in guter seefahrerischer Praxis schon lange die Küsten des Ostmittelmeerraumes sowie Libyens kreuzten und sich womöglich dem Seevölkersturm gegen Ägypten anschlossen. Auf der Bühne der Weltgeschichte erscheinen die Sarden/Schardana sowohl als Schlachtenhelfer als auch als erbitterte Gegner der Ägypter – in zweiterem Fall im Verbund mit libyschen Völkern einerseits und den Seevölkern andererseits: Seit der 18. Dynastie (ca. 1.551–1.305) waren Schardana als Söldner in den Heeren der Pharaonen und dort als hervorragende Kämpfer gerühmt. Ramses II. (ca. 1.290–1.224) musste gegen drohende libysche Einfälle – unter diesen feindlichen Völkern dürften sich auch Sarden be-funden haben – im westlichen Nildelta und entlang des libyschen Küsten-streifens eine Kette von Festungen errichten. In seinem 2. Regierungsjahr hatte er gegen Sarden-Verbände zu kämpfen, die er jedoch besiegte und die sodann Dienst im ägyptischen Heer sowie in der Leibgarde des Königs leisteten. Merenptah, der Sohn Rames' II., musste um ca. 1.220 v. Chr. im Nildelta schwere Angriffe gegen von Westen herströmende libysche Völker-scharen – darunter wiederum Sarden – abwehren; sicherlich kämpften hier Angehörige desselben Volkes gegeneinander: Sarden mit anderen libyschen Völkern gegen Schardana im Dienste Merenpthas. Die Ägypter gingen sieg-reich aus diesen Kämpfen hervor und Merenptah integrierte gefangen ge-nommene Libyer in seine Streitmacht (darunter auch Sarden). Ramses III., der 2. König der 20. Dynastie und letzte große Herrscher des Neuen Rei-ches, hatte gegen die massiven Angriffe der Seevölker aus dem Nordosten zu kämpfen. Die Seevölker bestanden aus einer Einheit verschiedener ALMOGAREN XLIII/2012MM107 Ethnien, deren Heimat sich ursprünglich am Schwarzen Meer, auf den ägäischen Inseln und der kleinasiatischen Küste befand. Zu diesen Seevöl-kern gesellten sich aber womöglich auch westmittelmeerische Einheiten: darunter vielleicht sardische Verbände. Ramses III. schlug die von Norden daherbrausende Macht zu Lande in Palästina und zur See im Mündungs-gebiet des Ostdeltas. Wiederum wurden gefangen genommene Seevölker ins ägyptische Heer integriert, z. T. in Ägypten oder an der palästinischen Küste angesiedelt, so etwa das Seevolk der Palasta: die biblischen Philister. An den Mauern des Palastes von Ramses III. in Medinet Habu sind Szenen aus den See- und Landkämpfen der Ägypter gegen die Seevölker verewigt. Interessant zu sehen ist, dass zu beiden Seiten Einheiten in der typischen Rüstungstracht der Sarden/Schardana dargestellt sind: mit langem Schwert, Rundschild und dem typischen Hörnerhelm; also wiederum scheinen An-gehörige desselben Volkes in unterschiedlicher Passion gegeneinander ge-fochten zu haben. Auf dem Felsentempel von Ramses II. in Abu Simbel ist ein Schardana als Angehöriger der pharaonischen Leibgarde in seiner Prachtrüstung wieder mit Schwert, Rundschild und Hörnerhelm dargestellt. (16) Barreca, Ferruccio: Phönizischer Einfluß auf die Bronzeplastik. In (wie Anm. 9), S 121 ff. (17) Zu den hier beschriebenen, unterschiedlichen Typen der Bronze-Statuet-ten, die an diesem Ort aufgrund Platzmangels nicht in Bildern wiedergege-ben werden können, siehe die Tafelteile in der bereits zitierten Literatur (wie Anm. 4 und 6) sowie in: Lilliu, Giovanni: Sculture della Sardegna Nuragica. Cagliari 1966, passim. (18) Buchholz, Hans-Günter: Metallurgie. In (wie Anm. 9), Abb. 116, S 146; S 151. (19) Unterberger (wie Anm. 3), S 279–285; S 322–327. (20) Zu dieser Darstellung siehe in: Lilliu: Religion. In (wie Anm. 9), S 93, Abb. 65. (21) Lilliu (wie Anm. 17), S 245. (22) Zu den Darstellungen siehe in: Lilliu (wie Anm. 17), S 461, Nr. 261a; S 466, Nr. 265. Thimme (wie Anm. 4), Tafel Nr. 87. (23) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 322, Tafel 178. (24) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 322, Tafel 177. (25) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens 108MMALMOGAREN XLIII/2012 vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 323, Tafel 179 a (Detail) und b. (26) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 331, Tafel 195. (27) Lurker, Manfred: Wörterbuch der Symbolik. Stuttgart 51991, S 645 f. Bie-dermann, Hans: Knaurs Lexikon der Symbole. München 1989, S 381. (28) Zur Darstellung siehe in: Lurker, Manfred: Die Botschaft der Symbole. In Mythen, Kulturen und Religionen. München 1990, S 225. (29) Zitiert aus: Müller, Werner: Die Jupitergigantensäulen und ihre Verwand-ten. In: Beiträge zur klassischen Philologie, Heft 66, Meisenheim 1975, S 30. (30) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 318 f., Tafel 174 a und b. (31) Zu den einzelnen Mythenversionen und deren Verbreitung siehe in: Unterberger (wie Anm. 3), S 377–390. (32) Buchmalerei aus der Übersetzung der Navigatio fabulosa sancti Brendani ad terram repromissionis. Aus dem Sammelkodex von 1430 in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Heidelberg. (33) Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 304, Tafel 147 a. (34) Eigene Skizze. Zum fotografischen Original siehe in: Badisches Landes-museum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 336, Tafel 200. (35) Aus: Haussig, Hans Wilhelm (Hg.): Wörterbuch der Mythologie, Band IV: Götter und Mythen der kaukasischen und iranischen Völker. Stuttgart 1986, Tafel IV/4. (36) Aus: Uyanik, Muvaffak: Petroglyphs of south-eastern Anatolia. Graz 1974, Fig. 142/22. (37) Platon: Kritias, 119 e. (38) Zu diesen Darstellungen siehe in: Lilliu (wie Anm. 17), S 445–459 mit Abbildungen sowie Gras, Michel: Sardische Bronzen in Etrurien. In (wie Anm. 9), S 131, Abb. 95 a. (39) Abb. 10 a und b aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe: Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe 1980, S 330, Tafel 194 und S 321, Tafel 176. (40) Gras, Michel (wie Anm. 38), S 126. ALMOGAREN XLIII/2012MM109 (41) Aus: Gómez Barrera, Juan & Rojo Guerra, Manuel & García Díez, Marcos: Las pinturas rupestres del Abrigo de Carlos Álvarez o Abrigo de la Dehesa. In: Zephyrus 58, 2005, Universidad de Salamanca, S 240, Fig. 15. Bei Aliseda in der spanischen Extremadura ist auf einer Brosche des 7. Jahrhunderts v. Chr. ebenfalls ein Boot mit hohen Steven dargestellt, die in ein oder zwei Tierköpfen enden. Zu dieser Darstellung siehe in: Ulbrich, Hans-Joachim: Die naviformen Felsbilder von Lanzarote (Kanarische In-seln). In: Almogaren XXX/1999 (Institutum Canarium), S 299, Abb. 18. (42) Wölfel, Dominik Josef: Eine Felsgravierung eines neolithisch-bronzezeit-lichen Schiffstypus und anderes aus der Archäologie der Kanarischen In-seln. Afrikanistische Studien. Festschrift Diedrich Westermann, Berlin 1955, S 181 f. Abb. 14 a.a.O., S 183, Fig. 1a. (43) Beltrán Martínez, Antonio: Los grabados del Barranco de Balos (Gran Canaria). Arqueológica I, Las Palmas 1971, S 64–66. Siehe dazu auch in: Ulbrich (wie Anm. 41), S 277 und Abb. 3. (44) Aus: Ulbrich (wie Anm. 41), S 282 f.; 306, Abb. 32. (45) Zur Darstellung siehe in: Ulbrich (wie Anm. 41), S 303, Abb. 27. (46) Meyer, J.-W.: Die Silberschale VA 14117 – ägyptisch oder phönizisch? In: Lipi ski, Edward: Phoenicia in the East Mediterranean in the first millen-nium B.C. Studia Phoenicia V, Leuven 1987, S 176. (47) Zur Darstellung siehe in: Lächler, Paul & Wirz, Hans: Die Schiffe der Völker. Freiburg 1962, S 21, Abb. 9. (48) Ausschnitt aus: Aubet, Maria Eugenia: The Phoenicians and the West. Politics, Colonies, and Trade. Cambridge 22001, S 38, Fig. 13. (49) Ausschnitt aus: Aubet (wie Anm. 48), S 37, Fig. 12. (50) Etwa Tanda (wie Anm. 6), S 177. (51) Barreca (wie Anm. 16), S 123 f. (52) Zu den Darstellungen siehe in: Lächler & Wirz (wie Anm. 47), S 20, Abb. 7; S 246, Abb. 193. (53) Aus: Weber, Otto: Altorientalische Siegelbilder. Leipzig, 1920, S 69, Nr. 347. (54) Aus: Boehmer, Rainer Michael: Die Entwicklung der Glyptik während der Akkad-Zeit. Berlin 1965, Tafel XXXIX/466. (55) Boehmer (wie Anm. 54), S 80. (56) Abb. 18 a und b aus: Boehmer (wie Anm. 54), Tafel XL/477, 478. (57) Für eine überblickshafte Darstellung zu dieser Diskussion sowie der nö-tigen Quellangaben dazu siehe in: Unterberger (wie Anm. 3), S 564 f. (58) Aus: Resch, Walther: Die Felsbilder Nubiens. Eine Dokumentation der ostägyptischen und nubischen Petroglyphen. Graz 1967, S 19, Abb. 2; Ta-feln 15, 16, 17, 72 a, c. 110MMALMOGAREN XLIII/2012 (59) Zu diesen Darstellungen siehe in: Resch (wie Anm. 58), Tafel 12. (60) Aus: Resch (wie Anm. 58), Tafeln 72 b, 73 a, 75 b. (61) Aus: Resch (wie Anm. 58), Tafel 40. (62) Aus: Almgren, Oscar: Nordische Felszeichnungen als religiöse Urkun-den. Frankfurt 1934, S 44, Abb. 31a. (63) Otto, Eberhard: Beiträge zur Geschichte der Stierkulte in Ägypten. Leipzig 1938, S 2, 16, 25. (64) Aus: Vollmer, Wilhelm: Vollständiges Wörterbuch der Mythologie aller Nationen. Stuttgart 1836, Tafel I/5. (65) Aus: Bernatzik, Hugo Adolf: Im Reich der Bidyogo. Geheimnisvolle Insel im Westatlantik. Leipzig 51944, Abb. 164. (66) Aus: Cook, Arthur: Zeus. A study in ancient religion, vol. III/1. Cambridge 1940, S 616, Fig. 416. (67) Aus: Lächler & Wirz (wie Anm. 47), S 47, Abb. 27. (68) Aus: Evans, Arthur: Scripta Minoa I. Oxford 1909, S 149, 203. (69) Schachermeyr, Fritz: Poseidon und die Entstehung des griechischen Götterglaubens. Salzburg 1950, S 145. (70) Zu diesen Darstellungen siehe in: Ulbrich (wie Anm. 41), S 293 ff., Abbn. 8–12 oder Gómez Barrera, Juan & Co (wie Anm. 41), S 242, Fig. 16/1,2 oder Sieveking, Gale: Ursprung und Ausbreitung der Großsteinkulturen Europas. In: Bacon, Edward (Hg.): Versunkene Kulturen. Geheimnis und Rätsel frü-her Welten. München/Zürich 1963, S 321, Fig. 55. (71) Biedermann, Hans: Bildsymbole der Vorzeit. Graz 1977, S 92 (mit Abbn. 132–134). (72) Siehe dazu unter anderem in: Almgren (wie Anm. 62), S 1–86 oder Bie-dermann, Hans: Lexikon der Felsbildkunst. Graz 1976, S 113 ff. (73) Aus: Gómez Barrera, Juan & Co (wie Anm. 41), S 242, Fig. 16/4. (74) Kühn, Herbert: Die Felsbilder Europas. Stuttgart 1971, S 92. (75) Aus: Kühn (wie Anm. 74), Tafel 42. (76) Ström, Åke & Biezais, Haralds: Germanische und Baltische Religion. Stuttgart 1975, S 23. (77) An dieser Stelle soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass es Fels-zeichnungen von Booten mit Tierkopfsteven gibt, die anscheinend schon in eine frühere Epoche als jene der bronzezeitlichen Skandinavier fallen: "Schon die frühesten Felszeichnungen skandinavischer Jägerkulturen zei-gen Fellboote mit Tierköpfen auf den Vordersteven" (Beck, Heinrich & Ellmers, Detlev & Schier, Kurt: Germanische Religionsgeschichte. Quel-len und Quellenprobleme. Berlin 1992, S 105). Auch wenn Herbert Kühn in seinem Standardwerk "Die Felsbilder Europas" das Schiff mit den typischen ALMOGAREN XLIII/2012MM111 Steven nur im bronzezeitlich-skandinavischen Kontext liest, ist natürlich nicht auszuschließen, diese Sitte der Bugzier auf eine ältere, autochthon-skandinavische Tradition zurückzuführen. Aber selbst bei Annahme dieser Tatsache ist nicht auszuschließen, dass eine "mittelmeerische Tradition" parallel dazu gewirkt hat, wofür die schon erwähnten Übereinstimmungen in den Bootsdarstellungen Ägyptens mit jenen der nordischen Bronze- bis Eisenzeit sprechen. (78) Anati, Emmanuel: Höhlenmalerei. Düsseldorf 2002, S 278. Literaturverzeichnis: Alimen, Marie-Henriette & Steve, Marie-Joseph (Hg.) (1992): Vorgeschichte. Fischer Weltgeschichte, Bd. 1. Frankfurt. Almgren, Oscar (1934): Nordische Felszeichnungen als religiöse Urkunden. Frankfurt. Anati, Emmanuel (2002): Höhlenmalerei. Düsseldorf. Aubet, Maria Eugenia (22001): The Phoenicians and the West. Politics, Colonies, and Trade. Cambridge. Barreca, Ferruccio (1980): Phönizischer Einfluß auf die Bronzeplastik. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Beck, Heinrich & Ellmers, Detlev & Schier, Kurt (1992): Germanische Religi-onsgeschichte. Quellen und Quellenprobleme. Berlin. Beltrán Martínez, Antonio (1971): Los grabados del Barranco de Balos (Gran Canaria). Arqueológica I, Las Palmas. Bernatzik, Hugo Adolf (51944): Im Reich der Bidyogo. Geheimnisvolle Insel im Westatlantik. Leipzig. Biedermann, Hans (1976): Lexikon der Felsbildkunst. Graz. Biedermann, Hans (1977): Bildsymbole der Vorzeit. Graz. Biedermann, Hans (1989): Knaurs Lexikon der Symbole. München. Böhm, Gerhard (1996, 1999, 2002): Sprache und Geschichte im Kanarischen Archipel. Bd. I: Kulturgeschichte. Bd. II: Epigraphik. Bd. III: Sprachdenk-mäler. Wien. Boehmer, Rainer Michael (1965): Die Entwicklung der Glyptik während der Akkad-Zeit. Berlin. Buchholz, Hans-Günter (1980): Metallurgie. In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Cook, Arthur (1940): Zeus. A study in ancient religion, vol. III/1. Cambridge. Evans, Arthur (1909): Scripta Minoa I. Oxford. 112MMALMOGAREN XLIII/2012 Gómez Barrera, Juan & Rojo Guerra, Manuel & García Díez, Marcos (2005): Las pinturas rupestres del Abrigo de Carlos Álvarez o Abrigo de la Dehesa. In: Zephyrus 58, Universidad de Salamanca. Gras, Michel (1980): Sardische Bronzen in Etrurien. In: Badisches Landes-museum Karlsruhe (Hg.): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Haussig, Hans Wilhelm (Hg.) (1986): Wörterbuch der Mythologie, Band IV: Götter und Mythen der kaukasischen und iranischen Völker. Stuttgart. Kühn, Herbert (31971): Die Felsbilder Europas. Stuttgart. Lächler, Paul & Wirz, Hans (1962): Die Schiffe der Völker. Freiburg. Lilliu, Giovanni (1966): Sculture della Sardegna Nuragica. Cagliari. Lilliu, Giovanni (1967): Frühe Randkulturen des Mittelmeerraumes. Korsika – Sardinien – Balearen – Iberische Halbinsel. Baden-Baden. Lilliu, Giovanni (1980): Die Nuraghenkultur. 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In: Almogaren XXX (275-319). Vöcklabruck. Unterberger, Gerald (2011): Der Stier mit der Weltsäule. Ein archaisches Mythenbild vom Bau der Welt. Wien. Uyanik, Muvaffak (1974): Petroglyphs of south-eastern Anatolia. Graz. Vollmer, Wilhelm (1836): Vollständiges Wörterbuch der Mythologie aller Na-tionen. Stuttgart. von Cles-Reden, Sibylle (1963): Das versunkene Volk. Die Etrusker. Frank-furt. Weber, Otto (1920): Altorientalische Siegelbilder. Leipzig. Whittle, Alasdair (1996): Die ersten Bauern. In: Cunliffe Barry (Hg.): Illust-rierte Vor- und Frühgeschichte Europas. Frankfurt. Wölfel, Dominik Josef (1955): Eine Felsgravierung eines neolithisch-bronze-zeitlichen Schiffstypus und anderes aus der Archäologie der Kanarischen Inseln. Afrikanistische Studien. Festschrift Diedrich Westermann, Berlin. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome. Halb verdeckter Bootskörper. Länge: 16,3 cm. Datierung: 9./8. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbe-kannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 322, Tafel 178. Abb. 2: Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome. Offener Bootskörper, Haltering an Trage-bändern. Hals und Hörnerenden der Tierprotome umwickelt. Länge: 16,3 cm. Datierung: 9./8. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 322, Tafel 177. Abb. 3 (mit Detail): Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome. Offener Bootskörper, Halte-ring an Tragebändern. Auf der Aufhängöse und an den hinteren Bordkanten befinden sich Vögel. Zwischen den Hörnern der Protome ist ein Spiraldraht. Länge: 27 cm. Datie-rung: 8. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 322, Tafel 179 a und b. Abb. 4: Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome, die Hörner enden in Kugeln. Am knauf-besetzten Mast befindet sich ein Vogel. Die Reling wird von vier Pfählen mit Knauf 114MMALMOGAREN XLIII/2012 durchbrochen. Länge: 32 cm. Datierung: 8./7. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 331, Tafel 195. Abb. 5: Sardisches Bronzeboot mit Rinderprotome und "Tierbesatzung" (drei Affen, Fuchs, Hund, Maus). Länge: 13,6 cm. Datierung: 8./7. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 318 f., Tafeln 174 a und b. Abb. 6: Sardische Bronze: Mann und Stier mit nuraghenförmigem Zepter auf dem Kopf. Höhe: 8,1 cm. Datierung: 8/7. Jh. v. Chr. Fundort: Unsicher, möglicherweise Cerveteri (Latium). Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardini-ens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 304, Tafel 147 a. Abb. 7: Vierpass-Nuraghen-Modell in Bronze. Höhe: 25,8 cm. Datierung: 8/7. Jh. v. Chr. Fundort: Camposanto bei Olmedo (Sassari). Eigene Skizze. Zum fotografischen Origi-nal siehe in: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 336, Tafel 200. Abb. 8: Relief aus Adilcevac am Van-See (Urartu-Reich). Eine Astral-Gottheit auf dem Stier, der zusätzlich ein dreizinkiges Zepter auf seinem Kopf trägt. Datierung: 7. Jh. v. Chr. Aus: Haussig, 1986, Tafel IV/4. Abb. 9: Felsbild aus dem Tiri in-Plateau (südöstliche des Van-Sees). Stier mit quadratischem Körper und einer wachstümlich (oder anthropomorph?) geformten Vertikalen auf sei-nem Nacken. Datierung: Unklar, möglich ist neolithisch bis 1. Jt. v. Chr. Aus: Uyanik 1974, Fig. 142/22. Abb. 10 a: Sardisches Bronzeboot mit Hirschprotome. Länge: 27 cm. Datierung: 7. Jh. v. Chr. Fundort: Sardinien, genaue Fundsituation unbekannt. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 330, Tafel 194. Abb. 10 b: Sardisches Bronzeboot mit Hirschprotome und reicher "Tierbesatzung" (u. a. bilden zwei Stiere den Bügelhalter für die Aufhängöse). Länge: 23 cm. Datierung: 8. Jh. v. Chr. Fundort: Tomba del Duce in Vetulonia. Aus: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1980): Kunst und Kultur Sardiniens vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit. Karlsruhe. Seite 321, Tafel 176. Abb. 11: Felsbilder, die Schiffe und naviforme Zeichen wiedergeben. Fundort: Abri Laja Alta bei Jimena de la Frontera im Osten der südspanischen Provinz Cadiz. Datierung: Unsicher, womöglich bronzezeitlich. Aus: Gómez Barrera & Rojo Guerra & García Díez, 2005, S 240, Fig. 15. Abb. 12: Felsbild aus Gran Canaria: Neolithische bis bronzezeitliche Bootsdarstellung oder neuzeitliches Monogramm? Fundort: Barranco de Balos. Aus: Wölfel, 1955, S 183, Fig. 1a. Abb. 13: Felsbild aus Lanzarote: Bootsdarstellung mit herzförmigem Stevenaufsatz. Fund-ort: Valle de Fuente Salada. Aus: Ulbrich, 1999, S 306, Abb. 32. Datierung: Nach Ulbrich (1999) "vorspanisch" bzw. aufgrund neuerer C14-Daten zur Besiedlungsgeschichte von Lanzarote möglicherweise 1000-900 v.Chr. (pers. Mitt. Ulbrich 2012). Abb. 14: Flachrelief im Palast des assyrischen Königs Sargon II. in Dur Šarrukin (heutiges Chorsabad) aus dem ersten Viertel des 8. Jahrhunderts v. Chr.: phönizische Schiffe mit ALMOGAREN XLIII/2012MM115 Pferdeprotomen beim Lastentransport von Zedernstämmen. Ausschnitt aus: Aubet, 2001, S 38, Fig. 13. Abb. 15: Bronzebeschlag auf den Palasttoren von Imgur-Enlil (heute Balawat) des assyri-schen Königs Šulmanu-ašared III. aus der Mitte des 9. Jhs. v. Chr.: Phönizische Schiffe, deren Bug- wie Hecksteven als Tierprotomen gebildet sind. Ausschnitt aus: Aubet, 2001, S 37, Fig. 12. Abb. 16: Assyrisches Siegelbild: Tiāmat als gehörnte Seeschlange oder Schlangenboot ge-gen den Helden Marduk (1. Jt. v. Chr.). Aus: Weber, 1920, S 69, Nr. 347. Abb. 17: Akkadisches Siegel aus der Ur-I-Zeit (25. Jh. v. Chr.): Sichelförmiges Boot mit Bugsteven, der in den Körper eines gehörnten Wesens ausläuft. Im Bootskörper der gehörnte Gott Šamaš. Aus: Boehmer, 1965, Tafel XXXIX/466. Abb. 18 a und 18 b: Akkadische Siegel mit dem "Bootsgott", der die Hörnerkrone trägt. Der Sonnengott Šamaš befindet sich im Bootskörper. Aus: Boehmer, 1965, Tafel XL/477, 478. Abbn. 19 a: Verschiedene Felsbilder aus der ostägyptischen Wüste, die Boote mit gehörnten Tierprotomen zeigen. Fundort: Bir Kanais. Datierung: Wahrscheinlich Naqāda I bis Naqāda II: ca. 4.500–3.100 v. Chr. Aus: Resch, 1967, S 19, Abb.2; Tafeln 15, 16, 17, 72 a, c. Abbn. 19 b: Verschiedene Felsbilder aus der ostägyptischen Wüste, die Boote mit gehörnten Tierprotomen zeigen. Fundorte: Toshka, Wadi Hammamat, Gerf Husrin. Datierung: Wahrscheinlich Naqāda I bis Naqāda II: ca. 4.500–3.100 v. Chr. Aus: Resch, 1967, Tafeln 72 b, 73 a, 75 b. Abbn. 19 c: Zwei Felsbilder aus der ostägyptischen Wüste, die den Stier als lebendiges Wesen in Bootsform zeigen. Fundort: Wadi Hodein Magoll. Datierung: Wahrscheinlich Badāri- Kultur bis Naqāda I: erste Hälfte bis Ende 5. Jt v. Chr. Aus: Resch, 1967, Tafel 40. Abb. 20: Der kultische Bootsschlitten des ägyptischen Totengottes Sokar mit Antilopen-und Stierprotome, am Tempel von Edfu. Zeitstellung: Ptolemäisch. Aus: Almgren, 1934, S 44, Abb. 31 a. Abb. 21: Der heilige Nil-Apis-Stier auf dem Boot, am Tempel von Edfu. Zeitstellung: Ptole-mäisch. Aus: Vollmer, 1836, Tafel I/5. Abb. 22: Das königliche Stierboot der Bidjogo. Aus: Bernatzik, 1944, Abb. 164. Abb. 23: Bemalung auf einer Ölvase aus Kyme in Kampanien: Der schwimmende Zeus- Stier auf dem Weg nach Kreta, mit der Göttin Europe und dem Baum auf seinem Rü-cken. Datierung: 5. Jh. v. Chr. Aus: Cook, 1940, S 616, Fig. 416. Abb. 24 a: Goldring aus Mochlos in Ostkreta, der ein Boot mit Tierprotome zeigt, in dessen Mitte sich ein heiliger Baum und eine (weibliche) Gottheit befinden. Zeitstellung: Ende der frühminoischen Kultur, ca. 2.000 v. Chr. Aus: Lächler & Wirz, 1962, S 47, Abb. 27. Abbn. 24 b: Verschiedene Schiffsdarstellungen auf Tonsiegeln der spät- bis mittelminoischen Zeit (ca. 2.000–1.500 v. Chr.), die Schiffe mit gehörnten Steven bzw. Tierprotomen zei-gen. Aus: Evans, 1909, S 149, 203. Abb. 25: Zwei Felsbilder aus dem südschwedischen Schonen, die Boote mit (gehörnten) Tierkopfsteven zeigen. Datierung: Wahrscheinlich frühe Bronzezeit, ca. 1.500 v. Chr. Aus: Gómez Barrera & Rojo Guerra & García Díez, 2005, S 242, Fig. 16/4. Abb. 26: Felsbild vom Onega-See (Nordwest-Russland), das ein Boot mit (gehörntem?) Tier-kopfsteven zeigt. Datierung: Wahrscheinlich zweite Hälfte des 2. Jts. v. Chr. Aus: Kühn, 1971, Tafel 42. 116MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 2 Abb. 3 Detail Abb. 1 ALMOGAREN XLIII/2012MM117 Abb. 5_1 Abb. 4 118MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 5_2 ALMOGAREN XLIII/2012MM119 Abb. 8 120MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 9 Abb. 10a ALMOGAREN XLIII/2012MM121 Abb. 10b Abb. 11 122MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 12 Abb. 13 ALMOGAREN XLIII/2012MM123 Abb. 14 Abb. 16 Abb. 15 124MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 17 Abb. 18a Abb. 18b ALMOGAREN XLIII/2012MM125 Abb. 19a_1 Abb. 19a_2 Abb. 19a_3 Abb. 19a_4 126MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 19b_1 Abb. 19b_2 Abb. 19a_5 Abb. 19a_6 ALMOGAREN XLIII/2012MM127 Abb. 19b_3 Abb. 19c_1 128MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 19c_2 Abb. 20 ALMOGAREN XLIII/2012MM129 Abb. 21 Abb. 22 130MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 23 Abb. 24a Abb. 24b_1 ALMOGAREN XLIII/2012MM131 Abb. 24b_2 Abb. 25 132MMALMOGAREN XLIII/2012 Abb. 26 |
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