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ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM3 48-49/2017-2018 ICDIGITAL Separata 48-49/1 4MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). Die deutsche Rechtschreibung wurde – mit Ausnahme von Literaturzitaten – den aktuellen Regeln angepasst. Englischsprachige Keywords wurden zum Teil nach-träglich ergänzt. PDF-Dokumente des IC lassen sich mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader (Version 7.0 oder höher) lesen. Für den Inhalt der Aufsätze sind allein die Autoren verantwortlich. Dunkelrot gefärbter Text kennzeichnet spätere Einfügungen der Redaktion. Alle Vervielfältigungs- und Medien-Rechte dieses Beitrags liegen beim Institutum Canarium Hauslabgasse 31/6 A-1050 Wien IC-Separata werden für den privaten bzw. wissenschaftlichen Bereich kostenlos zur Verfügung gestellt. Digitale oder gedruckte Kopien von diesen PDFs herzu-stellen und gegen Gebühr zu verbreiten, ist jedoch strengstens untersagt und be-deutet eine schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: institutum-canarium.org almogaren.org Abbildung Titelseite: Original-Umschlag des gedruckten Jahrbuches. Institutum Canarium 1969-2018 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM5 Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Franz Trost Tierfabeln und Tiergeschichten der Twareg (Kel-Ahaggar und Kel-Adrar) ..................................................................... 7 Hans-Joachim Ulbrich Phalli and vulvae as apotropaic geoglyphs in a sacred plain south of Albacete (Spain) ....................................................... 39 Alain Rodrigue Note sur le gisement paléolithique de Tibasksoutine (Zagora, Maroc) ............................................................... 79 Friedrich Berger Neue Überlegungen zur geographischen Lage von Jam ............................... 87 Andoni Sáenz de Buruaga Notas y reflexiones acerca del proceso de la investigación arqueológica en el Sahara Occidental: hitos históricos, implicaciones políticas y orientaciones teóricas de futuro en la gestión patrimonial ......... 125 Enrique Gozalbes Cravioto & Helena Gozalbes García Jebabra (región de Asilah), un nuevo centro megalítico y de cazoletas (cupules) en el Norte de Marruecos ..................................... 159 Hans-Joachim Ulbrich Zum Thema Trockenstein-Technik: ein kleiner Rundbau bei Máguez (Lanzarote) ............................................. 189 Hartwig-E. Steiner, Paz Fernández Palomeque, María Luisa Morales Ayala, Marcos Sarmiento Pérez Islas Salvages de José Agustín Álvarez Rixo del legado del erudito canario universal ..................................................... 199 Paul Horley & Hartwig-E. Steiner Face petroglyphs in Easter Island caves as a possible sign of their special status ...................................................... 253 Hartwig-E. Steiner Ana Mata eine Höhle mit Make Make-Petroglyphen beim Nordkap der Osterinsel / Rapa Nui, Polynesien ................................. 303 • 6MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Trost, Franz (2018): Tierfabeln und Tiergeschichten der Twareg (Kel-Ahaggar und Kel-Adrar).- Almogaren 48-49 / 2017-2018 (Institutum Canarium), Wien, 7-38 Zitieren Sie bitte diesen Aufsatz folgendermaßen / Please cite this article as follows: ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM7 Almogaren 48-49 Wien 2018 7 - 38 Franz Trost Tierfabeln und Tiergeschichten der Twareg (Kel-Ahaggar und Kel-Adrar) Keywords: Sahara, Twareg, oral traditions, fables, narratives Zusammenfassung: Der vorliegende Artikel enthält mehrere Fabeln und Erzählungen eines vielseitig begab-ten, alten Nomadenvolkes, dessen Kultur und Existenz als ethnische Gruppe heute ernst-haft bedroht sind. Es sind kurze, oft amüsante Geschichten in der Art von kleinen Sitten-komödien, wie sie für dieses Genre chrakteristisch und auch in fast ganz Westafrika ver-breitet sind. Vorgetragen werden die Texte vorwiegend von alten Frauen im abendlichen Lager. Alt und jung greifen sie auf, schmücken sie aus und geben sie weiter. Abstract: This article shows fables and narratives of an old, very gifted nomadic people, whose culture and existence as an ethnical group is seriously threatened today. These are short stories, often amusing, a kind of moral sense comedies, which are characteristic for this kind of narratives and told all over western Africa. They are usually recited by elder women at the evening meetings. Old and young will take, adorn and tell them, and so carry them on. Résumé: L'article présent contient plusieurs fables et contes d'un ancien peuple nomade, amplement doué, dont la culture et l'existence en tant que groupe ethnique sont gravement menacées. Ce sont des histoires courtes, parfois humoristiques, telles de petites comédies de moeurs, caractéristiques pour ce genre, connues dans presque toute d'Afrique de l'Ouest. Ces textes sont plutôt racontés par les vieilles femmes dans les campements du soir. Ils sont adaptés par les jeunes ainsi que par les vieux, ornés et transmis ensuite. 1 Die Hierarchie der Tiere In dieser Fabel wird nicht der Löwe als König der Tiere angesehen, son-dern der Hund, da dieser im Gegensatz zu allen anderen Wildtieren dem Menschen dient. Das Ereignis spielte sich in jener fernen Zeit ab, als die Tiere reden konn-ten. Sie versammelten sich eines Tages um festzulegen, wer von ihnen durch seine Kraft, seine Intelligenz oder seinen Mut ihr König sei. Nach langer Be-ratung, in deren Verlauf aridal, die Hyäne, enir, die Damagazelle, amellal, die 8MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Mendesantilope, amderh, die Giraffe, emerwel, der Hase, ekenisi, der Igel, und noch andere Tiere das Wort ergriffen hatten, waren sich alle einig, für ahar, den Löwen, zu stimmen. Da trat ebeggi, der Schakal, dazwischen und sprach: "Nein, meine Freun-de, es ist nicht ahar, der Löwe, denn elu, der Elefant, ist viel stärker als er." Darauf sagten die Tiere: "Vielleicht hast du recht, und es ist elu, der Ele-fant." Aber ebeggi, der Schakal, nahm wieder das Wort und sprach: "Nein, denkt nach, es ist nicht elu, der Elefant." Die Tiere diskutierten erneut und kamen zu dem Ergebnis: "Es ist aridal, die Hyäne." Aber ebeggi, der Schakal, widersprach erneut und sagte: "Nein, meine Freunde, es ist nicht aridal, die Hyäne." Die Tiere tauschten nochmals ihre Ideen über die Kraft jedes einzelnen Tieres aus und bestimmten schließlich in-isek, das Nashorn, da dieses auf der Nase ein Horn besitzt, mit dem es den Elefanten töten kann, obwohl dieser größer und stärker als alle anderen Tiere ist. Doch ebeggi, der Schakal, sagte wieder: "Nein, meine Freunde, es ist nicht in isek, das Nashorn." Da sagten die Tiere: "Es ist ebeggi, der Schakal, weil er sehr schlau und sehr listig ist." Aber ebeggi, der Schakal, der sich sehr geschmeichelt fühlte, sagte: "Nein, meine Freunde, ich bin es nicht." Wieder besprachen sich die Tiere, schauten einander an und sagten: "Der König von uns allen ist eydi, der Hund!" Darauf antwortete ebeggi, der Schakal: "Ja, es ist eydi, der Hund. Er ist der König von allen Tieren, weil er den Menschen versteht. Denn wenn er bei ihm ist, weicht er vor keinem von uns zurück, während wir vor dem Menschen davonlaufen." 2 Der Hase und der Schakal – Version 1 Ein Hase (1) und ein Schakal (2) unternahmen eines Tages gemeinsam eine Reise. Unterwegs begegneten sie einer Kuh (tesut) und töteten sie. Danach sprach der Schakal zum Hasen: "Gehe du die Esel (ihedan) holen, während ich das Fleisch aufteile." Der Hase gehorchte und entfernte sich, um die Esel zu holen. Inzwischen teilte der Schakal die Beute und gab den Mageninhalt (esak) in den Ledersack (3) des Hasen und das Fleisch sowie das Fett in seinen eigenen Sack. Als der Hase mit den Eseln kam, beluden sie die Tiere mit ihren Säcken, stiegen auf ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM9 und ritten gemeinsam weiter bis es dunkel wurde. Der Hase wusste von der Verschlagenheit des Schakals und dass in seinem Sack bloß der Mageninhalt war. Er warf seinen Stock (taburit) weg, mit dem er sein Tier lenkte und sagte zum Schakal: "Mir ist mein Stock heruntergefallen. Da du ein Mann (ales) bist, hole ihn mir, denn Frauen (tideden) steigen in der Nacht nicht ab" (4). Der Schakal stieg ab und ging den Stock des Hasen holen. Dieser nützte die Gelegenheit, um sich rasch auf den Esel des Schakals zu setzen. Da sich die beiden Tiere vollends glichen, merkte der Schakal nicht den Tausch. Er reich-te dem Hasen den Stock, setzte sich auf seinen vermeintlichen Esel und beide ritten weiter. Kurz darauf sagte der Schakal zum Hasen: "Es ist besser, wir trennen uns und jeder geht seinen eigenen Weg." Kaum gesprochen, setzte er dies auch schon in die Tat um. Unterwegs begegnete er Handwerkern (ineden) und sprach zu ihnen: "Wollt ihr Fleisch?" "Ja, wir wollen!" riefen diese einstimmig (5). Der Schakal ging zu seinem Ledersack, griff mit seiner Hand hinein, um das Fleisch herauszunehmen und fand nur den Inhalt des Magens vor. "Oh, dieser listige Hase!" war alles, was er dazu ausrufen konnte. 3 Der Hase und der Schakal – Version 2 Ein Hase und ein Schakal kultivierten gemeinsam einen Garten. Die Gewinnverteilung hatte der Schakal vorgegeben: vier Teile für ihn und einen Teil für den Hasen; dieser war damit einverstanden. Nach erfolgter Ernte kam der Hase in das für die Ernte vorgesehene Versteck (6), wo er in den Getreide-bündeln eine Hündin verbarg. Kurze Zeit später kam der Schakal und bemerkte bei der Überprüfung seines Gewinns das Ohr der Hündin. "Nun denn, großer Meister", sprach er zum Hasen, "ich habe die wahre Gerechtigkeit erkannt, auch du sollst vier Teile haben, so wie ich." Aber der Hase antwortete: "Nein, es ist gut wie es ist: einen Teil für mich, vier Teile für dich." Sie füllten das Getreide in Säcke, luden diese auf Jungesel (izawwen) und machten sich auf den Weg. Als die Nacht hereinbrach, ließ der Hase unterwegs seinen Stock (taburit) fallen, mit dem er die Tiere lenkte. "Schakal", rief er aufgebracht, "ich habe meinen Stock verloren!" Der Schakal blieb stehen und lief den Weg zurück, um den Stock zu su-chen. Unterdessen vertauschte der Hase blitzschnell im Schutz der Dunkel-heit die Ladungen. (Seine mit Getreide gefüllten Säcke hatte er in dem Ver-steck gelassen und stattdessen andere mit Sand gefüllt und aufgeladen.) We- 10MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 nig später begegneten sie einer Kuh, die sie töteten und zu zerteilen began-nen. "Herr Schakal", sagte der Hase, "ich kenne mich beim Teilen nicht aus, mach es doch du allein." "Einverstanden", antwortete dieser. Als der Schakal mit der Teilung fertig war und für den Transport des Flei-sches die dazu notwendigen Säcke vorbereitete, stahl der Hase in einem güns-tigen Augenblick die besten Stücke und versteckte sie. Der Schakal bemerkte jedoch den dreisten Raub und wollte vom Hasen den Grund für seine Hand-lung wissen. Der Hase, kleiner und schwächer als der Schakal, flüchtete auf einen hohen Baum mit der Absicht, sich dort eine passende Ausrede einfallen zu lassen. "Komm herunter, Hase, damit wir das Problem gemeinsam lösen können!" rief der Schakal. "Nein", antwortete der Hase, "mache vorerst ein Feuer nahe am Baum, um das Fleisch braten zu können. Sodann binde dir einen Strick (akhamil) um den Körper, damit ich dich zu mir auf den Baum ziehen kann. Hier heroben können wir die Angelegenheit besser besprechen." Der Schakal machte ein Feuer, nahm dann einen Strick, knotete ihn sich um den Hals und warf das andere Ende zum Hasen hinauf. Der zog an dem Strick und der Schakal hob sich in die Luft. "Du tust mir weh, Hase, lass los, du erwürgst mich!" schrie der Schakal. Der Hase ließ den Strick etwas nach, so dass der Schakal langsam gegen das Feuer glitt und erneut zu schreien begann: "Ich verbrenne, ich werde in Flammen aufgehen!" Darauf zog der Hase den Strick wieder an. Diesen schaurigen Vorgang wie-derholte er mehrere Male. Der Schakal begriff, dass er vom Hasen hereinge-legt wurde. Er biss sich los und entfloh, halb erwürgt, halb gebraten in die Wüste hinaus. Er hatte gelernt, dass im Leben die List mehr als Kraft und Stärke zählt! 4 Der Hase und der Schakal – Version 3 Wieder kam ein Tag, an dem der Hase zusammen mit dem Schakal eine Reise unternahm. Sie waren noch nicht lange unterwegs, als der Hase zu sei-nem Begleiter sagte: "Ich kenne eine List" (7). Der Schakal erwiderte überheblich: "Ich kenne hundert Listen." "Schleichen wir uns in einen der Gärten, um dort unseren Hunger zu stil-len", schlug der Hase vor und stellte die Frage: "Was wirst du dort fressen, Schakal?" ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM11 "Ich werde mich mit Weintrauben (8) vollfüllen", antwortete dieser, "und was wirst du zu dir nehmen, Hase?" "Ich werde mich mit Grünzeug (ishkan) begnügen", gab dieser zur Antwort. So fraßen sie in einem der umzäunten Gärten jeder an seinem Platz bis sie satt waren. Dann sagte der Schakal: "Jetzt können wir gehen, wir haben beide genug bekommen." Der Hase war einverstanden. "Geh hinaus und beobachte, ob nicht der Eigentümer des Gartens (9) in der Nähe ist", befahl der Schakal. Der Hase ging hinaus und gab dem Schakal ein Zeichen zu kommen. Der Schakal versuchte es, aber es gelang ihm nicht. Er war so vollgefressen, dass er nicht mehr durch das Loch der Einzäunung hinauskonnte, es war ihm zu klein. Er sagte: "Hase, gib mir einen Rat (ar.: debber). Was soll ich tun um hinauszukommen?" "Wie kann ich dir einen Rat geben? Ich kenne doch nur eine List, während du hundert Listen kennst", antwortete der Hase und floh. Der Schakal aber wurde vom Besitzer des Gartens erfasst und gefangen genommen. 5 Der Schakal und der Igel Ein Schakal und ein Igel (10) fanden eines Tages eine tote Kamelstute (talemt), was den beiden Gefährten (amidiwen) ein ausgezeichnetes Festmahl versprach. "Geh Brennholz (11) holen", sagte der Schakal zum Igel in der Hoffnung, ihm einen Streich während seiner Abwesenheit spielen zu können. Der Igel war zu Recht misstrauisch und antwortete: "Du, der du doch län-gere Beine hast als ich und dessen Ruf als Läufer durch nichts zu überbieten ist, kannst viel schneller das Brennholz herbeischaffen. Geh also du, während ich auf unseren Besitz aufpasse." Der Schakal brach foglich in jenem Trott auf, der es ihm erlaubt, die größ-ten Entfernungen ohne Ermüdung zurückzulegen. Der Igel indes nützte die Gelegenheit und begann die Kamelstute in kleine Stücke zu teilen, die er sodann nahe einem Rohrkolbengewächs (12) vergrub. Als er so alle Teile des Tieres versteckt, die Löcher mit Sand bedeckt und die Spuren seines vielen Hin- und Herlaufens verwischt hatte, schob er den Schwanz der Kamelstute derart in ein Loch, dass davon nur noch einige Haarbüschel aus dem Boden herausragten. Als er den Schakal mit dem Feuerholz zurückkommen sah, er-griff er das Ende des Kamelschwanzes und stemmte sich mit seinen Beinen fest gegen den Boden, als wolle er ihn aus der Erde ziehen. "Was treibst du in dieser lächerlichen Stellung?" fragte der Schakal, "sag mir lieber, wo die Kamelstute ist, die ich hier nicht mehr sehe." 12MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Außer Atem antwortete der Igel: "Das Tier war nicht tot. Es hat gehört, dass wir es braten wollen und kaum warst du weg, hat es ein Loch in den Boden gegraben, um sich zu verstecken. Ich bin nicht stark genug, um es zurückhal-ten zu können, aber ich halte es am Schwanz, so dass es nicht weit kommen kann." "Lass mich her, mir wird es keine Mühe machen, es herauszuziehen", mein-te der Schakal überheblich. "Reg dich aber dabei nicht auf", mahnte der Igel, "wir haben alle Zeit für uns." Der Schakal hörte nicht auf diesen Ratschlag zur Mäßigung. Er zog heftig an dem Schwanz und stürzte nach hinten, während dieser jämmerlich aus sei-nem Maul hing. "Deine Übereiltheit war fatal für uns", sagte der Igel, "jetzt ist die Kamel-stute unter der Erde verschwunden. Aber wenigstens bleibt uns noch der Schwanz, mit dem wir uns zufrieden geben müssen." "Davon bekommst du aber nichts, dummer Igel", grollte der Schakal. Er packte den Schwanz der Kamelstute und lief eilends davon, um damit seinen Hunger zu stillen. 6 Der Schakal und der Dornschwanz Der Schakal und der Dornschwanz (13) jagten gemeinsam, als sie zufällig auf eine Ziege (tirhse) stießen, die sie töteten. Der Dornschwanz machte Feu-er, während der Schakal das Tier zerlegte. Schon rösteten die Leber und das Herz des Tieres über der glühenden Holzkohle (tamak) und verbreiteten einen verlockenden Duft, der den Schakal sein Versprechen bereuen ließ, mit dem Dornschwanz die Beute zu teilen. Verschlagen und durchtrieben suchte er ein Mittel, seinen Gefährten um dessen Anteil zu bringen. "Würdest du", fragte er hinterhältig, "diese Leber und dieses Herz meiner alten Mutter bringen, die im benachbarten Tal wohnt? Die Arme kann nicht mehr selber jagen. Ich werde inzwischen das Fleisch aufteilen." Der Dornschwanz war einverstanden. Er trottete über Sand und Fels und hielt so gut er konnte die Geschenke des aufmerksamen "Sohnes" fest. Kaum war sein Gefährte gegangen, sprang der Schakal auch schon aus dem Graben, erklomm den Hügel und erwartete den Dornschwanz an der ausgemachten Stelle. Er spielte die bewegungsunfähige Mutter und dankte für die Geschen-ke, die der Dornschwanz brachte. Dieser machte sich mit seinem holprigen Gang wieder auf den Rückweg. Als er auf dem gemeinsamen Platz ankam, sah er den Schakal ausgestreckt bei einem Grasbüschel liegen, gesättigt und vor sich hindämmernd; doch er konnte keine Spur vom Fleisch bemerken, wie er gehofft hatte. ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM13 "Wo ist mein Fleischanteil?" fragte er. Gerade noch, dass der Schakal geruhte ihn anzusehen. Ein schrilles Lachen gab dem unseligen Dornschwanz zu verstehen, dass er das Opfer einer List geworden war. Verärgert darüber, so grob an der Nase herumgeführt worden zu sein, und empört über das Verhalten des Schakals, band er die Knochen der Ziege an den Schwanz des Schlafenden. Als er damit fertig war, rief er: "Wach auf, da kommt ein Mensch auf uns zu!" "Das hat wenig zu bedeuten", antwortete der Schakal ohne seine Augen zu öffnen. "Vorsicht, mein Freund, zwei Hunde begleiten ihn!" warnte der Dorn-schwanz. Ohne weitere Erklärungen abzuwarten, stürmte darauf der Schakal los und lief, dass er ganz außer Atem kam. Bei jedem Satz schlugen die angebunde-nen Knochen auf den Boden, so dass er der Meinung war, gleich von den Hunden erfasst zu werden. So lief er weiter und weiter, bis schließlich wäh-rend seines rasenden Laufes die Knochen nacheinander herunterfielen. Einer war noch übrig, als er sich erschöpft umdrehte, um seinem vermeintlichen Feind die Stirn zu bieten. Er begriff nun, wie sich der Dornschwanz gerächt hatte. Wütend kehrte er um, fest entschlossen, ihn zu bestrafen. Aber der Dornschwanz, der den Zorn des Schakals vorausgesehen hatte, hielt sich in einer Felsspalte versteckt und zeigte kaum seine Nasenspitze. "Wie hast du das Loch machen können, um dich so gut zu verbergen? Ich hätte auch gerne eine so sichere Wohnstätte (azemmazzerh)", säuselte der Schakal. "Das ist sehr einfach", versicherte der Dornschwanz, "geh viel trockenes Holz suchen, lege es an den Felsen und mache ein großes Feuer. Wenn die Flammen hoch sind, rennst du kräftig mit dem Kopf gegen den Fels und die-ser wird sich öffnen. Wir Agamen machen das immer so." Vom Zorn getrieben, befolgte der Schakal genau die Ratschläge des Dorn-schwanzes. Durch den Stoß mit dem Kopf erschlug er sich, fiel ins Feuer und wurde gebraten. 7 Der Löwe, der Leopard, die Hyäne und der Schakal Ein Löwe (14), ein Leopard (15), eine Hyäne (16) und ein Schakal waren gute Freunde. Als sie eines Tages gemeinsam jagen gingen, sahen sie ein Schaf (tehele) und töteten es. Der Löwe (aweqqas) ergriff darauf das Wort und sprach: "Wer von uns soll die Teilung des Fleisches vornehmen?" "Der Schakal", antworteten die anderen, "weil er der kleinste von uns ist." Der Schakal nahm die Teilung vor; er machte vier Portionen (tifula, sg. 14MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 tafult) und sprach: "Kommt, jeder kann sich seinen Anteil nehmen." Der Löwe kam und fragte den Schakal: "Wo ist die für mich bestimmte Portion?" Der Schakal antwortete: "Alle sind gleich groß. Du kannst nehmen, welche du willst." "Schakal", knurrte der Löwe, "du verstehst keine Teilung zu machen!" Er schlug zu und tötete ihn. Als der Schakal tot am Boden lag, suchten sie einen anderen, der die Teilung des Fleisches vornehmen sollte. Darauf sprach die Hyäne: "Ich will es tun." Sie vermengte das Fleisch des toten Schakals mit dem des Schafes und begann mit der Teilung; sie machte sechs Portionen. Als der Löwe dies sah, sagte er zu ihr: "Wir sind drei, warum machst du sechs?" Die Hyäne antwortete ihm: "Der erste Teil ist für den Löwen (aweqqas), der zweite ist für dich, der du unser Oberhaupt bist, und der dritte ist, für die roten Augen" (17). "Wer hat dich gelehrt, so zu teilen?" fragte der Löwe. "Der Schlag, der den Schakal getötet hat", erwiderte die Hyäne. 8 Die schwarze Hyäne Genährt von den nächtlichen Gewohnheiten der Hyänen entstand ein volks-tümlicher Bilderbogen über ihre Grausamkeiten, dem es jedoch an Realität fehlt. Es ist unzutreffend, dass die heute im Twareggebiet sehr seltene Fle-cken- oder Tüpfelhyäne, die größer und kräftiger als die Streifenhyäne ist, vorzugsweise Kinder frisst oder sich an schlafende Alte heranschleicht, sie mit ihrem Urin betäubt und dann in Stücke reißt. Diese Tiere brechen jedoch in Viehgehege ein und reißen Ziegen, Schafe, Esel und auch Rinder, sie steh-len in den Nomadenlagern alles nicht sicher verwahrte Genießbare, und es ist nicht auszuschließen, dass sie unbeaufsichtigte Menschensäuglinge rauben; einzelne Menschen können nachts aber nur durch ein Rudel (asera) bedroht werden. Im Ahaggar wird oft den Kindern das nächtliche Rufen der Eule (buhan) als das der Fleckenhyäne erklärt, und man schärft ihnen ein, sich vor diesem Tier zu hüten. Veranschaulicht wird dies durch die folgende Erzäh-lung aus dem Adrar der Iforhas. "Eines Tages ging ich meine im Tal verstreuten Esel suchen und habe eine tashuri gesehen; sie war schwarz, ihre Haare waren sehr lang (18), ihr Gang schleppend. Sie schüttelte beim Gehen ihre Haare, der nach unten gesenkte Kopf berührte beinahe den Boden, der Rücken war gekrümmt wie bei einem Greis. Als ich die tashuri sah, war ich schon sehr nahe bei den Eseln, zu denen ich ging. Ich sprang auf eine Eselin und ritt im Galopp auf die Zelte zu. Die ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM15 tashuri verfolgte mich nicht. Bei der Ankunft schrie ich: "Ich habe ein schwar-zes Tier gesehen, welches sehr lange Haare hatte!" Die Leute im Lager antworteten: "Das ist eine tashuri, hast du das Verlan-gen gehabt zu schreien, um sie zu verjagen?" Ich antwortete: "Ja, aber ich habe es nicht getan." "Hüte dich sehr, es zu tun, denn wer nahe einer tashuri schreit, wird sofort von ihr angegriffen!" 9 Über die Abstammung der Tiere Der Löwe, der Schakal und die Hyäne riefen sämtliche Tiere zusammen, um sie über die Identität ihres Vaters zu befragen. Alle kamen und beantwor-teten die ihnen gestellten Fragen. Nur das Maultier schwieg und gab erst nach langem Drängen kund, dass sein mütterlicher Onkel das Pferd ist (19). 10 Der Ziegenbock und das Warzenschwein In jener Zeit als die Tiere (20) noch sprechen konnten, stieß der Ziegenbock (21) im Frühling (tafsit) Brunftlaute (22) aus und erfüllte die ganze Gegend mit seinem Lärm (takat). Ein Warzenschwein (23) hörte sein Schreien und fuhr ihn barsch an: "He Ziegenbock! Warum machst du solchen Lärm?" "Ich bin den Ziegen auf der Spur", antwortete dieser, "und sie gebären im Allgemeinen auf diesen Lärm." "Wieviele Kinder (24) bekommt gewöhnlich eine Ziege?" fragte das War-zenschwein. "Eine fruchtbare Ziege kann zwei in einem Wurf haben" (25), antwortete er ihr. "Nicht mehr?" rief erstaunt das Warzenschwein, "komm mit, ich werde dir meine Kinder zeigen." Der Ziegenbock und das Warzenschwein brachen gemeinsam auf und ka-men zu jener Stelle, wo die Bachen (tizubaratin) den Tag verbringen. Sie tra-fen dort 5 oder 6 von ihnen an, jede gefolgt von 20 (senatet temerwin, "zwei Zehner") Frischlingen (26). "Du siehst sie hier", sagte das Warzenschwein zum Ziegenbock, "sie alle sind meine Kinder. Ich bin nicht gewöhnt solchen Lärm zu machen wie du und doch sind meine Sprösslinge zahlreicher als die deinen." Die Moral von der Geschichte: Derjenige, der gewöhnlich Lärm macht, hat nur Lärm in sich. 11 Der Hund und der Knochen Die folgende Fassung stammt von einem Targi der Kel-Adrar. Ein Hund (27) fand einen Knochen (erhes) und begann ihn abzunagen. Der 16MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Knochen sagte zu ihm: "Ich bin sehr hart." Worauf der Hund erwiderte: "Sei beruhigt, ich habe nichts anderes zu tun." 12 Der Strauß und der Hahn In alten Zeiten versammelten sich alle Vögel (igdad, sg. egedid) und sagten: "Wenn Gott (Mess-inerh) will, werden wir morgen fliegen können!" Der Hahn (28) und der Strauß (29) waren überzeugt: "Ob Gott will oder nicht, wir werden fliegen können!" Am nächsten Tag konnten alle Vögel fliegen mit Ausnahme von Hahn und Strauß. Da sagte der Strauß: "Oh Herr, der du mich mit meinen Flügeln (ifrawen, sg. afraw) bestraft hast, gewähre mir deine Gnade in meinen Beinen (idaren, sg. ader)!" Und Gott gab dem Strauß die Schnelligkeit (azzal), so dass er alle übertref-fen konnte, das Kamel (amis) wie das Pferd (ayes). Der Hahn richtete kein Gebet an Gott und erhielt keine andere Gabe als zum Gebet zu rufen. Er be-kam weder die Fähigkeit zu fliegen, noch die Schnelligkeit zum Laufen. 13 Der Knabe und die Strauße Es war einmal ein Knabe (abarad), der allein hinaus in die Welt (30) zog; er ging in den gefährlichen Bereich des Fremden (31). Alle wildlebenden Tiere (akhkhuten) flohen vor ihm: Zuerst ging er zu den Dorkasgazellen – sie flo-hen, er ging zu den Damagazellen – sie flohen, er ging zu den Mendesantilopen – sie flohen, er ging zu den Oryxantilopen – sie flohen, er ging zu den Scha-kalen – sie flohen, er ging zu den Löwen – sie flohen, er ging zu den Flecken-hyänen – sie flohen, er ging zu den Elefanten – sie flohen. Endlich kam er zu den Straußen, die nicht vor ihm flohen und bei denen er bleiben konnte. Er wohnte bei ihnen und wurde ihr Gefährte. Wenn er sich niederlegen wollte, breiteten sie ihre Flügel aus und er konnte zwischen ihnen schlafen. Sie be-kleideten ihn mit ihren Federn und er aß ihre Speisen mit Ausnahme der Pflan-ze afessur (32). Als er größer wurde, wuchsen seine Haare (imzaden) und wurden so lang, dass sie bis auf den Boden reichten. Eines Tages bestiegen einige Männer ihre Pferde und begaben sich auf die Suche nach Straußen. Sie folgten der Spur des Knaben, da sie wussten, dass er mitten unter ihnen lebte. Sie gingen ihr nach bis sie unter einem Baum (ashek) endete. Die Dornen des Baumes hatten den Knaben erfasst und festgehalten, als er kurz vor seinem Tod von den Männern gefunden wurde. Sie versorgten ihn mit süßen Duftstoffen (33), so dass er wieder seiner Sinne mächtig wer-den konnte. Er sprach zu den Männern: "Die Strauße sind besser als alle anderen Wildtiere." ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM17 Als die Seinen das hörten, sagten sie: "Wir schwören, niemals Strauße zu töten wegen des Guten, das sie dir getan haben." 14 Der Schakal als Hirte Eines Tages begegnete der Schakal (ebeggi) einen Mann (ales) und fragte ihn: "Suchst du einen Hirten?" Der Mann antwortete: "Ja, ich suche einen!" Darauf machte ihm der Schakal ein Angebot: "Wenn du mir einen festen Lohn (alek) gibst, werde ich deine Herde (ehere) hüten." "Einverstanden", rief der Mann und vertraute dem Schakal 200 Ziegen und Schafe an. Der Schakal zog mit ihnen fort. Er ließ sie weiden und fraß ein Tier nach dem anderen auf. Eines schönen Tages war keines mehr da, und der Scha-kal machte sich von dannen und ging seinen eigenen Angelegenheiten nach. Inzwischen suchte sein Arbeitgeber nach ihm, und als er ihm endlich wieder begegnete, fragte er sofort: "Was ist aus meiner Herde geworden?" Der Schakal antwortete: "Mir ist die Nachricht von deinem Tod zugegan-gen. Ich habe daher (für das Heil deiner Seele) 100 Stück Vieh als Almosen gegeben. Nachher habe ich erfahren, dass du noch lebst. Aus Freude darüber habe ich weitere 100 Tiere geopfert. Du schuldest mir also noch meinen Lohn!" 15 Die Frau und der Löwe Eine Frau war von Feinden (ihendja) gewaltsam ergriffen und entführt worden. Unterwegs gelang es ihr zu fliehen. Sie begegnete einem Löwen (aweqqas), der sie auf seinen Rücken nahm und zu ihrem Lager (amezzarh) trug. Die Leute freuten sich über ihre Rückkehr und fragten, wer sie gerettet habe. "Ein Löwe", antwortete sie, "er war gut zu mir, aber er hatte einen unange-nehmen Mundgeruch." Der Löwe, der ganz in der Nähe lag, hörte diese Worte, er schwieg und zog weiter. Als einige Tage verstrichen waren und die Frau Brennholz holen ging, traf sie einen Löwen, der zu ihr sagte: "Nimm ein Stück Holz und schlage mich." "Nein, ich schlage dich nicht", sagte die Frau zu ihm, "denn ein Löwe hat mir Gutes getan und ich weiß nicht, ob du es bist oder ein anderer." "Ich bin es", erwiderte der Löwe. "Dann kann ich dich nicht schlagen", sagte die Frau. "Schlage mich oder ich fresse dich", befahl der Löwe. Sie nahm ein Stück Holz, schlug und verletzte ihn, worauf der Löwe sagte: "Jetzt kannst du gehen." 18MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Zwei oder drei Monate später trafen Löwe und Frau einander wieder. Er sprach zu ihr: "Sieh die Stelle (edeg) an, wo du mich verletzt hast; ist sie ver-heilt oder nicht?" "Sie ist verheilt", erwiderte die Frau. "Sind die Haare (imzaden) wieder nachgewachsen?" fragte der Löwe. "Gewiss", antwortete die Frau. Darauf sagte der Löwe: "Eine Wunde (abuyes) heilt gewöhnlich, aber nicht das Übel, welches ein böses Wort anrichtet. Ich bevorzuge (lieber) einen Schwerthieb als (eine Verletzung durch) die Zunge einer Frau (essuferh tiwit en takuba i iles en tamet)." Er packte und fraß sie. 16 Die blindwütigen Hyänenhunde tirhes Früher lebten im Ahaggar wilde Tiere (akhkhuten), die man tirhes (34) nennt. Sie verfolgten Menschen und fraßen Kamele. Wenn sie einen Men-schen sehen, der sein Schwert (takuba) zieht, attackieren sie ihn, wo immer er auch ist. Jener, der sie nicht kennt, kann bei ihrem Anblick meinen: "Das sind Hunde (iydan)!" Wenn er sie mit Sand/Erde (amadal) bewirft, lassen sie ihn in Ruhe und laufen davon; wenn er auf sie schießt, umringen sie ihn und versu-chen ihn zu verschlingen. Eines Tages haben sie die Ziegen (ulli) der Iseqqemaren gefressen, die sich verlaufen hatten. Ein anderes Mal haben sie zwei Kamele (imudjar) von Atisi ag Amellal gefressen. Eines Tages haben sie Elkhadj-Buya ag Elkhadj-Khamma verfolgt; er suchte seine verlaufenen Ka-mele, als ihm Hyänenhunde begegneten. Er entkam ihnen nur dank der Schnel-ligkeit seines Kamels (amis). Es geschah dies im Sommer gegen Mittag (terut) in der Tefedest-Region. Sie verfolgten ihn nicht lange, weil die Sonne sehr heiß herniederbrannte. Ein adliger Twareg des Ahaggar folgte einmal der Spur von Hyänenhun-den bis zu ihrem Bau (anu); sie waren dort inmitten ihrer Jungen (meddan). Er kehrte in sein Lager zurück und sagte zu den Leuten: "Los, gehen wir! Grei-fen wir sie an!" Man fragte ihn: "Wo sind sie?" Er antwortete: "Sie sind in Tizalayin" [Region Wa-helledjen]. Darauf sagten die Leute: "Wir gehen nicht, du lügst!" Sie blieben im Lager und ließen die Tiere im Freien. Heutzutage gibt es keine Hyänenhunde mehr im Atakor. Sie frequentieren vor allem die Tefedest-Region; man sagt auch, dass sie hin und wieder die Wa-helledjen-Region durchstreifen. Es gab ein Jahr, da reiste Emerhey ag Sidi-Mokhammed (35) in die weiße Tefedest (36). Als er beim Berg Edjeleh (37) ankam, begegnete er vier Hyä- ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM19 nenhunden: drei Weibchen (ar.: tuntawin) und ein Männchen (ey). Sie gingen auf ihn zu. Er sprang von seinem Kamel und nahm seinen am Sattel (tarik) hängenden Schild (arher) herunter. Als Erstes ging das Männchen auf ihn los. Emerhey schlug es mit einer Hautfessel (38) auf das Gesicht/Antlitz (udem) und das Tier wandte seinen Kopf ab. Emerhey zog sein Schwert (takuba) und schlug ihm damit auf den Rücken, worauf das Männchen zusammenbrach; die Weibchen ergriffen die Flucht. Emerhey schnitt ihm den Kopf ab und brach-te ihn in das Lager von Ahitarhel (39) nach Tizalayin. 17 Das Heil liegt in der Flucht Eines Tages verließ eine Zeltsklavin (taklit) das Lager, um Holz zu sam-meln. Sie hatte bald ein Bündel zusammen, als sie drei wilde und ausgehun-gerte Hyänenhunde auf sich zulaufen sah. Sie ließ ihr Holz fallen, rief Gott an und kletterte auf den nächsten Baum. Ganz zerkratzt von den Dornen der sie rettenden Akazie (tamat), sah sie die drei Raubtiere mit Schaum um ihre Schnauzen den Baum belagern. Der Tag verging, die Nacht kam. Die Wild-tiere schienen zu schlafen und auch die Frau hatte Verlangen danach. Aber jedesmal, wenn sie einschlummerte, entging sie nur knapp dem Herunterfal-len. Was kommen musste, geschah: sie schlief ein und stürzte hinunter. Dabei stieß sie einen Schrei (terhuyyet) aus und dann noch einen viel lauteren (azenrhireh), als sie inmitten der Raubtiere auf den Boden fiel. "Nehmt jeder sein Stück", schrie sie verzweifelt und verbarg ihren Kopf in den Armen. Aber die Tiere waren derart von dem Geschrei der Frau während ihres Stur-zes erschrocken, dass sie hinaus in die Wüste flohen. Auch die Frau ergriff die Flucht und rannte zurück zum Lager. Die Moral von der Geschichte: Das Geschrei und Gezeter einer Frau hat schon manches Lebewesen in die Flucht geschlagen! 18 Die rettenden Blutstropfen Die Wildheit der Hyänenhunde ist allen Bewohnern des Ahaggar bekannt. So auch jenem Mann, der eines Tages von einem Rudel (asera) dieser Tiere ganz unerwartet überrascht wurde. Es gelang ihm gerade noch, sich auf einen Baum zu retten, wo er befürchtete, lange belagert zu werden. Da ihm die Gier und die Gefräßigkeit dieser Tierart nicht unbekannt war, nahm er sein Mes-ser, schnitt sich damit in den Finger und ließ das Blut auf eines der Tiere hin-unterfallen. Sofort stürzte sich das Rudel auf jenes Tier, auf das die Bluts-tropfen gefallen waren und wollten es in Stücke reißen. Dieses flüchtete so schnell es konnte und das Rudel nahm seine Verfolgung auf. Die Kenntnis 20MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 (musnet), die dieser Targi von den Lebensgewohnheiten der Hyänenhunde besaß, hat ihn aus seiner kritischen Situation gerettet. Anmerkungen: (1) wörtl. emerwel: Hase, allg. Um die Gewitztheit dieses Tieres mehr her-vorzuheben, wird als gängige Bezeichnung oft das Femininum temerwelt an Stelle des Maskulinum verwendet. Der Kap- oder Feldhase (Lepus capensis, Unterart: Lepus capensis aegypticus) ist in ganz Nordafrika vertreten. Zu sei-nen Kennzeichen zählen die wüstenhafte gelbe bis braune Fellfärbung, die vergrößerten Gehörkapseln, die langen Ohren (sie sind länger als der Kopf) und die erheblich langen Hinterbeine. In der Sahara hält sich der Hase mit Vorliebe in Trockentälern auf, die etwas Vegetation besitzen und wo er leicht seine Nahrung findet, bestehend aus verschiedenen Pflanzenarten, Rinden, Knospen, Früchten und gelegentlich auch aus Kleintieren (Mäusen). Wie das folgende Textbeispiel zeigt, kommt der sonst so schlaue Hase in den Erzäh-lungen auch wenig intelligent vor: "Eines Tages bemerkte ein Hase wie aus jenem Tal, in welchem seine Jun-gen lagerten, ihm plötzlich Wasser entgegenströmte. Obwohl er jede Menge Zeit hatte, um seine Kleinen an einen sicheren Ort zu bringen, stolzierte er unbekümmert am Ufer umher und war überzeugt, die Situation irgendwie meistern zu können. Als er das Wasser immer näher kommen sah, versuchte er es voll Hochmut aufzuschlürfen – hielt er sich doch für einen wahren Hel-den, der den Oued auf diese Weise trockenlegen könnte. Alle in der Umge-bung lebenden Tiere kamen herbei, und man kann sich vorstellen, wie sie über den Hasen zu lachen begannen. Es kam, wie es kommen musste: unser Held wurde ein Opfer seines eigenen Starrsinns. Völlig demoralisiert musste er zusehen, wie seine Jungen von dem sprudelnden Wasser weggespült wur-den!"; (Lhote 1951: 135). (2) wörtl. ebeggi, syn. von aggur (eggur, im Ayr): Schakal, allg.; gemeint ist der in ganz Nordafrika verbreitete Goldschakal (Canis aureus), der als deckungsreiches Umfeld steinigen Boden bevorzugt und im Gebirge bis 2000 m aufwärts vorkommt. Er besitzt ein sehr gutes Seh-, Hör- und Riechvermögen und gibt kurz nach Sonnenuntergang und kurz vor Sonnenaufgang ein mehrmals wiederholtes, klagendes Heulen von sich. Seine Nahrung besteht aus Kleintieren aller Art, er reißt junge Gazellen und Antilopen, streift um die Lager auf der Jagd nach Ziegen und Schafen und stiehlt alles Genießbare; angeboren ist das Forttragen auch ungenießbarer Gegenstände. Aus diesem Grund wird der Schakal von den Twareg nicht für die Ernährung gejagt, son-dern zu seiner Vernichtung. Meist werden dazu an passenden Stellen und weit ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM21 genug von den Lagern entfernt (damit die Hunde nicht hineintappen) Schnapp-eisen ausgelegt. Auch Gift kommt zur Anwendung, das aus den Samenkör-nern des Rhizinusbaumes besteht und in die Fleischköder gegeben wird. Die Bedeutung des Schakals als Fabeltier zeigt sich im Ahaggar durch mehrere Beinamen und Umschreibungen, wie z.B. wa-n-efara, "der aus der Steppe/ Wildnis", p.ext. amulas, "weißgeflecktes Tier" (Tier mit Blesse auf der Stirn oder über der Oberlippe). Auch mehrere Wasserstellen, Berge und Täler tra-gen den Namen dieser Tierart, z.B. I-n-abeggi: eine Wasserstelle in der Regi-on Arheshshum und im Oued Tagrira zwischen dem Ahaggar und dem Ayr, sowie im Ahnet-Gebiet; Ibeggan (m.pl.): ein Berg im Adrar der Iforhas; Tibeggatin (f.pl.): div. Täler in der Region Arheshshum, ein Tal und ein Brun-nen (anu) im Adrar der Iforhas. (3) wörtl. tamhit: kleiner bis mittelgroßer Ledersack, hergestellt aus der Haut einer Ziege oder eines Schafes, früher auch aus der Haut eines Mähnen-schafes (udad), einer Damagazelle (enir) oder eines Schakals (ebeggi). Die Tierhaut wird im Stück gegerbt und das genarbte Leder nach innen gelegt. Als verschließbare Öffnung dient der Tierhals, die Öffnung der Beine wird durch einfaches Verknoten der Haut verschlossen. An den zwei Knoten der Vorder-beine und den zwei Knoten der Hinterbeine wird je ein Strick (tadekmert) festgemacht, der zum Aufhängen des Sackes dient. Der tamhit-Sack wird zum Transport von Trockennahrungsmitteln (Korn, Mehl, pulverisiertem Zucker, Tee etc.) während der Wanderzüge verwendet oder dient als Proviantsack aufgehängt im Zelt; Feuchtigkeit oder gar Nässe würde die Geschmeidigkeit des leicht mit Butter eingefetteten Leders beschädigen. Sein Fassungsvermö-gen ist recht unterschiedlich und liegt je nach Größe zwischen 20 und 70 Li-tern. (4) Es wird hier auf die traditionelle Galanterie des adligen Targi verwie-sen, die dem Hasen erlaubt, seine List durchzusetzen. (5) Anspielung auf die Unersättlichkeit der Schmiede, die keine Gelegen-heit auslassen, von einem glücklichen Zufall zu profitieren. Ihnen steht grund-sätzlich von jedem geschlachteten Tier ein Fleisch-Pflichtanteil (tanharmayt) zu. Meist ist es der obere Rückenabschnitt bis zum Halsansatz, seknes eneden, "lässt die Schmiede streiten", genannt, da dieses Fleischstück unter den an-wesenden Handwerkern manchmal zu Streitigkeiten führt. Wird ihnen dieser Pflichtanteil nicht gegeben oder gar verweigert bzw. liegt das freiwillige Vergütungsgeschenk unter seinem Wert oder werden ganz allgemein böse Absichten gegen sie gehegt, kann das die nur den Schmieden eigene Unglücks-kraft ettama (ar.) auslösen, welche unweigerlich Unheil über die betreffende Person bringt. 22MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 (6) wörtl. edjend: unterirdischer Speicher. Die Twareg kennen verschiede-ne Methoden, ihre Ernteerträge aufzubewahren, wobei es stets gilt, das Verlust-risiko durch Witterungseinflüsse, Schädlinge etc. möglichst gering zu halten. Gewöhnlich wird Getreide in ledernen Säcken zwischengelagert, die sich auf dem Rücken von Eseln problemlos bei jedem Lagerwechsel mitnehmen las-sen. Der Getreideüberschuss wird dann oft in bienenkorbförmigen, unterirdi-schen Silos verborgen, deren Inneres manchmal mit Erde verputzt (Ahaggar) oder mit Matten ausgelegt (Ayr) ist. Ak awadem issan aseggefer n-ana-s. Ak awadem ur itemmer a il iyen, "Jeder kennt die Verstecke seiner Angehörigen, aber keiner berührt das fremde Gut". Als Dieb bezeichnet zu werden, kommt dem Verlust aller Ehren gleich. (7) wörtl. tamkerra: a) listiger Plan, (Kriegs-)List; b) wundersame Objekte (z.B. Streichhölzer, Kerzen, Repetiergewehre, Uhren, das Telefon, der Tele-graf, die Luftfahrt, die Eisenbahn, das Dampfschiff etc.); c) Wundertat, Kunst-stück (F. Dict. III: 1184f.). (8) wörtl. ezzebiben (ar.): Weinbeeren, Weintrauben, wie man sie heutzuta-ge in einigen Gärten im Ahaggar vorfindet. Es geht dies vor allem auf den Verdienst des von 1861 bis zu seinem Tod 1877 amtierenden amenokal Elkhadj Akhmed zurück, der schon vor seiner Amtseinsetzung die ökonomische Not-wendigkeit der Ahaggar-Landwirtschaft zu realisieren begann. Die ersten agrarwirtschaftlichen Versuche scheiterten jedoch daran, dass sich die dafür vorgesehenen schwarzen Sklaven als unzulänglich erwiesen. Erst durch die Immigration von Oasenbauern aus der Tidikelt und der Tawat, den sog. Haratin, setzte die richtige Kultivierung in den landwirtschaftlichen Zentren des Ahaggar und die damit verbundene Zunahme an sesshafter Bevölkerung ein. Im Ahaggar und Ajjer trifft man heute auf einige Orte mit Weinstöcken, Feigenbäumen und Dattelpalmen, die als Reste einer Vor-Twareg-Landwirt-schaft erhalten geblieben sind und auf eine intensive Gartenbaukultur schlie-ßen lassen. Dass die Altbevölkerung Nordafrikas großes technisches Können in der Oasenwirtschaft besaß, wussten schon die antiken Schreiber wie Herodot, Strabon und Plinius zu berichten: Letzterer gibt eine ausgezeichnete Schilderung von dicht bebauten Kulturterrassen aus der Oase Tacapsa (dem heutigen Gafsa) in Südtunesien: "Unter hohen Palmen wächst hier der Ölbaum, unter diesem der Feigen-baum, unter diesem der Granatapfelbaum und unter ihm der Weinstock; un-ter dem Weinstock sät man Gerste, dann Hülsenfrüchte und zuletzt Kohl. Al-les in demselben Jahr und jedes gedeiht unter dem Schatten des anderen"; (Plinius XVIII,22). Als Jahrhunderte später die arabischen Armeen mit Riesenschritten gegen ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM23 den westlichen Maghreb stürmten und den Islam allen Völkern aufzudrängen versuchten, kann mit Sicherheit angenommen werden, dass sich nicht alle Stämme zur Lehre Mohammeds bekehren ließen, sondern zum Teil ihr Heil in der Flucht suchten. Als einziger Ausweg blieb nur der weite Süden offen, wo es Gebiete gab, die noch frei von den unermüdlichen Bekehrern des Islam waren und die geografisch wie klimatisch die besten Lebensmöglichkeiten boten: das sind die zentralsaharischen Gebirge des Ahaggar und der Tassili-n- Ajjer. Es scheint daher sicher, dass nach 650 n.Chr. bereits mehrere Berber-gruppen den Ahaggar bewohnten. Diese Neuankömmlinge brachten ein gutes landwirtschaftliches und handwerkliches Wissen aus ihrer Heimat mit, das ihnen alsbald zur ökonomischen und politischen Vorherrschaft über die ein-heimische Bevölkerung verhalf. Wahrscheinlich sind diesen frühen Einwan-derern viele der heute in der zentralen Sahara anzutreffenden Kulturpflanzen zu verdanken. Vermerk des Verfassers: Mit großem Vergnügen erinnere ich mich an eine im Jahr 1975 durchgeführte Expedition durch das Fadnounplateau (Tassili-n- Ajjer), wo wir uns mit Kamelen in der sommerlichen Saharahitze schleppend durch einen Cañon bewegten, der immer klammartiger wurde, bis es nicht mehr weiterging. Der Weg wurde uns von hohen Dattelpalmen und mächti-gen Feigenbäumen versperrt, zwischen denen sich wildwachsende Weinran-ken in so üppiger Form ausbreiteten, dass wir nur schwer unter Zuhilfenahme eines Messers und eines Stockes mit den Kamelen durchkommen konnten. Da zu dieser Zeit sowohl die Feigen als auch die Trauben reiften, wurden wir anschließend reich mit erfrischenden Köstlichkeiten belohnt. Während späte-rer Aufenthalte in der zentralen Sahara konnte ich mehrere ähnliche Orte mit üppigem Bewuchs entdecken. Sie sind heute meist vollkommen verlassen und werden nur sporadisch von durchziehenden Twareg besucht, die hier meist eine Rast einlegen. (9) wörtl. emeli n-afaradj; emeli: Eigentümer, Besitzer, allg.; Gott (der Herr); afaradj: Gehege, Verschlag und jede Art von Einzäunung (Hecke, Pferch, Zaun). In alten Zeiten wurden die Sklaven gelegentlich deffer-afaradj, "hin-ter/ nach der Hecke", genannt, da sich in den Lagern ihre Behausungen jen-seits der Tiergehege befanden. (10) wörtl. ekenisi (m.), auch tekenisit (meist f.): Igel, allg. In der zentralen Sahara ist fast ausschließlich der Wüsten- oder Äthiopienigel (Paraechinus aethiopicus) mit zwei Unterarten vertreten: P.a. deserti, im Noden; P.a. aethiopicus, im Süden. Der Wüstenigel besitzt große, vorspringende Ohren, welche die benachbarten Stacheln überragen; die Kopfstacheln sind durch eine 3 cm lange, kahle Stirnschneise gescheitelt, die Rückenstacheln erreichen eine 24MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Länge von bis zu 3 cm. Er ist nachtaktiv, gräbt einen einfachen Erdbau und trägt Futter als Vorrat in den Bau oder zur versteckten Bodenmulde; seine Nahrung besteht aus Insekten, Kerbtieren, Eidechsen, und Aas. Die Twareg machen keine spezielle Jagd auf den Igel. Finden sie einen, wird er oft den Knaben übergeben, die den zu einer Stachelkugel zusammengerollten Igel ins Wasser tauchen, damit der seinen Kopf herausstreckt und sie ihm die Kehle durchschneiden können; anschließend wird er in die heiße Asche gelegt und gebraten. Sein Fleisch gilt als sehr schmackhaft, besonders am Ende des Som-mers, wenn er Fett angesetzt hat. "Manche sagen, dass sein Fleisch ein gutes Fiebermittel ist, einige sagen auch, dass es Bauchschmerzen heilt", wiyyod gannin isan-nit enfan tazzaq, gannin wiyyod enfan aked tekma kut teha tesa (T.T.P. 1984: 206). Die Hirten stellen aus seiner Haut Maulkörbe für die Kitze her, die diese hindern sollen, an der Mutterziege zu trinken. Wenn in den Erzählungen der Schakal auch immer mit regem Geist auftritt und die zu vertrauensseligen und zu naiven Tiere zu täuschen versucht, zeigt sich einer seiner Gefährten, sei es der Igel, der Hase oder der Dornschwanz, stets weit-blickender, listiger und klüger, was bei den Zuhörern große Freude hervorruft. (11) wörtl. esarher: Brennholz, Feuerholz. Die dafür verwendeten Arten variieren je nach Region und werden ihrer Qualität entsprechend ausgesucht. Im Gebirge ist das beste Holz mit der höchsten Wärmekapazität jenes des tahunek-Baumes (Rhus oxyacantha), gefolgt von adjar (Maerua crassifolia), taburaq (Balanites aegytiaca), adaras (Commiphora africana) und verschiede-nen Akazienarten; von den Sträuchern sind es u.a. aresu (Calligonum comosum), dessen totes Holz an den Uferböschungen der Oueds gesammelt wird, sowie bender oder tasa (Anabasis articulata), bei dem die zerfurchten Stümpfe und langen Wurzeln schon zu Lebzeiten so verdorrt sind, dass sie grün genau so gut brennen wie trocken. In den großen Tälern ist reichlich Tamariskenholz vorhanden, das jedoch als Feuerholz von schlechter Qualität gilt, da es stark raucht, schnell verbrennt und wenig Glut erzeugt. Auch das Holz des immergrünen turha- oder terza-Strauches (Calotropis procera) brennt nur schwelend unter Erzeugung eines starken, unangenehm riechenden Rau-ches, wobei es, wie die Kel-Ahaggar sagen, "bei jedem Geknister böse Geister auslässt". Zum Erhalt kleiner Flammen werden gerne die langen, trockenen Blätter des Rohrkolbengewächses tahle (Typha elephantina) verwendet. Im Allgemeinen machen sowohl die Nomaden wie die Sesshaften "Feuer aus je-dem Holz", was in einigen Gebieten bereits zu starker Beschädigung der Vegetationsdecke geführt hat. (12) wörtl. tahle (ar.: berdi): ein bis über 3 m hohes Rohrkolbengewächs (Typha elephantina) mit dichtem Vorkommen an feuchten Standorten und ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM25 Wassertümpeln. Die langen, 3-4 cm breiten, recht dicken und mit farblosem Mark gefüllten Blätter sind auf der Rückseite gekielt, so dass sie im Quer-schnitt fast dreieckig erscheinen. Jedes Blatt geht von der Sprossbasis aus und umgibt einen sehr langen, kräftigen Stängel (ededdel, poet. auch Speer), an dessen Spitze sich ein dunkelbrauner, zigarrenförmiger Rohrkolben (elef) bil-det. Sein unterer Teil (eyhed n-elef) besteht aus den weiblichen Blüten, die eng beieinander stehen und eine zylindrische Scheide formen, sein oberer Teil versammelt in einer schlankeren Ähre die männlichen Blüten. Verwendung: Beide Blütenstände werden vor ihrer Reife gestoßen und zu feinem Mehl gemahlen, um den aus einem Gemisch von Wasser und Hirse-mehl bestehenden Brei namens esink zu strecken. Die dicht über dem Erdbo-den sprießenden jungen Triebe (tiskawin, sg. tiske) können roh verzehrt wer-den, ebenso die jungen Wurzeln (ikerdewasen, sg. akerdewas) und jene, besonders von den Kindern auf der Suche nach Essen bevorzugten, gewöhn-lich knapp unter der Erdoberfläche liegenden Wurzelteile namens inehan, sg. enehi. In Hungerszeiten, wenn das Gemüse knapp wird, gräbt man die Wur-zeln aus, lässt sie trocknen, zerstößt und zermahlt sie zu Mehl, um daraus Fladenbrot (tadjella) herzustellen. Das getrocknete Mark (adju) wird als Zun-der für das Schlagfeuerzeug (enefed) verwendet. Die tahle ist eine wichtige Rinderfutterpflanze, deren Regeneration durch den feuchten Boden nicht vom alljährlichen Regenfall abhängig ist. Ihre jungen Triebe werden gerne von Schafen und Ziegen, aber gewöhnlich nicht von Kamelen gefressen. Die mas-senhaft an feuchten Stellen wachsenden Blätter und Stängel ergeben ein gutes Baumaterial für Hütten (ikebran, sg. ekeber; insbesondere für deren Wände und Dachbedeckung) und für Zäune; verbunden mit hölzernen Stangen schüt-zen sie die Gärten gegen die heftigen Windstöße im Frühjahr und die sensib-len Ernten gegen die heißen Winde im Sommer. (13) wörtl. agezzeram (ar.: dob, dobb): Nordafrikanischer Dornschwanz (Uromastix acanthinurus). Die zur Familie der Agamiden zählende Eidechse ist für ihre starke Farbvariabilität bekannt, die morgens, wenn es kalt ist, von schwarz oder braunschwarz mit zunehmender Temperatur bis leuchtend grün, zinnoberrot oder zitronengelb reicht. Der Dornschwanz ist ein tagaktiver, sehr hitzeresistenter Pflanzenfresser, der jedoch auch gerne Insekten als Beikost zu sich nimmt. Der berühmte Reisende des 16. Jahrhunderts El-Hassan b. Muhammad al-Wazzan al-Ghanati, besser bekannt als Johannes Leo Africanus, gibt in seiner "Beschreibung Afrikas" folgende Auskunft über dieses Tier (zi-tiert aus der deutschen Ausgabe von 1805): "Der Dobb lebt in den Wüsten, ist der Eidechse ähnlich, aber dicker, so lang wie ein Menschenarm und 4 Zoll breit. Er trinkt Wasser und würde, wenn 26MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 man ihm solches in den Mund gösse, auf der Stelle sterben. Er legt Eier wie die Schildkröte. Ich habe gesehen, wie die Araber ihn in der Wüste fingen, und habe ihn auch selbst gefangen und getötet; er hat wenig Blut. Man brät den Dobb, zieht ihm die Haut ab und verspeist ihn. Er kann so schnell laufen wie die Eidechsen. Wenn er in ein Loch geschlüpft ist und der Schwanz sich noch draußen befindet, so mag man an ihm ziehen wie man will, man wird das Tier nicht hervorziehen. Die Jäger vergrößern dann das Loch mit kleinen Haken und fangen es auf diese Weise." Dieser an der Spitze eines Stockes befestigte und bei den Hirten sehr ver-breitete Eisenhaken wird taskumt oder takode genannt. Die Dornschwanz- Agame bevorzugt als Aufenthaltsort enge Gesteinsspalten oder einen im Schutz größerer Felsbrocken in den Sand gegrabenen Bau, der mehrere Krüm-mungen besitzt und worin sie die Verfolgung ihrer Feinde mit kräftigen Schlä-gen ihres Schwanzes zu behindern versucht. Der dicke, ringförmig mit star-ken Stacheln bedeckte Schwanz ähnelt sehr einer Feile (azezzawa), was die Handwerker/Schmiede (ineden) im Ahaggar zum Anlass nehmen, den Dorn-schwanz als ihren Ahnen (Mutterbruder) zu betrachten. Sehr beliebt als Nah-rung ist das Fleisch dieses Tieres, dessen schmackhafteste Stücke der Schwanz enthält. Das Fleisch gilt als sehr heilkräftig und wird, wie das des Wüsten-warans (arhata), als ein Allheilmittel angesehen, welches "40 Arzneien" ein-schließt. (14) Wörtl. aweqqas: eine vorwiegend von den Iseqqemaren und den Adrar- Twareg verwendete Bezeichnung für den Löwen (Panthera leo) mit der GB: wildes Tier, Bestie; s. Anmerkung 20. Im Ahaggar wird der Löwe meist ahar, im Ayr amekhluk genannt. Der Löwe ist ein typischer Gast von Halbwüsten bis Trocken- und Feuchtsavannen, wo er leicht seine Nahrung, bestehend aus Wildtieren, findet. Früher war er im Ayr-Gebiet vertreten und kam während der Regenzeit bis in den Adrar der Iforhas. Im Ahaggar, einem Land mit we-nig Wasser, wo das Wild selten ist, hätte der Löwe keine für ihn passende Nahrung gefunden und folglich nicht überleben können. Wir gehen daher si-cher nicht fehl, den "Wüstenlöwen" als einen Mythos zu betrachten, der in den Erzählungen der Ahaggar-Twareg als ein Sinnbild der Kraft und eine Quelle des Ruhms Eingang gefunden hat. Nichtsdestoweniger hat der Löwe einst die Sahara und damit auch den Ahaggar bewohnt, wie es uns Darstellun-gen auf den dortigen Felswänden zeigen. (15) wörtl. ahar: Leopard (Panthera pardus) mit der GB: Löwe, bei den Iseqqemaren. Der Leopard, der im Ahaggar mit dem wenig gebrauchten Wort damesa bezeichnet wird, war früher in allen Landschaften von Wüste bis Regenwald mit 12 Unterarten vertreten. Er ist Einzelgänger, der monatelang ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM27 ohne Wasser auskommt und – wo ungestört – tag- und nachttätig. Gerne schleppt er seine aus allen Säugetieren bestehende Beute aus Schutz vor Mit-fressern auf Bäume, wo er sie nach und nach verzehrt; gelegentlich werden Leoparden zu Menschenfressern. Der in Anmerkung 13 erwähnte Johannes Leo Africanus berichtet darüber: "Die Leoparden leben in den Wäldern der Berberei. Sie sind sehr mutig und grausam, schaden den Menschen aber nicht, es sei denn, sie begegnen ihm auf einem schmalen Pfad, wo der Mensch nicht ausweichen kann, oder dieser sie anschreit oder anderweitig stört. Dann jedoch springt der Leopard dem Menschen auf den Rücken, schlägt die Krallen in sein Gesicht und reißt so viel Fleisch heraus, wie er gepackt hat, oder schlägt den Schädel entzwei und tötet ihn. Viehherden befällt er selten, ist aber ein Erzfeind der Hunde, die er tötet und frisst." (16) wörtl. tahuri (tashuri, tazuri etc.): Flecken- oder Tüpfelhyäne (Crocuta crocuta), eine im Ahaggar und Ajjer bereits verschwundene und nur in den südsaharischen Gebirgen und im Sahel anzutreffende Tierart (s. die Einlei-tung von Erzählung 8). Dagegen ist die Streifenhyäne (Hyaena hyaena) in den Randgebieten der Sahara und im Sahel noch allgegenwärtig; sie wird von den Twareg aridal, im Adrar der Iforhas auch erkeni genannt. (17) i-n-tittawin ti ishedjdjernin (i-n-tettwen shaggerhen), wörtl.: "einer der roten Augen", ein Beiname des Löwen (seinen "funkelnden Blick" betont schon der pathetische Euripides). (18) Die in dieser Erzählung erwähnten Kennzeichen entsprechen eher der Streifenhyäne mit ihrer grauen bis gelbgrauen Körperfarbe und einer Mähne mit schwarzen Haarspitzen. Hingegen besitzt die Fleckenhyäne eine weiß-graue bis gelbrote Körperfarbe mit dunkelbraunen bis schwarzbraunen Fle-cken, ein kurzes Fell und eine kurze Mähne. (19) Das Maultier ist eine Kreuzung zwischen einem Eselhengst und einer Pferdestute. Bei dieser Kreuzung werden zwei Tierarten zu einer Verbindung veranlasst, die sie von sich aus nicht eingehen würden (die Pferdestute muss überlistet werden) und deren Nachkommenschaft unfruchtbar ist. Von den Twareg des Ahaggar wird diese Züchtung nicht praktiziert; sie bezeichnen das Maultier mit dem arabischen Lehnwort elberha, die östlichen Iwllem-meden nennen es ajad-(e)bagaw, "Esel-Pferd". Das Maultier hat einen sanfte-ren und gleichmäßigeren Gang als der Esel, was ihm die Gunst der Frauen verschafft und die das weibliche Maultier noch höher als das männliche schät-zen. Die erste systematische Einrichtung der Maultierzucht geht auf das Al-tertum zurück. Der Ionier Anakreon (um 580-nach 495 v.Chr.) erklärt: "Die reißigen Myser haben es erfunden, Esel und Pferd zu vermischen" (Anak., fr. 28MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 35B); Homer gibt als "der wilden Maultier Heimat", das Land der Eneter von Paphlagonien bekannt (Ilias II,852; die Paphlagonen waren Verbündete der Troer von der Nordküste Kleinasiens. Dass Eneter und Myser Nachbarvölker waren, bezeugt der Scholiast zu Homer, Ilias XXIV,278). Man kann sich fra-gen, wieviel Halbeselblut in den damaligen Maultieren gewesen sein mag. Die umgekehrte Kreuzung, also Pferdehengst mit Eselstute, ist der Maulesel; er wird weit weniger gezüchtet, da er im Allgemeinen störrischer und unge-lehriger als das Maultier ist. (20) wörtl. akhkhuten, sg. akhu: Wildtier jeder Art, klein oder groß, z.B. Ameise, Fliege, Spinne, Vogel, Fisch, Schlange, Insekt, Giraffe etc. (F. Dict. II: 947), im Gegensatz zu a) aweqqas: wildlebendes, oft gefährliches Tier, Bestie (kann auch Löwe bedeuten; s. Anmerkung 14); b) taweqqast: wildlebendes, meist nicht gefährliches oder schädliches Tier bzw. Jagdwild (kann auch Lö-win bedeuten); c) Pl. iwerhsan (iwrhsan): Wild, mehrere Stück Jagdwild (koll.) (F. Dict. III: 1529); d) tawiwa (koll.): wilde, für Menschen und Haustiere schäd-liche Tiere, z.B. Löwen, Hyänenhunde, Hyänen, Geparde, Schakale, Fenneks, Adler, Raubvögel, Schlangen, Reptilien, giftige Insekten, Wespen etc. (F. Dict. III: 1511). Es existiert kein Wort für "Haustier, allg.". (21) wörtl. ahularh: ausgewachsener, unkastrierter Ziegenbock; der kast-rierte wird adjur (= kastriertes Individuum, Eunuch), der noch nicht ganz aus-gewachsene Jungbock abuledj, syn. von adawal, genannt. (22) wört. isewwelwilen, sg. asewwelwelen: Brunftlaut des Ziegenbocks; sehhelelli (im Dialekt der Adrar-Twareg): den Brunftlaut von sich geben (Zie-genbock). (23) wörtl. azubara (agengera, bei den Iseqqemaren und in anderen Dialek-ten): Warzenschwein (Phacochoerus aethiopicus). Dieser mittelgroße, plumpe Paarhufer bevorzugt als Lebensraum baum- und straucharme Grasflächen und lichte Savannen, unternimmt aber saisonale Wanderungen, die ihn – vorwie-gend im Winter – nach Norden bis in die Bergregionen des Ayr und des Adrar der Iforhas führen; kud tekkid Adarh, et tenyed akhu wa s itahawal azubara, "wenn du in den Adrar kommst, wirst du ein wildes Tier sehen, welches azubara heißt" (T.T.P. 1984: 204). Das wenig lauffreudige Warzenschwein ist ein geselliger Allesfresser, der den Vor- und Nachmittag mit Weiden, Trinken, Suhlen und Wälzen verbringt und eine Nacht- und Mittagsruhe in einer meist von anderen Spezies (z.B. Erdferkel) gegrabenen Wohnhöhle hält. Die Twareg essen dieses nach muslimischer Tradition unreine Tier nicht, jagen es aber gelegentlich zum Vergnügen mit oder ohne Unterstützung ihrer Hunde. (24) wörtl. terwa: a) Nachkommenschaft, Kinder (von Mensch und Tier, männl. oder weibl.); b) Wurf (von Tieren); c) Niederkunft, Entbindung. ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM29 (25) Unter gewöhnlichen Haltungsbedingungen bringt eine Ziege pro Wurf meist zwei Zicklein zur Welt. Die Tragzeit beträgt etwa 5 Monate, so dass die gleiche Ziege zweimal im Jahr gebären kann. Um stets eine genügend große Milchmenge zur Verfügung zu haben, teilen die Twareg diese Tiere in zwei Herden auf: In der einen werden die Ziegen zu jenem Zeitpunkt gedeckt, der den Wurf ihrer Zicklein in der Sommerregenzeit (Juli bis September) mit ih-ren grünen Weiden (ikasaten) gewährleistet, während die anderen zur Zeit der Winterweide (Jänner bis April) geworfen werden sollen, d.h. nach Reifung der Schoten der besonders wichtigen Baumweidepflanze Acacia raddiana, die eine "gute Weide" bilden. Diese Methode der Deckungsregelung wird sowohl von den Ziegenzüchtern im Ahaggar wie auch im Ayr genutzt. Da jedoch die klimatischen Bedingungen und demzufolge auch die Qualität der Weiden von Jahr zu Jahr wechseln können, kann dieses Deckungssystem nicht immer prak-tiziert werden. Auch können in strengen Dürrezeiten die Ziegen für ein gan-zes Jahr oder sogar länger zu schwach zum Decken sein. Um das ungewollte Decken zum falschen Zeitpunkt zu verhindern, werden den Böcken Penis und Hoden abgebunden. (26) wörtl. araten, sg. ara: Kind, Spross, Abkömmling, kleines Tier (in Verwandtschaftstermini); p.ext. "Frucht (vegetabilisch)" von Bäumen, Sträu-chern, Pflanzen, z.B. Marille, Granatapfel, Dattel, Weintraube, Olive, Kürbis, Tomate, Weizen- oder Gerstenähre (F. Dict. IV: 1649f.). Die Tragzeit beträgt beim Warzenschwein beinahe 6 Monate (170-175 Tage), die Wurfgröße 3-5, höchstens 8. Beim nördlich der Sahara verbreiteten Wildschwein (Sus scrofa) beträgt die Tragzeit fast 4 Monate (112-120 Tage) und die Wurfgröße 3-12. (27) wörtl. abaykor: Hund von schlechter Rasse, Köter, entsprechend den sog. Pariahunden, syn. von abeynus. Die Twareg unterscheiden drei Haupt-typen von Hunden (iyadan, sg. eydi): a) den Langhaarhund (aberhoh), b) den kurzhaarigen Rassehund, Windhund, Slughi (oska) und c) die Kreuzung aus a) und b) (akhami). Nach Meinung der Twareg, "sind Hunde den Menschen sehr ähnlich, mit der Ausnahme, nicht sprechen zu können. Man soll ihnen deshalb wie den Menschen zu essen geben und sie mit Hirsebrei füttern – sogar mit Milch, wenn diese reichlich vorhanden ist." Man gibt ihnen auch Datteln, Fleisch, Knochen und einen Teil der Eingeweide vom erlegten Jagd-wild, oft aber nur Lagerabfälle. Hunde werden gehalten, um das Lager zu bewachen und die Weidetiere vor den Angriffen der Schakale und Hyänen während der Nacht zu schützen. "Andere haben keine Nützlichkeit und sind nur gut im Beißen der Leute" - wiyyod u ten tehe tenfa fo, ar tatten eddunet (T.T.P. 1984: 197). Zur Jagd werden – vor allem bei den nomadisierenden Twareggruppen im Sahelgebiet – die sehr lauffreudigen Windhunde einge- 30MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 setzt. Die Windhunde der Twareg sind aber weit davon entfernt, von so erle-sener Rasse zu sein wie jene der Araber und der Chaamba. Jäger halten sich persönlich einen, zwei oder drei Hunde zur Jagd, selten mehr. Wenn sie los-ziehen, werden die Hunde an der Leine gehalten, die meist aus einem einfa-chen Strick besteht. Ein alter Brauch verlangt, dass ein Jäger das Fleisch in der Schüssel nicht mit einem Löffel umrühren darf, wenn das betreffende Wild mit Hilfe seiner Hunde erlegt wurde; er muss einen Holzstab nehmen. Wie bei den arabischen Saharanomaden gilt der Hund auch bei den Twareg als "unrei-nes" Tier – eine Vorstellung, die wohl auf islamischem Einfluss beruht. Die Dichterin Sidia welt Akhmed von den Irheshshumen (Taytoq) sagt über den von ihr verlassenen arabischen Ehemann (1898): "Ich habe mich von meinem Araber befreit! Soll er in der Tidikelt bleiben und die vor der Reife vertrockneten Datteln* kauen! Er und mein Hund Agennaz** sind gleich"; (F. Poésies, 448: 3-5). * wört. uqqiren, sg. uqqir: unreif vertrocknete Datteln, die nur von Tieren gefressen werden. ** In Foucaulds Liste der Eigennamen folgt nach dem Menschen u.a der Hund (F. 1940: 345-362). In einem Spottgedicht über Terheishat welt Ibdeqqen von den Tedjehe-mellet, die mit einer unerwünschten Liaison gegen den Ehrenkodex versto-ßen hatte, heißt es (um 1880): "... nicht einmal die Köter (ibikar) kümmern sich um sie"; (F. Poésies 568: 4). (28) wörtl. ekahi: Hahn, tekahit: Henne. Viele Twareg bringen ihre Verach-tung gegenüber den Sesshaften durch die Erwähnung der für sie ekelhaften Tatsache zum Ausdruck, dass die Dörfler Hühner und Eier essen. "Die Skla-ven und die schlechten Leute (Gesindel) essen den Schakal, den Fennek, den Gundi, die Springmaus und die Rennmaus, die Wildkatze, die Schmutzgeier, die großen Geier, die Raben und die Tauben, die Flughühner und sonstige Vögel. Diejenigen der (adligen) Twareg, die auf sich halten, essen keine Hüh-ner oder Fische oder irgendwelche Vögel; bloß den Strauß essen sie" (T.T.P. 1984: 53). Nur unter dem Druck einer Hungersituation wird der (adlige) Twareg das Fleisch von gewissen Raubtieren (z.B. Schakal, Hyäne, Fennek), von Vö-geln, vom Esel oder von Katzen verzehren, bloß die Konsummation von Fleisch oder Eiern des Straußes wird unterschiedlich gehandhabt. (29) wörtl. anhel: Strauß (Struthio camelus). Der einst in der Sahara sehr häufig vorkommende Strauß ist heute nur noch in Restbeständen in der östli-chen Ayr-Region und im Nigerbogen sowie in den sudanesischen Steppen vertreten. Über ihn haben mehrere frühe Autoren berichtet, und wir wollen ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM31 hier, wie schon in Anmerkung 13 und 15, den im Jahr 1510 von sizilianischen Korsaren gefangengenommenen, als Sklaven nach Italien gebrachten und am 6. Januar 1520 von Papst Leo X. auf dessen eigenen Namen Johannes Leo getauften "Afrikaner" zu Wort kommen lassen: "Der Strauß ist ein großer, wild lebender Vogel. Er hat beinahe die Gestalt einer Gans, jedoch sehr lange Beine und einen sehr langen Hals. Sein Körper ist dick, und die Federn seiner Flügel sind groß und schwarz-weiß wie die des Storches. Er kann nicht fliegen, bewegt sich aber im Laufen gut vorwärts, indem er mit den Flügeln und dem Schwanz schlägt. Er lebt in öden, wasser-losen Wüsten und legt seine Eier, jeweils 10-12, zusammen in den Sand. Jedes ist so groß wie eine kleine, 15-16pfündige Kanonenkugel, die jungen Strauße legen kleinere. Das Weibchen hat ein so schlechtes Gedächtnis, dass es den Ort, wohin es sie gelegt hat, vergisst, und wenn es dann einen Haufen Eier – es mögen die eigenen oder fremde sein – findet, setzt es sich darauf und brü-tet. Sogleich nachdem die Jungen ausgeschlüpft sind, laufen sie umher und suchen Nahrung. In der Zeit, da sie noch keine Federn haben, laufen sie so schnell, dass man sie nicht einholen kann. Der Strauß ist einfältig und völlig taub. Er frisst alles, was er findet, sogar Eisen. Sein Fleisch stinkt und ist zäh oder schleimig, besonders an den Schenkeln. Dennoch wird es in Numidien gegessen. Dort fängt man junge Strauße und mästet sie. Ich habe selbst in Numidien Straußenfleisch gegessen und es nicht allzu schlecht gefunden. Die Tiere bewegen sich in den Wüsten in Herden. Wer sie aus der Ferne erblickt, hält sie für Reiter, und das verursacht bei den Karawanen oft Unruhe und Furcht." Drei Jahrhunderte später berichtet der junge französische Forscher Henri Duveyrier (1864: 232): "Der Strauß ist sehr selten im Land der Twareg und man jagt selbst die dort verweilenden nicht, da die Bewohner dieser Gegend nicht wie die Araber sein Fett und sein Fleisch verwerten und daher kein ernsthaftes Interesse an seiner Verfolgung haben. Was die durch Felsen zerrissenen Federn betrifft, so haben sie keinen Wert. Im Gegenteil dazu erlangen jene vom Sandgebiet des Erg wegen ihres Erhaltungszustandes große Berühmtheit." Straußenfedern zählten neben Elfenbein und Sklaven zu den wichtigsten Handelsobjekten, die von allen Gebieten der Sahara und des Sudan auf die großen Märkte Nordafrikas gelangten. Der Federnhandel wurde vor allem von den Twareg betrieben, die den Strauß mit Pferden und Kamelen jagten. Da der Strauß als sehr empfindlich gegen die schwüle Hitze der Regenzeit gilt und oft auch die besten Pferde mit seinem schnellen Lauf nicht immer wettei-fern können, war für eine erfolgreiche Jagd nur die Sommersaison günstig. 32MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Dabei ging es nicht allein um Schnelligkeit, sondern auch um die Ausdauer des Vogels, bis dieser letztlich zusammenbrach und keine Kraft mehr hatte, sich mit seinem Schnabel oder seinen Beinen zu verteidigen. Die Kel-Ahaggar und die Iwllemmeden haben hierzu den Spruch: "Der Strauß sagt: die Sonne zwischen den Wolken ist schlimmer als eine Lanze zwischen den Flügeln." Nach Foucauld "gibt es im Ahaggar keine Strauße mehr; es gab aber noch viele um 1880"; (Dict. III: 1352). Tatsächlich konnte Lt. Guiloh-Lohan im Jahr 1902 während seiner Erkundungstour in der Immidir- und Tefedest-Region noch frische Straußenspuren zwischen Meniet und Tesnu sehen. (30) wörtl. eddunya (ar.): die reale, diesseitige Welt (die Gesamtheit der vergänglichen Wesen); i.d.S. syn. mit eddunet (ar.): Leute. Die jenseitige, über-irdische Welt wird mit dem arabischen Lehnwort Elakhiret bezeichnet. Die Oberfläche der konkreten, irdischen Welt wird azzahir n-amadal, die der un-terirdischen Welt (der Lebensraum der Kel-amadal, "Wesen der Erde/des Bo-dens") eder n-amadal genannt. (31) wörtl. tenere: oft gebrauchte Bezeichnung für eine ausgedehnte Wüsten-ebene ohne Berge oder Dünen, in der sich aber Wasser, Weideplätze und Ge-bäude befinden können; p.ext. "Wüste", d.h. ein steriles Gebiet, in dem die Menschen kaum eine Überlebenschance haben; der gefährliche Bereich des Fremden, Unbekannten, Unbegreiflichen; tenere mellet: die "weiße (tenere-) Wüste", d.h. ein völlig leeres und flaches (Sandwüsten-)Gebiet, dessen Aus-dehnung 2-3, aber auch mehrere 100 km Länge betragen kann. Das Substantiv für eine flache Vollwüste ohne Wasser und Vegetation und ab einer Größe von etwa 100-150 km Ausdehnung ist tanezruft. "In einer tanezruft gehen die Ka-mele bei Tag und sind kniegefesselt bei Nacht; sie weiden nie. Wenn man sich in eine tanezruft begibt, unternimmt man lange Tagesmärsche und lässt sich auf keine Verzögerung ein, um schnellstens Wasser und eine Weide zu errei-chen. Bevor man sich in eine tanezruft begibt, lädt man mit einem Strick ge-bündelte Garben einer Wildgrasart (tullult) auf die Kamele. Jedes trägt so viel es kann, und man gibt ihnen davon in der tanezruft zu fressen" (T.T.P. 1984: 134f.). (32) Fagonia bruguieri, ein stacheliger Strauch (Zygophyllaceae), der trotz seiner Dornen eine gute Futterpflanze für Kamele, Ziegen, Schafe, Gazellen und Rinder bildet. Arabisch heißt die Pflanze telihia mit der GB: "kleine Schirmakazie", eine Anspielung darauf, dass sie ähnlich dornig wie die Acacia raddiana (auch "Stacheldrahtbaum" genannt) sein kann. Ein aus der getrock-neten und pulverisierten Pflanze hergestelltes Präparat wird bei Gelbsucht eingenommen. ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM33 (33) wörtl. aduten, sg. adu: Duft, Geruch; GB: Wind, Lufthauch; auch: Medikament. Der Plural wird besonders für Parfüm, Duftstoff, Wohlgeruch verwendet. (34) tirhes (f.pl.) sg. tarhsit, ist die im Ahaggar gebräuchliche Bezeichnung für den Hyänenhund (Lycaon pictus); das Maskulinum arhsi, syn. von ahensi und adjuleh, wird selten verwendet. Volkstümlich ist dieses Tier als "(Sahara-) Wolf", bei den Arabern als kelb el-khela, "Hund der Einöde", bekannt. Der Hyänenhund (fr.: Le Cynhyène, Le Loup peint) ist ein früher in ganz Afrika (außer in Regenwäldern) vorkommendes Wildtier, dessen Lebensraum die weite Steppe und offene Savanne ist, das aber auch im Gebirge bis über 3000 m anzutreffen ist. Er ist ein im Rudel jagender Hetzjäger, dessen Hauptbeute aus mittelgroßen Paarhufern (Gazellen, Antilopen etc.) besteht, die durch Bis-se gefällt und in Minuten zerrissen werden; fehlt großes Wild, begnügt er sich mit Hasen und Gazellenkitzen. Oft nimmt das Jagdgebiet eines Rudels hunderte, mitunter sogar tausende Quadratkilometer ein, in welchem sie umherschweifen und nur zur Welpenzeit sesshaft sind. Zum Rudelzusammen-halt dient ein weit zu hörendes "ho"-Bellen. Die erste Nachricht über das Vor-kommen dieses Tieres in der Sahara verdanken wir Henri Duveyrier (1864: 230): "Ich gebe den Namen Wolf einer sehr wilden Spezies, die im oberen Tassili und in den Ahaggar-Bergen lebt. Ich habe dieses Tier nicht gesehen, und ich wage nicht zu behaupten, dass es tatsächlich ein Wolf sei; doch durch die mir gegebenen Informationen kann ich es nur mit diesem Tier gleichsetzen. 'Es ähnelt einem großen, wilden Hund', sagen die Twareg, 'und es ist das einzige Fleisch fressende Tier in unserem Land, das die Menschen angreift, ohne selbst zur Verteidigung provoziert worden zu sein'." Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt Maurice Cortier im Adrar der Iforhas folgenden Erlebnisbericht (1908: 362): "Eines Tages ging ich zu einem Brunnen und sah tires (Dialekt der Adrar- Twareg). Sie waren sieben. Ihr Fell ist schwarz und grau gestreift, ihre Größe die eines gewöhnlichen Hundes, ihre Haare sind lang. Der Schwanz ist sehr dicht. Man kann sie nicht mit Hyänen verwechseln, die ich gut kenne und die größer sind. Ihr Haarkleid ist nicht wie das der Hyäne. Die tires fallen den Menschen, den Esel, die Schafe und die Ziegen an; ihre Ohren sind aufgerich-tet, kurz* und rund wie die Ohren vom Kamel." * Tatsächlich sind die Ohren vom Hyänenhund groß, mit angedeuteter Spitze. Interessante Details über die Geselligkeit und Lebensweise der Hyänen-hunde berichtet Henri Lhote aus dem Ahaggar. Die dortigen Twareg erzählten ihm, dass sie diese Tiere immer nur in Rudeln von höchstens 3-5 Individuen 34MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 sahen, was auf die Rarität von jagdbarem Wild in den semiariden Zonen zu-rückzuführen ist. In der Savanne hingegen zeigt diese Spezies eine andere Soziabilität und tritt in Rudeln von 20-30 Tieren auf. (Früher sollen Großrudel mit bis zu 100 Tieren nicht selten gewesen sein.) Da es in der Sahara immer mehr an Gazellen mangelt, sind die Hyänenhunde gezwungen, domestizierte Herden anzufallen, was in den Nomadenlagern beträchtliche Schäden verur-sacht. Die Menschen bemühen sich daher, diesen gefährlichen Feind der Her-dentiere zu töten; (Lhote 1946: 47-49). Derselbe Autor berichtet von einem Ereignis aus dem Jahr 1927: Damals konnten in dem tiefer gelegenen Teil des Atakor (im zentralen Ahaggar) 5 tirhes gesichtet werden. Ihre Anwesenheit wurde bald durch das Verschwinden mehrerer Ziegen bestätigt. Man gab Alarm und einige Twareg versammelten sich, um diese Tiere zu jagen. Sie konnten das Rudel in der Umgebung des Asekrem-Plateaus auffinden und ein Tier mit der Lanze töten; die anderen ergriffen die Flucht. Einige Tage später sah man tirhes wieder in der Nähe von Abalessa in der Region Wa-helledjen, wo eines von ihnen verwundet wurde. Wenige Monate später trafen Mitglieder der Mission Augiéras-Drapper in I-n- Uzzal, nördlich vom Adrar der Iforhas, auf zwei dieser Tiere, die möglicher-weise zum obigen Rudel gehörten und das ganz wenig bewiesene Vorkom-men von Hyänenhunden in der Sahara belegt; (Lhote 1951: 130f.). Dem Namen des Tieres begegnet man in Tal- und Brunnenbenennungen, z.B. im Ahaggar durch den Oued Ti-n-tirhes, der die natürliche Grenze zwi-schen den beiden Regionen Edjere und Turha bildet, und im Adrar der Iforhas durch den Brunnen Ti-n-terhes östlich von Kidal. (35) Emerhey ag Sidi-Mokhammed gehörte zu den adligen Taytoq. (36) Die Tefedest-Region wird von Nord nach Süd von einer Gebirgskette namens Adrar en-Tefedest, "Berg der Tefedest", durchzogen. Diese Gebirgs-kette teilt die Region in zwei Teile: im Westen in eine Tefedest-ta-mellet, "wei-ße Tefedest", und im Osten in eine Tefedest-ta-settefet, "schwarze Tefedest". Die Farben weiß und schwarz beziehen sich auf das jeweilige Bodenkolorit. Der Plural Tifedsin wird verwendet, um "die beiden Tefedest", d.h. die weiße und die schwarze, zu bezeichnen. (37) Den Namen Edjeleh tragen mehrere Berge, deren Kennzeichen eine abgerundete, schwarze, käferähnliche Kuppe ist; edjeleh: Name einer Käfer-art (Mistkäfer, allg.) von etwa 15-30 mm Länge, schwarz und ohne Flügel. (38) wörtl. teffart: Fußstrick (Beinfessel) um die Knöchel der Vorderbeine eines Kamels. Die Nord-Twareg verwenden zu seiner Herstellung häufig den Bast der Dattelpalme; sind Kamele längere Zeit sich selbst überlassen, wer-den Stricke aus Ziegenhaar oder Rindshaut benutzt, da diese nicht so leicht ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM35 reißen. Die Länge des Strickes schwankt zwischen 0,50-1,10 m, so dass das Tier damit nur kleine Schritte machen kann. (39) Ahitarhel ag Mokhammed Biska, geboren 1820, war von 1877 bis zu seinem Tode im Oktober 1900 amenokal des Ahaggar. Er folgte auf seinen Cousin ersten Grades, dem äußerst dynamischen Elkhadj Akhmed, Initiator des Ackerbaus im Ahaggar; s. Anmerkung 8. Ahitarhel führte schon vor sei-ner Amtseinsetzung ein bewegtes Leben und nahm an diversen Rezzous und Kämpfen teil, insbesondere bei den wiederholten Auseinandersetzungen zwi-schen den Kel-Ahaggar und Kel-Ajjer (1874-1878), die letztlich die beiden Großgruppen entzweiten. Nach den Friedensverhandlungen mit Ikhenukhen, dem amenokal der Kel-Ajjer, musste Ahitarhel einem wichtigen Ereignis ins Auge sehen – dem am 16. Februar 1881 von Ahaggar-Twareg verübten Mas-saker an der vom französischen Oberst Flatters geführten Kolonne. Die weni-gen Überlebenden der achtundneunzig Mann zählenden Truppe zogen sich nach Norden zurück, stets verfolgt von Twareg, die jede sich bietende Gele-genheit nutzten, die geschwächten Flüchtlinge weiteren Martyrien auszuset-zen. Die Nachricht von der Vernichtung der Expedition Flatters verursachte in Frankreich große Aufregung, hatte doch der junge Forscher Duveyrier kurz zuvor über die Ritterlichkeit der Twareg berichtet, während das Gemetzel an der Kolonne Flatters ein Negativbild von "unbarmherzigen und gewalttätigen Verrätern" bezeugte. Von Selbstvorwürfen zermartert, wählte Duveyrier am 25. April 1892 den Freitod. Die Hauptorganisatoren des Desasters waren Atisi ag Amellal, Neffe von Ahitarhel (ältester Sohn seiner jüngsten Schwester), und dessen Bruder Anaba ag Shikat, genannt Amellal (= Mendesantilope). Beide zeigten sich gegen jeg-liche fremde Intervention stets wild entschlossen; auch waren sie feindlich gegen ihren mütterlichen Onkel eingestellt und bemüht, die Nachfolge zu pro-vozieren. Ahitarhel, dem die Missetaten seiner Neffen bekannt waren, konnte nichts gegen sie unternehmen, da nach den Regeln der Verwandtschafts-beziehungen der mütterliche Onkel nicht befugt ist, auf die Söhne seiner Schwester Zwang auszuüben oder sich über ihre eventuellen Forderungen zu beklagen. Ahitarhel war daher durch diese Regel in seinen Tätigkeiten und zudem durch die Affäre des Massakers in eine politisch gefährliche Lage ge-raten. Die Twareg warteten mit großer Sorge auf einen Rachezug der Franzo-sen. Doch bei diesen saß der Schock tief und sie zögerten aus Angst vor allfäl-ligen Schwierigkeiten auf internationaler Ebene, war es doch just jener Zeit-punkt, in dem die großen europäischen Mächte den Kontinent Afrika unter sich aufteilten. Die Franzosen entschieden sich, den Haupthandelsweg der Kel- Ahaggar durch die Eroberung der Tidikelt-Region zu unterbrechen; kurz vor 36MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 dem Tod von Ahitarhel wurde der Hauptort In Salah besetzt. Mit der Frage der Nachfolge des verstorbenen amenokal begannen neue Zwistigkeiten. Schließ-lich wurde das Amt zur gleichen Zeit an Atisi ag Amellal und dessen Cousin Mohammed ag Urzig, dem ältesten Sohn der ältesten Schwester von Ahitarhel, übertragen. Tatsächlich war es Abidin, ein einflussreicher Marabut, der eine Spaltung innerhalb der Adligen vermeiden wollte und eine zweiköpfige Herr-schaft kreierte. Ahitarhel war in seinen jungen Jahren nicht nur ein tapferer Krieger, son-dern auch Dichter. Das folgende Gedicht verfasste er 1874 beim "Kampf von Rhat" gegen die Kel-Ajjer: "Oh Tabarhort [welt Akhelekham von den Imenan], der Kampf hat stattgefunden zwischen den Dünen von Ilellewenen und dem Tor von Kalala* bis wir die Kamel-stuten – "die Töchter der Gazelle"** – entführten. Die Feiglinge versteckten sich zwischen den mit Fußfesseln versehenen, im Hintergrund zurückgelassenen Ka-melen. Die Starken unternahmen das Nötige, um zu siegen; sie hielten den Kugeln nur ihre Brust hin". (F. Poésies, 27: 1-6) * Platz in Rhat, wonach ein Tor benannt ist. ** Gemeint ist eine besondere Rasse von Kamelstuten der Urarhen, der wichtigs-ten Adelsgruppe im Ajjer. 1877 verfasste Ahitarhel ein Gedicht über den "Kampf von Udjmiden" ge-gen die Kel-Ajjer. Vorbemerkung: Als sich die Kel-Ahaggar dem Berg Udjmiden näherten, begaben sich alle Kel-Ajjer – Männer, Frauen, Kinder – mit ihren Herden, Zelten und Gütern in den Oued Tarat am Fuße des Udjmiden. Beim Anblick der großen Zahl feindlicher Kamelreiter wurden sie derart entmutigt, dass sie ihre Herden und alles was sie nicht mitnehmen konnten zurückließen und nur mit ihrem kostbarsten Besitz auf die Anhöhe des Udjmiden flüchteten. Sie versperrten hinter sich den Aufstieg mit Felsstücken und verschanzten sich dahinter. Als die Kel-Ahaggar den Weg verschlossen sahen, entschieden sie sich im Oued Tarat und dessen Einmündung in den Oued Tenist zu lagern. Sie blieben dort mehrere Tage und schickten Patrouillen in alle Richtungen, um die Herden und alle beim Rückzug hinterlassenen Güter der Kel-Ajjer aufzu-sammeln. Inzwischen sandte Ahitarhel den Krieger Elrhalem agg Amedjur heimlich aus, um von Tarat einen anderen Weg auf die Anhöhe des Udjmiden auszukundschaften. Es dunkelte bereits, als Elrhalem mit der Nachricht kam, dass es einen solchen Pfad gebe, der zwar sehr schwierig aber begehbar sei. Die Kel-Ahaggar machten sich auf den beschwerlichen Weg und oben ange-langt, stürmten sie in die Reihen der Kel-Ajjer. Sie töteten einige Männer, die restlichen ergriffen die Flucht; nur die Frauen flehten um Erbarmen, das ih-nen Ahitarhel gewährte. ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM37 "Als wir den Udjmiden erstiegen hatten, spielte die Flöte.* Die Feiglinge haben sich unterhalb eines kleinen Hügels versteckt, sie haben sich dort auf den Bauch gelegt und waren eingedöst, zurückgehalten von der Furcht des Todes. Ich spreche den jungen Leuten meine Anerkennung aus, die sich dem Feind offen zeigten, sie haben beim Lauf gegen den Feind mit ihren Schildern tehidjalt ge-spielt.** Mein Herz kühlte sich nicht vor dem Nachmittag ab [als der Sieg errungen war]. Ich sprach dann zu Akhenukhen [dem amenokal der Kel-Ajjer]: 'Nähere dich, wenn du es wagst; möge deine Mutter sterben!*** Ich habe mich gerächt, wehe deiner Mutter! Bei Gott, ich werde dich bis in den östlichen Ajjer vertreiben'." (F. Poésies 28: 6-15) * wörtl. tazammart (ar.). Unter den Kel-Ahaggar befand sich ein Araber, der sie mit seinem Spiel anspornte. ** tehidjalt ist eine Art von Tanz der Schwarzen, stets begleitet von Gesang, Hän-deklatschen und der Trommel. Die Twareg spornen sich zum Kampf an, indem sie gutturale Laute ausstoßen und mit den Händen auf ihre Schilde schlagen. *** Einer der diversen Kraftausdrücke (Verwünschungen), die zwar als schlimme Beleidigungen gelten, aber als umgangssprachliche Ausrufe ohne Bedeutung oder Wichtigkeit verstanden werden; analog etwa im Wienerischen "Geh zum Teufel, verrecke!" Abkürzungen: allg. allgemein, im Allgemeinen ar. arabisch d.h. das heißt f. Femininum, weiblich GB Grundbedeutung m. Maskulinum, männlich p.ext. per extensionem (in Erweiterung) pl. Plural s. siehe sg. Singular syn. Synonym wörtl. wörtlich z.B. zum Beispiel Quellenhinweise: Erzählung 1: Lhote 1951: 185 2: Bobo 1953: 44f. 3: G.P.L.M. 1970 4: Masqueray 1896: 167f., no. VI 5 und 6: Blanguernon 1955: 142f. und 140f. 7: Hanoteau 1856: 512-514 und 1860: 133-135, no. II 8: Cortier 1908: 362f. 9: - 10: Hanoteau 1856: 514-516 und 1860: 135-137, no. III 38MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 11: Hanoteau 1860: 132, no. I; Masqueray 1896: 168-170, no. VII 12: Foucauld und Calassanti-Motylinski in T.T.P. 1984: 205, no. 114 13: Masqueray 1896: 164f., no. IV 14: Foucauld und Calassanti-Motylinski in T.T.P. 1984: 298, no. 177 15: Hanoteau 1856: 517-519 und 1860: 137-139, no. IV 16: Foucauld und Calassanti-Motylinski in T.T.P. 1984: 212-214, no. 121 17 und 18:Blanguernon 1955: 144f. und 145 Literatur: Blanguernon, Claude (1955): Le Hoggar. Paris: B. Arthaud. Bobo, Marcel (1953): Le lièvre et le chacal. In Bulletin de Liaison Saharienne 4, 14: 44-45. Cortier, Maurice (1908): D'une rive à l'autre du Sahara. Paris: Emile Larose. Duveyrier, Henri (1864): Les Touaregs du Nord. Exploration du Sahara. Paris: Challamel Ainé. Foucauld, le Père Charles de (1925-30): Poésies Touarègues I-II. Ouvrage publié par A. Basset. Paris: Ernest Leroux. Foucauld, le Père Charles de (1940): Dictionnaire abrégé Touareg-Français de noms propres (dialecte de l'Ahaggar). Publié par A. Basset. Paris: Emile Larose. Foucauld, le Père Charles de (1951-52): Dictionnaire Touareg-Français. Dialecte de l'Ahag-gar, 4 Bände. Paris: Imprimerie nationale de France. Foucauld, Charles de et Calassanti-Motylinski, A. de (1922): Textes touareg en prose (dialecte de l'Ahaggar). Publiés par René Basset. Alger: Jules Carbonel. Gast, Marceau (1968): Alimentation des populations de l'Ahaggar. Etude ethnographique. Mémoires du CRAPE VIII. Paris: Arts et Métiers Graphiques. G.P.L.M. (1970) = Grenier de poésies, légendes, maximes d'autrefois. Morceaux choisis de littérature targuita; retrouvées et transcrites sous la direction de Kodja Abdelkader ben El Hadj Ahmed et Ahmera ag Acherf. 64 Textseiten in Tifinarh und ein Heft mit 17 Seiten teilweiser Übertragungen. Paris. Haltenorth, Theodor und Helmut Diller (1977): Säugetiere Afrikas und Madagaskars. BLV Bestimmungsbuch 19. München. Hanoteau, Adolphe (1856): In Bulletin Africain 1: 512-519. Hanoteau, Adolphe (1860): Essai de grammaire de la langue Tamachek', renfermant les principes du language parlé par les Imouchar' ou Touareg. Paris: Imprimerie impériale. Johann Leo Africanus: Beschreibung Afrikas. Herausgegeben von Karl Schubarth-Engel-schall 1984. Edition Leipzig. Le Berre, Michel (1990): Faune du Sahara 2: Mammifères; illustrations de Jean Chevallier. Collection Terres Africaines. Paris: Lechevalier-R. Chabaud. Lhote, Henri (1946): Observations sur la répartition actuelle et les moeurs de quelques grands mammifères du pays touareg. In Mammalia 10: 26-56. Lhote, Henri (1951): La chasse chez les Touaregs. Paris: Amiot-Dumont. Masqueray, Emil (1896): Observations grammaticales sur la grammaire touareg et textes de la tamahaq des Taïtoq. Publiés par René Basset et Gaudefroy-Demombynes. Paris: Ernest Leroux. Ritter, Hans (2009): Wörterbuch zur Sprache und Kultur der Twareg. Bd. I: Twareg-Fran-zösisch- Deutsch, Bd. II: Deutsch-Twareg (in Zusammenarb. mit Karl-G. Prasse). Wies-baden: Harrasowitz. T.T.P. (1984) = Textes touaregs en prose, de Charles de Foucauld et A(dolphe) de Calassanti- Motylinski. Ed. crit. avec trad. par S. Chaker, H. Claudot, M. Gast. Aix-en-Provence: Edisud.
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Calificación | |
Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Tierfabeln und Tiergeschichten der Twareg (Kel-Ahaggar und Kel-Adrar) |
Autor principal | Trost, Franz |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 48-49 |
Tipo de documento | Separata |
Lugar de publicación | Wien |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 2017-2018 |
Páginas | pp. 007-038 |
Materias | Prehistoria ; Islas Canarias ; Tradición oral ; Sáhara |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 1352704 Bytes |
Texto | ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM3 48-49/2017-2018 ICDIGITAL Separata 48-49/1 4MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). Die deutsche Rechtschreibung wurde – mit Ausnahme von Literaturzitaten – den aktuellen Regeln angepasst. Englischsprachige Keywords wurden zum Teil nach-träglich ergänzt. PDF-Dokumente des IC lassen sich mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader (Version 7.0 oder höher) lesen. Für den Inhalt der Aufsätze sind allein die Autoren verantwortlich. Dunkelrot gefärbter Text kennzeichnet spätere Einfügungen der Redaktion. Alle Vervielfältigungs- und Medien-Rechte dieses Beitrags liegen beim Institutum Canarium Hauslabgasse 31/6 A-1050 Wien IC-Separata werden für den privaten bzw. wissenschaftlichen Bereich kostenlos zur Verfügung gestellt. Digitale oder gedruckte Kopien von diesen PDFs herzu-stellen und gegen Gebühr zu verbreiten, ist jedoch strengstens untersagt und be-deutet eine schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: institutum-canarium.org almogaren.org Abbildung Titelseite: Original-Umschlag des gedruckten Jahrbuches. Institutum Canarium 1969-2018 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM5 Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Franz Trost Tierfabeln und Tiergeschichten der Twareg (Kel-Ahaggar und Kel-Adrar) ..................................................................... 7 Hans-Joachim Ulbrich Phalli and vulvae as apotropaic geoglyphs in a sacred plain south of Albacete (Spain) ....................................................... 39 Alain Rodrigue Note sur le gisement paléolithique de Tibasksoutine (Zagora, Maroc) ............................................................... 79 Friedrich Berger Neue Überlegungen zur geographischen Lage von Jam ............................... 87 Andoni Sáenz de Buruaga Notas y reflexiones acerca del proceso de la investigación arqueológica en el Sahara Occidental: hitos históricos, implicaciones políticas y orientaciones teóricas de futuro en la gestión patrimonial ......... 125 Enrique Gozalbes Cravioto & Helena Gozalbes García Jebabra (región de Asilah), un nuevo centro megalítico y de cazoletas (cupules) en el Norte de Marruecos ..................................... 159 Hans-Joachim Ulbrich Zum Thema Trockenstein-Technik: ein kleiner Rundbau bei Máguez (Lanzarote) ............................................. 189 Hartwig-E. Steiner, Paz Fernández Palomeque, María Luisa Morales Ayala, Marcos Sarmiento Pérez Islas Salvages de José Agustín Álvarez Rixo del legado del erudito canario universal ..................................................... 199 Paul Horley & Hartwig-E. Steiner Face petroglyphs in Easter Island caves as a possible sign of their special status ...................................................... 253 Hartwig-E. Steiner Ana Mata eine Höhle mit Make Make-Petroglyphen beim Nordkap der Osterinsel / Rapa Nui, Polynesien ................................. 303 • 6MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Trost, Franz (2018): Tierfabeln und Tiergeschichten der Twareg (Kel-Ahaggar und Kel-Adrar).- Almogaren 48-49 / 2017-2018 (Institutum Canarium), Wien, 7-38 Zitieren Sie bitte diesen Aufsatz folgendermaßen / Please cite this article as follows: ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM7 Almogaren 48-49 Wien 2018 7 - 38 Franz Trost Tierfabeln und Tiergeschichten der Twareg (Kel-Ahaggar und Kel-Adrar) Keywords: Sahara, Twareg, oral traditions, fables, narratives Zusammenfassung: Der vorliegende Artikel enthält mehrere Fabeln und Erzählungen eines vielseitig begab-ten, alten Nomadenvolkes, dessen Kultur und Existenz als ethnische Gruppe heute ernst-haft bedroht sind. Es sind kurze, oft amüsante Geschichten in der Art von kleinen Sitten-komödien, wie sie für dieses Genre chrakteristisch und auch in fast ganz Westafrika ver-breitet sind. Vorgetragen werden die Texte vorwiegend von alten Frauen im abendlichen Lager. Alt und jung greifen sie auf, schmücken sie aus und geben sie weiter. Abstract: This article shows fables and narratives of an old, very gifted nomadic people, whose culture and existence as an ethnical group is seriously threatened today. These are short stories, often amusing, a kind of moral sense comedies, which are characteristic for this kind of narratives and told all over western Africa. They are usually recited by elder women at the evening meetings. Old and young will take, adorn and tell them, and so carry them on. Résumé: L'article présent contient plusieurs fables et contes d'un ancien peuple nomade, amplement doué, dont la culture et l'existence en tant que groupe ethnique sont gravement menacées. Ce sont des histoires courtes, parfois humoristiques, telles de petites comédies de moeurs, caractéristiques pour ce genre, connues dans presque toute d'Afrique de l'Ouest. Ces textes sont plutôt racontés par les vieilles femmes dans les campements du soir. Ils sont adaptés par les jeunes ainsi que par les vieux, ornés et transmis ensuite. 1 Die Hierarchie der Tiere In dieser Fabel wird nicht der Löwe als König der Tiere angesehen, son-dern der Hund, da dieser im Gegensatz zu allen anderen Wildtieren dem Menschen dient. Das Ereignis spielte sich in jener fernen Zeit ab, als die Tiere reden konn-ten. Sie versammelten sich eines Tages um festzulegen, wer von ihnen durch seine Kraft, seine Intelligenz oder seinen Mut ihr König sei. Nach langer Be-ratung, in deren Verlauf aridal, die Hyäne, enir, die Damagazelle, amellal, die 8MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Mendesantilope, amderh, die Giraffe, emerwel, der Hase, ekenisi, der Igel, und noch andere Tiere das Wort ergriffen hatten, waren sich alle einig, für ahar, den Löwen, zu stimmen. Da trat ebeggi, der Schakal, dazwischen und sprach: "Nein, meine Freun-de, es ist nicht ahar, der Löwe, denn elu, der Elefant, ist viel stärker als er." Darauf sagten die Tiere: "Vielleicht hast du recht, und es ist elu, der Ele-fant." Aber ebeggi, der Schakal, nahm wieder das Wort und sprach: "Nein, denkt nach, es ist nicht elu, der Elefant." Die Tiere diskutierten erneut und kamen zu dem Ergebnis: "Es ist aridal, die Hyäne." Aber ebeggi, der Schakal, widersprach erneut und sagte: "Nein, meine Freunde, es ist nicht aridal, die Hyäne." Die Tiere tauschten nochmals ihre Ideen über die Kraft jedes einzelnen Tieres aus und bestimmten schließlich in-isek, das Nashorn, da dieses auf der Nase ein Horn besitzt, mit dem es den Elefanten töten kann, obwohl dieser größer und stärker als alle anderen Tiere ist. Doch ebeggi, der Schakal, sagte wieder: "Nein, meine Freunde, es ist nicht in isek, das Nashorn." Da sagten die Tiere: "Es ist ebeggi, der Schakal, weil er sehr schlau und sehr listig ist." Aber ebeggi, der Schakal, der sich sehr geschmeichelt fühlte, sagte: "Nein, meine Freunde, ich bin es nicht." Wieder besprachen sich die Tiere, schauten einander an und sagten: "Der König von uns allen ist eydi, der Hund!" Darauf antwortete ebeggi, der Schakal: "Ja, es ist eydi, der Hund. Er ist der König von allen Tieren, weil er den Menschen versteht. Denn wenn er bei ihm ist, weicht er vor keinem von uns zurück, während wir vor dem Menschen davonlaufen." 2 Der Hase und der Schakal – Version 1 Ein Hase (1) und ein Schakal (2) unternahmen eines Tages gemeinsam eine Reise. Unterwegs begegneten sie einer Kuh (tesut) und töteten sie. Danach sprach der Schakal zum Hasen: "Gehe du die Esel (ihedan) holen, während ich das Fleisch aufteile." Der Hase gehorchte und entfernte sich, um die Esel zu holen. Inzwischen teilte der Schakal die Beute und gab den Mageninhalt (esak) in den Ledersack (3) des Hasen und das Fleisch sowie das Fett in seinen eigenen Sack. Als der Hase mit den Eseln kam, beluden sie die Tiere mit ihren Säcken, stiegen auf ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM9 und ritten gemeinsam weiter bis es dunkel wurde. Der Hase wusste von der Verschlagenheit des Schakals und dass in seinem Sack bloß der Mageninhalt war. Er warf seinen Stock (taburit) weg, mit dem er sein Tier lenkte und sagte zum Schakal: "Mir ist mein Stock heruntergefallen. Da du ein Mann (ales) bist, hole ihn mir, denn Frauen (tideden) steigen in der Nacht nicht ab" (4). Der Schakal stieg ab und ging den Stock des Hasen holen. Dieser nützte die Gelegenheit, um sich rasch auf den Esel des Schakals zu setzen. Da sich die beiden Tiere vollends glichen, merkte der Schakal nicht den Tausch. Er reich-te dem Hasen den Stock, setzte sich auf seinen vermeintlichen Esel und beide ritten weiter. Kurz darauf sagte der Schakal zum Hasen: "Es ist besser, wir trennen uns und jeder geht seinen eigenen Weg." Kaum gesprochen, setzte er dies auch schon in die Tat um. Unterwegs begegnete er Handwerkern (ineden) und sprach zu ihnen: "Wollt ihr Fleisch?" "Ja, wir wollen!" riefen diese einstimmig (5). Der Schakal ging zu seinem Ledersack, griff mit seiner Hand hinein, um das Fleisch herauszunehmen und fand nur den Inhalt des Magens vor. "Oh, dieser listige Hase!" war alles, was er dazu ausrufen konnte. 3 Der Hase und der Schakal – Version 2 Ein Hase und ein Schakal kultivierten gemeinsam einen Garten. Die Gewinnverteilung hatte der Schakal vorgegeben: vier Teile für ihn und einen Teil für den Hasen; dieser war damit einverstanden. Nach erfolgter Ernte kam der Hase in das für die Ernte vorgesehene Versteck (6), wo er in den Getreide-bündeln eine Hündin verbarg. Kurze Zeit später kam der Schakal und bemerkte bei der Überprüfung seines Gewinns das Ohr der Hündin. "Nun denn, großer Meister", sprach er zum Hasen, "ich habe die wahre Gerechtigkeit erkannt, auch du sollst vier Teile haben, so wie ich." Aber der Hase antwortete: "Nein, es ist gut wie es ist: einen Teil für mich, vier Teile für dich." Sie füllten das Getreide in Säcke, luden diese auf Jungesel (izawwen) und machten sich auf den Weg. Als die Nacht hereinbrach, ließ der Hase unterwegs seinen Stock (taburit) fallen, mit dem er die Tiere lenkte. "Schakal", rief er aufgebracht, "ich habe meinen Stock verloren!" Der Schakal blieb stehen und lief den Weg zurück, um den Stock zu su-chen. Unterdessen vertauschte der Hase blitzschnell im Schutz der Dunkel-heit die Ladungen. (Seine mit Getreide gefüllten Säcke hatte er in dem Ver-steck gelassen und stattdessen andere mit Sand gefüllt und aufgeladen.) We- 10MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 nig später begegneten sie einer Kuh, die sie töteten und zu zerteilen began-nen. "Herr Schakal", sagte der Hase, "ich kenne mich beim Teilen nicht aus, mach es doch du allein." "Einverstanden", antwortete dieser. Als der Schakal mit der Teilung fertig war und für den Transport des Flei-sches die dazu notwendigen Säcke vorbereitete, stahl der Hase in einem güns-tigen Augenblick die besten Stücke und versteckte sie. Der Schakal bemerkte jedoch den dreisten Raub und wollte vom Hasen den Grund für seine Hand-lung wissen. Der Hase, kleiner und schwächer als der Schakal, flüchtete auf einen hohen Baum mit der Absicht, sich dort eine passende Ausrede einfallen zu lassen. "Komm herunter, Hase, damit wir das Problem gemeinsam lösen können!" rief der Schakal. "Nein", antwortete der Hase, "mache vorerst ein Feuer nahe am Baum, um das Fleisch braten zu können. Sodann binde dir einen Strick (akhamil) um den Körper, damit ich dich zu mir auf den Baum ziehen kann. Hier heroben können wir die Angelegenheit besser besprechen." Der Schakal machte ein Feuer, nahm dann einen Strick, knotete ihn sich um den Hals und warf das andere Ende zum Hasen hinauf. Der zog an dem Strick und der Schakal hob sich in die Luft. "Du tust mir weh, Hase, lass los, du erwürgst mich!" schrie der Schakal. Der Hase ließ den Strick etwas nach, so dass der Schakal langsam gegen das Feuer glitt und erneut zu schreien begann: "Ich verbrenne, ich werde in Flammen aufgehen!" Darauf zog der Hase den Strick wieder an. Diesen schaurigen Vorgang wie-derholte er mehrere Male. Der Schakal begriff, dass er vom Hasen hereinge-legt wurde. Er biss sich los und entfloh, halb erwürgt, halb gebraten in die Wüste hinaus. Er hatte gelernt, dass im Leben die List mehr als Kraft und Stärke zählt! 4 Der Hase und der Schakal – Version 3 Wieder kam ein Tag, an dem der Hase zusammen mit dem Schakal eine Reise unternahm. Sie waren noch nicht lange unterwegs, als der Hase zu sei-nem Begleiter sagte: "Ich kenne eine List" (7). Der Schakal erwiderte überheblich: "Ich kenne hundert Listen." "Schleichen wir uns in einen der Gärten, um dort unseren Hunger zu stil-len", schlug der Hase vor und stellte die Frage: "Was wirst du dort fressen, Schakal?" ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM11 "Ich werde mich mit Weintrauben (8) vollfüllen", antwortete dieser, "und was wirst du zu dir nehmen, Hase?" "Ich werde mich mit Grünzeug (ishkan) begnügen", gab dieser zur Antwort. So fraßen sie in einem der umzäunten Gärten jeder an seinem Platz bis sie satt waren. Dann sagte der Schakal: "Jetzt können wir gehen, wir haben beide genug bekommen." Der Hase war einverstanden. "Geh hinaus und beobachte, ob nicht der Eigentümer des Gartens (9) in der Nähe ist", befahl der Schakal. Der Hase ging hinaus und gab dem Schakal ein Zeichen zu kommen. Der Schakal versuchte es, aber es gelang ihm nicht. Er war so vollgefressen, dass er nicht mehr durch das Loch der Einzäunung hinauskonnte, es war ihm zu klein. Er sagte: "Hase, gib mir einen Rat (ar.: debber). Was soll ich tun um hinauszukommen?" "Wie kann ich dir einen Rat geben? Ich kenne doch nur eine List, während du hundert Listen kennst", antwortete der Hase und floh. Der Schakal aber wurde vom Besitzer des Gartens erfasst und gefangen genommen. 5 Der Schakal und der Igel Ein Schakal und ein Igel (10) fanden eines Tages eine tote Kamelstute (talemt), was den beiden Gefährten (amidiwen) ein ausgezeichnetes Festmahl versprach. "Geh Brennholz (11) holen", sagte der Schakal zum Igel in der Hoffnung, ihm einen Streich während seiner Abwesenheit spielen zu können. Der Igel war zu Recht misstrauisch und antwortete: "Du, der du doch län-gere Beine hast als ich und dessen Ruf als Läufer durch nichts zu überbieten ist, kannst viel schneller das Brennholz herbeischaffen. Geh also du, während ich auf unseren Besitz aufpasse." Der Schakal brach foglich in jenem Trott auf, der es ihm erlaubt, die größ-ten Entfernungen ohne Ermüdung zurückzulegen. Der Igel indes nützte die Gelegenheit und begann die Kamelstute in kleine Stücke zu teilen, die er sodann nahe einem Rohrkolbengewächs (12) vergrub. Als er so alle Teile des Tieres versteckt, die Löcher mit Sand bedeckt und die Spuren seines vielen Hin- und Herlaufens verwischt hatte, schob er den Schwanz der Kamelstute derart in ein Loch, dass davon nur noch einige Haarbüschel aus dem Boden herausragten. Als er den Schakal mit dem Feuerholz zurückkommen sah, er-griff er das Ende des Kamelschwanzes und stemmte sich mit seinen Beinen fest gegen den Boden, als wolle er ihn aus der Erde ziehen. "Was treibst du in dieser lächerlichen Stellung?" fragte der Schakal, "sag mir lieber, wo die Kamelstute ist, die ich hier nicht mehr sehe." 12MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Außer Atem antwortete der Igel: "Das Tier war nicht tot. Es hat gehört, dass wir es braten wollen und kaum warst du weg, hat es ein Loch in den Boden gegraben, um sich zu verstecken. Ich bin nicht stark genug, um es zurückhal-ten zu können, aber ich halte es am Schwanz, so dass es nicht weit kommen kann." "Lass mich her, mir wird es keine Mühe machen, es herauszuziehen", mein-te der Schakal überheblich. "Reg dich aber dabei nicht auf", mahnte der Igel, "wir haben alle Zeit für uns." Der Schakal hörte nicht auf diesen Ratschlag zur Mäßigung. Er zog heftig an dem Schwanz und stürzte nach hinten, während dieser jämmerlich aus sei-nem Maul hing. "Deine Übereiltheit war fatal für uns", sagte der Igel, "jetzt ist die Kamel-stute unter der Erde verschwunden. Aber wenigstens bleibt uns noch der Schwanz, mit dem wir uns zufrieden geben müssen." "Davon bekommst du aber nichts, dummer Igel", grollte der Schakal. Er packte den Schwanz der Kamelstute und lief eilends davon, um damit seinen Hunger zu stillen. 6 Der Schakal und der Dornschwanz Der Schakal und der Dornschwanz (13) jagten gemeinsam, als sie zufällig auf eine Ziege (tirhse) stießen, die sie töteten. Der Dornschwanz machte Feu-er, während der Schakal das Tier zerlegte. Schon rösteten die Leber und das Herz des Tieres über der glühenden Holzkohle (tamak) und verbreiteten einen verlockenden Duft, der den Schakal sein Versprechen bereuen ließ, mit dem Dornschwanz die Beute zu teilen. Verschlagen und durchtrieben suchte er ein Mittel, seinen Gefährten um dessen Anteil zu bringen. "Würdest du", fragte er hinterhältig, "diese Leber und dieses Herz meiner alten Mutter bringen, die im benachbarten Tal wohnt? Die Arme kann nicht mehr selber jagen. Ich werde inzwischen das Fleisch aufteilen." Der Dornschwanz war einverstanden. Er trottete über Sand und Fels und hielt so gut er konnte die Geschenke des aufmerksamen "Sohnes" fest. Kaum war sein Gefährte gegangen, sprang der Schakal auch schon aus dem Graben, erklomm den Hügel und erwartete den Dornschwanz an der ausgemachten Stelle. Er spielte die bewegungsunfähige Mutter und dankte für die Geschen-ke, die der Dornschwanz brachte. Dieser machte sich mit seinem holprigen Gang wieder auf den Rückweg. Als er auf dem gemeinsamen Platz ankam, sah er den Schakal ausgestreckt bei einem Grasbüschel liegen, gesättigt und vor sich hindämmernd; doch er konnte keine Spur vom Fleisch bemerken, wie er gehofft hatte. ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM13 "Wo ist mein Fleischanteil?" fragte er. Gerade noch, dass der Schakal geruhte ihn anzusehen. Ein schrilles Lachen gab dem unseligen Dornschwanz zu verstehen, dass er das Opfer einer List geworden war. Verärgert darüber, so grob an der Nase herumgeführt worden zu sein, und empört über das Verhalten des Schakals, band er die Knochen der Ziege an den Schwanz des Schlafenden. Als er damit fertig war, rief er: "Wach auf, da kommt ein Mensch auf uns zu!" "Das hat wenig zu bedeuten", antwortete der Schakal ohne seine Augen zu öffnen. "Vorsicht, mein Freund, zwei Hunde begleiten ihn!" warnte der Dorn-schwanz. Ohne weitere Erklärungen abzuwarten, stürmte darauf der Schakal los und lief, dass er ganz außer Atem kam. Bei jedem Satz schlugen die angebunde-nen Knochen auf den Boden, so dass er der Meinung war, gleich von den Hunden erfasst zu werden. So lief er weiter und weiter, bis schließlich wäh-rend seines rasenden Laufes die Knochen nacheinander herunterfielen. Einer war noch übrig, als er sich erschöpft umdrehte, um seinem vermeintlichen Feind die Stirn zu bieten. Er begriff nun, wie sich der Dornschwanz gerächt hatte. Wütend kehrte er um, fest entschlossen, ihn zu bestrafen. Aber der Dornschwanz, der den Zorn des Schakals vorausgesehen hatte, hielt sich in einer Felsspalte versteckt und zeigte kaum seine Nasenspitze. "Wie hast du das Loch machen können, um dich so gut zu verbergen? Ich hätte auch gerne eine so sichere Wohnstätte (azemmazzerh)", säuselte der Schakal. "Das ist sehr einfach", versicherte der Dornschwanz, "geh viel trockenes Holz suchen, lege es an den Felsen und mache ein großes Feuer. Wenn die Flammen hoch sind, rennst du kräftig mit dem Kopf gegen den Fels und die-ser wird sich öffnen. Wir Agamen machen das immer so." Vom Zorn getrieben, befolgte der Schakal genau die Ratschläge des Dorn-schwanzes. Durch den Stoß mit dem Kopf erschlug er sich, fiel ins Feuer und wurde gebraten. 7 Der Löwe, der Leopard, die Hyäne und der Schakal Ein Löwe (14), ein Leopard (15), eine Hyäne (16) und ein Schakal waren gute Freunde. Als sie eines Tages gemeinsam jagen gingen, sahen sie ein Schaf (tehele) und töteten es. Der Löwe (aweqqas) ergriff darauf das Wort und sprach: "Wer von uns soll die Teilung des Fleisches vornehmen?" "Der Schakal", antworteten die anderen, "weil er der kleinste von uns ist." Der Schakal nahm die Teilung vor; er machte vier Portionen (tifula, sg. 14MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 tafult) und sprach: "Kommt, jeder kann sich seinen Anteil nehmen." Der Löwe kam und fragte den Schakal: "Wo ist die für mich bestimmte Portion?" Der Schakal antwortete: "Alle sind gleich groß. Du kannst nehmen, welche du willst." "Schakal", knurrte der Löwe, "du verstehst keine Teilung zu machen!" Er schlug zu und tötete ihn. Als der Schakal tot am Boden lag, suchten sie einen anderen, der die Teilung des Fleisches vornehmen sollte. Darauf sprach die Hyäne: "Ich will es tun." Sie vermengte das Fleisch des toten Schakals mit dem des Schafes und begann mit der Teilung; sie machte sechs Portionen. Als der Löwe dies sah, sagte er zu ihr: "Wir sind drei, warum machst du sechs?" Die Hyäne antwortete ihm: "Der erste Teil ist für den Löwen (aweqqas), der zweite ist für dich, der du unser Oberhaupt bist, und der dritte ist, für die roten Augen" (17). "Wer hat dich gelehrt, so zu teilen?" fragte der Löwe. "Der Schlag, der den Schakal getötet hat", erwiderte die Hyäne. 8 Die schwarze Hyäne Genährt von den nächtlichen Gewohnheiten der Hyänen entstand ein volks-tümlicher Bilderbogen über ihre Grausamkeiten, dem es jedoch an Realität fehlt. Es ist unzutreffend, dass die heute im Twareggebiet sehr seltene Fle-cken- oder Tüpfelhyäne, die größer und kräftiger als die Streifenhyäne ist, vorzugsweise Kinder frisst oder sich an schlafende Alte heranschleicht, sie mit ihrem Urin betäubt und dann in Stücke reißt. Diese Tiere brechen jedoch in Viehgehege ein und reißen Ziegen, Schafe, Esel und auch Rinder, sie steh-len in den Nomadenlagern alles nicht sicher verwahrte Genießbare, und es ist nicht auszuschließen, dass sie unbeaufsichtigte Menschensäuglinge rauben; einzelne Menschen können nachts aber nur durch ein Rudel (asera) bedroht werden. Im Ahaggar wird oft den Kindern das nächtliche Rufen der Eule (buhan) als das der Fleckenhyäne erklärt, und man schärft ihnen ein, sich vor diesem Tier zu hüten. Veranschaulicht wird dies durch die folgende Erzäh-lung aus dem Adrar der Iforhas. "Eines Tages ging ich meine im Tal verstreuten Esel suchen und habe eine tashuri gesehen; sie war schwarz, ihre Haare waren sehr lang (18), ihr Gang schleppend. Sie schüttelte beim Gehen ihre Haare, der nach unten gesenkte Kopf berührte beinahe den Boden, der Rücken war gekrümmt wie bei einem Greis. Als ich die tashuri sah, war ich schon sehr nahe bei den Eseln, zu denen ich ging. Ich sprang auf eine Eselin und ritt im Galopp auf die Zelte zu. Die ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM15 tashuri verfolgte mich nicht. Bei der Ankunft schrie ich: "Ich habe ein schwar-zes Tier gesehen, welches sehr lange Haare hatte!" Die Leute im Lager antworteten: "Das ist eine tashuri, hast du das Verlan-gen gehabt zu schreien, um sie zu verjagen?" Ich antwortete: "Ja, aber ich habe es nicht getan." "Hüte dich sehr, es zu tun, denn wer nahe einer tashuri schreit, wird sofort von ihr angegriffen!" 9 Über die Abstammung der Tiere Der Löwe, der Schakal und die Hyäne riefen sämtliche Tiere zusammen, um sie über die Identität ihres Vaters zu befragen. Alle kamen und beantwor-teten die ihnen gestellten Fragen. Nur das Maultier schwieg und gab erst nach langem Drängen kund, dass sein mütterlicher Onkel das Pferd ist (19). 10 Der Ziegenbock und das Warzenschwein In jener Zeit als die Tiere (20) noch sprechen konnten, stieß der Ziegenbock (21) im Frühling (tafsit) Brunftlaute (22) aus und erfüllte die ganze Gegend mit seinem Lärm (takat). Ein Warzenschwein (23) hörte sein Schreien und fuhr ihn barsch an: "He Ziegenbock! Warum machst du solchen Lärm?" "Ich bin den Ziegen auf der Spur", antwortete dieser, "und sie gebären im Allgemeinen auf diesen Lärm." "Wieviele Kinder (24) bekommt gewöhnlich eine Ziege?" fragte das War-zenschwein. "Eine fruchtbare Ziege kann zwei in einem Wurf haben" (25), antwortete er ihr. "Nicht mehr?" rief erstaunt das Warzenschwein, "komm mit, ich werde dir meine Kinder zeigen." Der Ziegenbock und das Warzenschwein brachen gemeinsam auf und ka-men zu jener Stelle, wo die Bachen (tizubaratin) den Tag verbringen. Sie tra-fen dort 5 oder 6 von ihnen an, jede gefolgt von 20 (senatet temerwin, "zwei Zehner") Frischlingen (26). "Du siehst sie hier", sagte das Warzenschwein zum Ziegenbock, "sie alle sind meine Kinder. Ich bin nicht gewöhnt solchen Lärm zu machen wie du und doch sind meine Sprösslinge zahlreicher als die deinen." Die Moral von der Geschichte: Derjenige, der gewöhnlich Lärm macht, hat nur Lärm in sich. 11 Der Hund und der Knochen Die folgende Fassung stammt von einem Targi der Kel-Adrar. Ein Hund (27) fand einen Knochen (erhes) und begann ihn abzunagen. Der 16MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Knochen sagte zu ihm: "Ich bin sehr hart." Worauf der Hund erwiderte: "Sei beruhigt, ich habe nichts anderes zu tun." 12 Der Strauß und der Hahn In alten Zeiten versammelten sich alle Vögel (igdad, sg. egedid) und sagten: "Wenn Gott (Mess-inerh) will, werden wir morgen fliegen können!" Der Hahn (28) und der Strauß (29) waren überzeugt: "Ob Gott will oder nicht, wir werden fliegen können!" Am nächsten Tag konnten alle Vögel fliegen mit Ausnahme von Hahn und Strauß. Da sagte der Strauß: "Oh Herr, der du mich mit meinen Flügeln (ifrawen, sg. afraw) bestraft hast, gewähre mir deine Gnade in meinen Beinen (idaren, sg. ader)!" Und Gott gab dem Strauß die Schnelligkeit (azzal), so dass er alle übertref-fen konnte, das Kamel (amis) wie das Pferd (ayes). Der Hahn richtete kein Gebet an Gott und erhielt keine andere Gabe als zum Gebet zu rufen. Er be-kam weder die Fähigkeit zu fliegen, noch die Schnelligkeit zum Laufen. 13 Der Knabe und die Strauße Es war einmal ein Knabe (abarad), der allein hinaus in die Welt (30) zog; er ging in den gefährlichen Bereich des Fremden (31). Alle wildlebenden Tiere (akhkhuten) flohen vor ihm: Zuerst ging er zu den Dorkasgazellen – sie flo-hen, er ging zu den Damagazellen – sie flohen, er ging zu den Mendesantilopen – sie flohen, er ging zu den Oryxantilopen – sie flohen, er ging zu den Scha-kalen – sie flohen, er ging zu den Löwen – sie flohen, er ging zu den Flecken-hyänen – sie flohen, er ging zu den Elefanten – sie flohen. Endlich kam er zu den Straußen, die nicht vor ihm flohen und bei denen er bleiben konnte. Er wohnte bei ihnen und wurde ihr Gefährte. Wenn er sich niederlegen wollte, breiteten sie ihre Flügel aus und er konnte zwischen ihnen schlafen. Sie be-kleideten ihn mit ihren Federn und er aß ihre Speisen mit Ausnahme der Pflan-ze afessur (32). Als er größer wurde, wuchsen seine Haare (imzaden) und wurden so lang, dass sie bis auf den Boden reichten. Eines Tages bestiegen einige Männer ihre Pferde und begaben sich auf die Suche nach Straußen. Sie folgten der Spur des Knaben, da sie wussten, dass er mitten unter ihnen lebte. Sie gingen ihr nach bis sie unter einem Baum (ashek) endete. Die Dornen des Baumes hatten den Knaben erfasst und festgehalten, als er kurz vor seinem Tod von den Männern gefunden wurde. Sie versorgten ihn mit süßen Duftstoffen (33), so dass er wieder seiner Sinne mächtig wer-den konnte. Er sprach zu den Männern: "Die Strauße sind besser als alle anderen Wildtiere." ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM17 Als die Seinen das hörten, sagten sie: "Wir schwören, niemals Strauße zu töten wegen des Guten, das sie dir getan haben." 14 Der Schakal als Hirte Eines Tages begegnete der Schakal (ebeggi) einen Mann (ales) und fragte ihn: "Suchst du einen Hirten?" Der Mann antwortete: "Ja, ich suche einen!" Darauf machte ihm der Schakal ein Angebot: "Wenn du mir einen festen Lohn (alek) gibst, werde ich deine Herde (ehere) hüten." "Einverstanden", rief der Mann und vertraute dem Schakal 200 Ziegen und Schafe an. Der Schakal zog mit ihnen fort. Er ließ sie weiden und fraß ein Tier nach dem anderen auf. Eines schönen Tages war keines mehr da, und der Scha-kal machte sich von dannen und ging seinen eigenen Angelegenheiten nach. Inzwischen suchte sein Arbeitgeber nach ihm, und als er ihm endlich wieder begegnete, fragte er sofort: "Was ist aus meiner Herde geworden?" Der Schakal antwortete: "Mir ist die Nachricht von deinem Tod zugegan-gen. Ich habe daher (für das Heil deiner Seele) 100 Stück Vieh als Almosen gegeben. Nachher habe ich erfahren, dass du noch lebst. Aus Freude darüber habe ich weitere 100 Tiere geopfert. Du schuldest mir also noch meinen Lohn!" 15 Die Frau und der Löwe Eine Frau war von Feinden (ihendja) gewaltsam ergriffen und entführt worden. Unterwegs gelang es ihr zu fliehen. Sie begegnete einem Löwen (aweqqas), der sie auf seinen Rücken nahm und zu ihrem Lager (amezzarh) trug. Die Leute freuten sich über ihre Rückkehr und fragten, wer sie gerettet habe. "Ein Löwe", antwortete sie, "er war gut zu mir, aber er hatte einen unange-nehmen Mundgeruch." Der Löwe, der ganz in der Nähe lag, hörte diese Worte, er schwieg und zog weiter. Als einige Tage verstrichen waren und die Frau Brennholz holen ging, traf sie einen Löwen, der zu ihr sagte: "Nimm ein Stück Holz und schlage mich." "Nein, ich schlage dich nicht", sagte die Frau zu ihm, "denn ein Löwe hat mir Gutes getan und ich weiß nicht, ob du es bist oder ein anderer." "Ich bin es", erwiderte der Löwe. "Dann kann ich dich nicht schlagen", sagte die Frau. "Schlage mich oder ich fresse dich", befahl der Löwe. Sie nahm ein Stück Holz, schlug und verletzte ihn, worauf der Löwe sagte: "Jetzt kannst du gehen." 18MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Zwei oder drei Monate später trafen Löwe und Frau einander wieder. Er sprach zu ihr: "Sieh die Stelle (edeg) an, wo du mich verletzt hast; ist sie ver-heilt oder nicht?" "Sie ist verheilt", erwiderte die Frau. "Sind die Haare (imzaden) wieder nachgewachsen?" fragte der Löwe. "Gewiss", antwortete die Frau. Darauf sagte der Löwe: "Eine Wunde (abuyes) heilt gewöhnlich, aber nicht das Übel, welches ein böses Wort anrichtet. Ich bevorzuge (lieber) einen Schwerthieb als (eine Verletzung durch) die Zunge einer Frau (essuferh tiwit en takuba i iles en tamet)." Er packte und fraß sie. 16 Die blindwütigen Hyänenhunde tirhes Früher lebten im Ahaggar wilde Tiere (akhkhuten), die man tirhes (34) nennt. Sie verfolgten Menschen und fraßen Kamele. Wenn sie einen Men-schen sehen, der sein Schwert (takuba) zieht, attackieren sie ihn, wo immer er auch ist. Jener, der sie nicht kennt, kann bei ihrem Anblick meinen: "Das sind Hunde (iydan)!" Wenn er sie mit Sand/Erde (amadal) bewirft, lassen sie ihn in Ruhe und laufen davon; wenn er auf sie schießt, umringen sie ihn und versu-chen ihn zu verschlingen. Eines Tages haben sie die Ziegen (ulli) der Iseqqemaren gefressen, die sich verlaufen hatten. Ein anderes Mal haben sie zwei Kamele (imudjar) von Atisi ag Amellal gefressen. Eines Tages haben sie Elkhadj-Buya ag Elkhadj-Khamma verfolgt; er suchte seine verlaufenen Ka-mele, als ihm Hyänenhunde begegneten. Er entkam ihnen nur dank der Schnel-ligkeit seines Kamels (amis). Es geschah dies im Sommer gegen Mittag (terut) in der Tefedest-Region. Sie verfolgten ihn nicht lange, weil die Sonne sehr heiß herniederbrannte. Ein adliger Twareg des Ahaggar folgte einmal der Spur von Hyänenhun-den bis zu ihrem Bau (anu); sie waren dort inmitten ihrer Jungen (meddan). Er kehrte in sein Lager zurück und sagte zu den Leuten: "Los, gehen wir! Grei-fen wir sie an!" Man fragte ihn: "Wo sind sie?" Er antwortete: "Sie sind in Tizalayin" [Region Wa-helledjen]. Darauf sagten die Leute: "Wir gehen nicht, du lügst!" Sie blieben im Lager und ließen die Tiere im Freien. Heutzutage gibt es keine Hyänenhunde mehr im Atakor. Sie frequentieren vor allem die Tefedest-Region; man sagt auch, dass sie hin und wieder die Wa-helledjen-Region durchstreifen. Es gab ein Jahr, da reiste Emerhey ag Sidi-Mokhammed (35) in die weiße Tefedest (36). Als er beim Berg Edjeleh (37) ankam, begegnete er vier Hyä- ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM19 nenhunden: drei Weibchen (ar.: tuntawin) und ein Männchen (ey). Sie gingen auf ihn zu. Er sprang von seinem Kamel und nahm seinen am Sattel (tarik) hängenden Schild (arher) herunter. Als Erstes ging das Männchen auf ihn los. Emerhey schlug es mit einer Hautfessel (38) auf das Gesicht/Antlitz (udem) und das Tier wandte seinen Kopf ab. Emerhey zog sein Schwert (takuba) und schlug ihm damit auf den Rücken, worauf das Männchen zusammenbrach; die Weibchen ergriffen die Flucht. Emerhey schnitt ihm den Kopf ab und brach-te ihn in das Lager von Ahitarhel (39) nach Tizalayin. 17 Das Heil liegt in der Flucht Eines Tages verließ eine Zeltsklavin (taklit) das Lager, um Holz zu sam-meln. Sie hatte bald ein Bündel zusammen, als sie drei wilde und ausgehun-gerte Hyänenhunde auf sich zulaufen sah. Sie ließ ihr Holz fallen, rief Gott an und kletterte auf den nächsten Baum. Ganz zerkratzt von den Dornen der sie rettenden Akazie (tamat), sah sie die drei Raubtiere mit Schaum um ihre Schnauzen den Baum belagern. Der Tag verging, die Nacht kam. Die Wild-tiere schienen zu schlafen und auch die Frau hatte Verlangen danach. Aber jedesmal, wenn sie einschlummerte, entging sie nur knapp dem Herunterfal-len. Was kommen musste, geschah: sie schlief ein und stürzte hinunter. Dabei stieß sie einen Schrei (terhuyyet) aus und dann noch einen viel lauteren (azenrhireh), als sie inmitten der Raubtiere auf den Boden fiel. "Nehmt jeder sein Stück", schrie sie verzweifelt und verbarg ihren Kopf in den Armen. Aber die Tiere waren derart von dem Geschrei der Frau während ihres Stur-zes erschrocken, dass sie hinaus in die Wüste flohen. Auch die Frau ergriff die Flucht und rannte zurück zum Lager. Die Moral von der Geschichte: Das Geschrei und Gezeter einer Frau hat schon manches Lebewesen in die Flucht geschlagen! 18 Die rettenden Blutstropfen Die Wildheit der Hyänenhunde ist allen Bewohnern des Ahaggar bekannt. So auch jenem Mann, der eines Tages von einem Rudel (asera) dieser Tiere ganz unerwartet überrascht wurde. Es gelang ihm gerade noch, sich auf einen Baum zu retten, wo er befürchtete, lange belagert zu werden. Da ihm die Gier und die Gefräßigkeit dieser Tierart nicht unbekannt war, nahm er sein Mes-ser, schnitt sich damit in den Finger und ließ das Blut auf eines der Tiere hin-unterfallen. Sofort stürzte sich das Rudel auf jenes Tier, auf das die Bluts-tropfen gefallen waren und wollten es in Stücke reißen. Dieses flüchtete so schnell es konnte und das Rudel nahm seine Verfolgung auf. Die Kenntnis 20MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 (musnet), die dieser Targi von den Lebensgewohnheiten der Hyänenhunde besaß, hat ihn aus seiner kritischen Situation gerettet. Anmerkungen: (1) wörtl. emerwel: Hase, allg. Um die Gewitztheit dieses Tieres mehr her-vorzuheben, wird als gängige Bezeichnung oft das Femininum temerwelt an Stelle des Maskulinum verwendet. Der Kap- oder Feldhase (Lepus capensis, Unterart: Lepus capensis aegypticus) ist in ganz Nordafrika vertreten. Zu sei-nen Kennzeichen zählen die wüstenhafte gelbe bis braune Fellfärbung, die vergrößerten Gehörkapseln, die langen Ohren (sie sind länger als der Kopf) und die erheblich langen Hinterbeine. In der Sahara hält sich der Hase mit Vorliebe in Trockentälern auf, die etwas Vegetation besitzen und wo er leicht seine Nahrung findet, bestehend aus verschiedenen Pflanzenarten, Rinden, Knospen, Früchten und gelegentlich auch aus Kleintieren (Mäusen). Wie das folgende Textbeispiel zeigt, kommt der sonst so schlaue Hase in den Erzäh-lungen auch wenig intelligent vor: "Eines Tages bemerkte ein Hase wie aus jenem Tal, in welchem seine Jun-gen lagerten, ihm plötzlich Wasser entgegenströmte. Obwohl er jede Menge Zeit hatte, um seine Kleinen an einen sicheren Ort zu bringen, stolzierte er unbekümmert am Ufer umher und war überzeugt, die Situation irgendwie meistern zu können. Als er das Wasser immer näher kommen sah, versuchte er es voll Hochmut aufzuschlürfen – hielt er sich doch für einen wahren Hel-den, der den Oued auf diese Weise trockenlegen könnte. Alle in der Umge-bung lebenden Tiere kamen herbei, und man kann sich vorstellen, wie sie über den Hasen zu lachen begannen. Es kam, wie es kommen musste: unser Held wurde ein Opfer seines eigenen Starrsinns. Völlig demoralisiert musste er zusehen, wie seine Jungen von dem sprudelnden Wasser weggespült wur-den!"; (Lhote 1951: 135). (2) wörtl. ebeggi, syn. von aggur (eggur, im Ayr): Schakal, allg.; gemeint ist der in ganz Nordafrika verbreitete Goldschakal (Canis aureus), der als deckungsreiches Umfeld steinigen Boden bevorzugt und im Gebirge bis 2000 m aufwärts vorkommt. Er besitzt ein sehr gutes Seh-, Hör- und Riechvermögen und gibt kurz nach Sonnenuntergang und kurz vor Sonnenaufgang ein mehrmals wiederholtes, klagendes Heulen von sich. Seine Nahrung besteht aus Kleintieren aller Art, er reißt junge Gazellen und Antilopen, streift um die Lager auf der Jagd nach Ziegen und Schafen und stiehlt alles Genießbare; angeboren ist das Forttragen auch ungenießbarer Gegenstände. Aus diesem Grund wird der Schakal von den Twareg nicht für die Ernährung gejagt, son-dern zu seiner Vernichtung. Meist werden dazu an passenden Stellen und weit ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM21 genug von den Lagern entfernt (damit die Hunde nicht hineintappen) Schnapp-eisen ausgelegt. Auch Gift kommt zur Anwendung, das aus den Samenkör-nern des Rhizinusbaumes besteht und in die Fleischköder gegeben wird. Die Bedeutung des Schakals als Fabeltier zeigt sich im Ahaggar durch mehrere Beinamen und Umschreibungen, wie z.B. wa-n-efara, "der aus der Steppe/ Wildnis", p.ext. amulas, "weißgeflecktes Tier" (Tier mit Blesse auf der Stirn oder über der Oberlippe). Auch mehrere Wasserstellen, Berge und Täler tra-gen den Namen dieser Tierart, z.B. I-n-abeggi: eine Wasserstelle in der Regi-on Arheshshum und im Oued Tagrira zwischen dem Ahaggar und dem Ayr, sowie im Ahnet-Gebiet; Ibeggan (m.pl.): ein Berg im Adrar der Iforhas; Tibeggatin (f.pl.): div. Täler in der Region Arheshshum, ein Tal und ein Brun-nen (anu) im Adrar der Iforhas. (3) wörtl. tamhit: kleiner bis mittelgroßer Ledersack, hergestellt aus der Haut einer Ziege oder eines Schafes, früher auch aus der Haut eines Mähnen-schafes (udad), einer Damagazelle (enir) oder eines Schakals (ebeggi). Die Tierhaut wird im Stück gegerbt und das genarbte Leder nach innen gelegt. Als verschließbare Öffnung dient der Tierhals, die Öffnung der Beine wird durch einfaches Verknoten der Haut verschlossen. An den zwei Knoten der Vorder-beine und den zwei Knoten der Hinterbeine wird je ein Strick (tadekmert) festgemacht, der zum Aufhängen des Sackes dient. Der tamhit-Sack wird zum Transport von Trockennahrungsmitteln (Korn, Mehl, pulverisiertem Zucker, Tee etc.) während der Wanderzüge verwendet oder dient als Proviantsack aufgehängt im Zelt; Feuchtigkeit oder gar Nässe würde die Geschmeidigkeit des leicht mit Butter eingefetteten Leders beschädigen. Sein Fassungsvermö-gen ist recht unterschiedlich und liegt je nach Größe zwischen 20 und 70 Li-tern. (4) Es wird hier auf die traditionelle Galanterie des adligen Targi verwie-sen, die dem Hasen erlaubt, seine List durchzusetzen. (5) Anspielung auf die Unersättlichkeit der Schmiede, die keine Gelegen-heit auslassen, von einem glücklichen Zufall zu profitieren. Ihnen steht grund-sätzlich von jedem geschlachteten Tier ein Fleisch-Pflichtanteil (tanharmayt) zu. Meist ist es der obere Rückenabschnitt bis zum Halsansatz, seknes eneden, "lässt die Schmiede streiten", genannt, da dieses Fleischstück unter den an-wesenden Handwerkern manchmal zu Streitigkeiten führt. Wird ihnen dieser Pflichtanteil nicht gegeben oder gar verweigert bzw. liegt das freiwillige Vergütungsgeschenk unter seinem Wert oder werden ganz allgemein böse Absichten gegen sie gehegt, kann das die nur den Schmieden eigene Unglücks-kraft ettama (ar.) auslösen, welche unweigerlich Unheil über die betreffende Person bringt. 22MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 (6) wörtl. edjend: unterirdischer Speicher. Die Twareg kennen verschiede-ne Methoden, ihre Ernteerträge aufzubewahren, wobei es stets gilt, das Verlust-risiko durch Witterungseinflüsse, Schädlinge etc. möglichst gering zu halten. Gewöhnlich wird Getreide in ledernen Säcken zwischengelagert, die sich auf dem Rücken von Eseln problemlos bei jedem Lagerwechsel mitnehmen las-sen. Der Getreideüberschuss wird dann oft in bienenkorbförmigen, unterirdi-schen Silos verborgen, deren Inneres manchmal mit Erde verputzt (Ahaggar) oder mit Matten ausgelegt (Ayr) ist. Ak awadem issan aseggefer n-ana-s. Ak awadem ur itemmer a il iyen, "Jeder kennt die Verstecke seiner Angehörigen, aber keiner berührt das fremde Gut". Als Dieb bezeichnet zu werden, kommt dem Verlust aller Ehren gleich. (7) wörtl. tamkerra: a) listiger Plan, (Kriegs-)List; b) wundersame Objekte (z.B. Streichhölzer, Kerzen, Repetiergewehre, Uhren, das Telefon, der Tele-graf, die Luftfahrt, die Eisenbahn, das Dampfschiff etc.); c) Wundertat, Kunst-stück (F. Dict. III: 1184f.). (8) wörtl. ezzebiben (ar.): Weinbeeren, Weintrauben, wie man sie heutzuta-ge in einigen Gärten im Ahaggar vorfindet. Es geht dies vor allem auf den Verdienst des von 1861 bis zu seinem Tod 1877 amtierenden amenokal Elkhadj Akhmed zurück, der schon vor seiner Amtseinsetzung die ökonomische Not-wendigkeit der Ahaggar-Landwirtschaft zu realisieren begann. Die ersten agrarwirtschaftlichen Versuche scheiterten jedoch daran, dass sich die dafür vorgesehenen schwarzen Sklaven als unzulänglich erwiesen. Erst durch die Immigration von Oasenbauern aus der Tidikelt und der Tawat, den sog. Haratin, setzte die richtige Kultivierung in den landwirtschaftlichen Zentren des Ahaggar und die damit verbundene Zunahme an sesshafter Bevölkerung ein. Im Ahaggar und Ajjer trifft man heute auf einige Orte mit Weinstöcken, Feigenbäumen und Dattelpalmen, die als Reste einer Vor-Twareg-Landwirt-schaft erhalten geblieben sind und auf eine intensive Gartenbaukultur schlie-ßen lassen. Dass die Altbevölkerung Nordafrikas großes technisches Können in der Oasenwirtschaft besaß, wussten schon die antiken Schreiber wie Herodot, Strabon und Plinius zu berichten: Letzterer gibt eine ausgezeichnete Schilderung von dicht bebauten Kulturterrassen aus der Oase Tacapsa (dem heutigen Gafsa) in Südtunesien: "Unter hohen Palmen wächst hier der Ölbaum, unter diesem der Feigen-baum, unter diesem der Granatapfelbaum und unter ihm der Weinstock; un-ter dem Weinstock sät man Gerste, dann Hülsenfrüchte und zuletzt Kohl. Al-les in demselben Jahr und jedes gedeiht unter dem Schatten des anderen"; (Plinius XVIII,22). Als Jahrhunderte später die arabischen Armeen mit Riesenschritten gegen ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM23 den westlichen Maghreb stürmten und den Islam allen Völkern aufzudrängen versuchten, kann mit Sicherheit angenommen werden, dass sich nicht alle Stämme zur Lehre Mohammeds bekehren ließen, sondern zum Teil ihr Heil in der Flucht suchten. Als einziger Ausweg blieb nur der weite Süden offen, wo es Gebiete gab, die noch frei von den unermüdlichen Bekehrern des Islam waren und die geografisch wie klimatisch die besten Lebensmöglichkeiten boten: das sind die zentralsaharischen Gebirge des Ahaggar und der Tassili-n- Ajjer. Es scheint daher sicher, dass nach 650 n.Chr. bereits mehrere Berber-gruppen den Ahaggar bewohnten. Diese Neuankömmlinge brachten ein gutes landwirtschaftliches und handwerkliches Wissen aus ihrer Heimat mit, das ihnen alsbald zur ökonomischen und politischen Vorherrschaft über die ein-heimische Bevölkerung verhalf. Wahrscheinlich sind diesen frühen Einwan-derern viele der heute in der zentralen Sahara anzutreffenden Kulturpflanzen zu verdanken. Vermerk des Verfassers: Mit großem Vergnügen erinnere ich mich an eine im Jahr 1975 durchgeführte Expedition durch das Fadnounplateau (Tassili-n- Ajjer), wo wir uns mit Kamelen in der sommerlichen Saharahitze schleppend durch einen Cañon bewegten, der immer klammartiger wurde, bis es nicht mehr weiterging. Der Weg wurde uns von hohen Dattelpalmen und mächti-gen Feigenbäumen versperrt, zwischen denen sich wildwachsende Weinran-ken in so üppiger Form ausbreiteten, dass wir nur schwer unter Zuhilfenahme eines Messers und eines Stockes mit den Kamelen durchkommen konnten. Da zu dieser Zeit sowohl die Feigen als auch die Trauben reiften, wurden wir anschließend reich mit erfrischenden Köstlichkeiten belohnt. Während späte-rer Aufenthalte in der zentralen Sahara konnte ich mehrere ähnliche Orte mit üppigem Bewuchs entdecken. Sie sind heute meist vollkommen verlassen und werden nur sporadisch von durchziehenden Twareg besucht, die hier meist eine Rast einlegen. (9) wörtl. emeli n-afaradj; emeli: Eigentümer, Besitzer, allg.; Gott (der Herr); afaradj: Gehege, Verschlag und jede Art von Einzäunung (Hecke, Pferch, Zaun). In alten Zeiten wurden die Sklaven gelegentlich deffer-afaradj, "hin-ter/ nach der Hecke", genannt, da sich in den Lagern ihre Behausungen jen-seits der Tiergehege befanden. (10) wörtl. ekenisi (m.), auch tekenisit (meist f.): Igel, allg. In der zentralen Sahara ist fast ausschließlich der Wüsten- oder Äthiopienigel (Paraechinus aethiopicus) mit zwei Unterarten vertreten: P.a. deserti, im Noden; P.a. aethiopicus, im Süden. Der Wüstenigel besitzt große, vorspringende Ohren, welche die benachbarten Stacheln überragen; die Kopfstacheln sind durch eine 3 cm lange, kahle Stirnschneise gescheitelt, die Rückenstacheln erreichen eine 24MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Länge von bis zu 3 cm. Er ist nachtaktiv, gräbt einen einfachen Erdbau und trägt Futter als Vorrat in den Bau oder zur versteckten Bodenmulde; seine Nahrung besteht aus Insekten, Kerbtieren, Eidechsen, und Aas. Die Twareg machen keine spezielle Jagd auf den Igel. Finden sie einen, wird er oft den Knaben übergeben, die den zu einer Stachelkugel zusammengerollten Igel ins Wasser tauchen, damit der seinen Kopf herausstreckt und sie ihm die Kehle durchschneiden können; anschließend wird er in die heiße Asche gelegt und gebraten. Sein Fleisch gilt als sehr schmackhaft, besonders am Ende des Som-mers, wenn er Fett angesetzt hat. "Manche sagen, dass sein Fleisch ein gutes Fiebermittel ist, einige sagen auch, dass es Bauchschmerzen heilt", wiyyod gannin isan-nit enfan tazzaq, gannin wiyyod enfan aked tekma kut teha tesa (T.T.P. 1984: 206). Die Hirten stellen aus seiner Haut Maulkörbe für die Kitze her, die diese hindern sollen, an der Mutterziege zu trinken. Wenn in den Erzählungen der Schakal auch immer mit regem Geist auftritt und die zu vertrauensseligen und zu naiven Tiere zu täuschen versucht, zeigt sich einer seiner Gefährten, sei es der Igel, der Hase oder der Dornschwanz, stets weit-blickender, listiger und klüger, was bei den Zuhörern große Freude hervorruft. (11) wörtl. esarher: Brennholz, Feuerholz. Die dafür verwendeten Arten variieren je nach Region und werden ihrer Qualität entsprechend ausgesucht. Im Gebirge ist das beste Holz mit der höchsten Wärmekapazität jenes des tahunek-Baumes (Rhus oxyacantha), gefolgt von adjar (Maerua crassifolia), taburaq (Balanites aegytiaca), adaras (Commiphora africana) und verschiede-nen Akazienarten; von den Sträuchern sind es u.a. aresu (Calligonum comosum), dessen totes Holz an den Uferböschungen der Oueds gesammelt wird, sowie bender oder tasa (Anabasis articulata), bei dem die zerfurchten Stümpfe und langen Wurzeln schon zu Lebzeiten so verdorrt sind, dass sie grün genau so gut brennen wie trocken. In den großen Tälern ist reichlich Tamariskenholz vorhanden, das jedoch als Feuerholz von schlechter Qualität gilt, da es stark raucht, schnell verbrennt und wenig Glut erzeugt. Auch das Holz des immergrünen turha- oder terza-Strauches (Calotropis procera) brennt nur schwelend unter Erzeugung eines starken, unangenehm riechenden Rau-ches, wobei es, wie die Kel-Ahaggar sagen, "bei jedem Geknister böse Geister auslässt". Zum Erhalt kleiner Flammen werden gerne die langen, trockenen Blätter des Rohrkolbengewächses tahle (Typha elephantina) verwendet. Im Allgemeinen machen sowohl die Nomaden wie die Sesshaften "Feuer aus je-dem Holz", was in einigen Gebieten bereits zu starker Beschädigung der Vegetationsdecke geführt hat. (12) wörtl. tahle (ar.: berdi): ein bis über 3 m hohes Rohrkolbengewächs (Typha elephantina) mit dichtem Vorkommen an feuchten Standorten und ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM25 Wassertümpeln. Die langen, 3-4 cm breiten, recht dicken und mit farblosem Mark gefüllten Blätter sind auf der Rückseite gekielt, so dass sie im Quer-schnitt fast dreieckig erscheinen. Jedes Blatt geht von der Sprossbasis aus und umgibt einen sehr langen, kräftigen Stängel (ededdel, poet. auch Speer), an dessen Spitze sich ein dunkelbrauner, zigarrenförmiger Rohrkolben (elef) bil-det. Sein unterer Teil (eyhed n-elef) besteht aus den weiblichen Blüten, die eng beieinander stehen und eine zylindrische Scheide formen, sein oberer Teil versammelt in einer schlankeren Ähre die männlichen Blüten. Verwendung: Beide Blütenstände werden vor ihrer Reife gestoßen und zu feinem Mehl gemahlen, um den aus einem Gemisch von Wasser und Hirse-mehl bestehenden Brei namens esink zu strecken. Die dicht über dem Erdbo-den sprießenden jungen Triebe (tiskawin, sg. tiske) können roh verzehrt wer-den, ebenso die jungen Wurzeln (ikerdewasen, sg. akerdewas) und jene, besonders von den Kindern auf der Suche nach Essen bevorzugten, gewöhn-lich knapp unter der Erdoberfläche liegenden Wurzelteile namens inehan, sg. enehi. In Hungerszeiten, wenn das Gemüse knapp wird, gräbt man die Wur-zeln aus, lässt sie trocknen, zerstößt und zermahlt sie zu Mehl, um daraus Fladenbrot (tadjella) herzustellen. Das getrocknete Mark (adju) wird als Zun-der für das Schlagfeuerzeug (enefed) verwendet. Die tahle ist eine wichtige Rinderfutterpflanze, deren Regeneration durch den feuchten Boden nicht vom alljährlichen Regenfall abhängig ist. Ihre jungen Triebe werden gerne von Schafen und Ziegen, aber gewöhnlich nicht von Kamelen gefressen. Die mas-senhaft an feuchten Stellen wachsenden Blätter und Stängel ergeben ein gutes Baumaterial für Hütten (ikebran, sg. ekeber; insbesondere für deren Wände und Dachbedeckung) und für Zäune; verbunden mit hölzernen Stangen schüt-zen sie die Gärten gegen die heftigen Windstöße im Frühjahr und die sensib-len Ernten gegen die heißen Winde im Sommer. (13) wörtl. agezzeram (ar.: dob, dobb): Nordafrikanischer Dornschwanz (Uromastix acanthinurus). Die zur Familie der Agamiden zählende Eidechse ist für ihre starke Farbvariabilität bekannt, die morgens, wenn es kalt ist, von schwarz oder braunschwarz mit zunehmender Temperatur bis leuchtend grün, zinnoberrot oder zitronengelb reicht. Der Dornschwanz ist ein tagaktiver, sehr hitzeresistenter Pflanzenfresser, der jedoch auch gerne Insekten als Beikost zu sich nimmt. Der berühmte Reisende des 16. Jahrhunderts El-Hassan b. Muhammad al-Wazzan al-Ghanati, besser bekannt als Johannes Leo Africanus, gibt in seiner "Beschreibung Afrikas" folgende Auskunft über dieses Tier (zi-tiert aus der deutschen Ausgabe von 1805): "Der Dobb lebt in den Wüsten, ist der Eidechse ähnlich, aber dicker, so lang wie ein Menschenarm und 4 Zoll breit. Er trinkt Wasser und würde, wenn 26MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 man ihm solches in den Mund gösse, auf der Stelle sterben. Er legt Eier wie die Schildkröte. Ich habe gesehen, wie die Araber ihn in der Wüste fingen, und habe ihn auch selbst gefangen und getötet; er hat wenig Blut. Man brät den Dobb, zieht ihm die Haut ab und verspeist ihn. Er kann so schnell laufen wie die Eidechsen. Wenn er in ein Loch geschlüpft ist und der Schwanz sich noch draußen befindet, so mag man an ihm ziehen wie man will, man wird das Tier nicht hervorziehen. Die Jäger vergrößern dann das Loch mit kleinen Haken und fangen es auf diese Weise." Dieser an der Spitze eines Stockes befestigte und bei den Hirten sehr ver-breitete Eisenhaken wird taskumt oder takode genannt. Die Dornschwanz- Agame bevorzugt als Aufenthaltsort enge Gesteinsspalten oder einen im Schutz größerer Felsbrocken in den Sand gegrabenen Bau, der mehrere Krüm-mungen besitzt und worin sie die Verfolgung ihrer Feinde mit kräftigen Schlä-gen ihres Schwanzes zu behindern versucht. Der dicke, ringförmig mit star-ken Stacheln bedeckte Schwanz ähnelt sehr einer Feile (azezzawa), was die Handwerker/Schmiede (ineden) im Ahaggar zum Anlass nehmen, den Dorn-schwanz als ihren Ahnen (Mutterbruder) zu betrachten. Sehr beliebt als Nah-rung ist das Fleisch dieses Tieres, dessen schmackhafteste Stücke der Schwanz enthält. Das Fleisch gilt als sehr heilkräftig und wird, wie das des Wüsten-warans (arhata), als ein Allheilmittel angesehen, welches "40 Arzneien" ein-schließt. (14) Wörtl. aweqqas: eine vorwiegend von den Iseqqemaren und den Adrar- Twareg verwendete Bezeichnung für den Löwen (Panthera leo) mit der GB: wildes Tier, Bestie; s. Anmerkung 20. Im Ahaggar wird der Löwe meist ahar, im Ayr amekhluk genannt. Der Löwe ist ein typischer Gast von Halbwüsten bis Trocken- und Feuchtsavannen, wo er leicht seine Nahrung, bestehend aus Wildtieren, findet. Früher war er im Ayr-Gebiet vertreten und kam während der Regenzeit bis in den Adrar der Iforhas. Im Ahaggar, einem Land mit we-nig Wasser, wo das Wild selten ist, hätte der Löwe keine für ihn passende Nahrung gefunden und folglich nicht überleben können. Wir gehen daher si-cher nicht fehl, den "Wüstenlöwen" als einen Mythos zu betrachten, der in den Erzählungen der Ahaggar-Twareg als ein Sinnbild der Kraft und eine Quelle des Ruhms Eingang gefunden hat. Nichtsdestoweniger hat der Löwe einst die Sahara und damit auch den Ahaggar bewohnt, wie es uns Darstellun-gen auf den dortigen Felswänden zeigen. (15) wörtl. ahar: Leopard (Panthera pardus) mit der GB: Löwe, bei den Iseqqemaren. Der Leopard, der im Ahaggar mit dem wenig gebrauchten Wort damesa bezeichnet wird, war früher in allen Landschaften von Wüste bis Regenwald mit 12 Unterarten vertreten. Er ist Einzelgänger, der monatelang ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM27 ohne Wasser auskommt und – wo ungestört – tag- und nachttätig. Gerne schleppt er seine aus allen Säugetieren bestehende Beute aus Schutz vor Mit-fressern auf Bäume, wo er sie nach und nach verzehrt; gelegentlich werden Leoparden zu Menschenfressern. Der in Anmerkung 13 erwähnte Johannes Leo Africanus berichtet darüber: "Die Leoparden leben in den Wäldern der Berberei. Sie sind sehr mutig und grausam, schaden den Menschen aber nicht, es sei denn, sie begegnen ihm auf einem schmalen Pfad, wo der Mensch nicht ausweichen kann, oder dieser sie anschreit oder anderweitig stört. Dann jedoch springt der Leopard dem Menschen auf den Rücken, schlägt die Krallen in sein Gesicht und reißt so viel Fleisch heraus, wie er gepackt hat, oder schlägt den Schädel entzwei und tötet ihn. Viehherden befällt er selten, ist aber ein Erzfeind der Hunde, die er tötet und frisst." (16) wörtl. tahuri (tashuri, tazuri etc.): Flecken- oder Tüpfelhyäne (Crocuta crocuta), eine im Ahaggar und Ajjer bereits verschwundene und nur in den südsaharischen Gebirgen und im Sahel anzutreffende Tierart (s. die Einlei-tung von Erzählung 8). Dagegen ist die Streifenhyäne (Hyaena hyaena) in den Randgebieten der Sahara und im Sahel noch allgegenwärtig; sie wird von den Twareg aridal, im Adrar der Iforhas auch erkeni genannt. (17) i-n-tittawin ti ishedjdjernin (i-n-tettwen shaggerhen), wörtl.: "einer der roten Augen", ein Beiname des Löwen (seinen "funkelnden Blick" betont schon der pathetische Euripides). (18) Die in dieser Erzählung erwähnten Kennzeichen entsprechen eher der Streifenhyäne mit ihrer grauen bis gelbgrauen Körperfarbe und einer Mähne mit schwarzen Haarspitzen. Hingegen besitzt die Fleckenhyäne eine weiß-graue bis gelbrote Körperfarbe mit dunkelbraunen bis schwarzbraunen Fle-cken, ein kurzes Fell und eine kurze Mähne. (19) Das Maultier ist eine Kreuzung zwischen einem Eselhengst und einer Pferdestute. Bei dieser Kreuzung werden zwei Tierarten zu einer Verbindung veranlasst, die sie von sich aus nicht eingehen würden (die Pferdestute muss überlistet werden) und deren Nachkommenschaft unfruchtbar ist. Von den Twareg des Ahaggar wird diese Züchtung nicht praktiziert; sie bezeichnen das Maultier mit dem arabischen Lehnwort elberha, die östlichen Iwllem-meden nennen es ajad-(e)bagaw, "Esel-Pferd". Das Maultier hat einen sanfte-ren und gleichmäßigeren Gang als der Esel, was ihm die Gunst der Frauen verschafft und die das weibliche Maultier noch höher als das männliche schät-zen. Die erste systematische Einrichtung der Maultierzucht geht auf das Al-tertum zurück. Der Ionier Anakreon (um 580-nach 495 v.Chr.) erklärt: "Die reißigen Myser haben es erfunden, Esel und Pferd zu vermischen" (Anak., fr. 28MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 35B); Homer gibt als "der wilden Maultier Heimat", das Land der Eneter von Paphlagonien bekannt (Ilias II,852; die Paphlagonen waren Verbündete der Troer von der Nordküste Kleinasiens. Dass Eneter und Myser Nachbarvölker waren, bezeugt der Scholiast zu Homer, Ilias XXIV,278). Man kann sich fra-gen, wieviel Halbeselblut in den damaligen Maultieren gewesen sein mag. Die umgekehrte Kreuzung, also Pferdehengst mit Eselstute, ist der Maulesel; er wird weit weniger gezüchtet, da er im Allgemeinen störrischer und unge-lehriger als das Maultier ist. (20) wörtl. akhkhuten, sg. akhu: Wildtier jeder Art, klein oder groß, z.B. Ameise, Fliege, Spinne, Vogel, Fisch, Schlange, Insekt, Giraffe etc. (F. Dict. II: 947), im Gegensatz zu a) aweqqas: wildlebendes, oft gefährliches Tier, Bestie (kann auch Löwe bedeuten; s. Anmerkung 14); b) taweqqast: wildlebendes, meist nicht gefährliches oder schädliches Tier bzw. Jagdwild (kann auch Lö-win bedeuten); c) Pl. iwerhsan (iwrhsan): Wild, mehrere Stück Jagdwild (koll.) (F. Dict. III: 1529); d) tawiwa (koll.): wilde, für Menschen und Haustiere schäd-liche Tiere, z.B. Löwen, Hyänenhunde, Hyänen, Geparde, Schakale, Fenneks, Adler, Raubvögel, Schlangen, Reptilien, giftige Insekten, Wespen etc. (F. Dict. III: 1511). Es existiert kein Wort für "Haustier, allg.". (21) wörtl. ahularh: ausgewachsener, unkastrierter Ziegenbock; der kast-rierte wird adjur (= kastriertes Individuum, Eunuch), der noch nicht ganz aus-gewachsene Jungbock abuledj, syn. von adawal, genannt. (22) wört. isewwelwilen, sg. asewwelwelen: Brunftlaut des Ziegenbocks; sehhelelli (im Dialekt der Adrar-Twareg): den Brunftlaut von sich geben (Zie-genbock). (23) wörtl. azubara (agengera, bei den Iseqqemaren und in anderen Dialek-ten): Warzenschwein (Phacochoerus aethiopicus). Dieser mittelgroße, plumpe Paarhufer bevorzugt als Lebensraum baum- und straucharme Grasflächen und lichte Savannen, unternimmt aber saisonale Wanderungen, die ihn – vorwie-gend im Winter – nach Norden bis in die Bergregionen des Ayr und des Adrar der Iforhas führen; kud tekkid Adarh, et tenyed akhu wa s itahawal azubara, "wenn du in den Adrar kommst, wirst du ein wildes Tier sehen, welches azubara heißt" (T.T.P. 1984: 204). Das wenig lauffreudige Warzenschwein ist ein geselliger Allesfresser, der den Vor- und Nachmittag mit Weiden, Trinken, Suhlen und Wälzen verbringt und eine Nacht- und Mittagsruhe in einer meist von anderen Spezies (z.B. Erdferkel) gegrabenen Wohnhöhle hält. Die Twareg essen dieses nach muslimischer Tradition unreine Tier nicht, jagen es aber gelegentlich zum Vergnügen mit oder ohne Unterstützung ihrer Hunde. (24) wörtl. terwa: a) Nachkommenschaft, Kinder (von Mensch und Tier, männl. oder weibl.); b) Wurf (von Tieren); c) Niederkunft, Entbindung. ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM29 (25) Unter gewöhnlichen Haltungsbedingungen bringt eine Ziege pro Wurf meist zwei Zicklein zur Welt. Die Tragzeit beträgt etwa 5 Monate, so dass die gleiche Ziege zweimal im Jahr gebären kann. Um stets eine genügend große Milchmenge zur Verfügung zu haben, teilen die Twareg diese Tiere in zwei Herden auf: In der einen werden die Ziegen zu jenem Zeitpunkt gedeckt, der den Wurf ihrer Zicklein in der Sommerregenzeit (Juli bis September) mit ih-ren grünen Weiden (ikasaten) gewährleistet, während die anderen zur Zeit der Winterweide (Jänner bis April) geworfen werden sollen, d.h. nach Reifung der Schoten der besonders wichtigen Baumweidepflanze Acacia raddiana, die eine "gute Weide" bilden. Diese Methode der Deckungsregelung wird sowohl von den Ziegenzüchtern im Ahaggar wie auch im Ayr genutzt. Da jedoch die klimatischen Bedingungen und demzufolge auch die Qualität der Weiden von Jahr zu Jahr wechseln können, kann dieses Deckungssystem nicht immer prak-tiziert werden. Auch können in strengen Dürrezeiten die Ziegen für ein gan-zes Jahr oder sogar länger zu schwach zum Decken sein. Um das ungewollte Decken zum falschen Zeitpunkt zu verhindern, werden den Böcken Penis und Hoden abgebunden. (26) wörtl. araten, sg. ara: Kind, Spross, Abkömmling, kleines Tier (in Verwandtschaftstermini); p.ext. "Frucht (vegetabilisch)" von Bäumen, Sträu-chern, Pflanzen, z.B. Marille, Granatapfel, Dattel, Weintraube, Olive, Kürbis, Tomate, Weizen- oder Gerstenähre (F. Dict. IV: 1649f.). Die Tragzeit beträgt beim Warzenschwein beinahe 6 Monate (170-175 Tage), die Wurfgröße 3-5, höchstens 8. Beim nördlich der Sahara verbreiteten Wildschwein (Sus scrofa) beträgt die Tragzeit fast 4 Monate (112-120 Tage) und die Wurfgröße 3-12. (27) wörtl. abaykor: Hund von schlechter Rasse, Köter, entsprechend den sog. Pariahunden, syn. von abeynus. Die Twareg unterscheiden drei Haupt-typen von Hunden (iyadan, sg. eydi): a) den Langhaarhund (aberhoh), b) den kurzhaarigen Rassehund, Windhund, Slughi (oska) und c) die Kreuzung aus a) und b) (akhami). Nach Meinung der Twareg, "sind Hunde den Menschen sehr ähnlich, mit der Ausnahme, nicht sprechen zu können. Man soll ihnen deshalb wie den Menschen zu essen geben und sie mit Hirsebrei füttern – sogar mit Milch, wenn diese reichlich vorhanden ist." Man gibt ihnen auch Datteln, Fleisch, Knochen und einen Teil der Eingeweide vom erlegten Jagd-wild, oft aber nur Lagerabfälle. Hunde werden gehalten, um das Lager zu bewachen und die Weidetiere vor den Angriffen der Schakale und Hyänen während der Nacht zu schützen. "Andere haben keine Nützlichkeit und sind nur gut im Beißen der Leute" - wiyyod u ten tehe tenfa fo, ar tatten eddunet (T.T.P. 1984: 197). Zur Jagd werden – vor allem bei den nomadisierenden Twareggruppen im Sahelgebiet – die sehr lauffreudigen Windhunde einge- 30MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 setzt. Die Windhunde der Twareg sind aber weit davon entfernt, von so erle-sener Rasse zu sein wie jene der Araber und der Chaamba. Jäger halten sich persönlich einen, zwei oder drei Hunde zur Jagd, selten mehr. Wenn sie los-ziehen, werden die Hunde an der Leine gehalten, die meist aus einem einfa-chen Strick besteht. Ein alter Brauch verlangt, dass ein Jäger das Fleisch in der Schüssel nicht mit einem Löffel umrühren darf, wenn das betreffende Wild mit Hilfe seiner Hunde erlegt wurde; er muss einen Holzstab nehmen. Wie bei den arabischen Saharanomaden gilt der Hund auch bei den Twareg als "unrei-nes" Tier – eine Vorstellung, die wohl auf islamischem Einfluss beruht. Die Dichterin Sidia welt Akhmed von den Irheshshumen (Taytoq) sagt über den von ihr verlassenen arabischen Ehemann (1898): "Ich habe mich von meinem Araber befreit! Soll er in der Tidikelt bleiben und die vor der Reife vertrockneten Datteln* kauen! Er und mein Hund Agennaz** sind gleich"; (F. Poésies, 448: 3-5). * wört. uqqiren, sg. uqqir: unreif vertrocknete Datteln, die nur von Tieren gefressen werden. ** In Foucaulds Liste der Eigennamen folgt nach dem Menschen u.a der Hund (F. 1940: 345-362). In einem Spottgedicht über Terheishat welt Ibdeqqen von den Tedjehe-mellet, die mit einer unerwünschten Liaison gegen den Ehrenkodex versto-ßen hatte, heißt es (um 1880): "... nicht einmal die Köter (ibikar) kümmern sich um sie"; (F. Poésies 568: 4). (28) wörtl. ekahi: Hahn, tekahit: Henne. Viele Twareg bringen ihre Verach-tung gegenüber den Sesshaften durch die Erwähnung der für sie ekelhaften Tatsache zum Ausdruck, dass die Dörfler Hühner und Eier essen. "Die Skla-ven und die schlechten Leute (Gesindel) essen den Schakal, den Fennek, den Gundi, die Springmaus und die Rennmaus, die Wildkatze, die Schmutzgeier, die großen Geier, die Raben und die Tauben, die Flughühner und sonstige Vögel. Diejenigen der (adligen) Twareg, die auf sich halten, essen keine Hüh-ner oder Fische oder irgendwelche Vögel; bloß den Strauß essen sie" (T.T.P. 1984: 53). Nur unter dem Druck einer Hungersituation wird der (adlige) Twareg das Fleisch von gewissen Raubtieren (z.B. Schakal, Hyäne, Fennek), von Vö-geln, vom Esel oder von Katzen verzehren, bloß die Konsummation von Fleisch oder Eiern des Straußes wird unterschiedlich gehandhabt. (29) wörtl. anhel: Strauß (Struthio camelus). Der einst in der Sahara sehr häufig vorkommende Strauß ist heute nur noch in Restbeständen in der östli-chen Ayr-Region und im Nigerbogen sowie in den sudanesischen Steppen vertreten. Über ihn haben mehrere frühe Autoren berichtet, und wir wollen ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM31 hier, wie schon in Anmerkung 13 und 15, den im Jahr 1510 von sizilianischen Korsaren gefangengenommenen, als Sklaven nach Italien gebrachten und am 6. Januar 1520 von Papst Leo X. auf dessen eigenen Namen Johannes Leo getauften "Afrikaner" zu Wort kommen lassen: "Der Strauß ist ein großer, wild lebender Vogel. Er hat beinahe die Gestalt einer Gans, jedoch sehr lange Beine und einen sehr langen Hals. Sein Körper ist dick, und die Federn seiner Flügel sind groß und schwarz-weiß wie die des Storches. Er kann nicht fliegen, bewegt sich aber im Laufen gut vorwärts, indem er mit den Flügeln und dem Schwanz schlägt. Er lebt in öden, wasser-losen Wüsten und legt seine Eier, jeweils 10-12, zusammen in den Sand. Jedes ist so groß wie eine kleine, 15-16pfündige Kanonenkugel, die jungen Strauße legen kleinere. Das Weibchen hat ein so schlechtes Gedächtnis, dass es den Ort, wohin es sie gelegt hat, vergisst, und wenn es dann einen Haufen Eier – es mögen die eigenen oder fremde sein – findet, setzt es sich darauf und brü-tet. Sogleich nachdem die Jungen ausgeschlüpft sind, laufen sie umher und suchen Nahrung. In der Zeit, da sie noch keine Federn haben, laufen sie so schnell, dass man sie nicht einholen kann. Der Strauß ist einfältig und völlig taub. Er frisst alles, was er findet, sogar Eisen. Sein Fleisch stinkt und ist zäh oder schleimig, besonders an den Schenkeln. Dennoch wird es in Numidien gegessen. Dort fängt man junge Strauße und mästet sie. Ich habe selbst in Numidien Straußenfleisch gegessen und es nicht allzu schlecht gefunden. Die Tiere bewegen sich in den Wüsten in Herden. Wer sie aus der Ferne erblickt, hält sie für Reiter, und das verursacht bei den Karawanen oft Unruhe und Furcht." Drei Jahrhunderte später berichtet der junge französische Forscher Henri Duveyrier (1864: 232): "Der Strauß ist sehr selten im Land der Twareg und man jagt selbst die dort verweilenden nicht, da die Bewohner dieser Gegend nicht wie die Araber sein Fett und sein Fleisch verwerten und daher kein ernsthaftes Interesse an seiner Verfolgung haben. Was die durch Felsen zerrissenen Federn betrifft, so haben sie keinen Wert. Im Gegenteil dazu erlangen jene vom Sandgebiet des Erg wegen ihres Erhaltungszustandes große Berühmtheit." Straußenfedern zählten neben Elfenbein und Sklaven zu den wichtigsten Handelsobjekten, die von allen Gebieten der Sahara und des Sudan auf die großen Märkte Nordafrikas gelangten. Der Federnhandel wurde vor allem von den Twareg betrieben, die den Strauß mit Pferden und Kamelen jagten. Da der Strauß als sehr empfindlich gegen die schwüle Hitze der Regenzeit gilt und oft auch die besten Pferde mit seinem schnellen Lauf nicht immer wettei-fern können, war für eine erfolgreiche Jagd nur die Sommersaison günstig. 32MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 Dabei ging es nicht allein um Schnelligkeit, sondern auch um die Ausdauer des Vogels, bis dieser letztlich zusammenbrach und keine Kraft mehr hatte, sich mit seinem Schnabel oder seinen Beinen zu verteidigen. Die Kel-Ahaggar und die Iwllemmeden haben hierzu den Spruch: "Der Strauß sagt: die Sonne zwischen den Wolken ist schlimmer als eine Lanze zwischen den Flügeln." Nach Foucauld "gibt es im Ahaggar keine Strauße mehr; es gab aber noch viele um 1880"; (Dict. III: 1352). Tatsächlich konnte Lt. Guiloh-Lohan im Jahr 1902 während seiner Erkundungstour in der Immidir- und Tefedest-Region noch frische Straußenspuren zwischen Meniet und Tesnu sehen. (30) wörtl. eddunya (ar.): die reale, diesseitige Welt (die Gesamtheit der vergänglichen Wesen); i.d.S. syn. mit eddunet (ar.): Leute. Die jenseitige, über-irdische Welt wird mit dem arabischen Lehnwort Elakhiret bezeichnet. Die Oberfläche der konkreten, irdischen Welt wird azzahir n-amadal, die der un-terirdischen Welt (der Lebensraum der Kel-amadal, "Wesen der Erde/des Bo-dens") eder n-amadal genannt. (31) wörtl. tenere: oft gebrauchte Bezeichnung für eine ausgedehnte Wüsten-ebene ohne Berge oder Dünen, in der sich aber Wasser, Weideplätze und Ge-bäude befinden können; p.ext. "Wüste", d.h. ein steriles Gebiet, in dem die Menschen kaum eine Überlebenschance haben; der gefährliche Bereich des Fremden, Unbekannten, Unbegreiflichen; tenere mellet: die "weiße (tenere-) Wüste", d.h. ein völlig leeres und flaches (Sandwüsten-)Gebiet, dessen Aus-dehnung 2-3, aber auch mehrere 100 km Länge betragen kann. Das Substantiv für eine flache Vollwüste ohne Wasser und Vegetation und ab einer Größe von etwa 100-150 km Ausdehnung ist tanezruft. "In einer tanezruft gehen die Ka-mele bei Tag und sind kniegefesselt bei Nacht; sie weiden nie. Wenn man sich in eine tanezruft begibt, unternimmt man lange Tagesmärsche und lässt sich auf keine Verzögerung ein, um schnellstens Wasser und eine Weide zu errei-chen. Bevor man sich in eine tanezruft begibt, lädt man mit einem Strick ge-bündelte Garben einer Wildgrasart (tullult) auf die Kamele. Jedes trägt so viel es kann, und man gibt ihnen davon in der tanezruft zu fressen" (T.T.P. 1984: 134f.). (32) Fagonia bruguieri, ein stacheliger Strauch (Zygophyllaceae), der trotz seiner Dornen eine gute Futterpflanze für Kamele, Ziegen, Schafe, Gazellen und Rinder bildet. Arabisch heißt die Pflanze telihia mit der GB: "kleine Schirmakazie", eine Anspielung darauf, dass sie ähnlich dornig wie die Acacia raddiana (auch "Stacheldrahtbaum" genannt) sein kann. Ein aus der getrock-neten und pulverisierten Pflanze hergestelltes Präparat wird bei Gelbsucht eingenommen. ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM33 (33) wörtl. aduten, sg. adu: Duft, Geruch; GB: Wind, Lufthauch; auch: Medikament. Der Plural wird besonders für Parfüm, Duftstoff, Wohlgeruch verwendet. (34) tirhes (f.pl.) sg. tarhsit, ist die im Ahaggar gebräuchliche Bezeichnung für den Hyänenhund (Lycaon pictus); das Maskulinum arhsi, syn. von ahensi und adjuleh, wird selten verwendet. Volkstümlich ist dieses Tier als "(Sahara-) Wolf", bei den Arabern als kelb el-khela, "Hund der Einöde", bekannt. Der Hyänenhund (fr.: Le Cynhyène, Le Loup peint) ist ein früher in ganz Afrika (außer in Regenwäldern) vorkommendes Wildtier, dessen Lebensraum die weite Steppe und offene Savanne ist, das aber auch im Gebirge bis über 3000 m anzutreffen ist. Er ist ein im Rudel jagender Hetzjäger, dessen Hauptbeute aus mittelgroßen Paarhufern (Gazellen, Antilopen etc.) besteht, die durch Bis-se gefällt und in Minuten zerrissen werden; fehlt großes Wild, begnügt er sich mit Hasen und Gazellenkitzen. Oft nimmt das Jagdgebiet eines Rudels hunderte, mitunter sogar tausende Quadratkilometer ein, in welchem sie umherschweifen und nur zur Welpenzeit sesshaft sind. Zum Rudelzusammen-halt dient ein weit zu hörendes "ho"-Bellen. Die erste Nachricht über das Vor-kommen dieses Tieres in der Sahara verdanken wir Henri Duveyrier (1864: 230): "Ich gebe den Namen Wolf einer sehr wilden Spezies, die im oberen Tassili und in den Ahaggar-Bergen lebt. Ich habe dieses Tier nicht gesehen, und ich wage nicht zu behaupten, dass es tatsächlich ein Wolf sei; doch durch die mir gegebenen Informationen kann ich es nur mit diesem Tier gleichsetzen. 'Es ähnelt einem großen, wilden Hund', sagen die Twareg, 'und es ist das einzige Fleisch fressende Tier in unserem Land, das die Menschen angreift, ohne selbst zur Verteidigung provoziert worden zu sein'." Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt Maurice Cortier im Adrar der Iforhas folgenden Erlebnisbericht (1908: 362): "Eines Tages ging ich zu einem Brunnen und sah tires (Dialekt der Adrar- Twareg). Sie waren sieben. Ihr Fell ist schwarz und grau gestreift, ihre Größe die eines gewöhnlichen Hundes, ihre Haare sind lang. Der Schwanz ist sehr dicht. Man kann sie nicht mit Hyänen verwechseln, die ich gut kenne und die größer sind. Ihr Haarkleid ist nicht wie das der Hyäne. Die tires fallen den Menschen, den Esel, die Schafe und die Ziegen an; ihre Ohren sind aufgerich-tet, kurz* und rund wie die Ohren vom Kamel." * Tatsächlich sind die Ohren vom Hyänenhund groß, mit angedeuteter Spitze. Interessante Details über die Geselligkeit und Lebensweise der Hyänen-hunde berichtet Henri Lhote aus dem Ahaggar. Die dortigen Twareg erzählten ihm, dass sie diese Tiere immer nur in Rudeln von höchstens 3-5 Individuen 34MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 sahen, was auf die Rarität von jagdbarem Wild in den semiariden Zonen zu-rückzuführen ist. In der Savanne hingegen zeigt diese Spezies eine andere Soziabilität und tritt in Rudeln von 20-30 Tieren auf. (Früher sollen Großrudel mit bis zu 100 Tieren nicht selten gewesen sein.) Da es in der Sahara immer mehr an Gazellen mangelt, sind die Hyänenhunde gezwungen, domestizierte Herden anzufallen, was in den Nomadenlagern beträchtliche Schäden verur-sacht. Die Menschen bemühen sich daher, diesen gefährlichen Feind der Her-dentiere zu töten; (Lhote 1946: 47-49). Derselbe Autor berichtet von einem Ereignis aus dem Jahr 1927: Damals konnten in dem tiefer gelegenen Teil des Atakor (im zentralen Ahaggar) 5 tirhes gesichtet werden. Ihre Anwesenheit wurde bald durch das Verschwinden mehrerer Ziegen bestätigt. Man gab Alarm und einige Twareg versammelten sich, um diese Tiere zu jagen. Sie konnten das Rudel in der Umgebung des Asekrem-Plateaus auffinden und ein Tier mit der Lanze töten; die anderen ergriffen die Flucht. Einige Tage später sah man tirhes wieder in der Nähe von Abalessa in der Region Wa-helledjen, wo eines von ihnen verwundet wurde. Wenige Monate später trafen Mitglieder der Mission Augiéras-Drapper in I-n- Uzzal, nördlich vom Adrar der Iforhas, auf zwei dieser Tiere, die möglicher-weise zum obigen Rudel gehörten und das ganz wenig bewiesene Vorkom-men von Hyänenhunden in der Sahara belegt; (Lhote 1951: 130f.). Dem Namen des Tieres begegnet man in Tal- und Brunnenbenennungen, z.B. im Ahaggar durch den Oued Ti-n-tirhes, der die natürliche Grenze zwi-schen den beiden Regionen Edjere und Turha bildet, und im Adrar der Iforhas durch den Brunnen Ti-n-terhes östlich von Kidal. (35) Emerhey ag Sidi-Mokhammed gehörte zu den adligen Taytoq. (36) Die Tefedest-Region wird von Nord nach Süd von einer Gebirgskette namens Adrar en-Tefedest, "Berg der Tefedest", durchzogen. Diese Gebirgs-kette teilt die Region in zwei Teile: im Westen in eine Tefedest-ta-mellet, "wei-ße Tefedest", und im Osten in eine Tefedest-ta-settefet, "schwarze Tefedest". Die Farben weiß und schwarz beziehen sich auf das jeweilige Bodenkolorit. Der Plural Tifedsin wird verwendet, um "die beiden Tefedest", d.h. die weiße und die schwarze, zu bezeichnen. (37) Den Namen Edjeleh tragen mehrere Berge, deren Kennzeichen eine abgerundete, schwarze, käferähnliche Kuppe ist; edjeleh: Name einer Käfer-art (Mistkäfer, allg.) von etwa 15-30 mm Länge, schwarz und ohne Flügel. (38) wörtl. teffart: Fußstrick (Beinfessel) um die Knöchel der Vorderbeine eines Kamels. Die Nord-Twareg verwenden zu seiner Herstellung häufig den Bast der Dattelpalme; sind Kamele längere Zeit sich selbst überlassen, wer-den Stricke aus Ziegenhaar oder Rindshaut benutzt, da diese nicht so leicht ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM35 reißen. Die Länge des Strickes schwankt zwischen 0,50-1,10 m, so dass das Tier damit nur kleine Schritte machen kann. (39) Ahitarhel ag Mokhammed Biska, geboren 1820, war von 1877 bis zu seinem Tode im Oktober 1900 amenokal des Ahaggar. Er folgte auf seinen Cousin ersten Grades, dem äußerst dynamischen Elkhadj Akhmed, Initiator des Ackerbaus im Ahaggar; s. Anmerkung 8. Ahitarhel führte schon vor sei-ner Amtseinsetzung ein bewegtes Leben und nahm an diversen Rezzous und Kämpfen teil, insbesondere bei den wiederholten Auseinandersetzungen zwi-schen den Kel-Ahaggar und Kel-Ajjer (1874-1878), die letztlich die beiden Großgruppen entzweiten. Nach den Friedensverhandlungen mit Ikhenukhen, dem amenokal der Kel-Ajjer, musste Ahitarhel einem wichtigen Ereignis ins Auge sehen – dem am 16. Februar 1881 von Ahaggar-Twareg verübten Mas-saker an der vom französischen Oberst Flatters geführten Kolonne. Die weni-gen Überlebenden der achtundneunzig Mann zählenden Truppe zogen sich nach Norden zurück, stets verfolgt von Twareg, die jede sich bietende Gele-genheit nutzten, die geschwächten Flüchtlinge weiteren Martyrien auszuset-zen. Die Nachricht von der Vernichtung der Expedition Flatters verursachte in Frankreich große Aufregung, hatte doch der junge Forscher Duveyrier kurz zuvor über die Ritterlichkeit der Twareg berichtet, während das Gemetzel an der Kolonne Flatters ein Negativbild von "unbarmherzigen und gewalttätigen Verrätern" bezeugte. Von Selbstvorwürfen zermartert, wählte Duveyrier am 25. April 1892 den Freitod. Die Hauptorganisatoren des Desasters waren Atisi ag Amellal, Neffe von Ahitarhel (ältester Sohn seiner jüngsten Schwester), und dessen Bruder Anaba ag Shikat, genannt Amellal (= Mendesantilope). Beide zeigten sich gegen jeg-liche fremde Intervention stets wild entschlossen; auch waren sie feindlich gegen ihren mütterlichen Onkel eingestellt und bemüht, die Nachfolge zu pro-vozieren. Ahitarhel, dem die Missetaten seiner Neffen bekannt waren, konnte nichts gegen sie unternehmen, da nach den Regeln der Verwandtschafts-beziehungen der mütterliche Onkel nicht befugt ist, auf die Söhne seiner Schwester Zwang auszuüben oder sich über ihre eventuellen Forderungen zu beklagen. Ahitarhel war daher durch diese Regel in seinen Tätigkeiten und zudem durch die Affäre des Massakers in eine politisch gefährliche Lage ge-raten. Die Twareg warteten mit großer Sorge auf einen Rachezug der Franzo-sen. Doch bei diesen saß der Schock tief und sie zögerten aus Angst vor allfäl-ligen Schwierigkeiten auf internationaler Ebene, war es doch just jener Zeit-punkt, in dem die großen europäischen Mächte den Kontinent Afrika unter sich aufteilten. Die Franzosen entschieden sich, den Haupthandelsweg der Kel- Ahaggar durch die Eroberung der Tidikelt-Region zu unterbrechen; kurz vor 36MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 dem Tod von Ahitarhel wurde der Hauptort In Salah besetzt. Mit der Frage der Nachfolge des verstorbenen amenokal begannen neue Zwistigkeiten. Schließ-lich wurde das Amt zur gleichen Zeit an Atisi ag Amellal und dessen Cousin Mohammed ag Urzig, dem ältesten Sohn der ältesten Schwester von Ahitarhel, übertragen. Tatsächlich war es Abidin, ein einflussreicher Marabut, der eine Spaltung innerhalb der Adligen vermeiden wollte und eine zweiköpfige Herr-schaft kreierte. Ahitarhel war in seinen jungen Jahren nicht nur ein tapferer Krieger, son-dern auch Dichter. Das folgende Gedicht verfasste er 1874 beim "Kampf von Rhat" gegen die Kel-Ajjer: "Oh Tabarhort [welt Akhelekham von den Imenan], der Kampf hat stattgefunden zwischen den Dünen von Ilellewenen und dem Tor von Kalala* bis wir die Kamel-stuten – "die Töchter der Gazelle"** – entführten. Die Feiglinge versteckten sich zwischen den mit Fußfesseln versehenen, im Hintergrund zurückgelassenen Ka-melen. Die Starken unternahmen das Nötige, um zu siegen; sie hielten den Kugeln nur ihre Brust hin". (F. Poésies, 27: 1-6) * Platz in Rhat, wonach ein Tor benannt ist. ** Gemeint ist eine besondere Rasse von Kamelstuten der Urarhen, der wichtigs-ten Adelsgruppe im Ajjer. 1877 verfasste Ahitarhel ein Gedicht über den "Kampf von Udjmiden" ge-gen die Kel-Ajjer. Vorbemerkung: Als sich die Kel-Ahaggar dem Berg Udjmiden näherten, begaben sich alle Kel-Ajjer – Männer, Frauen, Kinder – mit ihren Herden, Zelten und Gütern in den Oued Tarat am Fuße des Udjmiden. Beim Anblick der großen Zahl feindlicher Kamelreiter wurden sie derart entmutigt, dass sie ihre Herden und alles was sie nicht mitnehmen konnten zurückließen und nur mit ihrem kostbarsten Besitz auf die Anhöhe des Udjmiden flüchteten. Sie versperrten hinter sich den Aufstieg mit Felsstücken und verschanzten sich dahinter. Als die Kel-Ahaggar den Weg verschlossen sahen, entschieden sie sich im Oued Tarat und dessen Einmündung in den Oued Tenist zu lagern. Sie blieben dort mehrere Tage und schickten Patrouillen in alle Richtungen, um die Herden und alle beim Rückzug hinterlassenen Güter der Kel-Ajjer aufzu-sammeln. Inzwischen sandte Ahitarhel den Krieger Elrhalem agg Amedjur heimlich aus, um von Tarat einen anderen Weg auf die Anhöhe des Udjmiden auszukundschaften. Es dunkelte bereits, als Elrhalem mit der Nachricht kam, dass es einen solchen Pfad gebe, der zwar sehr schwierig aber begehbar sei. Die Kel-Ahaggar machten sich auf den beschwerlichen Weg und oben ange-langt, stürmten sie in die Reihen der Kel-Ajjer. Sie töteten einige Männer, die restlichen ergriffen die Flucht; nur die Frauen flehten um Erbarmen, das ih-nen Ahitarhel gewährte. ALMOGAREN 48-49/2017-2018MM37 "Als wir den Udjmiden erstiegen hatten, spielte die Flöte.* Die Feiglinge haben sich unterhalb eines kleinen Hügels versteckt, sie haben sich dort auf den Bauch gelegt und waren eingedöst, zurückgehalten von der Furcht des Todes. Ich spreche den jungen Leuten meine Anerkennung aus, die sich dem Feind offen zeigten, sie haben beim Lauf gegen den Feind mit ihren Schildern tehidjalt ge-spielt.** Mein Herz kühlte sich nicht vor dem Nachmittag ab [als der Sieg errungen war]. Ich sprach dann zu Akhenukhen [dem amenokal der Kel-Ajjer]: 'Nähere dich, wenn du es wagst; möge deine Mutter sterben!*** Ich habe mich gerächt, wehe deiner Mutter! Bei Gott, ich werde dich bis in den östlichen Ajjer vertreiben'." (F. Poésies 28: 6-15) * wörtl. tazammart (ar.). Unter den Kel-Ahaggar befand sich ein Araber, der sie mit seinem Spiel anspornte. ** tehidjalt ist eine Art von Tanz der Schwarzen, stets begleitet von Gesang, Hän-deklatschen und der Trommel. Die Twareg spornen sich zum Kampf an, indem sie gutturale Laute ausstoßen und mit den Händen auf ihre Schilde schlagen. *** Einer der diversen Kraftausdrücke (Verwünschungen), die zwar als schlimme Beleidigungen gelten, aber als umgangssprachliche Ausrufe ohne Bedeutung oder Wichtigkeit verstanden werden; analog etwa im Wienerischen "Geh zum Teufel, verrecke!" Abkürzungen: allg. allgemein, im Allgemeinen ar. arabisch d.h. das heißt f. Femininum, weiblich GB Grundbedeutung m. Maskulinum, männlich p.ext. per extensionem (in Erweiterung) pl. Plural s. siehe sg. Singular syn. Synonym wörtl. wörtlich z.B. zum Beispiel Quellenhinweise: Erzählung 1: Lhote 1951: 185 2: Bobo 1953: 44f. 3: G.P.L.M. 1970 4: Masqueray 1896: 167f., no. VI 5 und 6: Blanguernon 1955: 142f. und 140f. 7: Hanoteau 1856: 512-514 und 1860: 133-135, no. II 8: Cortier 1908: 362f. 9: - 10: Hanoteau 1856: 514-516 und 1860: 135-137, no. III 38MMALMOGAREN 48-49/2017-2018 11: Hanoteau 1860: 132, no. I; Masqueray 1896: 168-170, no. VII 12: Foucauld und Calassanti-Motylinski in T.T.P. 1984: 205, no. 114 13: Masqueray 1896: 164f., no. IV 14: Foucauld und Calassanti-Motylinski in T.T.P. 1984: 298, no. 177 15: Hanoteau 1856: 517-519 und 1860: 137-139, no. IV 16: Foucauld und Calassanti-Motylinski in T.T.P. 1984: 212-214, no. 121 17 und 18:Blanguernon 1955: 144f. und 145 Literatur: Blanguernon, Claude (1955): Le Hoggar. Paris: B. Arthaud. Bobo, Marcel (1953): Le lièvre et le chacal. In Bulletin de Liaison Saharienne 4, 14: 44-45. Cortier, Maurice (1908): D'une rive à l'autre du Sahara. Paris: Emile Larose. Duveyrier, Henri (1864): Les Touaregs du Nord. Exploration du Sahara. Paris: Challamel Ainé. Foucauld, le Père Charles de (1925-30): Poésies Touarègues I-II. Ouvrage publié par A. Basset. Paris: Ernest Leroux. Foucauld, le Père Charles de (1940): Dictionnaire abrégé Touareg-Français de noms propres (dialecte de l'Ahaggar). Publié par A. Basset. Paris: Emile Larose. 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