Dr. Niels Krack, Tenerife:
ÜBER EIN BERAUSCHENDES GETRÄNK DER ALT-KANARIER
In Wölfel, MLC, Seite 236 findet sich zu hoya der Verweis: IV§395. Auf
Seite 349 wird zu yoya mit: V§395 falsch verwiesen (Druckfehler), es muß
ebenfalls heißen: IV§395. Zu dem nahezu gleichwertigen mocan, mocanal,
mocanera findet sich auf Seite 258 der Verweis: IV§394.
Die genannten kanarischen Worte beziehen sich auf den Mocan-Baum
und/ oder seine Früchte. Dieser auf den kanarischen Inseln endemische
Fruchtbaum Mocanera canariensis Visnea Linn. (Wölfel, nach Zander korrekt:
Visnea mocanera L.) wird auch von C. Bolle und von H. Christ erwähnt.
Wölfel bleibt „im Zweifel, ob der Baum oder die Frucht so hieß" (mocan,
hoya, yoya). Er nennt dazu u. a. auch noch „miel de una fruta", -
,,fruta", - ,,arbol de monte", - ,,estas frutas", - ,,fruit de mocan".
Der Mocan-Baum bzw. seine Früchte scheinen auf den westlichen kanarischen
Inseln eine große Rolle gespielt zu haben. Auf den östlichen Inseln ist
der Baum nicht bekannt und wird nicht genannt. ,,Zahlreiche Ortsnamen
der Inseln sind davon abgeleitet" sagt Wölfel und zitiert: mocan bei Rosario
und bei Guancha auf T enerife, bei Sta. Brigida auf Gran Canaria und bei Tijarafe
auf La Palma, - mocanes bei Valverde auf El Hierro und bei Valsequillo
auf Gran Canaria, - mocanal bei Sta. Brigida auf Gran Canaria und
im Norden der Insel El Hierro, - sowie mocan auch beiJandfa auf Fuerteventura.
- Verbreiteter sind Flurnamen, die sich von hoya ableiten. Im termino
municipal de Arona/T enerife finden sich allein ' 6 top6nimos mit hoya,
wobei allerdings berücksichtigt werden muß, daß hoya in der spanischen
Sprache auch eine Grube, eine von Bergen eingeschlossene Ebene, ein
Flußbecken, eine Niederung, eine Bodensenke, auch ein Beet oder gar ein
Grab bedeuten kann. Kenntnis der örtlichen Verhältnisse und Besonderheiten
lassen aber meist eine genügende Differenzierung zu.
Bei dem Mocan-Baum handelt es sich nach Zander, der als Autorität gelten
kann, um eine Theacea, die als immergrüner Baum oder Strauch auf den
Kanaren und auf Madeira endemisch ist und im März blüht.
Nach der ausführlichen und von eindrucksvollen Farb-Abbildungen unterstützten
Darstellung von A. Samos trifft man den Mocan-Baum auf den
Inseln Gran Canaria, T enerife, La Gomera, El Hierro und La Palma in den
meernahen Zonen mit 200-500 m Seehöhe an.
El Mocan, el mocanero oder la mocanera ist nach A. Samos einer der
schönsten und interessantesten Bäume der kanarischen Inseln. Entwickelt
sich der mocan zum Baum, dann kann dieser eine beachtliche Höhe und eine
mächtige Krone aufweisen. Die kleinen lorbeerartigen Blätter werden
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3-4 cm lang und 1-2 cm breit, sie geben dem Baum/Busch ein recht kompaktes
Aussehen. Die Blätter sind am Rande leicht gezähnelt. Die zahlreiche
. weißen und wohlduftenden Blüten stehen in den Achseln der Blätter.
Die Früchte haben die Größe von Garbanzos (Kichererbsen) und wechseln
beim Reifen von rötlicher zu dunklerer, ja schwarzer Farbe. Sie sind eßbar,
haben aber einen widrig-süßen Geschmack. Diese Früchte werden sehr gerne
von Raben gefressen.
Diese Mocan-Früchte standen in besonderer Beziehung zum Leben der
Alt-Kanarier (auf Tenerife: Guanchen), die sich nach Diego Cuscoy von ihren
Früchten, die sie yoya nannten (A. Santos), ernährten. Nach A. Santos
haben die Alt-Kanarier aus diesen Früchten ein berauschendes Getränk bereitet.
Dieses angenehme alkoholische Getränk nannten sie chercequen, es
hatte die Eigenschaft, betrunken zu machen. Wölfel kennt dieses Wort
nicht und nennt als ähnlich: chegere mit Verweis zu: V§ 119a und möglichem
Sinn: aldea, fuente, montafia. Hier könnte „fuente" interessant sein.
- Weiter nennt er: cherepin, chererepi, chererepin usw. mit Verweis auf:
V§523, mit ebenfalls einem Hinweis auf „Quelle". Damit könnte eine Verbindung
zu „trinken" gegeben sein.
Von einem Alkohol-Genuß der Alt-Kanarier ist nichts bekannt, er würde
auch kaum zu ihrer bekannten einfachen Lebensweise passen. Könnte dieses
berauschende Getränk chercequen eine kultische Rolle gespielt haben?
Interessant erscheint hierzu, daß der Mocan-Baum mit dem Sadebaum (Sabina)
vergesellschaftet vorkommt; auch die Sabina diente bei allen einfachen
Völkern oft zu kultischen Zwecken. Es darf hier vor allem an den
Fruchtbarkeitskult gedacht werden.
LITERATUR-HINWEISE:
BOLLE, CARL:
Die Canarischen Inseln. Zeitschrift f. Allgem. Erdkunde, Berlin, 1861 und
1862.
CHRIST, H.:
Eine Frühlingsfahrt zu den Canarischen Inseln. Basel-Genf-Lyon, 1886.
DIEGO CUSCOY, L.:
Los Guanches. Publ. Mus. Arq. Tenerife, 1968.
KRACK, N.:
EI termino municipal de Arona. Top6nimos y Lugares (in Vorbereitung).
WÖLFEL, D. J.:
Monurnenta Linguae Canariae. Graz-Austria, 1965.
SANTOS, A.:
Arboles de Canarias. St. Cruz d. T., 1979.
ZANDER-ENCKE-BUCHHEIM-SEYBOLD:
Handwörterbuch der Pflanzennamen. 12. Auflg. Stuttgart, 1927, 1980.
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