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Almogaren XXIII / 1 992 Hallein 1 993 85 - 107 Hans-Joachim Ulbrich Quellen zur Altkanarierforschung: die Pesquisa de Cabitos 1. Der historische Hintergrund "Pesquisa de Cabitos" ist die Kurzbezeichnung für eine amtliche Untersuchung aus den Jahren 1476-1477, die im Auftrag der Katholischen Könige von Spanien, Don Fernando de Arag6n und Dofia Isabel de Castilla, durchgeführt wurde. Für das Verständnis des Lesers ist es zunächst notwendig, die damalige Situation der Kanarischen Inseln und die Umstände, die zu dieser Untersuchung führten, in den wesentlichsten Punkten darzustellen. Die 70er Jahre des 15. Jahrhunderts waren für die Bevölkerung der Kanarischen Inseln eine sehr unsichere,ja gefährliche Zeit. Auf den bereits eroberten Inseln Lanzarote, Fuerteventura, Gomera und EI Hierro hatten sich sogenannte Sefiorios etabliert, deren Feudalherrscher' nach Gutdünken und mit großer Selbstherrlichkeit die Regierungsgeschäfte führten und auch in der Rechtsprechung nicht gerade zimperlich waren. Rechtsgrundsätze des spanischen Mutterlandes sowie steuerliche Vereinbarungen wurden allzuoft mit Füßen getreten. Unter dieser Willkür hatten nicht nur die besiegten Eingeborenen zu leiden - man denke an den Sklavenhandel - sondern auch die Franzosen und die spanischen Landsleute, die sich als Siedler auf den Inseln niedergelassen hatten. Die Eingeborenen der noch nicht eroberten Inseln mußten mit Attacken und Raubfahrten rechnen; insbesondere der Herr von Lanzarote, Diego Garcia de Herrera, verübte mehrere Einfälle auf Gran Canaria und Tenerife. Gerade die Aktionen Diego de Herreras waren es, die den Protest der Untergebenen hervorrief. Seine unnachgiebigen und ungerechtfertigten Steuereintreibungen, seine juristischen Streitereien, seine fortgesetzte Aushebung von Siedlern und getauften Eingeborenen für die Zusammenstellung von Eroberungstruppen sowie die Verluste, die diese Truppen hinnehmen mußten, führten zu einer schwerwiegenden Auflehnung der lanzarotischen Untertanen. Eines Tages im Jahre 1475 versammelte man sich auf den Straßen der Hauptstadt Teguise, rief die Namen der Katholischen Könige aus, die man als alleinige 1Diego Garcia de Herrera und seine Frau Ines Peraza de las Casas waren zu dieser Zeit die Besitzer der eroberten Inseln; die Verwaltung von Lanzarote und Fuerteventura übten sie selbst aus, aufHierro und Gomera waren nahe Verwandte als Gouverneure eingesetzt. 85 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Herren ansah, und schleppte schließlich den amtlichen Notar und Schreiber Juan Ruiz de <;umeheta vor Diego Garcia de Herrera w1d seine Ehefrau Ines Peraza de las Casas, damit er den beiden Inselherren ein Memorandum mit ihren Forderungen verkünde. Diego de Herrera vertröstete auf die Möglichkeit, vor dem König klagen zu können. Der Aufstand eskalierte nun, in dessen Verlauf ein Beamter den Tod fand. Es wurde eine Abordnung zusammengestellt, die dem Königspaar in Madrid die Forderungen der Einwohner in Form einiger Dokumente und schriftlicher Eingaben überbringen soUte. Mitglieder dieser Gruppe waren Juan Mayor, Juan de Armas (= Juan Negrin), Pedro Verde u.a. Auf dem Weg nach Madrid wurde die Abordnung jedoch von Pedro Garcia de Herrera, einem Sohn der Inselherren, abgefangen, ihrer Papiere beraubt und auf ein Landgut seiner Mutter verschleppt (Huevar bei Sevilla). Aus dieser mißlichen Lage wurden sie durch die Aktivitäten eines Juristen namens Anton Rodriguez de Lille befreit, so daß sie schließlich doch noch Gelegenheit bekamen, ihr Anliegen bei Hofe vorzutragen. Bei dieser Anhörung ging es den Katholischen Königen weniger um das Recht der Lanzaroteiios, als vielmehr um die Möglichkeit, die Vorrechte der kanarischen Feudalherren einzuschränken und die Initiative der Conquista mehr auf das Königshaus zu verlagern; darüberhinaus wollte man eine Basis schaffen, von der aus man die portugiesischen Expansionsbestrebungen in Richtung Afrika stören konnte. Königin Isabella stellte die Bürger Lanzarotes unter ihren besonderen Schutz und versprach eine amtliche Untersuchung der Vorwürfe. Dies hielt Ines Peraza de las Casas, die Lanzarote von ihrem Vater geerbt hatte, jedoch nicht davon ab, ihre Schreckensherrschaft fortzusetzten und hart durchzugreifen, um so jeglichen Zweifel an ihrem Besitzanspruch im Keim zu ersticken: Zwölf verdächtige Personen wurden im Castillo de Guanapay (Teguise) eingekerkert, während 6 der lautesten Rädelsführer auf der Miia. Chimida (heute Chimia, s. u.) mit der Garrotte erdrosselt wurden. Ihre Körper warf man in eine nahegelegene Schlucht, die daraufhin den beziehungsreichen Namen Barranco de la Horca erhielt (horca = Galgen). Die angekündigte Untersuchung wurde allerdings erst sehr spät in die Tat umgesetzt: Am 16. November wurde eine Kommission unter Leitung des Esteban Perez de Cabitos ins Leben gerufen, die Dezember 1476 in Sevilla ihre Arbeit, d.h. ihre Verhöre, aufnahm. Diese Zeugenvernehmungen zogen sich bis April 1477 hin. Als Ergebnis der Untersuchung wurden die Besitztümer von Diego Garcia de Herrera und Ines Peraza de las Casas sowie ihre Rechtstitel auf die Eroberung derrestlichen Kanarischen Inseln (Gran Canaria, Tenerife, La Palma) und die daraus zu erwartenden Einkünfte anerkannt. Zwischen den Katholi- 86 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 sehen Königen und den beiden Inselherren wurde nun am 15. Oktober 1477 ein Vertrag geschlossen, der letztere als Sefiores von Lanzarote, Fuerteventura, La Gomera ( das zur Grafschaft erhoben wurde) und EI Hierro bestätigte und ihnen 1 für die Abtretung der Eroberungsrechte an die Krone eine Entschädigung zu-sprach. Von einer Rechtsprechung im Sinne der lanzarotischen Untertanen war natürlich keine Rede mehr. Die Zeugenvernehmung wurde minutiös festgehalten und zusammen mit den vorgelegten Dokumenten von Esteban Perez de Cabitos zu einem Untersuchungsbericht zusammengefaßt. Der authentische Titel des Berichts lautet "lnformaci6n sobre cuyo es el derecho de la isla de Lancarote y conquista de las Canarias, hecha por comisi6n de los Reyes Cath6licos Don Fernando y Dona Isabel"; in unseren Tagen nannte man ihn kurz "Pesquisa de Cabitos" (pesquisa = Untersuchung). Das Original wird heute im Kloster EI Escorial (nördlich von Madrid) aufbewahrt, während eine Kopie in der Bibliothek des Palacio Real (Madrid) existiert. Dem kanarischen Anthropologen und Gründer des Museo Canario in Las Palmas, Don Gregorio Chi! y Naranjo, ist das Verdienst zuzusprechen, den dokumentarischen Teil bereits 1880 in seinem 2. Band der "Estudios hist6ricos, climatol6gicos y patol6gicos de las Islas Canarias" (S. 518-632) veröffentlicht zu haben. Die Zeugenvernehmung erschien erst 1901 als Anhang zu dem Buch "Caräcter de la conquista y colonizaci6n de las Islas Canarias" von Rafael Torres Campos. Beide Publikationen waren schnell vergriffen und in mitteleuropäischen Bibliotheken selten zu finden. Es ist deshalb begrüßenswert, daß der Cabildo Insular de Gran Canaria beide Teile in einem Band 1990 neu herausgegeben hat. Die Transkription inklusive Fußnoten und einer Darstellung des historischen Kontextes besorgte Eduardo Aznar Vallejo (leider ohne Stichwortverzeichnis). Da das mittelalterliche Spanisch des 15. Jhs. beibehalten wurde, ist der Text jedoch nicht ganz einfach zu lesen. Bezeichnend für die damalige Denkweise ist die Unterscheidung zwischen "vesinos e naturales" (spanische Siedler mit vollem Bürgerrecht und Eingeborene) in den Zeugenaussagen, die erkennen läßt, daß man sich trotz der Taufe weiter Teile der Urbevölkerung nicht mit deren uneingeschränkter gesellschaftlicher Gleichstellung anfreunden konnte. Im übrigen wurden die ungetauften Eingeborenen auch "infieles" (Ungläubige), "gente brava" (wilde Leute) und "gentes bärbaras;' (barbarische Völker) genannt. Die Pesquisa de Cabitos enthält nun neben den Informationen über die Eroberung und die Besitzverhältnisse der Kanarischen Inseln auch einige Hinweise auf altkanarische - also vorspanische - Eigennamen, Ortsbezeichnungen und Gebräuche, die den Bericht auch für die Altkanarierforschung interessant ma- 87 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 chen. Diese Elemente aus sprachlicher Sicht zu beleuchten hatte sich zum Teil schon WÖLFEL (l 965) vorgenommen; im vorliegenden Aufsatz soll dies - unter Beifügung einiger neuer Aspekte - fortgesetzt werden. Allerdings wurde das Hauptaugenmerk dabei nicht auf eine tiefschürfende und abschließende linguistische bzw. etymologische Untersuchung gelegt, sondern vielmehr darauf, sprachliche Verwandtschaften unter den Inseln aufzuzeigen sowie historische, ethnologische und geographische Zusammenhänge zu verdeutlichen. Die den zitierten Begriffen oder Sachverhalten beigestellten Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe von 1990. Nicht berücksichtigt ist hier die Akkulturationsphase der kanarischen Eingeborenen während und im Anschluß an die Conquista, wie sie in der Pesquisa de Cabitos - mehr zufällig - immer wieder in Zeugenaussagen zum Ausdruck kommt; etwa im Hinblick auf die Christianisierung, den Handel, den Einsatz als Söldner (bei der Eroberung von Nachbarinseln), den Einsatz als Dolmetscher, die Anpassung an die kastilische Verwaltung, das Verhalten als Sklaven oder die Übernahme von Gerätschaften (z.B. Handkarren). 2. Die Personennamen Neben den vielen spanischen, portugiesischen und französischen Eigennamen werden in der Pesquisa de Cabitos auch Personennamen erwähnt, die altkanarisch klingen. Diese werden hier in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt und untersucht. ADAY (S. 70) Unter den Mitgliedern der lanzarotischen Abordnung zum Königshof in Madrid werden auch Pedro de Aday ( d.Ä. ), Alcalde von Lanzarote, und Juan de Aday genannt, wobei das "de" vermutlich kein spanisches Adelsprädikat sondern eine geographische Herkunft oder eine ehemals altkanarische ClanZugehörigkrit andeutet. Verschiedene Autoren des l 9. Jhs. sahen in "Aday" einen eingeborenen Personennamen. Dies gilt es zu klären. Die Lautfolgen ada(ya), ade oder adey(a) sind im Altkanarischen nicht ungewöhnlich. Ähnlich anklingende Wörter finden wir in den Ortsnamen Alday (Gran Canaria), Adeje (Tenerife), sowie Adeyahamen (La Palma, das heutige Los Sauces). Alle drei Ortschaften haben mit Wasser zu tun: Alday mit einem Tümpel (Charco de Alday), der möglicherweise nur temporär nach heftigen Regenfällen Land bedeckt; Adeje, daß am Barranco del Infiemo liegt, unterhalb des berühmten Wasserfalls; undAdeyahamen, daß soviel wie "(Ort) unterhalb der Wasser" bedeutet. Bei letzterem adeya- mit Parallelen in rifberb. addai = unten, unterhalb (Beni Warain, Beni Tuzin) und in wadday = Ebene, Tiefland 88 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 aus dem berb. Wargla-Dialekt; -amen von panberb. amman = Wasser (h als Hiatustilger). Adeje wird von ALVAREZ DELGADO (1941 : 76, 133) und WÖLFEL (1965 : 763f) nicht mit Wasser in Verbindung gebracht. Schauen wir aber die von dem Portugiesen Gaspar FRUCTUOSO verwendete Version "Acadeixe" einmal näher an. Fructuoso besuchte Tenerife in der 2. Hälfte des 16. Jhs. und hat dort den Ortsnamen - vermutlich in einer ursprünglichen Variante - persönlich gehört. Was er akustisch aufnahm mag /ag-adeze/ gewesen sein. Die Silbe ag- im Zusammenhang mit Wasser finden wir im Tinerfenischen nocheinmal: agu.ere =See. Die Wurzel ag/ak mit der Bedeutungsumgebung Wasser/Fluß ist im mediterranen Bereich und darüberhinaus weit verbreitet: bask. agoai "Strom, Wasserfluß", lat. aqua "Wasser", berb.-ahag. ageru "See, Fluß", berb.-sil}:1 agu.day "See, Reservoir", arab. cäqü/ "hohe See, Strom", akkad. agü "Strömung, Wasserflut", deutsch "Ache" (Bach) um nur einige Beispiele zu nennen2• In -adeixe können wir eine Variante von altkan. adeya = unterhalb (vielleicht auch "herunter/nach unten") sehen; das von Fructuoso verwendete x ist hier als weiches oder stimmloses portugiesisches sch (z bzw. s) zu verstehen. Daß Fructuoso letzteres tatsächlich so gehört hat, wird durch die inselspanischen Schreibweisen von Ade je in jener Zeit (Adege, Adeje, Adexe/Edexe und Ades3) und die damit zusammenhängende mittelalterliche Aussprache bestätigt. Der Buchstabe x hatte damals den Wert /s/ (wie deutsch sch) und die Buchstaben g (vor e/i), j und y den Wert /z/ (wie franz. j in Jean). Dies wandelte sich im modernen Spanisch4 zu/!}/ (deutsch eh wie in lachen). Der englische Händler George GLAS hörte 1761 schon einen Hauchlaut und überliefert Adehe. Es ergäbe sich demnach - als Arbeitshypothese - für Acadeixe die Bedeutung "(wo) Wasser herab (stürzt)", also etwa "Wasserfall" oder "stürzender Bach"; dies würden die örtlichen Gegebenheiten unterstützen. Im Sprachgebrauch kann sich zunächst /agadeza/ und dann /adese/ herausgebildet haben - sprachökonomische Wortverschleifung, die bereits bei den Eingeborenen begann. Im 17. Jh. schließlich war die Wandlung zu /ade!}e/ abgeschlossen. Daß (a)day(a)l(a)dey(a) ein pankanarisches Wort der Eingeborenen war, das mehrfach in Ortsnamen auftaucht, ist offensichtlich: Tamaday aufTenerife, 2Hier könnte eine Urverwandtschaft einer idg. Wurzel und des mediterranen Substrats vorliegen, in Einzelfällen vielleicht auch eine Ausstrahlung des Lateinischen. 3Die Schreibweisen Edexe und Ades stammen aus den Datas (siehe SERRA RAFOLS 1978). 4Der Ortsname Ade je wurde nach der Conquista zum Familiennamen des dortigen Menceys und seiner direkten Nachkommen (mencey = Clanoberhaupt, "König"). Unter den Spaniern wurde es sogar ein Herzogtum (Marquesado de Adeje ab 1666), das allerdings mit der eingeborenen Herrscherfamilie nichts mehr zu tun hatte. 89 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Tigaday (ti-g-aday) aufHierro, ein quasi gleichlautendes Chigaday aufGomera. Auf Gran Canaria finden wir den Ortsnamen Guadaya, auf La Palma ein Guedea. Andere Parallelen von der Ostgruppe des Archipels sind jedoch unsicher. "Adeje" taucht auch als Ortsbezeichnung aufFuerteventura und Gran Canaria auf; dies muß aber nicht unbedingt auf Eingeborene zurückgehen sondern kann auch mit spanischen Siedlern zusammenhängen, die den Namen von dem tinerfenischen Ort ableiteten. ALVAREZ DELGADO (1941 : 77, 133) etymologisiert "Adeje" = "unten (liegender Ort)" ohne die Schreibweise von Fructuoso weiterzuverfolgen. BERTHELOT ( 1978: 158) führt als berberische Parallele und ohne nähere Erläuterung den marokkanischen Stammesnamen Hedejad an. Ade.xamen ist - möglicherweise falsch zugeordnet - auch von Lanzarote und Fuerteventura überliefert (BORY 1804: 56), allerdings mit der Bedeutung "Überschwemmung, Untertauchen" (submersion); hier hat Bory eine Beschreibung von VIERA falsch interpretiert, der wiederum eine Erläuterung von Abreu Galindo unkorrekt wiedergibt (zu den Quellen Borys siehe ALVAREZ DELGADO 1988). ABREU spricht bei der palmesischen Version (adeyahamen) von "debajo del agua", also "unterhalb des Wassers". "Addei" taucht als semitischer Personenname in den antiken Schriften des Flavius Josephus (Contra Apionem) auf. ALVAREZ DELGADO (1956: 412) zitiert ein Dokument von 1505, in dem von einem "natural de las islas" namens Adal oder Adae die Rede ist; möglicherweise handelt es sich um eine zu Aday verwandte Namensform. Hier ist an die Möglichkeit zu denken, daß das "de" in "de Aday" eine Interpretation der Normannen oder Spanier ist als sie erstmals Kontakt mit lanzarotischen Ureinwohnern hatten; ursprünglich könnte eine Abstammung gemeint gewesen sein: etwa" ... [Sohn] des Aday" oder" ... aus dem Aday-Clan", was sich dann zu einem kastilianisierten Familiennamen umbildete. Ein Pedro de Adaya von Gran Canaria wird in einem Dokument von 1502 genannt (WÖLFEL 1965: 655). Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Der Familienname "Aday" kann nach den vorangegangenen Ausfiihrungen sehrwohl altkanarischen Ursprungs sein. Aber es gibt auch Argumente, die dagegen sprechen. Der kanarische Historiker Leopoldo de Ja ROSA OLIVERA (1956: 144) hält einen spanischen Ursprung für wahrscheinlicher und verweist auf einen gleichlautenden galizischen Ortsnamen. WÖLFEL (1965: 655) denkt ähnlich und fiihrtneben den Beispielen der galizischen Provinz Lugo das menorkinische Adaya an. Katalanen von den Balearen hatten ja schon seit 1342 eine besondere Beziehung zu den Kanarischen Inseln. Doch im Hinblick auf "Aday" als mögliche kastilianisierte Form muß auch an einen französischen Ursprung gedacht werden: Pedro de Aday d.Ä. gehörte 90 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 zur Generation, die auf Maciot de Bethencourt folgte; Maciot kam 1405 als Siedler nach Lanzarote und wurde von seinem Onkel5 Jean de Bethencourt, als 1 dieser ca. 1411 die Insel verließ, zum Gouverneur ernannt. Jean de Bethencourt hatte zusammen mit Gadifer de Ja Salle acht Jahre vorher Lanzarote erobert, wobei de Ja Salle offenbar das Hauptverdienst der Conquista zugesprochen werden muß. Wie bekannt verlief die Expedition der beiden nicht harmonisch und artete schließlich in offenen Streit aus; dabei bildeten sich zwei Fraktionen mit Anhängern von Jean de Bethencourth bzw. Gadifer de Ja Salle. Doch diese Zwietracht scheint sich innerhalb weniger Jahre unter den Siedlern aufgelöst zu haben. Unter den Nachkommen von Pedro de Aday d.Ä. findet sich der Vorname "Gadifer" und der angenommene Nachname "Berriel". "Gadifer" deutet auf Gadifer de Ja Salle, "Berriel" auf Jean Je Verrier', der Kaplan von Jean de Bethencourt war und auf Lanzarote blieb, als Bethencourt nach Frankreich zurückkehrte. Auf jeden Fall hatte die Familie Aday enge verwandtschaftliche und freundschaftliche Beziehungen zu den französischen Siedlern; eine Tochter von Pedro de Aday heiratete einen Enkel von Maciot de Bethencourt (siehe genealogische Tafel). Wenn man nun nach Verbindungen zum französischen Mutterland sucht, muß man sowohl in der Normandie suchen, aus der Jean de Bethencourt und viele seiner Anhänger stammten, als auch im Poitou und im Bigorre, zu dem Gadifer de Ja Salle und seine Leute enge Beziehungen hatten 7• In der Normandie finden wir den Familiennamen d'Addee (WILLEMS & LAMANT 1973: 20) und im Bigorre das Dorf Ade unweit des Wallfahrtsortes Lourdes. Ve,wandtschaftliche Beziehungen der lanzarotischen Familie de Aday (15. Jh.) Luisa Guadarfra oo Maciot de Bethencourt ? (Teguise) J lnes Margarita oo Harriet Prudhomme Juan de Aday Pedro de Aday oo Leonor de de Bethencourt 1 (Arriete Perdorno) d.Ä. l d.Ä. 1 Morales 1 1 1 Maciot II. de Bethencourt Miguel Martin Perdorno oo Susana de Aday l Gadifer Perdomo 1 Ana Perdorno Juan de Aday d .J: 1 1 Catalina Berriel lbone de Annas Luis de Aday • auch Juan de Day ! ! ! 50b dieses Verwandtschaftsverhältnis wirklich stimmt ist ungeklärt. 6Berriel ist eine öfters auftauchende Kastilianisierung von Verrier. 7De la Salle stammte aus dem Poitou und war vor und nach seinem kanarischen Abenteuer Seneschall im Bigorre. 91 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Nach wie vor muß also offen bleiben, ob der Familienname Aday altkanarischen oder europäischen Ursprungs ist. Leider liegen auch keine genealogischen Informationen über die Herkunft der Familie Aday vor, die Klärung bringen könnten. CHEMIRA (S. 270/271) Bei Fernando Chemira, der bei seiner Tätigkeit als Dolmetscher aufTenerife ermordet wurde, handelt es sich um einen eingeborenen Gefolgsmann von Diego Garcia de Herrera, Sefior von Lanzarote. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Chemira eine Verschreibung von Chemida oder Chimida, so daß Fernando Chemira sehr gut ein Verwandter des Pedro Chemida sein kann, der Burgvogt des sefiorialen Forts in Gando, Gran Canaria, war und von Lanzarote stammte. Der altkanarische Ursprung dieses Familiennamens ist sicher; bereits WÖLFEL (1965: 656) hat mehrere Parallelen zusammengestellt: Pedro Chemida ( oder Chimida), Francisco Chemida, Ines Chimida und den lanzarotischen Ortsnamen Chimidas/Chemidas (bei San Bartolome). Letzteres führt in die richtige Richtung: In mehreren altkananarischen Inseldialekten existiert time mit der Bedeutung Berg/Klippe/ Abhang. In ULBRICH (1989b: 196) wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, daß auch die Vorsilben chim-/chimi als phonetische Varianten diesem Bedeutungskomplex zurechenbar sind (lt! H lt!). Die bei Teguise (Lanzarote) befindliche Mfi. Chimia deutet auf den alten vorspanischen Ortsnamen Chimida oder Chimidan8 (typisch kanarische Wortverschleifung bei d/n); aufTenerife gibt es ein Chimisay, auf Fuerteventura ebenfalls ein Chimia/Chimida (bei La Oliva). Bei diesen Ortsnamen könnte sehr gut die Komponente "Abhang, felsiger Absturz" im Spiel sein. Eine deutliche berberische Parallele finden wir in timmi/timmiwin "falaise, front de montagne" (Tait., zitiert von WÖLFEL 1965: 597). Wir hätten es demnach mit dem unter kanarischen Ureinwohnern häufig auftretenden Fall zu tun, daß die von den Spaniern eingeführte Sitte eines Familiennamens mit Hilfe von Orts- oder Clannamen realisiert wurde (so gab es auf Tenerife einen Pedro de Taoro und einen Francisco Tacoronte) - soweit man nicht den Familiennamen seiner Herrschaft bzw. seines Arbeitgebers annahm. 3. Die Ortsnamen EQUE (S. 132) Eque wird als "Aldea de Eque" auf Lanzarote erwähnt und dürfte sich im Zentrum der Insel befunden haben. WÖLFEL (1965: 657) bringt das Wort ohne nähere Betrachtung, da er keine Parallelen fand. In den Toponymen Herque/ 92 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Herques/Jerque/Erques/Ergue, die auf Tenerife und Gomera auftauchen, können aber durchaus Parallelen gesehen werden; vielleicht auch in Gerique auf Hierro. WÖLFEL (1965: 875) führt unter anderem das berberische erg= "wärmen, leuchten" und ereg = "entflammt sein" an, sowie das baskische errek-i = "brennbar", was auf sonnenverwöhnten und vulkanischen Inseln durchaus Sinn in einem Ortsnamen ergibt. Möglicherweise ist (a)fa-n-erge (vielleicht wiedererkennbar in [Mfia. de] Faneque, Gran Canaria) = "Berg, welcher brennt", also Vulkan, die Urform vonferge und dieses die Ausgangsform für Herque/Cherque/ Cheque (zum Wandel von fzu h/1) siehe unten FANDIA; das u wurde von den Spaniern eingefügt und ist stumm). Der sprachökonomische Wegfall des r in E(r)que und in den anderen Beispielen ist ohne weiteres möglich - entweder schon bei den Ureinwohnern oder bei den Spaniern. Man kann dies z.B. bei Cherque/Cheque beobachten, Name eines Hügels, der zwischen Candelaria und Güimar liegt (PEREZ PEREZ 1981: 53). Anklingend auch Chijerque (Gomera), Igueque (Tenerife), Mereque (Fuerteventura), Eduegue (Fuerteventura), Eguergure (Tenerife/Datas). Eine ganz andere Erklärung für "Eque" wird uns durch BETHENCOURT ALFONSO ( 1912/1991 : 277) überliefert: eque/feque als für Fuerteventura gebräuchliche Bezeichnung eines Ortes, an dem das Vieh zur Markierung zusammengeführt wird ("el sitio elegido para conducir el ganado en las apafiadas")9 • Hier scheint "eque" eine verstümmelte Form von "feque" zu sein, wobei man geneigt ist, eine lautliche Parallele in efequen zu sehen, ebenfalls ein Begriff von Fuerteventura (und Lanzarote), der eine kultische Stätte meint. Sollte in 8Diese Variante ist aus Akten der Inquisition überliefert (siehe BENITEZ INGLOTI 1945: 73). 9Bei dieser Erklärung für eque!feque bietet es sich zunächst an, an ein Wort mit der Bedeutung "gebrannt/ Brand / Ort des Brennens", also an Brandzeichen, zu denken. Das Markieren von Vieh mittels Einbrennen metallischer Formen ist von den Altkanariem aber nicht überliefert und ist es zum Zeitpwtlct der vermutlich jüngsten Besiedlungsphase der Kanarischen Inseln um Christi Geburt auch nicht von anderen Völkern. Markiert wurde (bzw. wird zum Teil heute noch) auf den Kanarischen Inseln durch Einschneiden der Ohren (Kerbformen siehe LORENZO PERERA 1983: 141 ff). Die Eingeborenen besaßen bei ihrer Entdeckung durch die Europäer keine metallischen Gegenstände; Metallmesser z.B. gehörten bei der angesprochenen Besiedlungsphase jedoch mit Sicherheit zum Kulturinventar, konnten aber mangels verwertbarer Erze (und auch mangels Handel mit dem Festland) nicht erneuert werden. So mußte mit der Zeit aufObsidianmesser ausgewichen werden. Wie erpicht die Eingeborenen auf Metallgeräte waren, zeigt eine Bemerkung im "Canarien", wonach sie gerne wertvolles "Drachenblut" (Harz des Drachenbaums) gegen gebrauchte Eisenwaren eintauschten (1403 bei der ersten Landung Gadifer de Ja Salles auf Gran Canaria). 93 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 beiden Fällen - bei feque und bei efequen - eine Bedeutungskomponente wie "Zusammenkunft" eine Rolle spielen? Ob das palmesische ana,feque, eine in der Caldera de Taburiente vorkommende Wermuthpflanze10 mit brennen oder leuchten zu tun hat, möglicherweise im Sinne von ''jene vom Vulkan" oder "die zum (kultischen) Räuchern" oder "jene, die leuchtet (mit den Blüten)", ist Spekulation. Als Wurzel liegt vielleichtfaka zugrunde (WÖLFEL 1940). Laut ABREU ist der Ortsname Beninarfaca von ana,feque abgeleitet. RÖSSLER (1942: 304) sieht in inaifaca den herb. Plural von ana,feque; benlbeni ist lt. Wölfe) "die Gegend, das Land von, mit". Mit gleicher Endung existiert ein weiterer kanarischer Pflanzenname: bejeque (verschiedene Aeonium-Arten). FAMAGUI (S. l 56) Es wird von den "dos mares de Famagui" gesprochen, wobei es sich bei "mares" um "maretas" handelt - lehmige, mehr oder weniger natürliche Bodensenken, in denen Regenwasser aufgefangen wurde. Daß hier die berühmte, große Mareta von Teguise gemeint war, die heute durch Bautätigkeit verschwunden ist, wäre denkbar. Da es sich um einen Flurnamen von Lanzarote handelt, sei auf die nördlich von Teguise verlaufenden Klippen von "Famara" hingewiesen. Die Silbenfolge fama- gehört ohne Zweifel zum prähispanischen Wortschatz von Lanzarote. Parallelen finden wir möglicherweise in Fernes, ebenfalls Lanzarote, und in Fama auf Tenerife (bei Arona), das WÖLFEL (1965: 827) hier nicht für ein romanische Wort hält ("Fuente de Fama" und nicht "Fuente de Ja Fama"). RIO AYALA (1966: 235 über Famara) sieht in dem anlautenden F bzw. in F als erstem Stammkonsonant eine berberische Wurzel (von herb. afa = Hügel ausgehend), die nur bei Namen von Ortschaften auftritt, die sich auf Bergnasen oder in Aussichtslage befinden - also nicht generell bei Namen erhöht liegender Orte. Ob diese Eingrenzung bzw. Bedeutung bei allen altkanarischen Ortsnamen zutrifft, die F als ersten Stammkonsonant besitzen, sei angezweifelt ange- 10ABREU GALINDO (1602/ 1977: 285) sagte zu anarfeque: "Tambien nacen dentro de esta Caldera, en cierta parte, muchos inciensos, que llamaban anarfeque" . VIERA Y CLA VIJO in seinem Handbuch der kanarischen Naturgeschichte und BERTHELOT (Viera folgend) sehen in "incienso" das inselspanische Wort für Wermuth, wobei WÖLFEL (1965: 582f) zusätzlich die festlandspanische Bedeutung "Weihrauch" bringt und in diesem Zusammenhang an "heiliges Feuer" denkt. AL VAREZ RIXO (1850/1991 : 47) sagt zu anarfeque "inciensos salvajes"; meint er damit wilden Wennuth (der a priori immer wild wächst) oder wild verlaufende Räucherhandlungen? 94 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 sichts der Vielzahl von Beispielen, die WÖLFEL (1965: 826-830) anführt, unter anderem Namen von Quellen. NAVARRO ARTILES (1981 : 13 7) sieht Famagui als Schreibfehler von Famara an; für meine Begriffe ist Famagui lautlich, optisch und auch von der Bedeutung her zu speziell wn als Verschreibung von Famara zu gelten. Die Silbe -gui- mit stimmhaftem u (spanisch dann ü geschrieben) existiert in zahlreichen vorspanischen Ortsnamen auf den verschiedensten Inseln und in unterschiedlichen Wortstellungen: Güime/Goime und Tenegüime auf Lanzarote; Güimar und Güina aufTenerife; Tetegui/fetegu aufFuerteventura; Agüimes und Tasangui auf Gran Canaria; Bentagu(i)me auf Gomera; Bentegüimes auf La Palma; Teneg(u)ime auf Hierro. Die Lautfolgen guimar und guimes gehen offenbar auf zwei verschiedene Wurzeln zurück. WÖLFEL (1965: 762) rekonstruiert z.B. a-(g)wimar oder (g)wi-mar und ara-guimes. Möglicherweise sind gui und guime sprachökonomische Kurzformen von guimar und/oder guimes. Die ebenfalls authentische Schreibweise mit goi-, z.B. in den Datas von Tenerife (Ygoymad, Goymad, Goyrnas) und bei ESPINOSA (Goymar), zeigt die Breite der Aussprache an. Der "Canarien" der Kapläne BOUTIER & LEVERRIER bietet für den Ort auf Gran Canaria zwei Formen, wobei die zweite sicher eine Verschreibung ist: Argouimes / Argomes. In bezug auf das Segment -mara führt WÖLFEL (1940: 281) den palmesischen Personennamen Autinmara an; auch der tinerfenische Ortsname Dartinamara aus den Datas gehört hierher. FANDIA (S. 151, 155) Fandia und Andia sind hier Varianten von Jandia, Name der Halbinsel, die den Süden Fuerteventuras bildet. Ein Manuskript in der Biblioteca Nacional in Madrid (No. 2729/25, zitiert von WÖLFEL 1965: 655) erwähnt den Namen auch für Lanzarote: "dehesa de andia". ALVAREZ DELGADO (1957: 67) zitiert ebenfalls im Zusammenhang mit Lanzarote die Mapa del Instituto Geografico und nennt den Landschaftsnamen "Penas de Andia" 11 • W ölfel sieht in Fandia die ältere Form, wobei das anlautende F ein für die Kanaren nicht unüblicher instabiler Labial sei, der sich zum Hauchlaut wandelte (Schreibweise Handia in alten Dokumenten) 12• Andia ohne anlautenden Konsonant ist mit Sicherheit eine Weglassung. Lautliche Parallelen zu Ortsnamen der anderen Inseln sind nicht zu finden; möglicherweise handelt es sich hier um ein örtlich 11 dehesa = span. Weide; peiias = span. Felsen 12Der Wechsel von f zu h/~/h kann auch bei den "Afaches" (Bergkette im Süden Lanzarotes) beobachtet werden; die Schreibweise mit f hat BERTHELOT (1836/1978: 137) aufgezeichnet, die heutige Schreibweise ist "Ajaches" . 95 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 begrenztes, d.h. auf die beiden äußersten Ostinseln beschränktes altkanarisches Wort. ALVAREZ DELGADO (1957 : 67) erwähnt die Möglichkeit, daß das lanzarotische Andia auf einen baskischen Namen zurückgeht (im Norden Lanzarotes hatten sich offenbar einige baskische Siedler niedergelassen), schränkt dies aber gleichzeitig mit dem Hinweis auf Jandia wieder ein. GUIHAFUSO (S. 132) Diese heute nicht mehr zu lokalisierende Ortschaft auf Lanzarote lag vermutlich wie Eque und das unten beschriebene Tii;alae im Zentrum der Insel (im Dreieck Mancha Blanca - San Bartolome - Tinajo ). Möglicherweise ist es ein Flurname der zu einem Weidegebiet gehörte, daß bei den Vulkanausbrüchen von 1730-1736 zerstört wurde. Zu dem unzweifelhaft altkanarischen Guihafuso lassen sich leider keine kanarischen Parallelen finden. Ob das u in der Silbe gui- ein stummes spanisches u ist oder nicht läßt sich nicht mit Sicherheit nachvollziehen; eine Lautfolge /gi9a .. ./ oder /gwi9a .. ./ ist sonst nicht belegt (zu gui siehe auch bei Famagui). TAGACIAGO (S. 164/165, 195) Die ebenfalls auftauchenden Taraceago und Taciago sind Verschreibungen von Tagai;iago. Dieser altkanarische Ortsname von Lanzarote ist heute nicht mehr im Gebrauch und betrifft ein ehemals sei'ioriales Weidegebiet, das zeitweise im Besitz des Maciot de Bethencourt war und in der Rubic6n-Ebene lag, also im Süden der Insel. Da Maciot de Bethencourt ein großes Landgut südlich von Fernes besaß, wurde Tagai;iago vermutlich von dort bewirtschaftet. Tagai;iago ist keine Schreibvariante von Tiagua ( ebenfalls Lanzarote), wie WÖ LFEL ( 1 940: 283f) meinte. Eine brauchbare Etymologisierung von Tagai;iago läßt sich nicht herbeiführen. Die Silbenfolge taga- ist auch auf anderen Inseln in Ortsnamen belegt: Taganana (Tenerife), Tagasote (Fuerteventura), Tagahiche (Gomera). Ob sie in allen Fällen ein Kompositum oder teilweise auch ein eigenständiges Wort darstellt, scheint nicht zufriedenstellend geklärt zu sein. Der palmesische Pflanzenname Tagasaste ( Chamaecytisus pro/iferus ssp. pa/mensis) ist vermutlich berberischen Ursprungs (mit Affixklammer ta-/-te). Die Tagasaste (auch als Escob6n bekannt) ist heute auf fast allen Inseln mit Unterarten vertreten und bezeichnet einen laubreichen Busch, während das von FOUCAULD genannte "tagsest" eine Grasart des Ahaggar darstellt. Was beide Pflanzen verbindet könnte die Vorliebe der Ziegen sein. Auf Hierro befindet sich der Pflanzenname in einem Bergnamen: Montafia de! Tagasaste (Karte des lnstituto Geografico Nacional 1 :50.000). 96 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 TAO (S. 132) Das hier gemeinte Tao ist heute ein freundliches, blwnengeschrnücktes Dorf , im Zentrum von Lanzarote, nördlich von San Bartolome. Auch aufFuerteventura und Tenerife gibt es ein Tao, so daß wohl von einem pankanarischen Wort gesprochen werden kann. Eine lautliche Parallele finden wir in dem Ortsnamen Taogo/faoga, der nach AGUILAR (1885) bzw. OLIVE (1865) auf Lanzarote im Gemeindegebiet von Haria existiert haben soll. AGUILAR erwähnt noch ein weiteres Taogo auf Gran Canaria. Auf Tenerife existierte unter dem Namen Taoro ein Gebietskönigtum, heute die Ortschaft Los Realejos; ein weiteres Clangebiet ist Daute/Daote (Teno). Ein von NUNEZ DE LA PENA überlieferter Personenname enthält einen Ortsnamen, der durch die Datas bestätigt wird: Tahodioffaodio. Ist Tao eine Kurzform von Tahodio oder Taogo? Eine Etymologisierung von Tao ist nicht möglich. Die span. Bezeichnung "fortaleza" (Festung), die ALVAREZ DELGADO (1942: 8) als Zweitnamen von Tao erwähnt und gleichzeitig dem Ortsnamen als Bedeutung zuordnet ist zu unsicher. Woher hat er das als einziger und warum sollte die Synonymität richtig sein (siehe auch DiAZ ALAYÖN 1988: 43)? TAYGA (S. 132) Mit Tayga ist eine heute verschwundene kleine Ansiedlung nördlich von Mojon (Lanzarote) gemeint. 1776 lebten dort noch 10 Familien (ANONYMUS 1776/1991 : 18). Tayga oder taiga taucht auf den anderen Inseln u.a. in Kombination auf: Bentayga (falls dies die richtige Schreibweise ist), Berg mit altkanarischer Kultstätte (Gran Canaria). SERRA RAFOLS (in WÖLFEL 1965) sieht den Ursprung von Taygaffhayga in Tyayga und Tihaiga, die als prähisp. Ortsnamen in den Landschenkungsurkunden ( datas) von Tenerife öfters auftreten; die kürzere Form wäre dann durch das Zusammenfallen der Vokale entstanden (bei fehlendem Hiatustilger). Tl(:ALAE (S. 132) Dies bezieht sich auf einen Weiler, der unterhalb des alten Vulkans existierte, der heute unter der Schreibweise (Mfia. de) Tizalaya bekannt ist und sich südlich der lanzarotischen Ortschaft La Vegueta befindet. "Tizalaya" finden wir auch in Volcan de Tizalaya, einem Lavafeld13, das bei den Ausbrüchen von 1736 entstand und südlich des alten Vulkanberges bzw. nordwestlich von Masdache liegt. BERTHELOT ( 1836/1978) zieht Teselegt, Dorf in Marokko, heran; Wölfe) ( 1965: 882) zitiert als berberische Parallelen tesa/it "grotte servant 13"volcän" bedeutet im Inselspanisch nicht Vulkan sondern Lavafeld. 97 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 a suspendre des objets" (Segr.) und taslia/tisliwa "fosse autour d'une tente" (Saw. H.). Auf Fuerteventura gibt es nach BETHENCOURT ALFONSO ( 1912J 1991: 365) die Ortsnamen Tisaj6ira/fisaj6ire und Tisajorey. Tisa- ist hier möglicherweise ein eigenständiges Wort. Bei dem von AGUILAR (1875) für Hierro erwähnten Tisamar14 scheint ti- ein Präfix zu sein. TYAGUHA (S. 132) Tyaguha ist eine ältere Form des heute unter Tiagua bekannten Dorfnamens von Lanzarote. Dash scheint entweder einen Hauchlaut anzudeuten, der im 15. Jh. im Kastilischen noch existent war (stimmhaft wie das deutsche h, aber rauher), so daß von /ti-agu}:ia/ ausgegangen werden kann. Oder es ist schlicht eine Verschreibung des lanzarotischen Schreibers lohan Ruys (Juan Ruiz de Curneheta); dann wäre wohl /ti-a-gwa/ richtig. Ti- ist das von Lanzarote und den anderen Inseln sattsam bekannte Praefix. Eine weitere Möglichkeit ist die Schreibung von h für f, was im Kastilischen wie im Inselspanischen des 15. Jhs. Usus war. Agua ist ansonsten eine im Altkanarischen oft gebrauchte Lautf olge, die auf mehreren Inseln in zahlreichen Kombinationen15 auftaucht, darunter viele Ortsnamen. Eine Etymologisierung von Tiagua ist bis jetzt nicht gelungen. Aguja erscheint als Bergname auf der Nachbarinsel Graciosa (Agujas Grandes und Agujas Chicas), wo es aber eindeutig ein spanisches Wort darstellt (''Nadel, Uhrzeiger, Kompaß, Spitze, Hornhecht"). Zusammenfassend kann zu den Ortsnamen gesagt werden, daß sie auf starke sprachliche Verbindungen zwischen den Inseln hinweisen (wie schon DiAZ ALAYÖN 1990: 583 feststellte). Dies läßt sich meines Erachtens nicht nur mit einmaligem Inselspringen der verschiedenen Siedlergruppen erklären, sondern erfordert eine gewisse Tradition der Kommunikation, was die verschiedentlich angezweifelten nautischen Fähigkeiten der Altkanarier doch sehr wahrscheinlich macht. Die aufgezeigten sprachlichen Parallelen des Altkanarischen mit bestimmten berberischen Dialekten können jedoch nicht als direkte ethnische Verwandtschaft verstanden werden. Vielmehr werfen sie zahlreiche Fragen auf; unter 14Bei -samar handelt es sich vermutlich um den von Tenerife bekannten Begriff samara, der einen Ort der religiösen Erziehung oder Initiation bezeichnet. 15Siehe die Beispiele mit anlautendem agua- in WÖLFEL (1965: 158-160), der in -gu-/-ueinen w-ähnlichen Labial sieht und deshalb von a-wa/a-gwa ausgeht. 98 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 anderem: 1 . Wann sind diese Parallelen entstanden; beruhen sie auf antiken oder erst mittelalterlichen Siedlergruppen? Und daran anschließend: Ab wann verfügten marokkanische Berber über ausreichende nautische Kenntnisse und Mittel, um die Kanarischen Inseln zu erreichen? Welche Motivation hatten die eher festlandorientierten Berber für ein überseeisches Auswanderer-Abenteuer mit unsicherem Ausgang? 2. Wie läßt es sich erklären, daß die Parallelen nicht durchgängig einem bestimmten Berberdialekt zugeordnet werden können, sondern mehrere, teils weit auseinanderliegende (inländische) Dialektformen bemüht werden müssen? Ganz abgesehen davon, daß zu vielen altkanarischen Wörtern überhaupt keine Parallele im Libysch-Berberischen zu finden ist. 3. Welche Rolle spielen andere mediterrane Sprachen und das mediterrane Substrat? Ortsnamen aus dem libysch-berberischen Raum können auf vorberberische Populationen zurückgehen, müssen also nicht unbedingt als berberische Parallele gelten. 4. Wie passen die keineswegs geklärten epigraphischen Zeugnisse der Altkanarier (alphabetiforme Felsritzungen und -punzungen) in dieses Bild und inwieweit lassen sich Sprache(n) und Schriften unter einen Hut bringen? Ein Teil dieser Fragen wurde in der kanarischen Fachliteratur bereits behandelt, ohne zu überzeugenden oder endgültigen Ergebnissen zu kommen. Hier besteht noch ein weites Betätigungsfeld für engagierte Forscher. 4. Viehhaltung GUANIRE (S. 151,155) Hier handelt es sich um eine Variante oder Verschreibung von guani/, was die altkanarische Bezeichnung für halbwild gehaltenes Vieh darstellt. Man ließ die Tiere (Ziegen, Schafe) weitgehend unbeaufsichtigt im Freien heranwachsen. Eine Markierung nach Besitzern (gambuesa16) fand erst bei den einjährigen Tieren statt, so daß Jungtiere, die sich an ein bestimmtes markiertes Muttertier hielten, diesem zugerechnet wurden. Unmarkierte erwachsene Tiere wurden wohl als Gemeingut betrachtet und konnten gejagt werden. Auch Raub kam vor, was zu Streitereien unter den Stämmen führte . Der Begriff "guanil" wurde 16Diese altkanarische Bezeichnung scheint sich aufFuerteventura und anderen Inseln auf das entsprechende Gehege übertragen zu haben, so daß "gambuesa" (heute noch) nicht nur für die Tätigkeit sondern auch für den Ort des Markierens gebraucht wird (siehe auch oben eque). 99 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 - wie eine zeitlang die Vorgehensweise selbst - von den spanischen Siedlern übernommen und sowohl substantivisch als auch adjektivisch gebraucht (z.B. "ganado guanil"). In der Pesquisa de Cabitos geht es nun darum, daß ein Dokument vom 18. März 1426 wiedergegeben wird, in dem der Conde de Niebla aussagt, "er habe von Maciot de Bethencourt gehört, daß auf seinen ( des Grafen) Inseln Lanzarote, Fuerteventura und EI Hierro 17 unmarkiertes Vieh aufgezogen werde, was man im dortigen Dialekt guanire nenne". Der Graf überließ seinen Untertanen in diesem Dekret das guanil-Vieh, bei dem offenbar der Nachwuchs einige Jahre nicht korrekt markiert wurde, und verzichtete auch auf entsprechende Steuerleistungen - mit Ausnahme der Herden, die sich auf der Halbinsel Jandia befinden würden, die er dem alten und neuen Gouverneur der Inseln, Maciot de Bethencourt, zuschanzte (S. 151). Diese Gunst (merced) wurde in Folge auch von Diego Garcia de Herrera seinen Untertanen gewährt (S. 155). Gerade auf Fuerteventura scheint die Ziege deutlich den Hauptanteil des Viehs ausgemacht zu haben. Nach BOUTIER & LEVERRIER ( 1405/1980: 68) schätzten die normannischen Eroberer den Ziegenbestand auf Fuerteventura damals schon aufimmerhin 30.000 Tiere, die "ein so reines Fleisch, noch zarter und wohlschmeckender als das von Schafen anderer Gegenden" liefern würden. Kein Wunder, daß Fuerteventura heute die kahlste Insel des Archipels ist. Guani/ läßt sich lautWÖLFEL (l 965: 495) eindeutig aus dem Berberischen ableiten; er zitiert ahulillihu/ilen "animal domestique sau vage" aus demAhaggarWörterbuch von Ch. de Foucauld und kommt so zu wani//wanire für "ungemerktes, verwildertes Kleinvieh". Wölfel sieht guanire anscheinend nicht als · Verschreibung von guani/ an, was E. Aznar Vallejo, der Bearbeiter der Pesquisa de Cabitos aber offenbar tut (Fußnote S. 15 l) und was sehr wahrscheinlich ist. BETHENCOURT ALFONSO (1912/1991: 216) führt wenig überzeugend das arabische al-ghanam (Kleinvieh, Schaf- oder Ziegenherde) als Parallele an. 17Maciot de Bethencourt hatte 1418 in seiner Eigenschaft als Statthalter seines Onkels - nachdem aufgrund seiner Mißwirtschaft und despotischen Regierung der Inseln politischer Druck von der spanischen Krone erfolgte - den eroberten Teil des Archipels an den andalusischen Adligen Enrique de Guzman, Graf von Niebla, verschenkt. Ein weiterer Grund dürfte das Bestreben des spanischen Königs gewesen sein, die de jure noch Jean de Bethencourt gehörenden Inseln nicht in die Hände der Engländer fallen zu lassen, die mit Frankreich gerade im Krieg Jagen und durch die Eroberung der Normandie Lehnsherr des Konquistadors wurden. Maciot schnitt dabei nicht schlecht ab, denn er wurde als Verwalter der Inseln bestätigt. Bereits 1420 jedoch gab Juan II. von Kastilien an einen anderen andalusischen Adligen, Alfonso de las Casas, die Lizenz zur Eroberung der noch nicht kontrollierten Inseln Gran Canaria, Tenerife, Gomera und La Palma. Daraus entwickelten 100 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 5. Geiselpraktiken und Kriegstaktik In der Pesquisa de Cabitos wurde den Zeugen ein Fragenkatalog vorgelegt, den sie der Reihe nach zu beantworten hatten. Der Zeuge Gonzalo Rodriguez, Seemann aus Sevilla, sagt nun aus (S. 270), daß er miterlebt habe, wie Diego de Herrera auf Tenerife 81 eingeborene Sklaven "als Zeichen des Gehorsams" übergeben wurden. Dies scheint keine Forderung des andalusischen Edelmannes gewesen zu sein sondern eine gemeinsame freiwillige Aktion aller tinerfenischen Menceyes (Gebiets-Könige). Der geschichtliche Hintergrund für diesen Vorgang ist die sogenannte "Acta de! [Puerto de!] Bufadero" von 1464, bei der die neun Menceyes von Tenerife einen Vertrag mit Diego de Herrera schlossen, den dieser als Unterwerfung deutete (bzw. formulieren ließ), der aber von den Menceyes - trotz ihrer devoten Handküsse - eher als Bündnis Gleichwertiger verstanden wurde 18• Es sieht also so aus, als ob bei den Guanchen die Bekräftigung eines Vertrages durch Übergabe eines Pfands zur eingeborenen Praxis zählte. Je nach Wichtigkeit des Vertrages konnte solch ein Pfand auch aus menschlichen Geiseln bestehen. Tatsächlich haben wir einen weiteren Hinweis auf solch ein Vorgehen: ln einer Schrift des Schweizer Geistlichen HEMMERLIN ("De nobilitate et rusticitate dialogus", verfaßt ca. 1444) ist ein Bericht enthalten, der eine Fahrt eines aragonesischen Schiffes zu den damals noch nicht kolonisierten Kanarischen Inseln beschreibt (siehe auch ULBRlCH 1989a: 89-92). Die Seeleute freundeten sich mit den Ureinwohnern - in diesem Fall Insulaner von Gran Canaria - an und es scheint sich (1343) eine Art Übereinkommem, vermutlich ein Handelspakt, ergeben zu haben, bei dem die Katalanen zusagten, wiederzukommen. Sicher hatten die Eingeborenen großen Respekt vor den Fremden und versprachen sich interessante neue Dinge und Fertigkeiten durch den Kontakt mit den Seeleuten. Dies hat wahrscheinlich dazu geführt, den Katalanen I 2 oder I 4 Canarios beiderlei Geschlechts als Unterpfand mitzugeben. Obwohl er in vielen Ränken, Wortbrüchen und Gemeinheiten der christlichen Eroberer unterlag, war der kanarische Eingeborene nicht immer der "edle, unverdorbene Wilde", wie es manchmal dargestellt wird. Dies zeigt die Tatsache an, daß es schon vor dem Kontakt mit Europäern Viehdiebstahl, Verrat, sich die Rechte des Hauses Las Casas und schließlich - durch Anheirat - des Hauses Herrera über den ganzen Archipel. 18Wie der weitere Fortgang der Geschichte zeigt, brachte es Diego de Herrera nicht fertig, die hartnäckig widerstehenden Guanchen zu unterwerfen. Dies gelang erst 1496 dem Konquistador Alonso Femändez de Lugo nach blutigen Kämpfen. 101 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Mord, dynastische Streitereien und politisches Machtstreben gab - eben das, was es in anderen Kulturen zu allen Zeiten auch gab. Im Hinblick auf Waffenstillstände oder Friedensschlüsse mit Diego de Herrera sagt der Zeuge Anton de Soria aus, daß "sie solang dauerten, wie die Kanarier ( von Tenerife und Gran Canaria) es wollten" (Pesquisa de Cabitos S. 266). Politisches Kalkül und vorteilsuchende Taktik ohne Rücksicht auf die Geisel waren offenbar zum Wohl der ganzen Insel kein Tabu. Zur nicht gerade zimperlichen Kriegstaktik gehörte auch das Ausräuchern des Feindes, wie das Anzünden eines Nebengebäudes des sefiorialen Forts in Gando (Gran Canaria) zeigt, bei dem 56 Menschen und 6 Pferde ums Leben kamen. Zusätzlich wurden vorher eingefangene Feinde - Spanier und deren eingeborene Verbündete von anderen Inseln - gezwungen, in das Feuer zu springen (Aussage des Juan ifiiguez de Atabe S. 229f). Der Händler Diego de Sevilla (S. 279) berichtet nicht nur von dieser Begebenheit sondern auch davon, das Telde die "größte (eingeborene) Ansiedlung" auf Gran Canaria sei. Dies zeigt eine gewisse urbane Konzentration an, die vermutlich durch die ersten Besuche der Katalanen19 und deren Niederlassung in Telde (Mitte des 14. Jhs.) begünstigt wurde. Davon abgesehen war Telde schon immer Sitz des örtlichen Clanchefs (insgesamt 12 gayres) und später auch Sitz der Könige (guanartemes) bis Gran Canaria 1483 endgültig an den Heerführer Pedro de Vera übergeben wurde. Las Palmas war bereits 1478 gegründet worden und wurde nun alleinige Hauptstadt der spanischen Eroberer. 6. Schlußbetrachtung Die Pesquisa de Cabitos gibt wertvollen Aufschluß nicht nur über den Rechtsstreit zwischen lanzarotischen Bürgern und ihren Feudalherren sondern auch über den Ablauf der Conquista und die ersten Jahrzehnte des Kontaktes zwischen Eroberern und Siedlern auf der einen Seite und Ureinwohnern auf der anderen. Im Hinblick auf die Altkanarierforschung bietet die Pesquisa de Cabitos im wesentlichen linguistisches Material und - zum kleineren Teil - auch Ethnologisches; letzteres hauptsächlich die Akkulturationsphase betreff end. Die Pesquisa de Cabitos reiht sich damit in die Gruppe anderer wichtiger Dokumente und Texte über die Kanarischen Inseln ein, von denen vorallem die folgenden - im Zeitraum vor 1800 - anhand ihrer Verfasser zu nennen sind (in Klammern das Jahr der Manuskriptfertigstellung): - die anonymen Chroniken Matritensis, Lagunensis, Ovetensis ( 16. - 1 7. Jh.) 19Diese Katalanen wurden 1393 bei einem Aufruhr umgebracht. 102 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 - die Schilderungen der Teilnehmer an Entdeckungs- und Handelsfahrten: Niccoloso da Recco (1341), G6mes Eannes de Zurara (1453), Diogo G6mes (1463),Alvise da Cadamosto (ca. 1457), ValentimFemandesAlemäo (1508), Vasco Diaz Tanco de Frexenal (um 1520), Joao de Barros (1552), Thomas Nichols ("The Poor Pilgrim" 1583), George Glas ( 1764) - der Bericht der Kapläne Pierre Boutier und Jean Leverrier der französischen Eroberungsexpedition ("Le Canarien" in der Version Salle ca. 1405) - die spanischen Konquistadoren-Berichte: Pedro G6mez Escudero (Ende 15. Jh.), Antonio de Sedefio (ca. 1507), Pedro Argüello ( ca. 1525), Alonso Jaimez de Sotomayor (Anfang 16. Jh.)20 - die Chroniken der spanischen Könige und ihrer Regierungszeit: Pedro L6pez de Ayala (1406), Alonso de Palencia (15. Jh. ), Andres Berruildez (um 1500), Diego de Valera (Ende 15. Jh.), Antonio de Herrera (16. Jh.), Ger6nimo de Zurita (1610). - die Werke kanarischer Historiker und Dichter: Bartolome Cairasco de Figueroa (1603), Antonio de Viana (1604), Jose de Sosa (1678), Tomas Arias Marin de Cubas (1694), Juan Nufiez de la Pefia (1676 / 1679), Pedro Agustin del Castillo y Ruiz de Vergara (1737), Jose de Viera y Clavijo ( 1763-1766), Luis Melian de Betancor ( 1588) - Werke sonstiger Geschichtsschreiber und Amtspersonen: Francisco L6pez de Gomara (1551), Gaspar Fructuoso (1590), Leonardo Torriani ( 1590), Alonso de Espinosa ( 1591 ), Juan de Abreu Galindo (1602), Francisco L6pez de Ulloa (1646), Diego Ortiz de Zufuga (1677), PseudoUlloa (Anfang 18. Jh.). Diese Texte sind alle in modernen spanischen Ausgaben erschienen und kommentiert. In deutscher Sprache sind bisher lediglich die Werke vonAbreu Galindo (gekürzte Ausgabe von G. Glas), Torriani (Ausgabe von D. Wölfel), Glas, Recco, Cadamosto und Barros veröffentlicht. Es bleibt zu hoffen, daß weitere wichtige Werke einem deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht werden, da sie gerade fiir die Altkanarierforschung interessantes Material enthalten. Terminologische Anmerkung: Die im linguistischen Zusammenhang gebrauchten Adjektive altkanarisch, palmesisch und tinerfenisch beziehen sich auf vorspanische Sprachen bzw. Inseldialekte, während das "Kanarische" das Inselspanisch meint, das hauptsächlich 20Die Texte der vier genannten Autoren liegen uns leider nicht in ihrer Urfassung vor, sondern nur in Abschriften und Überarbeitungen, die nicht früher als Ende des 16. bis Anfang des 17. Jhs. entstanden sind. 103 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 aus kastilischen aber auch portugiesischen, altkanarischen, berberischen, arabischen, andalusischen, indianischen und englischen Elementen besteht. Literaturhinweise: Zur leichteren zeitkontextlichen Beurteilung der Zitate sind bei Arbeiten, die vor 1920 entstanden sind, neben den Erscheinungsjahren der Drucke z.T. auch die Jahreszahlen der Manuskriptfertigstellung erwähnt. Abreu Galindo, Fray Juan (Ms. 1602): Historia de la Conquista de las siete islas de Canarias.- (notas por Alejandro Cioranescu) Goya Ediciones, Sta. Cruz de Tenerife 1977, 368 S. Aguilar, Maximiano (Ms. 1875): Sammlung geographischer Angaben über die Kanarischen Inseln, benützt von G. Chil y Naranjo, J. Bethencourt Alfonso und D.J. Wölfe} (siehe unten) A.lvarez Delgado, Juan (1941): Miscelanea Guanche. I. Benahoare. Ensayosde lingüistica canaria.- Monografias vol. IV/ Instituto de Estudios Canarios, La Laguna, 145 S. A.lvarez Delgado, Juan (1942): Voces deTimanfaya.- Revistade Historia t.VIII/ No.57, La Laguna, 3-13 A.lvarez Delgado, J. 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Calificación | |
Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Quellen zur Altkanarierkunde: die Pesquisa de Cabitos |
Autor principal | Ulbrich, Hans-Joachim |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 23 |
Tipo de documento | Artículo |
Lugar de publicación | Hallein (Austria) |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 1992 |
Páginas | pp. 085-107 |
Materias | Prehistoria ; Islas Canarias ; Arqueología |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 10567756 Bytes |
Texto | Almogaren XXIII / 1 992 Hallein 1 993 85 - 107 Hans-Joachim Ulbrich Quellen zur Altkanarierforschung: die Pesquisa de Cabitos 1. Der historische Hintergrund "Pesquisa de Cabitos" ist die Kurzbezeichnung für eine amtliche Untersuchung aus den Jahren 1476-1477, die im Auftrag der Katholischen Könige von Spanien, Don Fernando de Arag6n und Dofia Isabel de Castilla, durchgeführt wurde. Für das Verständnis des Lesers ist es zunächst notwendig, die damalige Situation der Kanarischen Inseln und die Umstände, die zu dieser Untersuchung führten, in den wesentlichsten Punkten darzustellen. Die 70er Jahre des 15. Jahrhunderts waren für die Bevölkerung der Kanarischen Inseln eine sehr unsichere,ja gefährliche Zeit. Auf den bereits eroberten Inseln Lanzarote, Fuerteventura, Gomera und EI Hierro hatten sich sogenannte Sefiorios etabliert, deren Feudalherrscher' nach Gutdünken und mit großer Selbstherrlichkeit die Regierungsgeschäfte führten und auch in der Rechtsprechung nicht gerade zimperlich waren. Rechtsgrundsätze des spanischen Mutterlandes sowie steuerliche Vereinbarungen wurden allzuoft mit Füßen getreten. Unter dieser Willkür hatten nicht nur die besiegten Eingeborenen zu leiden - man denke an den Sklavenhandel - sondern auch die Franzosen und die spanischen Landsleute, die sich als Siedler auf den Inseln niedergelassen hatten. Die Eingeborenen der noch nicht eroberten Inseln mußten mit Attacken und Raubfahrten rechnen; insbesondere der Herr von Lanzarote, Diego Garcia de Herrera, verübte mehrere Einfälle auf Gran Canaria und Tenerife. Gerade die Aktionen Diego de Herreras waren es, die den Protest der Untergebenen hervorrief. Seine unnachgiebigen und ungerechtfertigten Steuereintreibungen, seine juristischen Streitereien, seine fortgesetzte Aushebung von Siedlern und getauften Eingeborenen für die Zusammenstellung von Eroberungstruppen sowie die Verluste, die diese Truppen hinnehmen mußten, führten zu einer schwerwiegenden Auflehnung der lanzarotischen Untertanen. Eines Tages im Jahre 1475 versammelte man sich auf den Straßen der Hauptstadt Teguise, rief die Namen der Katholischen Könige aus, die man als alleinige 1Diego Garcia de Herrera und seine Frau Ines Peraza de las Casas waren zu dieser Zeit die Besitzer der eroberten Inseln; die Verwaltung von Lanzarote und Fuerteventura übten sie selbst aus, aufHierro und Gomera waren nahe Verwandte als Gouverneure eingesetzt. 85 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Herren ansah, und schleppte schließlich den amtlichen Notar und Schreiber Juan Ruiz de <;umeheta vor Diego Garcia de Herrera w1d seine Ehefrau Ines Peraza de las Casas, damit er den beiden Inselherren ein Memorandum mit ihren Forderungen verkünde. Diego de Herrera vertröstete auf die Möglichkeit, vor dem König klagen zu können. Der Aufstand eskalierte nun, in dessen Verlauf ein Beamter den Tod fand. Es wurde eine Abordnung zusammengestellt, die dem Königspaar in Madrid die Forderungen der Einwohner in Form einiger Dokumente und schriftlicher Eingaben überbringen soUte. Mitglieder dieser Gruppe waren Juan Mayor, Juan de Armas (= Juan Negrin), Pedro Verde u.a. Auf dem Weg nach Madrid wurde die Abordnung jedoch von Pedro Garcia de Herrera, einem Sohn der Inselherren, abgefangen, ihrer Papiere beraubt und auf ein Landgut seiner Mutter verschleppt (Huevar bei Sevilla). Aus dieser mißlichen Lage wurden sie durch die Aktivitäten eines Juristen namens Anton Rodriguez de Lille befreit, so daß sie schließlich doch noch Gelegenheit bekamen, ihr Anliegen bei Hofe vorzutragen. Bei dieser Anhörung ging es den Katholischen Königen weniger um das Recht der Lanzaroteiios, als vielmehr um die Möglichkeit, die Vorrechte der kanarischen Feudalherren einzuschränken und die Initiative der Conquista mehr auf das Königshaus zu verlagern; darüberhinaus wollte man eine Basis schaffen, von der aus man die portugiesischen Expansionsbestrebungen in Richtung Afrika stören konnte. Königin Isabella stellte die Bürger Lanzarotes unter ihren besonderen Schutz und versprach eine amtliche Untersuchung der Vorwürfe. Dies hielt Ines Peraza de las Casas, die Lanzarote von ihrem Vater geerbt hatte, jedoch nicht davon ab, ihre Schreckensherrschaft fortzusetzten und hart durchzugreifen, um so jeglichen Zweifel an ihrem Besitzanspruch im Keim zu ersticken: Zwölf verdächtige Personen wurden im Castillo de Guanapay (Teguise) eingekerkert, während 6 der lautesten Rädelsführer auf der Miia. Chimida (heute Chimia, s. u.) mit der Garrotte erdrosselt wurden. Ihre Körper warf man in eine nahegelegene Schlucht, die daraufhin den beziehungsreichen Namen Barranco de la Horca erhielt (horca = Galgen). Die angekündigte Untersuchung wurde allerdings erst sehr spät in die Tat umgesetzt: Am 16. November wurde eine Kommission unter Leitung des Esteban Perez de Cabitos ins Leben gerufen, die Dezember 1476 in Sevilla ihre Arbeit, d.h. ihre Verhöre, aufnahm. Diese Zeugenvernehmungen zogen sich bis April 1477 hin. Als Ergebnis der Untersuchung wurden die Besitztümer von Diego Garcia de Herrera und Ines Peraza de las Casas sowie ihre Rechtstitel auf die Eroberung derrestlichen Kanarischen Inseln (Gran Canaria, Tenerife, La Palma) und die daraus zu erwartenden Einkünfte anerkannt. Zwischen den Katholi- 86 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 sehen Königen und den beiden Inselherren wurde nun am 15. Oktober 1477 ein Vertrag geschlossen, der letztere als Sefiores von Lanzarote, Fuerteventura, La Gomera ( das zur Grafschaft erhoben wurde) und EI Hierro bestätigte und ihnen 1 für die Abtretung der Eroberungsrechte an die Krone eine Entschädigung zu-sprach. Von einer Rechtsprechung im Sinne der lanzarotischen Untertanen war natürlich keine Rede mehr. Die Zeugenvernehmung wurde minutiös festgehalten und zusammen mit den vorgelegten Dokumenten von Esteban Perez de Cabitos zu einem Untersuchungsbericht zusammengefaßt. Der authentische Titel des Berichts lautet "lnformaci6n sobre cuyo es el derecho de la isla de Lancarote y conquista de las Canarias, hecha por comisi6n de los Reyes Cath6licos Don Fernando y Dona Isabel"; in unseren Tagen nannte man ihn kurz "Pesquisa de Cabitos" (pesquisa = Untersuchung). Das Original wird heute im Kloster EI Escorial (nördlich von Madrid) aufbewahrt, während eine Kopie in der Bibliothek des Palacio Real (Madrid) existiert. Dem kanarischen Anthropologen und Gründer des Museo Canario in Las Palmas, Don Gregorio Chi! y Naranjo, ist das Verdienst zuzusprechen, den dokumentarischen Teil bereits 1880 in seinem 2. Band der "Estudios hist6ricos, climatol6gicos y patol6gicos de las Islas Canarias" (S. 518-632) veröffentlicht zu haben. Die Zeugenvernehmung erschien erst 1901 als Anhang zu dem Buch "Caräcter de la conquista y colonizaci6n de las Islas Canarias" von Rafael Torres Campos. Beide Publikationen waren schnell vergriffen und in mitteleuropäischen Bibliotheken selten zu finden. Es ist deshalb begrüßenswert, daß der Cabildo Insular de Gran Canaria beide Teile in einem Band 1990 neu herausgegeben hat. Die Transkription inklusive Fußnoten und einer Darstellung des historischen Kontextes besorgte Eduardo Aznar Vallejo (leider ohne Stichwortverzeichnis). Da das mittelalterliche Spanisch des 15. Jhs. beibehalten wurde, ist der Text jedoch nicht ganz einfach zu lesen. Bezeichnend für die damalige Denkweise ist die Unterscheidung zwischen "vesinos e naturales" (spanische Siedler mit vollem Bürgerrecht und Eingeborene) in den Zeugenaussagen, die erkennen läßt, daß man sich trotz der Taufe weiter Teile der Urbevölkerung nicht mit deren uneingeschränkter gesellschaftlicher Gleichstellung anfreunden konnte. Im übrigen wurden die ungetauften Eingeborenen auch "infieles" (Ungläubige), "gente brava" (wilde Leute) und "gentes bärbaras;' (barbarische Völker) genannt. Die Pesquisa de Cabitos enthält nun neben den Informationen über die Eroberung und die Besitzverhältnisse der Kanarischen Inseln auch einige Hinweise auf altkanarische - also vorspanische - Eigennamen, Ortsbezeichnungen und Gebräuche, die den Bericht auch für die Altkanarierforschung interessant ma- 87 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 chen. Diese Elemente aus sprachlicher Sicht zu beleuchten hatte sich zum Teil schon WÖLFEL (l 965) vorgenommen; im vorliegenden Aufsatz soll dies - unter Beifügung einiger neuer Aspekte - fortgesetzt werden. Allerdings wurde das Hauptaugenmerk dabei nicht auf eine tiefschürfende und abschließende linguistische bzw. etymologische Untersuchung gelegt, sondern vielmehr darauf, sprachliche Verwandtschaften unter den Inseln aufzuzeigen sowie historische, ethnologische und geographische Zusammenhänge zu verdeutlichen. Die den zitierten Begriffen oder Sachverhalten beigestellten Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe von 1990. Nicht berücksichtigt ist hier die Akkulturationsphase der kanarischen Eingeborenen während und im Anschluß an die Conquista, wie sie in der Pesquisa de Cabitos - mehr zufällig - immer wieder in Zeugenaussagen zum Ausdruck kommt; etwa im Hinblick auf die Christianisierung, den Handel, den Einsatz als Söldner (bei der Eroberung von Nachbarinseln), den Einsatz als Dolmetscher, die Anpassung an die kastilische Verwaltung, das Verhalten als Sklaven oder die Übernahme von Gerätschaften (z.B. Handkarren). 2. Die Personennamen Neben den vielen spanischen, portugiesischen und französischen Eigennamen werden in der Pesquisa de Cabitos auch Personennamen erwähnt, die altkanarisch klingen. Diese werden hier in alphabetischer Reihenfolge vorgestellt und untersucht. ADAY (S. 70) Unter den Mitgliedern der lanzarotischen Abordnung zum Königshof in Madrid werden auch Pedro de Aday ( d.Ä. ), Alcalde von Lanzarote, und Juan de Aday genannt, wobei das "de" vermutlich kein spanisches Adelsprädikat sondern eine geographische Herkunft oder eine ehemals altkanarische ClanZugehörigkrit andeutet. Verschiedene Autoren des l 9. Jhs. sahen in "Aday" einen eingeborenen Personennamen. Dies gilt es zu klären. Die Lautfolgen ada(ya), ade oder adey(a) sind im Altkanarischen nicht ungewöhnlich. Ähnlich anklingende Wörter finden wir in den Ortsnamen Alday (Gran Canaria), Adeje (Tenerife), sowie Adeyahamen (La Palma, das heutige Los Sauces). Alle drei Ortschaften haben mit Wasser zu tun: Alday mit einem Tümpel (Charco de Alday), der möglicherweise nur temporär nach heftigen Regenfällen Land bedeckt; Adeje, daß am Barranco del Infiemo liegt, unterhalb des berühmten Wasserfalls; undAdeyahamen, daß soviel wie "(Ort) unterhalb der Wasser" bedeutet. Bei letzterem adeya- mit Parallelen in rifberb. addai = unten, unterhalb (Beni Warain, Beni Tuzin) und in wadday = Ebene, Tiefland 88 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 aus dem berb. Wargla-Dialekt; -amen von panberb. amman = Wasser (h als Hiatustilger). Adeje wird von ALVAREZ DELGADO (1941 : 76, 133) und WÖLFEL (1965 : 763f) nicht mit Wasser in Verbindung gebracht. Schauen wir aber die von dem Portugiesen Gaspar FRUCTUOSO verwendete Version "Acadeixe" einmal näher an. Fructuoso besuchte Tenerife in der 2. Hälfte des 16. Jhs. und hat dort den Ortsnamen - vermutlich in einer ursprünglichen Variante - persönlich gehört. Was er akustisch aufnahm mag /ag-adeze/ gewesen sein. Die Silbe ag- im Zusammenhang mit Wasser finden wir im Tinerfenischen nocheinmal: agu.ere =See. Die Wurzel ag/ak mit der Bedeutungsumgebung Wasser/Fluß ist im mediterranen Bereich und darüberhinaus weit verbreitet: bask. agoai "Strom, Wasserfluß", lat. aqua "Wasser", berb.-ahag. ageru "See, Fluß", berb.-sil}:1 agu.day "See, Reservoir", arab. cäqü/ "hohe See, Strom", akkad. agü "Strömung, Wasserflut", deutsch "Ache" (Bach) um nur einige Beispiele zu nennen2• In -adeixe können wir eine Variante von altkan. adeya = unterhalb (vielleicht auch "herunter/nach unten") sehen; das von Fructuoso verwendete x ist hier als weiches oder stimmloses portugiesisches sch (z bzw. s) zu verstehen. Daß Fructuoso letzteres tatsächlich so gehört hat, wird durch die inselspanischen Schreibweisen von Ade je in jener Zeit (Adege, Adeje, Adexe/Edexe und Ades3) und die damit zusammenhängende mittelalterliche Aussprache bestätigt. Der Buchstabe x hatte damals den Wert /s/ (wie deutsch sch) und die Buchstaben g (vor e/i), j und y den Wert /z/ (wie franz. j in Jean). Dies wandelte sich im modernen Spanisch4 zu/!}/ (deutsch eh wie in lachen). Der englische Händler George GLAS hörte 1761 schon einen Hauchlaut und überliefert Adehe. Es ergäbe sich demnach - als Arbeitshypothese - für Acadeixe die Bedeutung "(wo) Wasser herab (stürzt)", also etwa "Wasserfall" oder "stürzender Bach"; dies würden die örtlichen Gegebenheiten unterstützen. Im Sprachgebrauch kann sich zunächst /agadeza/ und dann /adese/ herausgebildet haben - sprachökonomische Wortverschleifung, die bereits bei den Eingeborenen begann. Im 17. Jh. schließlich war die Wandlung zu /ade!}e/ abgeschlossen. Daß (a)day(a)l(a)dey(a) ein pankanarisches Wort der Eingeborenen war, das mehrfach in Ortsnamen auftaucht, ist offensichtlich: Tamaday aufTenerife, 2Hier könnte eine Urverwandtschaft einer idg. Wurzel und des mediterranen Substrats vorliegen, in Einzelfällen vielleicht auch eine Ausstrahlung des Lateinischen. 3Die Schreibweisen Edexe und Ades stammen aus den Datas (siehe SERRA RAFOLS 1978). 4Der Ortsname Ade je wurde nach der Conquista zum Familiennamen des dortigen Menceys und seiner direkten Nachkommen (mencey = Clanoberhaupt, "König"). Unter den Spaniern wurde es sogar ein Herzogtum (Marquesado de Adeje ab 1666), das allerdings mit der eingeborenen Herrscherfamilie nichts mehr zu tun hatte. 89 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Tigaday (ti-g-aday) aufHierro, ein quasi gleichlautendes Chigaday aufGomera. Auf Gran Canaria finden wir den Ortsnamen Guadaya, auf La Palma ein Guedea. Andere Parallelen von der Ostgruppe des Archipels sind jedoch unsicher. "Adeje" taucht auch als Ortsbezeichnung aufFuerteventura und Gran Canaria auf; dies muß aber nicht unbedingt auf Eingeborene zurückgehen sondern kann auch mit spanischen Siedlern zusammenhängen, die den Namen von dem tinerfenischen Ort ableiteten. ALVAREZ DELGADO (1941 : 77, 133) etymologisiert "Adeje" = "unten (liegender Ort)" ohne die Schreibweise von Fructuoso weiterzuverfolgen. BERTHELOT ( 1978: 158) führt als berberische Parallele und ohne nähere Erläuterung den marokkanischen Stammesnamen Hedejad an. Ade.xamen ist - möglicherweise falsch zugeordnet - auch von Lanzarote und Fuerteventura überliefert (BORY 1804: 56), allerdings mit der Bedeutung "Überschwemmung, Untertauchen" (submersion); hier hat Bory eine Beschreibung von VIERA falsch interpretiert, der wiederum eine Erläuterung von Abreu Galindo unkorrekt wiedergibt (zu den Quellen Borys siehe ALVAREZ DELGADO 1988). ABREU spricht bei der palmesischen Version (adeyahamen) von "debajo del agua", also "unterhalb des Wassers". "Addei" taucht als semitischer Personenname in den antiken Schriften des Flavius Josephus (Contra Apionem) auf. ALVAREZ DELGADO (1956: 412) zitiert ein Dokument von 1505, in dem von einem "natural de las islas" namens Adal oder Adae die Rede ist; möglicherweise handelt es sich um eine zu Aday verwandte Namensform. Hier ist an die Möglichkeit zu denken, daß das "de" in "de Aday" eine Interpretation der Normannen oder Spanier ist als sie erstmals Kontakt mit lanzarotischen Ureinwohnern hatten; ursprünglich könnte eine Abstammung gemeint gewesen sein: etwa" ... [Sohn] des Aday" oder" ... aus dem Aday-Clan", was sich dann zu einem kastilianisierten Familiennamen umbildete. Ein Pedro de Adaya von Gran Canaria wird in einem Dokument von 1502 genannt (WÖLFEL 1965: 655). Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Der Familienname "Aday" kann nach den vorangegangenen Ausfiihrungen sehrwohl altkanarischen Ursprungs sein. Aber es gibt auch Argumente, die dagegen sprechen. Der kanarische Historiker Leopoldo de Ja ROSA OLIVERA (1956: 144) hält einen spanischen Ursprung für wahrscheinlicher und verweist auf einen gleichlautenden galizischen Ortsnamen. WÖLFEL (1965: 655) denkt ähnlich und fiihrtneben den Beispielen der galizischen Provinz Lugo das menorkinische Adaya an. Katalanen von den Balearen hatten ja schon seit 1342 eine besondere Beziehung zu den Kanarischen Inseln. Doch im Hinblick auf "Aday" als mögliche kastilianisierte Form muß auch an einen französischen Ursprung gedacht werden: Pedro de Aday d.Ä. gehörte 90 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 zur Generation, die auf Maciot de Bethencourt folgte; Maciot kam 1405 als Siedler nach Lanzarote und wurde von seinem Onkel5 Jean de Bethencourt, als 1 dieser ca. 1411 die Insel verließ, zum Gouverneur ernannt. Jean de Bethencourt hatte zusammen mit Gadifer de Ja Salle acht Jahre vorher Lanzarote erobert, wobei de Ja Salle offenbar das Hauptverdienst der Conquista zugesprochen werden muß. Wie bekannt verlief die Expedition der beiden nicht harmonisch und artete schließlich in offenen Streit aus; dabei bildeten sich zwei Fraktionen mit Anhängern von Jean de Bethencourth bzw. Gadifer de Ja Salle. Doch diese Zwietracht scheint sich innerhalb weniger Jahre unter den Siedlern aufgelöst zu haben. Unter den Nachkommen von Pedro de Aday d.Ä. findet sich der Vorname "Gadifer" und der angenommene Nachname "Berriel". "Gadifer" deutet auf Gadifer de Ja Salle, "Berriel" auf Jean Je Verrier', der Kaplan von Jean de Bethencourt war und auf Lanzarote blieb, als Bethencourt nach Frankreich zurückkehrte. Auf jeden Fall hatte die Familie Aday enge verwandtschaftliche und freundschaftliche Beziehungen zu den französischen Siedlern; eine Tochter von Pedro de Aday heiratete einen Enkel von Maciot de Bethencourt (siehe genealogische Tafel). Wenn man nun nach Verbindungen zum französischen Mutterland sucht, muß man sowohl in der Normandie suchen, aus der Jean de Bethencourt und viele seiner Anhänger stammten, als auch im Poitou und im Bigorre, zu dem Gadifer de Ja Salle und seine Leute enge Beziehungen hatten 7• In der Normandie finden wir den Familiennamen d'Addee (WILLEMS & LAMANT 1973: 20) und im Bigorre das Dorf Ade unweit des Wallfahrtsortes Lourdes. Ve,wandtschaftliche Beziehungen der lanzarotischen Familie de Aday (15. Jh.) Luisa Guadarfra oo Maciot de Bethencourt ? (Teguise) J lnes Margarita oo Harriet Prudhomme Juan de Aday Pedro de Aday oo Leonor de de Bethencourt 1 (Arriete Perdorno) d.Ä. l d.Ä. 1 Morales 1 1 1 Maciot II. de Bethencourt Miguel Martin Perdorno oo Susana de Aday l Gadifer Perdomo 1 Ana Perdorno Juan de Aday d .J: 1 1 Catalina Berriel lbone de Annas Luis de Aday • auch Juan de Day ! ! ! 50b dieses Verwandtschaftsverhältnis wirklich stimmt ist ungeklärt. 6Berriel ist eine öfters auftauchende Kastilianisierung von Verrier. 7De la Salle stammte aus dem Poitou und war vor und nach seinem kanarischen Abenteuer Seneschall im Bigorre. 91 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Nach wie vor muß also offen bleiben, ob der Familienname Aday altkanarischen oder europäischen Ursprungs ist. Leider liegen auch keine genealogischen Informationen über die Herkunft der Familie Aday vor, die Klärung bringen könnten. CHEMIRA (S. 270/271) Bei Fernando Chemira, der bei seiner Tätigkeit als Dolmetscher aufTenerife ermordet wurde, handelt es sich um einen eingeborenen Gefolgsmann von Diego Garcia de Herrera, Sefior von Lanzarote. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Chemira eine Verschreibung von Chemida oder Chimida, so daß Fernando Chemira sehr gut ein Verwandter des Pedro Chemida sein kann, der Burgvogt des sefiorialen Forts in Gando, Gran Canaria, war und von Lanzarote stammte. Der altkanarische Ursprung dieses Familiennamens ist sicher; bereits WÖLFEL (1965: 656) hat mehrere Parallelen zusammengestellt: Pedro Chemida ( oder Chimida), Francisco Chemida, Ines Chimida und den lanzarotischen Ortsnamen Chimidas/Chemidas (bei San Bartolome). Letzteres führt in die richtige Richtung: In mehreren altkananarischen Inseldialekten existiert time mit der Bedeutung Berg/Klippe/ Abhang. In ULBRICH (1989b: 196) wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, daß auch die Vorsilben chim-/chimi als phonetische Varianten diesem Bedeutungskomplex zurechenbar sind (lt! H lt!). Die bei Teguise (Lanzarote) befindliche Mfi. Chimia deutet auf den alten vorspanischen Ortsnamen Chimida oder Chimidan8 (typisch kanarische Wortverschleifung bei d/n); aufTenerife gibt es ein Chimisay, auf Fuerteventura ebenfalls ein Chimia/Chimida (bei La Oliva). Bei diesen Ortsnamen könnte sehr gut die Komponente "Abhang, felsiger Absturz" im Spiel sein. Eine deutliche berberische Parallele finden wir in timmi/timmiwin "falaise, front de montagne" (Tait., zitiert von WÖLFEL 1965: 597). Wir hätten es demnach mit dem unter kanarischen Ureinwohnern häufig auftretenden Fall zu tun, daß die von den Spaniern eingeführte Sitte eines Familiennamens mit Hilfe von Orts- oder Clannamen realisiert wurde (so gab es auf Tenerife einen Pedro de Taoro und einen Francisco Tacoronte) - soweit man nicht den Familiennamen seiner Herrschaft bzw. seines Arbeitgebers annahm. 3. Die Ortsnamen EQUE (S. 132) Eque wird als "Aldea de Eque" auf Lanzarote erwähnt und dürfte sich im Zentrum der Insel befunden haben. WÖLFEL (1965: 657) bringt das Wort ohne nähere Betrachtung, da er keine Parallelen fand. In den Toponymen Herque/ 92 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Herques/Jerque/Erques/Ergue, die auf Tenerife und Gomera auftauchen, können aber durchaus Parallelen gesehen werden; vielleicht auch in Gerique auf Hierro. WÖLFEL (1965: 875) führt unter anderem das berberische erg= "wärmen, leuchten" und ereg = "entflammt sein" an, sowie das baskische errek-i = "brennbar", was auf sonnenverwöhnten und vulkanischen Inseln durchaus Sinn in einem Ortsnamen ergibt. Möglicherweise ist (a)fa-n-erge (vielleicht wiedererkennbar in [Mfia. de] Faneque, Gran Canaria) = "Berg, welcher brennt", also Vulkan, die Urform vonferge und dieses die Ausgangsform für Herque/Cherque/ Cheque (zum Wandel von fzu h/1) siehe unten FANDIA; das u wurde von den Spaniern eingefügt und ist stumm). Der sprachökonomische Wegfall des r in E(r)que und in den anderen Beispielen ist ohne weiteres möglich - entweder schon bei den Ureinwohnern oder bei den Spaniern. Man kann dies z.B. bei Cherque/Cheque beobachten, Name eines Hügels, der zwischen Candelaria und Güimar liegt (PEREZ PEREZ 1981: 53). Anklingend auch Chijerque (Gomera), Igueque (Tenerife), Mereque (Fuerteventura), Eduegue (Fuerteventura), Eguergure (Tenerife/Datas). Eine ganz andere Erklärung für "Eque" wird uns durch BETHENCOURT ALFONSO ( 1912/1991 : 277) überliefert: eque/feque als für Fuerteventura gebräuchliche Bezeichnung eines Ortes, an dem das Vieh zur Markierung zusammengeführt wird ("el sitio elegido para conducir el ganado en las apafiadas")9 • Hier scheint "eque" eine verstümmelte Form von "feque" zu sein, wobei man geneigt ist, eine lautliche Parallele in efequen zu sehen, ebenfalls ein Begriff von Fuerteventura (und Lanzarote), der eine kultische Stätte meint. Sollte in 8Diese Variante ist aus Akten der Inquisition überliefert (siehe BENITEZ INGLOTI 1945: 73). 9Bei dieser Erklärung für eque!feque bietet es sich zunächst an, an ein Wort mit der Bedeutung "gebrannt/ Brand / Ort des Brennens", also an Brandzeichen, zu denken. Das Markieren von Vieh mittels Einbrennen metallischer Formen ist von den Altkanariem aber nicht überliefert und ist es zum Zeitpwtlct der vermutlich jüngsten Besiedlungsphase der Kanarischen Inseln um Christi Geburt auch nicht von anderen Völkern. Markiert wurde (bzw. wird zum Teil heute noch) auf den Kanarischen Inseln durch Einschneiden der Ohren (Kerbformen siehe LORENZO PERERA 1983: 141 ff). Die Eingeborenen besaßen bei ihrer Entdeckung durch die Europäer keine metallischen Gegenstände; Metallmesser z.B. gehörten bei der angesprochenen Besiedlungsphase jedoch mit Sicherheit zum Kulturinventar, konnten aber mangels verwertbarer Erze (und auch mangels Handel mit dem Festland) nicht erneuert werden. So mußte mit der Zeit aufObsidianmesser ausgewichen werden. Wie erpicht die Eingeborenen auf Metallgeräte waren, zeigt eine Bemerkung im "Canarien", wonach sie gerne wertvolles "Drachenblut" (Harz des Drachenbaums) gegen gebrauchte Eisenwaren eintauschten (1403 bei der ersten Landung Gadifer de Ja Salles auf Gran Canaria). 93 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 beiden Fällen - bei feque und bei efequen - eine Bedeutungskomponente wie "Zusammenkunft" eine Rolle spielen? Ob das palmesische ana,feque, eine in der Caldera de Taburiente vorkommende Wermuthpflanze10 mit brennen oder leuchten zu tun hat, möglicherweise im Sinne von ''jene vom Vulkan" oder "die zum (kultischen) Räuchern" oder "jene, die leuchtet (mit den Blüten)", ist Spekulation. Als Wurzel liegt vielleichtfaka zugrunde (WÖLFEL 1940). Laut ABREU ist der Ortsname Beninarfaca von ana,feque abgeleitet. RÖSSLER (1942: 304) sieht in inaifaca den herb. Plural von ana,feque; benlbeni ist lt. Wölfe) "die Gegend, das Land von, mit". Mit gleicher Endung existiert ein weiterer kanarischer Pflanzenname: bejeque (verschiedene Aeonium-Arten). FAMAGUI (S. l 56) Es wird von den "dos mares de Famagui" gesprochen, wobei es sich bei "mares" um "maretas" handelt - lehmige, mehr oder weniger natürliche Bodensenken, in denen Regenwasser aufgefangen wurde. Daß hier die berühmte, große Mareta von Teguise gemeint war, die heute durch Bautätigkeit verschwunden ist, wäre denkbar. Da es sich um einen Flurnamen von Lanzarote handelt, sei auf die nördlich von Teguise verlaufenden Klippen von "Famara" hingewiesen. Die Silbenfolge fama- gehört ohne Zweifel zum prähispanischen Wortschatz von Lanzarote. Parallelen finden wir möglicherweise in Fernes, ebenfalls Lanzarote, und in Fama auf Tenerife (bei Arona), das WÖLFEL (1965: 827) hier nicht für ein romanische Wort hält ("Fuente de Fama" und nicht "Fuente de Ja Fama"). RIO AYALA (1966: 235 über Famara) sieht in dem anlautenden F bzw. in F als erstem Stammkonsonant eine berberische Wurzel (von herb. afa = Hügel ausgehend), die nur bei Namen von Ortschaften auftritt, die sich auf Bergnasen oder in Aussichtslage befinden - also nicht generell bei Namen erhöht liegender Orte. Ob diese Eingrenzung bzw. Bedeutung bei allen altkanarischen Ortsnamen zutrifft, die F als ersten Stammkonsonant besitzen, sei angezweifelt ange- 10ABREU GALINDO (1602/ 1977: 285) sagte zu anarfeque: "Tambien nacen dentro de esta Caldera, en cierta parte, muchos inciensos, que llamaban anarfeque" . VIERA Y CLA VIJO in seinem Handbuch der kanarischen Naturgeschichte und BERTHELOT (Viera folgend) sehen in "incienso" das inselspanische Wort für Wermuth, wobei WÖLFEL (1965: 582f) zusätzlich die festlandspanische Bedeutung "Weihrauch" bringt und in diesem Zusammenhang an "heiliges Feuer" denkt. AL VAREZ RIXO (1850/1991 : 47) sagt zu anarfeque "inciensos salvajes"; meint er damit wilden Wennuth (der a priori immer wild wächst) oder wild verlaufende Räucherhandlungen? 94 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 sichts der Vielzahl von Beispielen, die WÖLFEL (1965: 826-830) anführt, unter anderem Namen von Quellen. NAVARRO ARTILES (1981 : 13 7) sieht Famagui als Schreibfehler von Famara an; für meine Begriffe ist Famagui lautlich, optisch und auch von der Bedeutung her zu speziell wn als Verschreibung von Famara zu gelten. Die Silbe -gui- mit stimmhaftem u (spanisch dann ü geschrieben) existiert in zahlreichen vorspanischen Ortsnamen auf den verschiedensten Inseln und in unterschiedlichen Wortstellungen: Güime/Goime und Tenegüime auf Lanzarote; Güimar und Güina aufTenerife; Tetegui/fetegu aufFuerteventura; Agüimes und Tasangui auf Gran Canaria; Bentagu(i)me auf Gomera; Bentegüimes auf La Palma; Teneg(u)ime auf Hierro. Die Lautfolgen guimar und guimes gehen offenbar auf zwei verschiedene Wurzeln zurück. WÖLFEL (1965: 762) rekonstruiert z.B. a-(g)wimar oder (g)wi-mar und ara-guimes. Möglicherweise sind gui und guime sprachökonomische Kurzformen von guimar und/oder guimes. Die ebenfalls authentische Schreibweise mit goi-, z.B. in den Datas von Tenerife (Ygoymad, Goymad, Goyrnas) und bei ESPINOSA (Goymar), zeigt die Breite der Aussprache an. Der "Canarien" der Kapläne BOUTIER & LEVERRIER bietet für den Ort auf Gran Canaria zwei Formen, wobei die zweite sicher eine Verschreibung ist: Argouimes / Argomes. In bezug auf das Segment -mara führt WÖLFEL (1940: 281) den palmesischen Personennamen Autinmara an; auch der tinerfenische Ortsname Dartinamara aus den Datas gehört hierher. FANDIA (S. 151, 155) Fandia und Andia sind hier Varianten von Jandia, Name der Halbinsel, die den Süden Fuerteventuras bildet. Ein Manuskript in der Biblioteca Nacional in Madrid (No. 2729/25, zitiert von WÖLFEL 1965: 655) erwähnt den Namen auch für Lanzarote: "dehesa de andia". ALVAREZ DELGADO (1957: 67) zitiert ebenfalls im Zusammenhang mit Lanzarote die Mapa del Instituto Geografico und nennt den Landschaftsnamen "Penas de Andia" 11 • W ölfel sieht in Fandia die ältere Form, wobei das anlautende F ein für die Kanaren nicht unüblicher instabiler Labial sei, der sich zum Hauchlaut wandelte (Schreibweise Handia in alten Dokumenten) 12• Andia ohne anlautenden Konsonant ist mit Sicherheit eine Weglassung. Lautliche Parallelen zu Ortsnamen der anderen Inseln sind nicht zu finden; möglicherweise handelt es sich hier um ein örtlich 11 dehesa = span. Weide; peiias = span. Felsen 12Der Wechsel von f zu h/~/h kann auch bei den "Afaches" (Bergkette im Süden Lanzarotes) beobachtet werden; die Schreibweise mit f hat BERTHELOT (1836/1978: 137) aufgezeichnet, die heutige Schreibweise ist "Ajaches" . 95 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 begrenztes, d.h. auf die beiden äußersten Ostinseln beschränktes altkanarisches Wort. ALVAREZ DELGADO (1957 : 67) erwähnt die Möglichkeit, daß das lanzarotische Andia auf einen baskischen Namen zurückgeht (im Norden Lanzarotes hatten sich offenbar einige baskische Siedler niedergelassen), schränkt dies aber gleichzeitig mit dem Hinweis auf Jandia wieder ein. GUIHAFUSO (S. 132) Diese heute nicht mehr zu lokalisierende Ortschaft auf Lanzarote lag vermutlich wie Eque und das unten beschriebene Tii;alae im Zentrum der Insel (im Dreieck Mancha Blanca - San Bartolome - Tinajo ). Möglicherweise ist es ein Flurname der zu einem Weidegebiet gehörte, daß bei den Vulkanausbrüchen von 1730-1736 zerstört wurde. Zu dem unzweifelhaft altkanarischen Guihafuso lassen sich leider keine kanarischen Parallelen finden. Ob das u in der Silbe gui- ein stummes spanisches u ist oder nicht läßt sich nicht mit Sicherheit nachvollziehen; eine Lautfolge /gi9a .. ./ oder /gwi9a .. ./ ist sonst nicht belegt (zu gui siehe auch bei Famagui). TAGACIAGO (S. 164/165, 195) Die ebenfalls auftauchenden Taraceago und Taciago sind Verschreibungen von Tagai;iago. Dieser altkanarische Ortsname von Lanzarote ist heute nicht mehr im Gebrauch und betrifft ein ehemals sei'ioriales Weidegebiet, das zeitweise im Besitz des Maciot de Bethencourt war und in der Rubic6n-Ebene lag, also im Süden der Insel. Da Maciot de Bethencourt ein großes Landgut südlich von Fernes besaß, wurde Tagai;iago vermutlich von dort bewirtschaftet. Tagai;iago ist keine Schreibvariante von Tiagua ( ebenfalls Lanzarote), wie WÖ LFEL ( 1 940: 283f) meinte. Eine brauchbare Etymologisierung von Tagai;iago läßt sich nicht herbeiführen. Die Silbenfolge taga- ist auch auf anderen Inseln in Ortsnamen belegt: Taganana (Tenerife), Tagasote (Fuerteventura), Tagahiche (Gomera). Ob sie in allen Fällen ein Kompositum oder teilweise auch ein eigenständiges Wort darstellt, scheint nicht zufriedenstellend geklärt zu sein. Der palmesische Pflanzenname Tagasaste ( Chamaecytisus pro/iferus ssp. pa/mensis) ist vermutlich berberischen Ursprungs (mit Affixklammer ta-/-te). Die Tagasaste (auch als Escob6n bekannt) ist heute auf fast allen Inseln mit Unterarten vertreten und bezeichnet einen laubreichen Busch, während das von FOUCAULD genannte "tagsest" eine Grasart des Ahaggar darstellt. Was beide Pflanzen verbindet könnte die Vorliebe der Ziegen sein. Auf Hierro befindet sich der Pflanzenname in einem Bergnamen: Montafia de! Tagasaste (Karte des lnstituto Geografico Nacional 1 :50.000). 96 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 TAO (S. 132) Das hier gemeinte Tao ist heute ein freundliches, blwnengeschrnücktes Dorf , im Zentrum von Lanzarote, nördlich von San Bartolome. Auch aufFuerteventura und Tenerife gibt es ein Tao, so daß wohl von einem pankanarischen Wort gesprochen werden kann. Eine lautliche Parallele finden wir in dem Ortsnamen Taogo/faoga, der nach AGUILAR (1885) bzw. OLIVE (1865) auf Lanzarote im Gemeindegebiet von Haria existiert haben soll. AGUILAR erwähnt noch ein weiteres Taogo auf Gran Canaria. Auf Tenerife existierte unter dem Namen Taoro ein Gebietskönigtum, heute die Ortschaft Los Realejos; ein weiteres Clangebiet ist Daute/Daote (Teno). Ein von NUNEZ DE LA PENA überlieferter Personenname enthält einen Ortsnamen, der durch die Datas bestätigt wird: Tahodioffaodio. Ist Tao eine Kurzform von Tahodio oder Taogo? Eine Etymologisierung von Tao ist nicht möglich. Die span. Bezeichnung "fortaleza" (Festung), die ALVAREZ DELGADO (1942: 8) als Zweitnamen von Tao erwähnt und gleichzeitig dem Ortsnamen als Bedeutung zuordnet ist zu unsicher. Woher hat er das als einziger und warum sollte die Synonymität richtig sein (siehe auch DiAZ ALAYÖN 1988: 43)? TAYGA (S. 132) Mit Tayga ist eine heute verschwundene kleine Ansiedlung nördlich von Mojon (Lanzarote) gemeint. 1776 lebten dort noch 10 Familien (ANONYMUS 1776/1991 : 18). Tayga oder taiga taucht auf den anderen Inseln u.a. in Kombination auf: Bentayga (falls dies die richtige Schreibweise ist), Berg mit altkanarischer Kultstätte (Gran Canaria). SERRA RAFOLS (in WÖLFEL 1965) sieht den Ursprung von Taygaffhayga in Tyayga und Tihaiga, die als prähisp. Ortsnamen in den Landschenkungsurkunden ( datas) von Tenerife öfters auftreten; die kürzere Form wäre dann durch das Zusammenfallen der Vokale entstanden (bei fehlendem Hiatustilger). Tl(:ALAE (S. 132) Dies bezieht sich auf einen Weiler, der unterhalb des alten Vulkans existierte, der heute unter der Schreibweise (Mfia. de) Tizalaya bekannt ist und sich südlich der lanzarotischen Ortschaft La Vegueta befindet. "Tizalaya" finden wir auch in Volcan de Tizalaya, einem Lavafeld13, das bei den Ausbrüchen von 1736 entstand und südlich des alten Vulkanberges bzw. nordwestlich von Masdache liegt. BERTHELOT ( 1836/1978) zieht Teselegt, Dorf in Marokko, heran; Wölfe) ( 1965: 882) zitiert als berberische Parallelen tesa/it "grotte servant 13"volcän" bedeutet im Inselspanisch nicht Vulkan sondern Lavafeld. 97 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 a suspendre des objets" (Segr.) und taslia/tisliwa "fosse autour d'une tente" (Saw. H.). Auf Fuerteventura gibt es nach BETHENCOURT ALFONSO ( 1912J 1991: 365) die Ortsnamen Tisaj6ira/fisaj6ire und Tisajorey. Tisa- ist hier möglicherweise ein eigenständiges Wort. Bei dem von AGUILAR (1875) für Hierro erwähnten Tisamar14 scheint ti- ein Präfix zu sein. TYAGUHA (S. 132) Tyaguha ist eine ältere Form des heute unter Tiagua bekannten Dorfnamens von Lanzarote. Dash scheint entweder einen Hauchlaut anzudeuten, der im 15. Jh. im Kastilischen noch existent war (stimmhaft wie das deutsche h, aber rauher), so daß von /ti-agu}:ia/ ausgegangen werden kann. Oder es ist schlicht eine Verschreibung des lanzarotischen Schreibers lohan Ruys (Juan Ruiz de Curneheta); dann wäre wohl /ti-a-gwa/ richtig. Ti- ist das von Lanzarote und den anderen Inseln sattsam bekannte Praefix. Eine weitere Möglichkeit ist die Schreibung von h für f, was im Kastilischen wie im Inselspanischen des 15. Jhs. Usus war. Agua ist ansonsten eine im Altkanarischen oft gebrauchte Lautf olge, die auf mehreren Inseln in zahlreichen Kombinationen15 auftaucht, darunter viele Ortsnamen. Eine Etymologisierung von Tiagua ist bis jetzt nicht gelungen. Aguja erscheint als Bergname auf der Nachbarinsel Graciosa (Agujas Grandes und Agujas Chicas), wo es aber eindeutig ein spanisches Wort darstellt (''Nadel, Uhrzeiger, Kompaß, Spitze, Hornhecht"). Zusammenfassend kann zu den Ortsnamen gesagt werden, daß sie auf starke sprachliche Verbindungen zwischen den Inseln hinweisen (wie schon DiAZ ALAYÖN 1990: 583 feststellte). Dies läßt sich meines Erachtens nicht nur mit einmaligem Inselspringen der verschiedenen Siedlergruppen erklären, sondern erfordert eine gewisse Tradition der Kommunikation, was die verschiedentlich angezweifelten nautischen Fähigkeiten der Altkanarier doch sehr wahrscheinlich macht. Die aufgezeigten sprachlichen Parallelen des Altkanarischen mit bestimmten berberischen Dialekten können jedoch nicht als direkte ethnische Verwandtschaft verstanden werden. Vielmehr werfen sie zahlreiche Fragen auf; unter 14Bei -samar handelt es sich vermutlich um den von Tenerife bekannten Begriff samara, der einen Ort der religiösen Erziehung oder Initiation bezeichnet. 15Siehe die Beispiele mit anlautendem agua- in WÖLFEL (1965: 158-160), der in -gu-/-ueinen w-ähnlichen Labial sieht und deshalb von a-wa/a-gwa ausgeht. 98 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 anderem: 1 . Wann sind diese Parallelen entstanden; beruhen sie auf antiken oder erst mittelalterlichen Siedlergruppen? Und daran anschließend: Ab wann verfügten marokkanische Berber über ausreichende nautische Kenntnisse und Mittel, um die Kanarischen Inseln zu erreichen? Welche Motivation hatten die eher festlandorientierten Berber für ein überseeisches Auswanderer-Abenteuer mit unsicherem Ausgang? 2. Wie läßt es sich erklären, daß die Parallelen nicht durchgängig einem bestimmten Berberdialekt zugeordnet werden können, sondern mehrere, teils weit auseinanderliegende (inländische) Dialektformen bemüht werden müssen? Ganz abgesehen davon, daß zu vielen altkanarischen Wörtern überhaupt keine Parallele im Libysch-Berberischen zu finden ist. 3. Welche Rolle spielen andere mediterrane Sprachen und das mediterrane Substrat? Ortsnamen aus dem libysch-berberischen Raum können auf vorberberische Populationen zurückgehen, müssen also nicht unbedingt als berberische Parallele gelten. 4. Wie passen die keineswegs geklärten epigraphischen Zeugnisse der Altkanarier (alphabetiforme Felsritzungen und -punzungen) in dieses Bild und inwieweit lassen sich Sprache(n) und Schriften unter einen Hut bringen? Ein Teil dieser Fragen wurde in der kanarischen Fachliteratur bereits behandelt, ohne zu überzeugenden oder endgültigen Ergebnissen zu kommen. Hier besteht noch ein weites Betätigungsfeld für engagierte Forscher. 4. Viehhaltung GUANIRE (S. 151,155) Hier handelt es sich um eine Variante oder Verschreibung von guani/, was die altkanarische Bezeichnung für halbwild gehaltenes Vieh darstellt. Man ließ die Tiere (Ziegen, Schafe) weitgehend unbeaufsichtigt im Freien heranwachsen. Eine Markierung nach Besitzern (gambuesa16) fand erst bei den einjährigen Tieren statt, so daß Jungtiere, die sich an ein bestimmtes markiertes Muttertier hielten, diesem zugerechnet wurden. Unmarkierte erwachsene Tiere wurden wohl als Gemeingut betrachtet und konnten gejagt werden. Auch Raub kam vor, was zu Streitereien unter den Stämmen führte . Der Begriff "guanil" wurde 16Diese altkanarische Bezeichnung scheint sich aufFuerteventura und anderen Inseln auf das entsprechende Gehege übertragen zu haben, so daß "gambuesa" (heute noch) nicht nur für die Tätigkeit sondern auch für den Ort des Markierens gebraucht wird (siehe auch oben eque). 99 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 - wie eine zeitlang die Vorgehensweise selbst - von den spanischen Siedlern übernommen und sowohl substantivisch als auch adjektivisch gebraucht (z.B. "ganado guanil"). In der Pesquisa de Cabitos geht es nun darum, daß ein Dokument vom 18. März 1426 wiedergegeben wird, in dem der Conde de Niebla aussagt, "er habe von Maciot de Bethencourt gehört, daß auf seinen ( des Grafen) Inseln Lanzarote, Fuerteventura und EI Hierro 17 unmarkiertes Vieh aufgezogen werde, was man im dortigen Dialekt guanire nenne". Der Graf überließ seinen Untertanen in diesem Dekret das guanil-Vieh, bei dem offenbar der Nachwuchs einige Jahre nicht korrekt markiert wurde, und verzichtete auch auf entsprechende Steuerleistungen - mit Ausnahme der Herden, die sich auf der Halbinsel Jandia befinden würden, die er dem alten und neuen Gouverneur der Inseln, Maciot de Bethencourt, zuschanzte (S. 151). Diese Gunst (merced) wurde in Folge auch von Diego Garcia de Herrera seinen Untertanen gewährt (S. 155). Gerade auf Fuerteventura scheint die Ziege deutlich den Hauptanteil des Viehs ausgemacht zu haben. Nach BOUTIER & LEVERRIER ( 1405/1980: 68) schätzten die normannischen Eroberer den Ziegenbestand auf Fuerteventura damals schon aufimmerhin 30.000 Tiere, die "ein so reines Fleisch, noch zarter und wohlschmeckender als das von Schafen anderer Gegenden" liefern würden. Kein Wunder, daß Fuerteventura heute die kahlste Insel des Archipels ist. Guani/ läßt sich lautWÖLFEL (l 965: 495) eindeutig aus dem Berberischen ableiten; er zitiert ahulillihu/ilen "animal domestique sau vage" aus demAhaggarWörterbuch von Ch. de Foucauld und kommt so zu wani//wanire für "ungemerktes, verwildertes Kleinvieh". Wölfel sieht guanire anscheinend nicht als · Verschreibung von guani/ an, was E. Aznar Vallejo, der Bearbeiter der Pesquisa de Cabitos aber offenbar tut (Fußnote S. 15 l) und was sehr wahrscheinlich ist. BETHENCOURT ALFONSO (1912/1991: 216) führt wenig überzeugend das arabische al-ghanam (Kleinvieh, Schaf- oder Ziegenherde) als Parallele an. 17Maciot de Bethencourt hatte 1418 in seiner Eigenschaft als Statthalter seines Onkels - nachdem aufgrund seiner Mißwirtschaft und despotischen Regierung der Inseln politischer Druck von der spanischen Krone erfolgte - den eroberten Teil des Archipels an den andalusischen Adligen Enrique de Guzman, Graf von Niebla, verschenkt. Ein weiterer Grund dürfte das Bestreben des spanischen Königs gewesen sein, die de jure noch Jean de Bethencourt gehörenden Inseln nicht in die Hände der Engländer fallen zu lassen, die mit Frankreich gerade im Krieg Jagen und durch die Eroberung der Normandie Lehnsherr des Konquistadors wurden. Maciot schnitt dabei nicht schlecht ab, denn er wurde als Verwalter der Inseln bestätigt. Bereits 1420 jedoch gab Juan II. von Kastilien an einen anderen andalusischen Adligen, Alfonso de las Casas, die Lizenz zur Eroberung der noch nicht kontrollierten Inseln Gran Canaria, Tenerife, Gomera und La Palma. Daraus entwickelten 100 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 5. Geiselpraktiken und Kriegstaktik In der Pesquisa de Cabitos wurde den Zeugen ein Fragenkatalog vorgelegt, den sie der Reihe nach zu beantworten hatten. Der Zeuge Gonzalo Rodriguez, Seemann aus Sevilla, sagt nun aus (S. 270), daß er miterlebt habe, wie Diego de Herrera auf Tenerife 81 eingeborene Sklaven "als Zeichen des Gehorsams" übergeben wurden. Dies scheint keine Forderung des andalusischen Edelmannes gewesen zu sein sondern eine gemeinsame freiwillige Aktion aller tinerfenischen Menceyes (Gebiets-Könige). Der geschichtliche Hintergrund für diesen Vorgang ist die sogenannte "Acta de! [Puerto de!] Bufadero" von 1464, bei der die neun Menceyes von Tenerife einen Vertrag mit Diego de Herrera schlossen, den dieser als Unterwerfung deutete (bzw. formulieren ließ), der aber von den Menceyes - trotz ihrer devoten Handküsse - eher als Bündnis Gleichwertiger verstanden wurde 18• Es sieht also so aus, als ob bei den Guanchen die Bekräftigung eines Vertrages durch Übergabe eines Pfands zur eingeborenen Praxis zählte. Je nach Wichtigkeit des Vertrages konnte solch ein Pfand auch aus menschlichen Geiseln bestehen. Tatsächlich haben wir einen weiteren Hinweis auf solch ein Vorgehen: ln einer Schrift des Schweizer Geistlichen HEMMERLIN ("De nobilitate et rusticitate dialogus", verfaßt ca. 1444) ist ein Bericht enthalten, der eine Fahrt eines aragonesischen Schiffes zu den damals noch nicht kolonisierten Kanarischen Inseln beschreibt (siehe auch ULBRlCH 1989a: 89-92). Die Seeleute freundeten sich mit den Ureinwohnern - in diesem Fall Insulaner von Gran Canaria - an und es scheint sich (1343) eine Art Übereinkommem, vermutlich ein Handelspakt, ergeben zu haben, bei dem die Katalanen zusagten, wiederzukommen. Sicher hatten die Eingeborenen großen Respekt vor den Fremden und versprachen sich interessante neue Dinge und Fertigkeiten durch den Kontakt mit den Seeleuten. Dies hat wahrscheinlich dazu geführt, den Katalanen I 2 oder I 4 Canarios beiderlei Geschlechts als Unterpfand mitzugeben. Obwohl er in vielen Ränken, Wortbrüchen und Gemeinheiten der christlichen Eroberer unterlag, war der kanarische Eingeborene nicht immer der "edle, unverdorbene Wilde", wie es manchmal dargestellt wird. Dies zeigt die Tatsache an, daß es schon vor dem Kontakt mit Europäern Viehdiebstahl, Verrat, sich die Rechte des Hauses Las Casas und schließlich - durch Anheirat - des Hauses Herrera über den ganzen Archipel. 18Wie der weitere Fortgang der Geschichte zeigt, brachte es Diego de Herrera nicht fertig, die hartnäckig widerstehenden Guanchen zu unterwerfen. Dies gelang erst 1496 dem Konquistador Alonso Femändez de Lugo nach blutigen Kämpfen. 101 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 Mord, dynastische Streitereien und politisches Machtstreben gab - eben das, was es in anderen Kulturen zu allen Zeiten auch gab. Im Hinblick auf Waffenstillstände oder Friedensschlüsse mit Diego de Herrera sagt der Zeuge Anton de Soria aus, daß "sie solang dauerten, wie die Kanarier ( von Tenerife und Gran Canaria) es wollten" (Pesquisa de Cabitos S. 266). Politisches Kalkül und vorteilsuchende Taktik ohne Rücksicht auf die Geisel waren offenbar zum Wohl der ganzen Insel kein Tabu. Zur nicht gerade zimperlichen Kriegstaktik gehörte auch das Ausräuchern des Feindes, wie das Anzünden eines Nebengebäudes des sefiorialen Forts in Gando (Gran Canaria) zeigt, bei dem 56 Menschen und 6 Pferde ums Leben kamen. Zusätzlich wurden vorher eingefangene Feinde - Spanier und deren eingeborene Verbündete von anderen Inseln - gezwungen, in das Feuer zu springen (Aussage des Juan ifiiguez de Atabe S. 229f). Der Händler Diego de Sevilla (S. 279) berichtet nicht nur von dieser Begebenheit sondern auch davon, das Telde die "größte (eingeborene) Ansiedlung" auf Gran Canaria sei. Dies zeigt eine gewisse urbane Konzentration an, die vermutlich durch die ersten Besuche der Katalanen19 und deren Niederlassung in Telde (Mitte des 14. Jhs.) begünstigt wurde. Davon abgesehen war Telde schon immer Sitz des örtlichen Clanchefs (insgesamt 12 gayres) und später auch Sitz der Könige (guanartemes) bis Gran Canaria 1483 endgültig an den Heerführer Pedro de Vera übergeben wurde. Las Palmas war bereits 1478 gegründet worden und wurde nun alleinige Hauptstadt der spanischen Eroberer. 6. Schlußbetrachtung Die Pesquisa de Cabitos gibt wertvollen Aufschluß nicht nur über den Rechtsstreit zwischen lanzarotischen Bürgern und ihren Feudalherren sondern auch über den Ablauf der Conquista und die ersten Jahrzehnte des Kontaktes zwischen Eroberern und Siedlern auf der einen Seite und Ureinwohnern auf der anderen. Im Hinblick auf die Altkanarierforschung bietet die Pesquisa de Cabitos im wesentlichen linguistisches Material und - zum kleineren Teil - auch Ethnologisches; letzteres hauptsächlich die Akkulturationsphase betreff end. Die Pesquisa de Cabitos reiht sich damit in die Gruppe anderer wichtiger Dokumente und Texte über die Kanarischen Inseln ein, von denen vorallem die folgenden - im Zeitraum vor 1800 - anhand ihrer Verfasser zu nennen sind (in Klammern das Jahr der Manuskriptfertigstellung): - die anonymen Chroniken Matritensis, Lagunensis, Ovetensis ( 16. - 1 7. Jh.) 19Diese Katalanen wurden 1393 bei einem Aufruhr umgebracht. 102 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 - die Schilderungen der Teilnehmer an Entdeckungs- und Handelsfahrten: Niccoloso da Recco (1341), G6mes Eannes de Zurara (1453), Diogo G6mes (1463),Alvise da Cadamosto (ca. 1457), ValentimFemandesAlemäo (1508), Vasco Diaz Tanco de Frexenal (um 1520), Joao de Barros (1552), Thomas Nichols ("The Poor Pilgrim" 1583), George Glas ( 1764) - der Bericht der Kapläne Pierre Boutier und Jean Leverrier der französischen Eroberungsexpedition ("Le Canarien" in der Version Salle ca. 1405) - die spanischen Konquistadoren-Berichte: Pedro G6mez Escudero (Ende 15. Jh.), Antonio de Sedefio (ca. 1507), Pedro Argüello ( ca. 1525), Alonso Jaimez de Sotomayor (Anfang 16. Jh.)20 - die Chroniken der spanischen Könige und ihrer Regierungszeit: Pedro L6pez de Ayala (1406), Alonso de Palencia (15. Jh. ), Andres Berruildez (um 1500), Diego de Valera (Ende 15. Jh.), Antonio de Herrera (16. Jh.), Ger6nimo de Zurita (1610). - die Werke kanarischer Historiker und Dichter: Bartolome Cairasco de Figueroa (1603), Antonio de Viana (1604), Jose de Sosa (1678), Tomas Arias Marin de Cubas (1694), Juan Nufiez de la Pefia (1676 / 1679), Pedro Agustin del Castillo y Ruiz de Vergara (1737), Jose de Viera y Clavijo ( 1763-1766), Luis Melian de Betancor ( 1588) - Werke sonstiger Geschichtsschreiber und Amtspersonen: Francisco L6pez de Gomara (1551), Gaspar Fructuoso (1590), Leonardo Torriani ( 1590), Alonso de Espinosa ( 1591 ), Juan de Abreu Galindo (1602), Francisco L6pez de Ulloa (1646), Diego Ortiz de Zufuga (1677), PseudoUlloa (Anfang 18. Jh.). Diese Texte sind alle in modernen spanischen Ausgaben erschienen und kommentiert. In deutscher Sprache sind bisher lediglich die Werke vonAbreu Galindo (gekürzte Ausgabe von G. Glas), Torriani (Ausgabe von D. Wölfel), Glas, Recco, Cadamosto und Barros veröffentlicht. Es bleibt zu hoffen, daß weitere wichtige Werke einem deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht werden, da sie gerade fiir die Altkanarierforschung interessantes Material enthalten. Terminologische Anmerkung: Die im linguistischen Zusammenhang gebrauchten Adjektive altkanarisch, palmesisch und tinerfenisch beziehen sich auf vorspanische Sprachen bzw. Inseldialekte, während das "Kanarische" das Inselspanisch meint, das hauptsächlich 20Die Texte der vier genannten Autoren liegen uns leider nicht in ihrer Urfassung vor, sondern nur in Abschriften und Überarbeitungen, die nicht früher als Ende des 16. bis Anfang des 17. Jhs. entstanden sind. 103 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca Universitaria, 2017 aus kastilischen aber auch portugiesischen, altkanarischen, berberischen, arabischen, andalusischen, indianischen und englischen Elementen besteht. Literaturhinweise: Zur leichteren zeitkontextlichen Beurteilung der Zitate sind bei Arbeiten, die vor 1920 entstanden sind, neben den Erscheinungsjahren der Drucke z.T. auch die Jahreszahlen der Manuskriptfertigstellung erwähnt. Abreu Galindo, Fray Juan (Ms. 1602): Historia de la Conquista de las siete islas de Canarias.- (notas por Alejandro Cioranescu) Goya Ediciones, Sta. Cruz de Tenerife 1977, 368 S. Aguilar, Maximiano (Ms. 1875): Sammlung geographischer Angaben über die Kanarischen Inseln, benützt von G. Chil y Naranjo, J. Bethencourt Alfonso und D.J. Wölfe} (siehe unten) A.lvarez Delgado, Juan (1941): Miscelanea Guanche. I. Benahoare. Ensayosde lingüistica canaria.- Monografias vol. IV/ Instituto de Estudios Canarios, La Laguna, 145 S. A.lvarez Delgado, Juan (1942): Voces deTimanfaya.- Revistade Historia t.VIII/ No.57, La Laguna, 3-13 A.lvarez Delgado, J. 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