Almogaren XXIII / 1992 Hallein 1993 219- 260
Werner Pichler
Die Berge Fuerteventuras und ihre Rolle in der AJltagsund
Glaubenswelt der Ureinwohner
Der vorliegende Forschungsbericht stellt eine Fortsetzung der mit der Dokumentation
der Bergfestung auf der "Montafia del Card6n" begonnenen
Feldforschungsarbeit über die Berge Fuerteventuras dar.
Aufgabenstellung des Projektes war es zu untersuchen, ob und inwieweit
die in der Literatur und mündlichen Überlieferung angedeuteten Funktionen
der Berge (im speziellen der Berggipfel) im Gelände heute noch nachweisbar
sind. Naturgemäß kann die Feldforschung in diesem Zusammenhang nicht alle
Fragen erschöpfend beantworten, sondern in vielen Fällen nur Anregung geben
für intensivere archäologische Tätigkeit.
Der folgende Feldforschungsbericht erhebt keinen Anspruch aufVollständigkeit.
Es wurden sieben besonders typische Bergregionen ausgewählt (Abb.
1 ), die trotz des teilweise schlechten Erhaltungszustandes der Bauten eine recht
gute Vorstellung von der Anzahl und Vielfalt der von den Majoreros im
Gipfelbereich errichteten Steinbauten zu geben vermögen. Die Vermessung
der Grundrisse erfolgte mit einfachsten Mitteln (Kompaß und Maßband), sodaß
keine Genauigkeit auf Zentimeter w1d Winkelgrat zu erwarten ist. Es besteht
die berechtigte Annahme, daß diese in Kauf genommenen, geringfügigen Abweichungen
keine Beeinträchtigung der Aussagekraft zur Folge haben, da nicht
zu erwarten ist, daß die Bauten nach astronomischen Gesichtspunkten oder
exakten Längenmaßen errichtet wurden. In Ausnahmefällen wird auf eine möglicherweise
sehr bewußte Situierung von Steinen hingewiesen.
1. Risco Blanco
Lage und Geologie
Der Risco Blanco ist Teil eines markanten Höhenrückens, der in der amtlichen
spanischen Karte 1 :25 .000 mit den vier weiteren Geländebezeichnungen Pico
de Ja Muda, Risco del Carnicero, Pico Alto und Cuchillo del Esquen versehen
ist. Er liegt innerhalb des westlichen Basalkomplexes nur wenige Kilometer
südlich der alten Hauptstadt Betancuria und stellt einen westlichen Ausläufer
des Hauptgebirgszuges dar, der im Gran Montafia mit 708 Metern seine höchste
Stelle erreicht. Der nahezu in 0-W-Richtung verlaufende Felsrücken mit
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Abb. 1 Lage der besprochenen Bergregionen
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Höhen zwischen 530 und 620 Metern schließt das fruchtbare Tal des Rio Palmas
im Süden ab. Aus diesem Tal führt ein sicher sehr alter Übergang - der mit
Steinen befestigte, breite Weg ist heute noch recht gut erhalten - über die
Degollada de los Granadillos nach Süden und erreicht bei Toto das Tal von
Päjara (Abb. 2).
Zur Geologie sei nur kurz bemerkt, daß die Basis des Berges aus steilgestellten
plutonitischen Gabbros und Syeniten besteht, die am Südhang von Tuffen
überlagert sind. Die gesamte Gipfelregion jedoch besteht aus hellen Trachyten,
woraus sich wahrscheinlich die Bezeichnung Risco Blanco ableitet.
Forschungsgeschichte
Obwohl sich in den Gipfelbereichen des genannten Höhenrückens einer
der größten archäologischen Komplexe der Insel befindet, hat diese Landschaft
in der Fachwelt bisher kaum Beachtung gefunden, in der "Mapa arqueol6gica
de Fuerteventura" wird sie überhaupt nicht erwähnt. Auch in der archäologischen
Fundstellenkarte des Museums von Betancuria ist sie nicht verzeichnet.
Bei Martin de Guzman ( 1990: 130) wird die Fundstelle unter dem Namen
"Risco Blanco" mit der unverfänglichen Beschreibung "estructuras artificiales
de piedra" (künstliche Strukturen aus Stein) abgetan. An anderer Stelle erwähnt
Martin de Guzman ( 1990: 132), daß es in der Gegend des Risco Blanco eine
befestigte Siedlung namens "Los Castillejos" gäbe. In ihrem Bericht über die
Notgrabung auf dem Gipfel "La Muda" vergleicht Antonia Perera Betancort
(1987:336) eine dort vorgefundene Bestattungsart in "solapones naturales
acondicionados" mit einer ähnlichen auf dem Cuchillo del Esquen.
Das sind die einzigen Erwähnungen in der spanischsprachigen Literatur
der letzten Jahrzehnte. Wesentlich genauer wird die Fundstelle bei John Mercer
( 1973: 10 l) behandelt, der ihr unter der Ortsangabe "Risco del Carnicero" ein
kleines Kapitel unter dem Titel "a hut settlement" widmet. Darauf soll später
noch näher eingegangen werden.
Beschreibung der Fundstellen
Die Beschreibung der unzähligen Steinbauten der Region erfolgt in der
Reihenfolge des Aufstieges aus dem Valle de los Granadillos über die Degollada
de los Granadillos und dann in der Richtung des Gratverlaufes von W nach 0.
Im Sinne einer besseren Übersichtlichkeit wurden benachbarte Grundrisse und
Strukturen zu Komplexen zusammengefaßt.
Die Serie der "estructuras artificiales de piedra" beginnt kurz unterhalb
der Degollada de los Granadillos mit zwei kleinen Steinkreisen (Abb. 3/ 1,2),
deren Öffnungen jeweils hangwärts liegen. Diese Bauten befinden sich unmit-
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N Abb. 2 Übersicht über die Fundstellen der Region Risco Blanco
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Abb. 3 Die Fundstellen 1-4 der Region Risco Blanco
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telbar neben dem Weg und bieten einen hervorragenden Ausblick ins Tal der
Vega de Rio Palmas, dessen westlichster Abschnitt heute durch eine Staumauer
in ein Wasserreservoir venvandelt ist. Et\vas abseits am Hang wurde eine kl eine
Felsnische durch eine Mauer zu einem Einmann-Beobachtungsposten ausgebaut
(Abb. 3/3 ). Von der Öffnung des Steinkreises I besteht direkte Sichtverbindung
zu dieser Nische.
In der Degollada de Granadillos, einem sehr flachen Sattel, wird der Weg
an seiner Nordseite von einer Steinmauer begrenzt, an die unmittelbar neben
einem Durchgang zwei halbkreisförrnige Grundrisse anschließen (Abb. 3/4).
Steigt man von hier über die mäßig geneigten Südhänge in Richtung Risco
Blanco an, so trifft man nach etwa 100 Metern nochmals auf zwei kreisförmige
Grundrisse, der kleinere total verstürzt, der größere noch über einen Meter
hoch. Die Öffnungen geben den Blick auf das Tal von Toto frei (Abb. 4/5,6).
Insgesamt erwecken die bisher genannten Steinbauten den Eindruck, als hätten
sie der Überwachtmg des umliegenden Landes bzw. der Kontrolle des Zugangs
gedient.
Alle in der Folge besprochene Steinbauten finden sich unmittelbar auf
dem Höhenrücken selbst, bzw. südlich unterhalb des Gipfels des Risco ßlanco.
Die Serie beginnt et\Va auf halber Strecke zwischen dem Pico de la Mucta und
dem Risco Blanco mit einem eindrucksvollen, aus unregelmäßigen Blöcken
geformten Steinkreis mit ca. 3 Meter Durchmesser (Abb. 4/7). An der nördlichen
Seite ragt eine Steinsäule 1,20 m hoch auf, während eine weitere, 1,50 rn
hohe Säule, die ursprünglich unmittelbar links daneben gesta nden sein dürfte,
nach außen umgekippt ist. In einem Abstand von etwa 1,50 m deutet sich an der
Nordseite ein zweiter konzentrischer Steinkreis an. Ostseitig schließt an den
Steinkreis ein kleiner Bau mit Deckplatte an. Es dürfte sich wahrscheinlich um
keine Wohnanlage gehandelt haben, wofür auch das Fehlen menschlicher
Siedlungsspuren spricht. Ähnliche, allerdings kleinere Bauten mit aufrecht stehenden
Steinsäulen wurden von Jimenez Sanchez ( 1971) auf Gran Canaria als
"recintos rituales" eingestuft.
Sechs Meter östlich dieses Grundrisses findet sich ein vereinzelter Steinkreis
von 2 Meter Durchmesser.
Et\Va 40 Meter von Komplex 7 entfernt wurde auf einer etwas höheren
Kuppe des Grates eine Gruppe von mannshohen Steinblöcken durch drei Mauern
zu einem Bau ohne Eingang verbunden (Abb. 5/8).
Knapp 30 Meter weiter östlich beginnt der zentrale Bereich der Höhensiedlung.
Bei Komplex 9 handelt es sich um eine Gruppe unmittelbar neben
einer Mauer errichteter Kreisbauten mit Durchn1esser von 1,50 bis 2,00 Meter.
Der östliche Bau weist an seiner Westseite eine Innennische auf (Abb. 5/9).
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Abb. 4 Die Fundstellen 5-7
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Abb. 5 Die Fundstellen 8 und 9
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Einige Meter unterhalb davon trifft man am Südhang auf zwei weitere
Steinkreise, zehn Meter weiter östlich auf selber Hanghöhe auf einen Halbkreis
1 und nochmals nach dieser Entfe rnung auf eine kleine, aufgemauerte Nische,
die von zwei tonnenschweren Steinplatten bedeckt ist (Abb. 6).
Von hier an häufen sich in östlicher Richtung die stark verstürzten Grundrisse
derart, daß ihre ursprüngliche Struktur oft nur noch zu erahnen ist. Diesen Teil
der Majorero-Siedlung dürfte John Mercer ( 1 973: 102) gemeint haben, wenn er
aus der Sicht der sechziger Jahre schreibt: "Its leeward, southern flank is naturally
broken up into stepped, narrow terraces, and every possible space has been built
upon, right to the summit - a lenght ofperhaps a hundred metres, the lowest line
of dwellings being about fifteen metres below the peak. The buildings, many
sunk into clefts, are clearly traceable, at least twenty ruins still retaining some
shape: circular, and only a little over a man's lenght in interior diameter. The
height of the walls, some with small squarish recesses, is now beyond estimate.
Blocks weighing a ton or more, almost certainly found where they were used,
form the basis of the walling; where these were not available large well chosen
stones, at their best each one straddling the two immediately below, have been
used. The !intel stones to two entrances are still in position" . Weder Anzahl noch
genaueres Aussehen oder Funktion der einzelnen Gebäude sind heute noch mit
Sicherheit bestimmbar, aufgrund der starken Überwucherung mit Vegetation
sind viele Grundrisse überhaupt nur noch zu erahnen. Jede Menge Siedlungsmaterial
(Steinabschläge, Lapas [Patella candei crenata und Patella ulyssiponensis
aspera], Knochen, Keramik, vereinzelt auch kleine Schmuckstücke) deuten
darauf hin, daß diese Siedlung nicht nur sporadisch genutzt gewesen sein
dürfte. Nur vereinzelte Bauten finden sich auf der Höhe des Grates, die meisten
liegen 10 bis 20 Höhenmeter darunter an der geschützten Leeseite (Abb. 7).
Unmittelbar vor dem letzten Steilaufschwung des Risco-Blanco-Gipfels wurden
übermannshohe Steinblöcke durch zwei starke Mauern zu einem Rundbau
ergänzt, dessen Öffnung nach Süden zeigt (Abb. 8/ 12).
Der Gipfelaufbau selbst ist durch die Steilheit und Glattheit seiner Felsen
nicht für menschliche Bauten geeignet.
Steigt man jedoch von dem zuletzt genannten Bau Nr. 12 fünfzehn Meter
in einer steilen Rinne ab und quert auf schmalen Bändern unter dem Gipfelaufbau
nach Osten, so trifft man auf zwei Halbhöhlen, deren Eingänge zugemauert
wurden (Abb. 8/ 13).
Auch im östlichen Teil des Gipfelbereiches wurde jede auch nur halbwegs
ebene Fläche für Steinbauten genutzt. Komplex 13 besteht aus mehreren unterschiedlich
großen und auf verschiedenen Höhen angelegten Terrassen, die durch
Steinmauern abgesichert sind. Auch eine winzige Nische in einem Felstürmchen
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Abb. 7 Die Fundstelle 11
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Abb. 8 Die Fundstellen 12 und 1 3
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wurde durch eine Mauer abgeschlossen. Einige Meter über diesen Terrassen
wurden mehrere kleine Steinhalbkreise an schräge Felsplatten "geklebt" . Sie
ehen heute wie kleine Blumenbeete aus, ihr ursprünglicher Zweck ist schwer
vorstellbar (Abb. 9).
Ein letzter größerer Komplex von Steinbauten findet sich dort, wo östlich
des Felsgipfels wieder der flachere Höhenrücken ansetzt. Höchstwahrscheinlich
handelt es sich auch hier um Kreisstrukturen, überdurchschnittlich große
Blöcke wurden verbaut, genauere Angaben sind aufgrund des hohen Versturzgrades
und der Überwucherung mit mannshohen Kakteen nicht zu treffen. Nur
im untersten Teil der Anlage ist ein überaus beachtenswerter Bau erhalten:
Innerhalb einer leicht bogenförmigen Mauer bilden tonnenschwere Blöcke zusammen
mit einem keilförmig aufgesetzen Stein das Portal zu einem ovalen,
etwa zwei Meter langen Raum, dessen Wände nur noch rudimentär erhalten
sind. Von der anzunehmenden Abdeckung dieses niedrigen Raumes ist hinter
dem Portalstein nur noch eine Steinplatte erhalten. Im Inneren sind neben
Steinabschlägen und gerillter Keramik auch zahlreiche Knochen zu finden.
Die ebene Fläche vor dem Eingang wird noch einmal durch eine leicht
bogenförmige Mauer abgegrenzt, knapp nördlich davon ist ein kleiner Steinkreis
zu erkennen (Abb. 10).
Hier findet der eigentliche Siedlungsbereich des Risco Blanco sein Ende.
Im weiteren Verlauf des in Richtung Gran Montafia ziehenden Höhenrückens
sind in größeren Abständen nur noch vereinzelte Bauten zu finden.
In etwa 200 Meter Entfernung liegt in wunderschöner Lage in einem flachen
Sattel mit Blick auf beide Talseiten eine interessante kreisförmige Anlage
(Abb. 11). Drei große hochkant gestellte Blöcke mit Höhen von 0,60, 0,75 und
0,90 Meter dominieren den unvollständig erhaltenen Steinkreis, der an der vierten
Seite von einer nur 0,35 Meter hohen, flachen Steinplatte abgeschlossen
wird. Zwei flache Platten vor dem größten der Blöcke könnten als Sitze gedient
haben. Nicht ganz im Zentrum des Kreises steht ein weiterer, 0,50 Meter hoher
Block. Beidseitig schließen an den Kreis Mauern an, die der Richtung des
Gratverlaufes folgen. Ähnlich wie bei Fundstelle 7 ist auch hier eine Nutzung
als Wohnraum auszuschließen, an der Oberfläche sind keinerlei Funde
feststellbar. Ob die baetilartig aufgestellten Steine astronomische Visierlinien
markieren kann aufgrund der vorliegenden Kartierung nicht entschieden werden.
Dazu müßten exaktere Vermessungsgeräte angewendet werden, als sie mir
zur Verfügung standen.
25 Meter weiter und etwa 5 Meter unterhalb des Bergrückens stößt man
auf Fundstelle 16 in Form eines steinkistenartigen Gebildes. Zwei große längliche
Felsplatten wurden hochkant gestellt, wobei die talseitige durch untergelegte
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Abb. 9 Die Fundstelle 14
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Abb. 11 Die Fundstelle 16
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Steine 0,50 Meter angehoben wurde, die bergseitige ist umgekippt. Die
Breitseiten wurden durch kleinere Steinblöcke ausgefüllt (Abb. 12/17).
Etwa 35 Meter weiter östlich wird ein flacher Gratsattel von einer 0,90
Meter breiten Mauer durchquert. An der Stelle, an der sie einen Durchgang
gewährt, finden sich in fünf Meter Entfernung -diesmal ausnahmsweise an der
Nordseite - die stark verstürzten Überreste eines Gebäudes, das wahrscheinlich
aus drei kleineren Räumen bestand (Abb. 12/18). Sowohl der Nord- als auch
der Südhang des Bergrückens sind hier bis auf diese Höhe terrassiert.
Nach weiteren 30 Metern ist an den nun wieder etwas steileren Felshang
eine halbkreisförmige Steinmauer mit etwa 8 Meter Durchmesser angebaut, in
deren Zentrum ein kleinerer Halbkreis aus zwei Steinreihen aufgebaut ist (Abb.
13).
In der Gegend des Pico Alto ist die dem Gratverlauf folgende Mauer noch
am besten erhalten. Im Gipfelbereich endet sie nach einem stumpfen Winkel in
einem großen halbkreisförmigen Bau, dessen Mauer in der Nähe des Eingangs
noch 1,20 Meter hoch ist. (Abb. 14). Im weiteren Verlauf des Höhenrückens,
der nun Cuchillo de! Esquen heißt, gibt es kaum noch nennenswerte Steinbauten.
Insgesamt kann festgehalten werden, daß der Siedlungskomplex des Risco
Blanco - sowohl was die Anzahl (nach vorsichtigen Schätzungen sind es etwa
50 bis 70 Grundrisse) als auch die Verschiedenheit der Steinbauten betrifft- die
beeindruckendste Bergregion der Insel darstellt. Insofern ist es völlig unverständlich,
daß diese Region von seiten der kanarischen Wissenschaft so
stiefmütterlich behandelt wurde. Umso wünschenswerter wäre es, durch exakte
archäologische Untersuchungen Aufschluß über Funktion und Nutzung der
verschiedenen Bauten und über Zeitraum bzw. Ende der Besiedlung zu erhalten.
Möglicherweise steht die Höhensiedlung auf dem Risco Blanco sogar in
direkter Verbindung mit der Eroberungsgeschichte der Insel, wie sie uns in "Le
Canarien" (Boutier & Le Verrier 1405/ 1964), der Chronik der Conquista, überliefert
ist. In diesem Zusammenhang ist eine Beobachtung John Mercers ( 1973)
interessant, die dieser schon vor einigen Jahrzehnten gemacht hat. Er fand
neben zahlreichen großen Moluskenschalen auch daraus hergestellte Halskettenplättchen,
wie sie auch von anderen Fundstellen der Insel bekannt sind. Sie
sind rechteckig geformt, sorgfältig geglättet und in der Mitte durchbohrt. Was
ihm auffiel, war die erstaunlich große Anzahl halbfertiger Plättchen. Da es
eines erheblichen Arbeitsaufwandes bedarf, ein flaches Rechteck aus einer
Moluskenschale herzustellen, folgerte er, daß die ungebohrten Plättchen sicher
nicht leichtfertig verstreut worden waren und fragte sich, was wohl passiert sei,
daß sie nicht vollendet worden waren. Tatsächlich gibt es in der schriftlichen
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Abb. 12 Die Fundstellen 17 und 18
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Abb. 14 Die Fundstelle 20
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Überlieferung Hinweise auf Vorfälle, die eine plötzliche Aufgabe dieses
Siedlungsplatzes erklären würden.
1 Im Jahre 1402 waren der normannische Ritter Jean de Bethencourt und
sein Gefährte Gadifer de Ja Salle im Auflage Heinrichs lll. von Kastilien aufgebrochen,
um die Kanarischen Inseln zu erobern. Von Lanzarote aus, das sie
rasch eingenommen hatten, startete Gadifer mehrere Erkundungsfahrten nach
Fuerteventura. Bei der dritten Erkundung drangen die Eroberer im Juli 1403
von Westen her in das Tal des Rio Palmas ein. Unbelästigt von den Eingeborenen,
die sie sicher beobachteten, passierten sie die Engstelle, an der heute die
Staumauer steht, und betraten ein idyllisches Tal mit über 900 Palmen. Hier
rasteten Gadifer de Ja Salle und seine Männer und zogen dann einen großen
Hang hinauf - wahrscheinlich in Richtung westliche Kordillere - und Gadifer
befahl drei Männern vorauszugehen. Als sie das taten, trafen sie zum ersten
Mal auf ihre Feinde, heißt es in den Chroniken (Boutier & Le Verrier 1405/
1964: 70). Dieses erste Aufeinandertreffen muß in unmittelbarer Nähe der eben
besprochenen Bergsiedlung geschehen sein und es ist bezeichnend, daß die
Eingeborenen a priori als Feinde eingestuft wurden. Man verfolgte drei von
ihnen, heißt es in der Chronik weiter, nahm eine Frau gefangen und überraschte
zwei weitere in einer Höhle, von denen eine ein Kind an der Brust hatte, das sie
erstickte aus Angst, es würde schreien. Als die Eroberer zu ihrer Basis
zurückkehrten, hatten sie insgesamt vier Frauen gefangen.
Als sie im nächsten Jahr wiederkamen und etwas weiter nördlich im fruchtbaren
Rio Palmas-Tal eine Festung errichteten, haben sie eine Eingeborenensiedlung,
die den Zugang zum Tal kontrollierte, sicher nicht mehr geduldet. Ob
die Majoreros sich von sich aus zurückzogen oder ob sie gewaltsam vertrieben
wurden, bleibt offen. Sicher ist jedenfalls, daß das Leben auf den Hügeln sehr
abrupt endete.
2. Gran Montaiia
Die Gran Montafia ist mit 708 Metern die höchste Erhebung jenes
Bergrückens, der die zentrale Wasserscheide der Insel bildet. Zugleich ist der
Berg Ausgangspunkt jenes Ausläufers, der oben unter dem Titel "Risco Blanco"
besprochen wurde.
Etwa 20 Meter südlich der Gipfelpyramide beginnen die Grundrisse einer
außergewöhnlich großen Siedlung, deren genaueres Aussehen ohne Ausgrabung
nur noch zu erahnen ist (Abb. 15). Im Zentrum steht eine ungefähr quadratische
Anlage, die eine Fläche von etwa J 00 m2 bedeckt. Halbkreisförmige
und ovale Anbauten sind zuerkennen. Im engeren Umkreis von J 00 Metern
sind noch mehrere kreisförmige Grundrisse mit Durchmessern von 2 - 3 Me-
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Abb. 1 S Grundrisse auf dem Gipfel der Gran Montana
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tern auffindbar.
Nur wenige Höhenmeter unterhalb des Gipfels findet sich an der Nordflanke
des Berges ein interessantes Bauwerk, dessen mächtige, stark nach innen geneigte
Mauern in keinem Verhältnis zu dem winzigen Innenraum zu stehen
scheinen. Der Bau ist an seiner Westeite noch 1,40 Meter hoch, während er an
der gegenüberliegenden Seite total verstürzt ist. Aufgrund der Mauerneigung
ist anzunehmen, daß es sich ursprünglich um ein geschlossenes Gewölbe handelte
(Abb. 16/ 1).
Von den weiteren Bauten an den Hängen des Berges sei nur einer herausgegriffen.
Auf einer Höhe von ca. 640 Metern leicht unterhalb des NW-Grates gelegen,
gibt ein kleiner Steinbau noch Zeugnis von der ursprünglichen Art der
Dachkonstruktion. Der mit mächtigen Mauem an die Felswand angefügte Bau
verfügt in einer Höhe von 1,30 Meter noch über einen steineren Türsturz, während
dahinter noch einige dicke Äste die Basis der Bedeckung andeuten (Abb.
16/2).
Alle diese Bauten im Bereich des Gran Montafia fanden in der spanischsprachigen
Literatur keine Beachtung.
3. La Fortaleza
Nördlich der Straße von Casillas del Angel nach Puerto del Rosario erstreckt
sich in W-0-Richtung ein markanter Bergrücken mit Höhen um die 600
Meter. Sein westliches Ende markiert der Pico de Ja Fortaleza, über den in der
spanischsprachigen Literatur nur zwei Sätze zu finden sind. Bei Le6n Hernandez
(1987:83) heißt es an einer Stelle: "Conjunto arqueol6gico con grabados
alfabeticos, estructuras habitaci6n y solapones funerarios" und an einer anderen
(1987 : 108), La Fortaleza gehöre zu den Niederlassungen auf Berggipfeln
"con clara finalidad de control del espacio".
Tatsächlich entpuppt sich die etwa 60 x 20 Meter große Gipfelfläche des
steilflankigen Berges aufgrund ihrer zahlreichen Felsnischen und Halbhöhlen
als idealer Standort für Bauten verschiedenster Art (Abb. 17)
Zwischen dem west.lichen Vorgipfel und dem Gipfel ist es eine Serie von
drei niedrigen Felsnischen, die durch kleine Steinbauten umgestaltet wurde. In
der ersten wurde ein kleines Felsenfenster durch Steine verschlossen, vor den
beiden anderen wurden glatte Basaltblöcke halbkreisförmig aufgelegt (Abb.
18/1 ).
Der wesentlich interessanter Komplex liegt nur wenige Meter östlich des
Gipfels (Abb. 18/3). Auf einer ebenen Fläche mit Siedlungsresten deuten ein
aufrecht stehender Block, eine kleine Mauer und ein Steinhaufen auf menschliche
Bautätigkeit hin. Unter einer niedrigen Felsbrücke hindurch betritt man
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Abb. 17 Die Gipfelregion der "Fortaleza"
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einen ebenen, ovalen Rawn, der etwa 1,50 Meter niedriger als die Umgebung
liegt. An seiner SO-Seite wurde die Umgrenzung durch eine Mauer künstlich
vervollständigt. Etwa in der Mitte der Fläche liegt eine kleine Steinplatte mit
einigen parallelen Ritzungen.
Südöstlich des Gipfels wurde eine ganze Reihe von Halbhöhlen mit
halbkreisförmigen Mauem versehen, von denen die meisten schon ziemlich
stark verstürzt sind. Ob es sich dabei tatsächlich um die in der Literatur genannten
"solapones funerarios" handelt, müßte durch Grabungen geklärt werden.
Am besten erhalten ist der Vorbau bei jener Halbhöhle, die wunittelbar südlich
unter der genannten Felsbrücke liegt (Abb. 18/2). Die Basis der gut erhaltenen
Mauer weist einen kleinen Durchlaß auf. Die verwendeten Steine sehen wie
bearbeitet aus, doch handelt es sich nur wn besonders sorgfältig ausgesuchte,
glatte Basaltplatten. In der Halbhöhle liegen Knochen und Lapas an der Oberfläche.
Steigt man über den Ostgrat in Richtung Cuchillos ab, so triftt man in der
Scharte etwa 60 Höhenmeter unter dem Gipfel auf ein weiteres interessantes
Bauwerk. An ein recht gut erhaltenes Oval von 5 x 6 Meter ist ein eingangsloses
kleineres Oval angebaut. An der anderen Seite des Eingangs, dessen Türstmz
noch schräg angelehnt liegt, schließt ein halbkreisförmiger Bogen an, von dem
nur noch einzelne Blöcke erhalten sind. Sowohl am Ost- als auch am Westende
des Bauwerks findet sich je ein kleiner Steinbau der Art, wie sie in großer Zahl
für die Talsiedlungen der Halbinsel Jandia üblich sind: An einen kleinen Steinkreis
schließt eine Kuppel an, beide sind durch einen schmalen Gang verbunden
(Abb. 19).
4. Betancuria
Nach dem Pico de Jandia auf der gleichnamigen Halbinsel ist der im Zentrum
der Mittelgebirgslandschaft des "Basalkomplexes" gelegene Betancuria
mit 724 Meter die zweithöchste Erhebung der Insel. In der Literatur wird der
Gipfel des Betancuria (auch "Pico de la Atalaya") in folgenden Funktionen
· genannt:
1. Als Standort von Wohnbauten und Viehpferchen (Martin de Guzman
1990:129).
2. Als Wachtturm, um den Raum zu kontrollieren (Hernandez 1987: I 08).
3. Als rituelles Zentrum der Hexen (Hernandez 1987: 112).
4. Grabhöhlen in der Umgebung (Sanchez 1952, zitiert bei Martin de Guzman
1990:129).
Ad I und 2: Im unmittelbaren Gipfelbereich sind tatsächlich die Grundrisse
verschiedenster Steinbauten zu erkennen: Östlich des Gipfe ls eine größere
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Abb. 19 Steinbauten in der Degollada de la Fortaleza
Anlage aus zwei ovalen Umrissen mit einigen Anbauten. Mitten durch den
zentralen Steinkreis führt heute ein Weidezaun, bei dessen Errichtung die Anlage
schwer zerstört wurde. Im nördlichen Teil dieses Steinkreises findet sich auf
einer großen, flachen Steinplatte ein gleichseitiges Dreieck mit Näpfchen eingraviert,
wie es in ganz ähnlicher Form für den Höhenrücken La Fortaleza -
Morro de la Galera belegt ist (Museum von Betancuria). Gerillte Keramik und
Lapas liegen an der Oberfläche. Wenige Meter südlich des auf dem Gipfel
errichteten Betonzylinders sind die Umrisse von zwei kleinen hufeisenförmigen
Bauten zu erkennen, die sich nach SW bzw. SO öffnen. Westlich des Gipfels ist
nur noch ein kleiner ovaler Grundriß erhalten, weitere Bauten sind zu einem
unentwirrbaren Durcheinander von Steinhaufen verstürzt (Abb. 20).
Ad 3: Als Hinweis auf einen potentiellen Ritualplatz der Hexen wird in der
Literatur das Vorhandensein von aus dem Fels gehauenen Pfannen genannt. In
den großen Felsblöcken südwestlich unterhalb des Gipfels gibt es tatsächlich
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Abb. 20 Grundrisse auf dem Gipfel des Betancuria
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eine große Anzahl von Felswannen, in denen sich nach Regenfällen das Wasser
lange Zeit hält. Hinweise auf künstliche Bearbeitung konnten allerdings nicht
gefunden werden. Die harmonischen Rundungen der etwa 0,20 bis 0,30 Meter
großen Vertiefungen können ebenso gut ein Resultat natürlicher Verwitterungsvorgänge
sein. Man denke in diesem Zusammenhang an die spätestens
seit dem vorigen Jahrhundert geführte heftige Diskussion über den natürlichen
oder künstlichen Charakter von Schalensteinen im alpinen Bereich bzw. im
Böhmischen Massiv. Auch hier ist das Phänomen der Verknüpfung von Schalen
und vermuteten Kulthandlungen weit verbreitet, wobei allerdings die Zuordnung
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Abb. 21 Schalen und Rinnen auf dem Gipfel der Mna. Escanfraga
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zu Heiden, Druiden oder dem Teufel gegenüber der zu Hexen übeiwiegt.
Ad 4: Die in einer Publikation von Jimenez Sanchez (1952) genannten
Grabhöhlen konnten auch von spanischen Forschern nicht lokalisiert werden
(Martin de Guzman 1990: 129). Als Standort würde sich das vom Gipfel in
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Abb. 22 Mna. Escanfraga
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südlicher Richtung zur Vega de Rio Palmas abfallende "Valle de la Cueva"
anbieten. Tatsächlich gibt es hier zahlreiche, mehrere Meter tiefe Halbhöhlen,
jedoch konnte keine einzige als Begräbnisstätte identifiziert werden.
5. Escanfraga
Der Gipfelbereich der östlich von La Oliva gelegene Montafia Escanfraga
(529 m) ist für größere Steinbauten nicht sonderlich geeignet. Dennoch verdient
er etwas mehr Beachtung, als es bisher geschehen ist.
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Auf der leicht nach Norden geneigten Fläche des Gipfelblockes ist eine
auffallige runde Vertiefung festzustellen. Im Unterschied zu natürlichen Schalen-
und Wannenformen weist sie senkrechte Seitenwände auf Ob die 3 - 4
Zentimeter tiefen Rinnen, die von beiden Seiten zu der zylindrischen Vertiefung
führen, ebenfalls künstlich angelegt wurden, ist schwer zu beurteilen.
Gleiches gilt für eine etwa 15 Zentimeter höher gelegene, seichte Wanne, aus
der eine Rinne abwärts zu führen scheint (Abb. 21 /2).
Etwa vier Meter nördlich des Gipfelblockes ist wiederum eine fast
kreisrunde zylindrische Vertiefung angebracht, in die von der Bergseite her
eine 8 Zentimeter breite und 15 Zentimeter tiefe Rinne führt (Abb. 21 / 1). Sowohl
Rinnen als auch Wannen sind stark verwittert und von Flechten
überwuchert. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese künstlichen Vertiefungen
für Libationen benutzt wurden.
Dieser heutige Gipfelbereich ist nur ein Teil des ehemaligen Kraterrandes
eines Vulkans. Spuren menschlicher Siedlungstätigkeit finden sich vor allem
auf dem fast ebenen Boden des nach Norden offenen Kraterkessels. Auf Höhen
zwischen 420 und 430 Meter wurde der Boden in einige flache Terrassen abgestuft
und offensichtlich landwirtschaftlich genutzt. Am westlichen Rand wird
der Kraterboden von einer Mauer begrenzt (Abb. 22). An der nordöstlichen
Ecke der offenen Kraterseite finden sich die Grundrisse eines größeren Gebäudes
(Abb. 23/ 1). Genaue Umrisse und Eingänge sind wegen des schlechten
Erhaltungszustandes fast nicht mehr erkennbar. An eine der Innenwände wurde
eine Kombination aus kleinem offenen Steinkreis und zwei mit Gängen verbundenen
Steinkuppeln angefügt (normalerweise befinden sich solche Bauten außerhalb
der Gebäude). Keramikfragmente und Lapas liegen an der Oberfläche.
60 Meter nördlich davon stehen die Überreste eines auffalligen kreisförmigen
Baus. Bei nur 1,80 Meter Innendurchmesser weist er eine überdurchschnittlich
dicke Mauer auf: an der Basis 1,80 Meter, in heutiger Höhe
von ca. einem Meter noch 1,20 Meter. Nur außen und innen wurden massive
Steine verbaut, der Zwischenraum wurde mit lockerer Erde und kleinen Steinen
aufgefüllt (Abb. 23/2).
6. Aceitunal
Der zwischen La Matilla und Tetir gelegene Aceitunal (686 m) wird bei
Hernandez ( 1987: 111) nur unter den Bergen auf gezählt, auf denen man "nwnerosos
materiales de factura aborigen ... sin tipo de estructura asociada en su
inmediaciones" (zahlreiches Material der Ureinwohner ohne damit verbundene
Strukturen in der Umgebung) gefunden habe.
Im gratförmig aufgebauten Gipfelbereich, der in der Literatur nur einmal
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Abb. 23 Steinbauten im Kraterkessel
der Mna. Escanfraga
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mit dem Hinweis "material aborigen" (Hernandez 1987: 111) erwähnt wird,
findet sich - geländebedingt - wirklich keine größere Siedlung, aber eine Reihe
von Einzelbauten (Abb. 24).
A: Einige Meter westlich des Gipfels wurde ein natürlicher Felswinkel
durch eine bogenförmige Mauer, die heute noch einen Meter hoch ist, zur
Talseite hin abgeschlossen.
B: In gleicher Entfernung findet sich südlich des Gipfels ein niedriger
halbkreisförmiger Bau.
C und D: Zwei wesentlich größere Grundrisse schließen 20 bzw. 35 Meter
östlich des Gipfels an, wobei jeweils halbkreisförmige Mauern an den Felsrücken
angebaut wurden.
Alle diese Bauten liegen einige Meter unterhalb des Grates an der
windgeschützen Südseite des Berges.
Etwa 80 Höhenmeter tiefer findet sich an die Südseite des Ostgrates angefügt
eine weitere halbkreisförmige Steinmauer (Abb. 25). Während aber im
Bereich der Gipfelbauten nur einige rezente Kritzeleien zu beobachten sind,
präsentiert sich hier auf sechs Felsflächen der Rückwand die für Fuerteventura
typische Palette von Felsritzungen: parallele Rillen, Gitter, "Damespiele" und
sogar einige Schriftzeichen, deren Dokumentation einer späteren Publikation
vorbehalten ist.
7. Carbon
Der Carb6n (606 m) liegt unmittelbar südlich der Stelle, an der die Straße
von Tuineje nach Päjara den Höhenrücken der Wasserscheide überwindet. 20
Meter südlich des den Gipfel markierenden Betonzylinders stößt man auf
Siedlungsreste. Die Grundrisse einiger runder Bauten sind aufgrund des schlechten
Erhaltungszustandes und der Überwucherung mit Vegetation nur noch undeutlich
zu erkennen, obwohl die Mauern stellenweise noch 0, 70 bis 0,80 Meter
Höhe erreichen. Außer Lapas findet sich grobe undekorierte Keramik mit
Wandstärken bis zu 20 mm neben wesentlich dünnerer Ware. Weitere 20 Meter
südwestlich und einige Höhenmeter tiefer am Bergrücken sind nochmals einige
Grundrisse erkennbar.
Auffallig wegen ihrer Größe und sorgfältigen Bauart sind zwei Corrales
beiderseits der Degollada de! Carb6n auf einer Höhe von etwa 480 Meter. Die
Mauern bestehen aus sorgfältig geschichteten Blöcken, verjüngen sich nach
oben hin und weisen an einigen Stellen kleine Nischen in der Außenwand auf.
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Abb. 24 Steinbauten im
Gipfelbereich des Aceitunal
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Abb. 25 Steinkreis am Ost.grat des Aceitunal
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• FELSRf1ZUNGEN
8. Zur Bedeutung und Nutzung der Berghöhen
Von den in der Dokumentation über die Montafia Cardones genannten
neun Funktionen, die die Berge Fuerteventuras nach den Überlieferungen in
der Alltags- und Glaubenswelt der Majoreros erfüllt haben, sind einige aus
verständlichen Gründen durch Feldforschung nicht nachweisbar: Berge als
Wohnsitz von Göttern, als Ort ritueller Selbstopferungen, als Ritualplatz der
Hexen und als Objekt sportlicher Betätigung. Auch für die Nutzung von
Berggrotten als Begräbnisstätten gibt es auf Fuerteventura erst sehr wenige
Belege.
Keinen Zweifel gibt es über die weiteren Funktionen:
Strategisch günstig gelegene Gipfel dienten der Kontrolle des umliegenden
Landes. Art und Gestaltung einiger Gipfelanlagen lassen den Schluß zu, daß
das "Sehen und Nicht-Gesehen-Werden" eine wesentliche Rolle spielte.
Ausgewählte Berggipfel dienten als Kult- und Opferstätte. Dies gilt mit
höchster Wahrscheinlichkeit nicht nur für die vielzitierte Montafia Tindaya mit
ihren zahlreichen Fußdarstellungen. Auch die nunmehr auf der Montafia
Escanfraga dokumentierten Schalen und Rinnen lassen den Gedanken an
Libationsopfer zu. In einer weiteren Untersuchung wird festzustellen sein, ob
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nicht auch Berggipfel, auf denen Felsinschriften und andere Ritzungen in gehäufter
Form vorkommen, in den Rahmen kultischer Vorstellungen und Tätig-
1 keiten zu stellen sind.
Bergregionen dienten in der Zeit der Piratenüberfälle und der Conquista
als Zufluchtstätte. Trotz der oft beträchtlichen Ausmaße der in den Gipfelbereichen
errichteten Steinbauten sind diese von den Tälern und Ebenen aus
absolut nicht sichtbar. Das ist nicht nur eine Frage der zu großen Entfernung,
sondern auch eine des harmonischen Einfügens der menschlichen Bauten in
die Naturlandschaft. Besonders steile und schwer zugängliche Gipfel konnten
überdies durch Mauem so abgesichert werden, daß sie selbst bei Entdeckung
verläßlichen Schutz boten. Besonderen "optischen" Schutz genießt die kleine
Ansiedlung im Kraterkessel der Montaiia Escanfraga.
Daß einige dieser Refugien nicht nur kurzfristig in Zeiten akuter Bedrohung
aufgesucht wurden, sondern als Dauersiedlungen dienten, scheint durch
unsere Feldforschung bestätigt. Die Tatsache, daß sich einige dieser Steinbauten
in nichts von denen der Talsiedlungen unterscheiden (gleiche Anordnung von
Wohn- und Wirtschaftsräumen, Viehpferchen etc .) ist ein deutlicher Hinweis in
diese Richtung. Darüberhinaus ist in einigen Fällen die Mächtigkeit der vorgefundenen
Siedlungschichten mit Sicherheit nicht durch kurzfristige Aufenthalte
erklärbar.
Abschließend sei betont, daß die sieben ausgewählten Bergregionen keine
Einzelfälle sind. Steinbauten verschiedenster Art und Zahl wurden auch in den
Gipfelbereichen des Morro de la Galera, des Morro Pinacho, des Atalayeja und
der Montafieta del Sombrero gefunden und werden sich bei weiteren
Feldforschungen sicherlich noch auf anderen Gipfeln registrieren lassen.
Somit kann als nachgewiesen gelten, daß die Bergregionen für die Majoreros
eine überaus bedeutsame Rolle als Lebens- und Wirtschaftsraum sowie als Ort
ritueller Betätigungen spielten. Im Gegensatz zu zahlreichen Talsiedlungen
gibt es keinen Hinweis darauf, daß auch die Bergsiedlungen in der NachConquista-
Zeit weiterbenutzt wurden. Heute besteht die einzige Nutzungsform
der Berggipfel darin, auf ihnen Antennenanlagen für die Radio- und Telekommunikation
zu errichten - einige Gipfelanlagen wurden dadurch bereits zerstört.
Literatur:
Boutier, Pierre; Le Verrier, Jean (1405/ 1964): Le Canarien. Cr6nicas francesas
de la conquista de Canarias. Publicadas con traducci6n castellana por Serra
Rafols y Alejandro Cioranescu. Tomo III .- Fontes Rerum Canariarum XI, La
Laguna.
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Jimenez Sanchez, Sebastian ( 1971 ): Der archäologische Komplex von Tauro
Alto, Mogan, Insel Gran Canaria.-Almogaren II, Hallein.
Leon Hernandez, Jose de; et al. (1987): Aproximaci6n a la descripci6n e
interpretaci6n de Ja carta arqueol6gica de Fuerteventura.- I. Jornadas de Historia
de Fuerteventura y Lanzarote t. II, Puerto del Rosario
Martin de Guzman, Celso ( 1990): Arqueologia del territorio de Fuerteventura.Investigaciones
arqueol6gicas en Canarias II, Sta. Cruz de Tenerife
Mercer, John (1973): Fuerteventura.- Harrisburg
Perera Betancort, Antonia; Hernandez Bautista, Roberto ( 1987): Comunicaci6n
sobre la excavaci6n de urgencia en la Montai'ia de la Muda.- I Jornadas de
Historia de Fuerteventura y Lanzarote t. II, Puerto del Rosario
Abb. 26 Blick von der Degollada de los Granadillos (Steinkreis 2) ins Tal der Vega de
Rio Palmas
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Abb. 27 Steinbau 6 am Südhang des Risco Blanco
Abb. 28 Steinbau 15 östlich des Risco Blanco-Gipfels
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Abb. 29 Blick von
Steinbau 19 über den
Gratverlauf zum Risco
Blanco-Gipfel
Abb. 31 Steinbau
untemalb des Gipfels
der Gran Montana
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Abb. 30 Steinbau untemalb
des Gipfels der
Gran Montana
Abb. 32 Steinbau auf
dem Gipfel des Betancuria
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Abb. 33 Steinbau auf dem Gipfel des Carb6n
Abb. 35 Wanne und Rinnen auf dem Gipfel des Escanfraga
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Abb. 34 Wanne und
Rinnen auf dem Gipfel
des Escanfraga
Abb. 36 Corrales in
der Degollada del Carb6n
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Abb. 37 Corrales in der Degollada del Carb6n
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