Almogaren XXXI / 2000 Wien 2000 193 - 206
Hartwig-E. Steiner & Jörg W Hansen
Siedlungsspuren auf den Ilhas Selvagens.
Dokumentation archäologischer Fundstätten auf Selvagem Grande.
Expedition mit dem Forschungsschiff "Corvette" vom 21.-28. Mai 1999.
Zusammenfassung:
Bei der ersten archäologischen Feldforschung im Archipel der Ilhas Selvagens
konnten im Mai 1999 auf der Hauptinsel Selvagem Grande zahlreiche - teils
gut erhaltene, teils verfallene - Baustrukturen lokalisiert und dokumentiert
werden. Die vorliegende Arbeit ist eine erste Bestandsaufnahme der entdeckten
Fundstellen. Art und Umfang der Anlagen sind Zeugnisse einer zumindest
zeitweisen Besiedlung von Selvagem Grande.
Summary:
During the first archaeological fieldwork on the Selvagens Islands archipelago
in May 1999, a !arge number of structures - partly weil maintained and partly
in a dilapidated state - were localised and documented on the main island,
Selvagem Grande. The present work represents a first stocktaking of the
discovered sites. The nature and scope of the constructions bear witness to
the settlement of Selvagem Grande, at least for a period.
Sumario:
Durante las primeras exploraciones arqueol6gicas sobre el terreno en el
archipielago de las Islas Salvajes en mayo de 1999 se localizaron sobre la isla
principal unas estructuras arquitect6nicas, algunas bien conservadas, otras
en ruinas, que fueron registradas. El presente trabajo es un primer inventario
de los sitios encontrados. El tipo y el tamafio de las construcciones son prueba
de una colonizaci6n, al menos temporal, de Gran Salvaje.
Inhalt:
Vorbemerkungen
- Archäologisches Neuland
- Permit für das IC
- Forschungsschiff "Corvette"
- Interdisziplinäre Forschergruppe aus fünf Nationen
Ilhas Selvagens
- Lage
- Besonderheiten
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Erste archäologische Feldforschung
Aufgabe und Ziel
Arbeitsweise
Katalog der Funde
Kartografierung der Fundstätten
Lage der Fundstätten
Zustand der Funde
- Zeitliche Einordnung
- Kulturelle Zuordnung
Erste Erkenntnisse
- Mehr als Behelfsbauten
- Zeitweise Besiedlung erkennbar
Schlussbemerkungen
- Archäologischer Bestand ist nicht gefährdet
Anmerkungen
Literatur
Tafeln
Vorbemerkungen
Seit ihrer ofiziellen Entdeckung durch eine Karavelle des Infanten Dom
Henrique, bekannt als Heinrich der Seefahrer, sind die portugiesischen
Atlantikinseln Ilhas Selvagens vor allem in Schiffahrtskreisen wohlbekannt.
Nicht etwa ihre besondere Attraktivität, sondern gerade das Gegenteil, ihre
für die Seefahrer durch zahlreiche Riffe und Untiefen begründete Gefährlichkeit
hat ihren Ruf verbreitet. Seit dem 15. Jahrhundert sind diese Inseln in
allen Seekarten verzeichnet, und portugiesische, englische und deutsche Marine-
bzw. Seefahrt-Handbücher warnen gleichermaßen eindringlich vor den
Tücken dieses Archipels.
Eine ganz andere, sehr positive Einstellung zu den Ilhas Selvagens haben
die Naturwissenschaftler. Für sie bilden die Inseln eines der letzten Refugien
selbstbestimmter, natürlicher Lebensräume. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts
gibt es eine für diese kleine, abgelegene Inselgruppe geradezu erstaunlich umfangreiche
naturwissenschaftliche Literatur. Eine Aufgliederung der ersten,
nach heutigem Kenntnisstand nahezu umfassenden Bibliographie der Ilhas
Selvagens von Hans-Joachim Ulbrich [1] nach Themengruppen ergibt eindeutige
Prioritäten bei den Biologen (hauptsächlich Ornithologie sowie u.a. auch
Botanik, Entomologie) und Geologen. Nahezu keiner der bislang erfassten Titel
widmet sich eingehender der portugiesischen bzw. madeirischen Geschichte
in Bezug auf die Selvagens. Der Archäologie und Siedlungsgeschichte der Ilhas
Selvagens wurde bis zum Erscheinen der entsprechenden Aufsätze in diesem
Jahrbuch keine Aufmerksamkeit geschenkt. In der Literatur finden wir keinerlei
verwertbare Hinweise auf archäologische Relikte.
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Es ist überhaupt nicht erstaunlich, dass uns Teilnehmer früherer Expeditionen
auf die Selvagens keinen Aufschluss über den dort anzutreffenden archäologischen
Bestand gaben. Diese ausschließlich naturwissenschaftlich
ausgerichteten Forschungsaufenthalte waren nicht nur sehr aufwendig und entsprechend
selten sondern immer auch von kurzer Dauer. Jeder dieser Forscher
hatte nur ein Ziel, in seinem Fachbereich eine möglichst lückenlose
Bestandserfassung zu erreichen und im Glücksfall dabei noch etwas Inselspezifisches
und bislang Unbekanntes zu entdecken. Für alle anderen nicht
fachspezifischen Erscheinungen gab es keine Aufmerksamkeit - nicht aus Interesselosigkeit,
sondern aus zeit- und arbeitsökonomischen Gründen.
Im Rahmen der Forschungsarbeiten des Institutum Canarium finden die
zentralmakaronesischen Archipele Kanaren, Selvagens und Madeiren jedoch
gerade in dieser Hinsicht großes Interesse.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Madeirischen Inseln vor ihrer portugiesischen
Inbesitznahme im 15. Jahrhundert anscheinend nicht bewohnt
waren - obwohl sie beste natürliche Voraussetzungen zum Siedeln boten. Dazu
ganz im Gegensatz scheinen die Kanaren weit vor ihrer spanischen Herrschaft
schon seit Jahrtausenden besiedelt gewesen zu sein. Wie sieht es also
siedlungsgeschichtlich mit den Selvagens aus, die genau zwischen den Kanaren
und Madeiren liegen? Waren sie immer unbewohnt oder zeitweise bewohnt?
Gibt es auf diesen Inseln noch Spuren ihrer Vergangenheit? Diese
Fragen zu beantworten, war Ziel einer seit Jahren planmäßig vorbereiteten
Expedition auf die Ilhas Selvagens zur archäologischen Feldforschung und
Bestandserfassung.
Als eines der am besten abgeschirmten und geschützten europäischen Naturreservate
können die Selvagens nur mit einer für wissenschaftliche Forschungen
erteilten Sondergenehmigung der Madeirischen Regional-Regierung
aufgesucht werden. Dieses Permit wurde Mitgliedern des Institutum Canarium
am 15. März 1999 erteilt.
Am 22. Mai 1999 nahm das Forschungsschif Corvette direkten Kurs auf
die im Südwesten der Hauptinsel Selvagem Grande liegende Ankerbucht Enseada
das Cagarras. Das Schif wurde zum Basislager und exzellent ausgestatteten
Arbeitscamp für vier Mitglieder des Institutum Canarium sowie für
über ein Dutzend Naturwissenschaftler aus fünf Nationen, einschließlich der
drei atlantischen Archipele Azoren, Madeiren und Kanaren.
Diese interdisziplinär besetzte Gruppe [2] konnte unter idealsten Wetterbedingungen
vier Tage auf Selvagem Grande und einen Tag auf Selvagem
Pequena und Ilheu de Fora arbeiten. Zum ersten Mal wurden während dieser
Expedition archäologische Feldforschungen auf den Ilhas Selvagens durch-
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geführt. Die Ergebnisse werden hier kurz zusammengefasst. Detailliertere
Einzelbeschreibungen der Fundtypen sind zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen.
Ilhas Selvagens
Die Ilhas Selvagens sind der südlichste Punkt portugiesischen Territoriums.
Sie werden von der Autonomen Regional-Regierung von Madeira verwaltet
und von der madeirischen Naturschutzbehörde "Parque Natural da Madeira"
geschützt und betreut. Der Archipel wurde 1971 als Natur-Reservat ausgewiesen
und gehört seit 1992 in die Reihe schützenswerter Naturparks unter der
besonderen Obhut des Europäischen Rates. Der Zutritt ist untersagt; Aufenthaltsgenehmigungen
erteilen die portugiesischen Behörden nur für wissenschaftliche
Forschungen.
Die Ilhas Selvagens gehören zu den makaronesischen Archipelen und sind
als solche vulkanischen Ursprungs. Sie liegen rund 580 km westlich von der
marokkanischen Küste im Atlantik - etwa 280 km südlich von Madeira und
170 km nördlich von der Kanareninsel Tenerife.
Die Selvagens liegen, grob gesagt, auf dem 30. Breitengrad und dem 16.
Längengrad, ofiziell ausgewiesen mit den Koordinaten 30°101 Nord und
15°321 West. Präziser beschrieben, liegt der Archipel zwischen 30° 011 und
30°101 Nord sowie 15° 511 und 16°041 West. Die Lage der Hauptinsel Selvagem
Grande ist 30°08115" und 30°09120" Nord sowie 15° 51120" und 15°52130" West.
Die höchste Erhebung auf Selvagem Grande ist der Pico da Atalaia mit 153 m
über dem Meer und den Koordinaten 30°081 6" Nord und 15° 5212" West [3].
Die Fläche von Selvagem Grande wird mit 245,0 ha ausgewiesen [ 4].
Selvagem Grande ist ein aus dem Meer ragender Block mit 70-100 m hohen,
steil abfallenden Felswänden im Norden, Osten und Westen. Nur im Süden
und teilweise im Südosten ist die Steilküste stufig aufgebrochen und bietet
neben zwei steilen Pfaden auch die eine oder andere bergsteigerische Aufstiegsmöglichkeit.
Die ganze Insel bildet ein Hochplateau mit schwach abfallenden
Senken nach Norden und Südosten. Auf der Insel gibt es keine Bäume,
nur niedriges Gestrüpp. Ebenso fehlen Quellen. Nur nach stärkeren Regenfällen
scheint sich über eine wasserführende Schicht genügend Wasser aus
einem sonst trocken liegenden Quelltopf zu ergießen. Die Ilhas Selvagens sind
unbewohnt.
Erste archäologische Feldforschung
Gibt es einen wie auch immer gearteten archäologischen Befund für die
Ilhas Selvagens? Wenn ja, wie ist er beschafen und was wäre daraus abzulei-
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ten? Diese einfachen, grundsätzlichen Fragen beschreiben die Hauptaufgabe
unseres nur wenige Tage dauernden Forschungsaufenthaltes auf den Selvagens.
Es galt, eine möglichst umfassende Aufnahme der historischen Hinterlassenschaften
zu erreichen, die als Grundlage einer ersten siedlungsgeschichtlichen
Betrachtung dienen kann und darüber hinaus auch Vorgaben für
weitergehende Forschungen ermöglicht.
Die gesamte Oberfläche von Selvagem Grande wurde, soweit es die Topografie
zulässt, systematisch nach selbst kleinsten Relikten oder einer auch
minimalen Veränderung der natürlichen Strukturen abgesucht. Rasch war
erkennbar, daß aufSelvagem Grande zahlreiche Reste von Steinbauten irgendwelcher
Nutzanwendung vorkommen. Andere Hinterlassenschaften - außer
Geschosshülsen aller Kaliber, von der Gewehrpatrone bis zu schwersten
Schifsmörsern - konnten nicht registriert werden. Zumal wir außer der reinen
Inaugenscheinnahme der Fundstellen keinerlei mechanische Veränderungen
vorgenommen haben. Im Oberflächenbereich waren keine Funde, wie z.B.
Keramik, Knochen, Holzkohle, Werkzeuge o.ä., zu entdecken.
Für jede Fundstelle wurde eine Ortsbestimmung durchgeführt und auf der
Karte eingetragen. Die zahlreichen und von nahezu allen Stellen des Plateaus
aus sichtbaren geografischen Marken (weiße Betonpfeiler) erleichterten eine
Bestimmung der Fundstellen. Die Fundorte wurden aus verschiedenen Richtungen
und Perspektiven fotografiert und stichwortartig beschrieben. Aus Zeitgründen
wurden die Maße einfacher und in ihrer Form häufig wiederkehrender
Formen (z.B. Rundbauten, Talabschlussmauem) geschätzt. Bei optisch
abweichenden und individuellen, d.h. einmalig vorkommenden Baustrukturen
wurden die genauen Maße ermittelt und in eine Planskizze übertragen.
Erfasst wurden alle nicht natürlich entstandenen, also künstlich geschafenen
Strukturen. Nicht berücksichtigt wurden jedoch die zahlreichen primitiven
Steinsetzungen, die als Nistplätze für Vögel dienten. Nach ersten erkennbaren,
subjektiv definierten Merkmalen wurde eine Typologisierung vorgenommen.
Insgesamt wurden auf Selvagem Grande 80-100 Fundstellen von
Steinsetzungen aller Art dokumentiert. Die unterschiedliche Zahl der Gesamtmenge
beruht darauf, dass es davon abhängt, ob zusammenhängende Baustrukturen,
wie z.B. die Terrassierungsmauem für den Feldbau, als eine Einheit
oder zehn Teile gezählt werden. Dominierend bei den Bautypen waren
insbesondere 38 Rundbauten und 20 Mauem. Bei den Mauem sind drei Kategorien
zu unterscheiden:
- 5 Mauem mit beachtlichen Längen von bis zu 600 m, die mitten im Gelände
stehen.
- 7 Mauern, die Talsenken bzw. sporadisch wasserführende Bachbette queren.
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- 8 Mauern, die Talabschlüsse sichern und wahrscheinlich das Abschwemmen
von Boden verhindern sollen.
Insgesamt wurde nahezu 5000 m3 Trockenmauerwerk verbaut. [5]
Bei der systematischen Begehung, der Registrierung und Ortsbestimmung
der Fundstätten konnte eine eindeutige Konzentration von Baustrukturen festgestellt
werden. Die auf dem Hochplateau zwischen den Anhöhen des Pico
<los Tornozelos und dem Cabeo do Inferno gelegene Talsenke im Südosten
von Selvagem Grande ofenbart den am stärksten genutzten Kulturraum. Eine
zweite weit weniger auffällige Häufung von Baustrukturen findet sich auf
einem Plateau unterhalb des Pico da Atalaia nach Südosten über der Ankerbucht
Enseada das Cagarras. Die hier vorkommenden Bauten dienten vor allem
der land- und wasserwirtschaftlichen Nutzung. Eine dritte Verdichtung
von Bauresten ist im Nordosten zwischen der Ponta Espinha und der Ponta do
Cargo da Areia auf einem sehr flachen Teil der Hochebene festzustellen. Hier
handelt es sich durchweg um Relikte von Rundbauten. Die mit diesem Bericht
publizierte erste Karte historischer und archäologischer Fundstellen auf
Selvagem Grande verdeutlicht diese Konzentration der Bauten auf den genannten
drei Gebieten.
Der Zustand der aufgefundenen Bauten und Baureste ist sehr unterschiedlich.
Es gibt stark aufgelöste Strukturen, die nur noch ursprüngliche Formen
ahnen lassen, aber daneben auch nahezu intakte Bauten, die nur ganz geringfügige
Veränderungen bzw. Schäden zeigen. Besonders gut erhalten sind die
"Prachtmauer" (Ml ), der große 2-teilige Steinbau mit seinen sehr massiven
umlaufenden Mauern, der 3-Kammerbau über der Fonte das Galinhas und
einige der "Stau"-Mauern in den Senken des Hochplateaus sowie einige der
Talabschluss-Mauern. Bei später folgenden Einzelbeschreibungen der Objekte
wird natürlich auch der vorgefundene Zustand detailliert definiert.
Eine zeitliche Einordnung der archäologischen Bestände auf Selvagem
Grande ist derzeit nicht möglich. Es fehlen datierbare Fundstücke wie Holzkohle,
Knochen, Keramik o.ä .. Aufgrund des zu erkennenden Verfalls- und
Verwitterungszustandes und der Vereinnahmung einzelnder Objekte durch
Bodenerosionen usw. könnte man spekulativ sagen, dass die Relikte eher älter
als 300 Jahre sein könnten und wahrscheinlich jünger als 3000 Jahre. Mehr
Aufschluss könnten z.B. exakte Untersuchungen der Boden- bzw. Gesteinsschichten
geben, die im Auffüllbereich einiger Mauern liegen. Sind dies natürliche
Verfüllungen durch Winderosion und Ausschwemmungen? Dann
wäre durch entsprechende Untersuchungen des Materials eine Zeitskala erstellbar.
Eine kulturelle Zuordnung der vorgefundenen Bauten und Baureste
ist noch nicht erfolgt. Vorläufige Vergleiche lassen eine Nähe sowohl zu
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Nordwestafrika und zum Mittelmeerraum vermuten (die Mauern mit den
Monolithen ) als auch zu den Kanarischen Inseln und Madeira (die Terrassierungsmauern
für den Feldanbau). Zu den Kanarischen Inseln liegt eine Verbindung
der Ilhas Selvagens durch ihre geringe Entfernung natürlich auf der
Hand und ist nach Vergleichen von Franco Kämm er auch in Bezug auf Klima
und Flora ofenkundig. [6]
Erste Erkenntnisse
Nach der bisherigen Auswertung der archäologischen Feldforschung auf
Selvagem Grande im Mai 1999 konnten einige neue, bislang noch nicht publizierte
Erkenntnisse gewonnen werden: Auf den Ilhas Selvagens, d.h. deren
Hauptinsel Selvagem Grande, gibt es eine beachtliche Zahl von Bauten und
Bauresten von archäologischem Interesse.
Ein guter Teil der dokumentierten Funde ist eindeutig nicht als Behelfsbauten
für kurzfristige Arbeitsaufenthalte zu definieren.
Der überwiegende Teil der dokumentierten Funde lässt aufgrund ihrer
Baumasse und Größe, ihrer außergewöhnlich sorgfältigen und teilweise ästhetisch
formalen Ausführung und ihrer vorstellbaren Funktion auf eine zumindest
zeitweise Besiedlung von Selvagem Grande schließen.
Schlussbemerkungen
Der archäologische Bestand auf Selvagem Grande ist derzeit nicht gefährdet.
Seit der lückenlosen Bewachung durch die Wächter des Parque Natural
da Madeira und der streng auf wissenschaftliche Forschungen beschränkten
Aufenthaltsgenehmigung sind die Ilhas Selvagens und ihre geschichtlichen
Zeugen vor Zerstörung und Veränderung sicher. Dies war nicht immer so. Die
Ausbeutung der reichen Vorkommen an Orchilla (Färberflechte), Barilla
(Sodapflanze), Fischen und Mollusken sowie der Vogelkolonien hat Jahr für
Jahr Belastungen und Veränderungen der Inseln zur Folge gehabt. Sicher sind
davon auch einige der Baustrukturen betrofen worden. Eine zweite nicht
minder starke Gefährdung war der ofensichtliche Beschuss der Inseln mit
großkalibrigen Mörsern - wahrscheinlich Zielübungen vorbeifahrender
Kriegsschiffe. Nachdem unsere erste Feldforschung positive Ergebnisse erbrachte,
ist nun zu wünschen, dass der Geschichte und den Spuren der Vergangenheit
dieses Archipels neue, nicht nur naturwissenschaftliche Beachtung
geschenkt wird.
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Anmerkungen:
[1] Ulbrich, 2000b, S. 236-237
[2] Hansen/Steiner, 2000, S. 7
[3] Cornell, 1999, S. 161
[4] Council ofEurope, 1993, S. 16
[5] Hansen, 2000, S. 211
[6] Kämmer, 1982, S. 45
Literatur:
Cornell, Jimmy (1999): Atlantische Inseln.- Pietsch Verlag, Stuttgart, S. 161-163
Council ofEurope (1993 ): Selvagens Islands, Nature Reserve, Portugal.- European Diploma
Series Nr. 36, Straßburg
Hansen, Jörg W (2000): Mauerwerk auf Selvagem Grande (Portugal) - Beschreibung und
bauliche Würdigung.- Almogaren XXXI (Institutum Canarium), Wien, 207-221
Hansen, Jörg W; Steiner, Hartwig-E. (2000): Erfolgreiche IC-Expedition zu den Ilhas Selvagens
mit dem ForschungsschiffCorvette vom 21.-28. Mai 1999.- IC-Nachrichten Nr.
83 Juli 2000 (lnstitutum Canarium), Wien, Titelabbildung und S. 3-7
Kämmer, Franco (1982): Beiträge zu einer kritischen Interpretation der rezenten und fossilen
Gefäßpflanzenflora und Wirbeltierfauna der Azoren, des Madeira-Archipels, der
Ilhas Selvagens, der Kanarischen Inseln und der Kapverdischen Inseln.- Entstanden am
Institut für Biologie II der Universität Freiburg im Breisgau
Steiner, Hartwig-E. (1999): Ilhas Selvagens: Erste Erkenntnisse einer Exkursion.- verkürztes
Manuskript eines Vortrags bei der IC-Tagung am 3.6.1999 in Golling
Ulbrich, Hans-Joachim (2000a): Die Ilhas Selvagens (Portugal) im Spiegel der Geschichte.Almogaren
XXXI (lnstitutum Canarium), Wien, 143-191
Ulbrich, Hans-Joachim (2000b): Bibliographie der Ilhas Selvagens (Portugal).- Almogaren
XXXI (Institutum Canarium), Wien, 237-262
Tafeln:
1 a) Karte der Zentralmakaronesischen Archipele: Madeiren, Ilhas Selvagens, Kanarische
Inseln
b) Karte der Ilhas Selvagens mit den Inseln Selvagem Grande, Selvagem Pequena, Ilheu
de Fora
2 Ofizielle Seekarte (Carta Militar da Portugal/Folhas 15-16, 1967 ) der portugiesischen
Ilhas Selvagens mit Eintragungen einiger älterer bzw. archäologischer Bauten und Baureste
3 Karte der archäologischen Fundstätten auf Selvagem Grande nach dem Stand der Feldforschung
vom 21.-28.5.1999
4 a) Blick über das Hochplateau nach Süden zum Pico do Inferno mit Resten eines Rundbaus,
dem Areal der weißen Steinhügel sowie dem großen 2-teiligen Steinbau
b) Reste eines Rundbaus
5 a) Großer, 2-teiliger Steinbau auf dem südöstlichen Hochplateau
b) Reste eines 1-Kammerbaus unterhalb der "Prachtmauer" Ml
Alle Fotos: H.-E. Steiner, 1999
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ILHAS SELVAGENS zwischen Madeiren und Kanarischen Inseln
16 ° W
MADEIRA O
30° N
LA PALMA Q
ILHAS
SELVAGENS
Zentralmakaronesischer Archipel ILHAS SELVAGENS · Portugal
SELVAGEM
PEQUENA
ILHEU
DE FORA
16 ° w
Tafel 1
SELVAGEM
GRANDE
10 KM
30° N
201
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SELVAGEM GRANDE · Carta Militar da Portugal F15-16/1967
Auf der Militärkarte eingezeichnete Bauten und Steinsetzungen:
A Areal der weißen Steinhügel G ältere Zisterne
B großer, 2-teiliger Steinbau H neuere Zisterne,
C »Prachtmauer« M1 2 Wasserkanäle
D große, 2-teilige Mauer M2/M3 J Ruine eines rezenten Gebäudes
E Mauer M4 im einfachen kanarischen Stil
F MauerM12undM13
Tafel 2
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Archäologische Fundstätten
SELVAGEM GRANDE
llhas Selvagens · Atlantik · Portugal
30° 08'6" Nord · 15° 52'2" West
• Rundbauten
0 Steinsetzungen
• 1-, 2-, 3-Kammer Bauten
[I] großer, 2-teiliger Steinbau
LJ neuere Konstruktionen
* ,,Werkstatt" für Steinwerkzeuge(?)
* Areal der weißen Steinhügel
Q Quelltopf, temporär •
• Zisternen
-- Wasser-Kanäle/-Rinnen, künstlich
0 Höhlen
- Mauern
- Te rrassieru ngsma uern
+ ,, Dreschplätze" (?)
XXX Abbaustätte von Steinplatten
. Treppe
Wegebau
$ Nistbauten, künstlich J,
8 Leuchtfeuer „ Pico da Atalaia"
[:] Astronomische Marke
. Station des „ Parque Natural"
J, Ankerplatz „ Enseada das Cagarras"
0 500 1000 m © STEINER / HANSEN 1999
Tafel 3
203 204
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SELVAGEM GRANDE · Südöstliche Hochebene · Pico do Inferno
Tafel 4
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SELVAGEM GRANDE · Großer 2-teiliger Steinbau · Südostplateau
Tafel 5
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