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Buchbesprechungen © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 J ose ALCINA: DIE KUNST DES ALTEN AMERICA. Dt. Ausg. von „L'Art precolombien". (Ars antiqua, Ser. II). Freiburg i. Br. 1979. Herder. 606 S., 1100 Abb., davon 177 Farbtaf., zahlreiche Kartenskizzen. Ln. öS 2.291,- Das 1978 bei Mazenod in Paris erschienene Werk ist buchkünstlerisch eine ebenso epochale Leistung wie das berühmte Werk „Prähistorische Kunst" von Andre Leroi-Gourhan, dessen deutsche Ausgabe ebenfalls bei Herder erschienen ist. IC-M. J ose Alcina Franch ist in Fachkreisen vor allem wegen seiner Transatlantik-Diffusionstheorie der Kulturverbreitung bekanntgeworden, wovon er hier auf S. 65 nur kurz berichtet, und zwar mit Hinweis auf das spätrömische Tonköpfchen von Calixtlahuaca (hier „Caixtlahuaca" geschrieben) und auf die Funde römischer Amphoren an den Küsten der Kanarischen Inseln, von wo der Weg über den Atlantik auch mit einfachen nautischen Mitteln zu bewältigen ist; Heyerdahls „Ra"-Fahrten werden übrigens nicht erwähnt. Im übrigen ist der Text sachlich und instruktiv abgefaßt und entspricht voll dem Forschungsstand der Gegenwart. An der fachgerechten deutschen Version war der bewährte Mexikanist Bodo Spranz aus Freiburg beteiligt, was der Übersetzung zweifellos zugute kam. Nicht ganz verständlich ist lediglich, daß zwar auch von den Codices aus dem mexikanischen Hochland und dem Maya-Gebiet die Rede ist, daß jedoch in der Bibliographie nicht deren Faksimile- Editionen (auch nicht die Grazer Ausgaben im Rahmen der Serie „Codices Selecti") erwähnt werden - Interessenten an dem Generalthema hätten ein Anrecht auf die Information über deren Vorhandensein, und Autor und Übersetzer haben Kenntnis von ihrer Existenz. Der Bildteil des auch „quantitativ" imposanten Folianten ist einfach überwältigend ( die meisten Fotos stammen von Jean Mazenod und Alain Mahuzier) - noch nie zuvor wurde die Kunst des präkolumbischem Amerika in derartig eindrucksvollen Bildern wiedergegeben und lebendig gemacht. Sie spricht nicht nur den Amateur an - auch Mexikanisten, die im Zuge von Detailarbeiten den Blick auf die Gesamtheit der Altamerikanistik verlieren, sollten ab und zu in diesem Band blättern, um sich an ihrem Arbeitsgebiet neu zu begeistern! In dem Farbbildteil sind lediglich einige berühmte Fundorte und Kulturen etwas zu spärlich vertreten: so etwa San Agusdn, Tiahuanaco, Chimu, und von den riesigen Bodenscharrfiguren der Nazca-Wüste wird nichts abgebildet (kurze Erwähnung im Text, S. 232). Hervorzuheben ist die drucktechnisch hervorragende Wiedergabe der Gold- und Silberfiguren. Einige kleine Fehler bei Schreibungen von Eigennamen (Shellhas, Buschnell) fallen nicht ins Gewicht angesichts der überfülle verläßlicher Information in Wort und Bild. Der große - und großartige - Band stellt für die Bibliothek jedes an den alten Kulturen der Menschheit Interessierten eine echte Bereicherung dar. H.B. ANALES DE TULA, MUSEO NACIONAL DE ANTROPOLOGIA, MEXICO. FONTES RERUM MEXICANARUM VOL. 1. (Faksimile, in 10 Segmente aufgeteilt, der im Original 17 x 487 cm großen Amatepapierrolle) und vol.1 *(Kommentar in spanischer Sprache von R.A.M. van Zantwijk). Akademische Dr uck- u. Verlagsanstalt, Graz 1979. 42 Seiten Kommentar und 10 Farbseiten in Flügelmappe. Die in Einzelfeldern reproduzierte Amatepapierrolle enthält die aztekischen Kalenderzeichen, einfache Zeichnungen und Nahuatl-Glossen für die Jahre 1361 bis zum Todesjahr von König Moteuhczoma (,,Montezuma", 1520) und der endgültigen Niederlage der Azteken (,,aqui fueron vencidos los mexicanos, en el dia trece de agosto en la fiesta de San Hipolito", 1521). Es handelt sich also um eine einfache Chronik, deren aztekische Texte im Kommentar von Prof. Zantwijk ins Spanische übersetzt werden. Er kommentiert auch quellenkritisch die hier und in anderen histori- 423 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 sehen Aztekentexten gemachten Angaben, rekonstruiert die Genealogie der Herrscher von Tullan, stellt die erstaunlich stark voneinander abweichenden Geschichtsdaten in den verschiedenen Herrscherlisten zusammen und gibt so einen über den Rahmen der Einzelbeschreibung weit hinausgehenden Einblick in die mexikanische Historiographie. Drei Jahre nach der Publikation des „Codex Ixtlilxochitl" im Rahmen der Reihe „Fontes Rerum Mexicanarum" liegt nun wieder eine drucktechnisch hervorragende Quellenpublikation vor, der nach Angabe des Verlages in Kürze weitere Bände folgen sollen. HFN BERNAL, IGNACIO & ANDY SEUFFERT: The Ballplayers of Dainzu. (= Band 2 der Reihe ,,Artes Americanae"). 34 S. Text mit 3 Kartenskizzen, 63 Kunstdrucktafeln mit 74 Abb. Ganzleinenbd. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1979. Ladenpreis öS 850,- Dieser Band ist eine monographische Darbietung des überaus interessanten Fundplatzes (im mexikanischen Staat Oaxaca), der etwa auf halbem Weg zwischen den Ruinen von Yagul und Monte Alban liegt. Mauern einer großen Kultplatz-Terrasse weisen Reliefsteine auf, die altmexikanische Ballspieler mit Gesichtsmasken und spezieller Schutzkleidung darstellen, vermutlich aus der Zeit um 500 v. Chr. stammend. Offenbar handelt es sich um Szenen aus einem alten kultischen Ballspiel, das jedoch mit dem „tlachtli" der aztekischen Epoche nur wenig zu tun hat, denn die in heftiger Bewegung dargestellten Spieler halten den Ball oft in den Händen. Die berühmten „danzantes" von Monte Alban und die Ballspieler von Dainzu sind, Bemal zufolge, Zeugen der sich ihrem Ende zuneigenden olmekischen Kunst. Bild und Text illustrieren den sehr bemerkenswerten Fundort auf exakt-informative Weise. H.B. BÖCKMANN, WALTER: Botschaft der Urzeit. Wurzeln menschlichen Verhaltens in unserer Zeit. Düsseldorf 1979: Econ-Verlag, 334 S., 5 Abb. Eine „geistige Wiederholung" von Adam van Scheltemas bekanntem Werk, thematisch jedoch mehr an das Buch „Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende" von IC-M. H. G. Wunderlicht angepaßt, das im Quellenverzeichnis ebenfalls nicht genannt wird. Das Buch von Böckmann ist flott und lebensnahe, doch ohne wissenschaftlichen Tiefgang verfaßt und enthält zahlreiche Fehlschreibungen von Autorennamen, die an der Literaturkenntnis des Autors zweifeln lassen; anregende Lektüre über ein Thema, das ofenbar nur der Autor für originell konzipiert hält (archaische Strukturen im Verhaltensmuster des Menschen unserer Zeit). H.B. BONIN, WERNER F.: Die Götter Schwarzafrikas. Mit einer Liste afrikanischer Gottesnamen von John S. Mbiti und einer Erzählung von N. Akufo Awuku. 408.S., zahlr. Karten und Abb. Verlag für Sammler, Graz 1979, Leinen. öS 320,- Ein überaus wichtiges neues Werk, das die geistigen Welten der Völker Schwarzafrikas sehr instruktiv und anhand zahlloser Textproben und Bildwerke verständlich zu machen sucht: nicht vom 424 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Standpunkt eines bewußt oder unbewußt voreingenommenen „neutralen Beobachters", sondern sozusagen „von innen her". Die Götter des Dunklen Erdteils manifestieren sich nicht als bizarre, exotische Hirngespinste, sondern als Numina von tiefer Eindringlichkeit. IC-M. Bonin hat sich bei der Erarbeitung dieses Buches einer vieljährigen, sorgfältigen Sammelarbeit unterzogen, sein Werk mit erlesenem Illustrationsmaterial und wertvollen Karten und Indices ausgestattet und ergänzt durch allgemeine Abschnitte (Zur Rezeption schwarzafrikanischer Kultur in Europas Kunst und Wissenschaft; Die Religionen des schwarzen Afrika und ihre Beziehungen zu Weißafrika und Eurasien; über die Religion der Khoisaniden; Afrikanische Felsbilder; Fortleben afrikanischer Religiosität in Afroamerika; Glossar, Bibliographie). So entstand in aller Stille ein allgemein orientierendes Standardwerk, dem ein großer Erfolg im Dienste des Verstehens fremder Völker und Kulturen zu wünschen ist. H.B. CODEX VATICANUS 3738 (Vaticanus „A", Codex Rfos). Farbreproduktion des Codex in verkleinertem Format. VII S. Vorspann, 172 Tafelseiten, Format: 34 x 24 cm. Halblederband. Akademische Druck-u. Verlagsanstalt, Graz 1979. Ladenpreis: 7.400,- Nunmehr liegt die modernen drucktechnischen Ansprüchen genügende neue Farbwiedergabe der wohl berühmtesten postkolumbischen Handschrift vor, die über Altmexiko berichtet. Der Ausdruck „Faksimile-Ausgabe" wurde nach den strikten Regeln der Definition vermieden, weil das Großformat des Originals (46,5 x 29,5 cm) auf 7/10 der eigentlichen Größe verringert wurde, um eine wirtschaftlichere Plattenausnutzung beim Druck zu erzielen. Auch die völlig leeren Seiten wurden nicht reproduziert. Dennoch genügt diese Art der Ausgabe natürlich den Bedürfnissen der Wissenschaft, ohne daß der Forscher auf ein relevantes Detail verzichten müßte. Die Handschrift ist um 1580 entstanden, und sie besteht aus bunten, in dekadentem Stil gezeichneten und kolorierten Figuren und sehr ausführlichen, gut lesbaren Texten in italienischer Sprache, die ofenbar den missiologisch begründeten Wunsch manifestieren, Glauben und Geschichte der Azteken festzuhalten, und zwar etwa 40 Jahre nach der spanischen Conquista. Der Mexikanist R. H. Barlow meinte, daß Vaticanus A sowie der in Paris befindliche Codex TellerianoRemensis Abschriften einen verlorenen Originals seien, das er „Codex Huitzilopochtli" nannte. Der wichtige kosmologisch-mythische Abschnitt 1 (fol. lr-llv) mit den Bildern und Texten über die Weltzeitalter und ihre Endkatastrophen ist nur in dieser nunmehr publizierten Handschrift vorhanden. Andere Abschnitte beschäftigen sich mit dem traditionellen Kalenderwesen und seinen Symbolen, mit einem chronologischen Schema (fol. 38v-40v., im Gegensatz zu der in der Einleitung korrekt zitierten, aber offenbar irrtümlichen Angabe beginnt ein „religionsethnologischethnographischer" Abschnitt (über die Korrespondenz der Körperteile mit Kalenderzeichen, Opfer- und Todesbräuche, Trachten und Insignien). Auf fol. 66v beginnt der Teil des Codex, der in der Art von Annalen die anfangs mythische, dann im eigentlichen Sinn historische Tradition der mexikanischen Hochlandstämme ab 1194 mit Jahressymbolen und illustrierenden Bildern wiedergibt (die Folien 92 und 93 sind im heutigen Original falsch eingereiht; sie müßten nach fol. 80 folgen, wie der italienische Text auf p. 80v, sagt: ,)a pagina ehe deve seguire a 92"). Bereits 1900 erschien ein von F. Ehrle erarbeiteter Kommentar mit Texttranskription, doch wäre eine mittels der nun vorliegenden Ausgabe erstellte moderne Bearbeitung sicherlich wünschenswert. H.B. 425 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 EDELBERG, LENNART und SCHUYLER JONES: Nuristan. 186 S., 67 Abb., 155 Tafelbilder, z. T. in Farben. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1970. Leinen. öS 840,- Früher wurden die Bewohner des nordostafghanischen „Kafiristan" (heute Nuristan, Land des Lichts) als Nachkommen makedonischer Krieger Alexanders des Großen angesehen; heute hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um die Reste der ältesten indogermanischen Volksgruppen handelt, die einst den Hindukusch überquert haben (vgl. die linguistische Einführung, S. 14-15). Schon aus diesem Grund sind diese altertümlichen Kulturelemente der Nuristani überregional interessant, etwa die Zeitrechnung mit einem kalendarischen und einem Ackerbau-] ahr, die mit der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche beginnen (Tabelle S.57), die Überlieferungen über Ahnen und Volkshelden, die mit ausgezeichnetem Bildmaterial dargebotene symbolreiche Volkskunst mit ihren Sozialrang-Zeichen. Die beiden Autoren, beide profunde Kenner des behandelten Gebietes, haben die gesamte bisherige Literatur über Nuristan ausgewertet und eine „summa" des Wissens darüber dargeboten, die besonders deshalb bleibenden Wert besitzt, weil die Volkskultur dieses hochinteressanten Landstriches in der Neuzeit als durch verschiedene Faktoren schwer gefährdet erscheint und die Hinweise auf vorislamische Traditionen immer seltener werden. FELSBILDER IN ÖSTERREICH. Katalog des Felsbildermuseums Spital am Pyhrn. 1979. 40 Seiten. 25 Abbildungen, kartoniert. H. B. Das 1979 gegründete Museum, in den Prunkräumen des Stiftes Spital a. P. in Oberösterreich eröffnet, enthält bemerkenswerte Fotos, Graphiken und Abgüsse von Ritzbildern aus dem Alpenraum, z.T. von IC-M. Willi Repis hergestellt. Ohne Zweifel ist die Einrichtung des Museums eine überaus dankenswerte Leistung, die vor allem der jahrelangen Arbeit von Prof. Burgstaller (Linz) zuzuschreiben ist. Unabhängig davon, ob die alpinen Ritzbilder in der Tat auf ur- und frühgeschichtliche Epochen zurückgehen oder ob sie „bloß" alte Symbolformen als Nachklang in neuerer Zeit lebendig erhielten, stellt dieses Bildgut ein kostbares Erbe dar, dessen Schutz und Erhaltung jegliche Förderung verdient (vgl. dazu H. Nowak, ,,Rock Engravings in the Land Salzburg", Almogaren IV/1973). Der Katalog des Museums, mit guten Fotos illustriert, kann beim Verein für Ortsgeschichte und Felsbildforschung, Ing. Werner Kiesenhofer, A 4582 Spital a.P., bestellt werden. FRANK, K. A.: Atlantis war anders. Graz (Verlag für Sammler) 1978. 187 S., davon 27 S. mit Abbildungen, 8 Karten im Text. Auf die Frage nach einer Lokalisierung von Atlantis haben in letzter Zeit gewisse Forschungsunternehmungen in der Ägäis wieder aufmerksam gemacht. Merkwürdig, warum an den schriftlichen Überlieferungen der Antike vorbeigegangen wird, die unter den „Säulen des Herkules" die Meerenge von Gibraltar verstanden haben. Insofern ist es wohltuend, wenn der Verfasser seinen Untersuchungen vornehmlich Platons Berichte im Timaios (24e-25d) und im Kritias (108e ff.) unter Hinzuziehung von Diodorus Siculus (111, 49 f.) zugrunde legt. Wir sind heute wieder bereit, älteste Traditionen zumindest ernst zu nehmen. 426 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Nach dem, was Solon nach Platons Überlieferungen in Ägypten erfuhr, war das Zentrum von Atlantis ein ringförmig von Wasser umflossener, terrassenförmiger Berg. Die damit verbundene Vorstellung von einem Urhügel spielt dann auch in den ägyptischen Schöpfungsberichten und in den Osiris-Mysterien, d.h. in der Anlage des Grabes auf einer Anhöhe inmitten von Wasser, eine Rolle. Mir scheint, daß wir in dem vom Verf. als Atlantis-Typ bezeichneten Schema einem Archetyp begegnen, der auch in der weit verbreiteten Idee vom Berg als Ursprung der Sippe und als Ort der Rückkehr der Toten anklingt. So dürfte es durchaus nicht zu gewagt sein, wenn der Verf. zugleich auf Anlagen prähistorischer Gräber in Form eines von konzentrischen Steinkreisen umgebenen Hügels verweist (Abb. S. 35: Grab in der algerischen Sahara) oder auf eine von Diodor beschriebene Oasenburg in der Nähe von Siwa. Man wird unwillkürlich an das Zentrum des buddhistischen Weltbildes erinnert, in dem der stufenförmige Berg Sumeru von mehreren, sich abwechselnden Berg- und Wasserringen umgeben ist. Auch der Stufenberg der J enseitsreise einer megalithischen Gnosis, wie er aus den Glasbergmythen bis hinein nach Tibet bekannt ist, kann hier erwähnt werden (vgl. S. Hummel, Das tibetische Megalithikum, in: Ehtnologische Zeitschrift Zürich, 11/1975, S. 31 f.). Der Bericht vom Palast als Kult- und Kulturzentrum auf einer Höhe, geschützt durch zwei Land- und drei Wasserringe, im Innern der Insel Atlantis hat zumindest für unsere Kenntnis der alt-mediterranen Vorstellungswelt seine Bedeutung. Der Ursprung dieses Archetyps ist vielleicht in einer mit den Wellenkreisen verbundenen Vorstellung von der Urzeugung zu suchen, mit der das Diagramm vieler Petroglyphen, aber auch des Labyrinthes, der typisch ägyptischen Einsehachtung und des Ma.Q.qala gegeben ist (vgl. H. Biedermann, Wellenkreise, Hallein 1977, und meine Rezension in Almogaren, VII, 1976, S. 248; S. Hummel, Ägyptische Miszellen, in Almogaren VIII, S. 87 f.). So wird man dem Verfasser zustimmen müssen, wenn er auf das idealisierte Jenseitsland der Ägypter, das sogenannte Binsenfeld (äg.: i3rw), verweist, das die Totenbuchtexte illustriert. Auch dieses ist wie die Insel Atlantis von Wasser umgeben und zeigt mit der Hieroglyphe htjw den Stufenberg in einer Barke, die in einem Hafen liegt, zu dem man auf dem Wasserwege gelangen kann, der in Atlantis die Ringwälle und die Wassergräben dazwischen durchschneidet. E. Hornung (Das Totenbuch der Ägypter, Zürich 1979, S. 217) hält den Wasserweg zum Hafen hin für einen Wasserberg, der das Boot trägt, was keinen Sinn gibt. Interessant ist auch die Hieroglyphe „Insel" unterhalb der Barke. Wenn wir bedenken, daß die ägyptische Kultur vornehmlich westmediterran bestimmt ist, können bei der Gestaltung des sog. Binsenfeldes durchaus alte Erinnerungen an eine glanzvolle, vergangene Kultur nachklingen, in der ideale und typische Vorstellungen realisiert waren, zumindest aber in sie hineinprojiziert, selbst wenn das Binsenfeld an das Nildelta denken läßt. Wenn wir Platons Berichten folgen, reichte jene atlantische Kultur, ausgehend vom Vorfeld um Gibraltar, unter Einschluß der zentralen Sahara (vgl. Herodot, IV, 184) entlang der nordwestafrikanischen Küste über Lybien bis vor das Nildelta. Es ist der gleiche Bereich, den die späteren westmediterranen Megalithiker eingenommen haben, deren Vorstellungen (zentraler Begriff: Dauer = äg. ddj; das Bleibende = äg. mnw) dann ebenfalls zu den Grundlagen der altägyptischen Kultur gehören (vgl. S. Hummel, Ägyptische Miszellen, in: Almogaren, VIII, S. 87 f.). Suchen wir jedoch nach Realien aus dem Bereich der Atlanter, so stellt sich dem Verf. die Frage nach dem Substrat der durch Solon ins Griechische übersetzten Namen jener Götter, die nach dem Atlantisbericht in mythischer Vorzeit als irdische Könige das Land regierten. Auch Ägypten kannte in Manethos Geschichte Gottkönige. Die Sinngehalte ihrer Namen scheinen tatsächlich mit denen jener übereinzustimmen, die nach Solon dem Atlas folgten. Wieweit hier beide parallelen Reihen eine gemeinsame mythologische Grundlage haben, wird nicht mehr auszumachen sein. Dafür könnte allerdings sprechen, daß die ägyptischen Gewährsleute Solons nicht einfach die Namen ihrer Gottkönige angegeben haben, was das Nächstliegende gewesen wäre. Immerhin stammen auch einige ägyptische Gottheiten, z.B. Neith mit ihrem Fetisch oder die Caniden im altägyptischen Pantheon, aus dem libyschen Raum. Was man aus den Quellen über die atlantische Kultur erfährt, ist die Kenntnis des Bauens in Stein, das rituelle Stieropfer und der Schiffsbau. Damit stoßen wir, wie schon im Zusammenhang 427 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 mit dem Stufenberg, in gewisse Grundlagen der westmediterranen Megalithkultur und der späteren altägyptischen vor. Der Gebrauch einer Stele mit einem Knauf am oberen Ende beim Stieropfer samt einem offenbar ehedem in Weißafrika üblichen Ritual (Abb. S.111) hat sich noch in den südostasiatischen Ausläufern des Megalithikums erhalten, wenn in Ermangelung von Stein rituelle Pfähle in phallischer Bedeutung zum Anbinden der Opfertiere Verwendung finden (vgl. R. HeineGeldern, Die Megalithen Südostasiens, in: Anthropos, XXIII, 1928, S. 283). Daß es sich dabei um fruchtbarkeitsmagische Riten handelte, zeigt nach Frobenius der Gebrauch von phallusartigen Pfählen im Sudan, ähnlich den Stelen mit Knauf bei den Atlantern. Nach D. J. Wölfe! (Die Hauptprobleme Weißafrikas, in: Archiv für Anthropologie, NF, 27, 1942) hatten die Megalithiker eine Vorliebe für Seen und Flüsse. Er spricht darum von einer maritimen Ausbreitung des Megalithikums, was die megalitischen Gebiete von Kashmir und Tibet bestätigen könnten (vgl. Ethn. Zeitschr. Zürich, l.c.). Vielleicht vermutet der Verf. mit Recht einen prähistorischen Entstehungsraum der mediterranen Seefahrt im Gebiet von Atlantis. Zu den Ursachen des Untergangs hat der Verf. die diesbezüglichen prähistorischen Nachrichten Platons in seinem Buche „Sturm aus Atlantis" (Düsseldorf 1975) noch ausführlicher untersucht. Der wahrscheinlich vom Tritonsee ausgehende sogenannte Amazonensturm einer Volksgruppe mutterrechtlicher Struktur hat die Atlanter überrannt und mitgerissen. Er endete, wenn wir dem Bericht Glauben schenken, in Kleinasien vielleicht in einer Begegnung mit Thrakern und Skythen. Tektonische Katastrophen, nach Aussagen der genannten Quellen und nach unseren heutigen Kenntnissen, haben schließlich den atlantischen Kulturraum so grundlegend verändert, daß mit dem geologischen Zerfall auch der seiner Existenz gegeben war. Man sollte dem Buche, zumindest in seinen Grundlagen, die nötige Aufmerksamkeit schenken, ehe man Atlantis dort sucht, wo es die einzigen Überlieferungen, die uns verblieben sind, ganz bestimmt nicht gesucht haben. S. Hummel HAWKINS, GERALD S.: Beyond Stonehenge. Paperback-Band, 320 S., 61 Fotos und 62 Textfiguren. Arrow Books Ltd. (3 Fitzroy Square, London W 1,England), 1977. Der Autor von „Stonehenge Decoded" hat dieses flüssig und interessant geschriebene Einführungsbuch in die Problematik der Archäastronomie bereits 197 3 verfaßt; es liegt nunmehr auch als preisgünstiger Paperback-Band auf. Sein Ziel ist, über die unbestreitbare astronomischeB edeutsamkeit von Stonehenge hinauszugehen und sie auch in anderen alten Kulturzentren der Welt nachzuweisen: bei den Bodenzeichnungen der Nazca-Wüste, in Machu Picchu, bei den Erdhügeln der „Mound Builders" in Nordamerika, im Maya-Gebiet und Altägypten. ,,We know more and more about less and less", meint der Autor (S. 89), und möchte mit seinem Buch die interdisziplinäre Informationslücke schließen. Zweifellos wäre auch eine deutsche Ausgabe wünschenswert. Fraglich ist nur, ob sich ein kompetenter Übersetzer fände, der mit den bekannten Klippen (,,civilizations", wo wir Kulturen sagen würden; ,,archaeologist" - oft Prähistoriker, nicht Archäologe) fertig werden könnte. Auch die für den Kontinentaleuropäer nostalgisch wirkenden feet und yards müßten in die metrische Skala übertragen werden. Wer die „Szene" einschlägiger Übersetzungen kennt, ist skeptisch. Dennoch wäre der Versuch erfreulich, obwohl „perhaps we shall never know the true significance of the sky in the lives of ancient peoples" (S. 282). H.B. 428 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 FRANZ, GERHARD HEINRICH: Von Gandhara bis Pagan. Kultbauten des Buddhismus und Hinduismus in Süd- und Zentralasien. Graz 1979. 122 S. Text mit 163 Abb., 32 Kunstrucktafeln mit 67 Fotos, z.T. in Farben. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz. Glanzfolienband. öS 320,- Dieser schön gestaltete Band schließt thematisch an den in Almogaren VIII, S. 220, besprochenen von Prof. Franz an (Pagode, Turmtempel, Stupa). Instruktiv und mit reichem, sonst kaum zugänglichem Bildmaterial illustriert, werden die Eigenheiten der Kultbauten von Afghanistan über Zentralasien bis Hinterindien - vor allem bis Pagan in Burma - geschildert, ebenso nord- und südindische Turm- und Umgangstempel. Der europäische Leser, der sich mit der Bedeutung der Kunstgeschichte Asiens für die Wesensdeutung der Sakralarchitektur im allgemeinen vertraut machen will, wird hier mit Bauwerken konfrontiert, die zu den Großleistungen der Menschheit zählen. Da in einem Exkurs auch der javanische Terrassenstupa Borubudur erwähnt wird, bleibt am Ende nur unverständlich, weshalb in diesem Buch die weltberühmte Ruinenstätte von Angkor (Kambodscha) mit keinem Wort zur Sprache gebracht wird. Vermutlich soll sie in einer späteren Veröfentlichung geschildert werden. WFR FRICK, KARL R. H.: ,,Die Erleuchteten" (Graz 1973). ,,Licht und Finsternis I" (1975). ,,Licht und Finsternis II" (1978). 3 Bände mit insgesamt 1600 Seiten, zahlr. Abbildungen und Tabellen, Format: 18 x 27 cm. Ganzleinenbde. mit farbigen Schutzumschlägen. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz. Meist werden Bücher über „okkulte Themen" von Autoren bearbeitet, die selbst in irgendwelchen Kontakten zu okkultistischen Strömungen stehen. Es ist daher für den Historiker schwer, Werke dieser Art unter Wahrung quellenkritischer Grundsätze für ideengeschichtliche Untersuchungen heranzuziehen. Dies führte dazu, daß der gesamte Bereich des „Geheimen" weitgehend von geschichtlichen Untersuchungen ausgeschlossen war und auch der sehr wichtige religionswissenschaftliche Aspekt des erwähnten Problemkreises nur selten die ihm sachlich zustehende Bearbeitung erfahren hat. Nunmehr jedoch liegt eine großangelegte Materialsammlung vor, die wissenschaftlich zitierbar ist! IC-M. Dr. med. Karl Frick hat die Aufgabe übernommen, eine auf ausgewerteten Quellen basierende Geschichte der Geheimgesellschaften, der religiösen Randgruppen esoterischer Ausrichtung und des „Untergrundes der Geistesgeschichte" zusammenzustellen: ein Werk, das bisher in dieser Reichhaltigkeit noch nicht existiert hat. Ursprünglich war nur ein Band vorgesehen, doch bei der Druckvorbereitung stellte sich heraus, daß darin die Fülle des Basismaterials auch nicht annähernd unterzubringen war (,,Die Erleuchteten", 1973). Dieser Band behandelt, das antike Quellenmaterial ausnützend, Grundbegrife wie Gnosis, Neuplatonismus, Magie, Astrologie, Alchemie, Hermetik, Kabbala, Rosenkreuzertum, Okkultismus und ihre Einflüsse auf theosophischpansophische Geheimgesellschaften des 18. Jahrhunderts, ebenso auf bestimmte freimaurerische Systeme. Dieser 648 Seiten starke Band fand seine Fortsetzung in „Licht und Finsternis I", der zunächst weitere alte Fundamente der spekulativen Lehren aus neuerer Zeit darzulegen hatte: indische Doktrinen wie Shaktismus, Tantrismus, Yoga; Makro-Mikrokosmos-Spekulationen der Spätantike und gnostische Sekten wie Ophiten, Sethianer und Basilidianer; die schwierige Problematik der Lehren von Sperma und Pneuma, der Askese und der libertinistischen Gnosis; des Neuplatonismus und seines Einflusses auf die deutschen Rosenkreuzer; der Legenden um den salomonischen Tempelbau mit seinen beiden Säulen. So entstand ein weiterer, 356 Seiten starker Band, in dem die Basis für die Betrachtung des Weges alter Geheimlehren (sowie neuer Pseudo- 429 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Traditionen) in die Gegenwart dargelegt wurde. Drei Jahre später, 1978, erschien der Abschlußband, ,,Licht und Finsternis 11", dessen Untertitel das Programm enthält; ,,Gnostisch-theosophische und freimauerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis an die Wende zum 20. Jahrhundert", wobei zum Teil auch noch heute aktuelle Doktrinen erfaßt wurden. Neu an dieser Darstellung ist, daß der Autor streng objektiv vorgeht, von keinem parteiischen Standpunkt aus urteilt und sachlich das Basismaterial ( oft mit Hilfe langer Zitate) so vorlegt, wie es die Quellen darbieten. Im Abschluß band werden neben maurerischen Systemen die von Gnostizismus und Rosenkreuzerturn beeinflußten theosophisch-pansophischen Strömungen und ihre Exponenten (Blavatzky, Besant, de Guaita, Eliphas Levi, Papus, Crowley ...) geschildert, immer im Abstand zu jeglicher Wertung subjektiver Art und unter Beachtung des Grundsatzes, das ganze große Spektrum des menschlichen Geisteslebens zu respektieren und nicht etwa einzelne Gruppen von Anhängern auf den ersten Blick absonderlich erscheinender Doktrinen schulmeisternd abzukanzeln. Beim überblick über das gewaltige, von Frick bearbeitete Material zeigt sich, daß jede Geistesgeschichte zu falschen Ergebnissen führt, die nur die „ofizielle Fassade" der allgemein anerkannten Ideologien berücksichtigt. Es gibt sehr bedeutende Unterströmungen, die aus den verschiedensten Gründen nur sporadisch in Erscheinung treten und meist im Verborgenen blühen - nicht nur in der Neuzeit, sondern auch in früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden. Die drei Bände, die K. R. H. Frick vorgelegt hat, stellen eine verläßliche Basis für jedes künftige Bemühen dar, ideengeschichtliche Abläufe nicht bloß nach dem allgemein bekannten Oberflächenbild zu beurteilen. Daß manches Detail ergänzungs- oder verbesserungsbedürftig sein muß, ergibt sich angesichts der gewaltigen Anzahl von Einzeldaten und zu bewältigenden Publikationen von selbst und wird dem Autor von vernünftigen Lesern nicht als Mangel des Werkes angekreidet werden. H.B. HALLER, FRANZ: Die Welt der Felsbilder in Südtirol. Schalen- und Zeichensteine. Hg. v. Heinz von Lichem. München 1978: Hornung. 248 S., zahlr. Textabb. u. Taf. Ln. DM 78,- Ein kostspielig hergestellter, überaus reich illustrierter Band, der den Großteil der Lebensarbeit des Südtiroler Heimatforschers F. Haller enthält. Der Untertitel charakterisiert den Inhalt genauer, denn figurative Darstellungen gibt es kaum, hingegen viele Schalen- und Näpfchensteine sowie geometrische Symbole. Vielfach scheint ihre astronomische Beziehung zu kalendarisch markanten Punkten des Horizonts festzustehen (S. 239); die sauber dokumentierten Steindenkmäler werden als „Zeugen frühester menschlicher Besiedlung und religiösen Lebens" in Südtirol interpretiert. Das Fortleben alter Anschauungen bis in die Neuzeit macht es freilich oft sehr schwer, neben dem „typologischen" auch das hohe „chronologische Alter" der Fundstücke zu verifizieren. Das Buch hat jedenfalls den Charakter eines Standardwerkes über das bearbeitete Thema. H.B. KEHNSCHERPER, G.: Auf der Suche nach Atlantis. Leipzig,Jena, Berlin 1978 (akzent-Taschenbuch), 128 S. mit zahlreichen Abb. Wenn wir an dieser Stelle ein weiteres Produkt des „Atlantisschrifttums" besprechen, geschieht dies nicht, weil dem Buche von Kehnscherper eine besondere wissenschaftliche Bedeutung zukommt, sondern, um auf einige hier deutlich werdende Tendenzen und allgemeine Probleme dieses Themas hinzuweisen. 430 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Dem interessierten Leser war Prof. Günther Kehnscherper, ein Theologe, bereits durch seine Habilitationsschrift über Erinnerungen der Ofenbarung Johannis an den Santorinausbruch im 2. Jt. v. u. Z. (Kehnscherper 1964; 1972), mehrere Aufsätze über Probleme des 2. Jt., in denen die Ausbreitung der Urnenfelderkultur mit einer Erklärung der Atlantiserzählung im Sinne Spanuths (1965) verband (Kehnscherper 1963; 1969), und eine populäre Darstellung der bronzezeitlichen Kulturen Griechenlands (Kehnscherper 1973) bekannt. Eine ebensolche allgemeinverständliche Schilderung ist auch das vorliegende Werk, in dem Kehnscherper, dem Aufbau der Taschenbuchreihe entsprechend, auch auf ein Literaturverzeichnis und weitgehend auf Nachweise verzichten mußte. Für breiteste Kreise geschrieben, hält es sich in Aufbau und Formulierung an die üblichen Schriften dieses Genres, wobei Versuche, die sich dabei ergebenden Gemeinplätze gelegentlich durch Bemerkungen wie „So oder ähnlich beginnen viele der mehr als 20.000 Veröfentlichungen über Atlantis" (S. 7) zu mildern, eher peinlich wirken. Den Inhalt der Arbeit umreißt der Verfasser mit der Aufgabe, ,,historische Quellen für mögliche Vorlagen Platons zu seinem Atlantisbericht aufzuzeigen, archäologische Untersuchungen zu Rate zu ziehen sowie einige gesellschaftspsychologische Aspekte der Atlantissage zu nennen." (S. 12) Einleitend legt Kehnscherper dar, was er für die Quellen der Atlantisüberlieferung hält. Dabei unterscheidet er nicht zwischen Platons Erzählung, ihren möglichen Quellen und möglichen Nachfolgern, sondern nennt „die wichtigsten Quellen" aus „dem gesamten Quellenmaterial der Überlieferung" (S. 12). Platons Schilderungen im „Timaios" und „Kritias" werden kurz zusammengefaßt. Bereits hier wird deutlich, daß der Verfasser, entgegen seiner Polemik gegen andere Autoren, ebenso wie diese nur Material für seine Auffassungen bietet. So fehlen bei Kehnscherper die Platonischen Ausführungen über Vor-Athen. Er verweist nur darauf, daß die ägyptischen Priester Athen (so bei Kehnscherper) ,,nur sehr kurz", die Atlantis „viel ausführlicher" (S. 14) schilderten. Das damit begründete übergehen jener Passagen erschwert, ja verhindert m. E. jedoch das Verständnis des Gesamtproblems. Der Leser hat so keine Möglichkeit, die staatsphilosophischen Ziele Platons zu erkennen. Die chronologischen Beziehungen des Geschehens zur mythologischen Vorgeschichte Athens verschwinden. Schließlich gibt ein Vergleich von Platons historischen und topographischen Angaben mit den tatsächlichen frühgeschichtlichen Verhältnissen, mit der Topographie zur Zeit Platons und mit der Kenntnis jener Zeit über Gestalt und Verfassung des frühgeschichtlichen Athen einen guten Einblick, welche Kenntnis der Vergangenheit wir bei Platon erwarten können. Diese Prüfung sollte nicht nur auf einige Aspekte wie die sogenannte Pelasgermauer und den Brunnen der Akropolis beschränkt bleiben ( vgl. Franke 197 8), sondern außer der Topographie auch sozialökonomische, kulturelle und politische Analysen umfassen. Hier, nicht im Vergleich der Berichte mit einer unsicheren Atlantislokalisierung, lassen sich Genauigkeit und historiographischer Wert der Erzählung Platons bestimmen. Kehnscherper gibt dann die bekannten Vorstellungen über die Atlantis wieder; auf zwei mir unrichtig erscheinende Deutungen sei kurz verwiesen: Hauptstadt war nicht nur die von Gräben und Wällen durchzogene Insel, mit Burg und Tempel (S. 15), sondern auch die von einer Mauer 50 Stadien im Umkreis umgebenen Stadt (Krit. 117 d, e); nicht nur die 60.000 Feldhauptleute waren ständige „Bewafnete" ( S. 16), sondern zumindest auch die Besatzungen der 1200 Schiffe (Krit. 118 e -119 b). Als weitere Quellen der Überlieferung nennt der Verfasser Homers Darstellung des Phäakenlandes und die ägyptischen Inschriften in Karnak und Medinet Habu über die Seevölker und stellt damit „schon im Vorwort entscheidende Weichen" (S. 7) für die von ihm bevorzugten Spanuthschen Hypothesen. Anstelle der Aufnahme Diodors von Sizilien als „des letzten ernstzunehmenden (sie!) Zeugen der Antike" (S. 13) wäre wohl eine Beachtung Herodots angebracht gewesen. Als Analogien dafür, daß alte, auch sagenhafte Berichte zutreffende Überlieferung enthalten können, nennt Kehnscherper die chinesischen Berichte über riesige „Erdratten" in Sibirien, die auf Mammutfunde zurückgehen sollen, und die Dichtungen Homers. Angenehm berührt seine entschiedene Stellungnahme gegen die Spekulationen v. Dänikens. Ein wesentliches Ergebnis von Kehnscherpers Buch ist die Verknüpfung der Geschichte der Atlantisanschauungen mit der allgemeinen Kulturgeschichte. Seit der Spätantike war die Atlantis 431 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 ,,zunächst kein historisch-geographisches Problem mehr, sondern ... für Jahrhunderte ... Inbegriff der Träume Enttäuschter und . . . Spiegelbild gesellschaftsbedingter Utopien" (S. 32); mit seinem Namen verbanden sich Vorstellungen von Goldländern und Schatzinseln. Erst die frühbürgerliche Entwicklung seit dem Ende des Mittelalters vertiefte das Interesse wieder. Die großen Entdeckungen ließen die Atlantis erneut zum geographischen Begriff werden, ohne daß damit feste Lokalisierungen im Sinne moderner „Atlantisforschung" verbunden waren. Der Name Atlantis gestattete, ,,die neuen gesellschaftlichen Ideale und Staatsideen des aufstrebenden bürgerlichen Lebens zu gestalten" (S.4 9), was am deutlichsten Francis Bacons „Nova Atlantis" zeigt.C harakteristisch ist auch die Übereinstimmung von Platons idealem Grundriß der Atlantishauptstadt und den Idealstadtpänen des 16.u nd 17.Jahrhunderts. In der zweiten Hälfte des Buches geht Kehnscherper auf die verschiedenen neueren Auffassungen über eine Lokalisierung der Atlantis ein und nähert sich bei diesen Schilderungen langsam den von ihm vertretenen Anschauungen. Manches in diesem Teil liest man nur mit Unbehagen. Es ist jedoch typisch für die Arbeitsweise des Autors. Er lehnt - durchaus zu Recht - die Identifierung der Atlantis mit einer atlantischen Landbrücke ab, da eine geologische Erscheinung dieses Alters mit einer Kultur, die Pferderennen und Bronzeguß kannte, nichts zu tun haben kann. Umgeben ist diese Stellungnahme aber von kritiklos übernommenen Legenden, wie sie Donelly (1911) und Braghine (1939) verbreiteten. Kehnscherper verrät hier Unsicherheit auf archäologischem Gebiet, die den Rezensenten jedoch noch keine hinreichende Entschuldigung dafür zu sein scheint, daß ein Hochschullehrer von „Obelisken mit übereinstimmenden Hieroglyphen" beiderseits des Atlantischen Ozeans spricht (S. 56), der Pyramidenmystik Berechtigung zuerkennt oder behauptet, die Ägypter wären „vom einfachen steinzeitlichen Grab bis zu den vollendeten Riesenpyramiden ohne Zwischenstufen innerhalb von 50 bis 100 Jahren" (S. 61) fortgeschritten. Ein Blick in ein prähistorisches oder ägyptologisches Standardwerk hätte den Autor vor dieser Bloßstellung bewahrt. Aus der kurzen Diskussion und Ablehnung der Aufassungen von A. Schulten (1922) und R. Hennig ( 1925) leitet Kehnscherper über auf „eine zweite große Quelle neben Platons Berichten: den Homerischen Gesang vom Aufenthalt des Odysseus im Phäakenland. (Od. V, 400 ff.)" (S. 82), indem er aus Hennigs Tabelle über die Gemeinsamkeiten von Schultens Tartessos, Platons Atlantis und Homers Phäakenland die beiden letzten Spalten wiedergibt (zur Ehrenrettung von Schulten sei betont, daß er keineswegs von einer simplen „Gleichsetzung ,Atlantis - Tartessos' völlig überzeugt" war (S. 80), sondern in dem andalusischen Tartessos das Vorbild wichtiger Züge der Platonsehen Atlantis sah). Kehnscherper hält diese Gegenüberstellung für einen ,,Meilenstein für die Homerforschung u n d die Atlantislösung" (S. 83). Es lassen sich tatsächlich verschiedene Entsprechungen feststellen, wenn auch der Behauptung des Autors, ,,daß heute die Identität Atlantis - Phäakenland nicht mehr bestritten wird," (S. 82) nicht beigepflichtet werden kann. Außer Zweifel steht seine Annahme, daß Platon die Gesänge Homers gekannt hat, doch scheint dies m.E. eher gegen die Interpretation Kehnscherpers zu sprechen. Homers Epen gehören wie heute die Werke Dantes oder Goethes zum allgemeinen Bildungsgut, ihre Topoi flossen und fließen in die Werke späterer Künstler ein; daher sieht der Rez.e ine Aufnahme phäakischer Motive in die Atlantiserzählung durchaus als wahrscheinlich an. Es dürfte also die Tragfähigkeit von Kehnscherpers Annahme überschreiten, wenn er nach den mykenischen Quellen Homers auch den zeitlichen Rahmen der Atlantistradition festlegen will, zumal Homer auch Verhältnisse der submykenischen, protogeometrischen und geometrischen Zeit wiedergibt. Kehnscherper sucht in diesem Rahmen nach Angrifen gegen Athen, Mykene, Kreta oder Ägypten und kommt so zu den Kämpfen Ägyptens gegen die Seevölker. Dabei referiert er auch Fragen der früheren Besiedlung der Sahara und des alten Kulturzentrums am Schott el Djerid (Tritonsee). Das große Fresko aus dem „Westhaus" von Akrotiri auf Thera (Santorin) wird als Beweis für bronzezeitliche Beziehungen der Ägäis zu Libyen herangezogen. Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht das Seevölkerproblem und seine Verknüpfung mit der Antlantiserzählung. Der Autor gibt seine Aufassungen nicht so entschieden im Sinne Spanuths wieder wie 1963 und 1969, hält sie aber in allen wesentlichen Punkten aufrecht. Danach seien im Verlaufe von Naturkatastrophen der späten Bronzezeit weite Küstenstriche bei Helgoland in der 432 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Nordsee versunken; überall (Hethiterreich, Mitteleuropa, Balkan) kam es zu furchtbarem Mangel und Hunger. Schwere Vulkanausbrüche (1400 v. u. Z. Santorin) erschütterten das Mittelmeergebiet. Vom nördlichen Mitteleuropa ausgehend wären zahlreiche Stämme in eine Wanderbewegung geraten, hätten Ungarn und Makedonien durchzogen, nach der Vernichtung der minoischen Seemacht durch den Santorinausbruch Kreta besetzt und gleichzeitig das Hethiterreich zerstört und Syrien erreicht (etwa 1225 v. u.Z.). Eine zweite Welle grif 1191 v.u.Z. Ägypten an und wurde geschlagen. Diese Völker wären in den ägyptischen Quellen als aus den Nordseegebiet stammend festzustellen. Kehnscherper meint, sein so entworfenes Bild decke sich weitgehend mit dem Bericht Platons. Es ist hier nicht der Ort, eine allseitige Auseinandersetzung mit diesen Ansichten zu führen. Das erhebliche Echo, das J. Spanuth ( 1965) in vielen Sachbüchern - wie auch dem vorliegenden - gefunden hat, zwingt aber zur Stellungnahme. Dabei geht der Rez. nicht auf die seit langem überholte Katastrophentheorie, einen Eckpfeiler dieser Hypothese, ein. Ebenso muß hier darauf verzichtet werden, die extrem migrationistische Aufassung der Urnenfelderkultur zu kritisieren. Der Verfasser überspannt den zeitlichen Bogen erheblich, wenn er einen Ausbruch des Santorin von 1400 v.u .Z. mit Ereignissen von 1225/1200 in Verbindung bringen will. Diese Diskrepanz verstärkt sich noch durch die wirkliche Datierung des Ausbruchs. St. Hiller konnte in einer vorbildlichen Darstellung (1975) eine Ausdehnung der „Katastrophe" über ein Jahrhundert (1560/50 bis 1470/50) nachweisen, etwa in die Mitte (1520/10) fällt die Zerstörung von Akrotiri, die auch Sp. Marinatos mit dem Ausbruch zwischen 1520 und 1500 verband (1973). Das Fresko von Akrotiri kann also über ägäisch-libysche Kämpfe um 1200 ebensowenig aussagen wie eine Besetzung Kretas um diese Zeit von dem Vulkan beeinflußbar war. Wenig zutrefend sind die Behauptungen über das Hethiterreich. Durch Naturkatastrophen verursachte Hungerjahre sind nicht bewiesen; Hungersnöte waren in Kleinasien nicht selten; der Absender einer Bitte um ägyptisches Getreide ist zudem nicht genau zu bestimmen (Klengel 197 4; vgl. Bittel 1977, Anm. 31). Weder die schriftliche Überlieferung noch die archäologischen Befunde lassen irgendeine äußere Gefahr erkennen, auf die sich die Hethiter vorbereitet hätten (Otten 1977; Bittel 1977). K. Bittel betont, daß es bisher keine Funde im hethitischen Bereich Anatoliens gibt, die auf einen Einfall, gar von Einwanderern aus dem Norden, hindeuten. Kernstück der Seevölkerhypothese ist eine Inschrift Ramses III. in Medinet Habu, die hier in der neuesten Übersetzung durch W. Helck ( 1977) zitiert sei: ,,Ich (= der König) schütze es (= Ägypten) und wehre ihm die Neunbogenvölker ab, die Fremdländer, die alle zusammen die Trennung vollzogen von ihren Inseln, aufbrechend und verstreut unter die Truppen der Länder. Es konnte aber kein Land gegen ihre Kraft bestehen, von Hatti, Qadi (= Kizzuwatna), Karkemisch, Arzawa und Alasia an; und abgeschnitten von ihrem Land schlugen sie ein Lager auf zusammen im Inneren von Ammurru, seine Leute vernichtend und sein Land, als sei es nie gewesen. Sie kamen nun, indem die Flamme vor ihnen brannte, vorwärts gegen Ägypten, ihre Zwingburg ( ?), Die Philister, Zikar, Sakalus, Danu und Wasas, verbündete Länder, legten ihre Hände auf alle Länder bis ans Ende der Welt, indem ihre Herzen Vertrauen hatten und sie zuversichtlich waren: Unser Plan gelingt. Doch die Überlegungen dieses Gottes, des Herrn der Götter, bereitete Schrecken . . . etc." Der Text ist durchzogen von einer traditionellen Phraseologie, die wir in Medinet Habu auch in anderem Zusammenhang finden. Verhängnisvoll wirkte sich die Aufzählung der nördlichen Gebiete aus; durch sie wurde der Eindruck erweckt, die Seevölker hätten, von Norden kommend, das Hethiterreich und die syrischen Staaten vernichtet. In Wirklichkeit ist es eine stereotype Phrase, die mit Ereignissen im Norden - in Ammurru - verbunden wurde. Sonst widerspräche es auch den Erkenntnissen, die bei quellenkritischer Betrachtung der Aussagen über die Seevölker gewonnen wurden. Die Ägypter sahen in ihnen Seepiraten, die ohne Verbindung zu ihren - den Ägyptern unbekannten oder nicht genannten - Heimatländern die Küsten beunruhigten und als Gefangene gern als Soldaten eingesetzt wurden. Diesen „Freibeutern" ist ein Eroberungszug durch Kleinasien und Syrien nicht zuzuschreiben. Helck schließt seine überzeugende Untersuchung mit den Sätzen: ,,Nach den ägyptischen 433 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Texten haben wir es nicht mit einer Völkerwanderung zu tun, die etwa über Anatolien nach Syrien und bis an die ägyptische Grenze gelangte, sondern es sind eher Piraten der (west- und südanatolischen) Küste - man denke an die Lukki und Damun -, die Träger dieser Ereignisse sind. Erst der Vorstoß aus Ammurru gegen Ägypten nimmt die Form einer ,Völkerwanderung' an, wobei die (in Medinet Habu abgebildeten) Frauen wie die von syrischen Buckelrindern gezogenen Karren aus den besetzten syrischen Gebieten stammen." Geben die ägyptologischen Untersuchungen schon keinen Anlaß, die Seevölker der Texte mit den Trägern der frühen Urnenfelderkultur gleichzusetzen, so fehlt auch archäologisches Evidenzmaterial für solche kontinentumspannende Wanderungen. Am entschiedensten ist W. Kimmig ( 1964) für eine Einwanderung der Seevölker eingetreten; seine Herleitung aus Südosteuropa - die nördlichste, die sich archäologisch vertreten läßt - hat jedoch nur bedingte Zustimmung gefunden. Immer klarer zeichnet sich ab, daß in einer Zeit allgemeiner Unruhe in den Stämmen und Staaten und zwischen ihnen ein aufeinander ausgeübter Druck zu einer Vielzahl von Beutezügen, Kriegen, Wanderungen und Landnahmen führte, daß die Strukturänderungen der beginnenden Jungbronzezeit nicht in einer „Großen Wanderung", sondern einem Zusammenhang dynamischer Prozesse erfolgten. Die Verbindung einer Nordseekultur mit den Ereignissen am östlichen Mittelmeer ist abzulehnen. Für das von Kehnscherper vertretene Kulturzentrum vor der Elbmündung und seinen Untergang fehlt jeder gültige Nachweis. Die Antwort des Verfassers auf die Frage, wer die Atlanter waren - er sieht sie in „einem politischen und militärischen Bündnis verschiedener Völkergruppen im Bereich der frühen Urnenfelderkultur, der ,Nord- und Seevölker'" (S. 122) - muß daher zurückgewiesen werden. Auf geringfügige Errate braucht hier nicht hingewiesen zu werden, etwa, wenn Kehnscherper Polyphem als Kyklopen bezeichnet (S. 21; dagegen jetzt Pischel 1974/75) oder die Altkanarier pauschal Guanchen nennt (S. 55); wenn er mit den Worten „Selbst die Erdkarte des Guido aus dem Jahre 1119 verdeutlicht uns, wie sehr noch 1500 Jahre nach Plato die tatsächliche Lage der Länder und Küstenlinien verkannt wurde" (S. 29) einen geradlinigen Aufstieg von Wissenschaft und Kultur unterstellt oder ein assyrisches Relief mit „So machten es die Ägypter" erläutert (S. 58). (Rez. hätte es auch lieber gesehen, wenn der Verfasser die Atlantis als Femininum behandelt hätte.) Weitaus schwerer wiegt ein Vergleich der an andere Autoren gerichteten Forderungen mit Kehnscherpers eigenen Leistungen. Sein Vorwurf „Eine Datierung des Unterganges der Insel wird nicht versucht" (S. 8), die Behauptung, man habe die Frage vernachlässigt, w a n n die Atlantis untergegangen sei (S. 88; nachgerade eine Standardbehauptung in neueren einschlägigen Werken), dürften sich, nachdem die von Platon geschilderten Verhältnisse als im Kern bronzezeitlich anerkannt wurden (vgl. Brandenstein 1951; Luce 1969), erübrigen. Seine eigenen Vorstellungen über Datierung und Chronologie in der Urgeschichte sind dagegen bestürzend. ,,Am Amazonas entdeckte der Franzose Homet eine neolithische Kultur der Großsteingräberleute. Allein schon durch den Einsatz modernster technischer Mittel war diese Expedition zweifellos eine aufwendige Sache und die Entdeckung einer Steinzeitkultur in diesen Breiten ein unerwartetes Forschungsergebnis. Diese Kultur ist so alt, daß ihre Jäger noch Sauriern begegneten und sie in Felszeichnungen abbildeten." (S. 9) Bereits der Terminus „Großsteingräberleute" ist archäologisch so festgelegt, daß er sich hier verbietet; der Versuch, Südamerika die Steinzeit zu bestreiten, läßt erstaunen. Ein Universitätsprofessor, der nicht nur Saurier bis ins Neolithikum leben läßt, sondern gar dieses in den Jura datiert, dürfte in der Wissenschaft des 20. Jahrhunderts ein Novum sein . . . Ähnlichen Phantastereien erliegt der Autor, indem er „den Absturz eines kleinen Mondes am Ende des Tertiärs" annimmt und mit einer Flutwelle zu verbinden sucht, ,,die längere Zeit um die Erde raste und in Tiahuanaco Hafenanlagen notwendig machte" (S. 47). Auf anderer Ebene verrät der Verfasser seine beschränkte Einsicht in geschichtliche Abläufe auch in den Ausführungen zur Entwicklung der Menschheit seit 600.000 Jahren (S. 53 f.). Er konzentriert sich auf den Übergang zum Jungpaläolithikum, dem Auftreten des Homo sapiens und betont diesen Prozeß als „plötzlich", ,,spontan und geradezu unerklärlich". Dabei übersieht er, 434 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 daß die ganze Entwicklung der Menschheit aus Phasen evolutionären, quantitativen und revolutionären, qualitativen Voranschreitens besteht. Entscheidende Etappen sind auch mit dem Übergang zu Ackerbau und Viehzucht oder - in jüngerer Zeit - mit der industriellen Revolution des 18. und 19. Jhs. verbunden. Einige Archäologen sprechen sogar explizite von einer „jungpaläolithischen Revolution" (Feustel 1968). Dieser Prozeß ist jedoch nicht geheimnisvoll, sondern unterliegt den allgemeinen Gesetzen der menschlichen Entwicklung und beruht auf Ursachen und Grundlagen, die erkennbar und z. T. bereits erforscht sind ( daß die von Kehnscherper genannten Beispiele verschiedentlich falsch sind, sei am Rande bemerkt). Kehnscherpers Schrift kann wegen der historischen, besonders prähistorischen Fehler und Schwächen und wegen des eigenwilligen Umganges mit den Quellen - von der Auswahl bis zur Wiedergabe - nicht befriedigen. Suchen wir nach bleibenden positiven Ergebnissen des Buches, ist dreierlei hervorhebenswert. Der Verfasser formuliert das Motiv ernsthafter Beschäftigung mit der Atlantis. Seine Forderung, ,,die antiken, humanistischen Traditionen nicht kampflos und unwidersprochen den Atlantisschwärmern (zu) überlassen", ist nicht nur durchaus ehrenwert, sondern m. E. einer der wichtigsten Gründe, der uns immer wieder zur Beschäftigung mit der im Verhältnis zu ihrer historischen Bedeutung übermäßig oft behandelten Atlantissage zwingt. Einen entscheidenden Fortschritt erzielte Kehnscherper, als er die meist üblichen Aufzählungen der verschiedenen Theorien und Spekulationen wenigstens teilweise in einen größeren Zusammenhang stellte. Zwar lag dieser Schritt seit langem nahe, doch m.W. erkannte erst Kehnscherper, daß auch hier die Geschichte der menschlichen Torheit mit der Geschichte der Weisheit untrennbar verbunden ist. Rez. glaubt, daß auf diesem Wege die verkrampfte Haltung eines großen Teiles der Fachwissenschaft zu der Platonischen Atlantiserzählung und ihren historischen Grundlage gelöst werden kann. Derartige Untersuchungen sollten also vertieft und fortgeführt werden. Schließlich ordnet sich das Buch in die derzeitige Tendenz ein, auf eine buchstabengetreue Lösung der Atlantisfrage zu verzichten. Bedenken wir, wie sehr Kehnscherper an seine früheren Schriften und Spanuths Hypothesen gebunden ist, muß seine Stellungnahme doch als zurückhaltend bezeichnet werden. Der Schritt zur Auflösung der Überlieferung in ihre verschiedenen Quellen und Schichten, wie sie etwa H. Biedermann erkannte und zu untersuchen begann (1975), war ihm allerdings durch seine vorgefaßte Meinung verstellt. LITERATUR BIEDERMANN, H .: 197 5 Die versunkenen Länder. Graz. BITTEL, K.: W. Bernhard 1977 Das Ende des Hethiterreiches aufgrund archäologischer Zeugnisse. In: Jahresbericht des Instituts für Vorgeschichte der Universität Frankfurt am Main 1976, München, S. 36 f. BRAGHINE, A.: 1939 Atlantis. Stuttgart. BRANDENSTEIN, W.: 1951 Atlantis - Größe und Untergang eines geheimnisvollen Inselreiches. Wien. DONELLY, I. 1911 Atlantis, die Welt vor der Sintflut. Eßlingen. FEUSTEL, R.: 1968 Evolution und Revolution im Ablauf der Steinzeit. In: Ethnographisch - Archäologische Zeitschrift IX, S. HELCK, W.: 1977 Die Seevölker in den ägyptischen Quellen. In: Jahresbericht des Instituts für Vorgeschichte der Universität Frankfurt am Main 1976. München, S. 7 f. 435 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 HENNIG,R.: 1925 Von rätselhaften Ländern. München. HILLER, St.: 1975 Die Explosion des Vulkans von Thera und andere ägäische Zerstörungshorizonte zu Beginn der späten Bronzezeit. In: Gymnasium LXXXII, S. 32 f. KEHNSCHERPER, G.: 1963 Neue Hinweise der ur- und frühgeschichtlichen Forschung auf den Weg der Nord- und Seevölker (Atlanter), Hamburg. 1969 Wanderwege der Nord- und Seevölker. II. über die Zusammensetzung der frühen Urnenfelderbewegung (Koalition der Nord- und Seevölker) und den Umfang ihrer Abwanderung. Otterndorf. 1972 Und die Sonne verfinsterte sich. Archäologische Forschungen um das letzte Buch der Bibel. Halle. 1073 Kreta - Mykene - Santorin. Berlin, Leipzig, Jena. KIMMIG, W.: 1964 Seevölkerbewegung und Urnenfelderkultur. Ein archäologisch-historischer Versuch. In: Studien aus Alteuropa I. Köln, Graz, S. 220 f. KLENGEL, H.: 1974 Hungerjahre in Hatti. In: Altorientalische Forschungen I. Berlin, S. 165 f. LUCE,J. V.: 1969 Atlantis - Legende und Wirklichkeit. Bergisch-Gladbach. MARINATOS, Sp.: 1973 Ethnic Problems Raised Recent Discoveries on Thera. In: R. A. Crossland and A. Birchall (ed.), Bronce Age Migrations on the Aegean. Archeological and linguistic Problems in Greek Prehistory. London, S. 199 f. OTTEN,H.: 1977 Zum Ende des Hethiterreiches aufgrund der Bogazköy-Texte. In: Jahresbericht des Instituts für Vorgeschichte der Universität Frankfurt am Main 1976. München, S. 22 f. PISCHEL, B.: 1974/7 5 Tunesischer Topos I. In: Almogaren V-VI. Graz, S. 177 f. Tim.: Platon, Timaios. In: Sämtliche Werke V, Reinbek, S. 141 f. Krit. Platon, Kritias. In: Sämtliche Werke V. Reinbek, S. 215 ff. SCHULTEN, A.: 1922 Tartessos. Hamburg. SPANUTH,J.: 1965 Atlantis. Tübingen. LAUF, DETLEF 1.: Eine Ikonographie des tibetischen Buddhismus. 20 S. Einführung, 92 Kunstdrucktafeln (davon 8 in Farben) mit ausführlicher Beschreibung auf den gegenüberliegenden Seiten, insges. 206 Seiten, Format: 22 x 28,5 cm, Ganzleinenbd.,farbiger Schutzumschlag. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1979. Die Anzeige des Buches von Detlef I. Lauf in den IC-Nachrichten Nr. 30 und das Echo, das sie gefunden hat, hat deutlich gezeigt, daß nicht nur Tibetologen oder Indologen an der faszinierenden Welt der lamaistischen Ikonographie Interesse haben. Die Vielgestaltigkeit und der überquellende Formenreichtum tibetischer Wandmalereien, Thangkas und Bronzeplastiken sind auch für einen breiteren Kreis kulturhistorisch Interessierter Anlaß genug, sich mit dieser Bilderwelt auseinander- 436 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 zusetzen, deren Strukturen zum Teil traditionsbedingt sind, zum anderen jedoch aus den Tiefenschichten der Persönlichkeit zu stammen scheinen. Dieser Umstand hat auch dazu geführt, daß Tiefenpsychologen sich wiederholt mit der alttibetischen Bilderwelt auseinandergesetzt haben. Auch ältere Werke wie „Die gelbe Kirche" von Bleichsteiner (Wien 1937) werden immer wieder in den Antiquariats-Suchlisten erwähnt. Ist Tibet selbst auch derzeit praktisch unzugänglich, so befassen sich dennoch zahllose „Suchende" mit dieser Region, die in unseren Tagen für den Europäer so verschlossen ist wie in den Tagen der ersten Kundfahrten von Sven Hedin. D. I. Lauf ist der Autor zahlreicher Werke über Religion und Geisteswelt von Tibet, und sein neues Buch stellt eine hervorragende Einführung in die traditonelle Ikonographie dieses Raumes dar. Die Farbtafeln deuten das Kolorit der Kunstwerke an, die Schwarzweiß-Abbildungen ihre viel zu wenig beachteten graphisch-plastischen Qualitäten. Auch bisher unpubliziertes Basismaterial wird dargeboten, wobei auch die vorbuddhistische Bon-Religion nicht vernachlässigt wird (vgl. dazu auch: R. v. Nebesky-Wojkowitz: Oracles and Demons of Tibet. The Cult and Iconography of the Tibetan Protective Deities. Den Haag 1956, Reprint Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1975). Der Umstand, daß tibetische Namen orthographisch (für den Nicht-Tibetologen praktisch unaussprechlich) und nicht phonetisch wiedergegeben werden, macht die Lektüre für allgemein religionsethnologisch oder ikonographisch Interessierte freilich etwas schwierig. LUKAN, KARL: Hergottsitz und Teufelsbett. Wanderungen in die Vorzeit. Wien 1979: Jugend und Volk. 246 S., zahlr. Textabb., 32 Taf Ln. öS 248,- H.B. Sehr ansprechende populäre Schilderung ur- und frühgeschichtlicher Denkmäler aus Österreich und ihrer Verankerung im Volksglauben, besonders im Sagenschatz (Quellen, Schalensteine, heilige Felsen und Bäume, Felsritzbilder, Wallfahrten, ,,Erdställe" u.a.). Dieses Buch ist hervorragend dafür geeignet, in breiteren Leserkreisen Interesse und Aufmerksamkeit für die mannigfachen Monumente und Überlieferung aus alter Zeit zu wecken, zumal der Autor die beschriebenen Stätten selbst besucht hat. Gutes Bildmaterial. H.B. MÜLLER - STELLRECHT, IRMTRAUT: Materialien zur Ethnographie von Dardistan (Pakistan). Aus den nachgelassenen Papieren von D. L. R. Lorimer. Teil 1 - Hunza. 384 Seiten, 1 Foto, mehrere Tabellen. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1979. Leinen. öS 980,- Eine wertvolle Monographie über das Hunza-Volk im nördlichen Kaschmir, das vor einigen Jahren in Europa infolge von übertriebenen Berichten als „das Volk, das keine Krankheit kennt" (E. 0. Bircher) berühmt wurde. Der Ethnograph und Linguist Lorimer (1876-1962), aus dessen nachgelassenen Aufzeichnungen Frau Müller-Stellrecht dieses Buch herausgegeben und kommentiert hat, sammelte die einschlägigen Berichte in einem Ordner mit der Aufschrift „Hunza Humbug". Davon abgesehen ist das völkerkundliche Material, das hier dargeboten wird, eindrucksvoll genug, und die altertümliche Kultur des Hunza-Volkes enthält zahlreiche Züge, die überregional Beachtung verdienen. Dazu gehören Lorimers Berichte über „Calendar and Economic Years - The sun months, Traditional festivals", weiters die Abschnitte, die sich mit der Religion befassen (,,Spirits of the Dead; Future life; Shrines near particular stones, and near graves of holy men"), 437 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 dann die Kapitel über „Sorcery" und „Shamanism" und Proben aus dem traditionellen Erzählgut. Schamanen (bitan) werden von der Anlage her als psychisch unstabil und reizbar geschildert - eine Eigenschaft, die sich erst ändert, wenn der Aspirant Kontakt zu den „guardian fairies" gefunden hat, als deren Sprachrohr er dann wirkt. Nach Ansicht der Herausgeberin ist jedoch der HunzaSchamanismus, der vom Islam ofenbar nicht völlig verdrängt werden konnte, erst sekundär vom Süden her in das Wohngebiet des Volkes eingedrungen. - Eine beispielhafte ethnographische Publikation, die in keiner Fachbiliothek fehlen sollte. H.B. RUST, ALFRED: ,,Urreligiöses Verhalten und Opferbrauchtum des eiszeitlichen Homo sapiens". Karl Wachholz Verlag, Neumünster 1974. Der Autor, der auf eine mehr als fünfzigjährige Erfahrung auf dem siedlungsarchäologischen Gebiet im nordwestdeutschen Flachland zurückblicken kann, gräbt u. a. seit 1932 im 20 km nordöstlich von Hamburg entfernten Ahrnsburger Tunneltal nach jungpaläolithischen Siedlungsspuren der nordischen Renjäger. Als Ergebnis dieser Grabungen läßt sich folgende Zusammenschau geben: Nach Abschmelzen der Würmvereisung, etwa 14.000 Jahren vor unserer Zeit, drangen jungpaläolithische Jäger, Träger der sogenannten „Hamburger Kultur", ihrem Hauptnahrungstier, dem Ren, folgend, als Erstpioniere in das kultursterile nordwestdeutsche Flachland vor und hinterließen, durch in Teiche versenkte organische und anorganische Objekte ausdeutbar, eine fast allumfassende Schilderung ihrer Lebens- und Glaubenshaltung. Zwischen 13.000 und 11.000 vor heute, in der hoch temperierten Allerödschwankung, wanderten das Ren und mit ihm die Renjäger noch weiter nach Norden ab. Aus dem Süden drangen andere Kulturgruppen nach, die im weiteren Sinne Träger des späten Magdaleniens waren und die in die zahlreich vorhandenen Teiche weder Opfergaben noch Abfälle einbrachten. Nach der zwischen 11.000 und 10.000 Jahren vor unserer Zeit stattgefundenen Klimadepression wanderte das Ren wieder in dieses Gebiet ein und wurde nun von den Trägern der „Ahrnsburger Kultur" bejagt, die (wie die „Hamburger") ethnisch an Vorläuferpopulationen östlichen Ursprungs gebunden waren. Die „Ahrnsburger" legten wieder Opfergaben in die Teiche, bis mit Beginn des endgültigen Klimaumbruches, spätestens um 9.000 vor unserer Zeit, die Teiche verlandeten und die hinterlegten Votivgaben auf das treflichste konservierten. Den Trägern der „Hamburger" und der „Ahrnsburger' Kultur waren gemeinsam: die Wahl der Opferteiche (sie bevorzugten steilufrige Teiche mit tiefem Wasser, welches die Opfergaben vollständig bedeckte); die „Ausstattung" derselben: in größtmöglicher Beschränkung wurden Einzelknochen von allen im Biotop vorkommenden Warmblütern sowie Geräte des täglichen Lebens und Wafen „beschreibend" eingebracht, darunter ein mit Wellengravur ( ! ) versehener Pfriem und ein Riemenschneider; letztlich ein nach heutiger Rechnung rund zehnprozentiger Beuteanteil ihres Hauptnahrungstieres, des Rens, wobei jährlich ein zweijähriges, weibliches Ren ganzkörperlich in den Opferteich versenkt wurde. Von allen anderen erlegten Rentieren wurde immer nur ein zehnprozentiger Beuteanteil eingebracht. Erwähnenswert sind auch die Vergleiche,die der Autor am Schluß des Buches mit der zur selben Zeit in Südwesteuropa zur Hochblüte gelangenden Höhlenmalerei zieht. Axel Huber 438 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 SALZBURGER HÖHLENBUCH: Bd. 3, Hrsg. Walter Kappacher und Harald Knapczyk. 488 S. mit 140 Plänen und Zeichnungen, 75 Farbbildern, 275 Schwarzweißfotos und 2 Kartenbeilagen. Landesverein für Höhlenkunde (Getreideg. 5 6, 5 020 Salzburg), 19 79. Einzelpreis öS 5 20,- Der Band stellt in seiner Gesamtheit eine imponierende Leistung dar, sowohl was das Buch betrift als auch im Hinblick auf die speläologisch-touristischen Unternehmen, die für seine Publikation nötig waren. Zu den zahlreichen Detailgebieten, die hier zur Sprache kommen, gehören Geologie und Karsthydrologie, Glazialmorphologie und Paläontologie, Geschichte und Volkskunde (Sagen, Felsritzbilder). War es zunächst die nie geleugnete Freude am Erforschen der großen und kleinen Höhlen und an der damit verbundenen sportlichen Leistung, kam doch bald auch die wissenschaftliche Vertiefung der Dokumentationsarbeit dazu, die das „multidisziplinäre" Gebiet der Höhlenforschung zu dem wertvollen Gesamtkomplex machte, der sich in diesem Band klar genug darstellt. Er gliedert sich in die Regionen Hochkönig, Hagengebirge ( mit der großartigen, 194 7 entdeckten Tantalhöhle) und Göll-Roßfeld. Den zahlreichen Mitarbeitern ist Dank und Anerkennung der Wissenschaft gewiß. In dem Abschnitt über die Ritzzeichen (S. 110-121) tauchen auch die Namen unserer Mitglieder Repis, Nowak und Wollenik auf. Richtig ist, daß „man von Inhalt und Darstellung der Felsbilder nicht unbedingt auf die Entstehungszeit schließen kann", wobei jedoch zu bezweifeln ist, daß sie mit der „Mitra-Sage" (= Mithrasmythologie) etwas zu tun haben. Nicht zu bezweifeln ist der Satz „Die Zukunft gehört einer systematischen Bestandsaufnahme." H.B. WEBER, GERTRUD und MATTHIAS STRECKER: Petroglyphen der Finca Las Palmas (Chiapas, Mexico). Erschienen in der Reihe ,,Die Amerikanischen Felsbilder", Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1980. 1 Band (27 x 35,5 cm), 80 Seiten Text mit 32 Abb. und Kartenskizzen, 24 Tafeln mit 56 Schwarzweiß- und 4 Farbbildern. Ganzleinen. Ladenpreis: öS 1.110,-. Der auf der letzten Seite der IC-Nachrichten Nr. 32/1979 als „in Kürze erscheinend" avisierte monographische Band liegt nun bereits vor - eine stattliche Publikation über eine in ihrer Art sehr bemerkenswerte Felsbilderfundstätte am Rio Grijalva. Die altmexikanischen Hochkulturen haben daran nur wenig Anteil, nur ein olmekoides Reliefköpfchen und ein Schlangenkopf im zapotekischen Stil weisen auf sie hin. Der Rest der Petroglyphen besteht aus eingemeißelten Mulden, Näpfchen, geometrischen Figuren und formschönen Spiralen, die vermutlich einst zu Opfersteinen oder Altären gehörten. ,,Stein 18" (Abb. 15) mit Mulden die durch Kanäle verbunden sind, einer Spiralrinne und einem möglichen Libations-Ablaufkanal erinnert erstaunlich an alte Kultplätze der Kanarischen Inseln (vgl. IC-N. 32/1979, S. 16-17). Häufig vorkommende, regelmäßig ausgemeißelte Gruben in H- oder besser Doppel-T-Form erinnern an die Grundrisse altmexikanischer Ballspielplätze. Die figuralen (anthropomorphen und zoomorphen) Ritz- und Punzfiguren sind von einfacher Strichmännchenqualität, ,,Leitern" erinnern an Petroglyphen in der LoltunHöhle (Yucatan) und von den Antillen. Die anspruchslose Archaik der Figuren ist angesichts der nahen mittel- bis spätklassischen Kultstätte von Lopez Mateos mit ihren etwa 45 Bauwerken überraschend. Vermutlich rühren die Funde von der Finca Las Palmas von einem einfachen Volksstamm her, der um 800 n. Chr. im Bannkreis der Hochkultur, aber doch weitgehend unabhängig von ihr lebte und seinen Göttern opferte. H.B. 439 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 WÖLFEL, DOMINIK JOSEF (Hrsg.): Leonardo Torriani ,Die Kanarischen Inseln und ihre Urbewohner', eine unbekannte Bilderhandschrift vom Jahre 15 90. Reprint der Ausgabe Leipzig 1940. 342 Seiten, 24 Abb., kartoniert. Burgfried-Verlag, Hallein 1979. Preis öS 580,- Zu den größten Verdiensten Wölfels gehört es, die wertvolle Primärquelle - Torrianis etwa 100 Jahre nach der spanischen Eroberung verfaßte „Descrittione" des Archipels und seiner Ureinwohner - in Coimbra aufgestöbert, transkribiert, kommentiert und mit reichem Anmerkungsteil veröfentlicht zu haben. Die 1940 in der Reihe „Quellen und Forschungen zur Geschichte der Geographie und Völkerkunde" erschienene Publikation mit ihrem unglaublich reichen ethnohistorischen Basismaterial hat eigentlich die „Altkanaristik" im heutigen Sinne begründet. Wölfel beschränkte sich nicht nur darauf, Torrianis Handschrift mit ihren Aquarellen ( der Ausdruck „Bilderhandschrift" ist unglücklich gewählt) mit Kommentaren zu veröffentlichen, sondern er bietet im Vorwort reiches quellenkritisches Material exemplarischer Natur, in den Anhängen eine „Summa" des Wissens über die altkanarische Kultur, die Sprache und die Felsinschriften, dem Stand von 1940 entsprechend. Vierzig Jahre später haben auch diese Anhänge, trotz aller zwischenzeitlich veröfentlichten Studien, ihren Wert behalten; der Wissensstand hat sich nicht wesentlich und grundsätzlich verändert. Erstaunlich ist, daß die spanischen Gelehrten, die viele Detailstudien verfaßten, bis heute keine zusammenfassende „Ethnologie und Archäologie der Kanaren" veröfentlicht haben. Wölfels nur in Einzelheiten ergänzungsbedürftiges Resume von 1940 könnte - zusammen mit seinem betreffenden religionsethnologischen Abschnitt in den ,,Religionen des vorindogermanischen Europa" (1951) - noch immer die Basis dafür bilden. Interessant ist, daß Wölfel auch in seinem Torriani-Anhang, S. 309, auf seine oft erwähnte, aber nie wirklich greifbar gemachte „Westkultur" eingeht, jene „bisher unbekannte Hochkultur, die auf den Kanarischen Inseln einen bescheidenen Ableger hatte, die in ihren Randwirkungen überall in Nordafrika und Westafrika zu fassen ist, die als wichtige Komponente in die älteste ägyptische und kretische Kultur mit einging und deren innige Verflechtung mit dem alten Westeuropa noch herausgearbeitet werden muß; ihren Charakter werden wir aber erst dann voll erkennen, wenn wir statt auf einen bescheidenen Ableger auf eines ihrer Zentren gestoßen sind. Aber auch bis dahin ist sie schon eine ebensolche Realität, wie es die kretische Kultur nach den Ausgrabungen Schliemanns und vor den Ausgrabungen auf Kreta war, wenn sie auch vorerst auf die anderen schon bekannten alten Hochkulturen und nicht auf ihren wahren Wesenskern bezogen wurde." Die Zentren der Westkultur sind noch immer unbekannt. Hätte der 1979 verstorbene Andre Simoneau seine Forschungen im Bergland des westlichen Marokko fortsetzen können, wüßten wir vielleicht mehr über den Problemkomplex (vgl. Biedermann, Wölfels ,Westkultur', in ALMOGAREN IV/1973, S. 11). Karl A. Frank, München, spricht die archäologisch so schwer faßbaren West-Ost-Strömungen mit einem in der Wissenschaft verpönten Namen an, und zwar in seinem Buch „Atlantis war anders" (Graz 1978). In erster Linie ist jedoch das Torriani-Buch als Primärquelle über die altertümliche Kultur der kanarischen Ureinwohner bedeutsam, war doch der Autor ein scharfer Beobachter, wie es sein Hauptberuf (Architekt und Ingenieur) erforderte. Deshalb lassen sich seinem Bericht zahllose Details über die Archäologie und Geschichte der Kanaren entnehmen, und auch seine Bermerkungen zur Kultur und Religion der Altkanarier verdienen größte Beachtung. Es ist sehr erfreulich, das jahrzehntelang praktisch unaufindbar gewesene Torriani-Buch nun wieder greifbar zu haben. H. B. 440 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 NIEL, FERNAND: Auf den Spuren der großen Steine. Stonehenge, Carnac und die Megalithen. 318 S., 48 Abb. (z. T. in Farben), zahlr. Textfiguren und Kartenskizzen. List-Verlag, München 1977. DM 32,- Auf den ersten Blick erscheint dieses Buch als ein sehr instruktives Werk, verfaßt von einem Sachbuchautor, der sich viele Jahre intensiv mit der mannigfachen Problematik des Megalithphänomens auseinandergesetzt hat, interessant zu schreiben versteht und bestrebt ist, von oberflächlichen Verallgemeinerungen zu relevanten Fragestellungen zu gelangen. Daß er dabei den Grabbaucharakter der (meisten) Dolmen in Frage stellt, ohne eine Alternativlösung anbieten zu können, ist sein gutes Recht. Kritischer ist der Einwand, daß der Band (die Originalausgaben der hier vorliegenden deutschen Übersetzung erschienen 1974 und 1976) den Ergebnissen der kalibrierten Radiokarbondatierung nicht Rechnung trägt. Niel datiert „Stonehenge l" mit „1900-1700 v. Chr." (E. K. Krupp, ,,In Search of the Ancient Astronomies", New York 1977, setzt Stonehenge 1 mit „ca. 2800 v. Chr." an). Damit schwindet auch die Möglichkeit, dem Mythus des „ex oriente lux" zu entkommen und -was heute nicht mehr zu bestreiten ist - zu folgern, daß die Megalithbauten Nordwesteuropas die ältesten sind sowie daß sich die Cairns dieses Raumes nicht von den mykenischen Tholoi ableiten lassen. Einige Übersetzungsfehler (S. 215: Schmuckscheibchen aus Kadmium -1817 entdeckt! -statt Cardium) fallen dagegen weniger ins Gewicht. Dennoch ist nicht zu leugnen, daß der kritische Leser, der sich vor allem von der überholten Chronologie und den aus ihr abgeleiteten Folgerungen nicht beirren läßt, infolge der imponierenden Ortskenntnisse des Autors in Frankreich und seiner fesselnden Darstellungsgabe das Buch mit Gewinn lesen wird. H.B. 441 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017
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Calificación | |
Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Buchbesprechechungen |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 09-10 |
Tipo de documento | Artículo |
Lugar de publicación | Hallein |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 1978 |
Páginas | pp. 421-441 |
Materias | Prehistoria |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 680518 Bytes |
Texto | Buchbesprechungen © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 J ose ALCINA: DIE KUNST DES ALTEN AMERICA. Dt. Ausg. von „L'Art precolombien". (Ars antiqua, Ser. II). Freiburg i. Br. 1979. Herder. 606 S., 1100 Abb., davon 177 Farbtaf., zahlreiche Kartenskizzen. Ln. öS 2.291,- Das 1978 bei Mazenod in Paris erschienene Werk ist buchkünstlerisch eine ebenso epochale Leistung wie das berühmte Werk „Prähistorische Kunst" von Andre Leroi-Gourhan, dessen deutsche Ausgabe ebenfalls bei Herder erschienen ist. IC-M. J ose Alcina Franch ist in Fachkreisen vor allem wegen seiner Transatlantik-Diffusionstheorie der Kulturverbreitung bekanntgeworden, wovon er hier auf S. 65 nur kurz berichtet, und zwar mit Hinweis auf das spätrömische Tonköpfchen von Calixtlahuaca (hier „Caixtlahuaca" geschrieben) und auf die Funde römischer Amphoren an den Küsten der Kanarischen Inseln, von wo der Weg über den Atlantik auch mit einfachen nautischen Mitteln zu bewältigen ist; Heyerdahls „Ra"-Fahrten werden übrigens nicht erwähnt. Im übrigen ist der Text sachlich und instruktiv abgefaßt und entspricht voll dem Forschungsstand der Gegenwart. An der fachgerechten deutschen Version war der bewährte Mexikanist Bodo Spranz aus Freiburg beteiligt, was der Übersetzung zweifellos zugute kam. Nicht ganz verständlich ist lediglich, daß zwar auch von den Codices aus dem mexikanischen Hochland und dem Maya-Gebiet die Rede ist, daß jedoch in der Bibliographie nicht deren Faksimile- Editionen (auch nicht die Grazer Ausgaben im Rahmen der Serie „Codices Selecti") erwähnt werden - Interessenten an dem Generalthema hätten ein Anrecht auf die Information über deren Vorhandensein, und Autor und Übersetzer haben Kenntnis von ihrer Existenz. Der Bildteil des auch „quantitativ" imposanten Folianten ist einfach überwältigend ( die meisten Fotos stammen von Jean Mazenod und Alain Mahuzier) - noch nie zuvor wurde die Kunst des präkolumbischem Amerika in derartig eindrucksvollen Bildern wiedergegeben und lebendig gemacht. Sie spricht nicht nur den Amateur an - auch Mexikanisten, die im Zuge von Detailarbeiten den Blick auf die Gesamtheit der Altamerikanistik verlieren, sollten ab und zu in diesem Band blättern, um sich an ihrem Arbeitsgebiet neu zu begeistern! In dem Farbbildteil sind lediglich einige berühmte Fundorte und Kulturen etwas zu spärlich vertreten: so etwa San Agusdn, Tiahuanaco, Chimu, und von den riesigen Bodenscharrfiguren der Nazca-Wüste wird nichts abgebildet (kurze Erwähnung im Text, S. 232). Hervorzuheben ist die drucktechnisch hervorragende Wiedergabe der Gold- und Silberfiguren. Einige kleine Fehler bei Schreibungen von Eigennamen (Shellhas, Buschnell) fallen nicht ins Gewicht angesichts der überfülle verläßlicher Information in Wort und Bild. Der große - und großartige - Band stellt für die Bibliothek jedes an den alten Kulturen der Menschheit Interessierten eine echte Bereicherung dar. H.B. ANALES DE TULA, MUSEO NACIONAL DE ANTROPOLOGIA, MEXICO. FONTES RERUM MEXICANARUM VOL. 1. (Faksimile, in 10 Segmente aufgeteilt, der im Original 17 x 487 cm großen Amatepapierrolle) und vol.1 *(Kommentar in spanischer Sprache von R.A.M. van Zantwijk). Akademische Dr uck- u. Verlagsanstalt, Graz 1979. 42 Seiten Kommentar und 10 Farbseiten in Flügelmappe. Die in Einzelfeldern reproduzierte Amatepapierrolle enthält die aztekischen Kalenderzeichen, einfache Zeichnungen und Nahuatl-Glossen für die Jahre 1361 bis zum Todesjahr von König Moteuhczoma (,,Montezuma", 1520) und der endgültigen Niederlage der Azteken (,,aqui fueron vencidos los mexicanos, en el dia trece de agosto en la fiesta de San Hipolito", 1521). Es handelt sich also um eine einfache Chronik, deren aztekische Texte im Kommentar von Prof. Zantwijk ins Spanische übersetzt werden. Er kommentiert auch quellenkritisch die hier und in anderen histori- 423 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 sehen Aztekentexten gemachten Angaben, rekonstruiert die Genealogie der Herrscher von Tullan, stellt die erstaunlich stark voneinander abweichenden Geschichtsdaten in den verschiedenen Herrscherlisten zusammen und gibt so einen über den Rahmen der Einzelbeschreibung weit hinausgehenden Einblick in die mexikanische Historiographie. Drei Jahre nach der Publikation des „Codex Ixtlilxochitl" im Rahmen der Reihe „Fontes Rerum Mexicanarum" liegt nun wieder eine drucktechnisch hervorragende Quellenpublikation vor, der nach Angabe des Verlages in Kürze weitere Bände folgen sollen. HFN BERNAL, IGNACIO & ANDY SEUFFERT: The Ballplayers of Dainzu. (= Band 2 der Reihe ,,Artes Americanae"). 34 S. Text mit 3 Kartenskizzen, 63 Kunstdrucktafeln mit 74 Abb. Ganzleinenbd. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1979. Ladenpreis öS 850,- Dieser Band ist eine monographische Darbietung des überaus interessanten Fundplatzes (im mexikanischen Staat Oaxaca), der etwa auf halbem Weg zwischen den Ruinen von Yagul und Monte Alban liegt. Mauern einer großen Kultplatz-Terrasse weisen Reliefsteine auf, die altmexikanische Ballspieler mit Gesichtsmasken und spezieller Schutzkleidung darstellen, vermutlich aus der Zeit um 500 v. Chr. stammend. Offenbar handelt es sich um Szenen aus einem alten kultischen Ballspiel, das jedoch mit dem „tlachtli" der aztekischen Epoche nur wenig zu tun hat, denn die in heftiger Bewegung dargestellten Spieler halten den Ball oft in den Händen. Die berühmten „danzantes" von Monte Alban und die Ballspieler von Dainzu sind, Bemal zufolge, Zeugen der sich ihrem Ende zuneigenden olmekischen Kunst. Bild und Text illustrieren den sehr bemerkenswerten Fundort auf exakt-informative Weise. H.B. BÖCKMANN, WALTER: Botschaft der Urzeit. Wurzeln menschlichen Verhaltens in unserer Zeit. Düsseldorf 1979: Econ-Verlag, 334 S., 5 Abb. Eine „geistige Wiederholung" von Adam van Scheltemas bekanntem Werk, thematisch jedoch mehr an das Buch „Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende" von IC-M. H. G. Wunderlicht angepaßt, das im Quellenverzeichnis ebenfalls nicht genannt wird. Das Buch von Böckmann ist flott und lebensnahe, doch ohne wissenschaftlichen Tiefgang verfaßt und enthält zahlreiche Fehlschreibungen von Autorennamen, die an der Literaturkenntnis des Autors zweifeln lassen; anregende Lektüre über ein Thema, das ofenbar nur der Autor für originell konzipiert hält (archaische Strukturen im Verhaltensmuster des Menschen unserer Zeit). H.B. BONIN, WERNER F.: Die Götter Schwarzafrikas. Mit einer Liste afrikanischer Gottesnamen von John S. Mbiti und einer Erzählung von N. Akufo Awuku. 408.S., zahlr. Karten und Abb. Verlag für Sammler, Graz 1979, Leinen. öS 320,- Ein überaus wichtiges neues Werk, das die geistigen Welten der Völker Schwarzafrikas sehr instruktiv und anhand zahlloser Textproben und Bildwerke verständlich zu machen sucht: nicht vom 424 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Standpunkt eines bewußt oder unbewußt voreingenommenen „neutralen Beobachters", sondern sozusagen „von innen her". Die Götter des Dunklen Erdteils manifestieren sich nicht als bizarre, exotische Hirngespinste, sondern als Numina von tiefer Eindringlichkeit. IC-M. Bonin hat sich bei der Erarbeitung dieses Buches einer vieljährigen, sorgfältigen Sammelarbeit unterzogen, sein Werk mit erlesenem Illustrationsmaterial und wertvollen Karten und Indices ausgestattet und ergänzt durch allgemeine Abschnitte (Zur Rezeption schwarzafrikanischer Kultur in Europas Kunst und Wissenschaft; Die Religionen des schwarzen Afrika und ihre Beziehungen zu Weißafrika und Eurasien; über die Religion der Khoisaniden; Afrikanische Felsbilder; Fortleben afrikanischer Religiosität in Afroamerika; Glossar, Bibliographie). So entstand in aller Stille ein allgemein orientierendes Standardwerk, dem ein großer Erfolg im Dienste des Verstehens fremder Völker und Kulturen zu wünschen ist. H.B. CODEX VATICANUS 3738 (Vaticanus „A", Codex Rfos). Farbreproduktion des Codex in verkleinertem Format. VII S. Vorspann, 172 Tafelseiten, Format: 34 x 24 cm. Halblederband. Akademische Druck-u. Verlagsanstalt, Graz 1979. Ladenpreis: 7.400,- Nunmehr liegt die modernen drucktechnischen Ansprüchen genügende neue Farbwiedergabe der wohl berühmtesten postkolumbischen Handschrift vor, die über Altmexiko berichtet. Der Ausdruck „Faksimile-Ausgabe" wurde nach den strikten Regeln der Definition vermieden, weil das Großformat des Originals (46,5 x 29,5 cm) auf 7/10 der eigentlichen Größe verringert wurde, um eine wirtschaftlichere Plattenausnutzung beim Druck zu erzielen. Auch die völlig leeren Seiten wurden nicht reproduziert. Dennoch genügt diese Art der Ausgabe natürlich den Bedürfnissen der Wissenschaft, ohne daß der Forscher auf ein relevantes Detail verzichten müßte. Die Handschrift ist um 1580 entstanden, und sie besteht aus bunten, in dekadentem Stil gezeichneten und kolorierten Figuren und sehr ausführlichen, gut lesbaren Texten in italienischer Sprache, die ofenbar den missiologisch begründeten Wunsch manifestieren, Glauben und Geschichte der Azteken festzuhalten, und zwar etwa 40 Jahre nach der spanischen Conquista. Der Mexikanist R. H. Barlow meinte, daß Vaticanus A sowie der in Paris befindliche Codex TellerianoRemensis Abschriften einen verlorenen Originals seien, das er „Codex Huitzilopochtli" nannte. Der wichtige kosmologisch-mythische Abschnitt 1 (fol. lr-llv) mit den Bildern und Texten über die Weltzeitalter und ihre Endkatastrophen ist nur in dieser nunmehr publizierten Handschrift vorhanden. Andere Abschnitte beschäftigen sich mit dem traditionellen Kalenderwesen und seinen Symbolen, mit einem chronologischen Schema (fol. 38v-40v., im Gegensatz zu der in der Einleitung korrekt zitierten, aber offenbar irrtümlichen Angabe beginnt ein „religionsethnologischethnographischer" Abschnitt (über die Korrespondenz der Körperteile mit Kalenderzeichen, Opfer- und Todesbräuche, Trachten und Insignien). Auf fol. 66v beginnt der Teil des Codex, der in der Art von Annalen die anfangs mythische, dann im eigentlichen Sinn historische Tradition der mexikanischen Hochlandstämme ab 1194 mit Jahressymbolen und illustrierenden Bildern wiedergibt (die Folien 92 und 93 sind im heutigen Original falsch eingereiht; sie müßten nach fol. 80 folgen, wie der italienische Text auf p. 80v, sagt: ,)a pagina ehe deve seguire a 92"). Bereits 1900 erschien ein von F. Ehrle erarbeiteter Kommentar mit Texttranskription, doch wäre eine mittels der nun vorliegenden Ausgabe erstellte moderne Bearbeitung sicherlich wünschenswert. H.B. 425 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 EDELBERG, LENNART und SCHUYLER JONES: Nuristan. 186 S., 67 Abb., 155 Tafelbilder, z. T. in Farben. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1970. Leinen. öS 840,- Früher wurden die Bewohner des nordostafghanischen „Kafiristan" (heute Nuristan, Land des Lichts) als Nachkommen makedonischer Krieger Alexanders des Großen angesehen; heute hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um die Reste der ältesten indogermanischen Volksgruppen handelt, die einst den Hindukusch überquert haben (vgl. die linguistische Einführung, S. 14-15). Schon aus diesem Grund sind diese altertümlichen Kulturelemente der Nuristani überregional interessant, etwa die Zeitrechnung mit einem kalendarischen und einem Ackerbau-] ahr, die mit der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche beginnen (Tabelle S.57), die Überlieferungen über Ahnen und Volkshelden, die mit ausgezeichnetem Bildmaterial dargebotene symbolreiche Volkskunst mit ihren Sozialrang-Zeichen. Die beiden Autoren, beide profunde Kenner des behandelten Gebietes, haben die gesamte bisherige Literatur über Nuristan ausgewertet und eine „summa" des Wissens darüber dargeboten, die besonders deshalb bleibenden Wert besitzt, weil die Volkskultur dieses hochinteressanten Landstriches in der Neuzeit als durch verschiedene Faktoren schwer gefährdet erscheint und die Hinweise auf vorislamische Traditionen immer seltener werden. FELSBILDER IN ÖSTERREICH. Katalog des Felsbildermuseums Spital am Pyhrn. 1979. 40 Seiten. 25 Abbildungen, kartoniert. H. B. Das 1979 gegründete Museum, in den Prunkräumen des Stiftes Spital a. P. in Oberösterreich eröffnet, enthält bemerkenswerte Fotos, Graphiken und Abgüsse von Ritzbildern aus dem Alpenraum, z.T. von IC-M. Willi Repis hergestellt. Ohne Zweifel ist die Einrichtung des Museums eine überaus dankenswerte Leistung, die vor allem der jahrelangen Arbeit von Prof. Burgstaller (Linz) zuzuschreiben ist. Unabhängig davon, ob die alpinen Ritzbilder in der Tat auf ur- und frühgeschichtliche Epochen zurückgehen oder ob sie „bloß" alte Symbolformen als Nachklang in neuerer Zeit lebendig erhielten, stellt dieses Bildgut ein kostbares Erbe dar, dessen Schutz und Erhaltung jegliche Förderung verdient (vgl. dazu H. Nowak, ,,Rock Engravings in the Land Salzburg", Almogaren IV/1973). Der Katalog des Museums, mit guten Fotos illustriert, kann beim Verein für Ortsgeschichte und Felsbildforschung, Ing. Werner Kiesenhofer, A 4582 Spital a.P., bestellt werden. FRANK, K. A.: Atlantis war anders. Graz (Verlag für Sammler) 1978. 187 S., davon 27 S. mit Abbildungen, 8 Karten im Text. Auf die Frage nach einer Lokalisierung von Atlantis haben in letzter Zeit gewisse Forschungsunternehmungen in der Ägäis wieder aufmerksam gemacht. Merkwürdig, warum an den schriftlichen Überlieferungen der Antike vorbeigegangen wird, die unter den „Säulen des Herkules" die Meerenge von Gibraltar verstanden haben. Insofern ist es wohltuend, wenn der Verfasser seinen Untersuchungen vornehmlich Platons Berichte im Timaios (24e-25d) und im Kritias (108e ff.) unter Hinzuziehung von Diodorus Siculus (111, 49 f.) zugrunde legt. Wir sind heute wieder bereit, älteste Traditionen zumindest ernst zu nehmen. 426 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Nach dem, was Solon nach Platons Überlieferungen in Ägypten erfuhr, war das Zentrum von Atlantis ein ringförmig von Wasser umflossener, terrassenförmiger Berg. Die damit verbundene Vorstellung von einem Urhügel spielt dann auch in den ägyptischen Schöpfungsberichten und in den Osiris-Mysterien, d.h. in der Anlage des Grabes auf einer Anhöhe inmitten von Wasser, eine Rolle. Mir scheint, daß wir in dem vom Verf. als Atlantis-Typ bezeichneten Schema einem Archetyp begegnen, der auch in der weit verbreiteten Idee vom Berg als Ursprung der Sippe und als Ort der Rückkehr der Toten anklingt. So dürfte es durchaus nicht zu gewagt sein, wenn der Verf. zugleich auf Anlagen prähistorischer Gräber in Form eines von konzentrischen Steinkreisen umgebenen Hügels verweist (Abb. S. 35: Grab in der algerischen Sahara) oder auf eine von Diodor beschriebene Oasenburg in der Nähe von Siwa. Man wird unwillkürlich an das Zentrum des buddhistischen Weltbildes erinnert, in dem der stufenförmige Berg Sumeru von mehreren, sich abwechselnden Berg- und Wasserringen umgeben ist. Auch der Stufenberg der J enseitsreise einer megalithischen Gnosis, wie er aus den Glasbergmythen bis hinein nach Tibet bekannt ist, kann hier erwähnt werden (vgl. S. Hummel, Das tibetische Megalithikum, in: Ehtnologische Zeitschrift Zürich, 11/1975, S. 31 f.). Der Bericht vom Palast als Kult- und Kulturzentrum auf einer Höhe, geschützt durch zwei Land- und drei Wasserringe, im Innern der Insel Atlantis hat zumindest für unsere Kenntnis der alt-mediterranen Vorstellungswelt seine Bedeutung. Der Ursprung dieses Archetyps ist vielleicht in einer mit den Wellenkreisen verbundenen Vorstellung von der Urzeugung zu suchen, mit der das Diagramm vieler Petroglyphen, aber auch des Labyrinthes, der typisch ägyptischen Einsehachtung und des Ma.Q.qala gegeben ist (vgl. H. Biedermann, Wellenkreise, Hallein 1977, und meine Rezension in Almogaren, VII, 1976, S. 248; S. Hummel, Ägyptische Miszellen, in Almogaren VIII, S. 87 f.). So wird man dem Verfasser zustimmen müssen, wenn er auf das idealisierte Jenseitsland der Ägypter, das sogenannte Binsenfeld (äg.: i3rw), verweist, das die Totenbuchtexte illustriert. Auch dieses ist wie die Insel Atlantis von Wasser umgeben und zeigt mit der Hieroglyphe htjw den Stufenberg in einer Barke, die in einem Hafen liegt, zu dem man auf dem Wasserwege gelangen kann, der in Atlantis die Ringwälle und die Wassergräben dazwischen durchschneidet. E. Hornung (Das Totenbuch der Ägypter, Zürich 1979, S. 217) hält den Wasserweg zum Hafen hin für einen Wasserberg, der das Boot trägt, was keinen Sinn gibt. Interessant ist auch die Hieroglyphe „Insel" unterhalb der Barke. Wenn wir bedenken, daß die ägyptische Kultur vornehmlich westmediterran bestimmt ist, können bei der Gestaltung des sog. Binsenfeldes durchaus alte Erinnerungen an eine glanzvolle, vergangene Kultur nachklingen, in der ideale und typische Vorstellungen realisiert waren, zumindest aber in sie hineinprojiziert, selbst wenn das Binsenfeld an das Nildelta denken läßt. Wenn wir Platons Berichten folgen, reichte jene atlantische Kultur, ausgehend vom Vorfeld um Gibraltar, unter Einschluß der zentralen Sahara (vgl. Herodot, IV, 184) entlang der nordwestafrikanischen Küste über Lybien bis vor das Nildelta. Es ist der gleiche Bereich, den die späteren westmediterranen Megalithiker eingenommen haben, deren Vorstellungen (zentraler Begriff: Dauer = äg. ddj; das Bleibende = äg. mnw) dann ebenfalls zu den Grundlagen der altägyptischen Kultur gehören (vgl. S. Hummel, Ägyptische Miszellen, in: Almogaren, VIII, S. 87 f.). Suchen wir jedoch nach Realien aus dem Bereich der Atlanter, so stellt sich dem Verf. die Frage nach dem Substrat der durch Solon ins Griechische übersetzten Namen jener Götter, die nach dem Atlantisbericht in mythischer Vorzeit als irdische Könige das Land regierten. Auch Ägypten kannte in Manethos Geschichte Gottkönige. Die Sinngehalte ihrer Namen scheinen tatsächlich mit denen jener übereinzustimmen, die nach Solon dem Atlas folgten. Wieweit hier beide parallelen Reihen eine gemeinsame mythologische Grundlage haben, wird nicht mehr auszumachen sein. Dafür könnte allerdings sprechen, daß die ägyptischen Gewährsleute Solons nicht einfach die Namen ihrer Gottkönige angegeben haben, was das Nächstliegende gewesen wäre. Immerhin stammen auch einige ägyptische Gottheiten, z.B. Neith mit ihrem Fetisch oder die Caniden im altägyptischen Pantheon, aus dem libyschen Raum. Was man aus den Quellen über die atlantische Kultur erfährt, ist die Kenntnis des Bauens in Stein, das rituelle Stieropfer und der Schiffsbau. Damit stoßen wir, wie schon im Zusammenhang 427 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 mit dem Stufenberg, in gewisse Grundlagen der westmediterranen Megalithkultur und der späteren altägyptischen vor. Der Gebrauch einer Stele mit einem Knauf am oberen Ende beim Stieropfer samt einem offenbar ehedem in Weißafrika üblichen Ritual (Abb. S.111) hat sich noch in den südostasiatischen Ausläufern des Megalithikums erhalten, wenn in Ermangelung von Stein rituelle Pfähle in phallischer Bedeutung zum Anbinden der Opfertiere Verwendung finden (vgl. R. HeineGeldern, Die Megalithen Südostasiens, in: Anthropos, XXIII, 1928, S. 283). Daß es sich dabei um fruchtbarkeitsmagische Riten handelte, zeigt nach Frobenius der Gebrauch von phallusartigen Pfählen im Sudan, ähnlich den Stelen mit Knauf bei den Atlantern. Nach D. J. Wölfe! (Die Hauptprobleme Weißafrikas, in: Archiv für Anthropologie, NF, 27, 1942) hatten die Megalithiker eine Vorliebe für Seen und Flüsse. Er spricht darum von einer maritimen Ausbreitung des Megalithikums, was die megalitischen Gebiete von Kashmir und Tibet bestätigen könnten (vgl. Ethn. Zeitschr. Zürich, l.c.). Vielleicht vermutet der Verf. mit Recht einen prähistorischen Entstehungsraum der mediterranen Seefahrt im Gebiet von Atlantis. Zu den Ursachen des Untergangs hat der Verf. die diesbezüglichen prähistorischen Nachrichten Platons in seinem Buche „Sturm aus Atlantis" (Düsseldorf 1975) noch ausführlicher untersucht. Der wahrscheinlich vom Tritonsee ausgehende sogenannte Amazonensturm einer Volksgruppe mutterrechtlicher Struktur hat die Atlanter überrannt und mitgerissen. Er endete, wenn wir dem Bericht Glauben schenken, in Kleinasien vielleicht in einer Begegnung mit Thrakern und Skythen. Tektonische Katastrophen, nach Aussagen der genannten Quellen und nach unseren heutigen Kenntnissen, haben schließlich den atlantischen Kulturraum so grundlegend verändert, daß mit dem geologischen Zerfall auch der seiner Existenz gegeben war. Man sollte dem Buche, zumindest in seinen Grundlagen, die nötige Aufmerksamkeit schenken, ehe man Atlantis dort sucht, wo es die einzigen Überlieferungen, die uns verblieben sind, ganz bestimmt nicht gesucht haben. S. Hummel HAWKINS, GERALD S.: Beyond Stonehenge. Paperback-Band, 320 S., 61 Fotos und 62 Textfiguren. Arrow Books Ltd. (3 Fitzroy Square, London W 1,England), 1977. Der Autor von „Stonehenge Decoded" hat dieses flüssig und interessant geschriebene Einführungsbuch in die Problematik der Archäastronomie bereits 197 3 verfaßt; es liegt nunmehr auch als preisgünstiger Paperback-Band auf. Sein Ziel ist, über die unbestreitbare astronomischeB edeutsamkeit von Stonehenge hinauszugehen und sie auch in anderen alten Kulturzentren der Welt nachzuweisen: bei den Bodenzeichnungen der Nazca-Wüste, in Machu Picchu, bei den Erdhügeln der „Mound Builders" in Nordamerika, im Maya-Gebiet und Altägypten. ,,We know more and more about less and less", meint der Autor (S. 89), und möchte mit seinem Buch die interdisziplinäre Informationslücke schließen. Zweifellos wäre auch eine deutsche Ausgabe wünschenswert. Fraglich ist nur, ob sich ein kompetenter Übersetzer fände, der mit den bekannten Klippen (,,civilizations", wo wir Kulturen sagen würden; ,,archaeologist" - oft Prähistoriker, nicht Archäologe) fertig werden könnte. Auch die für den Kontinentaleuropäer nostalgisch wirkenden feet und yards müßten in die metrische Skala übertragen werden. Wer die „Szene" einschlägiger Übersetzungen kennt, ist skeptisch. Dennoch wäre der Versuch erfreulich, obwohl „perhaps we shall never know the true significance of the sky in the lives of ancient peoples" (S. 282). H.B. 428 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 FRANZ, GERHARD HEINRICH: Von Gandhara bis Pagan. Kultbauten des Buddhismus und Hinduismus in Süd- und Zentralasien. Graz 1979. 122 S. Text mit 163 Abb., 32 Kunstrucktafeln mit 67 Fotos, z.T. in Farben. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz. Glanzfolienband. öS 320,- Dieser schön gestaltete Band schließt thematisch an den in Almogaren VIII, S. 220, besprochenen von Prof. Franz an (Pagode, Turmtempel, Stupa). Instruktiv und mit reichem, sonst kaum zugänglichem Bildmaterial illustriert, werden die Eigenheiten der Kultbauten von Afghanistan über Zentralasien bis Hinterindien - vor allem bis Pagan in Burma - geschildert, ebenso nord- und südindische Turm- und Umgangstempel. Der europäische Leser, der sich mit der Bedeutung der Kunstgeschichte Asiens für die Wesensdeutung der Sakralarchitektur im allgemeinen vertraut machen will, wird hier mit Bauwerken konfrontiert, die zu den Großleistungen der Menschheit zählen. Da in einem Exkurs auch der javanische Terrassenstupa Borubudur erwähnt wird, bleibt am Ende nur unverständlich, weshalb in diesem Buch die weltberühmte Ruinenstätte von Angkor (Kambodscha) mit keinem Wort zur Sprache gebracht wird. Vermutlich soll sie in einer späteren Veröfentlichung geschildert werden. WFR FRICK, KARL R. H.: ,,Die Erleuchteten" (Graz 1973). ,,Licht und Finsternis I" (1975). ,,Licht und Finsternis II" (1978). 3 Bände mit insgesamt 1600 Seiten, zahlr. Abbildungen und Tabellen, Format: 18 x 27 cm. Ganzleinenbde. mit farbigen Schutzumschlägen. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz. Meist werden Bücher über „okkulte Themen" von Autoren bearbeitet, die selbst in irgendwelchen Kontakten zu okkultistischen Strömungen stehen. Es ist daher für den Historiker schwer, Werke dieser Art unter Wahrung quellenkritischer Grundsätze für ideengeschichtliche Untersuchungen heranzuziehen. Dies führte dazu, daß der gesamte Bereich des „Geheimen" weitgehend von geschichtlichen Untersuchungen ausgeschlossen war und auch der sehr wichtige religionswissenschaftliche Aspekt des erwähnten Problemkreises nur selten die ihm sachlich zustehende Bearbeitung erfahren hat. Nunmehr jedoch liegt eine großangelegte Materialsammlung vor, die wissenschaftlich zitierbar ist! IC-M. Dr. med. Karl Frick hat die Aufgabe übernommen, eine auf ausgewerteten Quellen basierende Geschichte der Geheimgesellschaften, der religiösen Randgruppen esoterischer Ausrichtung und des „Untergrundes der Geistesgeschichte" zusammenzustellen: ein Werk, das bisher in dieser Reichhaltigkeit noch nicht existiert hat. Ursprünglich war nur ein Band vorgesehen, doch bei der Druckvorbereitung stellte sich heraus, daß darin die Fülle des Basismaterials auch nicht annähernd unterzubringen war (,,Die Erleuchteten", 1973). Dieser Band behandelt, das antike Quellenmaterial ausnützend, Grundbegrife wie Gnosis, Neuplatonismus, Magie, Astrologie, Alchemie, Hermetik, Kabbala, Rosenkreuzertum, Okkultismus und ihre Einflüsse auf theosophischpansophische Geheimgesellschaften des 18. Jahrhunderts, ebenso auf bestimmte freimaurerische Systeme. Dieser 648 Seiten starke Band fand seine Fortsetzung in „Licht und Finsternis I", der zunächst weitere alte Fundamente der spekulativen Lehren aus neuerer Zeit darzulegen hatte: indische Doktrinen wie Shaktismus, Tantrismus, Yoga; Makro-Mikrokosmos-Spekulationen der Spätantike und gnostische Sekten wie Ophiten, Sethianer und Basilidianer; die schwierige Problematik der Lehren von Sperma und Pneuma, der Askese und der libertinistischen Gnosis; des Neuplatonismus und seines Einflusses auf die deutschen Rosenkreuzer; der Legenden um den salomonischen Tempelbau mit seinen beiden Säulen. So entstand ein weiterer, 356 Seiten starker Band, in dem die Basis für die Betrachtung des Weges alter Geheimlehren (sowie neuer Pseudo- 429 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Traditionen) in die Gegenwart dargelegt wurde. Drei Jahre später, 1978, erschien der Abschlußband, ,,Licht und Finsternis 11", dessen Untertitel das Programm enthält; ,,Gnostisch-theosophische und freimauerisch-okkulte Geheimgesellschaften bis an die Wende zum 20. Jahrhundert", wobei zum Teil auch noch heute aktuelle Doktrinen erfaßt wurden. Neu an dieser Darstellung ist, daß der Autor streng objektiv vorgeht, von keinem parteiischen Standpunkt aus urteilt und sachlich das Basismaterial ( oft mit Hilfe langer Zitate) so vorlegt, wie es die Quellen darbieten. Im Abschluß band werden neben maurerischen Systemen die von Gnostizismus und Rosenkreuzerturn beeinflußten theosophisch-pansophischen Strömungen und ihre Exponenten (Blavatzky, Besant, de Guaita, Eliphas Levi, Papus, Crowley ...) geschildert, immer im Abstand zu jeglicher Wertung subjektiver Art und unter Beachtung des Grundsatzes, das ganze große Spektrum des menschlichen Geisteslebens zu respektieren und nicht etwa einzelne Gruppen von Anhängern auf den ersten Blick absonderlich erscheinender Doktrinen schulmeisternd abzukanzeln. Beim überblick über das gewaltige, von Frick bearbeitete Material zeigt sich, daß jede Geistesgeschichte zu falschen Ergebnissen führt, die nur die „ofizielle Fassade" der allgemein anerkannten Ideologien berücksichtigt. Es gibt sehr bedeutende Unterströmungen, die aus den verschiedensten Gründen nur sporadisch in Erscheinung treten und meist im Verborgenen blühen - nicht nur in der Neuzeit, sondern auch in früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden. Die drei Bände, die K. R. H. Frick vorgelegt hat, stellen eine verläßliche Basis für jedes künftige Bemühen dar, ideengeschichtliche Abläufe nicht bloß nach dem allgemein bekannten Oberflächenbild zu beurteilen. Daß manches Detail ergänzungs- oder verbesserungsbedürftig sein muß, ergibt sich angesichts der gewaltigen Anzahl von Einzeldaten und zu bewältigenden Publikationen von selbst und wird dem Autor von vernünftigen Lesern nicht als Mangel des Werkes angekreidet werden. H.B. HALLER, FRANZ: Die Welt der Felsbilder in Südtirol. Schalen- und Zeichensteine. Hg. v. Heinz von Lichem. München 1978: Hornung. 248 S., zahlr. Textabb. u. Taf. Ln. DM 78,- Ein kostspielig hergestellter, überaus reich illustrierter Band, der den Großteil der Lebensarbeit des Südtiroler Heimatforschers F. Haller enthält. Der Untertitel charakterisiert den Inhalt genauer, denn figurative Darstellungen gibt es kaum, hingegen viele Schalen- und Näpfchensteine sowie geometrische Symbole. Vielfach scheint ihre astronomische Beziehung zu kalendarisch markanten Punkten des Horizonts festzustehen (S. 239); die sauber dokumentierten Steindenkmäler werden als „Zeugen frühester menschlicher Besiedlung und religiösen Lebens" in Südtirol interpretiert. Das Fortleben alter Anschauungen bis in die Neuzeit macht es freilich oft sehr schwer, neben dem „typologischen" auch das hohe „chronologische Alter" der Fundstücke zu verifizieren. Das Buch hat jedenfalls den Charakter eines Standardwerkes über das bearbeitete Thema. H.B. KEHNSCHERPER, G.: Auf der Suche nach Atlantis. Leipzig,Jena, Berlin 1978 (akzent-Taschenbuch), 128 S. mit zahlreichen Abb. Wenn wir an dieser Stelle ein weiteres Produkt des „Atlantisschrifttums" besprechen, geschieht dies nicht, weil dem Buche von Kehnscherper eine besondere wissenschaftliche Bedeutung zukommt, sondern, um auf einige hier deutlich werdende Tendenzen und allgemeine Probleme dieses Themas hinzuweisen. 430 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Dem interessierten Leser war Prof. Günther Kehnscherper, ein Theologe, bereits durch seine Habilitationsschrift über Erinnerungen der Ofenbarung Johannis an den Santorinausbruch im 2. Jt. v. u. Z. (Kehnscherper 1964; 1972), mehrere Aufsätze über Probleme des 2. Jt., in denen die Ausbreitung der Urnenfelderkultur mit einer Erklärung der Atlantiserzählung im Sinne Spanuths (1965) verband (Kehnscherper 1963; 1969), und eine populäre Darstellung der bronzezeitlichen Kulturen Griechenlands (Kehnscherper 1973) bekannt. Eine ebensolche allgemeinverständliche Schilderung ist auch das vorliegende Werk, in dem Kehnscherper, dem Aufbau der Taschenbuchreihe entsprechend, auch auf ein Literaturverzeichnis und weitgehend auf Nachweise verzichten mußte. Für breiteste Kreise geschrieben, hält es sich in Aufbau und Formulierung an die üblichen Schriften dieses Genres, wobei Versuche, die sich dabei ergebenden Gemeinplätze gelegentlich durch Bemerkungen wie „So oder ähnlich beginnen viele der mehr als 20.000 Veröfentlichungen über Atlantis" (S. 7) zu mildern, eher peinlich wirken. Den Inhalt der Arbeit umreißt der Verfasser mit der Aufgabe, ,,historische Quellen für mögliche Vorlagen Platons zu seinem Atlantisbericht aufzuzeigen, archäologische Untersuchungen zu Rate zu ziehen sowie einige gesellschaftspsychologische Aspekte der Atlantissage zu nennen." (S. 12) Einleitend legt Kehnscherper dar, was er für die Quellen der Atlantisüberlieferung hält. Dabei unterscheidet er nicht zwischen Platons Erzählung, ihren möglichen Quellen und möglichen Nachfolgern, sondern nennt „die wichtigsten Quellen" aus „dem gesamten Quellenmaterial der Überlieferung" (S. 12). Platons Schilderungen im „Timaios" und „Kritias" werden kurz zusammengefaßt. Bereits hier wird deutlich, daß der Verfasser, entgegen seiner Polemik gegen andere Autoren, ebenso wie diese nur Material für seine Auffassungen bietet. So fehlen bei Kehnscherper die Platonischen Ausführungen über Vor-Athen. Er verweist nur darauf, daß die ägyptischen Priester Athen (so bei Kehnscherper) ,,nur sehr kurz", die Atlantis „viel ausführlicher" (S. 14) schilderten. Das damit begründete übergehen jener Passagen erschwert, ja verhindert m. E. jedoch das Verständnis des Gesamtproblems. Der Leser hat so keine Möglichkeit, die staatsphilosophischen Ziele Platons zu erkennen. Die chronologischen Beziehungen des Geschehens zur mythologischen Vorgeschichte Athens verschwinden. Schließlich gibt ein Vergleich von Platons historischen und topographischen Angaben mit den tatsächlichen frühgeschichtlichen Verhältnissen, mit der Topographie zur Zeit Platons und mit der Kenntnis jener Zeit über Gestalt und Verfassung des frühgeschichtlichen Athen einen guten Einblick, welche Kenntnis der Vergangenheit wir bei Platon erwarten können. Diese Prüfung sollte nicht nur auf einige Aspekte wie die sogenannte Pelasgermauer und den Brunnen der Akropolis beschränkt bleiben ( vgl. Franke 197 8), sondern außer der Topographie auch sozialökonomische, kulturelle und politische Analysen umfassen. Hier, nicht im Vergleich der Berichte mit einer unsicheren Atlantislokalisierung, lassen sich Genauigkeit und historiographischer Wert der Erzählung Platons bestimmen. Kehnscherper gibt dann die bekannten Vorstellungen über die Atlantis wieder; auf zwei mir unrichtig erscheinende Deutungen sei kurz verwiesen: Hauptstadt war nicht nur die von Gräben und Wällen durchzogene Insel, mit Burg und Tempel (S. 15), sondern auch die von einer Mauer 50 Stadien im Umkreis umgebenen Stadt (Krit. 117 d, e); nicht nur die 60.000 Feldhauptleute waren ständige „Bewafnete" ( S. 16), sondern zumindest auch die Besatzungen der 1200 Schiffe (Krit. 118 e -119 b). Als weitere Quellen der Überlieferung nennt der Verfasser Homers Darstellung des Phäakenlandes und die ägyptischen Inschriften in Karnak und Medinet Habu über die Seevölker und stellt damit „schon im Vorwort entscheidende Weichen" (S. 7) für die von ihm bevorzugten Spanuthschen Hypothesen. Anstelle der Aufnahme Diodors von Sizilien als „des letzten ernstzunehmenden (sie!) Zeugen der Antike" (S. 13) wäre wohl eine Beachtung Herodots angebracht gewesen. Als Analogien dafür, daß alte, auch sagenhafte Berichte zutreffende Überlieferung enthalten können, nennt Kehnscherper die chinesischen Berichte über riesige „Erdratten" in Sibirien, die auf Mammutfunde zurückgehen sollen, und die Dichtungen Homers. Angenehm berührt seine entschiedene Stellungnahme gegen die Spekulationen v. Dänikens. Ein wesentliches Ergebnis von Kehnscherpers Buch ist die Verknüpfung der Geschichte der Atlantisanschauungen mit der allgemeinen Kulturgeschichte. Seit der Spätantike war die Atlantis 431 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 ,,zunächst kein historisch-geographisches Problem mehr, sondern ... für Jahrhunderte ... Inbegriff der Träume Enttäuschter und . . . Spiegelbild gesellschaftsbedingter Utopien" (S. 32); mit seinem Namen verbanden sich Vorstellungen von Goldländern und Schatzinseln. Erst die frühbürgerliche Entwicklung seit dem Ende des Mittelalters vertiefte das Interesse wieder. Die großen Entdeckungen ließen die Atlantis erneut zum geographischen Begriff werden, ohne daß damit feste Lokalisierungen im Sinne moderner „Atlantisforschung" verbunden waren. Der Name Atlantis gestattete, ,,die neuen gesellschaftlichen Ideale und Staatsideen des aufstrebenden bürgerlichen Lebens zu gestalten" (S.4 9), was am deutlichsten Francis Bacons „Nova Atlantis" zeigt.C harakteristisch ist auch die Übereinstimmung von Platons idealem Grundriß der Atlantishauptstadt und den Idealstadtpänen des 16.u nd 17.Jahrhunderts. In der zweiten Hälfte des Buches geht Kehnscherper auf die verschiedenen neueren Auffassungen über eine Lokalisierung der Atlantis ein und nähert sich bei diesen Schilderungen langsam den von ihm vertretenen Anschauungen. Manches in diesem Teil liest man nur mit Unbehagen. Es ist jedoch typisch für die Arbeitsweise des Autors. Er lehnt - durchaus zu Recht - die Identifierung der Atlantis mit einer atlantischen Landbrücke ab, da eine geologische Erscheinung dieses Alters mit einer Kultur, die Pferderennen und Bronzeguß kannte, nichts zu tun haben kann. Umgeben ist diese Stellungnahme aber von kritiklos übernommenen Legenden, wie sie Donelly (1911) und Braghine (1939) verbreiteten. Kehnscherper verrät hier Unsicherheit auf archäologischem Gebiet, die den Rezensenten jedoch noch keine hinreichende Entschuldigung dafür zu sein scheint, daß ein Hochschullehrer von „Obelisken mit übereinstimmenden Hieroglyphen" beiderseits des Atlantischen Ozeans spricht (S. 56), der Pyramidenmystik Berechtigung zuerkennt oder behauptet, die Ägypter wären „vom einfachen steinzeitlichen Grab bis zu den vollendeten Riesenpyramiden ohne Zwischenstufen innerhalb von 50 bis 100 Jahren" (S. 61) fortgeschritten. Ein Blick in ein prähistorisches oder ägyptologisches Standardwerk hätte den Autor vor dieser Bloßstellung bewahrt. Aus der kurzen Diskussion und Ablehnung der Aufassungen von A. Schulten (1922) und R. Hennig ( 1925) leitet Kehnscherper über auf „eine zweite große Quelle neben Platons Berichten: den Homerischen Gesang vom Aufenthalt des Odysseus im Phäakenland. (Od. V, 400 ff.)" (S. 82), indem er aus Hennigs Tabelle über die Gemeinsamkeiten von Schultens Tartessos, Platons Atlantis und Homers Phäakenland die beiden letzten Spalten wiedergibt (zur Ehrenrettung von Schulten sei betont, daß er keineswegs von einer simplen „Gleichsetzung ,Atlantis - Tartessos' völlig überzeugt" war (S. 80), sondern in dem andalusischen Tartessos das Vorbild wichtiger Züge der Platonsehen Atlantis sah). Kehnscherper hält diese Gegenüberstellung für einen ,,Meilenstein für die Homerforschung u n d die Atlantislösung" (S. 83). Es lassen sich tatsächlich verschiedene Entsprechungen feststellen, wenn auch der Behauptung des Autors, ,,daß heute die Identität Atlantis - Phäakenland nicht mehr bestritten wird," (S. 82) nicht beigepflichtet werden kann. Außer Zweifel steht seine Annahme, daß Platon die Gesänge Homers gekannt hat, doch scheint dies m.E. eher gegen die Interpretation Kehnscherpers zu sprechen. Homers Epen gehören wie heute die Werke Dantes oder Goethes zum allgemeinen Bildungsgut, ihre Topoi flossen und fließen in die Werke späterer Künstler ein; daher sieht der Rez.e ine Aufnahme phäakischer Motive in die Atlantiserzählung durchaus als wahrscheinlich an. Es dürfte also die Tragfähigkeit von Kehnscherpers Annahme überschreiten, wenn er nach den mykenischen Quellen Homers auch den zeitlichen Rahmen der Atlantistradition festlegen will, zumal Homer auch Verhältnisse der submykenischen, protogeometrischen und geometrischen Zeit wiedergibt. Kehnscherper sucht in diesem Rahmen nach Angrifen gegen Athen, Mykene, Kreta oder Ägypten und kommt so zu den Kämpfen Ägyptens gegen die Seevölker. Dabei referiert er auch Fragen der früheren Besiedlung der Sahara und des alten Kulturzentrums am Schott el Djerid (Tritonsee). Das große Fresko aus dem „Westhaus" von Akrotiri auf Thera (Santorin) wird als Beweis für bronzezeitliche Beziehungen der Ägäis zu Libyen herangezogen. Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht das Seevölkerproblem und seine Verknüpfung mit der Antlantiserzählung. Der Autor gibt seine Aufassungen nicht so entschieden im Sinne Spanuths wieder wie 1963 und 1969, hält sie aber in allen wesentlichen Punkten aufrecht. Danach seien im Verlaufe von Naturkatastrophen der späten Bronzezeit weite Küstenstriche bei Helgoland in der 432 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Nordsee versunken; überall (Hethiterreich, Mitteleuropa, Balkan) kam es zu furchtbarem Mangel und Hunger. Schwere Vulkanausbrüche (1400 v. u. Z. Santorin) erschütterten das Mittelmeergebiet. Vom nördlichen Mitteleuropa ausgehend wären zahlreiche Stämme in eine Wanderbewegung geraten, hätten Ungarn und Makedonien durchzogen, nach der Vernichtung der minoischen Seemacht durch den Santorinausbruch Kreta besetzt und gleichzeitig das Hethiterreich zerstört und Syrien erreicht (etwa 1225 v. u.Z.). Eine zweite Welle grif 1191 v.u.Z. Ägypten an und wurde geschlagen. Diese Völker wären in den ägyptischen Quellen als aus den Nordseegebiet stammend festzustellen. Kehnscherper meint, sein so entworfenes Bild decke sich weitgehend mit dem Bericht Platons. Es ist hier nicht der Ort, eine allseitige Auseinandersetzung mit diesen Ansichten zu führen. Das erhebliche Echo, das J. Spanuth ( 1965) in vielen Sachbüchern - wie auch dem vorliegenden - gefunden hat, zwingt aber zur Stellungnahme. Dabei geht der Rez. nicht auf die seit langem überholte Katastrophentheorie, einen Eckpfeiler dieser Hypothese, ein. Ebenso muß hier darauf verzichtet werden, die extrem migrationistische Aufassung der Urnenfelderkultur zu kritisieren. Der Verfasser überspannt den zeitlichen Bogen erheblich, wenn er einen Ausbruch des Santorin von 1400 v.u .Z. mit Ereignissen von 1225/1200 in Verbindung bringen will. Diese Diskrepanz verstärkt sich noch durch die wirkliche Datierung des Ausbruchs. St. Hiller konnte in einer vorbildlichen Darstellung (1975) eine Ausdehnung der „Katastrophe" über ein Jahrhundert (1560/50 bis 1470/50) nachweisen, etwa in die Mitte (1520/10) fällt die Zerstörung von Akrotiri, die auch Sp. Marinatos mit dem Ausbruch zwischen 1520 und 1500 verband (1973). Das Fresko von Akrotiri kann also über ägäisch-libysche Kämpfe um 1200 ebensowenig aussagen wie eine Besetzung Kretas um diese Zeit von dem Vulkan beeinflußbar war. Wenig zutrefend sind die Behauptungen über das Hethiterreich. Durch Naturkatastrophen verursachte Hungerjahre sind nicht bewiesen; Hungersnöte waren in Kleinasien nicht selten; der Absender einer Bitte um ägyptisches Getreide ist zudem nicht genau zu bestimmen (Klengel 197 4; vgl. Bittel 1977, Anm. 31). Weder die schriftliche Überlieferung noch die archäologischen Befunde lassen irgendeine äußere Gefahr erkennen, auf die sich die Hethiter vorbereitet hätten (Otten 1977; Bittel 1977). K. Bittel betont, daß es bisher keine Funde im hethitischen Bereich Anatoliens gibt, die auf einen Einfall, gar von Einwanderern aus dem Norden, hindeuten. Kernstück der Seevölkerhypothese ist eine Inschrift Ramses III. in Medinet Habu, die hier in der neuesten Übersetzung durch W. Helck ( 1977) zitiert sei: ,,Ich (= der König) schütze es (= Ägypten) und wehre ihm die Neunbogenvölker ab, die Fremdländer, die alle zusammen die Trennung vollzogen von ihren Inseln, aufbrechend und verstreut unter die Truppen der Länder. Es konnte aber kein Land gegen ihre Kraft bestehen, von Hatti, Qadi (= Kizzuwatna), Karkemisch, Arzawa und Alasia an; und abgeschnitten von ihrem Land schlugen sie ein Lager auf zusammen im Inneren von Ammurru, seine Leute vernichtend und sein Land, als sei es nie gewesen. Sie kamen nun, indem die Flamme vor ihnen brannte, vorwärts gegen Ägypten, ihre Zwingburg ( ?), Die Philister, Zikar, Sakalus, Danu und Wasas, verbündete Länder, legten ihre Hände auf alle Länder bis ans Ende der Welt, indem ihre Herzen Vertrauen hatten und sie zuversichtlich waren: Unser Plan gelingt. Doch die Überlegungen dieses Gottes, des Herrn der Götter, bereitete Schrecken . . . etc." Der Text ist durchzogen von einer traditionellen Phraseologie, die wir in Medinet Habu auch in anderem Zusammenhang finden. Verhängnisvoll wirkte sich die Aufzählung der nördlichen Gebiete aus; durch sie wurde der Eindruck erweckt, die Seevölker hätten, von Norden kommend, das Hethiterreich und die syrischen Staaten vernichtet. In Wirklichkeit ist es eine stereotype Phrase, die mit Ereignissen im Norden - in Ammurru - verbunden wurde. Sonst widerspräche es auch den Erkenntnissen, die bei quellenkritischer Betrachtung der Aussagen über die Seevölker gewonnen wurden. Die Ägypter sahen in ihnen Seepiraten, die ohne Verbindung zu ihren - den Ägyptern unbekannten oder nicht genannten - Heimatländern die Küsten beunruhigten und als Gefangene gern als Soldaten eingesetzt wurden. Diesen „Freibeutern" ist ein Eroberungszug durch Kleinasien und Syrien nicht zuzuschreiben. Helck schließt seine überzeugende Untersuchung mit den Sätzen: ,,Nach den ägyptischen 433 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Texten haben wir es nicht mit einer Völkerwanderung zu tun, die etwa über Anatolien nach Syrien und bis an die ägyptische Grenze gelangte, sondern es sind eher Piraten der (west- und südanatolischen) Küste - man denke an die Lukki und Damun -, die Träger dieser Ereignisse sind. Erst der Vorstoß aus Ammurru gegen Ägypten nimmt die Form einer ,Völkerwanderung' an, wobei die (in Medinet Habu abgebildeten) Frauen wie die von syrischen Buckelrindern gezogenen Karren aus den besetzten syrischen Gebieten stammen." Geben die ägyptologischen Untersuchungen schon keinen Anlaß, die Seevölker der Texte mit den Trägern der frühen Urnenfelderkultur gleichzusetzen, so fehlt auch archäologisches Evidenzmaterial für solche kontinentumspannende Wanderungen. Am entschiedensten ist W. Kimmig ( 1964) für eine Einwanderung der Seevölker eingetreten; seine Herleitung aus Südosteuropa - die nördlichste, die sich archäologisch vertreten läßt - hat jedoch nur bedingte Zustimmung gefunden. Immer klarer zeichnet sich ab, daß in einer Zeit allgemeiner Unruhe in den Stämmen und Staaten und zwischen ihnen ein aufeinander ausgeübter Druck zu einer Vielzahl von Beutezügen, Kriegen, Wanderungen und Landnahmen führte, daß die Strukturänderungen der beginnenden Jungbronzezeit nicht in einer „Großen Wanderung", sondern einem Zusammenhang dynamischer Prozesse erfolgten. Die Verbindung einer Nordseekultur mit den Ereignissen am östlichen Mittelmeer ist abzulehnen. Für das von Kehnscherper vertretene Kulturzentrum vor der Elbmündung und seinen Untergang fehlt jeder gültige Nachweis. Die Antwort des Verfassers auf die Frage, wer die Atlanter waren - er sieht sie in „einem politischen und militärischen Bündnis verschiedener Völkergruppen im Bereich der frühen Urnenfelderkultur, der ,Nord- und Seevölker'" (S. 122) - muß daher zurückgewiesen werden. Auf geringfügige Errate braucht hier nicht hingewiesen zu werden, etwa, wenn Kehnscherper Polyphem als Kyklopen bezeichnet (S. 21; dagegen jetzt Pischel 1974/75) oder die Altkanarier pauschal Guanchen nennt (S. 55); wenn er mit den Worten „Selbst die Erdkarte des Guido aus dem Jahre 1119 verdeutlicht uns, wie sehr noch 1500 Jahre nach Plato die tatsächliche Lage der Länder und Küstenlinien verkannt wurde" (S. 29) einen geradlinigen Aufstieg von Wissenschaft und Kultur unterstellt oder ein assyrisches Relief mit „So machten es die Ägypter" erläutert (S. 58). (Rez. hätte es auch lieber gesehen, wenn der Verfasser die Atlantis als Femininum behandelt hätte.) Weitaus schwerer wiegt ein Vergleich der an andere Autoren gerichteten Forderungen mit Kehnscherpers eigenen Leistungen. Sein Vorwurf „Eine Datierung des Unterganges der Insel wird nicht versucht" (S. 8), die Behauptung, man habe die Frage vernachlässigt, w a n n die Atlantis untergegangen sei (S. 88; nachgerade eine Standardbehauptung in neueren einschlägigen Werken), dürften sich, nachdem die von Platon geschilderten Verhältnisse als im Kern bronzezeitlich anerkannt wurden (vgl. Brandenstein 1951; Luce 1969), erübrigen. Seine eigenen Vorstellungen über Datierung und Chronologie in der Urgeschichte sind dagegen bestürzend. ,,Am Amazonas entdeckte der Franzose Homet eine neolithische Kultur der Großsteingräberleute. Allein schon durch den Einsatz modernster technischer Mittel war diese Expedition zweifellos eine aufwendige Sache und die Entdeckung einer Steinzeitkultur in diesen Breiten ein unerwartetes Forschungsergebnis. Diese Kultur ist so alt, daß ihre Jäger noch Sauriern begegneten und sie in Felszeichnungen abbildeten." (S. 9) Bereits der Terminus „Großsteingräberleute" ist archäologisch so festgelegt, daß er sich hier verbietet; der Versuch, Südamerika die Steinzeit zu bestreiten, läßt erstaunen. Ein Universitätsprofessor, der nicht nur Saurier bis ins Neolithikum leben läßt, sondern gar dieses in den Jura datiert, dürfte in der Wissenschaft des 20. Jahrhunderts ein Novum sein . . . Ähnlichen Phantastereien erliegt der Autor, indem er „den Absturz eines kleinen Mondes am Ende des Tertiärs" annimmt und mit einer Flutwelle zu verbinden sucht, ,,die längere Zeit um die Erde raste und in Tiahuanaco Hafenanlagen notwendig machte" (S. 47). Auf anderer Ebene verrät der Verfasser seine beschränkte Einsicht in geschichtliche Abläufe auch in den Ausführungen zur Entwicklung der Menschheit seit 600.000 Jahren (S. 53 f.). Er konzentriert sich auf den Übergang zum Jungpaläolithikum, dem Auftreten des Homo sapiens und betont diesen Prozeß als „plötzlich", ,,spontan und geradezu unerklärlich". Dabei übersieht er, 434 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 daß die ganze Entwicklung der Menschheit aus Phasen evolutionären, quantitativen und revolutionären, qualitativen Voranschreitens besteht. Entscheidende Etappen sind auch mit dem Übergang zu Ackerbau und Viehzucht oder - in jüngerer Zeit - mit der industriellen Revolution des 18. und 19. Jhs. verbunden. Einige Archäologen sprechen sogar explizite von einer „jungpaläolithischen Revolution" (Feustel 1968). Dieser Prozeß ist jedoch nicht geheimnisvoll, sondern unterliegt den allgemeinen Gesetzen der menschlichen Entwicklung und beruht auf Ursachen und Grundlagen, die erkennbar und z. T. bereits erforscht sind ( daß die von Kehnscherper genannten Beispiele verschiedentlich falsch sind, sei am Rande bemerkt). Kehnscherpers Schrift kann wegen der historischen, besonders prähistorischen Fehler und Schwächen und wegen des eigenwilligen Umganges mit den Quellen - von der Auswahl bis zur Wiedergabe - nicht befriedigen. Suchen wir nach bleibenden positiven Ergebnissen des Buches, ist dreierlei hervorhebenswert. Der Verfasser formuliert das Motiv ernsthafter Beschäftigung mit der Atlantis. Seine Forderung, ,,die antiken, humanistischen Traditionen nicht kampflos und unwidersprochen den Atlantisschwärmern (zu) überlassen", ist nicht nur durchaus ehrenwert, sondern m. E. einer der wichtigsten Gründe, der uns immer wieder zur Beschäftigung mit der im Verhältnis zu ihrer historischen Bedeutung übermäßig oft behandelten Atlantissage zwingt. Einen entscheidenden Fortschritt erzielte Kehnscherper, als er die meist üblichen Aufzählungen der verschiedenen Theorien und Spekulationen wenigstens teilweise in einen größeren Zusammenhang stellte. Zwar lag dieser Schritt seit langem nahe, doch m.W. erkannte erst Kehnscherper, daß auch hier die Geschichte der menschlichen Torheit mit der Geschichte der Weisheit untrennbar verbunden ist. Rez. glaubt, daß auf diesem Wege die verkrampfte Haltung eines großen Teiles der Fachwissenschaft zu der Platonischen Atlantiserzählung und ihren historischen Grundlage gelöst werden kann. Derartige Untersuchungen sollten also vertieft und fortgeführt werden. Schließlich ordnet sich das Buch in die derzeitige Tendenz ein, auf eine buchstabengetreue Lösung der Atlantisfrage zu verzichten. Bedenken wir, wie sehr Kehnscherper an seine früheren Schriften und Spanuths Hypothesen gebunden ist, muß seine Stellungnahme doch als zurückhaltend bezeichnet werden. Der Schritt zur Auflösung der Überlieferung in ihre verschiedenen Quellen und Schichten, wie sie etwa H. Biedermann erkannte und zu untersuchen begann (1975), war ihm allerdings durch seine vorgefaßte Meinung verstellt. LITERATUR BIEDERMANN, H .: 197 5 Die versunkenen Länder. Graz. BITTEL, K.: W. Bernhard 1977 Das Ende des Hethiterreiches aufgrund archäologischer Zeugnisse. In: Jahresbericht des Instituts für Vorgeschichte der Universität Frankfurt am Main 1976, München, S. 36 f. BRAGHINE, A.: 1939 Atlantis. Stuttgart. BRANDENSTEIN, W.: 1951 Atlantis - Größe und Untergang eines geheimnisvollen Inselreiches. Wien. DONELLY, I. 1911 Atlantis, die Welt vor der Sintflut. Eßlingen. FEUSTEL, R.: 1968 Evolution und Revolution im Ablauf der Steinzeit. In: Ethnographisch - Archäologische Zeitschrift IX, S. HELCK, W.: 1977 Die Seevölker in den ägyptischen Quellen. In: Jahresbericht des Instituts für Vorgeschichte der Universität Frankfurt am Main 1976. München, S. 7 f. 435 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 HENNIG,R.: 1925 Von rätselhaften Ländern. München. HILLER, St.: 1975 Die Explosion des Vulkans von Thera und andere ägäische Zerstörungshorizonte zu Beginn der späten Bronzezeit. In: Gymnasium LXXXII, S. 32 f. KEHNSCHERPER, G.: 1963 Neue Hinweise der ur- und frühgeschichtlichen Forschung auf den Weg der Nord- und Seevölker (Atlanter), Hamburg. 1969 Wanderwege der Nord- und Seevölker. II. über die Zusammensetzung der frühen Urnenfelderbewegung (Koalition der Nord- und Seevölker) und den Umfang ihrer Abwanderung. Otterndorf. 1972 Und die Sonne verfinsterte sich. Archäologische Forschungen um das letzte Buch der Bibel. Halle. 1073 Kreta - Mykene - Santorin. Berlin, Leipzig, Jena. KIMMIG, W.: 1964 Seevölkerbewegung und Urnenfelderkultur. Ein archäologisch-historischer Versuch. In: Studien aus Alteuropa I. Köln, Graz, S. 220 f. KLENGEL, H.: 1974 Hungerjahre in Hatti. In: Altorientalische Forschungen I. Berlin, S. 165 f. LUCE,J. V.: 1969 Atlantis - Legende und Wirklichkeit. Bergisch-Gladbach. MARINATOS, Sp.: 1973 Ethnic Problems Raised Recent Discoveries on Thera. In: R. A. Crossland and A. Birchall (ed.), Bronce Age Migrations on the Aegean. Archeological and linguistic Problems in Greek Prehistory. London, S. 199 f. OTTEN,H.: 1977 Zum Ende des Hethiterreiches aufgrund der Bogazköy-Texte. In: Jahresbericht des Instituts für Vorgeschichte der Universität Frankfurt am Main 1976. München, S. 22 f. PISCHEL, B.: 1974/7 5 Tunesischer Topos I. In: Almogaren V-VI. Graz, S. 177 f. Tim.: Platon, Timaios. In: Sämtliche Werke V, Reinbek, S. 141 f. Krit. Platon, Kritias. In: Sämtliche Werke V. Reinbek, S. 215 ff. SCHULTEN, A.: 1922 Tartessos. Hamburg. SPANUTH,J.: 1965 Atlantis. Tübingen. LAUF, DETLEF 1.: Eine Ikonographie des tibetischen Buddhismus. 20 S. Einführung, 92 Kunstdrucktafeln (davon 8 in Farben) mit ausführlicher Beschreibung auf den gegenüberliegenden Seiten, insges. 206 Seiten, Format: 22 x 28,5 cm, Ganzleinenbd.,farbiger Schutzumschlag. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1979. Die Anzeige des Buches von Detlef I. Lauf in den IC-Nachrichten Nr. 30 und das Echo, das sie gefunden hat, hat deutlich gezeigt, daß nicht nur Tibetologen oder Indologen an der faszinierenden Welt der lamaistischen Ikonographie Interesse haben. Die Vielgestaltigkeit und der überquellende Formenreichtum tibetischer Wandmalereien, Thangkas und Bronzeplastiken sind auch für einen breiteren Kreis kulturhistorisch Interessierter Anlaß genug, sich mit dieser Bilderwelt auseinander- 436 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 zusetzen, deren Strukturen zum Teil traditionsbedingt sind, zum anderen jedoch aus den Tiefenschichten der Persönlichkeit zu stammen scheinen. Dieser Umstand hat auch dazu geführt, daß Tiefenpsychologen sich wiederholt mit der alttibetischen Bilderwelt auseinandergesetzt haben. Auch ältere Werke wie „Die gelbe Kirche" von Bleichsteiner (Wien 1937) werden immer wieder in den Antiquariats-Suchlisten erwähnt. Ist Tibet selbst auch derzeit praktisch unzugänglich, so befassen sich dennoch zahllose „Suchende" mit dieser Region, die in unseren Tagen für den Europäer so verschlossen ist wie in den Tagen der ersten Kundfahrten von Sven Hedin. D. I. Lauf ist der Autor zahlreicher Werke über Religion und Geisteswelt von Tibet, und sein neues Buch stellt eine hervorragende Einführung in die traditonelle Ikonographie dieses Raumes dar. Die Farbtafeln deuten das Kolorit der Kunstwerke an, die Schwarzweiß-Abbildungen ihre viel zu wenig beachteten graphisch-plastischen Qualitäten. Auch bisher unpubliziertes Basismaterial wird dargeboten, wobei auch die vorbuddhistische Bon-Religion nicht vernachlässigt wird (vgl. dazu auch: R. v. Nebesky-Wojkowitz: Oracles and Demons of Tibet. The Cult and Iconography of the Tibetan Protective Deities. Den Haag 1956, Reprint Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1975). Der Umstand, daß tibetische Namen orthographisch (für den Nicht-Tibetologen praktisch unaussprechlich) und nicht phonetisch wiedergegeben werden, macht die Lektüre für allgemein religionsethnologisch oder ikonographisch Interessierte freilich etwas schwierig. LUKAN, KARL: Hergottsitz und Teufelsbett. Wanderungen in die Vorzeit. Wien 1979: Jugend und Volk. 246 S., zahlr. Textabb., 32 Taf Ln. öS 248,- H.B. Sehr ansprechende populäre Schilderung ur- und frühgeschichtlicher Denkmäler aus Österreich und ihrer Verankerung im Volksglauben, besonders im Sagenschatz (Quellen, Schalensteine, heilige Felsen und Bäume, Felsritzbilder, Wallfahrten, ,,Erdställe" u.a.). Dieses Buch ist hervorragend dafür geeignet, in breiteren Leserkreisen Interesse und Aufmerksamkeit für die mannigfachen Monumente und Überlieferung aus alter Zeit zu wecken, zumal der Autor die beschriebenen Stätten selbst besucht hat. Gutes Bildmaterial. H.B. MÜLLER - STELLRECHT, IRMTRAUT: Materialien zur Ethnographie von Dardistan (Pakistan). Aus den nachgelassenen Papieren von D. L. R. Lorimer. Teil 1 - Hunza. 384 Seiten, 1 Foto, mehrere Tabellen. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1979. Leinen. öS 980,- Eine wertvolle Monographie über das Hunza-Volk im nördlichen Kaschmir, das vor einigen Jahren in Europa infolge von übertriebenen Berichten als „das Volk, das keine Krankheit kennt" (E. 0. Bircher) berühmt wurde. Der Ethnograph und Linguist Lorimer (1876-1962), aus dessen nachgelassenen Aufzeichnungen Frau Müller-Stellrecht dieses Buch herausgegeben und kommentiert hat, sammelte die einschlägigen Berichte in einem Ordner mit der Aufschrift „Hunza Humbug". Davon abgesehen ist das völkerkundliche Material, das hier dargeboten wird, eindrucksvoll genug, und die altertümliche Kultur des Hunza-Volkes enthält zahlreiche Züge, die überregional Beachtung verdienen. Dazu gehören Lorimers Berichte über „Calendar and Economic Years - The sun months, Traditional festivals", weiters die Abschnitte, die sich mit der Religion befassen (,,Spirits of the Dead; Future life; Shrines near particular stones, and near graves of holy men"), 437 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 dann die Kapitel über „Sorcery" und „Shamanism" und Proben aus dem traditionellen Erzählgut. Schamanen (bitan) werden von der Anlage her als psychisch unstabil und reizbar geschildert - eine Eigenschaft, die sich erst ändert, wenn der Aspirant Kontakt zu den „guardian fairies" gefunden hat, als deren Sprachrohr er dann wirkt. Nach Ansicht der Herausgeberin ist jedoch der HunzaSchamanismus, der vom Islam ofenbar nicht völlig verdrängt werden konnte, erst sekundär vom Süden her in das Wohngebiet des Volkes eingedrungen. - Eine beispielhafte ethnographische Publikation, die in keiner Fachbiliothek fehlen sollte. H.B. RUST, ALFRED: ,,Urreligiöses Verhalten und Opferbrauchtum des eiszeitlichen Homo sapiens". Karl Wachholz Verlag, Neumünster 1974. Der Autor, der auf eine mehr als fünfzigjährige Erfahrung auf dem siedlungsarchäologischen Gebiet im nordwestdeutschen Flachland zurückblicken kann, gräbt u. a. seit 1932 im 20 km nordöstlich von Hamburg entfernten Ahrnsburger Tunneltal nach jungpaläolithischen Siedlungsspuren der nordischen Renjäger. Als Ergebnis dieser Grabungen läßt sich folgende Zusammenschau geben: Nach Abschmelzen der Würmvereisung, etwa 14.000 Jahren vor unserer Zeit, drangen jungpaläolithische Jäger, Träger der sogenannten „Hamburger Kultur", ihrem Hauptnahrungstier, dem Ren, folgend, als Erstpioniere in das kultursterile nordwestdeutsche Flachland vor und hinterließen, durch in Teiche versenkte organische und anorganische Objekte ausdeutbar, eine fast allumfassende Schilderung ihrer Lebens- und Glaubenshaltung. Zwischen 13.000 und 11.000 vor heute, in der hoch temperierten Allerödschwankung, wanderten das Ren und mit ihm die Renjäger noch weiter nach Norden ab. Aus dem Süden drangen andere Kulturgruppen nach, die im weiteren Sinne Träger des späten Magdaleniens waren und die in die zahlreich vorhandenen Teiche weder Opfergaben noch Abfälle einbrachten. Nach der zwischen 11.000 und 10.000 Jahren vor unserer Zeit stattgefundenen Klimadepression wanderte das Ren wieder in dieses Gebiet ein und wurde nun von den Trägern der „Ahrnsburger Kultur" bejagt, die (wie die „Hamburger") ethnisch an Vorläuferpopulationen östlichen Ursprungs gebunden waren. Die „Ahrnsburger" legten wieder Opfergaben in die Teiche, bis mit Beginn des endgültigen Klimaumbruches, spätestens um 9.000 vor unserer Zeit, die Teiche verlandeten und die hinterlegten Votivgaben auf das treflichste konservierten. Den Trägern der „Hamburger" und der „Ahrnsburger' Kultur waren gemeinsam: die Wahl der Opferteiche (sie bevorzugten steilufrige Teiche mit tiefem Wasser, welches die Opfergaben vollständig bedeckte); die „Ausstattung" derselben: in größtmöglicher Beschränkung wurden Einzelknochen von allen im Biotop vorkommenden Warmblütern sowie Geräte des täglichen Lebens und Wafen „beschreibend" eingebracht, darunter ein mit Wellengravur ( ! ) versehener Pfriem und ein Riemenschneider; letztlich ein nach heutiger Rechnung rund zehnprozentiger Beuteanteil ihres Hauptnahrungstieres, des Rens, wobei jährlich ein zweijähriges, weibliches Ren ganzkörperlich in den Opferteich versenkt wurde. Von allen anderen erlegten Rentieren wurde immer nur ein zehnprozentiger Beuteanteil eingebracht. Erwähnenswert sind auch die Vergleiche,die der Autor am Schluß des Buches mit der zur selben Zeit in Südwesteuropa zur Hochblüte gelangenden Höhlenmalerei zieht. Axel Huber 438 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 SALZBURGER HÖHLENBUCH: Bd. 3, Hrsg. Walter Kappacher und Harald Knapczyk. 488 S. mit 140 Plänen und Zeichnungen, 75 Farbbildern, 275 Schwarzweißfotos und 2 Kartenbeilagen. Landesverein für Höhlenkunde (Getreideg. 5 6, 5 020 Salzburg), 19 79. Einzelpreis öS 5 20,- Der Band stellt in seiner Gesamtheit eine imponierende Leistung dar, sowohl was das Buch betrift als auch im Hinblick auf die speläologisch-touristischen Unternehmen, die für seine Publikation nötig waren. Zu den zahlreichen Detailgebieten, die hier zur Sprache kommen, gehören Geologie und Karsthydrologie, Glazialmorphologie und Paläontologie, Geschichte und Volkskunde (Sagen, Felsritzbilder). War es zunächst die nie geleugnete Freude am Erforschen der großen und kleinen Höhlen und an der damit verbundenen sportlichen Leistung, kam doch bald auch die wissenschaftliche Vertiefung der Dokumentationsarbeit dazu, die das „multidisziplinäre" Gebiet der Höhlenforschung zu dem wertvollen Gesamtkomplex machte, der sich in diesem Band klar genug darstellt. Er gliedert sich in die Regionen Hochkönig, Hagengebirge ( mit der großartigen, 194 7 entdeckten Tantalhöhle) und Göll-Roßfeld. Den zahlreichen Mitarbeitern ist Dank und Anerkennung der Wissenschaft gewiß. In dem Abschnitt über die Ritzzeichen (S. 110-121) tauchen auch die Namen unserer Mitglieder Repis, Nowak und Wollenik auf. Richtig ist, daß „man von Inhalt und Darstellung der Felsbilder nicht unbedingt auf die Entstehungszeit schließen kann", wobei jedoch zu bezweifeln ist, daß sie mit der „Mitra-Sage" (= Mithrasmythologie) etwas zu tun haben. Nicht zu bezweifeln ist der Satz „Die Zukunft gehört einer systematischen Bestandsaufnahme." H.B. WEBER, GERTRUD und MATTHIAS STRECKER: Petroglyphen der Finca Las Palmas (Chiapas, Mexico). Erschienen in der Reihe ,,Die Amerikanischen Felsbilder", Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1980. 1 Band (27 x 35,5 cm), 80 Seiten Text mit 32 Abb. und Kartenskizzen, 24 Tafeln mit 56 Schwarzweiß- und 4 Farbbildern. Ganzleinen. Ladenpreis: öS 1.110,-. Der auf der letzten Seite der IC-Nachrichten Nr. 32/1979 als „in Kürze erscheinend" avisierte monographische Band liegt nun bereits vor - eine stattliche Publikation über eine in ihrer Art sehr bemerkenswerte Felsbilderfundstätte am Rio Grijalva. Die altmexikanischen Hochkulturen haben daran nur wenig Anteil, nur ein olmekoides Reliefköpfchen und ein Schlangenkopf im zapotekischen Stil weisen auf sie hin. Der Rest der Petroglyphen besteht aus eingemeißelten Mulden, Näpfchen, geometrischen Figuren und formschönen Spiralen, die vermutlich einst zu Opfersteinen oder Altären gehörten. ,,Stein 18" (Abb. 15) mit Mulden die durch Kanäle verbunden sind, einer Spiralrinne und einem möglichen Libations-Ablaufkanal erinnert erstaunlich an alte Kultplätze der Kanarischen Inseln (vgl. IC-N. 32/1979, S. 16-17). Häufig vorkommende, regelmäßig ausgemeißelte Gruben in H- oder besser Doppel-T-Form erinnern an die Grundrisse altmexikanischer Ballspielplätze. Die figuralen (anthropomorphen und zoomorphen) Ritz- und Punzfiguren sind von einfacher Strichmännchenqualität, ,,Leitern" erinnern an Petroglyphen in der LoltunHöhle (Yucatan) und von den Antillen. Die anspruchslose Archaik der Figuren ist angesichts der nahen mittel- bis spätklassischen Kultstätte von Lopez Mateos mit ihren etwa 45 Bauwerken überraschend. Vermutlich rühren die Funde von der Finca Las Palmas von einem einfachen Volksstamm her, der um 800 n. Chr. im Bannkreis der Hochkultur, aber doch weitgehend unabhängig von ihr lebte und seinen Göttern opferte. H.B. 439 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 WÖLFEL, DOMINIK JOSEF (Hrsg.): Leonardo Torriani ,Die Kanarischen Inseln und ihre Urbewohner', eine unbekannte Bilderhandschrift vom Jahre 15 90. Reprint der Ausgabe Leipzig 1940. 342 Seiten, 24 Abb., kartoniert. Burgfried-Verlag, Hallein 1979. Preis öS 580,- Zu den größten Verdiensten Wölfels gehört es, die wertvolle Primärquelle - Torrianis etwa 100 Jahre nach der spanischen Eroberung verfaßte „Descrittione" des Archipels und seiner Ureinwohner - in Coimbra aufgestöbert, transkribiert, kommentiert und mit reichem Anmerkungsteil veröfentlicht zu haben. Die 1940 in der Reihe „Quellen und Forschungen zur Geschichte der Geographie und Völkerkunde" erschienene Publikation mit ihrem unglaublich reichen ethnohistorischen Basismaterial hat eigentlich die „Altkanaristik" im heutigen Sinne begründet. Wölfel beschränkte sich nicht nur darauf, Torrianis Handschrift mit ihren Aquarellen ( der Ausdruck „Bilderhandschrift" ist unglücklich gewählt) mit Kommentaren zu veröffentlichen, sondern er bietet im Vorwort reiches quellenkritisches Material exemplarischer Natur, in den Anhängen eine „Summa" des Wissens über die altkanarische Kultur, die Sprache und die Felsinschriften, dem Stand von 1940 entsprechend. Vierzig Jahre später haben auch diese Anhänge, trotz aller zwischenzeitlich veröfentlichten Studien, ihren Wert behalten; der Wissensstand hat sich nicht wesentlich und grundsätzlich verändert. Erstaunlich ist, daß die spanischen Gelehrten, die viele Detailstudien verfaßten, bis heute keine zusammenfassende „Ethnologie und Archäologie der Kanaren" veröfentlicht haben. Wölfels nur in Einzelheiten ergänzungsbedürftiges Resume von 1940 könnte - zusammen mit seinem betreffenden religionsethnologischen Abschnitt in den ,,Religionen des vorindogermanischen Europa" (1951) - noch immer die Basis dafür bilden. Interessant ist, daß Wölfel auch in seinem Torriani-Anhang, S. 309, auf seine oft erwähnte, aber nie wirklich greifbar gemachte „Westkultur" eingeht, jene „bisher unbekannte Hochkultur, die auf den Kanarischen Inseln einen bescheidenen Ableger hatte, die in ihren Randwirkungen überall in Nordafrika und Westafrika zu fassen ist, die als wichtige Komponente in die älteste ägyptische und kretische Kultur mit einging und deren innige Verflechtung mit dem alten Westeuropa noch herausgearbeitet werden muß; ihren Charakter werden wir aber erst dann voll erkennen, wenn wir statt auf einen bescheidenen Ableger auf eines ihrer Zentren gestoßen sind. Aber auch bis dahin ist sie schon eine ebensolche Realität, wie es die kretische Kultur nach den Ausgrabungen Schliemanns und vor den Ausgrabungen auf Kreta war, wenn sie auch vorerst auf die anderen schon bekannten alten Hochkulturen und nicht auf ihren wahren Wesenskern bezogen wurde." Die Zentren der Westkultur sind noch immer unbekannt. Hätte der 1979 verstorbene Andre Simoneau seine Forschungen im Bergland des westlichen Marokko fortsetzen können, wüßten wir vielleicht mehr über den Problemkomplex (vgl. Biedermann, Wölfels ,Westkultur', in ALMOGAREN IV/1973, S. 11). Karl A. Frank, München, spricht die archäologisch so schwer faßbaren West-Ost-Strömungen mit einem in der Wissenschaft verpönten Namen an, und zwar in seinem Buch „Atlantis war anders" (Graz 1978). In erster Linie ist jedoch das Torriani-Buch als Primärquelle über die altertümliche Kultur der kanarischen Ureinwohner bedeutsam, war doch der Autor ein scharfer Beobachter, wie es sein Hauptberuf (Architekt und Ingenieur) erforderte. Deshalb lassen sich seinem Bericht zahllose Details über die Archäologie und Geschichte der Kanaren entnehmen, und auch seine Bermerkungen zur Kultur und Religion der Altkanarier verdienen größte Beachtung. Es ist sehr erfreulich, das jahrzehntelang praktisch unaufindbar gewesene Torriani-Buch nun wieder greifbar zu haben. H. B. 440 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 NIEL, FERNAND: Auf den Spuren der großen Steine. Stonehenge, Carnac und die Megalithen. 318 S., 48 Abb. (z. T. in Farben), zahlr. Textfiguren und Kartenskizzen. List-Verlag, München 1977. DM 32,- Auf den ersten Blick erscheint dieses Buch als ein sehr instruktives Werk, verfaßt von einem Sachbuchautor, der sich viele Jahre intensiv mit der mannigfachen Problematik des Megalithphänomens auseinandergesetzt hat, interessant zu schreiben versteht und bestrebt ist, von oberflächlichen Verallgemeinerungen zu relevanten Fragestellungen zu gelangen. Daß er dabei den Grabbaucharakter der (meisten) Dolmen in Frage stellt, ohne eine Alternativlösung anbieten zu können, ist sein gutes Recht. Kritischer ist der Einwand, daß der Band (die Originalausgaben der hier vorliegenden deutschen Übersetzung erschienen 1974 und 1976) den Ergebnissen der kalibrierten Radiokarbondatierung nicht Rechnung trägt. Niel datiert „Stonehenge l" mit „1900-1700 v. Chr." (E. K. Krupp, ,,In Search of the Ancient Astronomies", New York 1977, setzt Stonehenge 1 mit „ca. 2800 v. Chr." an). Damit schwindet auch die Möglichkeit, dem Mythus des „ex oriente lux" zu entkommen und -was heute nicht mehr zu bestreiten ist - zu folgern, daß die Megalithbauten Nordwesteuropas die ältesten sind sowie daß sich die Cairns dieses Raumes nicht von den mykenischen Tholoi ableiten lassen. Einige Übersetzungsfehler (S. 215: Schmuckscheibchen aus Kadmium -1817 entdeckt! -statt Cardium) fallen dagegen weniger ins Gewicht. Dennoch ist nicht zu leugnen, daß der kritische Leser, der sich vor allem von der überholten Chronologie und den aus ihr abgeleiteten Folgerungen nicht beirren läßt, infolge der imponierenden Ortskenntnisse des Autors in Frankreich und seiner fesselnden Darstellungsgabe das Buch mit Gewinn lesen wird. H.B. 441 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 |
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