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Almogaren XXVII/ 1996 Hallein 1996 257 - 284 Robert G. Bednarik Übersicht der Methodik direkter Felskunstdatierung Die Datierung von Felskunst war seit jeher eines der schwierigsten Probleme in der Archäologie. Während wir in der Altersbestimmung von Sedimentstraten und archäologischen Objekten seit dem frühen neunzehnten Jahrhundert eine langsame aber stetige Verbesserung erlebt haben, war in der Felskunstdatierung kein derartiger Fortschritt zu verzeichnen. Ihre Methodik blieb zwangsläufig bis ins späte zwanzigste Jahrhundert auf eher fragwürdige und oft durchaus naive und unwissenschaftliche Versuche beschränkt. Die früheste mir bekannte Erwähnung der Möglichkeit, Petroglyphen auf Grund verschiedener Patinierungsgrade chronologisch zu ordnen, stammt von Belzoni (1820: 360-61). Aber in den folgenden 160 Jahren war auf diesem Gebiet keinerlei Fortschritt zu bemerken. In der Zwischenzeit haben wir versucht, mit einer Reihe von archäologischen Mitteln Anhaltspunkte für das Alter von Felskunst zu gewinnen. Darunter sollen hier kurz jene Methoden erörtert werden, die sich mit dem ikonographischen (bildlichen) Inhalt der Darstellungen befassen; mit von Sedimenten verdeckter Felskunst; mit stilistischer Ähnlichkeit; mit topographischen Argumenten; und mit angeblichen Beziehungen zwischen Pigmenten am Fels und im stratigraphischen Kontext. Dabei wird sich die rein unwissenschaftliche Form dieser mutmaßlichen Datierungsanhaltspunkte zeigen. Vorauszuschicken sei, daß wissenschaftlich relevante Aussagen solche sind, die falsifizierbar sind, und daß daneben in der Wissenschaft jene Aussagen, die sich auf wiederholbare Versuche berufen, vorgezogen werden. Anschließend werde ich dann die alternative Methodik erörtern, die sogenannte "direkte Felskunstdatierung" - nicht nur um die zur Verfügung stehenden Mittel zu besprechen, sondern auch um sie kritisch zu bewerten. Insbesondere die unsachgemäße Deutung solcher Ergebnisse und die unrealistischen Erwartungen von Archäologen sollen hier behandelt werden. 257 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Archäologische Versuche der Felskunstdatierung Wenn der bildliche Inhalt von Felskunst zu ihrer Datierung herangezogen wird, dann heißt das im wissenschaftlichen Sinn, daß der kognitiv, kulturell und akademisch konditionierte moderne Beobachter glaubt, in der Felskunst dargestellte Objekte zu erkennen. Abgesehen davon, daß wir nicht wissen, wie er oder sie eine solche Fähigkeit erlangt haben könnte, sind derartige Behauptungen natürlich in keiner Weise falsifizierbar: Wir können sie nicht testen. Nicht nur besitzt der moderne Beschauer vermutlich nicht dieselben kognitiven Strategien, visuelle Identifizierungsanhaltspunkte in graphischer Kunst wahrzunehmen, wie sie für den Hersteller des Bildes galten, sondern wir wissen auch von experimenteller Evidenz, daß beispielsweise der Europäer nicht imstande ist, Objekte in der Felskunst richtig zu identifizieren. Der einzige blinde Test, der hier jemals durchgeführt wurde (Macintosh 1952, 1977) bewies dies deutlich: 90% der Identifikationen von anscheinenden Tierdarstellungen durch einen Professor der Anatomie erwiesen sich als unrichtig. Leute, die heute noch behaupten, zu wissen, was in früher Felskunst dargestellt worden ist, sollten Beweise für diese Fähigkeit erbringen, bevor wir ihre Mutmaßungen ernst nehmen können. Es geht hier nicht um die Frage, ob diese Deutungen richtig oder falsch seien, sondern um die Frage, ob sie wissenschaftlich relevant sind. Deutungen, die wir nicht testen können, sind das nie, es sei denn es wäre unsere Absicht, das Gehirn oder die Kognition des Deutenden zu studieren. Es ergibt sich daraus von selbst die Notwendigkeit, Datierungen auf Grund angeblich dargestellter Gegenstände, wie etwa Tierarten, mit entsprechender Vorsicht zu begegnen. In der exakten Felskunstwissenschaft sind solche reinen Spekulationen grundsätzlich abzulehnen. Wie wir wissen, berufen sich viele der in der Weltliteratur aufscheinenden chronologischen Behauptungen über Felskunst auf die angebliche Bestimmung von dargestellten Tierarten (Bednarik 1993a). Das trift nicht nur auf die angeblich spätpleistozänen Höhlenbilder Westeuropas zu, sondern auch für Felskunst in China (siehe Bednarik und Li Fushun 1991 für Synopsis), Indien und Sibirien (siehe Bednarik 1994a für Kritik). Wir wissen sogar von zumindest einem Fall, in dem auf Grund subjektiver Tierbild-Identifizierung allen Ernstes behauptet wurde, tertiäre Felskunst sei gefunden worden (Liu Yiqing 1991) (Abb. 1). Als ob diese kognitiven Hindernisse zur Glaubwürdigkeit ikonographischer "Identifizierungen" von Felsbildern nicht schon genug wären, gibt es auch noch andere. Die Annahme, die einstige Verbreitung von angeblich dargestellten Gegenständen zu kennen, ist selbst fragwürdig. Wir neigen beispielsweise dazu, anzunehmen, die urgeschichtliche Verbreitung von Tierarten zu kennen, 2 58 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 durch das vorhandene paläontologische Fundinventar. Das kann zweifellos nur teilweise richtig sein. Nehmen wir etwa eine der in Europa am besten bekannten pleistozänen Arten, den Höhlenbär (Ursus spelaeus). Seine angebliche geographische Verbreitung (Koby und Schaefer 1960; für Berichtigungen siehe Bednarik 1994b: Fig. 1) stimmt fast ausnahmslos mit jener der europäischen Karstgebiete überein; Reste des Tieres sind also im allgemeinen dort zu finden, wo Höhlen häufig vorkommen. Nachdem das Tier sich kaum an geologische Grenzen gehalten haben dürfte und seine Begehung tiefer Kalksteinhöhlen in erster Linie ein kryokratisches Phänomen gewesen sein wird (d.h. mit Phasen größter Kälte zusammenhängen wird), ist es naheliegend, in der Verbreitung erhalten gebliebener Reste des Tieres ein rein taphonomisches (Efremov 1940) Ergebnis zu sehen. In anderen Worten, es wäre unrealistisch zu erwarten, daß wir die wirkliche Verbreitung des Höhlenbären zu irgendeiner Zeit tatsächlich wissen können. Was wir wissen ist die Verbreitung paläontologischer Funde dieser Art, und nicht mehr. Bis vor wenigen Jahren wäre ein Mammutbild unweigerlich dem Pleistozän zugeschrieben worden. Seit wir aber das Überleben des Mammuts in Nordsibirien bis vor weniger als 4000 Jahre BP nachgewiesen haben (Vartanyan et al. 1993), würden wir zumindest in Sibirien vorsichtiger sein, einem solchen Bild ein sicheres Alter zuzuschreiben. Darüber hinaus mahnen noch andere Gründe zur Vorsicht: Ein sibirischer Künstler mag nie ein lebendes Mammut gesehen haben, es aber von einem gefrorenen Tier rekonstruiert haben. Oder er mag es auf Grund mündlicher Überlieferung wiedergegeben haben (wir wissen von australischer Evidenz, daß eine solche Überlieferung viele Jahrtausende überleben kann). Oder aber ein Tier mag dargestellt worden sein, das gar nicht existierte, also ein Fabelwesen (wir wissen von unzähligen Beispielen weltweit, vom frühen Aurignacien bis in die Jetztzeit). Manche Tierdarstellungen in der Felskunst dürften Bilder von Halluzinationen sein (Bednarik 1990-91), und die dabei dargestellten Arten mögen im zeitlichen oder geographischen Lebensraum des Künstlers nie existiert haben. Beispielsweise verursachen bestimmte ethnographisch viel verwendete Alkaloide (Harmalin und lbogan) Halluzinationen von Tieren, die der Betrofene niemals gesehen hat (wie etwa große Katzen). Narkotisch verursachte Halluzinationen wurden anscheinend oft in Felskunst festgehalten (Wellmann 1978; Hedges 1976; Bednarik 1990-91), da ist es dann durchaus möglich, daß Tiere dargestellt wurden, denen der Künstler nie begegnet sein muß (Abb. 2). Noch schlimmer ist die Sachlage mit archäologisch "verbürgten", stilistisch diagnostischen Gegenständen früher menschlicher Kulturen. Jede archäologische Information ist nur bedingt akzeptierbar (Archäologie ist nicht eine Na - 259 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 turwissenschaft und ihre interpretierenden Aussagen sind durchwegs nicht falsifizierbar), und unser Wissen ist durch taphonomische (grabkundliche/verschüttungsbezogene) und andere metamorphologische (Bednarik 1995a) Faktoren beträchtlich eingeschränkt. Ohne hier auf das komplizierte Thema der Glaubwürdigkeit archäologischer Behauptungen einzugehen (was ich a.a.O. reichlich getan habe) sollte nur kurz erwähnt werden, daß die Deutung von Felsbildern als Materialgegenstände (wie Wafen, Werkzeuge, Kopfschmuck, Kultobjekte und dergleichen) rein subjektiv ist. Der Deutende hat keinen Zutritt zur kognitiven, sozialen, intellektuellen, religiösen oder kulturellen Welt des Herstellers der Felskunst, sondern kann diese Motive nur im Rahmen seiner eigenen, sehr begrenzten Weltanschauung wahrnehmen. Daß er die Sinneswahrnehmungen des Frühmenschen teilen mag, ist nicht genug Grund für uns, anzunehmen, daß diese Wahrnehmungen kortikal gleich verarbeitet wurden. Die Deutungen des Archäologen können dem Wissenschaftler viel über die kognitive, kulturelle und akademische Ontologie des Deutenden erzählen, sind aber keinerlei Hilfe in der seriösen Erforschung der geistigen Welt des Herstellers. In anderen Worten, die Deutungen, die uns der Archäologe für die Felskunst bietet, gehören in das Studium des Verstandes des Archäologen, ein Gebiet, das vielleicht an kognitive Psychologie anzuschließen wäre. In der Felskunstwissenschaft ist kein Raum dafür, denn hier darf Felskunst nur außerhalb unserer kognitiven Reaktionen zu ihr studiert werden (Bednarik 1991-92). Alle diese Bedenken zeigen uns, wie leicht anscheinend chronologische Anhaltspunkte in der Ikonographie einer Felskunst irreführend sein können. Natürlich heißt das nicht, daß alle unsere Deutungen falsch sein müssen, doch besteht keine Möglichkeit, fragwürdige Deutungen von richtigen vorbehaltlos zu unterscheiden. Sicherlich sind viele der Datierungen, die sich auf ikonographische Deutungen berufen, richtig. Wir wissen aber nicht, welche, und wir haben keine Methode, sie systematisch zu identifizieren. Diese Behauptungen sind also strikt nicht-wissenschaftlich. Eine gelegentlich angewandte archäologische Methode der Felskunstdatierung ist die Radiokarbonanalyse von Sedimenten, unter denen Felskunst begraben lag. Entweder handelt es sich dabei um abgebrochene Felsfragmente mit Resten von Felskunst, oder es liegen die Sedimente auf der Felskunst in situ. In beiden Fällen beziehen sich die erbrachten Datierungen lediglich auf das Mindestalter, denn das Alter der Felskunst selbst ist ofensichtlich höher, und mag oft beträchtlich höher sein. Darüber hinaus ist die zuständige Epistemologie leider auch hier wesentlich komplizierter als es den Anschein haben mag. Das Material, das man datiert, ist meist Holzkohle, und die ober- 260 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 flächliche Annahme ist, sie müsse dasselbe Alter haben wie das Sediment, in dem sie gefunden wurde. In Wirklichkeit besteht ein Sediment aus zahlreichen Materialien, die alle verschiedenen "Alters" sind. Die meisten sind älter als die jüngste Deposition des Sedimentes, manche sind jünger. Holzkohle mag eine langwierige Taphonomie erfahren haben, bevor sie an der Fundstelle niedergelegt wurde, und somit wesentlich "älter" sein als das Sediment, in dem sie liegt. Auch ist zu bedenken, daß ein Radiokarbon-"Datum" sich nicht auf die Holzkohle selbst bezieht, sondern auf die Zeit, als der Baum Karbondioxyd aus der Atmosphäre assimilierte. Dann ist da noch eine ganze Reihe von Komplikationen mit der wirklichen Beziehung zwischen dem gemessenen Anteil von 14 C, 813 C und 12C, und dem Zeitpunkt, zu dem Kohlenstoff tatsächlich assimiliert wurde, die wir hier nur ganz kurz streifen wollen. Die Genauigkeit eines Radiokarbon -"Datums" erfordert unser Wissen über das ursprüngliche Verhältnis der atmosphärischen Kohlenstof-Isotope; die wirkliche Zerfallsrate des radioaktiven Isotops; und ob der Zerfallsprozeß von anderen Faktoren beeinflußt wurde. Die anfänglichen isotopischen Konzentrationen sind uns nicht bekannt, denn sie variieren mit Klima und Vegetation (Cole und Monger 1994 ), kosmogenischer Bestrahlung, vulkanischer Aktivität (Bednarik 1995b), großen Feuern usw. Die Halbwertzeit des radioaktiven Kohlenstofs ist uns nicht genau bekannt und Versuche, Radiokarbon-Jahre mit dendrochronologischen und anderen radiometrischen Daten zu kalibrieren, deuten beträchtliche Variationen an (für detaillierte Diskussionen siehe Bednarik 1994c, 1996). Eine der bei Archäologen seit langem beliebten Datierungsmethoden von Felskunst, ebenso wie von Artefakten, bezieht sich auf die bei ihnen wahrgenommenen Stile (Conkey und Hastorf1990; Lorblanchet und Bahn 1993). Der Archäologe erfindet Stile von Steinwerkzeugen, Bronzefibeln, Spinnwirteln und Felsbildern, und ordnet dann alle gefundenen Beispiele formal und zeitlich in diese Taxonomien ein. Im Prinzip beruht dies auf der Annahme, die kulturell diagnostischen Anhaltspunkte eines fossilen Stiles erkennen zu können . Viele dieser stilistischen Rahmen haben sich recht gut bewährt, und scheinen tatsächlich zuverlässige Aussagen über das Alter zu gewährleisten. Für Felskunst trift das allerdings nicht zu. Wir haben weltweit zahlreiche stilistische Sequenzen für sie, von denen nur wenige mit wissenschaftlichen Altersandeutungen übereinstimmen dürften. Wo diese Stilabfolgen systematischer Prüfung unterzogen worden sind, erwiesen sie sich meist als unbrauchbar. Dies ist erst im Laufe der letzten Jahre deutlich geworden, eben weil direkte Methoden erst in diesen Jahren systematisch angewandt wurden. Sicherlich bietet hier die stilistische Sequenz der westeuropäischen Fels- 261 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 kunst aus dem Jungpaläolithikum das beste Beispiel: Seit praktisch einem Jahrhundert ist diese Stilabfolge von Generationen von Archäologen erschaffen worden, doch kaum begann man vor einigen wenigen Jahren, sie einer wissenschaftlichen Überprüfung zu unterziehen, ergaben sich sofort die ersten Schwierigkeiten (Lorblanchet 1994; Clottes 1994; Bednarik 1994c). Im Laufe des Jahres 1995 brach dann dieses stilistische System unter der Last der wissenschaftlich ermittelten Daten zusammen, ganz besonders durch die sensationellen Ergebnisse aus der Chauvet-Höhle in der französischen Ardeche (Clottes et al. 1995 ) und die Serie von blinden Tests im Cöa-Tal von Portugal (Bednarik 1995c, 1995d, 1995e; Watchman 1995 ). Die stilistischen Modelle von A. Leroi-Gourhan, H. Breuil und anderen großen Forschem dieses Jahrhunderts sind nun plötzlich alle hinfällig und gänzlich überholt. Detaillierte stilistische Chronologien sind auch in anderen Gebieten nachdrücklich widerlegt worden, darunter die Sahara (Muzzolini 1990), Ostspanien (Hernandez et al. 1988), Indien (Bednarik 1993b), Sibirien (Bednarik und Devlet 1992) und Australien (Abb. 3 ). Das war auch zu erwarten, denn nicht nur war es bis vor einigen Jahren schwer, wenn nicht unmöglich, die Variable Zeit in der Felskunstforschung zuverlässig zu erfassen, die in Altersschätzungen verwendete Logik war oft fragwürdig. Wir haben bereits die Einschränkungen bezüglich des Alters von Sedimenten erörtert. Ausgegrabene portable Kunst mag stilistisch einer Felskunst ähnlich sein, aber das beweist noch nicht eine direkte kulturelle Beziehung. Es wäre durchaus möglich, daß die portable Kunst von einer weit früheren Felskunst kopiert wurde. Durch ihre relative Permanenz ist Felskunst oft ein wichtiger kultureller Determinant, auch ohne jeglichen direkten Kulturkontakt (Bednarik 1991-92). Darüber hinaus ist die zeitliche Beziehung zwischen einem Stück Holzkohle und daneben gefundener Mobiliarkunst nicht unbedingt gesichert. Ähnliche Bedenken gelten für andere Voraussetzungen der zeitlichen Verankerung solcher Stile. Manchmal sind "wahrgenommene" Stile sogar auf Grund rein topographischer Argumente datiert worden: etwa weil sie in Höhlen erschienen; oder weil sie in einer Gegend gefunden wurden, wo eine bestimmte Kultur stark vertreten ist; weil sie eine Fundstelle mit einer bestimmten materiellen Tradition teilten; und durch dergleichen schwache Beweiselemente. Natürlich gilt wieder, daß solche Annahmen manchesmal richtig sein mögen, daß sie aber gewiß nicht als wissenschaftlich akzeptable Datierungsbeweise betrachtet werden sollten. Beispielsweise ist es oft naheliegender, Felskunst nicht zeitlich mit Bewohnungsperioden derselben Station zu verbinden, etwa dann, wenn die Felskunst sakralen Charakters war. Wir wissen von Felskunstgebieten, in denen bis zu 96 % aller Stationen keine ofensichtlichen Bewohnungsbeweise 262 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 enthalten (Flood 1987), oder wo meist keinerlei Sedimente vorliegen (etwa in 48 % aller bekannten Stationen). Dann anzunehmen, daß die Sedimente anderer Fundorte der Gegend die Felskunst datieren müssen, ist kaum logisch, denn dieselbe Logik würde andeuten, daß die Felskunst in den Stationen ohne Sedimente gar nicht existieren kann. Archäologen haben auch gelegentlich versucht, Felskunst auf Grund der Farbähnlichkeit von in Sedimentstratigraphien gefundenen Pigmentresten mit Felsmalereien zu datieren (z.B. Macintosh 1965 in Australien; Wakankar 1983 in Indien; Combier 1984 in Frankreich). Hier haben wir nicht nur wieder das Problem der Datierung von mit Holzkohle stratifizierten Resten, sondern auch die Frage der visuellen Ähnlichkeit zweier Pigmente. Die meisten in der Felskunst verwendeten Pigmente bestehen aus nicht-stabilen Chemikalien. Beispielsweise die weitverbreiteten Eisenverbindungen, wie Hämatit und Limonit, die oft unter dem Sammelbegriff Ocker zusammengefaßt werden, können leicht unter natürlich vorkommenden Bedingungen chemisch umgewandelt werden (siehe Bednarik 1992a). Das bringt in allen Fällen eine Änderung der reflektiven Charakteristiken der Substanz mit sich, also ihrer Farbe. Somit ist nicht einmal vorauszusetzen, daß ein längere Zeit im Sediment gelagertes Pigment dieselbe Farbe erlangen würde, wie ein dieselbe Zeit auf einer Felsoberfläche aufliegendes. Ähnliche Bedingungen gelten für viele andere in der Welt vorkommende Pigmentsubstanzen, besonders solche organischer Natur. Um eine überzeugende Korrelation zwischen Felskunstpigmenten und begrabenen Pigmenten zu schaffen, wäre es notwendig, die chemische Konstitution beider Proben etwa spektroskopisch zu eruieren, und an Hand typischer Profile oder Spurenelemente zu identifizieren. Dies ist heute bereits mit portablen Geräten möglich, also ohne Proben von der Felskunst entnehmen zu müssen. Derartige analytische Methoden sind aber erst in jüngerer Zeit in der Felskunstforschung eingeführt worden, obwohl sie anderswo schon seit vielen Jahrzehnten angewandt wurden. Wieder ist es deutlich, wie Fortschritt in der Felskunstforschung durch ihre Verbindung mitArchäologie systematisch retardiert worden ist. Dies gilt nicht nur für Fragen der Datierung, sondern auch für alle anderen Untersuchungsmethoden. Nanostratigraphie, Patina-Studien, Verwitterungs-Studien, chemische Analysen, technische Analysen (etwa von Farbrezepten oder mikroskopischen Resten in Felskunst-Farbresten, wie Pinselfasern und vieles andere) wären alle im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts technisch durchaus möglich gewesen, wurden aber systematisch ignoriert zugunsten humanistischer Faseleien über die Bedeutung und Verwendung von Felskunst, also Fragen, die so nie zufriedenstellend beantwortet werden können. Das gleiche gilt für 263 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 die Datierung von Felskunst. Hier aber waren es gerade die Archäologen, die den Mangel an zuverlässiger Information bejammerten und Felskunst oft als das Stiefkind der Disziplin behandelten. Als aber Wissenschaftler begannen, nicht-archäologische Datierung zu versuchen, waren es dieselben Archäologen, die diese Methoden abwiesen und gelegentlich ihre Veröffentlichung verhinderten. Dies führte direkt zur Entwicklung der Felskunstwissenschaft als selbständigem Zweig, dessen formelle Festsetzung 1988 erfolgte (Odak 1991). Einführung der direkten Felskunstdatierung Frühe Versuche, nicht-archäologische oder "direkte" Methoden in der Datierung von Felskunst anzuwenden, liegen schon etliche Jahrzehnte zurück. Dabei handelte es sich beispielsweise um Lichenometrie (Beschel 1961), Razemisierungs-Analyse (Denninger 1971), und erfolglose Versuche, Farbreste mittels Radiokarbonmethode zu datieren (Grant 1965). Ich begann in den Sechzigerjahren, mich mit der Datierung von Felskunst ernstlich zu befassen und untersuchte im Laufe der Jahre zahlreiche Möglichkeiten. Gegen Ende der Siebzigerjahre war ich zu der Ansicht gelangt, daß die zuverlässigsten Möglichkeiten im Gebiet der Geochemie oder Geomorphologie zu suchen seien. Insbesondere meine Analysen von Verwitterungsrinden und Mineralakkretionen (wie Felslack, der damals noch Wüstenlack genannt wurde) zeigten mir den natürlichen organischen Gehalt praktisch aller Substraten von Felsen (Bednarik 1979). Dies schien die Zuverlässigkeit der Radiokarbonanalyse auszuschließen, ganz abgesehen davon, daß zu der Zeit die hierfür notwendige Probenmenge kaum von Felskunst gewinnbar war. Dieser Einschränkung begegnete ich 1980, nachdem ich Petroglyphen in australischen Höhlen entdeckte, die von re-präzipitiertem Kalzit sowohl überlagert als auch unterlagert waren (Bednarik 1981). Sekundäre Karbonate wie Speläotheme haben etwa die Hälfte ihres Kohlenstoffes aus der Atmosphäre bezogen und enthalten somit 14C. Solche Ablagerungen sind in Mitteleuropa schon fast solange erfolgreich datiert worden, als die Radiokarbonmethode selbst verwendet wird (Franke 1951), aber dreißig Jahre später wiesen die australischen Archäologen meine Ergebnisse zurück, weil sie in der Schule gelernt hatten, nur organische Materialien könnten radiokarbondatiert werden. Meine Resultate von den reichlich vorhandenen Sinterablagerungen (Abb. 4) wurden später im Ausland publiziert (Bednarik 1984), und dieselbe Methode führte in den folgenden Jahren zur Datierung von Felsmalereien in zwei chinesischen Stationen (Bednarik und Li Fushun 1991). Die technischen und wissenschaftlichen Begrenzungen der Methode sind im Detail besprochen worden (Bednarik 1995b). 264 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Dom (1983) versuchte eine andere Methode, den Mangel an ausreichendem Probenmaterial in der Felskunst zu umgehen. Er entfernte für Radiokarbonanalysen ausreichende Proben von Felslack in der Nähe von Petroglyphen und verwendete ihre Resultate dazu, die relativen Lösungsgeschwindigkeiten verschiedener Kathionen des Lacks zu kalibrieren. Dann entnahm er sehr kleine Proben von den Petroglyphen selbst, und versuchte sie an Hand ihrer entsprechenden Kathionen-Verhältnisse zu datieren. Die Methode, genannt cationratio (CR)-Analyse, fand bald weite Anwendung in den USA und in Australien. Ihre Publikation in Rock Art Research (Nobbs und Dom 1988) führte zu ihrer kritischen Besprechung, und wiederholte Probenentnahme gleicher Motive (Watchman 1992) stellten ihre Zuverlässigkeit bald weitgehend in Frage. Heute wird die CR-Methode zwar noch immer verwendet, jedoch nur als rein experimentelles Hilfsmittel. Die Entwicklung der accelerator mass spectrometry(AMS)-Analyse, ebenfalls im Laufe der frühen Achtzigerjahre, ermöglichte schließlich die Verarbeitung von winzigen Proben. Der prinzipielle Unterschied zwischen AMS und konventioneller Radiokarbonanalyse ist, daß in letzterer die radioaktiven Atome gezählt werden, die während einer gewissen Meßzeit zerfallen. Bei der AMS -Radiokarbonanalyse aber werden buchstäblich einzelne Atome in einer Probe gezählt, um die Isotopen-Verhältnisse zu ermitteln, und so ist nicht nur weniger Zeit erforderlich, sondern die Probenmengen brauchen oft nur von der Größe einer Nadelspitze zu sein, und wiegen bloß Milligramm. Proben von weniger als 100 Microgramm reinem Kohlenstof genügen oft. Ein Graphittargetwird mit Elektronen beschossen, und die abspritzende Masse wird unter äußerst hoher elektrischer Spannung beschleunigt. Eine typische AMS-Anlage ist über 50 Meter lang und mehrzweckorientiert. Ein südafrikanisches Team wandte AMS-Datierung erstmals auf Felskunst an (Van der Merwe et al. 1987). Die breite Akzeptierung direkter Datierungsmethoden erfolgte 1990, als mehrere archäologische Teams in Frankreich, USA und Australien praktisch zugleich über ihre Ergebnisse berichteten (Lorblanchet et al. 1990; Loy et al. 1990; McDonald et al. 1990; Russ et al. 1990). Alle hatten organische Substanzen in Felskunstfarben analysiert. Dasselbe Jahr brachte aber auch zwei Neuentwicklungen. Watchman (1990) wandte das Prinzip, Karbonate mittels Radiokarbon zu datieren, auf ein anderes Mineral an: Oxalat. Die Oxalate W hewellit und Weddellit kommen oft mit Felskunst zusammen vor, und obgleich sie in der Regel wesentlich schwächer entwickelt sind als Karbonate, ist ihre Datierung durch die AMS-Methode jetzt leicht möglich. Von besonderer Bedeutung ist die Anwesenheit von Oxalaten in feinen Nanostratigraphien, wo viele Farbschichten übereinander 265 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 aufgetragen worden sind. In Australien sind bereits bis zu vierzig solcher Schichten gezählt worden, und wo sie Schichten von Oxalat oder Karbonat einschließen, können diese auch in der Abwesenheit von passendem organischen Material auf ihr Radiokarbonalter analysiert werden. Meine Bemühungen, die Datierung von Petroglyphen durch Mikroerosion zu ermöglichen, waren ebenfalls 1990 von Erfolg beschieden. Die Möglichkeit dieser Methode war mir schon in den Siebzigerjahren klar (Bednarik 1979), doch blieb es mir für viele Jahre unmöglich, die geometrischen Gesetze zu entdecken, welche den Vorgang der Kantenabrundung gebrochener Kristalle bestimmen. Nachdem ich das Problem 1989 mathematisch löste, konnte ich die Methode erfolgreich in Rußland anwenden (Bednarik 1992b), und seither auch in Indien, Portugal und Italien (Abb. 5). Sie hat beträchtliche Vorteile, aber ihre Anwendbarkeit ist von vielen Umständen abhängig, vor allem Felstyp und Topographie. Die folgenden Jahre sahen eine Entfaltung der direkten Methodik von Felskunstdatierung. Dom wendete sich der Karbondatierung von Felslacken zu, indem er in ihnen eingeschlossene mikroskopische Reste analysierte (Dom 1994). Watchman, der eine ähnliche Richtung einschlug, interessierte sich mehr für solche Reste, die in Silikatüberzügen zu finden sind (Watchman 1995). Eine Neuerung von Watchman (1993) war es, einen Laserstrahl zur Verbrennung von organischen Materialien in Akkretionen (Silikate, Oxalate, Karbonate, Felslacke, Farbreste) einzuführen. Die Kohlenstoff enthaltenden Substanzen werden dabei zu Karbondioxyd verbrannt, aus dem dann ein Graphit- target erzeugt wird. Der beträchtliche Vorteil dieser Methode ist, daß sie im Vergleich zur mechanischen Probenbehandlung eine weit bessere Kontrolle über die Probenentnahme bietet. Das trift besonders bei den laminierten Farbschichten zu. Das hierfür nötige Gerät ist leider noch nicht transportabel, es schließt einen wassergekühlten Krypton-Laser ein und benötigt Hochspannungsstrom, flüssigen Stickstof und eine Vakuumpumpe. Somit müssen leider auch hier noch immer Proben von der Felskunst entnommen und ins Labor gebracht werden. Nach wie vor bleibt die Mikroerosionsmethode die einzige Felskunstdatierungsmethode, in der die Felskunst weder beschädigt noch berührt werden muß. 1995 wurde in Australien erstmals eine der drei Lumineszenz-Analysen in der Felskunstdatierung angewandt, die optically stimulated luminescence (OSL )-Methode (Roberts 1996). Sie mißt die von einem Mineral abgegebene Lumineszenz, nachdem es sichtbarem Licht (etwa einem grünen Laser) ausgesetzt wurde, und hat den erheblichen Vorteil, einige hunderttausend Jahre zurückreichen zu können. In etlichen Weltgegenden finden sich Felsmalereien 266 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 oft unter und sogar über Nestern (Abb. 6) oder ähnlichen Strukturen von Insekten (wie Wespen, Bienen oder Termiten ). Die darin oft enthaltenen Quarzkörner werden in dieser Methode analysiert, soferne sie in Dunkelheit lagen und geborgen wurden, da der Zeitpunkt, an dem sie zuletzt dem Tageslicht ausgesetzt waren, ungefähr bestimmt werden kann. Das Arsenal des Felskunstdatierungs-W issenschaftlers ist damit aber noch nicht erschöpft. Viele weitere Möglichkeiten bestehen noch, sind aber bisher noch nicht erforscht oder versucht worden (Bednarik 1979, 1996). Die in den letzten Jahren am ausgiebigsten angewandte Methode der Felskunstdatierung ist aber die Radiokarbonanalyse von organischen Substanzen. Zahlreiche Ergebnisse liegen beispielsweise aus den Höhlen Frankreichs und Spaniens vor (z.B. Clottes et al. 1992, 1995; Lorblanchet 1994). Gegen Ende des Jahres 1995 ist die Zahl der publizierten direkten Datierungsprojekte weltweit auf 39 angestiegen. Sie haben zusammen seit 1980 insgesamt 123 veröffentlichte Daten ermittelt (ohne CR-Ergebnisse), und die überwiegende Mehrzahl davon, 105 (85 %), beziehen sich auf Radiokarbondaten von organischen Substanzen. Im Vergleich dazu sind alle anderen Methoden deutlich vernachlässigt worden (Abb. 7 ). Das ist besonders problematisch, wenn wir die Anwesenheit natürlicher Kontamination bedenken, die uns ja schon lange bekannt ist. Der Grund für diesen Trend ist, daß Archäologen oft die einfach zu ermittelnden Daten vorziehen und wenig nach ihrer Zuverlässigkeit fragen. Darüber hinaus liegt bereits reichliche Evidenz für die weitverbreitete Fehldeutung wissenschaftlicher Datierungsinformation durch Archäologen vor. Archäologische Fehldeutung von Datierungsversuchen Kurz nach der sensationellen Entdeckung der Felskunst in der CosquerHöhle bei Marseille wurde eine Serie von Holzkohleproben aus ihr analysiert, von Bildpigmenten ebenso wie von am Höhlenboden aufgelesenen Stücken. Zwei Proben von einem schwarzen Handnegativ ergaben beide ein Radiokarbonalter von etwa 2 7.110 Jahren (Clottes et al. 1992 ). Sofort erschienen rund um die Welt die Schlagzeilen, in der Presse ebenso wie in der seriösen Fachliteratur: die ältesten Felsmalereien seien entdeckt worden! Dies war eine typische Fehldeutung wissenschaftlicher Alters-Information von Felskunst. Was die von den Physikern erbrachten Werte wirklich andeuten mögen, ist vieleicht der Zeitpunkt, zu dem Karbondioxyd von einem Baum aus der Atmosphäre assimiliert worden ist. Selbst darüber liegen reichliche Zweifel vor. Aber um es für die Archäologen nicht allzu umständlich zu machen, nehmen wir einmal an, daß die statistischen Werte im Prinzip stimmen. Wir wissen dann, wann der betreffende Baum lebte und atmete. Wir wissen 267 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 nicht, wann das von ihm stammende Holz verbrannt wurde, außer daß dies später gewesen sein muß. W ir wissen auch nicht, wie lange die entstandene Holzkohle herumgelegen sein mag, bis jemand sie aufgelesen und als Farbstoff zubereitet hat. Was wir schon wissen, ist das anscheinende Alter einiger der 300 Holzkohleproben, die am Boden der Cosquer-Höhle aufgelesen worden sind, denn man hat sie datiert. Manche ergaben ein Radiokarbonalter von fast 28.000 Jahren, andere scheinen nur 15.000 Jahre alt zu sein. Nachdem die Bildergalerie weit im Berg drinnen liegt, mag die als Pigment verwendete Holzkohle vom Boden aufgelesen worden sein, was bedeutet, daß ihr Alter in keiner Weise mit dem Alter der Felskunst verwandt sein muß. Man könnte sogar heute noch in die Höhle eintauchen (ihr Eingang liegt seit dem Ende der Eiszeit mehr als 40 Meter unter dem Meeresspiegel), Holzkohle auflesen, und mit ihr ein Handnegativ von anscheinend sehr hohem Alter erzeugen. In anderen Worten, das Radiokarbonalter der Farbe ist gänzlich willkürlich bedingt, es hängt einfach davon ab, welches Stück Holzkohle gewählt wird: Es ähnelt einem Lotterie-Ergebnis. Der einfache Trugschluß der Archäologen war die Annahme, daß das Alter des Pigments dem Alter der Farbe entspricht. Wenn wir genau die gleiche Logik auf rote Farben anwenden würden, dann kämen wir zum Schluß, sie müßten viele Millionen Jahre alt sein, denn dies ist das Alter des Hämatit. Mit diesem Vergleich sehen wir sofort, wie absurd die sensationellen Behauptungen wirklich waren. Pigmente geben uns selten brauchbare Alters-Schätzungen für Felskunst, Bindemittel (wie Blut, Eiweiß, Orchideensaft und dergleichen) oder Diluent dürften da weit zuverlässiger sein. Die wirklichen Schwierigkeiten in der Interpretation direkter Datierungsergebnisse sind aber weit komplizierter, und damit kommen wir zum Hauptthema meines Aufsatzes. Zum Unterschied von archäologischer Felskunst-"Datierung" sind für direkte Datierung zwei Voraussetzungen zu erfüllen (Bednarik 1981, 1993c, 1996). Erstens muß die physische Relation der Felskunst mit dem Datierungsmittel direkt und unbestreitbar sein. Dies bereitet m.E. keinerlei konzeptuelle Schwierigkeiten: die Voraussetzung, daß die zeitlich relative Stellung der Substanz oder physischen Charakteristik, die wir quantitativ erfassen, unbestreitbar sein muß. Die zweite Voraussetzung aber bringt für Archäologen große Probleme mit sich: Die Aussagen bezüglich der chronologischen Relation zwischen der Felskunst und dem Datierungsmittel (etwaAkkretion, Oberflächengeometrie, Bestrahlungsprodukt) müssen falsifizierbar und prüfbar sein. Das bedeutet in der praktischen Anwendung, daß wir imstande sein müssen, unsere Annahmen über das Alter von Felskunst unabhängig zu überprüfen - sie zu falsifizieren. Das trift ofensichtlich nicht auf ikonographische Behauptungen 268 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 über ein Felsbild zu, denn die kognitiven Vorgänge, die zu ihrer Formulierung führten, spielen sich lediglich im Gehirn des Betrachters ab: Wir können sie nicht widerlegen. Wir können sie auch nicht so formulieren, daß sie widerlegbar werden (Popper 1968). Beispielsweise wäre die Kognition einer anderen Person hier keine Hilfe, nicht einmal die aller Menschen. Wir müssen annehmen, daß die Perzeption aller intelligenten Lebewesen subjektiv ist; und die Beobachtung, alleAngehörige einer Art (etwa alle Menschen) empfänden Realität gleich (die übrigens nicht einmal für den Homo sapiens zutrift), wäre noch lange kein Beweis für ihre Richtigkeit. Die anthropozentrische Rechthaberei des Homo hat uns schon zahlreiche Religionen und Ontologien beschert; für sie ist kein Raum in der Wissenschaft. Daher ist es wissenschaftlich irrelevant, was der Betrachter von Felskunst empfindet, wenn er sie betrachtet. Kinder identifizieren gerne Felskunstmotive und ihre Deutungen sind wissenschaftlich wesentlich interessanter als die von Archäologen oder die anderer sogenannter Gelehrter. Ich betone nochmals, daß es sich hier nicht im geringsten um die Frage der Richtigkeit handelt, sondern darum, ob die Unrichtigkeit der Aussage aufgezeigt werden könnte. Es geht also darum, ob wir Annahmen über das Alter von Felskunst widerlegen können. Die Aussage, ein Stück Holzkohle sei x Jahre alt, können wir nicht widerlegen, die Aussage, es sei x Radiokarbonjahre alt, hingegen schon. Wir brauchten bloß weitere Proben zu analysieren; die Wiederholbarkeit von Experimenten ist natürlich ein weiterer wichtiger Zug der Wissenschaft. Ein prominentes australisches Beispiel archäologischer Fehldeutungen wissenschaftlicher Altersinformation ist in Loy et al. (1990) zu finden. Eine natürliche Akkretion am Fels der Station Laurie Creek im Northern Territory wurde als Farbrest gedeutet und radiokarbondatiert. Der Datierungs-Wissenschaftler des Teams, Earle Nelson, hatte aber später Zweifel und untersuchte den Fels selbst. Dabei entdeckte er die Fehldeutung seiner archäologischen Kollegen (Nelson 1993). Ein sehr ähnliches Beispiel hatten wir früher in den USA, als Loendorf (1986) einen roten Fleck am Fels der Rochester Creek Station in Utah datierte, der dann als eine natürliche Verfärbung identifiziert wurde (Bednarik 1987). Clottes (1994) betrachtete auf Grund meiner Kritik alle zwanzig anfangs 1994 aus europäischen Höhlen publizierten Radiokarbondaten und fand nicht ein einziges davon überzeugend - einschließlich jener, die er selber beigestellt hatte. In manchen Fällen wurden Ergebnisse verschwiegen, weil die angeblich pleistozänen Bilder holozäne Ergebnisse brachten, in anderen wurden die Resultate von ofensichtlich verunreinigten Proben akzeptiert, weil sie einfach der stilistischen Schätzung entsprachen. Die restlichen Daten 269 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 brachten verschiedene logische o der epistemologische Probleme mit sich, mit denen sich Archäologen ungern auseinandersetzten. Abschluß In den wenigen Jahren, seit die Archäologie begonnen hat, sich der Methodik direkter Felskunstdatierung regelmäßig zu bedienen (erst seit 1990), haben wir bereits viele Beispiele gesehen, in denen die Ergebnisse direkter Datierungsversuche fehlgedeutet wurden. Lorblanchet etwa lehnte nach sechs Karbonanalysen von vier Tierbildern in Cougnac (Frankreich) die herkömmliche stilistische Datierung der berühmten Felskunst dieser Höhle gänzlich ab und schrieb dieses Inventar drei verschiedenen Epochen zu (Lorblanchet 1994). Sein Ausbrechen aus der stilistischen Zwangsjacke ist zu befürworten, aber seine sechs Daten würden ebensogut zu alternativen Deutungen berechtigen (Bednarik 1994c). Etwa ein Drittel aller Radiokarbondaten sind nicht innerhalb ihrer Toleranzwerte richtig, das haben wir statistisch zu erwarten (nur 68,26 % wären unter idealen Umständen richtig, aber ideale Verhältnisse sind vermutlich selten zu erhoffen). Wenn wir zwei solche Daten vergleichen, dann verringert sich die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit unserer Korrelate auf 46,5 %, und für die sechs Daten von Lorblanchet auf etwa 10 % (Abb. 8). Darüber hinaus besteht immer die sehr naheliegende Möglichkeit der Anwesenheit von organischem (oder anderem Kohlenstof enthaltenden) Material, wie Algen, Mikrolebewesen, deren metabolische Produkte, Pollen usw., die natürlich das Ergebnis einer solchen Analyse sehr beträchtlich ändern könnten. Aber der wohl schlimmste Einwand ist wieder der rein logische: Alle sechs Proben aus Cougnac sind von Holzkohlepigmenten und wir haben nicht die geringste Ahnung, wie sich deren Alter auf das Alter der Felskunst bezieht. Dieses Verhältnis ist nicht falsifizierbar, das radiometrische Ergebnis hingegen schon. Den Unterschied scheinen viele Archäologen allerdings nicht zu verstehen. Die Annahme, alle sechs Proben müssen von Holzkohle sein, die zur Zeit der Verwendung frisch war, ist höchst riskant. Wenn wir bedenken, daß zwei der Werte statistisch außerhalb der Toleranzen zu erwarten sind, wenn wir weiters annehmen, daß zwei der Proben von "alter" Holzkohle stammen mögen und eine weitere Probe vielleicht verunreinigt war, dann bleibt uns nur noch das Problem, zu erraten, welcher der sechs Werte es ist, der tatsächlich stimmt. Hier ist es vorteilhaft, sich an die Ergebnisse einer australischen Arbeit zu erinnern. McDonald et al. (1990) erhielten zwei Radiokarbondaten von dem Holzkohlepigment eines einzigen Motivs der Gnatalia Creek Station bei Sydney. Eines war etwa 6.000 Jahre, das andere knapp 30.000 Jahre! Diese For- 270 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 scher waren aber sehr vorsichtig in ihrer Deutung dieser erstaunlichen Ergebnisse und schlugen vier Erklärungsmöglichkeiten vor. Was aus diesen Ausführungen bald klar wird, ist zwar nicht die Unfähigkeit, unsere Aussagen bezüglich der chronologischen Relation zwischen der Felskunst und dem Datierungsmittel falsifizierbar und prüfbar zu formulieren, sondern sie erfolgreich quantifizieren zu können. Somit ist die Methode wohl "direkt" und wissenschaftlich, doch produziert sie kein "wahres" Alter, sondern bloß vorläufige Altersschätzungen. Manche Archäologen haben das mißverstanden, indem sie Testbarkeit mit Präzision verwechselten. Sie nahmen zwar ganz richtig wahr, daß wissenschaftliche Datierungsergebnisse den archäologischen weit überlegen sind, glaubten aber, dies sei auf ihre größere Genauigkeit zurückzuführen. Ihre Überlegenheit bezieht sich aber lediglich darauf, daß sie falsifizierbar sind und hat mit Genauigkeit gar nichts zu tun. Die Anwendung traditioneller archäologischer Epistemologie würde direkte Datierung sehr schnell entwerten und ist daher strikt abzulehnen. Felskunstwissenschaftler sind berechtigt, von Archäologen zu verlangen, daß sie sich entweder mit wissenschaftlicher Epistemologie vertraut machen, oder sich der Verwendung dieser Methodik bei der Entwicklung ihrer Modelle enthalten. Um die derzeitige Lage in bezug auf angeblich paläolithische Wandkunst Europas kurz zu umreißen: Wir haben bis Ende 1995 direkte Datierungsanhaltspunkte von Holzkohlepigmenten in Pech Merle, Cougnac, Cosquer, Niaux, Altamira, Castillo, Le Portel und Chauvet. Mit Ausnahme der Ergebnisse der letztgenannten Höhle muß ich sie alle als wirkliche Altersschätzungen der jeweiligen Felskunst ablehnen. Die Situation ist nicht viel besser in den anderen Kontinenten, besonders da in der direkten Felskunstdatierung Radiokarbon- Ergebnisse von organischem Material jetzt leider weitgehend überwiegen. In jedem Einzelfall ist zu eruieren, was genau analysiert wurde und was dieses Ergebnis genau bedeutet. Im allgemeinen ist das in den archäologischen Kommentaren nicht zufriedenstellend dargelegt worden, und der Öffentlichkeit wurden ungenügend belegte Behauptungen vorgelegt. Das kann der direkten Felskunstdatierung nur einen schlechten Ruf bringen und der Zweck dieses Aufsatzes ist es, dies in Zukunft zu vermeiden. Literatur: Bednarik, R. G. (1979): The potential of rock patination analysis in Australian archaeology - part 1.- The Artefact 4, Melbourne 1979, 14-38. Bednarik, R. G. (1981): Finger lines, their medium and their dating.- Archiv der Australian Rock Art Research Association, Melbourne 1981, 34 S. 271 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Bednarik, R. G. (1984 ): Die Bedeutung der paläolithischen Fingerlinientradition.- Anthropologie 2 3, Brünn 1984, 73-79. Bednarik, R. G. (1987 ): No pictographs at Rochester Creek rainbow.- La Pintura 15/2+3, San Miguel 1987, 12-13. Bednarik, R. G. 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Biblioteca, 2017 Megaloceros identifiziert), Straußen und Giraffen, also alles in China längst ausgestorbene Arten, bei Geeraobaogou, W ulatezhong Banner, Innere Mongolei. Die Petroglyphen sind in W irklichkeit durchwegs von holozänem Alter. Abb. 2: Sechs Darstellungen des mythischen "Seewolfes", Nanaimo, Vancouver Island, Kanada. Diese Petroglyphen könnten die lokale Version des universalen Lindwurms oder Drachens sein, der vermutlich auf kortikal bestimmten Halluzinationen des menschlichen Gehirns beruht. Abb. 3a: Einige eurasiatische Tierfiguren, die subjektiv dem Pleistozän zugeschrieben wurden; alle sind Petroglyphen, mit Ausnahme der Malereien E und F. Fundorte: Kienbachklamm, Oberösterreich (A, C); Höll, Oberösterreich (B); Belio, Sibirien ( D); Schischkino, Sibirien (E, F); Coa-Tal, Portugal (G-J). Alle diese Darstellungen sind spätholozänen Alters. Abb. 3b: Cerviden in "paläolithischem Stil", Schischkino, Lena-Tal, Sibirien. Mit Metallwerkzeugen in Sandstein graviert. Abb. 3c: Mikroerosion-Analyse von Tierdarstellungen auf Schiefer in "paläolithischem Stil", Penascosa, Coa-Tal, Portugal. Ins späte Holozän datiert sowohl durch Mikroerosion als auch durch Radiokarbon-Datierung. Abb. 4: Erste direkte Felskunstdatierung der Welt aus dem Jahre 1980. Schematische Darstellung der Sinter- und Petroglyphen-Stratigraphie an der Decke der Malangine-Höhle bei Mount Gambier, Süd-Australien. Die Montmilch (Mondmilch, Bergmilch) am Ende der Höhle wurde zuerst mit Fingern bearbeitet, darüber Perlsinter-Ablagerung, über die wieder eine laminierte Sinterdecke aufliegt. Die tief-gravierte zweite Petroglyphengeneration liegt im Alter zwischen dem Perlsinter und dem laminierten Sinter, die dritte ist jünger als die Sinterlamina. Das Radiokarbonalter der Sinterlamina zeigt, daß sie mindestens 5.550 ± 55 Jahre alt sein muß, wahrscheinlich mehr. Somit sind die seicht eingeritzten Petroglyphen mittel- bis spätholozän, die tief gravierten frühholozän oder älter, und die Fingerlinien höchstwahrscheinlich aus dem Pleistozän. Abb. 5: Mikroerosion-Analyse von neolithischen Petroglyphen auf Schiefer bei Grosio, Valtellina, Nord-Italien. Abb. 6: Mythische Tierfigur in weiß und rot, über 20 m lang, Nordaustralien (Fundort darf nicht genannt werden). Die Malerei ist von zahlreichen Wespennestern aus Schlamm bedeckt, der mittels OSL datiert werden kann. Abb. 7: Darstellung der Zahl direkter Felskunstdaten pro Jahr, in der jene von organischem Radiokarbon (n = 105), mineralischem Radiokarbon (n = 14), und anderen Methoden (n = 4) zahlenmäßig verglichen werden. Alle Ergebnisse weltweit, von 1980 bis 1995, sind eingeschlossen, mit Ausnahme von 276 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CR-Daten, die als unzuverlässig betrachtet werden. Abb. 8: Kurve der Wahrscheinlichkeit, daß alle Daten mehrerer RadiokarbonAnalysen stimmen und untereinander vergleichbar sind innerhalb der angegebenen Toleranzen. Abb. 2 277 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 - ,[ 278 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 279 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 N 00 SINTERLAMINA HIER ABGEBLÄTTERT HÖHLENEINGANG Abb. 4 Petroglyphengeneration 11 ltief graviert) Petroglyphengeneration 111 (seicht eingeritzt} min. 5 550 ± 55 Jahre BP SINTERLAMINA Petroglyphengeneration 1 (Fingerlinien) TERTIÄRER KALK HÖHLENENDE © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Abb. 6 282 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Abb. 7 • • • • = 14C from organlc matter • • D = 14C from mlneral matter • * = by other method • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 0 • • • • •o D •o • • • •o D D •o • • • •o* D •o •o* •o • • * •o* 1980 1987 1990 1992 1993 1994 1995 283 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Abb. 8 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 284 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017
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Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Übersicht der Methodik direkter Felskunstdatierung |
Autor principal | Bednarik, Robert G. |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 27 |
Tipo de documento | Artículo |
Lugar de publicación | Hallein |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 1996 |
Páginas | pp. 257-284 |
Materias | Prehistoria ; Arte rupestre |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 4910633 Bytes |
Texto | Almogaren XXVII/ 1996 Hallein 1996 257 - 284 Robert G. Bednarik Übersicht der Methodik direkter Felskunstdatierung Die Datierung von Felskunst war seit jeher eines der schwierigsten Probleme in der Archäologie. Während wir in der Altersbestimmung von Sedimentstraten und archäologischen Objekten seit dem frühen neunzehnten Jahrhundert eine langsame aber stetige Verbesserung erlebt haben, war in der Felskunstdatierung kein derartiger Fortschritt zu verzeichnen. Ihre Methodik blieb zwangsläufig bis ins späte zwanzigste Jahrhundert auf eher fragwürdige und oft durchaus naive und unwissenschaftliche Versuche beschränkt. Die früheste mir bekannte Erwähnung der Möglichkeit, Petroglyphen auf Grund verschiedener Patinierungsgrade chronologisch zu ordnen, stammt von Belzoni (1820: 360-61). Aber in den folgenden 160 Jahren war auf diesem Gebiet keinerlei Fortschritt zu bemerken. In der Zwischenzeit haben wir versucht, mit einer Reihe von archäologischen Mitteln Anhaltspunkte für das Alter von Felskunst zu gewinnen. Darunter sollen hier kurz jene Methoden erörtert werden, die sich mit dem ikonographischen (bildlichen) Inhalt der Darstellungen befassen; mit von Sedimenten verdeckter Felskunst; mit stilistischer Ähnlichkeit; mit topographischen Argumenten; und mit angeblichen Beziehungen zwischen Pigmenten am Fels und im stratigraphischen Kontext. Dabei wird sich die rein unwissenschaftliche Form dieser mutmaßlichen Datierungsanhaltspunkte zeigen. Vorauszuschicken sei, daß wissenschaftlich relevante Aussagen solche sind, die falsifizierbar sind, und daß daneben in der Wissenschaft jene Aussagen, die sich auf wiederholbare Versuche berufen, vorgezogen werden. Anschließend werde ich dann die alternative Methodik erörtern, die sogenannte "direkte Felskunstdatierung" - nicht nur um die zur Verfügung stehenden Mittel zu besprechen, sondern auch um sie kritisch zu bewerten. Insbesondere die unsachgemäße Deutung solcher Ergebnisse und die unrealistischen Erwartungen von Archäologen sollen hier behandelt werden. 257 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Archäologische Versuche der Felskunstdatierung Wenn der bildliche Inhalt von Felskunst zu ihrer Datierung herangezogen wird, dann heißt das im wissenschaftlichen Sinn, daß der kognitiv, kulturell und akademisch konditionierte moderne Beobachter glaubt, in der Felskunst dargestellte Objekte zu erkennen. Abgesehen davon, daß wir nicht wissen, wie er oder sie eine solche Fähigkeit erlangt haben könnte, sind derartige Behauptungen natürlich in keiner Weise falsifizierbar: Wir können sie nicht testen. Nicht nur besitzt der moderne Beschauer vermutlich nicht dieselben kognitiven Strategien, visuelle Identifizierungsanhaltspunkte in graphischer Kunst wahrzunehmen, wie sie für den Hersteller des Bildes galten, sondern wir wissen auch von experimenteller Evidenz, daß beispielsweise der Europäer nicht imstande ist, Objekte in der Felskunst richtig zu identifizieren. Der einzige blinde Test, der hier jemals durchgeführt wurde (Macintosh 1952, 1977) bewies dies deutlich: 90% der Identifikationen von anscheinenden Tierdarstellungen durch einen Professor der Anatomie erwiesen sich als unrichtig. Leute, die heute noch behaupten, zu wissen, was in früher Felskunst dargestellt worden ist, sollten Beweise für diese Fähigkeit erbringen, bevor wir ihre Mutmaßungen ernst nehmen können. Es geht hier nicht um die Frage, ob diese Deutungen richtig oder falsch seien, sondern um die Frage, ob sie wissenschaftlich relevant sind. Deutungen, die wir nicht testen können, sind das nie, es sei denn es wäre unsere Absicht, das Gehirn oder die Kognition des Deutenden zu studieren. Es ergibt sich daraus von selbst die Notwendigkeit, Datierungen auf Grund angeblich dargestellter Gegenstände, wie etwa Tierarten, mit entsprechender Vorsicht zu begegnen. In der exakten Felskunstwissenschaft sind solche reinen Spekulationen grundsätzlich abzulehnen. Wie wir wissen, berufen sich viele der in der Weltliteratur aufscheinenden chronologischen Behauptungen über Felskunst auf die angebliche Bestimmung von dargestellten Tierarten (Bednarik 1993a). Das trift nicht nur auf die angeblich spätpleistozänen Höhlenbilder Westeuropas zu, sondern auch für Felskunst in China (siehe Bednarik und Li Fushun 1991 für Synopsis), Indien und Sibirien (siehe Bednarik 1994a für Kritik). Wir wissen sogar von zumindest einem Fall, in dem auf Grund subjektiver Tierbild-Identifizierung allen Ernstes behauptet wurde, tertiäre Felskunst sei gefunden worden (Liu Yiqing 1991) (Abb. 1). Als ob diese kognitiven Hindernisse zur Glaubwürdigkeit ikonographischer "Identifizierungen" von Felsbildern nicht schon genug wären, gibt es auch noch andere. Die Annahme, die einstige Verbreitung von angeblich dargestellten Gegenständen zu kennen, ist selbst fragwürdig. Wir neigen beispielsweise dazu, anzunehmen, die urgeschichtliche Verbreitung von Tierarten zu kennen, 2 58 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 durch das vorhandene paläontologische Fundinventar. Das kann zweifellos nur teilweise richtig sein. Nehmen wir etwa eine der in Europa am besten bekannten pleistozänen Arten, den Höhlenbär (Ursus spelaeus). Seine angebliche geographische Verbreitung (Koby und Schaefer 1960; für Berichtigungen siehe Bednarik 1994b: Fig. 1) stimmt fast ausnahmslos mit jener der europäischen Karstgebiete überein; Reste des Tieres sind also im allgemeinen dort zu finden, wo Höhlen häufig vorkommen. Nachdem das Tier sich kaum an geologische Grenzen gehalten haben dürfte und seine Begehung tiefer Kalksteinhöhlen in erster Linie ein kryokratisches Phänomen gewesen sein wird (d.h. mit Phasen größter Kälte zusammenhängen wird), ist es naheliegend, in der Verbreitung erhalten gebliebener Reste des Tieres ein rein taphonomisches (Efremov 1940) Ergebnis zu sehen. In anderen Worten, es wäre unrealistisch zu erwarten, daß wir die wirkliche Verbreitung des Höhlenbären zu irgendeiner Zeit tatsächlich wissen können. Was wir wissen ist die Verbreitung paläontologischer Funde dieser Art, und nicht mehr. Bis vor wenigen Jahren wäre ein Mammutbild unweigerlich dem Pleistozän zugeschrieben worden. Seit wir aber das Überleben des Mammuts in Nordsibirien bis vor weniger als 4000 Jahre BP nachgewiesen haben (Vartanyan et al. 1993), würden wir zumindest in Sibirien vorsichtiger sein, einem solchen Bild ein sicheres Alter zuzuschreiben. Darüber hinaus mahnen noch andere Gründe zur Vorsicht: Ein sibirischer Künstler mag nie ein lebendes Mammut gesehen haben, es aber von einem gefrorenen Tier rekonstruiert haben. Oder er mag es auf Grund mündlicher Überlieferung wiedergegeben haben (wir wissen von australischer Evidenz, daß eine solche Überlieferung viele Jahrtausende überleben kann). Oder aber ein Tier mag dargestellt worden sein, das gar nicht existierte, also ein Fabelwesen (wir wissen von unzähligen Beispielen weltweit, vom frühen Aurignacien bis in die Jetztzeit). Manche Tierdarstellungen in der Felskunst dürften Bilder von Halluzinationen sein (Bednarik 1990-91), und die dabei dargestellten Arten mögen im zeitlichen oder geographischen Lebensraum des Künstlers nie existiert haben. Beispielsweise verursachen bestimmte ethnographisch viel verwendete Alkaloide (Harmalin und lbogan) Halluzinationen von Tieren, die der Betrofene niemals gesehen hat (wie etwa große Katzen). Narkotisch verursachte Halluzinationen wurden anscheinend oft in Felskunst festgehalten (Wellmann 1978; Hedges 1976; Bednarik 1990-91), da ist es dann durchaus möglich, daß Tiere dargestellt wurden, denen der Künstler nie begegnet sein muß (Abb. 2). Noch schlimmer ist die Sachlage mit archäologisch "verbürgten", stilistisch diagnostischen Gegenständen früher menschlicher Kulturen. Jede archäologische Information ist nur bedingt akzeptierbar (Archäologie ist nicht eine Na - 259 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 turwissenschaft und ihre interpretierenden Aussagen sind durchwegs nicht falsifizierbar), und unser Wissen ist durch taphonomische (grabkundliche/verschüttungsbezogene) und andere metamorphologische (Bednarik 1995a) Faktoren beträchtlich eingeschränkt. Ohne hier auf das komplizierte Thema der Glaubwürdigkeit archäologischer Behauptungen einzugehen (was ich a.a.O. reichlich getan habe) sollte nur kurz erwähnt werden, daß die Deutung von Felsbildern als Materialgegenstände (wie Wafen, Werkzeuge, Kopfschmuck, Kultobjekte und dergleichen) rein subjektiv ist. Der Deutende hat keinen Zutritt zur kognitiven, sozialen, intellektuellen, religiösen oder kulturellen Welt des Herstellers der Felskunst, sondern kann diese Motive nur im Rahmen seiner eigenen, sehr begrenzten Weltanschauung wahrnehmen. Daß er die Sinneswahrnehmungen des Frühmenschen teilen mag, ist nicht genug Grund für uns, anzunehmen, daß diese Wahrnehmungen kortikal gleich verarbeitet wurden. Die Deutungen des Archäologen können dem Wissenschaftler viel über die kognitive, kulturelle und akademische Ontologie des Deutenden erzählen, sind aber keinerlei Hilfe in der seriösen Erforschung der geistigen Welt des Herstellers. In anderen Worten, die Deutungen, die uns der Archäologe für die Felskunst bietet, gehören in das Studium des Verstandes des Archäologen, ein Gebiet, das vielleicht an kognitive Psychologie anzuschließen wäre. In der Felskunstwissenschaft ist kein Raum dafür, denn hier darf Felskunst nur außerhalb unserer kognitiven Reaktionen zu ihr studiert werden (Bednarik 1991-92). Alle diese Bedenken zeigen uns, wie leicht anscheinend chronologische Anhaltspunkte in der Ikonographie einer Felskunst irreführend sein können. Natürlich heißt das nicht, daß alle unsere Deutungen falsch sein müssen, doch besteht keine Möglichkeit, fragwürdige Deutungen von richtigen vorbehaltlos zu unterscheiden. Sicherlich sind viele der Datierungen, die sich auf ikonographische Deutungen berufen, richtig. Wir wissen aber nicht, welche, und wir haben keine Methode, sie systematisch zu identifizieren. Diese Behauptungen sind also strikt nicht-wissenschaftlich. Eine gelegentlich angewandte archäologische Methode der Felskunstdatierung ist die Radiokarbonanalyse von Sedimenten, unter denen Felskunst begraben lag. Entweder handelt es sich dabei um abgebrochene Felsfragmente mit Resten von Felskunst, oder es liegen die Sedimente auf der Felskunst in situ. In beiden Fällen beziehen sich die erbrachten Datierungen lediglich auf das Mindestalter, denn das Alter der Felskunst selbst ist ofensichtlich höher, und mag oft beträchtlich höher sein. Darüber hinaus ist die zuständige Epistemologie leider auch hier wesentlich komplizierter als es den Anschein haben mag. Das Material, das man datiert, ist meist Holzkohle, und die ober- 260 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 flächliche Annahme ist, sie müsse dasselbe Alter haben wie das Sediment, in dem sie gefunden wurde. In Wirklichkeit besteht ein Sediment aus zahlreichen Materialien, die alle verschiedenen "Alters" sind. Die meisten sind älter als die jüngste Deposition des Sedimentes, manche sind jünger. Holzkohle mag eine langwierige Taphonomie erfahren haben, bevor sie an der Fundstelle niedergelegt wurde, und somit wesentlich "älter" sein als das Sediment, in dem sie liegt. Auch ist zu bedenken, daß ein Radiokarbon-"Datum" sich nicht auf die Holzkohle selbst bezieht, sondern auf die Zeit, als der Baum Karbondioxyd aus der Atmosphäre assimilierte. Dann ist da noch eine ganze Reihe von Komplikationen mit der wirklichen Beziehung zwischen dem gemessenen Anteil von 14 C, 813 C und 12C, und dem Zeitpunkt, zu dem Kohlenstoff tatsächlich assimiliert wurde, die wir hier nur ganz kurz streifen wollen. Die Genauigkeit eines Radiokarbon -"Datums" erfordert unser Wissen über das ursprüngliche Verhältnis der atmosphärischen Kohlenstof-Isotope; die wirkliche Zerfallsrate des radioaktiven Isotops; und ob der Zerfallsprozeß von anderen Faktoren beeinflußt wurde. Die anfänglichen isotopischen Konzentrationen sind uns nicht bekannt, denn sie variieren mit Klima und Vegetation (Cole und Monger 1994 ), kosmogenischer Bestrahlung, vulkanischer Aktivität (Bednarik 1995b), großen Feuern usw. Die Halbwertzeit des radioaktiven Kohlenstofs ist uns nicht genau bekannt und Versuche, Radiokarbon-Jahre mit dendrochronologischen und anderen radiometrischen Daten zu kalibrieren, deuten beträchtliche Variationen an (für detaillierte Diskussionen siehe Bednarik 1994c, 1996). Eine der bei Archäologen seit langem beliebten Datierungsmethoden von Felskunst, ebenso wie von Artefakten, bezieht sich auf die bei ihnen wahrgenommenen Stile (Conkey und Hastorf1990; Lorblanchet und Bahn 1993). Der Archäologe erfindet Stile von Steinwerkzeugen, Bronzefibeln, Spinnwirteln und Felsbildern, und ordnet dann alle gefundenen Beispiele formal und zeitlich in diese Taxonomien ein. Im Prinzip beruht dies auf der Annahme, die kulturell diagnostischen Anhaltspunkte eines fossilen Stiles erkennen zu können . Viele dieser stilistischen Rahmen haben sich recht gut bewährt, und scheinen tatsächlich zuverlässige Aussagen über das Alter zu gewährleisten. Für Felskunst trift das allerdings nicht zu. Wir haben weltweit zahlreiche stilistische Sequenzen für sie, von denen nur wenige mit wissenschaftlichen Altersandeutungen übereinstimmen dürften. Wo diese Stilabfolgen systematischer Prüfung unterzogen worden sind, erwiesen sie sich meist als unbrauchbar. Dies ist erst im Laufe der letzten Jahre deutlich geworden, eben weil direkte Methoden erst in diesen Jahren systematisch angewandt wurden. Sicherlich bietet hier die stilistische Sequenz der westeuropäischen Fels- 261 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 kunst aus dem Jungpaläolithikum das beste Beispiel: Seit praktisch einem Jahrhundert ist diese Stilabfolge von Generationen von Archäologen erschaffen worden, doch kaum begann man vor einigen wenigen Jahren, sie einer wissenschaftlichen Überprüfung zu unterziehen, ergaben sich sofort die ersten Schwierigkeiten (Lorblanchet 1994; Clottes 1994; Bednarik 1994c). Im Laufe des Jahres 1995 brach dann dieses stilistische System unter der Last der wissenschaftlich ermittelten Daten zusammen, ganz besonders durch die sensationellen Ergebnisse aus der Chauvet-Höhle in der französischen Ardeche (Clottes et al. 1995 ) und die Serie von blinden Tests im Cöa-Tal von Portugal (Bednarik 1995c, 1995d, 1995e; Watchman 1995 ). Die stilistischen Modelle von A. Leroi-Gourhan, H. Breuil und anderen großen Forschem dieses Jahrhunderts sind nun plötzlich alle hinfällig und gänzlich überholt. Detaillierte stilistische Chronologien sind auch in anderen Gebieten nachdrücklich widerlegt worden, darunter die Sahara (Muzzolini 1990), Ostspanien (Hernandez et al. 1988), Indien (Bednarik 1993b), Sibirien (Bednarik und Devlet 1992) und Australien (Abb. 3 ). Das war auch zu erwarten, denn nicht nur war es bis vor einigen Jahren schwer, wenn nicht unmöglich, die Variable Zeit in der Felskunstforschung zuverlässig zu erfassen, die in Altersschätzungen verwendete Logik war oft fragwürdig. Wir haben bereits die Einschränkungen bezüglich des Alters von Sedimenten erörtert. Ausgegrabene portable Kunst mag stilistisch einer Felskunst ähnlich sein, aber das beweist noch nicht eine direkte kulturelle Beziehung. Es wäre durchaus möglich, daß die portable Kunst von einer weit früheren Felskunst kopiert wurde. Durch ihre relative Permanenz ist Felskunst oft ein wichtiger kultureller Determinant, auch ohne jeglichen direkten Kulturkontakt (Bednarik 1991-92). Darüber hinaus ist die zeitliche Beziehung zwischen einem Stück Holzkohle und daneben gefundener Mobiliarkunst nicht unbedingt gesichert. Ähnliche Bedenken gelten für andere Voraussetzungen der zeitlichen Verankerung solcher Stile. Manchmal sind "wahrgenommene" Stile sogar auf Grund rein topographischer Argumente datiert worden: etwa weil sie in Höhlen erschienen; oder weil sie in einer Gegend gefunden wurden, wo eine bestimmte Kultur stark vertreten ist; weil sie eine Fundstelle mit einer bestimmten materiellen Tradition teilten; und durch dergleichen schwache Beweiselemente. Natürlich gilt wieder, daß solche Annahmen manchesmal richtig sein mögen, daß sie aber gewiß nicht als wissenschaftlich akzeptable Datierungsbeweise betrachtet werden sollten. Beispielsweise ist es oft naheliegender, Felskunst nicht zeitlich mit Bewohnungsperioden derselben Station zu verbinden, etwa dann, wenn die Felskunst sakralen Charakters war. Wir wissen von Felskunstgebieten, in denen bis zu 96 % aller Stationen keine ofensichtlichen Bewohnungsbeweise 262 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 enthalten (Flood 1987), oder wo meist keinerlei Sedimente vorliegen (etwa in 48 % aller bekannten Stationen). Dann anzunehmen, daß die Sedimente anderer Fundorte der Gegend die Felskunst datieren müssen, ist kaum logisch, denn dieselbe Logik würde andeuten, daß die Felskunst in den Stationen ohne Sedimente gar nicht existieren kann. Archäologen haben auch gelegentlich versucht, Felskunst auf Grund der Farbähnlichkeit von in Sedimentstratigraphien gefundenen Pigmentresten mit Felsmalereien zu datieren (z.B. Macintosh 1965 in Australien; Wakankar 1983 in Indien; Combier 1984 in Frankreich). Hier haben wir nicht nur wieder das Problem der Datierung von mit Holzkohle stratifizierten Resten, sondern auch die Frage der visuellen Ähnlichkeit zweier Pigmente. Die meisten in der Felskunst verwendeten Pigmente bestehen aus nicht-stabilen Chemikalien. Beispielsweise die weitverbreiteten Eisenverbindungen, wie Hämatit und Limonit, die oft unter dem Sammelbegriff Ocker zusammengefaßt werden, können leicht unter natürlich vorkommenden Bedingungen chemisch umgewandelt werden (siehe Bednarik 1992a). Das bringt in allen Fällen eine Änderung der reflektiven Charakteristiken der Substanz mit sich, also ihrer Farbe. Somit ist nicht einmal vorauszusetzen, daß ein längere Zeit im Sediment gelagertes Pigment dieselbe Farbe erlangen würde, wie ein dieselbe Zeit auf einer Felsoberfläche aufliegendes. Ähnliche Bedingungen gelten für viele andere in der Welt vorkommende Pigmentsubstanzen, besonders solche organischer Natur. Um eine überzeugende Korrelation zwischen Felskunstpigmenten und begrabenen Pigmenten zu schaffen, wäre es notwendig, die chemische Konstitution beider Proben etwa spektroskopisch zu eruieren, und an Hand typischer Profile oder Spurenelemente zu identifizieren. Dies ist heute bereits mit portablen Geräten möglich, also ohne Proben von der Felskunst entnehmen zu müssen. Derartige analytische Methoden sind aber erst in jüngerer Zeit in der Felskunstforschung eingeführt worden, obwohl sie anderswo schon seit vielen Jahrzehnten angewandt wurden. Wieder ist es deutlich, wie Fortschritt in der Felskunstforschung durch ihre Verbindung mitArchäologie systematisch retardiert worden ist. Dies gilt nicht nur für Fragen der Datierung, sondern auch für alle anderen Untersuchungsmethoden. Nanostratigraphie, Patina-Studien, Verwitterungs-Studien, chemische Analysen, technische Analysen (etwa von Farbrezepten oder mikroskopischen Resten in Felskunst-Farbresten, wie Pinselfasern und vieles andere) wären alle im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts technisch durchaus möglich gewesen, wurden aber systematisch ignoriert zugunsten humanistischer Faseleien über die Bedeutung und Verwendung von Felskunst, also Fragen, die so nie zufriedenstellend beantwortet werden können. Das gleiche gilt für 263 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 die Datierung von Felskunst. Hier aber waren es gerade die Archäologen, die den Mangel an zuverlässiger Information bejammerten und Felskunst oft als das Stiefkind der Disziplin behandelten. Als aber Wissenschaftler begannen, nicht-archäologische Datierung zu versuchen, waren es dieselben Archäologen, die diese Methoden abwiesen und gelegentlich ihre Veröffentlichung verhinderten. Dies führte direkt zur Entwicklung der Felskunstwissenschaft als selbständigem Zweig, dessen formelle Festsetzung 1988 erfolgte (Odak 1991). Einführung der direkten Felskunstdatierung Frühe Versuche, nicht-archäologische oder "direkte" Methoden in der Datierung von Felskunst anzuwenden, liegen schon etliche Jahrzehnte zurück. Dabei handelte es sich beispielsweise um Lichenometrie (Beschel 1961), Razemisierungs-Analyse (Denninger 1971), und erfolglose Versuche, Farbreste mittels Radiokarbonmethode zu datieren (Grant 1965). Ich begann in den Sechzigerjahren, mich mit der Datierung von Felskunst ernstlich zu befassen und untersuchte im Laufe der Jahre zahlreiche Möglichkeiten. Gegen Ende der Siebzigerjahre war ich zu der Ansicht gelangt, daß die zuverlässigsten Möglichkeiten im Gebiet der Geochemie oder Geomorphologie zu suchen seien. Insbesondere meine Analysen von Verwitterungsrinden und Mineralakkretionen (wie Felslack, der damals noch Wüstenlack genannt wurde) zeigten mir den natürlichen organischen Gehalt praktisch aller Substraten von Felsen (Bednarik 1979). Dies schien die Zuverlässigkeit der Radiokarbonanalyse auszuschließen, ganz abgesehen davon, daß zu der Zeit die hierfür notwendige Probenmenge kaum von Felskunst gewinnbar war. Dieser Einschränkung begegnete ich 1980, nachdem ich Petroglyphen in australischen Höhlen entdeckte, die von re-präzipitiertem Kalzit sowohl überlagert als auch unterlagert waren (Bednarik 1981). Sekundäre Karbonate wie Speläotheme haben etwa die Hälfte ihres Kohlenstoffes aus der Atmosphäre bezogen und enthalten somit 14C. Solche Ablagerungen sind in Mitteleuropa schon fast solange erfolgreich datiert worden, als die Radiokarbonmethode selbst verwendet wird (Franke 1951), aber dreißig Jahre später wiesen die australischen Archäologen meine Ergebnisse zurück, weil sie in der Schule gelernt hatten, nur organische Materialien könnten radiokarbondatiert werden. Meine Resultate von den reichlich vorhandenen Sinterablagerungen (Abb. 4) wurden später im Ausland publiziert (Bednarik 1984), und dieselbe Methode führte in den folgenden Jahren zur Datierung von Felsmalereien in zwei chinesischen Stationen (Bednarik und Li Fushun 1991). Die technischen und wissenschaftlichen Begrenzungen der Methode sind im Detail besprochen worden (Bednarik 1995b). 264 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Dom (1983) versuchte eine andere Methode, den Mangel an ausreichendem Probenmaterial in der Felskunst zu umgehen. Er entfernte für Radiokarbonanalysen ausreichende Proben von Felslack in der Nähe von Petroglyphen und verwendete ihre Resultate dazu, die relativen Lösungsgeschwindigkeiten verschiedener Kathionen des Lacks zu kalibrieren. Dann entnahm er sehr kleine Proben von den Petroglyphen selbst, und versuchte sie an Hand ihrer entsprechenden Kathionen-Verhältnisse zu datieren. Die Methode, genannt cationratio (CR)-Analyse, fand bald weite Anwendung in den USA und in Australien. Ihre Publikation in Rock Art Research (Nobbs und Dom 1988) führte zu ihrer kritischen Besprechung, und wiederholte Probenentnahme gleicher Motive (Watchman 1992) stellten ihre Zuverlässigkeit bald weitgehend in Frage. Heute wird die CR-Methode zwar noch immer verwendet, jedoch nur als rein experimentelles Hilfsmittel. Die Entwicklung der accelerator mass spectrometry(AMS)-Analyse, ebenfalls im Laufe der frühen Achtzigerjahre, ermöglichte schließlich die Verarbeitung von winzigen Proben. Der prinzipielle Unterschied zwischen AMS und konventioneller Radiokarbonanalyse ist, daß in letzterer die radioaktiven Atome gezählt werden, die während einer gewissen Meßzeit zerfallen. Bei der AMS -Radiokarbonanalyse aber werden buchstäblich einzelne Atome in einer Probe gezählt, um die Isotopen-Verhältnisse zu ermitteln, und so ist nicht nur weniger Zeit erforderlich, sondern die Probenmengen brauchen oft nur von der Größe einer Nadelspitze zu sein, und wiegen bloß Milligramm. Proben von weniger als 100 Microgramm reinem Kohlenstof genügen oft. Ein Graphittargetwird mit Elektronen beschossen, und die abspritzende Masse wird unter äußerst hoher elektrischer Spannung beschleunigt. Eine typische AMS-Anlage ist über 50 Meter lang und mehrzweckorientiert. Ein südafrikanisches Team wandte AMS-Datierung erstmals auf Felskunst an (Van der Merwe et al. 1987). Die breite Akzeptierung direkter Datierungsmethoden erfolgte 1990, als mehrere archäologische Teams in Frankreich, USA und Australien praktisch zugleich über ihre Ergebnisse berichteten (Lorblanchet et al. 1990; Loy et al. 1990; McDonald et al. 1990; Russ et al. 1990). Alle hatten organische Substanzen in Felskunstfarben analysiert. Dasselbe Jahr brachte aber auch zwei Neuentwicklungen. Watchman (1990) wandte das Prinzip, Karbonate mittels Radiokarbon zu datieren, auf ein anderes Mineral an: Oxalat. Die Oxalate W hewellit und Weddellit kommen oft mit Felskunst zusammen vor, und obgleich sie in der Regel wesentlich schwächer entwickelt sind als Karbonate, ist ihre Datierung durch die AMS-Methode jetzt leicht möglich. Von besonderer Bedeutung ist die Anwesenheit von Oxalaten in feinen Nanostratigraphien, wo viele Farbschichten übereinander 265 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 aufgetragen worden sind. In Australien sind bereits bis zu vierzig solcher Schichten gezählt worden, und wo sie Schichten von Oxalat oder Karbonat einschließen, können diese auch in der Abwesenheit von passendem organischen Material auf ihr Radiokarbonalter analysiert werden. Meine Bemühungen, die Datierung von Petroglyphen durch Mikroerosion zu ermöglichen, waren ebenfalls 1990 von Erfolg beschieden. Die Möglichkeit dieser Methode war mir schon in den Siebzigerjahren klar (Bednarik 1979), doch blieb es mir für viele Jahre unmöglich, die geometrischen Gesetze zu entdecken, welche den Vorgang der Kantenabrundung gebrochener Kristalle bestimmen. Nachdem ich das Problem 1989 mathematisch löste, konnte ich die Methode erfolgreich in Rußland anwenden (Bednarik 1992b), und seither auch in Indien, Portugal und Italien (Abb. 5). Sie hat beträchtliche Vorteile, aber ihre Anwendbarkeit ist von vielen Umständen abhängig, vor allem Felstyp und Topographie. Die folgenden Jahre sahen eine Entfaltung der direkten Methodik von Felskunstdatierung. Dom wendete sich der Karbondatierung von Felslacken zu, indem er in ihnen eingeschlossene mikroskopische Reste analysierte (Dom 1994). Watchman, der eine ähnliche Richtung einschlug, interessierte sich mehr für solche Reste, die in Silikatüberzügen zu finden sind (Watchman 1995). Eine Neuerung von Watchman (1993) war es, einen Laserstrahl zur Verbrennung von organischen Materialien in Akkretionen (Silikate, Oxalate, Karbonate, Felslacke, Farbreste) einzuführen. Die Kohlenstoff enthaltenden Substanzen werden dabei zu Karbondioxyd verbrannt, aus dem dann ein Graphit- target erzeugt wird. Der beträchtliche Vorteil dieser Methode ist, daß sie im Vergleich zur mechanischen Probenbehandlung eine weit bessere Kontrolle über die Probenentnahme bietet. Das trift besonders bei den laminierten Farbschichten zu. Das hierfür nötige Gerät ist leider noch nicht transportabel, es schließt einen wassergekühlten Krypton-Laser ein und benötigt Hochspannungsstrom, flüssigen Stickstof und eine Vakuumpumpe. Somit müssen leider auch hier noch immer Proben von der Felskunst entnommen und ins Labor gebracht werden. Nach wie vor bleibt die Mikroerosionsmethode die einzige Felskunstdatierungsmethode, in der die Felskunst weder beschädigt noch berührt werden muß. 1995 wurde in Australien erstmals eine der drei Lumineszenz-Analysen in der Felskunstdatierung angewandt, die optically stimulated luminescence (OSL )-Methode (Roberts 1996). Sie mißt die von einem Mineral abgegebene Lumineszenz, nachdem es sichtbarem Licht (etwa einem grünen Laser) ausgesetzt wurde, und hat den erheblichen Vorteil, einige hunderttausend Jahre zurückreichen zu können. In etlichen Weltgegenden finden sich Felsmalereien 266 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 oft unter und sogar über Nestern (Abb. 6) oder ähnlichen Strukturen von Insekten (wie Wespen, Bienen oder Termiten ). Die darin oft enthaltenen Quarzkörner werden in dieser Methode analysiert, soferne sie in Dunkelheit lagen und geborgen wurden, da der Zeitpunkt, an dem sie zuletzt dem Tageslicht ausgesetzt waren, ungefähr bestimmt werden kann. Das Arsenal des Felskunstdatierungs-W issenschaftlers ist damit aber noch nicht erschöpft. Viele weitere Möglichkeiten bestehen noch, sind aber bisher noch nicht erforscht oder versucht worden (Bednarik 1979, 1996). Die in den letzten Jahren am ausgiebigsten angewandte Methode der Felskunstdatierung ist aber die Radiokarbonanalyse von organischen Substanzen. Zahlreiche Ergebnisse liegen beispielsweise aus den Höhlen Frankreichs und Spaniens vor (z.B. Clottes et al. 1992, 1995; Lorblanchet 1994). Gegen Ende des Jahres 1995 ist die Zahl der publizierten direkten Datierungsprojekte weltweit auf 39 angestiegen. Sie haben zusammen seit 1980 insgesamt 123 veröffentlichte Daten ermittelt (ohne CR-Ergebnisse), und die überwiegende Mehrzahl davon, 105 (85 %), beziehen sich auf Radiokarbondaten von organischen Substanzen. Im Vergleich dazu sind alle anderen Methoden deutlich vernachlässigt worden (Abb. 7 ). Das ist besonders problematisch, wenn wir die Anwesenheit natürlicher Kontamination bedenken, die uns ja schon lange bekannt ist. Der Grund für diesen Trend ist, daß Archäologen oft die einfach zu ermittelnden Daten vorziehen und wenig nach ihrer Zuverlässigkeit fragen. Darüber hinaus liegt bereits reichliche Evidenz für die weitverbreitete Fehldeutung wissenschaftlicher Datierungsinformation durch Archäologen vor. Archäologische Fehldeutung von Datierungsversuchen Kurz nach der sensationellen Entdeckung der Felskunst in der CosquerHöhle bei Marseille wurde eine Serie von Holzkohleproben aus ihr analysiert, von Bildpigmenten ebenso wie von am Höhlenboden aufgelesenen Stücken. Zwei Proben von einem schwarzen Handnegativ ergaben beide ein Radiokarbonalter von etwa 2 7.110 Jahren (Clottes et al. 1992 ). Sofort erschienen rund um die Welt die Schlagzeilen, in der Presse ebenso wie in der seriösen Fachliteratur: die ältesten Felsmalereien seien entdeckt worden! Dies war eine typische Fehldeutung wissenschaftlicher Alters-Information von Felskunst. Was die von den Physikern erbrachten Werte wirklich andeuten mögen, ist vieleicht der Zeitpunkt, zu dem Karbondioxyd von einem Baum aus der Atmosphäre assimiliert worden ist. Selbst darüber liegen reichliche Zweifel vor. Aber um es für die Archäologen nicht allzu umständlich zu machen, nehmen wir einmal an, daß die statistischen Werte im Prinzip stimmen. Wir wissen dann, wann der betreffende Baum lebte und atmete. Wir wissen 267 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 nicht, wann das von ihm stammende Holz verbrannt wurde, außer daß dies später gewesen sein muß. W ir wissen auch nicht, wie lange die entstandene Holzkohle herumgelegen sein mag, bis jemand sie aufgelesen und als Farbstoff zubereitet hat. Was wir schon wissen, ist das anscheinende Alter einiger der 300 Holzkohleproben, die am Boden der Cosquer-Höhle aufgelesen worden sind, denn man hat sie datiert. Manche ergaben ein Radiokarbonalter von fast 28.000 Jahren, andere scheinen nur 15.000 Jahre alt zu sein. Nachdem die Bildergalerie weit im Berg drinnen liegt, mag die als Pigment verwendete Holzkohle vom Boden aufgelesen worden sein, was bedeutet, daß ihr Alter in keiner Weise mit dem Alter der Felskunst verwandt sein muß. Man könnte sogar heute noch in die Höhle eintauchen (ihr Eingang liegt seit dem Ende der Eiszeit mehr als 40 Meter unter dem Meeresspiegel), Holzkohle auflesen, und mit ihr ein Handnegativ von anscheinend sehr hohem Alter erzeugen. In anderen Worten, das Radiokarbonalter der Farbe ist gänzlich willkürlich bedingt, es hängt einfach davon ab, welches Stück Holzkohle gewählt wird: Es ähnelt einem Lotterie-Ergebnis. Der einfache Trugschluß der Archäologen war die Annahme, daß das Alter des Pigments dem Alter der Farbe entspricht. Wenn wir genau die gleiche Logik auf rote Farben anwenden würden, dann kämen wir zum Schluß, sie müßten viele Millionen Jahre alt sein, denn dies ist das Alter des Hämatit. Mit diesem Vergleich sehen wir sofort, wie absurd die sensationellen Behauptungen wirklich waren. Pigmente geben uns selten brauchbare Alters-Schätzungen für Felskunst, Bindemittel (wie Blut, Eiweiß, Orchideensaft und dergleichen) oder Diluent dürften da weit zuverlässiger sein. Die wirklichen Schwierigkeiten in der Interpretation direkter Datierungsergebnisse sind aber weit komplizierter, und damit kommen wir zum Hauptthema meines Aufsatzes. Zum Unterschied von archäologischer Felskunst-"Datierung" sind für direkte Datierung zwei Voraussetzungen zu erfüllen (Bednarik 1981, 1993c, 1996). Erstens muß die physische Relation der Felskunst mit dem Datierungsmittel direkt und unbestreitbar sein. Dies bereitet m.E. keinerlei konzeptuelle Schwierigkeiten: die Voraussetzung, daß die zeitlich relative Stellung der Substanz oder physischen Charakteristik, die wir quantitativ erfassen, unbestreitbar sein muß. Die zweite Voraussetzung aber bringt für Archäologen große Probleme mit sich: Die Aussagen bezüglich der chronologischen Relation zwischen der Felskunst und dem Datierungsmittel (etwaAkkretion, Oberflächengeometrie, Bestrahlungsprodukt) müssen falsifizierbar und prüfbar sein. Das bedeutet in der praktischen Anwendung, daß wir imstande sein müssen, unsere Annahmen über das Alter von Felskunst unabhängig zu überprüfen - sie zu falsifizieren. Das trift ofensichtlich nicht auf ikonographische Behauptungen 268 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 über ein Felsbild zu, denn die kognitiven Vorgänge, die zu ihrer Formulierung führten, spielen sich lediglich im Gehirn des Betrachters ab: Wir können sie nicht widerlegen. Wir können sie auch nicht so formulieren, daß sie widerlegbar werden (Popper 1968). Beispielsweise wäre die Kognition einer anderen Person hier keine Hilfe, nicht einmal die aller Menschen. Wir müssen annehmen, daß die Perzeption aller intelligenten Lebewesen subjektiv ist; und die Beobachtung, alleAngehörige einer Art (etwa alle Menschen) empfänden Realität gleich (die übrigens nicht einmal für den Homo sapiens zutrift), wäre noch lange kein Beweis für ihre Richtigkeit. Die anthropozentrische Rechthaberei des Homo hat uns schon zahlreiche Religionen und Ontologien beschert; für sie ist kein Raum in der Wissenschaft. Daher ist es wissenschaftlich irrelevant, was der Betrachter von Felskunst empfindet, wenn er sie betrachtet. Kinder identifizieren gerne Felskunstmotive und ihre Deutungen sind wissenschaftlich wesentlich interessanter als die von Archäologen oder die anderer sogenannter Gelehrter. Ich betone nochmals, daß es sich hier nicht im geringsten um die Frage der Richtigkeit handelt, sondern darum, ob die Unrichtigkeit der Aussage aufgezeigt werden könnte. Es geht also darum, ob wir Annahmen über das Alter von Felskunst widerlegen können. Die Aussage, ein Stück Holzkohle sei x Jahre alt, können wir nicht widerlegen, die Aussage, es sei x Radiokarbonjahre alt, hingegen schon. Wir brauchten bloß weitere Proben zu analysieren; die Wiederholbarkeit von Experimenten ist natürlich ein weiterer wichtiger Zug der Wissenschaft. Ein prominentes australisches Beispiel archäologischer Fehldeutungen wissenschaftlicher Altersinformation ist in Loy et al. (1990) zu finden. Eine natürliche Akkretion am Fels der Station Laurie Creek im Northern Territory wurde als Farbrest gedeutet und radiokarbondatiert. Der Datierungs-Wissenschaftler des Teams, Earle Nelson, hatte aber später Zweifel und untersuchte den Fels selbst. Dabei entdeckte er die Fehldeutung seiner archäologischen Kollegen (Nelson 1993). Ein sehr ähnliches Beispiel hatten wir früher in den USA, als Loendorf (1986) einen roten Fleck am Fels der Rochester Creek Station in Utah datierte, der dann als eine natürliche Verfärbung identifiziert wurde (Bednarik 1987). Clottes (1994) betrachtete auf Grund meiner Kritik alle zwanzig anfangs 1994 aus europäischen Höhlen publizierten Radiokarbondaten und fand nicht ein einziges davon überzeugend - einschließlich jener, die er selber beigestellt hatte. In manchen Fällen wurden Ergebnisse verschwiegen, weil die angeblich pleistozänen Bilder holozäne Ergebnisse brachten, in anderen wurden die Resultate von ofensichtlich verunreinigten Proben akzeptiert, weil sie einfach der stilistischen Schätzung entsprachen. Die restlichen Daten 269 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 brachten verschiedene logische o der epistemologische Probleme mit sich, mit denen sich Archäologen ungern auseinandersetzten. Abschluß In den wenigen Jahren, seit die Archäologie begonnen hat, sich der Methodik direkter Felskunstdatierung regelmäßig zu bedienen (erst seit 1990), haben wir bereits viele Beispiele gesehen, in denen die Ergebnisse direkter Datierungsversuche fehlgedeutet wurden. Lorblanchet etwa lehnte nach sechs Karbonanalysen von vier Tierbildern in Cougnac (Frankreich) die herkömmliche stilistische Datierung der berühmten Felskunst dieser Höhle gänzlich ab und schrieb dieses Inventar drei verschiedenen Epochen zu (Lorblanchet 1994). Sein Ausbrechen aus der stilistischen Zwangsjacke ist zu befürworten, aber seine sechs Daten würden ebensogut zu alternativen Deutungen berechtigen (Bednarik 1994c). Etwa ein Drittel aller Radiokarbondaten sind nicht innerhalb ihrer Toleranzwerte richtig, das haben wir statistisch zu erwarten (nur 68,26 % wären unter idealen Umständen richtig, aber ideale Verhältnisse sind vermutlich selten zu erhoffen). Wenn wir zwei solche Daten vergleichen, dann verringert sich die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit unserer Korrelate auf 46,5 %, und für die sechs Daten von Lorblanchet auf etwa 10 % (Abb. 8). Darüber hinaus besteht immer die sehr naheliegende Möglichkeit der Anwesenheit von organischem (oder anderem Kohlenstof enthaltenden) Material, wie Algen, Mikrolebewesen, deren metabolische Produkte, Pollen usw., die natürlich das Ergebnis einer solchen Analyse sehr beträchtlich ändern könnten. Aber der wohl schlimmste Einwand ist wieder der rein logische: Alle sechs Proben aus Cougnac sind von Holzkohlepigmenten und wir haben nicht die geringste Ahnung, wie sich deren Alter auf das Alter der Felskunst bezieht. Dieses Verhältnis ist nicht falsifizierbar, das radiometrische Ergebnis hingegen schon. Den Unterschied scheinen viele Archäologen allerdings nicht zu verstehen. Die Annahme, alle sechs Proben müssen von Holzkohle sein, die zur Zeit der Verwendung frisch war, ist höchst riskant. Wenn wir bedenken, daß zwei der Werte statistisch außerhalb der Toleranzen zu erwarten sind, wenn wir weiters annehmen, daß zwei der Proben von "alter" Holzkohle stammen mögen und eine weitere Probe vielleicht verunreinigt war, dann bleibt uns nur noch das Problem, zu erraten, welcher der sechs Werte es ist, der tatsächlich stimmt. Hier ist es vorteilhaft, sich an die Ergebnisse einer australischen Arbeit zu erinnern. McDonald et al. (1990) erhielten zwei Radiokarbondaten von dem Holzkohlepigment eines einzigen Motivs der Gnatalia Creek Station bei Sydney. Eines war etwa 6.000 Jahre, das andere knapp 30.000 Jahre! Diese For- 270 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 scher waren aber sehr vorsichtig in ihrer Deutung dieser erstaunlichen Ergebnisse und schlugen vier Erklärungsmöglichkeiten vor. Was aus diesen Ausführungen bald klar wird, ist zwar nicht die Unfähigkeit, unsere Aussagen bezüglich der chronologischen Relation zwischen der Felskunst und dem Datierungsmittel falsifizierbar und prüfbar zu formulieren, sondern sie erfolgreich quantifizieren zu können. Somit ist die Methode wohl "direkt" und wissenschaftlich, doch produziert sie kein "wahres" Alter, sondern bloß vorläufige Altersschätzungen. Manche Archäologen haben das mißverstanden, indem sie Testbarkeit mit Präzision verwechselten. Sie nahmen zwar ganz richtig wahr, daß wissenschaftliche Datierungsergebnisse den archäologischen weit überlegen sind, glaubten aber, dies sei auf ihre größere Genauigkeit zurückzuführen. Ihre Überlegenheit bezieht sich aber lediglich darauf, daß sie falsifizierbar sind und hat mit Genauigkeit gar nichts zu tun. Die Anwendung traditioneller archäologischer Epistemologie würde direkte Datierung sehr schnell entwerten und ist daher strikt abzulehnen. Felskunstwissenschaftler sind berechtigt, von Archäologen zu verlangen, daß sie sich entweder mit wissenschaftlicher Epistemologie vertraut machen, oder sich der Verwendung dieser Methodik bei der Entwicklung ihrer Modelle enthalten. Um die derzeitige Lage in bezug auf angeblich paläolithische Wandkunst Europas kurz zu umreißen: Wir haben bis Ende 1995 direkte Datierungsanhaltspunkte von Holzkohlepigmenten in Pech Merle, Cougnac, Cosquer, Niaux, Altamira, Castillo, Le Portel und Chauvet. Mit Ausnahme der Ergebnisse der letztgenannten Höhle muß ich sie alle als wirkliche Altersschätzungen der jeweiligen Felskunst ablehnen. Die Situation ist nicht viel besser in den anderen Kontinenten, besonders da in der direkten Felskunstdatierung Radiokarbon- Ergebnisse von organischem Material jetzt leider weitgehend überwiegen. In jedem Einzelfall ist zu eruieren, was genau analysiert wurde und was dieses Ergebnis genau bedeutet. Im allgemeinen ist das in den archäologischen Kommentaren nicht zufriedenstellend dargelegt worden, und der Öffentlichkeit wurden ungenügend belegte Behauptungen vorgelegt. Das kann der direkten Felskunstdatierung nur einen schlechten Ruf bringen und der Zweck dieses Aufsatzes ist es, dies in Zukunft zu vermeiden. Literatur: Bednarik, R. G. (1979): The potential of rock patination analysis in Australian archaeology - part 1.- The Artefact 4, Melbourne 1979, 14-38. Bednarik, R. G. (1981): Finger lines, their medium and their dating.- Archiv der Australian Rock Art Research Association, Melbourne 1981, 34 S. 271 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Bednarik, R. G. (1984 ): Die Bedeutung der paläolithischen Fingerlinientradition.- Anthropologie 2 3, Brünn 1984, 73-79. Bednarik, R. G. (1987 ): No pictographs at Rochester Creek rainbow.- La Pintura 15/2+3, San Miguel 1987, 12-13. Bednarik, R. G. 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Biblioteca, 2017 Megaloceros identifiziert), Straußen und Giraffen, also alles in China längst ausgestorbene Arten, bei Geeraobaogou, W ulatezhong Banner, Innere Mongolei. Die Petroglyphen sind in W irklichkeit durchwegs von holozänem Alter. Abb. 2: Sechs Darstellungen des mythischen "Seewolfes", Nanaimo, Vancouver Island, Kanada. Diese Petroglyphen könnten die lokale Version des universalen Lindwurms oder Drachens sein, der vermutlich auf kortikal bestimmten Halluzinationen des menschlichen Gehirns beruht. Abb. 3a: Einige eurasiatische Tierfiguren, die subjektiv dem Pleistozän zugeschrieben wurden; alle sind Petroglyphen, mit Ausnahme der Malereien E und F. Fundorte: Kienbachklamm, Oberösterreich (A, C); Höll, Oberösterreich (B); Belio, Sibirien ( D); Schischkino, Sibirien (E, F); Coa-Tal, Portugal (G-J). Alle diese Darstellungen sind spätholozänen Alters. Abb. 3b: Cerviden in "paläolithischem Stil", Schischkino, Lena-Tal, Sibirien. Mit Metallwerkzeugen in Sandstein graviert. Abb. 3c: Mikroerosion-Analyse von Tierdarstellungen auf Schiefer in "paläolithischem Stil", Penascosa, Coa-Tal, Portugal. Ins späte Holozän datiert sowohl durch Mikroerosion als auch durch Radiokarbon-Datierung. Abb. 4: Erste direkte Felskunstdatierung der Welt aus dem Jahre 1980. Schematische Darstellung der Sinter- und Petroglyphen-Stratigraphie an der Decke der Malangine-Höhle bei Mount Gambier, Süd-Australien. Die Montmilch (Mondmilch, Bergmilch) am Ende der Höhle wurde zuerst mit Fingern bearbeitet, darüber Perlsinter-Ablagerung, über die wieder eine laminierte Sinterdecke aufliegt. Die tief-gravierte zweite Petroglyphengeneration liegt im Alter zwischen dem Perlsinter und dem laminierten Sinter, die dritte ist jünger als die Sinterlamina. Das Radiokarbonalter der Sinterlamina zeigt, daß sie mindestens 5.550 ± 55 Jahre alt sein muß, wahrscheinlich mehr. Somit sind die seicht eingeritzten Petroglyphen mittel- bis spätholozän, die tief gravierten frühholozän oder älter, und die Fingerlinien höchstwahrscheinlich aus dem Pleistozän. Abb. 5: Mikroerosion-Analyse von neolithischen Petroglyphen auf Schiefer bei Grosio, Valtellina, Nord-Italien. Abb. 6: Mythische Tierfigur in weiß und rot, über 20 m lang, Nordaustralien (Fundort darf nicht genannt werden). Die Malerei ist von zahlreichen Wespennestern aus Schlamm bedeckt, der mittels OSL datiert werden kann. Abb. 7: Darstellung der Zahl direkter Felskunstdaten pro Jahr, in der jene von organischem Radiokarbon (n = 105), mineralischem Radiokarbon (n = 14), und anderen Methoden (n = 4) zahlenmäßig verglichen werden. Alle Ergebnisse weltweit, von 1980 bis 1995, sind eingeschlossen, mit Ausnahme von 276 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CR-Daten, die als unzuverlässig betrachtet werden. Abb. 8: Kurve der Wahrscheinlichkeit, daß alle Daten mehrerer RadiokarbonAnalysen stimmen und untereinander vergleichbar sind innerhalb der angegebenen Toleranzen. Abb. 2 277 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 - ,[ 278 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 279 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 N 00 SINTERLAMINA HIER ABGEBLÄTTERT HÖHLENEINGANG Abb. 4 Petroglyphengeneration 11 ltief graviert) Petroglyphengeneration 111 (seicht eingeritzt} min. 5 550 ± 55 Jahre BP SINTERLAMINA Petroglyphengeneration 1 (Fingerlinien) TERTIÄRER KALK HÖHLENENDE © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Abb. 6 282 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Abb. 7 • • • • = 14C from organlc matter • • D = 14C from mlneral matter • * = by other method • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • 0 • • • • •o D •o • • • •o D D •o • • • •o* D •o •o* •o • • * •o* 1980 1987 1990 1992 1993 1994 1995 283 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Abb. 8 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 284 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 |
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