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1 Almogaren XXXII-XXIII/ 2001-20021 Wien 2002 Hartwig-E. Steiner 329 - 398 Altkanarische Stätten in Las Playas / EI Hierro I »Cueva del Letime« bzw. »Cueva del Agua« Höhlen-Heiligtum oder Zufluchtsort? Keywords: Canary Islands, El Hierro, Las Playas, rock art, sanctuary Zusammenfassung: Der Öfentlichkeit bekannt wurde die Cueva de! Agua 1981. Mit ihren libysch- berberischen Inschriften sowie zahlreichen weiteren Punzierungen gilt sie als eine der bedeutendsten Felsbildstätten EI Hierros. Die vorliegende Arbeit ist die erste Dokumentation, die eine Beschreibung der Gesamtanlage bietet incl. deren Größe, Form, Beschafenheit und Charakteristik. Das Ergebnis dieser Forschungsarbeit führt zu der Annahme, dass die Cueva del Agua eine Kultstätte der Ureinwohner, ein Höhen- bzw. Höhlen-Heiligtum repräsentiert. Abstract: Cueva del Agua first became known to the public in 1981. Its Libyco-Berber inscriptions and numerous other punched works rank amongst the most important rock art sites on El Hierro. This work is the first documentation to feature a description of the entire site including its size, shape, properties and characteristics. The results ofthis research work lead to the assumption that Cueva de! Agua is a cult site of the indigenous population, a high-lying cave sanctuary. Resumen: EI publico conoci6 Ja Cueva de! Agua en el afio 1981. Por las inscripciones libico-bereberes y por las otras numerosas rupestres es considerada como uno de los lugares de rupestre mas importantes de EI Hierro. EI presente trabajo es Ja primera documentaci6n que ofrece una descripci6n de! conjunto completo incluyendo el tamafio, Ja forma, la constituci6n y las caracteristicas. EI resultado de este trabajo de investigaci6n nos lleva a la suposici6n que Ja Cueva del Agua representa un sitio de culto de los indigenas, un santuario de altura o de cueva. 329 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Inhalt 1. Vorbemerkungen 1.1 Begehungen 1982-2000 1.2 Bestandsaufnahme und Dokumentation 1.3 Kontext 2. Die Höhle 2.1 Geographische Lage 2.2 Topographie, Landschaft 2.3 Beschreibung: Gestalt, Größe, Struktur 2.4 Zwei Namen, ein Ort - Cueva de! Agua - Cueva de! Letime 2.5 Chronik der Entdeckung 2.6 Publikationen 3. Die Charakteristika der "Cueva de! Agua" 3.1 Die Wasser-Schalensteine 3.2 Der "Schutzwall" 3.3 Der "geheime Kern", der »Uterus« 3.4 Fundstücke: Keramik · Holzkohle · Steinwerkzeuge · Lapas 4. Die Felsbilder der Cueva de! Agua 4.1 Lage 4.2 Zeichen-Arten und -Formen 4.3 Deutungsansätze der libysch-berberischen Schrift-Zeichen 4.4 Technik 4.5 Zustand 4.6 Dominanz der linken Wand 4.7 Parallelen zu anderen Felsbildstätten 5. Höhlen-Heiligtum oder Zufluchtsort 5.1 Höhlen und ihre Bedeutung - praktisch - rituell - mythologisch 5.2 Wasser - profane und mythologische Bezüge 5.3 Lebenselexiere Wasser und Sonne 5.4 Höhlen-Heiligtum 5.5 Schutzraum und Zuflucht 6. Teil eines altkanarischen Zentrums 6.1 Prähispanische Stätten in "EI Letime" über Las Playas 6.2 Prähispanischer Siedlungsraum "Las Playas" 7. Schlussbemerkungen 7.1 Veränderungen, Gefährdungen 7 .2 Schutz der Höhle 8. Anmerkungen 9. Glossar 10. Literatur 11. Tafel-Verzeichnis 330 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 1. Vorbemerkungen Zwei Namen kennzeichnen denselben Ort: "Cueva del Letime" entsprechend der Lagebezeichnung ihres Standortes oder "Cueva del Agua" entsprechend ihres für El Hierros Höhlen untypischen Wasservorkommens. Cueva del Agua ist heute die geläufigere Bezeichnung, deshalb wird sie in dieser Arbeit vorwiegend verwendet. Jeder, der die Cueva del Agua zum erstenmal aufsucht, wird beeindruckt sein - von der Andersartigkeit dieser Höhle, von ihrer landschaftsbeherrschenden Lage, von den markanten Felsgravierungen, insbesondere den libyschberberischen Inschriften, von ihrer Größe, ihrer eigenartigen Form, vom Vorkommen des lebenswichtigen Elementes Wasser und von vielem mehr. Bereits bei meinem ersten Besuch war mir bewusst, dass diese Höhle nicht nur eine neue Fundstätte bemerkenswerter Felsbilder auf El Hierro ist. Es war offensichtlich, dass es sich lohnt, über den Aspekt der Felsbilder hinaus einen umfassenderen Einblick und Überblick über diesen außergewöhnlichen Fundort zu erhalten. Unsere Feldforschungen der vergangenen zwei Jahrzehnte in der Cueva del Agua sowie in ihrem Umfeld sind Grundlage für diesen ersten Ansatz einer ganzheitlichen Betrachtung dieser Anlage. Die zahlreichen Begehungen hatten eine zentrale Aufgabe: Spuren menschlicher Nutzung, Einwirkungen oder Veränderungen zu entdecken und zu dokumentieren. Ziel dieser Erkundungen und der daraus möglichen Analyse des Gesamtbestandes war es, Hinweise auf eine mögliche Funktion und Bedeutung dieser Anlage zu erhalten. Damit ergänzt dieser Beitrag die bisherigen Veröfentlichungen über die Felsbilder der Cueva del Agua. Die Arbeit vor Ort und die daraus resultierenden Erkenntnisse lassen in der Cueva del Agua eine Kultstätte vermuten, die im Kontext mit dem wichtigen, bislang jedoch noch wenig beachteten, Siedlungs- und Kulturraum Las Playas zu verstehen ist. 1.1 Begehungen 1982-2000 Den Hinweis auf einen neuen Felsbildfundort auf El Hierro erhielt ich im Sommer 1982 von Ulrich Hoyer, einem exzellenten Kenner der Insel, ihrer Geschichte und Traditionen. Seiner präzisen Lagebeschreibung verdanke ich meinen ersten kurzen Besuch der Höhle am 13.8.1982, der sofort eine besondere Bedeutung dieser Anlage vermuten ließ. 1983 erschienen die ersten wissenschaftlichen Publikationen über die Felsbilder der Cueva del Agua (Balbin Behrmann & Tejera Gaspar, 1983; Hernan- 331 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 dez Bautista & Springer, 1983). Außer dem Hinweis auf drei (statt vier) Wasseraufangschalen wurde die Existenz weiterer archäologischer Befunde in der Höhle und ihrer Umgebung verneint. Da diese Aussagen meinen spontanen subjektiven Vorstellungen widersprachen, starteten wir eine langjährige Feldforschung und Dokumentation, um dadurch den einen oder anderen Standpunkt zu sichern. Insgesamt fanden 18 Besuche und Begehungen der Cueva del Agua in den Jahren 1982, 1985, 1989, 1992, 1993, 1997 und 2000 statt. 1.2 Bestandsaufnahme und Dokumentation Drei Aufgaben waren durch die Begehungen der Höhle und ihres Umfeldes zu erfüllen: - Eine lückenlose Erkundung und Vermessung der Höhle mit sämtlichen Verzweigungen zur Ermittlung ihres genauen Grundrisses, ihrer spezifischen Form sowie ihrer Strukturen. - Eine umfassende Suche nach evtl. menschlichen Einwirkungen, Veränderungen oder Nutzungen der Höhle sowie deren Dokumentation. - Eine penible Suche nach Spuren menschlicher Hinterlassenschaften, deren Erfassung, Kartierung und dokumentarische Sicherung. Bei allen Begehungen beschränkte sich unsere Arbeit ausschließlich auf die Erkundung und Bestandsaufnahme menschlicher Spuren. Die Arbeiten folgten einem einheitlichen Raster: Erkunden und Entdecken, Vermessen und Kartieren, Fotografieren, Zeichnen und Dokumentieren. Außer unseren rein optischen Oberflächen- und Umfeld-Analysen wurden keine eingehenderen Untersuchungen durchgeführt. Die vorliegende Dokumentation bietet einen ersten Überblick über den Fundbestand. Sie soll zum einen eine aktuelle Bestandsaufnahme sein, zum andern auch Anregungen und Anreiz für weiterführende Arbeiten und Erkenntnisse bieten. 1.3 Kontext Der erste Eindruck von der Cueva del Agua und die darauf folgenden detaillierten Studien lassen eine gewichtige Rolle der Höhle bei den Ureinwohnern El Hierros vermuten. Die Arbeitsresultate der vergangenen 20 Jahre zeigen, dass die Cueva del Agua im Kontext zu einem Kulturraum im unmittelbaren Umfeld der Höhle steht und darüber hinaus wahrscheinlich auch eine große Bedeutung für das gesamte Siedlungs- und Wirtschaftsgebiet Las Playas hatte. Es zeigt sich hier eine Übereinstimmung mit anderen Felsbildstätten auf El Hierro, die ebenfalls im unmittelbaren Kontext mit Kult- und Siedlungsstätten 332 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 stehen, wie in El Julan, in Los Saltos bei Restinga, im Barranco de los Muertos bei Guarazoca oder im Barranco Santiago über La Caleta. 2. Die Höhle 2.1 Geographische Lage Die Cueva del Agua liegt an der südlichen Ostküste von El Hierro, der westlichsten und kleinsten der sieben Hauptinseln des Kanarischen Archipels. Die Höhle befindet sich in ca. 1080 m Höhe über dem Meer. Die geographischen Koordinaten der Cueva del Agua werden entsprechend den Kartierungen des nationalen spanischen "Servicio Geografico del Ejercito" auf der Mapa Militar de Espaia, den spanischen Militärkarten, mit 27° 44' 18" Nord sowie 17° 57' 48" West ausgewiesen. Die Cueva del Agua liegt ca. 200 m in südwestlicher Richtung vom Messpunkt des Bermeja entfernt, der mit 1118 m höchsten Erhebung über Las Playas. Vom Parador Nacional de El Hierro in Las Playas aus gesehen liegt die Cueva delAgua fast genau nördlich (exakt 352° NNNW ). Von der knapp 2 km entfernten Gemeinde Isora (Regierungsbezirk Valverde), zu deren Gebiet sie gehört, liegt sie in westsüdwestlicher Richtung. 2.2 Topographie, Landschaft Die Cueva del Agua liegt nur wenige Meter unterhalb der Cumbre, dem Höhengrat der Caldera, die ein mächtiges Halboval bildet, welches die Bucht von Las Playas von Norden nach Süden mit steil abfallenden Hängen einschließt. Die Bucht von Las Playas hat die Form einer längsgeteilten Birne. Am oberen, nordwestlichen Teil liegt nahe der höchsten Erhebung der Cumbre die Cueva del Agua. Das Gebiet trägt traditionell die Bezeichnung "El Risco de los Herreios", der "Felsgrat der Herreios". Diese Bezeichnung lässt eine schon lange bestehende, engere Beziehung der Bewohner El Hierros speziell zu diesem Gebiet in Las Playas vermuten. Die Bucht von Las Playas wird im Süden, Westen und Norden von steil abfallenden Hängen mit abgerutschtem, meist lockerem Erosionsmaterial umschlossen. Im Süden liegen die Kanten der Steilwände etwa 600 m über dem Meer, nach Norden steigen sie auf über 1100 m an. Die obere Begrenzung der Bucht wird von zahlreichen Felsformationen gesäumt. Eine davon prägt auch das unmittelbare Umfeld der Cueva del Agua. Die Cueva del Agua liegt ca. 40 m unter dem Gipfel einer kleinen Erhebung, die sich unmittelbar an den Bermeja in südlicher Richtung anschließt. 333 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Die Höhle liegt mitten in einer 5 bis 10 m hohen senkrechten Felsformation, die den oberen Abschluss der 1000 m darunter liegenden Steilhänge bildet. Sie ist auf einer wenige Meter breiten, flachen Bruchkante risikolos zugänglich. Dieses schmale Band fällt hangseits 10 bis 15 m senkrecht ab. Die Lage der Cueva del Agua ist in jeder Weise außergewöhnlich. Die Höhle gewährt ungehinderte Sicht über die gesamte Bucht von Las Playas. Von hier aus sind alle Bewegungen auf dem Meer und auf dem gesamten Küstenstreifen zu beobachten. Von hier aus kann Las Playas dominiert werden. Eine weitere Besonderheit ist die direkte Sicht nach Tenerife und insbesondere auf das Massiv des Teide. Ob in Vollmondnächten, bei Sonnenaufgängen zur Z eit der Sommersonnenwende oder an azurblauen, klaren Frühlingstagen, die Besucher der Cueva del Agua werden immer wieder von neuem vom Blick zum Teide mit seinen variantenreichen Erscheinungen fasziniert. 2.3 Beschreibung: Gestalt, Größe, Struktur Bei der Cueva del Agua handelt es sich um einen auf El Hierro häufiger vorkommenden Höhlentyp mit hier typisch ausgeprägten, vulkanischen Röhren (tubos volcanicos) bzw. Lavatunnels (Ertl, 1998). Kraus (1894:39) beschreibt dieses Phänomen sehr anschaulich: "Lavahöhlen sind echte Höhlen, die dadurch entstanden sind, dass auf einer stärker geneigten Berglehne das flüssige Magma auf der Oberfläche durch Abkühlung erhärtet ist und stehen blieb, während es im Innern noch flüssig blieb, und dem Gesetz der Schwere folgend weiter zu Thal floß, wodurch nothwendigerweise ein Hohlraum entstehen musste, dessen Längsachse in der Stromrichtung lag." Bei den durchgeführten Untersuchungen wurden keine Materialproben entnommen, deshalb kann hier auch keine eingehendere geologische Betrachtung erfolgen. Die nachfolgenden Angaben resultieren aus den Vermessungen und der systematischen Oberflächenanalyse der Höhle. Ausgangspunkt aller Beschreibungen ist der "Haupt"-Eingang zur linken Röhre mit den Petroglyphen. Die Höhle entstand durch zwei in Süd- bzw. Südost-Richtung fließende Lavaströme, nach deren Ausfluss sich röhrenartige Tunnels bildeten. Etwa 10 m vom heutigen Eingang entfernt trafen die beiden Röhren aufeinander und haben so eine natürliche Verbindung zueinander geschaffen. Die restliche Strecke flossen die beiden Lavaströme 1-2 m voneinander entfernt in parallelen Tunnels. Zwei miteinander verbundene Lavaröhren bilden die Cueva del Agua. Bei der Beschreibung der Höhle, bzw. des Höhlen-Systems, werden wir fünf Teilbereiche vorstellen: 334 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 - den vorderen, linken "Haupt"-Eingang - die anschließende linke Lavaröhre mit den 4 Wasserauffangschalen - die vordere, rechte Eingangsröhre die anschließende rechte Lavaröhre - den verborgenen Kern, den "Uterus" zwischen den beiden Eingangsröhren. Der linke Eingangsbereich ist mit Sicherheit der am meisten beachtete und bekannte Teil der Cueva del Agua. Mit den hier vor allem linksseitig zahlreichen gepunzten Fels-Zeichen und den libysch-berberischen Schriftzeichen direkt am linken Eingangspaneel galt diesem Bereich stets alle Aufmerksamkeit. Er ist gut und gefahrlos zugängig und präsentiert eine der bedeutenden Felsbildstationen der Kanarischen Inseln. Der Zugang liegt etwa 80 cm über Niveau in einem senkrechten, nur wenige Meter hohen Felsband. Die "Haupt" - Eingangsröhre ist bequem begehbar. Ihre durchschnittliche Höhe liegt zwischen 1,60 m und 1,80 m und verringert sich erst am Verbindungspunkt beider Röhren auf eine Höhe von 1,10 m. Die Breite der Eingangsröhre schwankt zwischen 1,60 m, 2,20 m am Eingang und 3,30 m am Verbindungspunkt zur rechten Röhre. Die Länge des Eingangsbereichs bis zum Verbindungspunkt der beiden Röhren beträgt 8,20 m. Vom Eingang aus hat dieser Bereich eine Steigung von ca. 3 %. Der anschließende linke Tunnelarm hat vom Verbindungspunkt der beiden Röhren aus gemessen eine Länge von 24,30 m. Nach ca. 4 m verringert sich in dieser Röhre die Höhe auf 70 cm, bei einer Breite von 2,60 m, erreicht jedoch unmittelbar danach wieder 1,20 m und bleibt im Umfeld der vier Wasserauffangschalen konstant bei 1,10 bis 1,30 m. In diesem Bereich schwankt die Breite der Röhre zwischen 2,30 und 3,30 m. Auf den letzten 7 m bis zum Ende des Tunnels verringert sich die Höhe auf 60 bzw. 50 cm während sich die Breite dieses Gangs bis auf 4,10 bzw. 3,70 m weitet und knapp 2 m vor dem stumpfen Ende immerhin noch 2,60 m beträgt. Die Steigung dieser Lavaröhre liegt zwischen 3 % und 7 %. Der Zugangsbereich zum rechten, flachen Lavatunnel bietet auf den ersten Blick keine Attraktionen. Der Zugang ist mit Opuntien und dornigem Gestrüpp abgeschirmt. Am Eingang ist er 3,90 m breit aber nur 90 cm hoch und ebenfalls wie der linke Tunnel ca. 0,80 bis 1,0 m über dem Niveau. Auf seiner Gesamtlänge von 7,10 m reduziert sich die Höhe kontinuierlich vom Eingang bis zum abschließenden Steinwall von 90 cm auf teilweise nur noch 40 cm Höhe. 335 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Die Breite ist auf den vorderen 6 m ziemlich konstant 3,90 m, sie reduziert sich im hinteren Teil dieses Höhlenzugangs auf 1,90 m. Die Steigung beträgt ebenfalls ca. 2 % bis 3 %. Der flache Zugangsbereich des rechten Lavatunnels wird zum anschließenden rechten Tunnelarm der Höhle durch einen künstlich errichteten Steinwall abgetrennt. Hinter diesem Steinwall erweitert sich die Höhle in einen flachen, knapp 1 m hohen und ca. 5 mal 5 m großen Raum - wie eine Art Vorhalle. Der Durchgang vom linken Arm in diesen Teil des rechten Tunnels ist 2,20 m breit und weniger als 80 cm hoch. Der rechte Tunnelarm hat vom Steinwall gemessen eine Länge von 43,40 m. Seine Höhe variiert zwischen 90 cm im vorderen und mittleren Teil und verringert sich auf 50 bzw. 35 cm im hinteren Teil und endet bei 25 cm Bodenhöhe am Ende des Höhlenarms. Die Breite des Tunnels schwankt zwischen 4,80 und 3,20 m. Die ersten 25 m dieses Arms können in der Hocke bzw. kniend erforscht werden, die letzten 18 m bedingen ein flach am Boden gleitendes Robben. Die letzten 7 m bilden einen, sich durch seitliche Nischen weiternden Raum - allerdings unterbrochen durch Blöcke, die nahtlos in Boden und Decke übergehen. Der rechte Arm hat eine Steigung zwischen 3% und 5 %. Beim fünften Bereich der Höhle handelt es sich um eine vor unseren Forschungen unentdeckt gebliebene "Höhle in der Höhle" - ein verborgener Kern dieses Höhlensystems. Diese "Höhle in der Höhle" liegt zwischen den beiden Eingangsröhren unmittelbar vor dem Durchgang, der beide Röhren miteinander verbindet. Den Zugang zu dieser kleinen verborgenen Kammer ermöglicht ein 30 bis 40 cm flacher Spalt am Ende der rechten Zugangsröhre, unmittelbar vor dem Steinwall. Diese "Höhle in der Höhle", der wir den Arbeitstitel "Uterus" gaben, ist im Inneren hoch genug, dass man gebückt stehen kann. Diese Lavablase steigt spiralförmig gegen den Uhrzeigersinn an und endet in einer kleinen Nische, die über der rechten flachen Zugangsröhre liegt. Die Gesamtlänge der linken Lavaröhre beträgt vom Eingang bis zum Ende 32,50 m. Bei günstigen Bedingungen kann bis ca. 24 m ein Schimmer von Tageslicht wahrgenommen werden. Die Gesamtlänge der rechten Röhre beträgt 51,60 m. Hier war der Lichtschimmer ebenfalls bis ca. 26 m wahrnehmbar. Beide Röhrensysteme weisen die typischen Merkmale eines Lavatunnels auf. Die Oberflächen der Böden, Wände und Decken dokumentieren die Fließrichtung der Lava. Insbesondere Bodenrillen weisen auf diesen Prozess hin. Im gesamten Höhlensystem gibt es kein Geröll oder loses Material. In beiden 336 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Röhren sind die Böden und Decken mit 2 bis 3 cm langen, nagelartigen Lavaspitzen gespickt- kleinen, extrem harten Lava-Stalagmiten und -Stalaktiten. Lediglich der vordere Bereich, der Haupt-Zugang und die ersten Meter der beiden Röhren sind frei von solchen erkalteten Lavatropfen. 2.4 Zwei Namen, ein Ort Bereits unmittelbar nach ihrer Entdeckung wird diese Höhle unter zwei Namen geführt: "Cueva del Agua" und "Cueva del Letime". Beide Begrife beziehen sich auf außergewöhnliche Eigenschaften dieser archäologischen Fundstätte. Sie geben vermutlich auch Hinweise auf die besondere Bedeutung dieser Höhle für die altkanarischen Bewohner El Hierros. »Cueva del Agua« Der Name »Cueva del Agua«, d.h. "Höhle des Wassers", würdigt das Vorkommen dieses auf El Hierro recht spärlich verfügbaren, lebenswichtigen Elementes. Abgesehen von den direkt am Meer liegenden Höhlen und Lavaröhren sind die Höhlen El Hierros mit wenigen Ausnahmen ganzjährig trocken. Das in dieser Höhle in vier Steinschalen aufgefangene Tropfwasser ist eine außergewöhnliche und deshalb bemerkenswerte Erscheinung. Der Name "Cueva del Agua" verleiht diesem Ort das richtige Prädikat seiner nur ihm eigenen Einmaligkeit. "Cueva del Agua" ist sicher der jüngere aber heute am meisten verbreitete Name. Da er dem nur dieser Höhle eigenen Spezifikum entspricht, werden wir ebenfalls diesen Namen bevorzugt verwenden. »Cueva del Letime« Der Name »Cueva del Letime«, "Höhle von Letime", bezieht sich auf ihre besondere Lage im Bereich der Letime von Las Playas. Er kennzeichnet ihre Zugehörigkeit zu einem ganz bestimmten Gebiet, ihre lokale Einbindung in eine besondere Landschaft. Heute kennen und verwenden nur noch ältere Herrefios das prähispanische Wort »letime« für eine exakt bestimmte, landschaftliche Situation. Letime ist der oberste Bereich einer Felswand, eines Steilabfalls, eines Abgrundes oder eines Tal-Kessels. Letime ist damit der Rand, der Saum, die Kante, der obere Abschluss einschließlich der unmittelbar dahinter, daneben und darunter liegenden Partie. Die Fels- oder Hangformationen unter Letime münden nicht direkt ins Meer. Letime bedingt stets eine landschaftsbeherrschende Lage mit schönen Panoramen. Mit dem Begriff bzw. Namen Letime wird nicht ein Ort, sondern ganz bestimmte, dominante Lagen mit einer übereinstimmenden 337 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Qualität und einer genau definierten Struktur bezeichnet - hoch gelegen, mit weitem Blick über das Land und das Meer. Letime ist, wie Etime und Time, ein altkanarisches Wort, eine Bezeichnung für eine ganz bestimmte topographische Lage am oberen Abschluss von Felswänden oder Steilhängen. Wölfel (1965:374/597) erkennt im Wortteil »time«, auf La Palma noch heute gebräuchlich für Fels bzw. Felsvorsprung, eine einwandfreie Parallele zum berberischen "timmi/timmiwin = front de montagne". Die meisten Sprachforscher, die sich dem Altkanarischen widmen, bezeugen die Form »letime« insbesondere oder nur für El Hierro. Maximiano Trapero (1999: 136/237) vermutet in den toponymischen Begriffen Letime, Time, Etime unabhängige Formen oder Varianten, die von einem einzigen Guanchen Etymon abstammen. Der prähispanische Ursprung scheint für ihn unanzweifelbar; zum einen wegen seines vollständigen Fehlens im Spanischen und zum andern wegen seines beharrlichen Fortbestehens auf dem Kanarischen Archipel mit nahezu übereinstimmenden Bedeutungen. Der Begrif»letime« als Toponym scheint sich nur aufEl Hierro erhalten zu haben. Hier gibt es mehrere vergleichbare Stellen, die mit Letime bezeichnet oder ausgezeichnet werden: La Peia, Jinama und Bascos über El Golfo oder auch die dafür prädestinierte Lage um die Cueva del Agua an der Cumbre über Las Playas. Die anschaulichste Beschreibung, was sich in und hinter dem altkanarischen » letime« verbirgt, gibt der herrenische Schriftsteller und Chronist Jose Padr6n Machin (1989) in seinem Aufsatz "El Simbolismo de los Letimes" vom September 1959. Hier wird der einmalige und dominante Charakter ofenbar, der einen Ort bzw. eine Lage dazu prädestiniert, den Titel »letime« führen zu dürfen. Die besonderen Eigenschaften, den Geist von Letime beschreibt uns Jose Padr6n Machin so eindrücklich, dass hier einige Zitate wiedergegeben werden: " ... Letime quiere decir borde cuando este lo es de elevados acantilados . ... Letime, en cambio, solo se refiere a la orilla abismal desde la cual pueden contemplarse bellos panoramas en hondura y extensi6n y lo mismo de la tierra que del mar. ... Hay varios letimes en la isla: Imponentes acantilados que se tiiien de purpurn aquellos que dan frente al sol cuando sale y se pone . ... Si los letimes no ofrecen esos aspectos de grandiosidad y belleza, se les llama bordes . ... Letime es un lugar cimero, fantastico y sugeridor de bellas perspectivas . ... El otro gran letime es el de Las Playas, mas pequeio que el del Golfo, pero mas original. No tan bonito y majestuoso el panorama que ofrece pero si mas sorprendente, violento e intemperante. Su principal originalidad esta en 338 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 ofrecerse como un semicirculo perfecto . ... V isto el panorama desde el mirador de la Gorona, su conjunto se aparece en forma de un gran remanso de paz - y de olvido - en cuyos acantilados, por las mafianas, reverbera el sol naciente, y por las tardes, en caprichoso contraste, se sumerge en sombras, precursoras de noches muy hondas, de misteriosos silencios ... " [1]. Diese Ausführungen von Padr6n Machin beschreiben seine Liebe und Zuneigung zur Letime über Las Playas. Es liegt die Vermutung nahe, dass Letime über Las Playas den älteren Herrefios, d.h. bis zu den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, als ein Ort besonderer Wertschätzung und Bedeutung galt. Es ist anzunehmen, dass die Cueva del Letime den Herrefios, d.h. insbesondere den im unmittelbaren Umfeld lebenden Bewohnern von Isora, Asofa, Las Casas und Taibique, durchaus bekannt war. Dies unterstreicht auch die spontane Namensgebung »Cueva del Letime«, die wahrscheinlich aus dem Umfeld der Entdecker bzw. der mit diesem Gebiet vertrauten Hirten und Campesinos stammt. Damit wäre mit der "Entdeckung" 1981 dieser archäologische Fundort lediglich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und zugänglich geworden. Beachtung verdienen auch die Hinweise von Padr6n Machin auf ein Naturschauspiel zur Zeit der aufgehenden Sonne mit den Felsen von Letime, die der Sonne gegenüber stehen und von ihr beim Sonnenaufgang rot eingefärbt werden. Ein Phänomen, das der Autor in einem Aufsatz (Steiner, 2001) beschreibt und mit Fotos dokumentiert. Der Name "Cueva del Letime" ist eine Auszeichnung, welche die außergewöhnlich bevorzugte Lage dieser Höhle würdigt. 2.5 Chronik der Entdeckung Die ofizielle Entdeckung, d.h. die Bekanntmachung und Vorstellung der Cueva del Letime gegenüber einer breiteren Öfentlichkeit erfolgte Ende 1980. Dadurch erfuhr auch die archäologische Fachwelt von dieser weiteren bedeutenden Felsbildstätte auf El Hierro. Aufgrund ihrer Lage und den Zugangsmöglichkeiten kann vermutet werden, dass diese Höhle durchgängig all denen bekannt war, die hier Ziegen und Schafe hüten, jagen oder Land- bzw. Forstwirtschaft betreiben. Einen Hinweis auf die Cueva del Agua mit ihren Inschriften und Gravuren erhielten im Herbst 1980 Lehrer des Instituto Nacional de Bachillerato in Valverde von ihrer aus der Gemeinde Isora stammenden Schülerin Maribel Cabrera Acosta. Pedro Diaz Perez, Javier Hemandez Bautista und Juan Antonio Martinez Jaen, Mitglieder der Comisi6n de Cultura dieser Schule, erstellten in Zusammenarbeit mit Roberto Hemandez Bautista eine erste Fotodokumentation sowie Abzeichnungen (Balbin Behrmann & Tejera Gaspar, 1983). 339 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Nach einer ersten Besichtigung der Fundstätte mit Javier Hernandez Bautista und Margarita Avila Padr6n, der Kulturbeauftragten El Hierros, fertigten Rodrigo de Balbin Behrmann und Antonio Tejera Gaspar im Januar 1981 eine exzellente zeichnerische und fotografische Dokumentation der Felszeichnungen an. Ausgewertet wurde dieses Material im Departemento de Arqueologia y Prehistoria der Universität von La Laguna (Balbin Behrmann & Tejera Gaspar, 1983). Im Juni 1981 besichtigten Teilnehmer einer IC-Exkursion unter Führung von Herbert Nowak und dem mit dieser Fundstelle bereits vertrauten Javier Hernandez Bautista die Inschriften und Gravuren der Cueva del Agua. 2.6 Publikationen Am Dienstag, dem 23. Dezember 1980 erschien in der Tageszeitung "La Provincia" in Las Palmas, Gran Canaria, der erste Bericht über die Cueva del Letime. Damit wurde sie zum ersten Mal einer größeren Öfentlichkeit vorgestellt. Am 10. April 1981 folgte ein weiterer Artikel mit einer Abbildung verschiedener Gravuren in der Tageszeitung "El Dia" in Santa Cruz de Tenerife. Diese Berichte basierten auf Aufzeichnungen der Erstdokumentation von Pedro Diaz Perez, Javier Hernandez Bautista und Juan Antonio Martinez Jaen sowie Roberto Hernandez Bautista. Die IC-Nachrichten Nr. 36 berichteten im Frühjahr 1981 von dieser archäologischen Neuentdeckung auf El Hierro und zeigten eine Skizze der Gravuren aus "El Dia". Erst im Jahre 1983 erschienen dann zwei wissenschaftliche Fachaufsätze. Roberto Hernandez Bautista und Renata Springer stellten die Felsbilder der Cueva del Letime im IC-Jahresband ALMOGAREN XI-XII umfassend vor und veröfentlichten erstmals eine sehr gute Zeichnung der libysch-berberischen Inschriften des Eingangspaneels (Hernandez Bautista & Springer, 1983). Im gleichen Jahr erschien die Arbeit von Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983) in ZEPHYRUS XXXVI der Universität Salamanca. Ein Verdienst dieser Autoren sind die sehr guten, detailgenauen Abzeichnungen der gesamten Inschriften und Zeichen auf sechs Tafeln sowie die dazu jeweils umfassenden Beschreibungen und Erläuterungen und die Deutung einzelner libyschberberischer Zeichen durch Alvarez Delgado. Carlos Quintero Reboso (1997) widmete der Entdeckung der Cueva del Letime in seinem Buch über El Hierro ein eigenes Kapitel; inhaltlich lehnt er sich an die Arbeit von Hemandez Bautista an. 340 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Werner Pichler stellte 1999 in ALMOGAREN X die libysch-berberischen Inschriften am Eingang der Cueva del Agua vor und versuchte eine Transkription bzw. Transliteration. Grundlage boten detailgenaue fotografische Aufnahmen des Schriftpaneels vom Autor der vorliegenden Arbeit. Die Cueva del Letime bzw. Cueva del Agua wurde inzwischen in zahlreichen Publikationen erwähnt. Diese Veröffentlichungen bezogen ihre Informationen in aller Regel aus einem der vorgenannten Berichte. 3. Die Charakteristika der "Cueva del Agua" Alle bedeutenden Felsbildstätten auf El Hierro haben eines gemeinsam: Sie sind nicht für sich allein und damit um ihrer selbst willen entstanden, sondern eingebunden in eine komplexere Wohn- und/oder Kult-Stätte. Ihre Inhalte oder Aussagen scheinen in diesem Kontext ihre Bedeutung zu finden. Dies gilt zumindest für die Los Letreros in El Julan, für die Los Signos über der Punta de los Saltos und für die Inschriften im Barranco de Tejeleita. Deshalb lag es auf der Hand, dass eine in vielfacher Weise so eindrucksvolle Felsbildstätte wie die Cueva del Agua ebenfalls in einem größeren GesamtKomplex und -Zusammenhang zu vermuten ist. Umso überraschender und unverständlicher waren dann die Aussagen und Erkenntnisse der Archäologen und Wissenschaftler, die diese neue Fundstätte untersucht und dokumentiert hatten. Sie konnten außer den Felsgravuren und drei (?) Wasseraufangschalen keinerlei Spuren oder Hinweise auf menschliche Einwirkungen oder Nutzungen entdecken - weder in der Höhle noch in ihrem Umfeld. So vermissen Hernandez Bautista und Springer (1983:21) in dieser Höhle Materialien für eine Radiokarbonmessung: "No han aparecido en la cueva materiales perceptibles de medici6n radiocarb6nica ... ". [2] Diese Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Funktion dieser Höhle keine andere sein konnte als die, das kostbare Wasser zu sammeln. Klar verneinen auch Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983:105/111) das Vorhandensein irgendwelcher archäologischer Reste oder prähispanischer Materialien in der Höhle oder Zeugnisse menschlicher Niederlassungen in deren Umgebung: " ... No hemos encontrado alli ningun resto arqueol6gico y en los alrededores no conocemos elementos materiales prehispanicos ... 11 und weiter 11 ••• un lugar que ... ni, por el momento, hemos podido documentar restos de ocupaci6n humana en los alrededores." [3] Unsere über zwei Jahrzehnte betriebenen Erkundungen und Forschungen haben demgegenüber einen reichhaltigen Bestand archäologisch bedeutsamer Funde in der Cueva del Agua und deren Umgebung ergeben, dessen Aufbereitung und Dokumentation mit dieser Publikation beginnt. 341 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 3.1 Die Wasser-Schalensteine In der linken Lavaröhre, 16 bis 20 m vom Eingang entfernt, sind vier monolithische Wasserschalen positioniert, um das von der Höhlendecke abtropfende Sickerwasser aufzufangen und zu bewahren. Die vier(!) Schalen haben auf ihrer Oberseite eine unbearbeitete, natürliche, mehr oder weniger flache Vertiefung, in der sich das Tropfwasser sammelt. Das Wasseraufkommen ist in normalen Zeiten so gering, dass es wahrscheinlich nur zur notdürftigen Versorgung eines oder ganz weniger, genügsamer Menschen ausreicht. Das Wasser ist angenehm kühl, ohne Verschmutzungen, von guter, trinkbarer Qualität. Die Steinschalen haben Kantenlängen zwischen 35 und 85 cm, die partiellen Vertiefungen betragen zwischen 2 und 8 cm. Die Steine wurden in der Höhle jeweils unter den aktivsten Sickerstellen positioniert. Durch haarfeine Risse und Versätze in der Decke der Lavaröhre wird das Sickerwasser vorwiegend auf kurze Lavastalagtiten geleitet und von dort abgetropft. Die in 1080 m Höhe gelegene Höhle liegt unter einem Hügel, der häufig von Wolken des Nordost-Passats überzogen wird, die hier ihre Feuchtigkeit, wie feinen Nieselregen, abstreifen. Dieser Niederschlag sickert durch das Gestein in die Cueva del Agua. 3.2 Der »Schutzwall« Die Cueva del Agua ist nicht Y -förmig, sondern H-förmig: also zwei relativ parallel verlaufende Röhren sind mit einem Durchgang verbunden. In der Höhe dieses Durchgangs wird die vordere, rechte Eingangsröhre von der daran anschließenden rechten Lavaröhre durch einen künstlich gesetzten Steinwall abgeschottet. Von außen, d.h. vom Eingang aus gesehen, sieht dieser Steinwall auf den ersten Blick wie eine natürliche Anhäufung von eingestürzten Gesteinsbrocken aus. In Wirklichkeit wurden diese teilweise beachtlich großen, unbearbeiteten Steine von außen antransportiert und dann zu einem komplett geschlossenen Steinwall aufgeschichtet. Auf den ersten Blick scheint die rechte Eingangshöhle eine in sich geschlossene Höhle mit rückseitig eingestürztem Abschluss zu sein. Dass sich dahinter eine über 40 m lange Fortsetzung verbirgt, ist auf Anhieb nicht erkennbar. Deshalb scheint auch bislang diese rechte Eingangsröhre nicht als Bestandteil der Cueva del Agua erkannt worden zu sein. Der Steinwall schützt also den dahinter liegenden Bereich vor Einblicken und Eindringlingen. Deshalb geben wir dieser Steinsetzung die funktionsbeschreibende Bezeichnung "Schutzwall". 342 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Der aus verhältnismäßig großen Steinen gesetzte Schutzwall hat eine Breite von 2,60 m, eine Mächtigkeit bzw. Stärke von mehr als einem Meter und eine maximale Höhe von 70 cm. In jüngster Zeit scheinen einige Steine mutwillig eingerissen worden zu sein. 3.3 Der "geheime Kern", der »Uterus« Erst zum Abschluss unserer Feldforschung im Juni 1993 stand die Vermessung und Erkundung der augenscheinlich unergiebigen, rechten Eingangsröhre auf dem Plan. Dieser sehr flache, am Ende nur 40 bzw. 50 cm hohe Teil ist im Gegensatz zum röhrenförmigen Haupteingangsteil unregelmäßig strukturiert und entsprechend mühsam zu erkunden. Aber gerade dieser unattraktive Höhlenteil ist der Schlüssel zu einer der bemerkenswertesten Eigenarten der Cueva del Agua: zu einer Höhle in der Höhle. Dieser, vor unseren Forschungen nicht bekannte, "geheime Kern" hat einen spaltenartigen, flachen Durchschlupf von ca. 40 cm, unter einem eingeklemmten Bruchstein. Er ist von außen nicht sichtbar. Sein Zugang liegt direkt vor dem Schutzwall auf der linken Seite. Die durch eine Lavablase gebildete Höhle liegt zwischen den beiden Eingangsröhren, direkt vor dem Durchbruch, der beide Röhren kurz vereint. Die Höhle ist von keiner Seite einsehbar. Dagegen kann man aus dieser Innenhöhle durch feine Setzrisse nahezu alle vorderen Höhlenbereiche kontrollieren. Diese verborgene Innenhöhle steigt gegen den Uhrzeigersinn spiralförmig an, so dass ihr oberes Ende fast über dem Durchschlupf liegt. Im Eingangsbereich beträgt die Höhe 1,30 m, abfallend bis zur oberen Spitze auf ca. 50 cm. Diese Innenhöhle kann mehrere Menschen aufnehmen und von der Außenwelt und den übrigen Höhlenteilen völlig abschirmen. Betrachten wir die Form der Gesamthöhle als einen Rumpf mit gespreizten Beinen, dann übernimmt die "Höhle in der Höhle" die Lage der Gebärmutter, des "Uterus". Dem "geheimen Kern" kann sowohl eine schützende Zuflucht als auch eine mystisch rituelle Funktion zugedacht werden. 3.4 Fundstücke: Keramik · Holzkohle · Steinwerkzeuge · Lapas Es gibt keine größeren Höhlen oder Abris auf El Hierro, die keine Spuren früherer Nutzer aufweisen, wie Keramik-Scherben, Lapasschalen, o.ä .. Meist sind es kleine und kleinste Bruchstücke, die dennoch durch Material und Verarbeitung Aufschluss über Entstehungszeit, Verwendung und Bezug zum Fundort geben; so auch in der Cueva del Agua. 343 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Nach unseren ersten Begehungen mussten wir feststellen, dass die anfangs noch häufiger vorhandenen Relikte immer mehr verschwanden und statt dessen Zigarettenfilter herumlagen. Dies trift natürlich insbesondere für den einfacher zugänglichen Eingangsbereich bis zu den Wasser-Steinschalen bzw. bis in die geräumigere "Vorhalle" der rechten Lavaröhre zu. Keramik-Scherben, d.h. kleine Bruchstücke von wenigen Zentimetern Größe, konnten in der linken Röhre bis an deren Ende registriert werden und im rechten Lavatunnel bis ca. 26 m vom Eingang entfernt. Bis zu diesen Punkten ist es nach langer Gewöhnung möglich, noch einen Schimmer des Tageslichtes zu nutzen. Über diese Grenze des natürlichen Lichtes hinaus waren keinerlei Spuren zu entdecken - allerdings war es hier auch nicht mehr möglich kniend oder gebückt voran zu kommen, sondern nur noch flach robbend. Die Keramik, soweit wir sie registrieren und dokumentieren konnten, scheint aus unterschiedlichen Materialien hergestellt zu sein. Es gibt genauso körnige Strukturen wie auch absolut homogene, sehr feste und daneben recht poröse. Mit wenigen Ausnahmen entsprechen die Fundstücke dem für EI Hierro spezifischen, altkanarischen Typ: ohne Verzierungen, mit eher groben Formen und vorwiegend dunklen, rotbraunen oder schwarzgrauen Farben. Die Oberflächen sind teils sorgfältig geglättet, teils unbehandelt grob. Die Wandstärken sind zwischen 7 und 11 mm dick - mit einer Ausnahme, einer sehr harten, nur 3 mm starken, schwarzen Scherbe. Nur drei kleinere, sehr helle, beige Bruchstücke (wahrscheinlich ein und desselben Gefäßes) weisen rillenähnliche Spuren auf, die auf eine Entstehung auf einer Töpferscheibe hinweisen. Außer wenigen Keramikstückchen in der linken Lavaröhre sind alle Fundstücke im rechten Arm und dabei vor allem in dessen vorderem Bereich, unmittelbar hinter dem Schutzwall, registriert worden. Hier lagen auf einem wohl vom Wind hereingetragenen, pudrigen Staubbelag kleine Reste von Holzkohle, einige Knochensplitter, Lapasschalen sowie verschiedene "Stein-Werkzeuge". Bei diesen Steinwerkzeugen handelt es sich um Fundstücke, die nicht aus dem Material der Höhle stammen und durch ihre "handliche" Form und ihre glatten bzw. klingenartigen Kanten für irgendwelche Arbeiten nützlich scheinen. Die Formen und Arbeitsflächen sind natür-lichen Ursprungs und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nachgearbeitet. Größe und Formen lassen verschiedenste Anwendungen vermuten. Die Form eines der Fundstücke, ein Lavastein mit natürlicher Bohrung, kann mit etwas Phantasie als dämonenhafter Schädel gesehen werden. W ir haben auch ihn, als Stein-Idol(?) mit großem Fragezeichen, registriert. Bei Dominik Wölfel (1980:218) stoßen wir auf eine bemerkenswerte Aussage über »Idole«: " ... Gebilden, die man gewöhnlich Idole nennt. Aber es gibt 344 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 auch noch einen anderen Weg zum gleichen Ziel. Manchmal sind natürliche Steinformen schon an sich anthropomorph und werden dann gleich unmittelbar verwendet." 4. Die Felsbilder der "Cueva del Agua" Mit den Felsbildern am Eingang der Cueva del Agua haben ihre Schöpfer "Zeichen gesetzt", deren Wirkung jeden Besucher in ihren Bann ziehen und nachhaltig beeinflussen. Hier eine nur rational zu analysierende und interpretierende Anhäufung von Schriftzeichen und Symbolen zu sehen, würde dieser eindrucksvollen Präsentation nicht gerecht. Diese Stätte muss in ihrer Gesamtheit erkannt und begrifen werden. Dabei spielen die libysch-berberischen Inschriften des Eingangspaneels sowie die zahlreichen Zeichen und Symbole sicher eine tragende, möglicherweise eine zentrale Rolle. So weist die mit der Geschichte El Hierros bestens vertraute Archäologin Maria de la Cruz Jimenez G6mez (1987) darauf hin, dass erst das Inbeziehung setzen der Felsinschriften zu ihrem jeweiligen Umfeld und den archäologischen Komplexen neue Wege zu einer Interpretation ihrer Funktion in der Gesellschaft der Ureinwohner El Hierros eröfnet. Jimenez G6mez (1998:297) verweist außerdem auf eine denkbare Rolle von Felsbildern an bzw. in den Höhlen als Ausdruck einer religiösen Bedeutung dieser Stätten (heilige Plätze/ Heiligtümer) und führt dabei explizit die Cueva del Agua an. Schon Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983:112 ) hielten es durchaus für möglich, dass diese Inschriften ein Ausdruck dafür sind, dass dieser Ort in irgendeiner Weise als heilig betrachtet wurde. Hernandez Bautista und Springer (1983) bemerken, dass alle Felsbildstätten im Kontext mit Zeugnissen von Wohn- und Kultstätten der Ureinwohner, der Bimbaches, stehen. Sie gehen davon aus, dass die Entstehungszeit der Felsbilder an der Cueva del Agua eher nach der Zeitenwende zu datieren ist. Bei der Cueva del Agua handelt es sich um die höchstgelegene der bislang entdeckten Felsbildstätten El Hierros. Ihr Umfeld und die abgeschirmte Lage lässt darauf schließen, dass die Zeichen von ortskundigen Bewohnern und nicht von kurzzeitig anwesenden Besuchern stammen. 4.1 Lage Die Felsbilder der Cueva del Agua befinden sich im Eingangsbereich der "Haupt"-Eingangs-Röhre. Diese vordere, linke Lavaröhre weist relativ glatte Oberflächen an ihren Wänden auf Die Inschriften und Zeichen beginnen direkt am Zugang und erstrecken sich auf der linken Wand auf eine Länge von fast 5 m. Die libysch-berberi- 345 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 sehen Schriftzeichen beherrschen das Eingangspaneel auf den ersten 50 bis 60 cm. Daran anschließend sind, von 0,60 bis 4,80 m, zahlreiche Zeichen und Symbole eingraviert. Die Fläche der Gravuren wird durch natürliche Wülste, Kanten oder Abbrüche nach unten begrenzt. Vom Boden bis in eine Höhe von 55 bis 65 cm sind keine Gravuren feststellbar. Auf der gegenüberliegenden rechten Wand sind nur 2 Zeichen oder Zeichenfragmente erkennbar. Das erste liegt vom Eingang aus zwischen 1,10 und 1,40 m entfernt, das zweite zwischen 1,80 und 2,00 m. 4.2 Zeichen-Arten und -Formen Die Zeichen der Cueva del Agua lassen sich in zwei grundsätzlich zu unterscheidende Kategorien einordnen, und zwar in libysch-berberische Schriftzeichen - kreisförmige Zeichen bzw. flächenteilende Netzwerke Bei den libysch-berberischen Schriftzeichen am Eingangspaneel geht Pichler von 2-3 vertikal angeordneten Schriftzeilen aus. Die einzelnen Zeichen sind hier relativ klar erkennbar und bestimmbar. Bei den anschließenden Gravuren kommen vereinzelt ebenfalls Zeichenformen vor, die Ähnlichkeiten mit libysch-berberischen Schriftzeichen aufweisen - das ist denkbar aber eher zweifelhaft. Der Autor sieht die libysch-berberischen Inschriften bewusst auf das Eingangspaneel fixiert. Bei der zweiten Gruppe, den ideografischen und geometrischen Darstel-lungen erkennen wir insbesondere Kreise, Halbkreise, hufeisenförmige Zeichen, miteinander verkettete Kreise Striche, Punkte Quadrate, Rechtecke, einzeln oder miteinander verbunden flächenteilende Netzwerke, schachbrettartige Formen Kreise, Halbkreise und geteilte Kreise (Vulven?) werden häufig mit dem lebensspendenden und lebenserhaltenden Element Wasser in Verbindung gebracht. In Bezug auf die Cueva del Agua würde diese Deutung Bestätigung finden. Auch Nowak und Ortner (1975:22) weisen auf diesen Bezug der Kreise als Symbol für Wasser hin. Wahrscheinlich sind die beiden Zeichengruppen der Cueva del Agua in zeitlicher Abfolge, also nicht gleichzeitig entstanden. Die Ideogramme, die Symbolzeichen, mögen archaischer und damit wahrscheinlich älter als die Schriftzeichen sein. Die libysch-berberischen Inschriften haben mit ihren Zeichen dann die schon bestehende Kultstätte besetzt und gekenn-zeichnet. 346 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 So wie christliche Kultstätten griechische und römische übernommen und sich zu eigen gemacht haben, indem sie zu Beginn der Inbesitznahme erst mal Zeichen ihrer neuen Herrschaft gesetzt haben. Für diese Hypothese spricht auch die nach außen gerichtete Botschaft der libysch-berberischen Inschriften, während die anderen Zeichen im intimeren Innenbereich nur für die Eingeweihten Bedeutung hatten. 4.3 Deutungsansätze der libysch-berberischen Schriftzeichen Obwohl bei den meisten libysch-berberischen Schriftzeichen Zuordnungen weitgehend möglich sind, ist aufgrund der meist nicht eindeutig erkennbaren Gravuren eine Interpretation der Schriften erschwert. Auch beim Eingangspaneel der Cueva del Agua ist nur eine mit hoher Wahrscheinlichkeit gesicherte Transkription der einzelnen Schriftzeichen möglich. Es gibt dabei klare und eindeutig identifizierbare Zeichenformen und solche, die ineinander übergehen oder durch (natürliche) Absplitterungen verschiedene Auslegungen ermöglichen. In der Arbeit von Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983: 106) werden von Alvarez Delgado einzelne Zeichen, ohne erkennbaren Zusammenhang, bestimmten Konsonanten zugeordnet. Der Wert dieser Transkription besteht lediglich darin, dass die Inschriften der Cueva del Agua als libysch-berberisch identifiziert wurden. Werner Pichler, der sich in zahlreichen Arbeiten mit libysch-berbe-rischen Inschriften auf den Kanaren und in Nordwest-Afrika auseinandersetzt, hat in ALMOGAREN XXX (1999:221-227) einen "Versuch einer epigrafischen und linguistischen Analyse" unternommen. Er versucht in mehreren Varianten alle denkbaren Abläufe der vertikalen Schriftzeilen durchzuspielen und zu transkribieren. Er ermittelt aus heutigem Kenntnisstand drei denkbare Varianten - ohne jedoch zu einem schlüssigen Ergebnis zu kommen. Pichlers Resümee mündet in der Erkenntnis: "Die hypothetische Annahme, dass es sich inhaltlich zum überwiegenden Teil um Personennamen handelt, hat durch die Untersuchung einen sehr hohen Grad an Wahrscheinlichkeit gewonnen". Beachtenswert scheint mir in diesem Zusammenhang eine von ihm transkribierte Zeile SYNS zu sein, die Sinus heißen und "Bogen, Bucht, Busen, Schoss" bedeuten könnte, eine für die Cueva del Agua durchaus nachvollziehbare Assoziation. Pichler präferiert jedoch auch hier den lateinischen Personennamen Sinus. Grundsätzlich muss bedacht werden, dass überall dort, wo Schriften als einzelne Zeichen oder als Zeilen auftauchen, auch von einem höher entwickelten Kulturniveau ausgegangen werden kann. 347 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 4.4 Technik Die Wände des Haupteingangs mit den Felsbildern weisen eine relativ glatte Oberfläche auf. Diese Oberfläche liegt wie eine dünne Haut auf einem porösen, wabenartigen Geflecht von Stegen, die sich durch kleine Luftblasen über dem kompakten Basaltgestein gebildet haben. Alle Zeichen der Cueva del Agua sind durchweg punziert. Durch punktuelles Stoßen mit einem spitzen, harten Werkzeug wurden kleine Plättchen der glatten Oberfläche abgesplittert - leider nicht immer punktgenau und präzise, sondern eher zufällig, breiter, flächiger, unregelmäßiger als vorgesehen. Dadurch ist die beabsichtigte Zeichenform nicht immer eindeutig identifizierbar. 4.5 Zustand Der Zustand der Punzierungen in der Cueva del Agua ist vergleichbar mit den Zeichen der Los Letreros oder der Los Signos. Er ist auf jeden Fall besser als die Gravuren bzw. Schabungen von La Caleta oder La Candia. Die Punzierungen sind wahrscheinlich heute nicht viel anders als zu ihrer Entstehungszeit. Die Wände mit den Zeichen sind gegen Witterungseinflüsse einigermaßen geschützt. Wind, Wasser, Sonne und anders bedingte Erosionen haben kaum Einfluss. Das gilt fast ohne Einschränkung auch für die libysch- berberischen Inschriften direkt am Eingangspaneel. Die zahlreichen kleinen Abplatzungen an den Zeichen und in deren Umfeld könnten evtl. auch schon beim Entstehungsprozess oder beim Erkalten der Lavaröhre entstanden sein. Vieles davon ist viel zu zufällig, als dass menschliche Absicht Ursache gewesen sein könnte. 4.6 Dominanz der linken Wand Bis auf zwei kleinflächige Zeichen bzw. Zeichenfragmente an der rechten Wand ist eine klare und großflächige Präferenz der linken Eingangswand festzustellen. Der Vorzug dieser Fläche ist so eindeutig, dass man darin mehr sehen könnte, als nur die Nutzung glatter Flächen. Hier sind im Anschluss an das Eingangspaneel mit den libysch-berberischen Inschriften auf einer Länge von über 4 m zahlreiche Kreise und Halbkreise, Quadrate und Rechtecke, Netzwerke u.a. mehr eingraviert. Die Inschriften am Eingang mögen Namen, Fürbitten oder Bannformeln sein, die diesen besonderen Ort gegen böse Geister und dämonische Mächte abschirmen und vor ihnen bewahren sollen. Dies erinnert an den noch heute praktizierten Brauch, Jahr für Jahr am 6. Januar die Türbalken im europäischen Alpenraum mit den Initialien »C+M+B« zu zeichnen (Christus mansionem benedicat: Christus segne dieses Haus), eine Fürbitte und Beschwörungsformel zugleich. 348 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Ähnliche Situationen mit Inschriften an den Zugängen zu Höhlen, sozusagen an den Portalen, kennen wir von La Candia und Tejeleita. Bei beiden Höhlen sind die Inschriften über dem Eingang angebracht. Vielleicht sind diese Inschriften auch eine Begrüßungsformel an die zur Zeit der Sommersonnenwende genau gegenüber, hinter dem Teide, aufgehende Sonne (Steiner 2001). Werner Pichler (2001: 52) berichtet von Höhlen im österreichischen Salzkammergut, die nach Osten ausgerichtet, ebenfalls am Eingang mit Rauten und Näpfchen, Symbolen der Fruchtbarkeit, gekennzeichnet waren und zur Sommersonnenwende die aufgehende Sonne begrüßten. 4. 7 Parallelen zu anderen Felsbildstätten Die in der Cueva del Agua vorherrschenden Kreise, Halbkreise und geteilten Kreise, Punkte und Striche, Quadrate und Rechtecke gehören zu den ursprünglichsten Zeichen und Symbolen und sind auch auf El Hierro an den meisten Felsbildstätten vertreten. Bei den libysch-berberischen Schriftzeichen kann eine Übereinstimmung einzelner Zeichen mit jenen der Fundstätten Los Letreros in El Julan, Los Signos bei La Restinga, La Caleta, La Candia und Tejeleita festgestellt werden. Eine übereinstimmende Kombination mehrerer Zeichen konnte der Autor jedoch bei keiner der bislang bekannten Fundstellen libysch-berberischer Schriftzeichen auf El Hierro erkennen. 5. Höhlen-Heiligtum oder Zufluchtsort Die Ergebnisse unserer zahlreichen Erkundungen, die Summe aller Entdeckungen und Erkenntnisse lassen Schlüsse auf die Bedeutung und Funktion der Cueva del Agua zu, die mehr sind als reine Spekulationen. Sie stellen Annäherungen an denkbare Nutzungsformen dieser altkanarischen Stätte dar. Bei den folgenden Ausführungen werden verschiedene Hypothesen mit den bislang ermittelten Materialien und Erkenntnissen abgeglichen und daraus Rückschlüsse auf denkbare Thesen zur Funktion und Bedeutung der Cueva del Agua gezogen. Diese Thesen sollen lediglich Ansätze zu weiteren Recherchen und Untersuchungen bieten. Sie sollen in jedem Fall jedoch eine Anregung und Aufforderung zu einer Gesamtbetrachtung aller Phänomene der Cueva del Agua sein. 5.1 Höhlen und ihre Bedeutung Die Höhlen und auch die selteneren Abris auf El Hierro sind vorwiegend vulkanischen Ursprungs. Nur wenige sind durch Auswaschungen entstanden - am Meer oder in Barrancos, die früher stark Wasser führten. 349 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Höhlen und vor allem Abris waren der erste natürliche Schutzraum für Mensch und Tier. Bei Höhlen muss dabei in erster Linie die Schutzfunktion vor allem anderen in Betracht gezogen werden. Schon 0. Fraas (1873:3) glaubt nicht an Höhlen als "normalen" Aufenthaltsort und begründet dies: "In dem innersten Wesen des Menschen liegt der Drang nach Freiheit, Luft und Licht und nur vorübergehend wird sich derselbe auf der Flucht vor der Ungunst der Witterung oder vor wilden Bestien in das nächtliche Dunkel der Erde verkriechen." Den Nutzen oder die Bedeutung der Höhlen für die Menschen können wir anhand folgender Kriterien ermessen: - praktische Funktionen - kultische Funktionen - mythologische Bedeutungen Zur Kategorie der Höhlen mit eindeutig "praktischen Funktionen" zählen die - Wohn-Höhlen und Bestattungs-Höhlen - Vorrats- und Lager-Höhlen sowie Stallungen. Für die Cueva del Agua können diese praktischen Nutzungsformen alle ausgeschlossen werden, da die räumlichen Strukturen dafür völlig ungeeignet sind. Es ist dem Autor unverständlich, weshalb in einem mehrbändigen, repräsentativen Werk zur Geschichte und Archäologie der Kanarischen Inseln gerade die Cueva delAgua beispielhaft für die Wohnhöhlen bzw. Höhlenwohnungen erwähnt wird (Jimenez G6mez, 1998). Zur Kategorie der Höhlen mit "kultischen Funktionen" zählen die - Kult-Höhlen (Höhlen-Heiligtümer, Tempel, Krypten) - Ritual-Höhlen (Initiationsräume, Jungfrauen-"Internate") - Palast-Höhlen (religiöser Oberhäupter) In dieser Kategorie bietet die Cueva del Agua überzeugende Vorteile als Ritual-Stätte und als Höhlen-Heiligtum. Zur Kategorie der Höhlen mit "mythologischer Bedeutung" kann die Cueva del Agua in jeder Weise gerechnet werden. Dafür sprechen ihre außergewöhnliche Lage, ihre Gestaltform mit dem "geheimen" Kern, ihr lebensspendendes Wasser und die archaischen Gravuren. Nach Braem (1994:25/179) wäre die Cueva del Agua geradezu die mythologische Inkarnation des Urmutter-Prinzips: "Die gute Kraft wurde (von den Guanchen) in einer Urmutter mit deutlichem Bezug zu Höhlen und Quellen ... verehrt." Nach Braem waren die Höhlen für die Vormenschen unheimliche Orte - kalt, glitschig und dunkel - und führten "tief ins Innere der Erde hinein ... in den Bauch der allmächtigen Urmutter Erde ... Der »Bauch der Erde« war Ursprung des Lebens und zugleich 350 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 das Reich der Toten, die Unterwelt, in der sich die Geister der Verstorbenen aufhielten". Die Cueva del Agua scheint prädestiniert für einen Mythos um Wasser und Leben, einen Fruchtbarkeitskult mit Initiationsriten. Die Höhle, und so idealerweise auch die Cueva del Agua, wird zum Sinnbild der Pforte zur Urmutter, zur Erdmutter, zum Gefäß, zum Schoß, zur Gebärmutter, zu Fruchtbarkeit und Leben, zu Geburt und Tod in einem. 5.2 Wasser - profane und mythologische Bezüge Wasser war sicher seit der frühesten Besiedlung El Hierros eines der kostbarsten und seltensten Güter. Mit diesem lebensspendenden und lebenserhaltenden Gut wurde sorgsam umgegangen; es stand im Mittelpunkt des Denkens und Handelns und damit sicher auch der Verehrung und der Rituale. Noch bis in die 6 0er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts wurde der Umgang mit Wasser in großer Verantwortung und angemessener Genügsamkeit praktiziert. Und seit 400 Jahren, seit 1614, wird in fast durchgängiger Folge alle vier Jahre die Bajada de la Virgen de los Reyes, als Bittprozession um Regen, in Marathon-Distanz zwischen der Dehesa und Valverde zelebriert. Musik, Tänze und Rituale dieser Bajada lassen Elemente archaischer Herkunft erkennen und weisen auf eine uralte Tradition eines Regenkultes der Bimbaches hin. Wasser wurde als ein heiliges Geschenk des Himmels verehrt und erfleht. Wenn auch unterschiedliche Klimaphasen trockenere und feuchtere Perioden brachten, so scheinen die Kanaren seit Menschengedenken, d.h. seit ihrer frühesten Besiedlung, ein sehr ausgeglichenes, eher gemäßigtes und damit auch weniger feuchtes Klima gehabt zu haben. So zitiert Biedermann (1983: 12 ) Plutarch: "Regen fällt dort (auf den Kanarischen Inseln) selten und wenn er fällt, dann mit Maß." Dies gilt im europäischen Vergleich nach wie vor. Allerdings ist seit 1970 ein steter Rückgang der ohnehin geringen Niederschläge zu registrieren - von vereinzelten Unwettern abgesehen. Wasser wurde als ein besonderes, kostbares Gut behandelt. In dieser Wertschätzung wird auch das Tropfwasser der Cueva del Agua zu beurteilen sein - als Zeichen eines göttlichen Geschenkes. Fraglich ist allerdings eine ausreichende, regelmäßige und dauerhafte Nutzung dieser spärlichen Ressource. Selbst in sehr "feuchten" Jahren konnte der Autor in den vier Wasserauffangschalen ein Vorkommen registrieren, das für nur wenige sehr genügsame, fast asketisch zurückhaltende Menschen ausreichen würde. Schlußfolgerungen von Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983:111) sowie von Hemandez Bautista und Springer (1983:21), dass die Funktion der Cueva del Agua keine andere sein konnte als die, das kostbare 351 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Wasser zu sammeln, kann der Autor nicht teilen. Dazu ist die Menge und die Verfügbarkeit zu gering. In einem von uns in unmittelbarer Nähe entdeckten Charco ist ein gesicherteres Wasseraufkommen denkbar. Außerdem sind schon die in frühen Berichten erwähnten Quellen, die Fuente de Asofa und die Fuente del Apio, im Einzugsgebiet der Cueva del Agua. Und einige Kilometer Distanz waren für die Bimbaches sicher alltägliche Normalität. Das Wasser der Cueva delAgua stillte sicher nicht den Alltagsdurst der Bewohner von Letime. Wo die profane Bedeutung eines Elementes einen so überragenden und wertebestimmenden Status einnimmt, ist sicher auch seine kultische, religiöse und mythologische Bedeutung hochrangig und durch eine entsprechende Verehrung gekennzeichnet. Die Orte, an denen dieses Element "zu Tage tritt", sind meist auch Orte besonderer Verehrung, heilige Stätten. So ist es durchaus vorstellbar, dass das wenige Wasser, das sich in der Cueva del Agua sammelt, als "heiliges" Wasser vom "heiligen" Ort, aus dem Schoß von Mutter Erde ausschließlich zu Libationsritualen oder Initiationsriten diente - wie Weihwasser geehrt, allem Profanen verwehrt. Immer wieder wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass Felsbildstätten aufEl Hierro vorwiegend in der Nähe von Wasser zu finden sind. Die Kausalität ist jedoch eher die, dass meist in der Nähe von Wasser menschliche Siedlungen und Kultstätten liegen und dort wo Menschen leben, auch am ehesten Felszeichen vorkommen. 5.3 Lebenselexire Wasser und Sonne Das Zusammenspiel der beiden lebenswichtigen und daher von den Ureinwohnern, den Bimbaches, verehrten Elemente Wasser und Sonne verleihen der Cueva del Agua möglicherweise den Status eines besonderen Ortes, einer zu ehrenden, heiligen Stätte. Die völlige Abhängigkeit von Wasser, Licht und Wärme bestimmen sicher nachhaltig die Entwicklung und Ausprägung von Ritualen und Kulten. Ob sich dies zu zentralen Funktionen, d.h. tragenden Rollen dieser Elemente, einzeln oder gemeinsam, entwickelte, ist auf El Hierro nicht überliefert. Es gibt wohl immer wieder Hinweise auf einen möglichen Sonnenkult der Altkanarier. Dasselbe gilt auch für mögliche Wasserkulte - so wie diese zum Beispiel bei La Zarza und La Zarzita auf La Palma vermutet werden könnten. 5.4 Höhlen-Heiligtum Höhlen galten in allen Kulturkreisen als Schwelle zwischen Tag und Nacht, Wärme und Kälte, Himmel und H ölle, Leben und Tod, Diesseits und Jenseits, Ober- und Unterwelt. Höhlen sind Symbol und Raumerfahrung zugleich: für 352 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 den Bauch, den Leib der Ur- oder Erdmutter, für die "Gebär"-Mutter, aus der alles Sein und Werden hervorgeht. Zugleich sind Höhlen ein Symbol für den Ort, an dem alles Leben endet und wieder zurückkehrt in den Schoß der Erde, in die Unterwelt, in die Finsternis oder in die Verdammnis der Hölle. Höhlen, deren Lage und Form diesen Vorstellungen besonders bildhafte Entsprechungen verleihen oder die über außergewöhnliche Eigenschaften wie Lichterscheinungen, Quellen und Wasserläufe oder Ton- und Hallefekte verfügen, wurden früh als Kultstätten genutzt und als Höhlen-Heiligtümer besetzt. Die Cueva del Agua vereint eine Reihe dieser Merkmale, die sie zu einem altkanarischen Höhlen-Heiligtum prädestinieren: ihre Lage nahe der höchsten Erhebung der Cumbre von Las Playas in 1080 m Höhe über dem Meer ihre nach Osten, der aufgehenden Sonne zugewandte "Pforte" mit den Schriftzeilen und Gravuren ihre "Gabe" mit lebenserhaltendem, frischem, klarem Wasser ihre Gestaltform, die eine Entsprechung im weiblichen Körper findet ihre verborgene Innenhöhle, den nicht einsehbaren inneren Kern. Aus jeder einzelnen dieser Eigenschaften könnte auf eine gewisse Bedeutung dieses Ortes geschlossen werden. Zusammen betrachtet fordern sie zumindest zu einer nachhaltigen Prüfung heraus, ob hier nicht ein altkanarisches Heiligtum vorliegt. Ein erster Ansatz zur Diskussion ist die rein hypothetische Frage, ob die Cueva del Agua als Initiationsort für junge Mädchen auf der Schwelle zur Geschlechtsreife, zur Frau-Werdung, gedient haben könnte. Obwohl die Überlieferungen keine konkreten Hinweise bieten, gab es möglicherweise auch hier auf El Hierro einen Brauch, ein Initiationsritual, vergleichbar dem der Harimaguadas auf den benachbarten Inseln Tenerife und Gran Canaria. Ein nahezu weltweit übereinstimmendes Kennzeichen der bekannten Initiationsriten ist bzw. war die völlige Absonderung der Initianten von der Gesellschaft über einen genau festgelegten Zeitraum hinweg. Dieser rituelle Übergang in ein neues Lebensstadium diente der Unterweisung und Vorbereitung auf die Gemeinschaft der Erwachsenen - sexuell, kultisch-religiös sowie gesellschaftlich und wirtschaftlich. In aller Regel besteht dieser Prozess aus drei Phasen: das Verlassen (Sterben) der Kinderwelt, der Übergang in einer von allem Äußeren abgeschirmten Gemeinschaft zur Findung der eigenen Persönlichkeit und letztlich die Rückkehr (Wiedergeburt) und der Eintritt in die Gemeinschaft der Erwachsenen. Bevorzugte Orte für derartige Initiationsrituale waren und sind heute noch in vielen Kulturkreisen abgelegene Höhlen mit ihrem mystischen Ambiente. 353 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 So finden wir auch in frühen Quellen zur Geschichte der Kanarischen Inseln Hinweise auflnitiationsriten und die Rolle der Harimaguadas in der Gemeinschaft der Altkanarier, die Parallelen zur Cueva del Agua anbieten und damit die Hypothese des Autors stützen könnten. Hans-Joachim Ulbrich (1997:13) zitiert Abreu Galindo: "Bei den hochrangigen und adligen Leuten pflegte man die jungen Mädchen, sobald sie heiraten wollten, dreißig Tage lang abgesondert zu halten und sie mit Milchgetränken, Gofio und anderen Speisen zu füttern, damit sie fetter würden. Das gleiche wiederfuhr den übrigen Jungfrauen". Diese Mästung sieht Ulbrich als Teil des Initiationsrituals. Weiter zitiert er aus der Cr6nica Ovetense: " ... Auch unterhielten diese Gebietskönige Häuser (und Höhlen), in denen Jungfrauen, die Maguadas genannt wurden, abgeschirmt lebten ... " (1997:24). Wölfel (1940:110) beruft sich zum selben Thema in Anmerkung 58 zu Torriani auf Pedro Agustin del Castillo y Ruiz de Vergara: »Castillo (49, S. 56) beschreibt uns das Höhlenkloster der Harimaguas, der heiligen Mädchen, ähnlich: "Als ich bei gewisser Gelegenheit im Gebiet von Guia war, fragten mich zwei der Vornehmsten dieses Ortes, ob ich eines der Klöster dieser Alten sehen wollte, das sich auf einer hohen und steilen Stelle über dem Barranco de Valer6n befindet."«. Zwei interessante Hinweise auf diesen Kult der Harimaguadas finden wir in authentischen Reiseberichten bedeutender Kanarenforscher der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. So schreibt Bory de St. Vincent (1804:105): "Die Grotten, von einigen Tempel genannt, wo diese Magades der Gottheit die Bitten des Volks vortrugen, und ihr täglich Libationen von Milch darbrachten, wurden als Zufluchtsörter respektiert die Niemand ungestraft entweihen durfte." Julius Freiherr von Minutoli (1854:87) präzisiert das Leben dieser auserwählten Jungfrauen: "Unter den Eingebornen von Gran Canaria lebten Harimaguadas; Vestalinnen, welche ein beschauliches Leben führten, von den Menschen abgesondert, einsam in abgelegenen Höhlen wohnten und als Prophetinnen galten. Sie waren im Genuss besonderer Privilegien; erhielten von einem gewissen Umkreise ihres Wohnsitzes den Zehnten und zeichneten sich äusserlich dadurch aus, dass sie in weisse Felle gekleidet einhergingen. Ihre Wohnungen dienten den Verfolgten zum Asyl und hiessen Tamagantes." Für all das, was uns in diesen historischen Quellen über das Leben der Harimaguadas oder über Initiationsriten auserwählter zur Heirat bestimmter Jungfrauen überliefert wurde, bietet die Cueva del Agua geradezu ideale Voraussetzungen. Die Cueva del Agua liegt abseits der uns bislang bekannten, altkanarischen Siedlungsgebiete El Hierros. Die durch einen künstlich errichteten Schutzwall nach außen abgeschirmte "Vorhalle" bietet genügend Raum, eine kleine- 354 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 re Gruppe für absehbare Zeit zu beherbergen - in Abgeschiedenheit und nahezu im Dunkeln. Das spärliche Tropfwasseraufkommen der Cueva del Agua könnte wenigen in einen Initiationsritus eingebundenen, enthaltsamen Jungfrauen zum Überleben genügt haben. Der unmittelbar an den Vorraum angrenzende, aber nicht einsehbare innere Kern, der "Uterus", kann dazu benutzt werden, dass von hier eine Stimme aus dem Nichts, eine "Stimme von oben" Unterweisungen erteilt, magische Formeln rezitiert, oder über Geräusche, Gesänge und Musik manipulierte Gefühlszustände erzeugt. Die Macht, die durch diesen verborgenen Ort z.B. auf Initianten ausgeübt werden kann, ist gewaltig. Vorstellbar ist auch, dass dieser Ort einem unsichtbaren Orakel diente, das zu bestimmten Zeiten oder Vorgängen befragt bzw. angerufen wurde. Die Wirkung solcher Aktionen und Einflussnahmen aus dem inneren Kern heraus, kann am besten vor Ort erlebt und nachgefühlt werden. Die Abgeschiedenheit dieses Ortes, abseits der bislang bekannten altkanarischen Siedlungsstätten El Hierros, und auch die Stille in den ausgedehnten Lavaröhren leitet hin zum Meditieren, zum Insichhineinhören - unterstützt vom sich ständig wiederholenden Takt der fallenden Wassertropfen. Dominik Wölfel (1980:451) erkennt in einigen Höhlen mit libysch-berberischen Inschriften Höhlen-Heiligtümer. Nach Harald Braem (1994:44/63) werden Höhlen-Heiligtümer mit Zeichen und Symbolen gekennzeichnet, belegt und gereinigt; als "heilige Orte" manifestiert und imagisiert, und damit für alle in den Geist des Ortes Nichteingeweihten tabuisiert. Für Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983:112) kann die Cueva del Agua durchaus ein heiliger Ort gewesen sein, und Jimenez G6mez (1998:297) schließt sich dieser Überlegung an. Für den Autor ist, aufgrund seiner Untersuchungen, Entdeckungen und Erkenntnisse, die Cueva del Agua mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein altkanarisches Höhlen-Heiligtum. 5.5 Schutzraum oder Zuflucht Dass die Cueva del Agua solange der Öfentlichkeit und wohl auch den meisten Herrefios unbekannt war, ist ein brauchbarer Beweis für ihre abgeschirmte und geschützte Lage in El Letime. Wer diesen Ort nicht kennt, kommt hierher weder bewusst noch zufällig. Er bleibt Außenstehenden, Nichteingeweihten verborgen und ist somit ein idealer Zufluchtsort und Schutzraum. Das direkt vor der Höhle liegende schmale Zugangsband ist gut zu verteidigen, und an der Höhle selbst können Eindringlinge leicht zurückgetrieben 355 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 und bekämpft werden. Die Höhle und vor allem die beiden hinteren Lavaröhren sind kaum einnehmbar und können von wenigen Personen problemlos abgeschirmt werden. Mit dem, wenn auch spärlichen, Tropfwasseraufkommen sind die Schutzsuchenden auch vor dem Verdursten gefeit. Die Vorhalle hinter dem Schutzwall bietet vorübergehend eine durchaus brauchbare Unterkunft. 6. Teil eines altkanarischen Zentrums Unsere Feldforschungen in der Cueva del Agua und insbesondere in deren unmittelbarem Umfeld in El Letime und darüberhinaus in der gesamten Bucht von Las Playas haben ausreichend Beweise dafür geliefert, dass diese Felsbildstätte Teil eines größeren Siedlungsgebietes war. 6.1 Prähispanische Stätten in EI Letime Entgegen der bisherigen Annahmen und Aussagen ist die Cueva del Agua Teil eines altkanarischen Zentrums, vermutlich einer Kultstätte. In ihrem unmittelbaren Umfeld befinden sich eine Reihe kleiner Höhlen und Abris, die entweder als Hirtenunterkünfte oder aber auch als Bestattungshöhlen gedient haben könnten. Zwei größere Wohnhöhlen - eine davon doppelstöckig - mit ausgebauten Vorplätzen, ordentlich gesetzte Wege mit Stufen und Mauerdurchgängen sowie ein sorgfältig gefasster, wahrscheinlich ganzjährig wasserspeichernder Charco untermauern unsere Vermutungen. Eine nachhaltige Unterstützung dieser These liefern der wohl besterhaltene Tagoror des kanarischen Archipels sowie die unmittelbar daran anschließenden Reste eines Steinbaus, den wir wegen seiner ebenfalls hervorragenden, alles beherrschenden Lage mit dem Arbeitstitel "Palacio del Letime" bezeichneten. 6.2 Prähispanisches Zentrum in Las Playas Sucht man aufEl Hierro einen Siedlungsplatz mit allen nur denkbaren Vorteilen, dann wird Las Playas an vorderster Stelle stehen. Diese Bucht ist nach allen Seiten durch hohe Felswände hermetisch abgeschirmt und nur durch wenige gut kontrollierbare Pfade zugänglich. Auch jede Annäherung vom Meer her wird frühzeitig erkannt. Von alters her bekannte Quellen liefern gutes Trinkwasser, und für Ziegen oder Schafe gibt es ganzjährig in verschiedenen Höhen gute Weidegründe. In einem Gebiet mit solchen Vorzügen sind in aller Regel Reste frühester Ansiedlungen zu vermuten. Diese Annahme haben wir nach weitläufigen Erkundungen bestätigt gefunden: In Las Playas konnten wir teilweise gut er- 356 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 haltene Zeugnisse einer altkanarischen Siedlung feststellen, u.a. sehr gut ausgebaute Wohnhöhlen, eine Reihe verschieden großer Steinbauten mit sehr unterschiedlichen Grundrissen sowie ein Tagoror und ein kleiner Conchero. 7. Schlussbemerkungen Während unserer über zwei Jahrzehnte durchgeführten Erkundungen in und um die Cueva del Agua konnten wir auch Erkenntnisse über negative Veränderungen gewinnen, die eine Anregung an alle für den Erhalt des kanarischen Kulturgutes Verantwortlichen sein sollten. 7.1 Veränderungen, Gefährdungen In den vergangenen zwanzig Jahren waren nur geringe Veränderungen festellbar. Die libysch-berberischen Inschriften und die Gravuren sind ohne jede Beschädigung im gleichen Zustand wie bei ihrer Entdeckung. Die vier Wasseraufangschalen stehen unverändert an ihrer ursprünglichen Position. Am Steinverbau des Schutzwalls sind einige Steine aus der obersten Lage herausgerissen. Die bis vor Jahren vereinzelt feststellbaren Oberflächenfunde (Keramikstückchen, Lavasplitter, Holzkohle u.ä.) sind gänzlich verschwunden; statt dessen findet man in den bequem zugänglichen Teilen der Höhle Zigarettenfilter. 7 .2 Schutz der Höhle Da die Cueva del Agua nach unserer Erkenntnis ein für die Geschichte der Kanarischen Inseln bedeutendes Kulturgut ist, sollten alle Anstrengungen unternommen werden, diese Kultstätte der Bimbaches bis ins Detail wissenschaftlich zu untersuchen und zu ergründen. Der Schutz dieser Höhle und der gesamten altkanarischen Anlagen in ihrem unmittelbaren Umfeld ist eine der wichtigsten archäologischen Auf gaben El Hierros. Es gilt für alle Herrefios die Verpflichtung, ihre eigene Geschichte zu bewahren - für sich selbst und für zukünftige Generationen. 357 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 8. Anmerkungen [1] Jose Padr6n Machin "El Simbolismo de los Letimes": " ... Letime bedeutet Kante/Rand, wenn es sich um eine steil abfallende Felsformation handelt. ... Letime bezieht sich nur auf ein steilabfallendes gUferf von wo aus man schöne Panoramen in der Tiefe und in der Weite betrachten kann - gleichermaßen vom Land wie vom Meer. .. Gewaltige, steile Felsen, die der Sonne gegenüber liegen, färben sich bei aufgehender Sonne rot ein ... Wenn die »Letimes« nicht diese Aspekte von Großartigkeit und Schönheit aufweisen, dann nennt man sie »Bordes« ... »Letime« ist ein krönender Ort, ein fantastischer Ort mit schönen Aussichten ... Der andere bedeutende »Letime« ist der von Las Playas, kleiner als der von El Golfo, aber einzigartiger. Das Panorama ist nicht ganz so liebreizend und majestätisch, aber überraschender, gewaltiger und ungezähmter. Seine größte Einzigartigkeit liegt in seiner Form eines perfekten Halbkreises ... Wenn man das Panorama betrachtet, erscheint das Ganze als eine große ruhige Stelle des Friedens - und des Vergessens - in deren Felsen morgens die aufgehende Sonne widerstrahlt und nachmittags - mit bizarren Kontrasten - in Schatten untergeht, als Vorboten der sehr tiefen Nächte, der geheimnisvollen Stille ... " (Deutsche Übersetzung aus dem Spanischen von Nina Kleuker) [2] "Man fand in dieser Höhle keine Materialien für eine Radiokarbonmessung ... " [3] "Wir fanden dort keine archäologischen Reste, und auch in der Umgebung sind uns keine vorspanischen Hinterlassenschaften bekannt..." und weiter " ... einem Ort, in dessen Umgebung wir bislang keine Zeugnisse menschlicher Niederlassungen finden konnten." 358 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 9. Glossar Abri Barranco Schutzraum oder Halbhöhle unter einem Felsüberhang wettergeschützter Siedlungsplatz schluchtartiger Geländeeinschnitt durch Auswaschungen entstanden Bimbaches Ureinwohner von El Hierro Caldera Kessel aufEl Hierro auch: Vulkan-Kessel, -Krater Charco Pfütze, Tümpel, Teich auf El Hierro auch: gefasste Wasser-Sammelstelle Conchero Anhäufungen von Muschelschalen bei Siedlungsplätzen der Ureinwohner Cumbre Höhengrat eines Kraters, Kraterrand, Berggipfel, Berghöhe, Bergkamm, Höhenrücken Herrefios Bezeichnung der heutigen Einwohner El Hierros (weiblich: Herrefias) Initiation Einweihungsritual bei der Geschlechtsreife zur Vorbereitung in die Erwachsenenwelt, oder in ein religiöses Amt Lapas Meeresschnecken Letime mit runden bzw. ovalen, mehr oder weniger gewölbten Schalen, die zahlreich in Concheros vorkommen altkanarischer Begrif für Rand eines Abgrundes, Abbruchkante einer Felswand, Teil einer Cumbre mit besonders eindrucksvollen weiten Panoramen Moneiba weibliche "Gottheit" der Bimbaches Stalagmiten vom Boden aufsteigende Stalaktiten bzw. von der Decke hängende Tropfsteine - im vorliegenden Fall beim Abtropfen erkaltete Lava Tagoror altkanarischer Begrif für einen kreisförmigen Versammlungsplatz 359 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 10. Literatur Balbin Behrmann, Rodrigo de; Tejera Gaspar, Antonio (1983): Los grabados rupestres de la Cueva del Agua. El Hierro, Islas Canarias.- Zephyrus XXXVI, Universidad de Salamanca, Salamanca, 105-112 Bethencourt Alfonso, Juan (1991): Historia del Pueblo Guanche. Tomo 1.- Francisco Lemus, La Laguna Berthelot, Sabin (1879): Antiquites Canariennes.- E. Plon et Cie, Paris Biedermann, Hans (1983): Die Spur der Altkanarier. Eine Einführung in die Altvölkerkunde der Kanarischen Inseln.- Burgfried-Verlag, Hallein Bory de St. Vincent, J.B.G.M. (1804): Geschichte und Beschreibung der KanarienInseln.- Herausgegeben von T.F. Ehrmann, Verlag des Industrie-Comptoirs, Weimar Braem, Harald (1994): Die magische Welt der Schamanen und Höhlenmaler.DuMont Buchverlag, Köln Corrales Zumbado, C.; Corbella Diaz, D.; Alvarez Martinez, M. A. 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(2001): Das Phänomen zur Zeit der Sommersonnenwende bei der Cueva del Agua über Las Playas auf EI Hierro.- IC-Nachrichten 84, Institutum Canarium, Wien, 1,2,45-47 Steiner, Hartwig-E. (2001): Historische Quellen beschreiben die außergewöhnlichen Schattenspiele des Pico del Teide auf Tenerife bei Sonnenaufgang.- IC-Nachrichten 84, Institutum Canarium, Wien, 44 Tejera Gaspar, Antonio (1982-1983): Neue Ergebnisse der Altkanarierforschung - 1980-1985.- Almogaren XIII-XIV, Institutum Canarium, Hallein, 71 + 79 Torriani, Leonardo (1940): Die Kanarischen Inseln und ihre Urbewohner.- italienischer Ur-Text von 1590 mit deutscher Übersetzung durch Dominik JosefWölfel, K.F. Koehler Verlag, Leipzig Trapero, Maximiano (1999): Pervivencia de la lengua guanche en el habla comun de EI Hierro.- Direcci6n General de Patrimonio Hist6rico (Viceconsejeria de Cultura y Deportes / Gobierno de Canarias), Madrid Ulbrich, Hans-Joachim (1997): Sexualität und Scham bei den Altkanariern.-Almogaren XXVIII, Institutum Canarium, Vöcklabruck, 7-88 Verneau, R. (1891): Cinq annees de sejour aux Iles Canaries.-A. Hennuyer, Paris Wölfel, Dominik Josef (1965): Monumenta Linguae Canariae. Die Kanarischen Sprachdenkmäler.-Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz/Austria Wölfel, Dominik Josef (1980): Die Religionen des Vorindogermanischen Europa.Burgfried- Verlag, Hallein (Reprint aus dem 3-bändigen Werk "Christus und die Religionen der Erde", herausgegeben von Dr. Franz König, Herder-Verlag, Wien, 1951) 361 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 11. Tafel-Verzeichnis 1 Kartenausschnitt von Las Playas mit Hinweis auf die Cueva de! Agua 2 Parador von EI Hierro mit der Cumbre von EI Letime über Las Playas 3 a Cumbre von EI Letime im frühen Sonnenlicht vom Parador aus 3 b Parador mit der Cumbre über Las Playas (Illustration: Gerd Amm ) 4 Haupteingangsröhre der Cueva de! Agua, links die Wand mit Felsbildern 5 a Blick aus der Cueva de! Agua auf die Bucht von Las Playas 5 b Blick in die Haupteingangsröhre der Cueva de! Agua 6 7 8 9 10 a 10 b 11 a 11 b 12 13 a 13 b 14 15 a 15 b 16 17 a 17 b 18 a 18 b 19 a 19 b 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 362 Blick aus der Cueva de! Agua auf den Parador Libysch-berberische Inschriften im Morgenlicht Libysch-berberische Inschriften am linken Höhleneingang Libysch-berberische Inschriften Linke Eingangswand mit Maßblatt Linke Eingangswand Höhleneingang von innen mit den davor wachsenden Opuntien Markantestes Zeichen der rechten Eingangswand Kreisförmige Zeichen auf der linken Wand "Vulven-" bzw. kreisförmige Zeichen auf der linken Wand "Herz-" oder tropfenförmige Zeichen auf der linken Wand Netzstrukturen, Kreise und "Vulven" auf der linken Wand Netzstrukturen, Kreise und "Vulven" auf der linken Wand Detail einer Netzstruktur auf der linken Wand typische Punzstruktur "zoomorphes"(?) Zeichen auf der linken Wand "zoomorphes"(?) Zeichen Autor inspiziert die linke Lavaröhre typische Struktur der rechten Lavaröhre künstlicher Steinverbau von außen gesehen Illustration desselben Steinverhaus von innen Grundriss-Plan der Gesamthöhle Grundriss-Plan des Eingangsbereichs Grundriss-Plan der linken Lavaröhre mit Querschnitts-Profilen Grundriss-Plan der rechten Lavaröhre mit Querschnitts-Profilen Grundriss-Plan des "geheimen Kerns" (»Uterus«) Grundriss-Plan der 4 Tropfwasser-Steinschalen Illustration der Tropfwasser-Steinschale I Illustration der Tropfwasser-Steinschale II Illustration der Tropfwasser-Steinschale III Illustration der Tropfwasser-Steinschale IV Illustration der Kombination der Tropfwasser-Steinschalen III + IV Organische Relikte (Zähne, Knochen, Lapas, Holzkohle) 1: 1 Keramik-Scherben 1:1 Keramik-Scherben 1:1 Stein-Werkzeuge 1 : 1 Stein-Werkzeuge 1: 1 "Stein-Idol" (?), 8 x 13,5 cm, aus einem unbearbeiteten Lavastein © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 EL HIERRO Tafel 1 363 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Cumbre von EI Letime · Las Playas/ EI Hierro Tafel 2 364 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Cumbre von EI Letime · Las Playas/ EI Hierro CUEVA DEL AGUA·Nördlich vom Parador,Las Playas/EI Hierro Tafel 3 365 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Tafel 4 366 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Blick aus der Höhle · Las Playas/ EI Hierro Tafel 5 367 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Blick zum Parador · Las Playas/ EI Hierro Tafel 6 368 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Libysch-berb. Inschrift· Las Playas/ EI Hierro Tafel 7 369 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Libysch-berb. Inschrift· Las Playas/ EI Hierro Tafel 8 370 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Libysch-berb. Inschrift· Las Playas/ EI Hierro Tafel 9 371 E u N (") © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CUEVA DEL AGUA · Linke Eingangswand· Las Playas/EI Hierro Tafel 10 372 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA ·Höhleneingang· Las Playas/ EI Hierro Tafel 11 373 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Zeichen kreisförmig · Las Playas/ EI Hierro Tafel 12 374 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Zeichen kreisförmig· Las Playas/ EI Hierro Tafel 13 375 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Zeichen Netzstrukturen · Las Playas/ EI Hierro Tafel 14 376 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Wand mit Netzstrukturen· Las Playas/ EI Hierro Tafel 15 377 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CUEVA DEL AGUA · typ. Punzstruktur · Las Playas/EI Hierro Tafel 16 378 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Zeichen „zoomorph"? · Las Playas/ EI Hierro Tafel 17 379 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Linke Lavaröhre · Las Playas/ EI Hierro Tafel 18 380 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Steinverbau aussen · Las Playas/ EI Hierro Tafel 19 381 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Höhlen-Grundriss · Las Playas/ EI Hierro ..:.:...-+---J ,@ © STEINEA '93 Tafel 20 382 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Eingangsbereich · Las Playas/ EI Hierro lm Cl ARCHÄOLOG. BEFUND * Keramikscherben • Schmuckscheiben • Holzkohle Lapas c Knochen v Zahn t Libysch-berb. Inschrift x Petroglyphen Tafel 21 © STEINER '93 383 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · linke Lavaröhre · Las Playas/ EI Hierro Tafel 22 384 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Tafel 23 385 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CUEVA DEL AGUA · Der „geheime Kern"· Las Playas/EI Hierro HAUPTEINGANG 386 1,30 m hoch 0 Tafel 24 1m © STEINER '93 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Lageplan Wasserschalen· Las Playas/ EI Hierro (2)1v \o, 25m ® III 1m ©/ STEIN ER '93 <.os, II@ 1,40m Tafel 25 387 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 55' - 1 85 * Wassertiefe 4cm Tafel 26 388 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 40 * Wassertiefe 8cm Tafel 27 389 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 / () * Wassertiefe 2 cm Tafel 28 390 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Wasserschale IV · Las Playas/ EI Hierro / * Wassertiefe 7 cm Tafel 29 391 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Wasserschalen 111 + IV· Las Playas/ EI Hierro / 35 / 50 Tafel 30 392 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Organische Relikte · Las Playas/ EI Hierro Tafel 31 393 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CUEVA DEL AGUA ·Keramik-Scherben· Las Playas/EI Hierro Tafel 32 394 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Keramik-Scherben · Las Playas/ EI Hierro Tafel 33 395 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Stein-Werkzeuge · Las Playas/ EI Hierro Tafel 34 396 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Stein-Werkzeuge · Las Playas/ EI Hierro Tafel 35 397 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · »Stein-Idol« (?) · Las Playas/ EI Hierro Tafel 36 398 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017
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Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Altkanarische Stätten in Las Playas / El Hierro I. Die "Cueva del Letime" bzw. "Cueva del Agua". Höhlen-Heiligtum oder Zufluchtsort? |
Autor principal | Steiner, Hartwig-E. |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 32-33 |
Tipo de documento | Artículo |
Lugar de publicación | Wien |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 2001 |
Páginas | pp. 329-398 |
Materias | Prehistoria ; Islas Canarias ; El Hierro |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 3632972 Bytes |
Texto | 1 Almogaren XXXII-XXIII/ 2001-20021 Wien 2002 Hartwig-E. Steiner 329 - 398 Altkanarische Stätten in Las Playas / EI Hierro I »Cueva del Letime« bzw. »Cueva del Agua« Höhlen-Heiligtum oder Zufluchtsort? Keywords: Canary Islands, El Hierro, Las Playas, rock art, sanctuary Zusammenfassung: Der Öfentlichkeit bekannt wurde die Cueva de! Agua 1981. Mit ihren libysch- berberischen Inschriften sowie zahlreichen weiteren Punzierungen gilt sie als eine der bedeutendsten Felsbildstätten EI Hierros. Die vorliegende Arbeit ist die erste Dokumentation, die eine Beschreibung der Gesamtanlage bietet incl. deren Größe, Form, Beschafenheit und Charakteristik. Das Ergebnis dieser Forschungsarbeit führt zu der Annahme, dass die Cueva del Agua eine Kultstätte der Ureinwohner, ein Höhen- bzw. Höhlen-Heiligtum repräsentiert. Abstract: Cueva del Agua first became known to the public in 1981. Its Libyco-Berber inscriptions and numerous other punched works rank amongst the most important rock art sites on El Hierro. This work is the first documentation to feature a description of the entire site including its size, shape, properties and characteristics. The results ofthis research work lead to the assumption that Cueva de! Agua is a cult site of the indigenous population, a high-lying cave sanctuary. Resumen: EI publico conoci6 Ja Cueva de! Agua en el afio 1981. Por las inscripciones libico-bereberes y por las otras numerosas rupestres es considerada como uno de los lugares de rupestre mas importantes de EI Hierro. EI presente trabajo es Ja primera documentaci6n que ofrece una descripci6n de! conjunto completo incluyendo el tamafio, Ja forma, la constituci6n y las caracteristicas. EI resultado de este trabajo de investigaci6n nos lleva a la suposici6n que Ja Cueva del Agua representa un sitio de culto de los indigenas, un santuario de altura o de cueva. 329 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Inhalt 1. Vorbemerkungen 1.1 Begehungen 1982-2000 1.2 Bestandsaufnahme und Dokumentation 1.3 Kontext 2. Die Höhle 2.1 Geographische Lage 2.2 Topographie, Landschaft 2.3 Beschreibung: Gestalt, Größe, Struktur 2.4 Zwei Namen, ein Ort - Cueva de! Agua - Cueva de! Letime 2.5 Chronik der Entdeckung 2.6 Publikationen 3. Die Charakteristika der "Cueva de! Agua" 3.1 Die Wasser-Schalensteine 3.2 Der "Schutzwall" 3.3 Der "geheime Kern", der »Uterus« 3.4 Fundstücke: Keramik · Holzkohle · Steinwerkzeuge · Lapas 4. Die Felsbilder der Cueva de! Agua 4.1 Lage 4.2 Zeichen-Arten und -Formen 4.3 Deutungsansätze der libysch-berberischen Schrift-Zeichen 4.4 Technik 4.5 Zustand 4.6 Dominanz der linken Wand 4.7 Parallelen zu anderen Felsbildstätten 5. Höhlen-Heiligtum oder Zufluchtsort 5.1 Höhlen und ihre Bedeutung - praktisch - rituell - mythologisch 5.2 Wasser - profane und mythologische Bezüge 5.3 Lebenselexiere Wasser und Sonne 5.4 Höhlen-Heiligtum 5.5 Schutzraum und Zuflucht 6. Teil eines altkanarischen Zentrums 6.1 Prähispanische Stätten in "EI Letime" über Las Playas 6.2 Prähispanischer Siedlungsraum "Las Playas" 7. Schlussbemerkungen 7.1 Veränderungen, Gefährdungen 7 .2 Schutz der Höhle 8. Anmerkungen 9. Glossar 10. Literatur 11. Tafel-Verzeichnis 330 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 1. Vorbemerkungen Zwei Namen kennzeichnen denselben Ort: "Cueva del Letime" entsprechend der Lagebezeichnung ihres Standortes oder "Cueva del Agua" entsprechend ihres für El Hierros Höhlen untypischen Wasservorkommens. Cueva del Agua ist heute die geläufigere Bezeichnung, deshalb wird sie in dieser Arbeit vorwiegend verwendet. Jeder, der die Cueva del Agua zum erstenmal aufsucht, wird beeindruckt sein - von der Andersartigkeit dieser Höhle, von ihrer landschaftsbeherrschenden Lage, von den markanten Felsgravierungen, insbesondere den libyschberberischen Inschriften, von ihrer Größe, ihrer eigenartigen Form, vom Vorkommen des lebenswichtigen Elementes Wasser und von vielem mehr. Bereits bei meinem ersten Besuch war mir bewusst, dass diese Höhle nicht nur eine neue Fundstätte bemerkenswerter Felsbilder auf El Hierro ist. Es war offensichtlich, dass es sich lohnt, über den Aspekt der Felsbilder hinaus einen umfassenderen Einblick und Überblick über diesen außergewöhnlichen Fundort zu erhalten. Unsere Feldforschungen der vergangenen zwei Jahrzehnte in der Cueva del Agua sowie in ihrem Umfeld sind Grundlage für diesen ersten Ansatz einer ganzheitlichen Betrachtung dieser Anlage. Die zahlreichen Begehungen hatten eine zentrale Aufgabe: Spuren menschlicher Nutzung, Einwirkungen oder Veränderungen zu entdecken und zu dokumentieren. Ziel dieser Erkundungen und der daraus möglichen Analyse des Gesamtbestandes war es, Hinweise auf eine mögliche Funktion und Bedeutung dieser Anlage zu erhalten. Damit ergänzt dieser Beitrag die bisherigen Veröfentlichungen über die Felsbilder der Cueva del Agua. Die Arbeit vor Ort und die daraus resultierenden Erkenntnisse lassen in der Cueva del Agua eine Kultstätte vermuten, die im Kontext mit dem wichtigen, bislang jedoch noch wenig beachteten, Siedlungs- und Kulturraum Las Playas zu verstehen ist. 1.1 Begehungen 1982-2000 Den Hinweis auf einen neuen Felsbildfundort auf El Hierro erhielt ich im Sommer 1982 von Ulrich Hoyer, einem exzellenten Kenner der Insel, ihrer Geschichte und Traditionen. Seiner präzisen Lagebeschreibung verdanke ich meinen ersten kurzen Besuch der Höhle am 13.8.1982, der sofort eine besondere Bedeutung dieser Anlage vermuten ließ. 1983 erschienen die ersten wissenschaftlichen Publikationen über die Felsbilder der Cueva del Agua (Balbin Behrmann & Tejera Gaspar, 1983; Hernan- 331 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 dez Bautista & Springer, 1983). Außer dem Hinweis auf drei (statt vier) Wasseraufangschalen wurde die Existenz weiterer archäologischer Befunde in der Höhle und ihrer Umgebung verneint. Da diese Aussagen meinen spontanen subjektiven Vorstellungen widersprachen, starteten wir eine langjährige Feldforschung und Dokumentation, um dadurch den einen oder anderen Standpunkt zu sichern. Insgesamt fanden 18 Besuche und Begehungen der Cueva del Agua in den Jahren 1982, 1985, 1989, 1992, 1993, 1997 und 2000 statt. 1.2 Bestandsaufnahme und Dokumentation Drei Aufgaben waren durch die Begehungen der Höhle und ihres Umfeldes zu erfüllen: - Eine lückenlose Erkundung und Vermessung der Höhle mit sämtlichen Verzweigungen zur Ermittlung ihres genauen Grundrisses, ihrer spezifischen Form sowie ihrer Strukturen. - Eine umfassende Suche nach evtl. menschlichen Einwirkungen, Veränderungen oder Nutzungen der Höhle sowie deren Dokumentation. - Eine penible Suche nach Spuren menschlicher Hinterlassenschaften, deren Erfassung, Kartierung und dokumentarische Sicherung. Bei allen Begehungen beschränkte sich unsere Arbeit ausschließlich auf die Erkundung und Bestandsaufnahme menschlicher Spuren. Die Arbeiten folgten einem einheitlichen Raster: Erkunden und Entdecken, Vermessen und Kartieren, Fotografieren, Zeichnen und Dokumentieren. Außer unseren rein optischen Oberflächen- und Umfeld-Analysen wurden keine eingehenderen Untersuchungen durchgeführt. Die vorliegende Dokumentation bietet einen ersten Überblick über den Fundbestand. Sie soll zum einen eine aktuelle Bestandsaufnahme sein, zum andern auch Anregungen und Anreiz für weiterführende Arbeiten und Erkenntnisse bieten. 1.3 Kontext Der erste Eindruck von der Cueva del Agua und die darauf folgenden detaillierten Studien lassen eine gewichtige Rolle der Höhle bei den Ureinwohnern El Hierros vermuten. Die Arbeitsresultate der vergangenen 20 Jahre zeigen, dass die Cueva del Agua im Kontext zu einem Kulturraum im unmittelbaren Umfeld der Höhle steht und darüber hinaus wahrscheinlich auch eine große Bedeutung für das gesamte Siedlungs- und Wirtschaftsgebiet Las Playas hatte. Es zeigt sich hier eine Übereinstimmung mit anderen Felsbildstätten auf El Hierro, die ebenfalls im unmittelbaren Kontext mit Kult- und Siedlungsstätten 332 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 stehen, wie in El Julan, in Los Saltos bei Restinga, im Barranco de los Muertos bei Guarazoca oder im Barranco Santiago über La Caleta. 2. Die Höhle 2.1 Geographische Lage Die Cueva del Agua liegt an der südlichen Ostküste von El Hierro, der westlichsten und kleinsten der sieben Hauptinseln des Kanarischen Archipels. Die Höhle befindet sich in ca. 1080 m Höhe über dem Meer. Die geographischen Koordinaten der Cueva del Agua werden entsprechend den Kartierungen des nationalen spanischen "Servicio Geografico del Ejercito" auf der Mapa Militar de Espaia, den spanischen Militärkarten, mit 27° 44' 18" Nord sowie 17° 57' 48" West ausgewiesen. Die Cueva del Agua liegt ca. 200 m in südwestlicher Richtung vom Messpunkt des Bermeja entfernt, der mit 1118 m höchsten Erhebung über Las Playas. Vom Parador Nacional de El Hierro in Las Playas aus gesehen liegt die Cueva delAgua fast genau nördlich (exakt 352° NNNW ). Von der knapp 2 km entfernten Gemeinde Isora (Regierungsbezirk Valverde), zu deren Gebiet sie gehört, liegt sie in westsüdwestlicher Richtung. 2.2 Topographie, Landschaft Die Cueva del Agua liegt nur wenige Meter unterhalb der Cumbre, dem Höhengrat der Caldera, die ein mächtiges Halboval bildet, welches die Bucht von Las Playas von Norden nach Süden mit steil abfallenden Hängen einschließt. Die Bucht von Las Playas hat die Form einer längsgeteilten Birne. Am oberen, nordwestlichen Teil liegt nahe der höchsten Erhebung der Cumbre die Cueva del Agua. Das Gebiet trägt traditionell die Bezeichnung "El Risco de los Herreios", der "Felsgrat der Herreios". Diese Bezeichnung lässt eine schon lange bestehende, engere Beziehung der Bewohner El Hierros speziell zu diesem Gebiet in Las Playas vermuten. Die Bucht von Las Playas wird im Süden, Westen und Norden von steil abfallenden Hängen mit abgerutschtem, meist lockerem Erosionsmaterial umschlossen. Im Süden liegen die Kanten der Steilwände etwa 600 m über dem Meer, nach Norden steigen sie auf über 1100 m an. Die obere Begrenzung der Bucht wird von zahlreichen Felsformationen gesäumt. Eine davon prägt auch das unmittelbare Umfeld der Cueva del Agua. Die Cueva del Agua liegt ca. 40 m unter dem Gipfel einer kleinen Erhebung, die sich unmittelbar an den Bermeja in südlicher Richtung anschließt. 333 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Die Höhle liegt mitten in einer 5 bis 10 m hohen senkrechten Felsformation, die den oberen Abschluss der 1000 m darunter liegenden Steilhänge bildet. Sie ist auf einer wenige Meter breiten, flachen Bruchkante risikolos zugänglich. Dieses schmale Band fällt hangseits 10 bis 15 m senkrecht ab. Die Lage der Cueva del Agua ist in jeder Weise außergewöhnlich. Die Höhle gewährt ungehinderte Sicht über die gesamte Bucht von Las Playas. Von hier aus sind alle Bewegungen auf dem Meer und auf dem gesamten Küstenstreifen zu beobachten. Von hier aus kann Las Playas dominiert werden. Eine weitere Besonderheit ist die direkte Sicht nach Tenerife und insbesondere auf das Massiv des Teide. Ob in Vollmondnächten, bei Sonnenaufgängen zur Z eit der Sommersonnenwende oder an azurblauen, klaren Frühlingstagen, die Besucher der Cueva del Agua werden immer wieder von neuem vom Blick zum Teide mit seinen variantenreichen Erscheinungen fasziniert. 2.3 Beschreibung: Gestalt, Größe, Struktur Bei der Cueva del Agua handelt es sich um einen auf El Hierro häufiger vorkommenden Höhlentyp mit hier typisch ausgeprägten, vulkanischen Röhren (tubos volcanicos) bzw. Lavatunnels (Ertl, 1998). Kraus (1894:39) beschreibt dieses Phänomen sehr anschaulich: "Lavahöhlen sind echte Höhlen, die dadurch entstanden sind, dass auf einer stärker geneigten Berglehne das flüssige Magma auf der Oberfläche durch Abkühlung erhärtet ist und stehen blieb, während es im Innern noch flüssig blieb, und dem Gesetz der Schwere folgend weiter zu Thal floß, wodurch nothwendigerweise ein Hohlraum entstehen musste, dessen Längsachse in der Stromrichtung lag." Bei den durchgeführten Untersuchungen wurden keine Materialproben entnommen, deshalb kann hier auch keine eingehendere geologische Betrachtung erfolgen. Die nachfolgenden Angaben resultieren aus den Vermessungen und der systematischen Oberflächenanalyse der Höhle. Ausgangspunkt aller Beschreibungen ist der "Haupt"-Eingang zur linken Röhre mit den Petroglyphen. Die Höhle entstand durch zwei in Süd- bzw. Südost-Richtung fließende Lavaströme, nach deren Ausfluss sich röhrenartige Tunnels bildeten. Etwa 10 m vom heutigen Eingang entfernt trafen die beiden Röhren aufeinander und haben so eine natürliche Verbindung zueinander geschaffen. Die restliche Strecke flossen die beiden Lavaströme 1-2 m voneinander entfernt in parallelen Tunnels. Zwei miteinander verbundene Lavaröhren bilden die Cueva del Agua. Bei der Beschreibung der Höhle, bzw. des Höhlen-Systems, werden wir fünf Teilbereiche vorstellen: 334 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 - den vorderen, linken "Haupt"-Eingang - die anschließende linke Lavaröhre mit den 4 Wasserauffangschalen - die vordere, rechte Eingangsröhre die anschließende rechte Lavaröhre - den verborgenen Kern, den "Uterus" zwischen den beiden Eingangsröhren. Der linke Eingangsbereich ist mit Sicherheit der am meisten beachtete und bekannte Teil der Cueva del Agua. Mit den hier vor allem linksseitig zahlreichen gepunzten Fels-Zeichen und den libysch-berberischen Schriftzeichen direkt am linken Eingangspaneel galt diesem Bereich stets alle Aufmerksamkeit. Er ist gut und gefahrlos zugängig und präsentiert eine der bedeutenden Felsbildstationen der Kanarischen Inseln. Der Zugang liegt etwa 80 cm über Niveau in einem senkrechten, nur wenige Meter hohen Felsband. Die "Haupt" - Eingangsröhre ist bequem begehbar. Ihre durchschnittliche Höhe liegt zwischen 1,60 m und 1,80 m und verringert sich erst am Verbindungspunkt beider Röhren auf eine Höhe von 1,10 m. Die Breite der Eingangsröhre schwankt zwischen 1,60 m, 2,20 m am Eingang und 3,30 m am Verbindungspunkt zur rechten Röhre. Die Länge des Eingangsbereichs bis zum Verbindungspunkt der beiden Röhren beträgt 8,20 m. Vom Eingang aus hat dieser Bereich eine Steigung von ca. 3 %. Der anschließende linke Tunnelarm hat vom Verbindungspunkt der beiden Röhren aus gemessen eine Länge von 24,30 m. Nach ca. 4 m verringert sich in dieser Röhre die Höhe auf 70 cm, bei einer Breite von 2,60 m, erreicht jedoch unmittelbar danach wieder 1,20 m und bleibt im Umfeld der vier Wasserauffangschalen konstant bei 1,10 bis 1,30 m. In diesem Bereich schwankt die Breite der Röhre zwischen 2,30 und 3,30 m. Auf den letzten 7 m bis zum Ende des Tunnels verringert sich die Höhe auf 60 bzw. 50 cm während sich die Breite dieses Gangs bis auf 4,10 bzw. 3,70 m weitet und knapp 2 m vor dem stumpfen Ende immerhin noch 2,60 m beträgt. Die Steigung dieser Lavaröhre liegt zwischen 3 % und 7 %. Der Zugangsbereich zum rechten, flachen Lavatunnel bietet auf den ersten Blick keine Attraktionen. Der Zugang ist mit Opuntien und dornigem Gestrüpp abgeschirmt. Am Eingang ist er 3,90 m breit aber nur 90 cm hoch und ebenfalls wie der linke Tunnel ca. 0,80 bis 1,0 m über dem Niveau. Auf seiner Gesamtlänge von 7,10 m reduziert sich die Höhe kontinuierlich vom Eingang bis zum abschließenden Steinwall von 90 cm auf teilweise nur noch 40 cm Höhe. 335 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Die Breite ist auf den vorderen 6 m ziemlich konstant 3,90 m, sie reduziert sich im hinteren Teil dieses Höhlenzugangs auf 1,90 m. Die Steigung beträgt ebenfalls ca. 2 % bis 3 %. Der flache Zugangsbereich des rechten Lavatunnels wird zum anschließenden rechten Tunnelarm der Höhle durch einen künstlich errichteten Steinwall abgetrennt. Hinter diesem Steinwall erweitert sich die Höhle in einen flachen, knapp 1 m hohen und ca. 5 mal 5 m großen Raum - wie eine Art Vorhalle. Der Durchgang vom linken Arm in diesen Teil des rechten Tunnels ist 2,20 m breit und weniger als 80 cm hoch. Der rechte Tunnelarm hat vom Steinwall gemessen eine Länge von 43,40 m. Seine Höhe variiert zwischen 90 cm im vorderen und mittleren Teil und verringert sich auf 50 bzw. 35 cm im hinteren Teil und endet bei 25 cm Bodenhöhe am Ende des Höhlenarms. Die Breite des Tunnels schwankt zwischen 4,80 und 3,20 m. Die ersten 25 m dieses Arms können in der Hocke bzw. kniend erforscht werden, die letzten 18 m bedingen ein flach am Boden gleitendes Robben. Die letzten 7 m bilden einen, sich durch seitliche Nischen weiternden Raum - allerdings unterbrochen durch Blöcke, die nahtlos in Boden und Decke übergehen. Der rechte Arm hat eine Steigung zwischen 3% und 5 %. Beim fünften Bereich der Höhle handelt es sich um eine vor unseren Forschungen unentdeckt gebliebene "Höhle in der Höhle" - ein verborgener Kern dieses Höhlensystems. Diese "Höhle in der Höhle" liegt zwischen den beiden Eingangsröhren unmittelbar vor dem Durchgang, der beide Röhren miteinander verbindet. Den Zugang zu dieser kleinen verborgenen Kammer ermöglicht ein 30 bis 40 cm flacher Spalt am Ende der rechten Zugangsröhre, unmittelbar vor dem Steinwall. Diese "Höhle in der Höhle", der wir den Arbeitstitel "Uterus" gaben, ist im Inneren hoch genug, dass man gebückt stehen kann. Diese Lavablase steigt spiralförmig gegen den Uhrzeigersinn an und endet in einer kleinen Nische, die über der rechten flachen Zugangsröhre liegt. Die Gesamtlänge der linken Lavaröhre beträgt vom Eingang bis zum Ende 32,50 m. Bei günstigen Bedingungen kann bis ca. 24 m ein Schimmer von Tageslicht wahrgenommen werden. Die Gesamtlänge der rechten Röhre beträgt 51,60 m. Hier war der Lichtschimmer ebenfalls bis ca. 26 m wahrnehmbar. Beide Röhrensysteme weisen die typischen Merkmale eines Lavatunnels auf. Die Oberflächen der Böden, Wände und Decken dokumentieren die Fließrichtung der Lava. Insbesondere Bodenrillen weisen auf diesen Prozess hin. Im gesamten Höhlensystem gibt es kein Geröll oder loses Material. In beiden 336 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Röhren sind die Böden und Decken mit 2 bis 3 cm langen, nagelartigen Lavaspitzen gespickt- kleinen, extrem harten Lava-Stalagmiten und -Stalaktiten. Lediglich der vordere Bereich, der Haupt-Zugang und die ersten Meter der beiden Röhren sind frei von solchen erkalteten Lavatropfen. 2.4 Zwei Namen, ein Ort Bereits unmittelbar nach ihrer Entdeckung wird diese Höhle unter zwei Namen geführt: "Cueva del Agua" und "Cueva del Letime". Beide Begrife beziehen sich auf außergewöhnliche Eigenschaften dieser archäologischen Fundstätte. Sie geben vermutlich auch Hinweise auf die besondere Bedeutung dieser Höhle für die altkanarischen Bewohner El Hierros. »Cueva del Agua« Der Name »Cueva del Agua«, d.h. "Höhle des Wassers", würdigt das Vorkommen dieses auf El Hierro recht spärlich verfügbaren, lebenswichtigen Elementes. Abgesehen von den direkt am Meer liegenden Höhlen und Lavaröhren sind die Höhlen El Hierros mit wenigen Ausnahmen ganzjährig trocken. Das in dieser Höhle in vier Steinschalen aufgefangene Tropfwasser ist eine außergewöhnliche und deshalb bemerkenswerte Erscheinung. Der Name "Cueva del Agua" verleiht diesem Ort das richtige Prädikat seiner nur ihm eigenen Einmaligkeit. "Cueva del Agua" ist sicher der jüngere aber heute am meisten verbreitete Name. Da er dem nur dieser Höhle eigenen Spezifikum entspricht, werden wir ebenfalls diesen Namen bevorzugt verwenden. »Cueva del Letime« Der Name »Cueva del Letime«, "Höhle von Letime", bezieht sich auf ihre besondere Lage im Bereich der Letime von Las Playas. Er kennzeichnet ihre Zugehörigkeit zu einem ganz bestimmten Gebiet, ihre lokale Einbindung in eine besondere Landschaft. Heute kennen und verwenden nur noch ältere Herrefios das prähispanische Wort »letime« für eine exakt bestimmte, landschaftliche Situation. Letime ist der oberste Bereich einer Felswand, eines Steilabfalls, eines Abgrundes oder eines Tal-Kessels. Letime ist damit der Rand, der Saum, die Kante, der obere Abschluss einschließlich der unmittelbar dahinter, daneben und darunter liegenden Partie. Die Fels- oder Hangformationen unter Letime münden nicht direkt ins Meer. Letime bedingt stets eine landschaftsbeherrschende Lage mit schönen Panoramen. Mit dem Begriff bzw. Namen Letime wird nicht ein Ort, sondern ganz bestimmte, dominante Lagen mit einer übereinstimmenden 337 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Qualität und einer genau definierten Struktur bezeichnet - hoch gelegen, mit weitem Blick über das Land und das Meer. Letime ist, wie Etime und Time, ein altkanarisches Wort, eine Bezeichnung für eine ganz bestimmte topographische Lage am oberen Abschluss von Felswänden oder Steilhängen. Wölfel (1965:374/597) erkennt im Wortteil »time«, auf La Palma noch heute gebräuchlich für Fels bzw. Felsvorsprung, eine einwandfreie Parallele zum berberischen "timmi/timmiwin = front de montagne". Die meisten Sprachforscher, die sich dem Altkanarischen widmen, bezeugen die Form »letime« insbesondere oder nur für El Hierro. Maximiano Trapero (1999: 136/237) vermutet in den toponymischen Begriffen Letime, Time, Etime unabhängige Formen oder Varianten, die von einem einzigen Guanchen Etymon abstammen. Der prähispanische Ursprung scheint für ihn unanzweifelbar; zum einen wegen seines vollständigen Fehlens im Spanischen und zum andern wegen seines beharrlichen Fortbestehens auf dem Kanarischen Archipel mit nahezu übereinstimmenden Bedeutungen. Der Begrif»letime« als Toponym scheint sich nur aufEl Hierro erhalten zu haben. Hier gibt es mehrere vergleichbare Stellen, die mit Letime bezeichnet oder ausgezeichnet werden: La Peia, Jinama und Bascos über El Golfo oder auch die dafür prädestinierte Lage um die Cueva del Agua an der Cumbre über Las Playas. Die anschaulichste Beschreibung, was sich in und hinter dem altkanarischen » letime« verbirgt, gibt der herrenische Schriftsteller und Chronist Jose Padr6n Machin (1989) in seinem Aufsatz "El Simbolismo de los Letimes" vom September 1959. Hier wird der einmalige und dominante Charakter ofenbar, der einen Ort bzw. eine Lage dazu prädestiniert, den Titel »letime« führen zu dürfen. Die besonderen Eigenschaften, den Geist von Letime beschreibt uns Jose Padr6n Machin so eindrücklich, dass hier einige Zitate wiedergegeben werden: " ... Letime quiere decir borde cuando este lo es de elevados acantilados . ... Letime, en cambio, solo se refiere a la orilla abismal desde la cual pueden contemplarse bellos panoramas en hondura y extensi6n y lo mismo de la tierra que del mar. ... Hay varios letimes en la isla: Imponentes acantilados que se tiiien de purpurn aquellos que dan frente al sol cuando sale y se pone . ... Si los letimes no ofrecen esos aspectos de grandiosidad y belleza, se les llama bordes . ... Letime es un lugar cimero, fantastico y sugeridor de bellas perspectivas . ... El otro gran letime es el de Las Playas, mas pequeio que el del Golfo, pero mas original. No tan bonito y majestuoso el panorama que ofrece pero si mas sorprendente, violento e intemperante. Su principal originalidad esta en 338 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 ofrecerse como un semicirculo perfecto . ... V isto el panorama desde el mirador de la Gorona, su conjunto se aparece en forma de un gran remanso de paz - y de olvido - en cuyos acantilados, por las mafianas, reverbera el sol naciente, y por las tardes, en caprichoso contraste, se sumerge en sombras, precursoras de noches muy hondas, de misteriosos silencios ... " [1]. Diese Ausführungen von Padr6n Machin beschreiben seine Liebe und Zuneigung zur Letime über Las Playas. Es liegt die Vermutung nahe, dass Letime über Las Playas den älteren Herrefios, d.h. bis zu den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, als ein Ort besonderer Wertschätzung und Bedeutung galt. Es ist anzunehmen, dass die Cueva del Letime den Herrefios, d.h. insbesondere den im unmittelbaren Umfeld lebenden Bewohnern von Isora, Asofa, Las Casas und Taibique, durchaus bekannt war. Dies unterstreicht auch die spontane Namensgebung »Cueva del Letime«, die wahrscheinlich aus dem Umfeld der Entdecker bzw. der mit diesem Gebiet vertrauten Hirten und Campesinos stammt. Damit wäre mit der "Entdeckung" 1981 dieser archäologische Fundort lediglich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und zugänglich geworden. Beachtung verdienen auch die Hinweise von Padr6n Machin auf ein Naturschauspiel zur Zeit der aufgehenden Sonne mit den Felsen von Letime, die der Sonne gegenüber stehen und von ihr beim Sonnenaufgang rot eingefärbt werden. Ein Phänomen, das der Autor in einem Aufsatz (Steiner, 2001) beschreibt und mit Fotos dokumentiert. Der Name "Cueva del Letime" ist eine Auszeichnung, welche die außergewöhnlich bevorzugte Lage dieser Höhle würdigt. 2.5 Chronik der Entdeckung Die ofizielle Entdeckung, d.h. die Bekanntmachung und Vorstellung der Cueva del Letime gegenüber einer breiteren Öfentlichkeit erfolgte Ende 1980. Dadurch erfuhr auch die archäologische Fachwelt von dieser weiteren bedeutenden Felsbildstätte auf El Hierro. Aufgrund ihrer Lage und den Zugangsmöglichkeiten kann vermutet werden, dass diese Höhle durchgängig all denen bekannt war, die hier Ziegen und Schafe hüten, jagen oder Land- bzw. Forstwirtschaft betreiben. Einen Hinweis auf die Cueva del Agua mit ihren Inschriften und Gravuren erhielten im Herbst 1980 Lehrer des Instituto Nacional de Bachillerato in Valverde von ihrer aus der Gemeinde Isora stammenden Schülerin Maribel Cabrera Acosta. Pedro Diaz Perez, Javier Hemandez Bautista und Juan Antonio Martinez Jaen, Mitglieder der Comisi6n de Cultura dieser Schule, erstellten in Zusammenarbeit mit Roberto Hemandez Bautista eine erste Fotodokumentation sowie Abzeichnungen (Balbin Behrmann & Tejera Gaspar, 1983). 339 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Nach einer ersten Besichtigung der Fundstätte mit Javier Hernandez Bautista und Margarita Avila Padr6n, der Kulturbeauftragten El Hierros, fertigten Rodrigo de Balbin Behrmann und Antonio Tejera Gaspar im Januar 1981 eine exzellente zeichnerische und fotografische Dokumentation der Felszeichnungen an. Ausgewertet wurde dieses Material im Departemento de Arqueologia y Prehistoria der Universität von La Laguna (Balbin Behrmann & Tejera Gaspar, 1983). Im Juni 1981 besichtigten Teilnehmer einer IC-Exkursion unter Führung von Herbert Nowak und dem mit dieser Fundstelle bereits vertrauten Javier Hernandez Bautista die Inschriften und Gravuren der Cueva del Agua. 2.6 Publikationen Am Dienstag, dem 23. Dezember 1980 erschien in der Tageszeitung "La Provincia" in Las Palmas, Gran Canaria, der erste Bericht über die Cueva del Letime. Damit wurde sie zum ersten Mal einer größeren Öfentlichkeit vorgestellt. Am 10. April 1981 folgte ein weiterer Artikel mit einer Abbildung verschiedener Gravuren in der Tageszeitung "El Dia" in Santa Cruz de Tenerife. Diese Berichte basierten auf Aufzeichnungen der Erstdokumentation von Pedro Diaz Perez, Javier Hernandez Bautista und Juan Antonio Martinez Jaen sowie Roberto Hernandez Bautista. Die IC-Nachrichten Nr. 36 berichteten im Frühjahr 1981 von dieser archäologischen Neuentdeckung auf El Hierro und zeigten eine Skizze der Gravuren aus "El Dia". Erst im Jahre 1983 erschienen dann zwei wissenschaftliche Fachaufsätze. Roberto Hernandez Bautista und Renata Springer stellten die Felsbilder der Cueva del Letime im IC-Jahresband ALMOGAREN XI-XII umfassend vor und veröfentlichten erstmals eine sehr gute Zeichnung der libysch-berberischen Inschriften des Eingangspaneels (Hernandez Bautista & Springer, 1983). Im gleichen Jahr erschien die Arbeit von Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983) in ZEPHYRUS XXXVI der Universität Salamanca. Ein Verdienst dieser Autoren sind die sehr guten, detailgenauen Abzeichnungen der gesamten Inschriften und Zeichen auf sechs Tafeln sowie die dazu jeweils umfassenden Beschreibungen und Erläuterungen und die Deutung einzelner libyschberberischer Zeichen durch Alvarez Delgado. Carlos Quintero Reboso (1997) widmete der Entdeckung der Cueva del Letime in seinem Buch über El Hierro ein eigenes Kapitel; inhaltlich lehnt er sich an die Arbeit von Hemandez Bautista an. 340 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Werner Pichler stellte 1999 in ALMOGAREN X die libysch-berberischen Inschriften am Eingang der Cueva del Agua vor und versuchte eine Transkription bzw. Transliteration. Grundlage boten detailgenaue fotografische Aufnahmen des Schriftpaneels vom Autor der vorliegenden Arbeit. Die Cueva del Letime bzw. Cueva del Agua wurde inzwischen in zahlreichen Publikationen erwähnt. Diese Veröffentlichungen bezogen ihre Informationen in aller Regel aus einem der vorgenannten Berichte. 3. Die Charakteristika der "Cueva del Agua" Alle bedeutenden Felsbildstätten auf El Hierro haben eines gemeinsam: Sie sind nicht für sich allein und damit um ihrer selbst willen entstanden, sondern eingebunden in eine komplexere Wohn- und/oder Kult-Stätte. Ihre Inhalte oder Aussagen scheinen in diesem Kontext ihre Bedeutung zu finden. Dies gilt zumindest für die Los Letreros in El Julan, für die Los Signos über der Punta de los Saltos und für die Inschriften im Barranco de Tejeleita. Deshalb lag es auf der Hand, dass eine in vielfacher Weise so eindrucksvolle Felsbildstätte wie die Cueva del Agua ebenfalls in einem größeren GesamtKomplex und -Zusammenhang zu vermuten ist. Umso überraschender und unverständlicher waren dann die Aussagen und Erkenntnisse der Archäologen und Wissenschaftler, die diese neue Fundstätte untersucht und dokumentiert hatten. Sie konnten außer den Felsgravuren und drei (?) Wasseraufangschalen keinerlei Spuren oder Hinweise auf menschliche Einwirkungen oder Nutzungen entdecken - weder in der Höhle noch in ihrem Umfeld. So vermissen Hernandez Bautista und Springer (1983:21) in dieser Höhle Materialien für eine Radiokarbonmessung: "No han aparecido en la cueva materiales perceptibles de medici6n radiocarb6nica ... ". [2] Diese Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Funktion dieser Höhle keine andere sein konnte als die, das kostbare Wasser zu sammeln. Klar verneinen auch Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983:105/111) das Vorhandensein irgendwelcher archäologischer Reste oder prähispanischer Materialien in der Höhle oder Zeugnisse menschlicher Niederlassungen in deren Umgebung: " ... No hemos encontrado alli ningun resto arqueol6gico y en los alrededores no conocemos elementos materiales prehispanicos ... 11 und weiter 11 ••• un lugar que ... ni, por el momento, hemos podido documentar restos de ocupaci6n humana en los alrededores." [3] Unsere über zwei Jahrzehnte betriebenen Erkundungen und Forschungen haben demgegenüber einen reichhaltigen Bestand archäologisch bedeutsamer Funde in der Cueva del Agua und deren Umgebung ergeben, dessen Aufbereitung und Dokumentation mit dieser Publikation beginnt. 341 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 3.1 Die Wasser-Schalensteine In der linken Lavaröhre, 16 bis 20 m vom Eingang entfernt, sind vier monolithische Wasserschalen positioniert, um das von der Höhlendecke abtropfende Sickerwasser aufzufangen und zu bewahren. Die vier(!) Schalen haben auf ihrer Oberseite eine unbearbeitete, natürliche, mehr oder weniger flache Vertiefung, in der sich das Tropfwasser sammelt. Das Wasseraufkommen ist in normalen Zeiten so gering, dass es wahrscheinlich nur zur notdürftigen Versorgung eines oder ganz weniger, genügsamer Menschen ausreicht. Das Wasser ist angenehm kühl, ohne Verschmutzungen, von guter, trinkbarer Qualität. Die Steinschalen haben Kantenlängen zwischen 35 und 85 cm, die partiellen Vertiefungen betragen zwischen 2 und 8 cm. Die Steine wurden in der Höhle jeweils unter den aktivsten Sickerstellen positioniert. Durch haarfeine Risse und Versätze in der Decke der Lavaröhre wird das Sickerwasser vorwiegend auf kurze Lavastalagtiten geleitet und von dort abgetropft. Die in 1080 m Höhe gelegene Höhle liegt unter einem Hügel, der häufig von Wolken des Nordost-Passats überzogen wird, die hier ihre Feuchtigkeit, wie feinen Nieselregen, abstreifen. Dieser Niederschlag sickert durch das Gestein in die Cueva del Agua. 3.2 Der »Schutzwall« Die Cueva del Agua ist nicht Y -förmig, sondern H-förmig: also zwei relativ parallel verlaufende Röhren sind mit einem Durchgang verbunden. In der Höhe dieses Durchgangs wird die vordere, rechte Eingangsröhre von der daran anschließenden rechten Lavaröhre durch einen künstlich gesetzten Steinwall abgeschottet. Von außen, d.h. vom Eingang aus gesehen, sieht dieser Steinwall auf den ersten Blick wie eine natürliche Anhäufung von eingestürzten Gesteinsbrocken aus. In Wirklichkeit wurden diese teilweise beachtlich großen, unbearbeiteten Steine von außen antransportiert und dann zu einem komplett geschlossenen Steinwall aufgeschichtet. Auf den ersten Blick scheint die rechte Eingangshöhle eine in sich geschlossene Höhle mit rückseitig eingestürztem Abschluss zu sein. Dass sich dahinter eine über 40 m lange Fortsetzung verbirgt, ist auf Anhieb nicht erkennbar. Deshalb scheint auch bislang diese rechte Eingangsröhre nicht als Bestandteil der Cueva del Agua erkannt worden zu sein. Der Steinwall schützt also den dahinter liegenden Bereich vor Einblicken und Eindringlingen. Deshalb geben wir dieser Steinsetzung die funktionsbeschreibende Bezeichnung "Schutzwall". 342 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Der aus verhältnismäßig großen Steinen gesetzte Schutzwall hat eine Breite von 2,60 m, eine Mächtigkeit bzw. Stärke von mehr als einem Meter und eine maximale Höhe von 70 cm. In jüngster Zeit scheinen einige Steine mutwillig eingerissen worden zu sein. 3.3 Der "geheime Kern", der »Uterus« Erst zum Abschluss unserer Feldforschung im Juni 1993 stand die Vermessung und Erkundung der augenscheinlich unergiebigen, rechten Eingangsröhre auf dem Plan. Dieser sehr flache, am Ende nur 40 bzw. 50 cm hohe Teil ist im Gegensatz zum röhrenförmigen Haupteingangsteil unregelmäßig strukturiert und entsprechend mühsam zu erkunden. Aber gerade dieser unattraktive Höhlenteil ist der Schlüssel zu einer der bemerkenswertesten Eigenarten der Cueva del Agua: zu einer Höhle in der Höhle. Dieser, vor unseren Forschungen nicht bekannte, "geheime Kern" hat einen spaltenartigen, flachen Durchschlupf von ca. 40 cm, unter einem eingeklemmten Bruchstein. Er ist von außen nicht sichtbar. Sein Zugang liegt direkt vor dem Schutzwall auf der linken Seite. Die durch eine Lavablase gebildete Höhle liegt zwischen den beiden Eingangsröhren, direkt vor dem Durchbruch, der beide Röhren kurz vereint. Die Höhle ist von keiner Seite einsehbar. Dagegen kann man aus dieser Innenhöhle durch feine Setzrisse nahezu alle vorderen Höhlenbereiche kontrollieren. Diese verborgene Innenhöhle steigt gegen den Uhrzeigersinn spiralförmig an, so dass ihr oberes Ende fast über dem Durchschlupf liegt. Im Eingangsbereich beträgt die Höhe 1,30 m, abfallend bis zur oberen Spitze auf ca. 50 cm. Diese Innenhöhle kann mehrere Menschen aufnehmen und von der Außenwelt und den übrigen Höhlenteilen völlig abschirmen. Betrachten wir die Form der Gesamthöhle als einen Rumpf mit gespreizten Beinen, dann übernimmt die "Höhle in der Höhle" die Lage der Gebärmutter, des "Uterus". Dem "geheimen Kern" kann sowohl eine schützende Zuflucht als auch eine mystisch rituelle Funktion zugedacht werden. 3.4 Fundstücke: Keramik · Holzkohle · Steinwerkzeuge · Lapas Es gibt keine größeren Höhlen oder Abris auf El Hierro, die keine Spuren früherer Nutzer aufweisen, wie Keramik-Scherben, Lapasschalen, o.ä .. Meist sind es kleine und kleinste Bruchstücke, die dennoch durch Material und Verarbeitung Aufschluss über Entstehungszeit, Verwendung und Bezug zum Fundort geben; so auch in der Cueva del Agua. 343 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Nach unseren ersten Begehungen mussten wir feststellen, dass die anfangs noch häufiger vorhandenen Relikte immer mehr verschwanden und statt dessen Zigarettenfilter herumlagen. Dies trift natürlich insbesondere für den einfacher zugänglichen Eingangsbereich bis zu den Wasser-Steinschalen bzw. bis in die geräumigere "Vorhalle" der rechten Lavaröhre zu. Keramik-Scherben, d.h. kleine Bruchstücke von wenigen Zentimetern Größe, konnten in der linken Röhre bis an deren Ende registriert werden und im rechten Lavatunnel bis ca. 26 m vom Eingang entfernt. Bis zu diesen Punkten ist es nach langer Gewöhnung möglich, noch einen Schimmer des Tageslichtes zu nutzen. Über diese Grenze des natürlichen Lichtes hinaus waren keinerlei Spuren zu entdecken - allerdings war es hier auch nicht mehr möglich kniend oder gebückt voran zu kommen, sondern nur noch flach robbend. Die Keramik, soweit wir sie registrieren und dokumentieren konnten, scheint aus unterschiedlichen Materialien hergestellt zu sein. Es gibt genauso körnige Strukturen wie auch absolut homogene, sehr feste und daneben recht poröse. Mit wenigen Ausnahmen entsprechen die Fundstücke dem für EI Hierro spezifischen, altkanarischen Typ: ohne Verzierungen, mit eher groben Formen und vorwiegend dunklen, rotbraunen oder schwarzgrauen Farben. Die Oberflächen sind teils sorgfältig geglättet, teils unbehandelt grob. Die Wandstärken sind zwischen 7 und 11 mm dick - mit einer Ausnahme, einer sehr harten, nur 3 mm starken, schwarzen Scherbe. Nur drei kleinere, sehr helle, beige Bruchstücke (wahrscheinlich ein und desselben Gefäßes) weisen rillenähnliche Spuren auf, die auf eine Entstehung auf einer Töpferscheibe hinweisen. Außer wenigen Keramikstückchen in der linken Lavaröhre sind alle Fundstücke im rechten Arm und dabei vor allem in dessen vorderem Bereich, unmittelbar hinter dem Schutzwall, registriert worden. Hier lagen auf einem wohl vom Wind hereingetragenen, pudrigen Staubbelag kleine Reste von Holzkohle, einige Knochensplitter, Lapasschalen sowie verschiedene "Stein-Werkzeuge". Bei diesen Steinwerkzeugen handelt es sich um Fundstücke, die nicht aus dem Material der Höhle stammen und durch ihre "handliche" Form und ihre glatten bzw. klingenartigen Kanten für irgendwelche Arbeiten nützlich scheinen. Die Formen und Arbeitsflächen sind natür-lichen Ursprungs und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nachgearbeitet. Größe und Formen lassen verschiedenste Anwendungen vermuten. Die Form eines der Fundstücke, ein Lavastein mit natürlicher Bohrung, kann mit etwas Phantasie als dämonenhafter Schädel gesehen werden. W ir haben auch ihn, als Stein-Idol(?) mit großem Fragezeichen, registriert. Bei Dominik Wölfel (1980:218) stoßen wir auf eine bemerkenswerte Aussage über »Idole«: " ... Gebilden, die man gewöhnlich Idole nennt. Aber es gibt 344 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 auch noch einen anderen Weg zum gleichen Ziel. Manchmal sind natürliche Steinformen schon an sich anthropomorph und werden dann gleich unmittelbar verwendet." 4. Die Felsbilder der "Cueva del Agua" Mit den Felsbildern am Eingang der Cueva del Agua haben ihre Schöpfer "Zeichen gesetzt", deren Wirkung jeden Besucher in ihren Bann ziehen und nachhaltig beeinflussen. Hier eine nur rational zu analysierende und interpretierende Anhäufung von Schriftzeichen und Symbolen zu sehen, würde dieser eindrucksvollen Präsentation nicht gerecht. Diese Stätte muss in ihrer Gesamtheit erkannt und begrifen werden. Dabei spielen die libysch-berberischen Inschriften des Eingangspaneels sowie die zahlreichen Zeichen und Symbole sicher eine tragende, möglicherweise eine zentrale Rolle. So weist die mit der Geschichte El Hierros bestens vertraute Archäologin Maria de la Cruz Jimenez G6mez (1987) darauf hin, dass erst das Inbeziehung setzen der Felsinschriften zu ihrem jeweiligen Umfeld und den archäologischen Komplexen neue Wege zu einer Interpretation ihrer Funktion in der Gesellschaft der Ureinwohner El Hierros eröfnet. Jimenez G6mez (1998:297) verweist außerdem auf eine denkbare Rolle von Felsbildern an bzw. in den Höhlen als Ausdruck einer religiösen Bedeutung dieser Stätten (heilige Plätze/ Heiligtümer) und führt dabei explizit die Cueva del Agua an. Schon Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983:112 ) hielten es durchaus für möglich, dass diese Inschriften ein Ausdruck dafür sind, dass dieser Ort in irgendeiner Weise als heilig betrachtet wurde. Hernandez Bautista und Springer (1983) bemerken, dass alle Felsbildstätten im Kontext mit Zeugnissen von Wohn- und Kultstätten der Ureinwohner, der Bimbaches, stehen. Sie gehen davon aus, dass die Entstehungszeit der Felsbilder an der Cueva del Agua eher nach der Zeitenwende zu datieren ist. Bei der Cueva del Agua handelt es sich um die höchstgelegene der bislang entdeckten Felsbildstätten El Hierros. Ihr Umfeld und die abgeschirmte Lage lässt darauf schließen, dass die Zeichen von ortskundigen Bewohnern und nicht von kurzzeitig anwesenden Besuchern stammen. 4.1 Lage Die Felsbilder der Cueva del Agua befinden sich im Eingangsbereich der "Haupt"-Eingangs-Röhre. Diese vordere, linke Lavaröhre weist relativ glatte Oberflächen an ihren Wänden auf Die Inschriften und Zeichen beginnen direkt am Zugang und erstrecken sich auf der linken Wand auf eine Länge von fast 5 m. Die libysch-berberi- 345 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 sehen Schriftzeichen beherrschen das Eingangspaneel auf den ersten 50 bis 60 cm. Daran anschließend sind, von 0,60 bis 4,80 m, zahlreiche Zeichen und Symbole eingraviert. Die Fläche der Gravuren wird durch natürliche Wülste, Kanten oder Abbrüche nach unten begrenzt. Vom Boden bis in eine Höhe von 55 bis 65 cm sind keine Gravuren feststellbar. Auf der gegenüberliegenden rechten Wand sind nur 2 Zeichen oder Zeichenfragmente erkennbar. Das erste liegt vom Eingang aus zwischen 1,10 und 1,40 m entfernt, das zweite zwischen 1,80 und 2,00 m. 4.2 Zeichen-Arten und -Formen Die Zeichen der Cueva del Agua lassen sich in zwei grundsätzlich zu unterscheidende Kategorien einordnen, und zwar in libysch-berberische Schriftzeichen - kreisförmige Zeichen bzw. flächenteilende Netzwerke Bei den libysch-berberischen Schriftzeichen am Eingangspaneel geht Pichler von 2-3 vertikal angeordneten Schriftzeilen aus. Die einzelnen Zeichen sind hier relativ klar erkennbar und bestimmbar. Bei den anschließenden Gravuren kommen vereinzelt ebenfalls Zeichenformen vor, die Ähnlichkeiten mit libysch-berberischen Schriftzeichen aufweisen - das ist denkbar aber eher zweifelhaft. Der Autor sieht die libysch-berberischen Inschriften bewusst auf das Eingangspaneel fixiert. Bei der zweiten Gruppe, den ideografischen und geometrischen Darstel-lungen erkennen wir insbesondere Kreise, Halbkreise, hufeisenförmige Zeichen, miteinander verkettete Kreise Striche, Punkte Quadrate, Rechtecke, einzeln oder miteinander verbunden flächenteilende Netzwerke, schachbrettartige Formen Kreise, Halbkreise und geteilte Kreise (Vulven?) werden häufig mit dem lebensspendenden und lebenserhaltenden Element Wasser in Verbindung gebracht. In Bezug auf die Cueva del Agua würde diese Deutung Bestätigung finden. Auch Nowak und Ortner (1975:22) weisen auf diesen Bezug der Kreise als Symbol für Wasser hin. Wahrscheinlich sind die beiden Zeichengruppen der Cueva del Agua in zeitlicher Abfolge, also nicht gleichzeitig entstanden. Die Ideogramme, die Symbolzeichen, mögen archaischer und damit wahrscheinlich älter als die Schriftzeichen sein. Die libysch-berberischen Inschriften haben mit ihren Zeichen dann die schon bestehende Kultstätte besetzt und gekenn-zeichnet. 346 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 So wie christliche Kultstätten griechische und römische übernommen und sich zu eigen gemacht haben, indem sie zu Beginn der Inbesitznahme erst mal Zeichen ihrer neuen Herrschaft gesetzt haben. Für diese Hypothese spricht auch die nach außen gerichtete Botschaft der libysch-berberischen Inschriften, während die anderen Zeichen im intimeren Innenbereich nur für die Eingeweihten Bedeutung hatten. 4.3 Deutungsansätze der libysch-berberischen Schriftzeichen Obwohl bei den meisten libysch-berberischen Schriftzeichen Zuordnungen weitgehend möglich sind, ist aufgrund der meist nicht eindeutig erkennbaren Gravuren eine Interpretation der Schriften erschwert. Auch beim Eingangspaneel der Cueva del Agua ist nur eine mit hoher Wahrscheinlichkeit gesicherte Transkription der einzelnen Schriftzeichen möglich. Es gibt dabei klare und eindeutig identifizierbare Zeichenformen und solche, die ineinander übergehen oder durch (natürliche) Absplitterungen verschiedene Auslegungen ermöglichen. In der Arbeit von Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983: 106) werden von Alvarez Delgado einzelne Zeichen, ohne erkennbaren Zusammenhang, bestimmten Konsonanten zugeordnet. Der Wert dieser Transkription besteht lediglich darin, dass die Inschriften der Cueva del Agua als libysch-berberisch identifiziert wurden. Werner Pichler, der sich in zahlreichen Arbeiten mit libysch-berbe-rischen Inschriften auf den Kanaren und in Nordwest-Afrika auseinandersetzt, hat in ALMOGAREN XXX (1999:221-227) einen "Versuch einer epigrafischen und linguistischen Analyse" unternommen. Er versucht in mehreren Varianten alle denkbaren Abläufe der vertikalen Schriftzeilen durchzuspielen und zu transkribieren. Er ermittelt aus heutigem Kenntnisstand drei denkbare Varianten - ohne jedoch zu einem schlüssigen Ergebnis zu kommen. Pichlers Resümee mündet in der Erkenntnis: "Die hypothetische Annahme, dass es sich inhaltlich zum überwiegenden Teil um Personennamen handelt, hat durch die Untersuchung einen sehr hohen Grad an Wahrscheinlichkeit gewonnen". Beachtenswert scheint mir in diesem Zusammenhang eine von ihm transkribierte Zeile SYNS zu sein, die Sinus heißen und "Bogen, Bucht, Busen, Schoss" bedeuten könnte, eine für die Cueva del Agua durchaus nachvollziehbare Assoziation. Pichler präferiert jedoch auch hier den lateinischen Personennamen Sinus. Grundsätzlich muss bedacht werden, dass überall dort, wo Schriften als einzelne Zeichen oder als Zeilen auftauchen, auch von einem höher entwickelten Kulturniveau ausgegangen werden kann. 347 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 4.4 Technik Die Wände des Haupteingangs mit den Felsbildern weisen eine relativ glatte Oberfläche auf. Diese Oberfläche liegt wie eine dünne Haut auf einem porösen, wabenartigen Geflecht von Stegen, die sich durch kleine Luftblasen über dem kompakten Basaltgestein gebildet haben. Alle Zeichen der Cueva del Agua sind durchweg punziert. Durch punktuelles Stoßen mit einem spitzen, harten Werkzeug wurden kleine Plättchen der glatten Oberfläche abgesplittert - leider nicht immer punktgenau und präzise, sondern eher zufällig, breiter, flächiger, unregelmäßiger als vorgesehen. Dadurch ist die beabsichtigte Zeichenform nicht immer eindeutig identifizierbar. 4.5 Zustand Der Zustand der Punzierungen in der Cueva del Agua ist vergleichbar mit den Zeichen der Los Letreros oder der Los Signos. Er ist auf jeden Fall besser als die Gravuren bzw. Schabungen von La Caleta oder La Candia. Die Punzierungen sind wahrscheinlich heute nicht viel anders als zu ihrer Entstehungszeit. Die Wände mit den Zeichen sind gegen Witterungseinflüsse einigermaßen geschützt. Wind, Wasser, Sonne und anders bedingte Erosionen haben kaum Einfluss. Das gilt fast ohne Einschränkung auch für die libysch- berberischen Inschriften direkt am Eingangspaneel. Die zahlreichen kleinen Abplatzungen an den Zeichen und in deren Umfeld könnten evtl. auch schon beim Entstehungsprozess oder beim Erkalten der Lavaröhre entstanden sein. Vieles davon ist viel zu zufällig, als dass menschliche Absicht Ursache gewesen sein könnte. 4.6 Dominanz der linken Wand Bis auf zwei kleinflächige Zeichen bzw. Zeichenfragmente an der rechten Wand ist eine klare und großflächige Präferenz der linken Eingangswand festzustellen. Der Vorzug dieser Fläche ist so eindeutig, dass man darin mehr sehen könnte, als nur die Nutzung glatter Flächen. Hier sind im Anschluss an das Eingangspaneel mit den libysch-berberischen Inschriften auf einer Länge von über 4 m zahlreiche Kreise und Halbkreise, Quadrate und Rechtecke, Netzwerke u.a. mehr eingraviert. Die Inschriften am Eingang mögen Namen, Fürbitten oder Bannformeln sein, die diesen besonderen Ort gegen böse Geister und dämonische Mächte abschirmen und vor ihnen bewahren sollen. Dies erinnert an den noch heute praktizierten Brauch, Jahr für Jahr am 6. Januar die Türbalken im europäischen Alpenraum mit den Initialien »C+M+B« zu zeichnen (Christus mansionem benedicat: Christus segne dieses Haus), eine Fürbitte und Beschwörungsformel zugleich. 348 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Ähnliche Situationen mit Inschriften an den Zugängen zu Höhlen, sozusagen an den Portalen, kennen wir von La Candia und Tejeleita. Bei beiden Höhlen sind die Inschriften über dem Eingang angebracht. Vielleicht sind diese Inschriften auch eine Begrüßungsformel an die zur Zeit der Sommersonnenwende genau gegenüber, hinter dem Teide, aufgehende Sonne (Steiner 2001). Werner Pichler (2001: 52) berichtet von Höhlen im österreichischen Salzkammergut, die nach Osten ausgerichtet, ebenfalls am Eingang mit Rauten und Näpfchen, Symbolen der Fruchtbarkeit, gekennzeichnet waren und zur Sommersonnenwende die aufgehende Sonne begrüßten. 4. 7 Parallelen zu anderen Felsbildstätten Die in der Cueva del Agua vorherrschenden Kreise, Halbkreise und geteilten Kreise, Punkte und Striche, Quadrate und Rechtecke gehören zu den ursprünglichsten Zeichen und Symbolen und sind auch auf El Hierro an den meisten Felsbildstätten vertreten. Bei den libysch-berberischen Schriftzeichen kann eine Übereinstimmung einzelner Zeichen mit jenen der Fundstätten Los Letreros in El Julan, Los Signos bei La Restinga, La Caleta, La Candia und Tejeleita festgestellt werden. Eine übereinstimmende Kombination mehrerer Zeichen konnte der Autor jedoch bei keiner der bislang bekannten Fundstellen libysch-berberischer Schriftzeichen auf El Hierro erkennen. 5. Höhlen-Heiligtum oder Zufluchtsort Die Ergebnisse unserer zahlreichen Erkundungen, die Summe aller Entdeckungen und Erkenntnisse lassen Schlüsse auf die Bedeutung und Funktion der Cueva del Agua zu, die mehr sind als reine Spekulationen. Sie stellen Annäherungen an denkbare Nutzungsformen dieser altkanarischen Stätte dar. Bei den folgenden Ausführungen werden verschiedene Hypothesen mit den bislang ermittelten Materialien und Erkenntnissen abgeglichen und daraus Rückschlüsse auf denkbare Thesen zur Funktion und Bedeutung der Cueva del Agua gezogen. Diese Thesen sollen lediglich Ansätze zu weiteren Recherchen und Untersuchungen bieten. Sie sollen in jedem Fall jedoch eine Anregung und Aufforderung zu einer Gesamtbetrachtung aller Phänomene der Cueva del Agua sein. 5.1 Höhlen und ihre Bedeutung Die Höhlen und auch die selteneren Abris auf El Hierro sind vorwiegend vulkanischen Ursprungs. Nur wenige sind durch Auswaschungen entstanden - am Meer oder in Barrancos, die früher stark Wasser führten. 349 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Höhlen und vor allem Abris waren der erste natürliche Schutzraum für Mensch und Tier. Bei Höhlen muss dabei in erster Linie die Schutzfunktion vor allem anderen in Betracht gezogen werden. Schon 0. Fraas (1873:3) glaubt nicht an Höhlen als "normalen" Aufenthaltsort und begründet dies: "In dem innersten Wesen des Menschen liegt der Drang nach Freiheit, Luft und Licht und nur vorübergehend wird sich derselbe auf der Flucht vor der Ungunst der Witterung oder vor wilden Bestien in das nächtliche Dunkel der Erde verkriechen." Den Nutzen oder die Bedeutung der Höhlen für die Menschen können wir anhand folgender Kriterien ermessen: - praktische Funktionen - kultische Funktionen - mythologische Bedeutungen Zur Kategorie der Höhlen mit eindeutig "praktischen Funktionen" zählen die - Wohn-Höhlen und Bestattungs-Höhlen - Vorrats- und Lager-Höhlen sowie Stallungen. Für die Cueva del Agua können diese praktischen Nutzungsformen alle ausgeschlossen werden, da die räumlichen Strukturen dafür völlig ungeeignet sind. Es ist dem Autor unverständlich, weshalb in einem mehrbändigen, repräsentativen Werk zur Geschichte und Archäologie der Kanarischen Inseln gerade die Cueva delAgua beispielhaft für die Wohnhöhlen bzw. Höhlenwohnungen erwähnt wird (Jimenez G6mez, 1998). Zur Kategorie der Höhlen mit "kultischen Funktionen" zählen die - Kult-Höhlen (Höhlen-Heiligtümer, Tempel, Krypten) - Ritual-Höhlen (Initiationsräume, Jungfrauen-"Internate") - Palast-Höhlen (religiöser Oberhäupter) In dieser Kategorie bietet die Cueva del Agua überzeugende Vorteile als Ritual-Stätte und als Höhlen-Heiligtum. Zur Kategorie der Höhlen mit "mythologischer Bedeutung" kann die Cueva del Agua in jeder Weise gerechnet werden. Dafür sprechen ihre außergewöhnliche Lage, ihre Gestaltform mit dem "geheimen" Kern, ihr lebensspendendes Wasser und die archaischen Gravuren. Nach Braem (1994:25/179) wäre die Cueva del Agua geradezu die mythologische Inkarnation des Urmutter-Prinzips: "Die gute Kraft wurde (von den Guanchen) in einer Urmutter mit deutlichem Bezug zu Höhlen und Quellen ... verehrt." Nach Braem waren die Höhlen für die Vormenschen unheimliche Orte - kalt, glitschig und dunkel - und führten "tief ins Innere der Erde hinein ... in den Bauch der allmächtigen Urmutter Erde ... Der »Bauch der Erde« war Ursprung des Lebens und zugleich 350 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 das Reich der Toten, die Unterwelt, in der sich die Geister der Verstorbenen aufhielten". Die Cueva del Agua scheint prädestiniert für einen Mythos um Wasser und Leben, einen Fruchtbarkeitskult mit Initiationsriten. Die Höhle, und so idealerweise auch die Cueva del Agua, wird zum Sinnbild der Pforte zur Urmutter, zur Erdmutter, zum Gefäß, zum Schoß, zur Gebärmutter, zu Fruchtbarkeit und Leben, zu Geburt und Tod in einem. 5.2 Wasser - profane und mythologische Bezüge Wasser war sicher seit der frühesten Besiedlung El Hierros eines der kostbarsten und seltensten Güter. Mit diesem lebensspendenden und lebenserhaltenden Gut wurde sorgsam umgegangen; es stand im Mittelpunkt des Denkens und Handelns und damit sicher auch der Verehrung und der Rituale. Noch bis in die 6 0er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts wurde der Umgang mit Wasser in großer Verantwortung und angemessener Genügsamkeit praktiziert. Und seit 400 Jahren, seit 1614, wird in fast durchgängiger Folge alle vier Jahre die Bajada de la Virgen de los Reyes, als Bittprozession um Regen, in Marathon-Distanz zwischen der Dehesa und Valverde zelebriert. Musik, Tänze und Rituale dieser Bajada lassen Elemente archaischer Herkunft erkennen und weisen auf eine uralte Tradition eines Regenkultes der Bimbaches hin. Wasser wurde als ein heiliges Geschenk des Himmels verehrt und erfleht. Wenn auch unterschiedliche Klimaphasen trockenere und feuchtere Perioden brachten, so scheinen die Kanaren seit Menschengedenken, d.h. seit ihrer frühesten Besiedlung, ein sehr ausgeglichenes, eher gemäßigtes und damit auch weniger feuchtes Klima gehabt zu haben. So zitiert Biedermann (1983: 12 ) Plutarch: "Regen fällt dort (auf den Kanarischen Inseln) selten und wenn er fällt, dann mit Maß." Dies gilt im europäischen Vergleich nach wie vor. Allerdings ist seit 1970 ein steter Rückgang der ohnehin geringen Niederschläge zu registrieren - von vereinzelten Unwettern abgesehen. Wasser wurde als ein besonderes, kostbares Gut behandelt. In dieser Wertschätzung wird auch das Tropfwasser der Cueva del Agua zu beurteilen sein - als Zeichen eines göttlichen Geschenkes. Fraglich ist allerdings eine ausreichende, regelmäßige und dauerhafte Nutzung dieser spärlichen Ressource. Selbst in sehr "feuchten" Jahren konnte der Autor in den vier Wasserauffangschalen ein Vorkommen registrieren, das für nur wenige sehr genügsame, fast asketisch zurückhaltende Menschen ausreichen würde. Schlußfolgerungen von Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983:111) sowie von Hemandez Bautista und Springer (1983:21), dass die Funktion der Cueva del Agua keine andere sein konnte als die, das kostbare 351 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Wasser zu sammeln, kann der Autor nicht teilen. Dazu ist die Menge und die Verfügbarkeit zu gering. In einem von uns in unmittelbarer Nähe entdeckten Charco ist ein gesicherteres Wasseraufkommen denkbar. Außerdem sind schon die in frühen Berichten erwähnten Quellen, die Fuente de Asofa und die Fuente del Apio, im Einzugsgebiet der Cueva del Agua. Und einige Kilometer Distanz waren für die Bimbaches sicher alltägliche Normalität. Das Wasser der Cueva delAgua stillte sicher nicht den Alltagsdurst der Bewohner von Letime. Wo die profane Bedeutung eines Elementes einen so überragenden und wertebestimmenden Status einnimmt, ist sicher auch seine kultische, religiöse und mythologische Bedeutung hochrangig und durch eine entsprechende Verehrung gekennzeichnet. Die Orte, an denen dieses Element "zu Tage tritt", sind meist auch Orte besonderer Verehrung, heilige Stätten. So ist es durchaus vorstellbar, dass das wenige Wasser, das sich in der Cueva del Agua sammelt, als "heiliges" Wasser vom "heiligen" Ort, aus dem Schoß von Mutter Erde ausschließlich zu Libationsritualen oder Initiationsriten diente - wie Weihwasser geehrt, allem Profanen verwehrt. Immer wieder wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass Felsbildstätten aufEl Hierro vorwiegend in der Nähe von Wasser zu finden sind. Die Kausalität ist jedoch eher die, dass meist in der Nähe von Wasser menschliche Siedlungen und Kultstätten liegen und dort wo Menschen leben, auch am ehesten Felszeichen vorkommen. 5.3 Lebenselexire Wasser und Sonne Das Zusammenspiel der beiden lebenswichtigen und daher von den Ureinwohnern, den Bimbaches, verehrten Elemente Wasser und Sonne verleihen der Cueva del Agua möglicherweise den Status eines besonderen Ortes, einer zu ehrenden, heiligen Stätte. Die völlige Abhängigkeit von Wasser, Licht und Wärme bestimmen sicher nachhaltig die Entwicklung und Ausprägung von Ritualen und Kulten. Ob sich dies zu zentralen Funktionen, d.h. tragenden Rollen dieser Elemente, einzeln oder gemeinsam, entwickelte, ist auf El Hierro nicht überliefert. Es gibt wohl immer wieder Hinweise auf einen möglichen Sonnenkult der Altkanarier. Dasselbe gilt auch für mögliche Wasserkulte - so wie diese zum Beispiel bei La Zarza und La Zarzita auf La Palma vermutet werden könnten. 5.4 Höhlen-Heiligtum Höhlen galten in allen Kulturkreisen als Schwelle zwischen Tag und Nacht, Wärme und Kälte, Himmel und H ölle, Leben und Tod, Diesseits und Jenseits, Ober- und Unterwelt. Höhlen sind Symbol und Raumerfahrung zugleich: für 352 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 den Bauch, den Leib der Ur- oder Erdmutter, für die "Gebär"-Mutter, aus der alles Sein und Werden hervorgeht. Zugleich sind Höhlen ein Symbol für den Ort, an dem alles Leben endet und wieder zurückkehrt in den Schoß der Erde, in die Unterwelt, in die Finsternis oder in die Verdammnis der Hölle. Höhlen, deren Lage und Form diesen Vorstellungen besonders bildhafte Entsprechungen verleihen oder die über außergewöhnliche Eigenschaften wie Lichterscheinungen, Quellen und Wasserläufe oder Ton- und Hallefekte verfügen, wurden früh als Kultstätten genutzt und als Höhlen-Heiligtümer besetzt. Die Cueva del Agua vereint eine Reihe dieser Merkmale, die sie zu einem altkanarischen Höhlen-Heiligtum prädestinieren: ihre Lage nahe der höchsten Erhebung der Cumbre von Las Playas in 1080 m Höhe über dem Meer ihre nach Osten, der aufgehenden Sonne zugewandte "Pforte" mit den Schriftzeilen und Gravuren ihre "Gabe" mit lebenserhaltendem, frischem, klarem Wasser ihre Gestaltform, die eine Entsprechung im weiblichen Körper findet ihre verborgene Innenhöhle, den nicht einsehbaren inneren Kern. Aus jeder einzelnen dieser Eigenschaften könnte auf eine gewisse Bedeutung dieses Ortes geschlossen werden. Zusammen betrachtet fordern sie zumindest zu einer nachhaltigen Prüfung heraus, ob hier nicht ein altkanarisches Heiligtum vorliegt. Ein erster Ansatz zur Diskussion ist die rein hypothetische Frage, ob die Cueva del Agua als Initiationsort für junge Mädchen auf der Schwelle zur Geschlechtsreife, zur Frau-Werdung, gedient haben könnte. Obwohl die Überlieferungen keine konkreten Hinweise bieten, gab es möglicherweise auch hier auf El Hierro einen Brauch, ein Initiationsritual, vergleichbar dem der Harimaguadas auf den benachbarten Inseln Tenerife und Gran Canaria. Ein nahezu weltweit übereinstimmendes Kennzeichen der bekannten Initiationsriten ist bzw. war die völlige Absonderung der Initianten von der Gesellschaft über einen genau festgelegten Zeitraum hinweg. Dieser rituelle Übergang in ein neues Lebensstadium diente der Unterweisung und Vorbereitung auf die Gemeinschaft der Erwachsenen - sexuell, kultisch-religiös sowie gesellschaftlich und wirtschaftlich. In aller Regel besteht dieser Prozess aus drei Phasen: das Verlassen (Sterben) der Kinderwelt, der Übergang in einer von allem Äußeren abgeschirmten Gemeinschaft zur Findung der eigenen Persönlichkeit und letztlich die Rückkehr (Wiedergeburt) und der Eintritt in die Gemeinschaft der Erwachsenen. Bevorzugte Orte für derartige Initiationsrituale waren und sind heute noch in vielen Kulturkreisen abgelegene Höhlen mit ihrem mystischen Ambiente. 353 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 So finden wir auch in frühen Quellen zur Geschichte der Kanarischen Inseln Hinweise auflnitiationsriten und die Rolle der Harimaguadas in der Gemeinschaft der Altkanarier, die Parallelen zur Cueva del Agua anbieten und damit die Hypothese des Autors stützen könnten. Hans-Joachim Ulbrich (1997:13) zitiert Abreu Galindo: "Bei den hochrangigen und adligen Leuten pflegte man die jungen Mädchen, sobald sie heiraten wollten, dreißig Tage lang abgesondert zu halten und sie mit Milchgetränken, Gofio und anderen Speisen zu füttern, damit sie fetter würden. Das gleiche wiederfuhr den übrigen Jungfrauen". Diese Mästung sieht Ulbrich als Teil des Initiationsrituals. Weiter zitiert er aus der Cr6nica Ovetense: " ... Auch unterhielten diese Gebietskönige Häuser (und Höhlen), in denen Jungfrauen, die Maguadas genannt wurden, abgeschirmt lebten ... " (1997:24). Wölfel (1940:110) beruft sich zum selben Thema in Anmerkung 58 zu Torriani auf Pedro Agustin del Castillo y Ruiz de Vergara: »Castillo (49, S. 56) beschreibt uns das Höhlenkloster der Harimaguas, der heiligen Mädchen, ähnlich: "Als ich bei gewisser Gelegenheit im Gebiet von Guia war, fragten mich zwei der Vornehmsten dieses Ortes, ob ich eines der Klöster dieser Alten sehen wollte, das sich auf einer hohen und steilen Stelle über dem Barranco de Valer6n befindet."«. Zwei interessante Hinweise auf diesen Kult der Harimaguadas finden wir in authentischen Reiseberichten bedeutender Kanarenforscher der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. So schreibt Bory de St. Vincent (1804:105): "Die Grotten, von einigen Tempel genannt, wo diese Magades der Gottheit die Bitten des Volks vortrugen, und ihr täglich Libationen von Milch darbrachten, wurden als Zufluchtsörter respektiert die Niemand ungestraft entweihen durfte." Julius Freiherr von Minutoli (1854:87) präzisiert das Leben dieser auserwählten Jungfrauen: "Unter den Eingebornen von Gran Canaria lebten Harimaguadas; Vestalinnen, welche ein beschauliches Leben führten, von den Menschen abgesondert, einsam in abgelegenen Höhlen wohnten und als Prophetinnen galten. Sie waren im Genuss besonderer Privilegien; erhielten von einem gewissen Umkreise ihres Wohnsitzes den Zehnten und zeichneten sich äusserlich dadurch aus, dass sie in weisse Felle gekleidet einhergingen. Ihre Wohnungen dienten den Verfolgten zum Asyl und hiessen Tamagantes." Für all das, was uns in diesen historischen Quellen über das Leben der Harimaguadas oder über Initiationsriten auserwählter zur Heirat bestimmter Jungfrauen überliefert wurde, bietet die Cueva del Agua geradezu ideale Voraussetzungen. Die Cueva del Agua liegt abseits der uns bislang bekannten, altkanarischen Siedlungsgebiete El Hierros. Die durch einen künstlich errichteten Schutzwall nach außen abgeschirmte "Vorhalle" bietet genügend Raum, eine kleine- 354 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 re Gruppe für absehbare Zeit zu beherbergen - in Abgeschiedenheit und nahezu im Dunkeln. Das spärliche Tropfwasseraufkommen der Cueva del Agua könnte wenigen in einen Initiationsritus eingebundenen, enthaltsamen Jungfrauen zum Überleben genügt haben. Der unmittelbar an den Vorraum angrenzende, aber nicht einsehbare innere Kern, der "Uterus", kann dazu benutzt werden, dass von hier eine Stimme aus dem Nichts, eine "Stimme von oben" Unterweisungen erteilt, magische Formeln rezitiert, oder über Geräusche, Gesänge und Musik manipulierte Gefühlszustände erzeugt. Die Macht, die durch diesen verborgenen Ort z.B. auf Initianten ausgeübt werden kann, ist gewaltig. Vorstellbar ist auch, dass dieser Ort einem unsichtbaren Orakel diente, das zu bestimmten Zeiten oder Vorgängen befragt bzw. angerufen wurde. Die Wirkung solcher Aktionen und Einflussnahmen aus dem inneren Kern heraus, kann am besten vor Ort erlebt und nachgefühlt werden. Die Abgeschiedenheit dieses Ortes, abseits der bislang bekannten altkanarischen Siedlungsstätten El Hierros, und auch die Stille in den ausgedehnten Lavaröhren leitet hin zum Meditieren, zum Insichhineinhören - unterstützt vom sich ständig wiederholenden Takt der fallenden Wassertropfen. Dominik Wölfel (1980:451) erkennt in einigen Höhlen mit libysch-berberischen Inschriften Höhlen-Heiligtümer. Nach Harald Braem (1994:44/63) werden Höhlen-Heiligtümer mit Zeichen und Symbolen gekennzeichnet, belegt und gereinigt; als "heilige Orte" manifestiert und imagisiert, und damit für alle in den Geist des Ortes Nichteingeweihten tabuisiert. Für Balbin Behrmann und Tejera Gaspar (1983:112) kann die Cueva del Agua durchaus ein heiliger Ort gewesen sein, und Jimenez G6mez (1998:297) schließt sich dieser Überlegung an. Für den Autor ist, aufgrund seiner Untersuchungen, Entdeckungen und Erkenntnisse, die Cueva del Agua mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein altkanarisches Höhlen-Heiligtum. 5.5 Schutzraum oder Zuflucht Dass die Cueva del Agua solange der Öfentlichkeit und wohl auch den meisten Herrefios unbekannt war, ist ein brauchbarer Beweis für ihre abgeschirmte und geschützte Lage in El Letime. Wer diesen Ort nicht kennt, kommt hierher weder bewusst noch zufällig. Er bleibt Außenstehenden, Nichteingeweihten verborgen und ist somit ein idealer Zufluchtsort und Schutzraum. Das direkt vor der Höhle liegende schmale Zugangsband ist gut zu verteidigen, und an der Höhle selbst können Eindringlinge leicht zurückgetrieben 355 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 und bekämpft werden. Die Höhle und vor allem die beiden hinteren Lavaröhren sind kaum einnehmbar und können von wenigen Personen problemlos abgeschirmt werden. Mit dem, wenn auch spärlichen, Tropfwasseraufkommen sind die Schutzsuchenden auch vor dem Verdursten gefeit. Die Vorhalle hinter dem Schutzwall bietet vorübergehend eine durchaus brauchbare Unterkunft. 6. Teil eines altkanarischen Zentrums Unsere Feldforschungen in der Cueva del Agua und insbesondere in deren unmittelbarem Umfeld in El Letime und darüberhinaus in der gesamten Bucht von Las Playas haben ausreichend Beweise dafür geliefert, dass diese Felsbildstätte Teil eines größeren Siedlungsgebietes war. 6.1 Prähispanische Stätten in EI Letime Entgegen der bisherigen Annahmen und Aussagen ist die Cueva del Agua Teil eines altkanarischen Zentrums, vermutlich einer Kultstätte. In ihrem unmittelbaren Umfeld befinden sich eine Reihe kleiner Höhlen und Abris, die entweder als Hirtenunterkünfte oder aber auch als Bestattungshöhlen gedient haben könnten. Zwei größere Wohnhöhlen - eine davon doppelstöckig - mit ausgebauten Vorplätzen, ordentlich gesetzte Wege mit Stufen und Mauerdurchgängen sowie ein sorgfältig gefasster, wahrscheinlich ganzjährig wasserspeichernder Charco untermauern unsere Vermutungen. Eine nachhaltige Unterstützung dieser These liefern der wohl besterhaltene Tagoror des kanarischen Archipels sowie die unmittelbar daran anschließenden Reste eines Steinbaus, den wir wegen seiner ebenfalls hervorragenden, alles beherrschenden Lage mit dem Arbeitstitel "Palacio del Letime" bezeichneten. 6.2 Prähispanisches Zentrum in Las Playas Sucht man aufEl Hierro einen Siedlungsplatz mit allen nur denkbaren Vorteilen, dann wird Las Playas an vorderster Stelle stehen. Diese Bucht ist nach allen Seiten durch hohe Felswände hermetisch abgeschirmt und nur durch wenige gut kontrollierbare Pfade zugänglich. Auch jede Annäherung vom Meer her wird frühzeitig erkannt. Von alters her bekannte Quellen liefern gutes Trinkwasser, und für Ziegen oder Schafe gibt es ganzjährig in verschiedenen Höhen gute Weidegründe. In einem Gebiet mit solchen Vorzügen sind in aller Regel Reste frühester Ansiedlungen zu vermuten. Diese Annahme haben wir nach weitläufigen Erkundungen bestätigt gefunden: In Las Playas konnten wir teilweise gut er- 356 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 haltene Zeugnisse einer altkanarischen Siedlung feststellen, u.a. sehr gut ausgebaute Wohnhöhlen, eine Reihe verschieden großer Steinbauten mit sehr unterschiedlichen Grundrissen sowie ein Tagoror und ein kleiner Conchero. 7. Schlussbemerkungen Während unserer über zwei Jahrzehnte durchgeführten Erkundungen in und um die Cueva del Agua konnten wir auch Erkenntnisse über negative Veränderungen gewinnen, die eine Anregung an alle für den Erhalt des kanarischen Kulturgutes Verantwortlichen sein sollten. 7.1 Veränderungen, Gefährdungen In den vergangenen zwanzig Jahren waren nur geringe Veränderungen festellbar. Die libysch-berberischen Inschriften und die Gravuren sind ohne jede Beschädigung im gleichen Zustand wie bei ihrer Entdeckung. Die vier Wasseraufangschalen stehen unverändert an ihrer ursprünglichen Position. Am Steinverbau des Schutzwalls sind einige Steine aus der obersten Lage herausgerissen. Die bis vor Jahren vereinzelt feststellbaren Oberflächenfunde (Keramikstückchen, Lavasplitter, Holzkohle u.ä.) sind gänzlich verschwunden; statt dessen findet man in den bequem zugänglichen Teilen der Höhle Zigarettenfilter. 7 .2 Schutz der Höhle Da die Cueva del Agua nach unserer Erkenntnis ein für die Geschichte der Kanarischen Inseln bedeutendes Kulturgut ist, sollten alle Anstrengungen unternommen werden, diese Kultstätte der Bimbaches bis ins Detail wissenschaftlich zu untersuchen und zu ergründen. Der Schutz dieser Höhle und der gesamten altkanarischen Anlagen in ihrem unmittelbaren Umfeld ist eine der wichtigsten archäologischen Auf gaben El Hierros. Es gilt für alle Herrefios die Verpflichtung, ihre eigene Geschichte zu bewahren - für sich selbst und für zukünftige Generationen. 357 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 8. Anmerkungen [1] Jose Padr6n Machin "El Simbolismo de los Letimes": " ... Letime bedeutet Kante/Rand, wenn es sich um eine steil abfallende Felsformation handelt. ... Letime bezieht sich nur auf ein steilabfallendes gUferf von wo aus man schöne Panoramen in der Tiefe und in der Weite betrachten kann - gleichermaßen vom Land wie vom Meer. .. Gewaltige, steile Felsen, die der Sonne gegenüber liegen, färben sich bei aufgehender Sonne rot ein ... Wenn die »Letimes« nicht diese Aspekte von Großartigkeit und Schönheit aufweisen, dann nennt man sie »Bordes« ... »Letime« ist ein krönender Ort, ein fantastischer Ort mit schönen Aussichten ... Der andere bedeutende »Letime« ist der von Las Playas, kleiner als der von El Golfo, aber einzigartiger. Das Panorama ist nicht ganz so liebreizend und majestätisch, aber überraschender, gewaltiger und ungezähmter. Seine größte Einzigartigkeit liegt in seiner Form eines perfekten Halbkreises ... Wenn man das Panorama betrachtet, erscheint das Ganze als eine große ruhige Stelle des Friedens - und des Vergessens - in deren Felsen morgens die aufgehende Sonne widerstrahlt und nachmittags - mit bizarren Kontrasten - in Schatten untergeht, als Vorboten der sehr tiefen Nächte, der geheimnisvollen Stille ... " (Deutsche Übersetzung aus dem Spanischen von Nina Kleuker) [2] "Man fand in dieser Höhle keine Materialien für eine Radiokarbonmessung ... " [3] "Wir fanden dort keine archäologischen Reste, und auch in der Umgebung sind uns keine vorspanischen Hinterlassenschaften bekannt..." und weiter " ... einem Ort, in dessen Umgebung wir bislang keine Zeugnisse menschlicher Niederlassungen finden konnten." 358 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 9. Glossar Abri Barranco Schutzraum oder Halbhöhle unter einem Felsüberhang wettergeschützter Siedlungsplatz schluchtartiger Geländeeinschnitt durch Auswaschungen entstanden Bimbaches Ureinwohner von El Hierro Caldera Kessel aufEl Hierro auch: Vulkan-Kessel, -Krater Charco Pfütze, Tümpel, Teich auf El Hierro auch: gefasste Wasser-Sammelstelle Conchero Anhäufungen von Muschelschalen bei Siedlungsplätzen der Ureinwohner Cumbre Höhengrat eines Kraters, Kraterrand, Berggipfel, Berghöhe, Bergkamm, Höhenrücken Herrefios Bezeichnung der heutigen Einwohner El Hierros (weiblich: Herrefias) Initiation Einweihungsritual bei der Geschlechtsreife zur Vorbereitung in die Erwachsenenwelt, oder in ein religiöses Amt Lapas Meeresschnecken Letime mit runden bzw. ovalen, mehr oder weniger gewölbten Schalen, die zahlreich in Concheros vorkommen altkanarischer Begrif für Rand eines Abgrundes, Abbruchkante einer Felswand, Teil einer Cumbre mit besonders eindrucksvollen weiten Panoramen Moneiba weibliche "Gottheit" der Bimbaches Stalagmiten vom Boden aufsteigende Stalaktiten bzw. von der Decke hängende Tropfsteine - im vorliegenden Fall beim Abtropfen erkaltete Lava Tagoror altkanarischer Begrif für einen kreisförmigen Versammlungsplatz 359 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 10. Literatur Balbin Behrmann, Rodrigo de; Tejera Gaspar, Antonio (1983): Los grabados rupestres de la Cueva del Agua. El Hierro, Islas Canarias.- Zephyrus XXXVI, Universidad de Salamanca, Salamanca, 105-112 Bethencourt Alfonso, Juan (1991): Historia del Pueblo Guanche. Tomo 1.- Francisco Lemus, La Laguna Berthelot, Sabin (1879): Antiquites Canariennes.- E. Plon et Cie, Paris Biedermann, Hans (1983): Die Spur der Altkanarier. Eine Einführung in die Altvölkerkunde der Kanarischen Inseln.- Burgfried-Verlag, Hallein Bory de St. Vincent, J.B.G.M. (1804): Geschichte und Beschreibung der KanarienInseln.- Herausgegeben von T.F. Ehrmann, Verlag des Industrie-Comptoirs, Weimar Braem, Harald (1994): Die magische Welt der Schamanen und Höhlenmaler.DuMont Buchverlag, Köln Corrales Zumbado, C.; Corbella Diaz, D.; Alvarez Martinez, M. A. 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(2001): Das Phänomen zur Zeit der Sommersonnenwende bei der Cueva del Agua über Las Playas auf EI Hierro.- IC-Nachrichten 84, Institutum Canarium, Wien, 1,2,45-47 Steiner, Hartwig-E. (2001): Historische Quellen beschreiben die außergewöhnlichen Schattenspiele des Pico del Teide auf Tenerife bei Sonnenaufgang.- IC-Nachrichten 84, Institutum Canarium, Wien, 44 Tejera Gaspar, Antonio (1982-1983): Neue Ergebnisse der Altkanarierforschung - 1980-1985.- Almogaren XIII-XIV, Institutum Canarium, Hallein, 71 + 79 Torriani, Leonardo (1940): Die Kanarischen Inseln und ihre Urbewohner.- italienischer Ur-Text von 1590 mit deutscher Übersetzung durch Dominik JosefWölfel, K.F. 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Agua 2 Parador von EI Hierro mit der Cumbre von EI Letime über Las Playas 3 a Cumbre von EI Letime im frühen Sonnenlicht vom Parador aus 3 b Parador mit der Cumbre über Las Playas (Illustration: Gerd Amm ) 4 Haupteingangsröhre der Cueva de! Agua, links die Wand mit Felsbildern 5 a Blick aus der Cueva de! Agua auf die Bucht von Las Playas 5 b Blick in die Haupteingangsröhre der Cueva de! Agua 6 7 8 9 10 a 10 b 11 a 11 b 12 13 a 13 b 14 15 a 15 b 16 17 a 17 b 18 a 18 b 19 a 19 b 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 362 Blick aus der Cueva de! Agua auf den Parador Libysch-berberische Inschriften im Morgenlicht Libysch-berberische Inschriften am linken Höhleneingang Libysch-berberische Inschriften Linke Eingangswand mit Maßblatt Linke Eingangswand Höhleneingang von innen mit den davor wachsenden Opuntien Markantestes Zeichen der rechten Eingangswand Kreisförmige Zeichen auf der linken Wand "Vulven-" bzw. kreisförmige Zeichen auf der linken Wand "Herz-" oder tropfenförmige Zeichen auf der linken Wand Netzstrukturen, Kreise und "Vulven" auf der linken Wand Netzstrukturen, Kreise und "Vulven" auf der linken Wand Detail einer Netzstruktur auf der linken Wand typische Punzstruktur "zoomorphes"(?) Zeichen auf der linken Wand "zoomorphes"(?) Zeichen Autor inspiziert die linke Lavaröhre typische Struktur der rechten Lavaröhre künstlicher Steinverbau von außen gesehen Illustration desselben Steinverhaus von innen Grundriss-Plan der Gesamthöhle Grundriss-Plan des Eingangsbereichs Grundriss-Plan der linken Lavaröhre mit Querschnitts-Profilen Grundriss-Plan der rechten Lavaröhre mit Querschnitts-Profilen Grundriss-Plan des "geheimen Kerns" (»Uterus«) Grundriss-Plan der 4 Tropfwasser-Steinschalen Illustration der Tropfwasser-Steinschale I Illustration der Tropfwasser-Steinschale II Illustration der Tropfwasser-Steinschale III Illustration der Tropfwasser-Steinschale IV Illustration der Kombination der Tropfwasser-Steinschalen III + IV Organische Relikte (Zähne, Knochen, Lapas, Holzkohle) 1: 1 Keramik-Scherben 1:1 Keramik-Scherben 1:1 Stein-Werkzeuge 1 : 1 Stein-Werkzeuge 1: 1 "Stein-Idol" (?), 8 x 13,5 cm, aus einem unbearbeiteten Lavastein © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 EL HIERRO Tafel 1 363 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Cumbre von EI Letime · Las Playas/ EI Hierro Tafel 2 364 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Cumbre von EI Letime · Las Playas/ EI Hierro CUEVA DEL AGUA·Nördlich vom Parador,Las Playas/EI Hierro Tafel 3 365 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Tafel 4 366 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Blick aus der Höhle · Las Playas/ EI Hierro Tafel 5 367 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Blick zum Parador · Las Playas/ EI Hierro Tafel 6 368 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Libysch-berb. Inschrift· Las Playas/ EI Hierro Tafel 7 369 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Libysch-berb. Inschrift· Las Playas/ EI Hierro Tafel 8 370 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Libysch-berb. Inschrift· Las Playas/ EI Hierro Tafel 9 371 E u N (") © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CUEVA DEL AGUA · Linke Eingangswand· Las Playas/EI Hierro Tafel 10 372 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA ·Höhleneingang· Las Playas/ EI Hierro Tafel 11 373 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Zeichen kreisförmig · Las Playas/ EI Hierro Tafel 12 374 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Zeichen kreisförmig· Las Playas/ EI Hierro Tafel 13 375 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Zeichen Netzstrukturen · Las Playas/ EI Hierro Tafel 14 376 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Wand mit Netzstrukturen· Las Playas/ EI Hierro Tafel 15 377 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CUEVA DEL AGUA · typ. Punzstruktur · Las Playas/EI Hierro Tafel 16 378 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Zeichen „zoomorph"? · Las Playas/ EI Hierro Tafel 17 379 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Linke Lavaröhre · Las Playas/ EI Hierro Tafel 18 380 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Steinverbau aussen · Las Playas/ EI Hierro Tafel 19 381 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Höhlen-Grundriss · Las Playas/ EI Hierro ..:.:...-+---J ,@ © STEINEA '93 Tafel 20 382 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Eingangsbereich · Las Playas/ EI Hierro lm Cl ARCHÄOLOG. BEFUND * Keramikscherben • Schmuckscheiben • Holzkohle Lapas c Knochen v Zahn t Libysch-berb. Inschrift x Petroglyphen Tafel 21 © STEINER '93 383 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · linke Lavaröhre · Las Playas/ EI Hierro Tafel 22 384 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 Tafel 23 385 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CUEVA DEL AGUA · Der „geheime Kern"· Las Playas/EI Hierro HAUPTEINGANG 386 1,30 m hoch 0 Tafel 24 1m © STEINER '93 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Lageplan Wasserschalen· Las Playas/ EI Hierro (2)1v \o, 25m ® III 1m ©/ STEIN ER '93 <.os, II@ 1,40m Tafel 25 387 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 55' - 1 85 * Wassertiefe 4cm Tafel 26 388 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 40 * Wassertiefe 8cm Tafel 27 389 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 / () * Wassertiefe 2 cm Tafel 28 390 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Wasserschale IV · Las Playas/ EI Hierro / * Wassertiefe 7 cm Tafel 29 391 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Wasserschalen 111 + IV· Las Playas/ EI Hierro / 35 / 50 Tafel 30 392 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Organische Relikte · Las Playas/ EI Hierro Tafel 31 393 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CUEVA DEL AGUA ·Keramik-Scherben· Las Playas/EI Hierro Tafel 32 394 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Keramik-Scherben · Las Playas/ EI Hierro Tafel 33 395 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Stein-Werkzeuge · Las Playas/ EI Hierro Tafel 34 396 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · Stein-Werkzeuge · Las Playas/ EI Hierro Tafel 35 397 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 CU EVA DEL AGUA · »Stein-Idol« (?) · Las Playas/ EI Hierro Tafel 36 398 © Del documento, los autores. Digitalización realizada por ULPGC. Biblioteca, 2017 |
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