Bernhard PELZL, Graz
DER NAME ATLAS
Einleitung
Nach der unter senosen Gelehrten vorherrschenden Lehrmeinung ist Atlas „ursprünglich
der Name des K yllenegebirges im Peloponnes und wurde später auf den
nordwestafrikanischen Gebirgszug übertragen. Von da erhielt das im Westen gesuchte
Atlantis und der Atlantische Ozean seinen Namen ."1 Während H. HUNGER diese
communis opinio in seinem „Lexikon der griechischen und römischen Mythologie"
ohne jede Begründung und ohne Literaturhinweis vertritt, bemühte sich 0.
PUCHSTEIN in (der älteren) RE, diese Annahme wie folgt plausibel zu machen:
„Von welcher Seite man auch in den peloponnesischen Küstenlandschaften die
gewaltigen Felsenmassen des arkadischen Hochlandes betrachtet, überall türmt sich
die mächtige Bergmauer empor und scheint fast bis in den Himmel hinein zu ragen.
Wie natürlich war es da . .. , zu sagen: da oben hoch im Gebirge, wo der Garten der
Götter ist, den kein Sterblicher betritt, da steht ein riesenhafter Mann und trägt auf
dem Haupt und den unermüdlichen Händen den Himmel ... "2
PUCHSTEINS wichtigstes Argument ist außer Atlas' Vaterschaft der arkadischen
Erdgöttin Maia3
, auf die wir noch zurückkommen werden, die in so gut wie allen
Lexika und Wörterbüchern vertretene Etymologie, nach der der Name eine
„Zusammenbildung von a copulativum und dem in rXfi-vat vorliegenden Stamm
rXa-" ist, wobei Umbildung nach den vr-Stämmen in Betracht kommt. "4
Bei dieser Interpretation spielt sicher auch das Hintergrundwissen, daß Atlas nach
der Mythologie strafweise5 den Himmel trägt, eine große Rolle. Diese Funktion des
Atlas ist sicher unleugbar und ursprünglich, wie noch gezeigt werden wird, jedoch
nur im weitesten Sinn eine Strafe.
Umso mehr aber, als hier sprachwissenschaftliche Kritik nicht möglich ist, muß
wenigstens darauf hingewiesen werden, daß sich diese auf den ersten Blick so
einleuchtende Etymologie auf nichts anderes als eine vage Vermutung stützt,
nämlich die Meinung, daß jemand, ,,der trägt", auch „Träger" heißen muß und daß
nur ein hoher Berg diese Assoziation auslösen kann.
In noch stärkerem Maße gilt dieser Vorwurf für den Erklärungsversuch von W.
BRANDENSTEIN6
, der Atlas, wie schon vor ihm W. STEINHAUSER7
, mit dem
berberischen Wort für „Gebirge" adrar in Verbindung brachte. Diese Etymologie
muß außerdem wegen phonematischer Schwierigkeiten als mißlungen betrachtet
werden8
•
Eine neuerliche Untersuchung des Namens Atlas erscheint also nicht nur
gerechtfertigt, sondern sogar notwendig. Es wird im folgenden daher unsere erste
Aufgabe sein, die wichtigsten Argumente für eine Reihe von Annahmen anzuführen,
die als Begrifsbestimmung des Atlas die Grundlage für die neuerliche Namenserklärung
bilden werden.
27
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Begriffsbestimmung des Atlas
Was die Begriffsbestimmung des Atlas betrift, können wir m. E. nicht mehr umhin,
zur früheren Aufassung zurückzukehren, daß Atlas ein Gott des Meeres war. Bereits
L. PRELLER9 sah in Atlas die stützende Macht des Meeres und dachte sich die
Säulen auf dem Meeresgrund stehend, so daß sie, wie bereits Pausanias10 schreibt,
Himmel und Erde trugen, insoferne nämlich als der Himmel auf der Erde
aufgerichtet ist.
PUCHSTEIN11 lehnt diese Auffassung mit der Begründung ab, daß diese „zum
Teil mit viel Scharfsinn ausgedachten Erklärungsversuche . . . entweder ganz Unwesentliches,
ja nachweislich Unrichtiges zum Ausgangspunkt nehmen, oder von der
allegorischen Aufafssung ausgehen ..." Hier irrt aber PUCHSTEIN, und seine auf
einer Reihe älterer Untersuchungen basierende „neue" Deutung, die, wie gesagt, auf
die ursprüngliche Identifikation des Atlas mit dem K yllenegebirge schlechthin
hinausläuft, ist ein Musterbeispiel für die so oft beobachtete Abwendung von
richtigen Ansätzen im Zuge fortschreitender wissenschaftlicher Forschung.
Bereits die griechischen Atlasgenealogien beinhalten genug Hinweise darauf, daß
Atlas mit dem Meer in enger Beziehung stand: Bis auf eine seiner „Mütter"12 sind
alle Töchter des Okeanos, der nach Homer als Weltstrom13 und als Wassergott
schlechthin14 erscheint. Auch als seine Gattin wird vornehmlich eine Okeanide
genannt, nämlich Pleione 15 •
Zu diesen auffallenden Hinweisen in den Genealogien, die allein sicher nicht
genügen würden, Atlas als typischen Gott des Meeres zu bestimmen, kommt noch ein
bedeutender homerischer Beleg, die Odysseestelle 1, 52-54.
In dieser Stelle wird Atlas von Athene „der Tückische, der des ganzen Meeres
Tiefen kennt" genannt. Diese Aussage veranlaßte A. LESKY16 zu einem treffenden
Vergleich des Atlas mit dem im fragmentarisch erhaltenen hurritisch-hethitischen
„Gesang von Ullikummi", einem Teil der Kumarbi-Mythen17, öfter erwähnten
Urgott Upelluri. Dieser Upelluri trägt Himmel und Erde, und der Ort, an dem er sein
geheimnisvolles Dasein führt, liegt irgendwo in den Tiefen des Meeres. Diese Aussage
aber deckt sich weitgehend mit dem Inhalt unserer Odysseestelle.
In der Odysseestelle steht allerdings etwas mehr: EXEL M 7€ 1<.wvac; av7oc; μa1<.pac;,
fü -yaia.v 7€ K.aL ovpavov aμl{)tc; EXOVOW. Bei der Übersetzung dieser Phrase scheiden
sich die Geister. Die übliche Übersetzung ist: ,, ... die Säulen, die Himmel und Erde
auseinanderhalten", weil man sich nicht vorstellen konnte, daß ein einzelner mehr
als zwei Säulen zu tragen imstande ist18• Gehen wir aber, wie es schon intuitiv
PRELLER tat, davon aus, daß Atlas wie Upelluri der Meeresboden oder vielleicht
sogar das Meer selbst ist, besteht kein Hindernis zu übersetzen: ,, ... die Säulen, die
Himmel und Erde rundum halten. "19
Die Säulen des Atlas bei Homer würden damit auf das altorientalische Weltbild20
hinweisen, das die Erde sowohl rundum als auch oben und unten vom Urozean
umflossen darstellt. Die Erde selbst ist mit Hilfe von Säulen in diesem Urmeer
verankert. Das Himmelsgewölbe aber ist gewöhnlich auf der Erde aufgerichtet, so
28
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daß der Träger der Erde bzw. ihrer Säulen gleichzeitig auch Himmelsträger ist. Atlas
kann somit niemals ein Gebirge gewesen sein. Dafür sprechen noch weitere Gründe:
Upelluri hat nämlich seinerseits ein weiteres Gegenstück im sumerischen Urgott
Abzu, dem Süßwasserozean, der mit dem weiblichen Salzwasserurmeer Tiamat
vermischt in der sumerischen Kosmogonie am Anfang steht, und aus diesen werden
die ersten Götter geboren. (Genauso wie im Ullikummilied auf Upelluri wird auch
hier die Welt schon vor dem Götterkampf auf Abzu errichtet!)
Diese Überlieferung hat ebenfalls bei Homer Eingang gefunden21
• Bei ihm aber
tragen diese beiden Göttergestalten gut bekannte, wenn auch phönikische Namen:
Okeanos und Thetis, und Okeanos hat auch schon seine ursprüngliche Funktion ganz
verloren.
Jeder dieser drei Urwassergötter kommt sichtlich aus einer anderen Kultur:
Upelluri aus der hurritischen, Okeanos aus der altorientalischen. Was bleibt uns für
Atlas übrig, als ihn einer altmediterranen Kultur zuzuweisen, aus der er in die
griechische Mythologie übernommen und eingearbeitet worden ist? Für diese
Annahme gibt es wiederum ein sehr starkes Argument.
Ich habe schon in der Einleitung darauf hingewiesen, daß PUCHSTEIN Atlas'
Vaterschaft der Erdgöttin Maia als gewichtige Begründung für seine Atlaslokalisation
und -identifikation im Peloponnes verwendete. Diese Überlieferung spricht aber viel
mehr für den Meeresurgott Atlas, denn in allen zum Vergleich heranzuziehenden
Kosmogonien wird die Erde aus dem Urmeer geboren: So entstehen aus Abzu und
Tiamat neben den „Dingen oben" ( anschar ), also der Himmel, auch die „Dinge
unten" (kischar ), das ist die Erde22
• In einer anderen sumerischen Überlieferung wird
aus Nammu, dem weiblichen Urmeer, Enki, der „Herr der Erde", geboren. Auch für
Okeanos und Thetis rekonstruieren wir mit H. SCHW ABL 23 dasselbe, so daß für die
griechische Kosmogonie die Reihe Okeanos - Uranos!Ge - Kronos usw. gegolten
haben muß. In dieses Schema aber fügt sich gut unser Atlas als Vater der Maia24 ein.
Im Zusammenhang mit unserer Odysseestelle 1, 52 f. haben wir noch kurz ein
Argument PUCHSTEINS zu entkräften, das besagt, daß die Worte der Beschreibung
des Atlas von Proteus25 entliehen seien. Hier hat aber M. P. NILSSON klar gezeigt,
daß die Meerdämonen, zu denen außer Proteus auch Triton, Glaukos, Nereus
gehören, nicht wie Upelluri, Okeanos, oder wie wir gefunden haben, Atlas
kosmogonischen Ursprungs sind, sondern als ä'Xwt 'YEPOVT€<; zu den Naturdämonen
zu zählen sind, die man überall wiederfindet. ,,Er tritt (der ä'Xwr; 'YEPWV nämlich,
Verf.) in der Einzahl auf", schreibt NILSSON, ,,weil jeder Ort den seinen
verehrte . . . deshalb konnte er auch an verschiedenen Orten mit verschiedenen
Namen benannt werden. "26 Die Entlehnung kann also nur umgekehrt erfolgt sein.
Ich meine damit, bei allen Vorbehalten, genügend Argumente angeführt zu haben,
um es wahrscheinlich zu machen, daß diese Göttergestalt, die wir nach der
griechischen Überlieferung Atlas nennen, Meeresurgott einer ebenfalls nur aus
griechischen Quellen zu erschließenden Mythologie bzw. Kosmogonie einer prähistorischen
Kultur war.
Wie aber konnte es dazu kommen, daß der Name dieses Urgottes zum Namen
eines Gebirges wurde?
29
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Atlas, der Träger des Himmelsgewölbes
Wir haben oben festgestellt, daß diese unsere Auffassung von Atlas als Urmeeresgott
nicht gegen seine Funktion als Träger der Erde und des Himmels spricht, sondern
vielmehr eine conditio sine qua non für einen solchen Urgott ist.
Die Kosmogonien selbst nun kennen freilich, wenn überhaupt, nur selten Säulen,
die Erde und Himmel oder den Himmel allein tragen. So wird in der fünften Tafel
des babylonischen Weltschöpfungsliedes Enuma elis so nebenbei berichtet, daß die
Ungeheuer, die für Tiamat gegen die jungen Götter kämpften, zu Statuen
verwandelt, die „Tore des Abzu" stützen mußten, also den Träger schlechthin. Sonst
berichtet keine Kosmogonie darüber.
Diese Erwähnung erinnert uns natürlich sofort an die Strafe des Atlas für seine
Teilnahme am Kampf der Titanen27
• Sicher ist diese Vorstellung auch von daher in
die griechische Mythologie eingedrungen. Verantwortlich dafür aber kann nur der
Volksglaube gewesen sein, denn wie will der Träger doppelt stützen?
Die Vorstellung von Atlas als Himmelsträger kann also erst zu einem Zeitpunkt
entstanden sein, als Atlas seine ursprüngliche Bedeutung längst verloren hatte und so
frei für die Legendenbildung geworden war28 • Von daher ist der Weg nicht weit zur
Möglichkeit, daß die Aufgabe, das Himmelsgewölbe zu tragen, vom Volksglauben
hohen Bergen zugewiesen wurde, und daß man den wichtigsten (oder auch einzigen)
mit dem Namen dessen belegt hat, auf dem Erde und Himmel in der Erinnerung, die
vor allem von Homer tradiert wurde, überhaupt aufgerichtet waren.
In diesem Zusammenhang ist aber auf jeden Fall darauf hinzuweisen, daß sonst
kein Fall aus irgendeiner Mythologie bekannt ist, in dem eine solche Säule
personifiziert worden wäre.
Wenn wir nun aber davon ausgehen, daß es einen solchen Berg in der Folklore
gegeben hat, gilt es mindestens zu fragen, welche Bedingungen für seine Lokalisation
anzugeben sind.
Die Aussage PUCHSTEINS „zugleich aber wurden, je mehr sich der Horizont der
Griechen nach Westen hin mit dem Vordringen der Schiffahrt in die westlichen
Gewässer erweiterte, die Lande der Phantasie ... und mit ihnen der Standort des A.
in immer weitere Feme gerückt"29 impliziert zweifellos die Annahme, daß dieses
dem Atlas von PUCHSTEIN als ursprünglicher Standort zugewiesene Gebirge
irgendwann einmal Grenze des geographischen Weltbildes der Griechen bzw. ihrer
Vorfahren gewesen sein. Diese Annahme hat einige Wahrscheinlichkeit für sich,
wenn wir deren allgemein angenommenen Einwanderungsweg zugrunde legen. Auch
die griechische Überlieferung spricht dafür 3°.
Nach seiner Dislokalisation im Zuge der Erweiterung des Weltbildes wurde der
Standort des Himmelsträgers zunächst wohl nicht konkret mit einem Gebirge
identifiziert31
, denn es „reichten die geographischen Kenntnisse der Griechen nicht
aus, um den Ländern des westlichen Mittelmeeres eine greifbare Gestalt zu verleihen,
und später sorgte der feste Riegel der karthagischen Seemacht dafür, daß der Westen
in geheimnisvolles Dämmerlicht gehüllt blieh."32 Schließlich konnte man leicht das
am weitesten im Westen bekannte Gebirge mit diesem Namen bezeichnen. Daß
30
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dieser Name dann auf dem heutigen Atlasgebirge hängengeblieben ist, spricht sehr
dafür, daß zu dieser Zeit die Überlieferung zu ihrem Abschluß gekommen war und
nur noch als Märchen im Volke weiterlebte.
Als Bestätigung dieses unseres Ergebnisses sei ein typologischer Vergleich mit den
Weltsäulen im Weltbild eines ganz anderen Kulturkreises erlaubt33
, mit dem des alten
China.
„J enseits der Hauptberge ( eine Art Erdgottheit, Verf.) denken sich die Chinesen
noch weitere mythische Berge, die an den Enden der Welt die Rolle von Polen,
Himmelssäulen usw. spielen. Die berühmteste davon ist in der späteren Folklore zu
einer großen Beliebtheit gelangt; est ist der Kuen-luen.
Dieser Berg liegt im Westen der Welt und rückt immer weiter nach Westen, je mehr
die geographischen Kenntnisse sich e1 .veitern; denn er bleibt unzugänglich. Er ist
außerordentlich hoch, so hoch, daß er den Himmel berührt. Sein Sockel muß
dementsprechend tief in die Erde hinabreichen ... Den Zugang zu ihm verwehrt ein
geheimnisvolles tiefes Wasser ... Wer daraus trinkt, erlangt Unsterblichkeit."34 Dem
muß wohl nichts hinzugefügt werden.
Aus all dem aber ersehen wir, daß die Himmelssäule Atlas einen ganz anderen
mythologischen Stellenwert besitzt als der von uns rekonstruierte Urgott Atlas. Sie
ist Gegenstand des Volksglaubens, der Folklore, des Märchens. Und mit unserem
Urgott verbindet sie nichts weiter als die Erinnerung an den Träger Atlas, auf dem
Erde und Himmel aufgerichtet sind, eine Funktion, die wir aber ganz anders
bestimmen mußten.
Die ältesten Belege des Namens
Was die Bekanntschaft der Griechen mit dem Namen Atlas betrifft, ist am ehesten
anzunehmen, daß sie bzw. ihre unmittelbaren indogermanischen Vorfahren bereits
sehr früh davon Kenntnis erhalten haben.
Zwar ist der Name in den Sprachdenkmälern von Linear B sicher nicht
enthalten35
, aber bereits Homer nennt Atlas mit einer Selbstverständlichkeit, die nur
unter der Voraussetzung, daß er schon damals voll in die griechische Mythologie
einbezogen war, möglich ist.
Auf jeden Fall haben wir mit obigen Ausführungen der Auffassung, daß die
Beinamen des Zeus, Ta'XErfrac; in Sparta und Ta'X'Xaloc; auf Kreta, sowie der Name
des Taygetosgipfels Taleton, wo nach Pausanias36 ein Kultort des Helios gewesen
sein soll, und Hesych. Ta'Xwc;· b r,'Xwc;, schließlich auch der Name Tantalos mit dem
Namen Atlas zusammengebracht werden könnten, die sachliche Basis entzogen.
Etymologie
Nachdem wir nun Atlas in seiner Funktion eingegrenzt und neu bestimmt haben,
gehen wir daran, den Namen selbst zu untersuchen, d. h. die ursprüngliche Form des
31
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Namens zum Zwecke der Eruierung seiner eigentlichen Bedeutung zu rekonstruieren,
wobei das Ergebnis dieser Rekonstruktion mit den oben dargelegten Realien
weitgehend übereinstimmen müßte.
Wir bedürfen dazu noch zweier Theorien, mit deren Hilfe gerade in jüngster Zeit
Erscheinungen des phonologischen Sprachwandels erfolgreich erklärt werden
konnten, d. h. diese Theorien haben sich „bewährt"37
• Und dieses Faktum veranlaßt
uns dazu, sie gerade in dieser heiklen Frage anzuwenden. Es handelt sich um die
sogenannte Laryngaltheorie und die Benveniste'sche Wurzeltheorie, deren gemeinsames
wissenschaftsgeschichtliches Merkmal darin besteht, daß sie die bis H.
KRAHE38 übliche reine Beschreibung des indogermanischen Ablauts durch seine
Erklärung ersetzt haben. Sie seien hier, soweit es für unsere Untersuchung notwendig
ist, kurz vorgestellt.
Was die Laryngaltheorie, die auf F. DE SAUSSURE39 zurückgeht, betrift, müssen
wir voranstellen, daß es von ihr keine allgemein verbindliche Form gibt40
• Wir
beschränken uns hier deshalb auf diese Elemente, die für das Verständnis der
Benveniste'schen Wurzeltheorie und der folgenden Ausführungen relevant sind:
1. Im Indogermanischen, das ist das Rekonstrukt der indogermanischen Einzelsprachen
durch Reduktion aller ihrer Erscheinungen auf gemeinsame Vorformen, hat
es eine Phonemgruppe gegeben, die von H. M<DLLER - ob zu Recht oder zu
Unrecht, wollen wir beiseite lassen - als Laryngale (Zeichen H) bestimmt wurde und
durch deren phonetischen Einfluß Vokalqualitäten und -quantitäten verändert
worden sind. Eines dieser Phoneme ist noch im Hethitischen als b vorhanden.
Beispiel: gr. avri „vor", lat. ante, früher als *anti rekonstruiert, entspricht heth.
g.anza, was eine gemeinsame Vorform *Ha/anti bei Annahme nur eines Laryngals,
bei Annahme mehrerer (üblicherweise drei) *H2 enti voraussetzt.
2. Die Ablautalternationen Voll- zu Nullstufe der langvokalischen Ablautreihen
verhalten sich gleich wie dieselben Ablautalternationen bei den kurzvokalischen
Diphthongen, d. h. aind. (da-)dha- (Präs.): hi-ta- (Part.) bzw. lat. fec-i (Perf.): fac-tus
(Part.) usw. sind mit gr. XEltr-w (Präs.): e-Xm-01 (starker Aor.) strukturell
vergleichbar. Es muß also im e von *dhe- ein dem i in *leiqw - vergleichbarer
„coefficient sonantique" stecken, der in der Nullstufe, genauso wie das i im
genannten Beispiel, zum Wurzelkern wird und seiner interkonsonantischen Stellung
entsprechend vokalisch realisiert erscheint.
3. Aus Punkt 2 aber ergibt sich, daß so gut wie alle von der klassischen
Indogermanistik angesetzten Langvokale das Ergebnis eines Laryngalausfalls nach
einem Vokal sind (vielleicht auch seiner Verschmelzung mit diesem Vokal, wenn wir
statt Laryngalen mit DE SAUSSURE lieber Halbvokale annehmen wollen). Auf
jeden Fall ist Punkt 1 zu berücksichtigen.
Beispiel: ( vgl. auch Punkt 2) gr. rl-{}rJ-μL „setzen, stellen, legen", lat. fec-i (Perf.),
aind. da-dha-mi, früher als *dhe- rekonstruiert, wird heute auf eine Vorform *dheHbei
Annahme nur eines Laryngals, bei Annahme mehrerer auf * dheH 1 -
zurückgeführt; gr. t-ari-μL, lat. sta-re, aind. stha-: früher< *sta-, heute *sta/oH bzw.
*steH2 -. Auch in diesen Fällen kann der ursprüngliche H im Hethitischen erhalten
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sein: lat. pasco „schützen, behüten", aksl. pasti „weiden", heth. pah(h)smi <
*pa/oHs- bzw. *peH2 s-.
Die Benveniste'sche Wurzeltheorie41 beruht nicht nur auf einer konsequenten
Anwendung der Laryngaltheorie, sondern auch auf der Beobachtung, daß der
quantitative Ablaut mit dem Akzent gekoppelt sein muß.
E. BENVENISTE ging davon aus, daß jede Wurzel einsilbig und „trilitere" sei,
d. h. aus drei Phonemen bestehe, wobei der erste und dritte immer ein C( onsonant),
auch H sind C, der mittlere immer ein V(okal), bei BENVENISTE immer e, sei. Nun
gibt es aber gerade im Indogermanischen viele Wurzeln mit mehr als drei Phonemen,
und deren Entstehung hat BENVENISTE folgend erklärt:
Es gibt Sufixe mit der alternierenden Struktur VC und C, durch die die
ursprünglich ausschließlich triphonematischen Wurzeln nach zwei Gesetzen erweitert
werden konnten:
1. Wenn die Wurzel, also der Wurzelvokal, den Akzent trägt, behält sie ihren V,
und das Sufix wird ohne V angefügt: (Thema I) CVC + C, z.B. *petr- > aind. patra-.
2. Trägt die Wurzel nicht den Akzent, verliert sie ihren V, während das Suffix mit
jetzt betontem V angefügt wird: (Thema II) CC + VC, z.B. *pt-er > gr. 7rT€p-6v, wo
wegen der Akkusativendung der Akzent sekundär zurückgezogen erscheint.
Damit sind die Möglichkeiten der Erweiterung jedoch noch nicht erschöpft; an
eine suffigierte Wurzel kann noch einmal ein Suffix angefügt werden, nun nach
folgenden Regeln:
1. Einfach nach Thema I: CVC + C + C, z.B. *jeu-g-s alat. ioux-menta
,,Gespann".
2. Als Infix vor dem ersten Suffix nach Thema II: CC + C + VC, z.B. *ju-n-eg >
aind. (Präs.) yu-n-aj-mi „ich verbinde".
Durch jede andere Erweiterung wird die Wurzel zu einem Nominalstamm (siehe
oben: iouxmenta).
Diese beiden Theorien wollen wir nun in der Untersuchung des Namens Atlas
anwenden, wozu der Name nicht indogermanisch zu sein braucht.
Zunächst erschließen wir aus dem Genetiv ''ArXavroc; den Stamm * Atlant-; es
handelt sich also, wie bereits bei der Besprechung der Etymologien in der Einleitung
zitiert, um einen nt-Stamm42 , wie wir ihn auch in jedem Partizipium finden können.
Als Wurzel aber ist demnach *atl- anzusetzen.
Nach den besprochenen Theorien dürfen wir dieses Konstrukt jedoch noch nicht
als ursprünglich akzeptieren, sondern müssen es auf eine Vorform *Hatl- zurückführen.
Diese Wurzel ist aber nun nicht mehr „trilitere", sie muß vielmehr bereits
eine Erweiterung nach Thema I erfahren haben.
Nach der weiteren, aufgrund unserer Methode notwendigen Reduktion bleibt eine
Wurzel *Hat-, die wir nun rücklaufend mit einem Suffix al/1 zu *Hat+ 1 (Thema I)
und *Ht + al (Thema II) erweitern können.
Was aus Thema I wird, ist uns bereits bekannt, unser Name Atlas, nur ist daraus
nichts für seine Etymologie zu gewinnen. Der Schlüssel dazu liegt vielmehr in Thema
II: *Htal-.
33
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Die Vertreter der Laryngaltheorie gehen davon aus, daß wenn überhaupt im
Anlaut vor nichtsilbischem Laut ein Laryngal gestanden hat4 3
, dieser spurlos zu
schwinden habe. Dabei ignorieren sie aber vergleichbare Fälle des Inlauts wie in gr.
a-,yat9-6c;, das sich mit germ. *göda in einer Vorform *gheH2t- bzw. *gha/oHtverbinden
läßt. Im Germanischen ist noch heute der Langvokal erhalten ( dt. gut,
engl. good), während in der griechischen Form ein kurzer Vokal, dafür aber auch
eine Aspirata vorhanden ist, die lautgesetzlich wiederum nur aus einer Aspirata
entstanden sein kann. Wenn wir hier aber eine Aspirata rekonstruieren, können wir
den Langvokal im Germanischen nicht erklären. Aus diesem Grunde nehmen wir mit
L. L. HAMMERICH44 an, daß in diesem Falle eine progressive Aspiration eingetreten
ist.
Wenn wir diesen Lautwandel auf unsere Form *Htal- anwenden, so erhalten wir
als ihre nächste Entwicklungsstufe *thal-. Dieses *thal-, so meine ich, kann durchaus
im griechischen Wort für „Meer" t9-aXaaaa vorliegen, denn es gibt keine indogermanische
Etymologie für dieses Wort, und alle Sprachhistoriker, die sich mit diesem
Wort beschäftigt haben, stimmen darin überein, daß t9-aXaaaa aus einem mediterranen
Sprachsubstrat entlehnt worden sei45
•
Was das Suffix -ss- betrifft, um das dieses *thal- zu t9-<iXaaaa erweitert ist, nimmt
man allgemein an, daß es sich nicht um das aus vorgriechischen Namen wie
Alipla(a)a, ITapvaa(a)o<; bekannte Element -ss- handelt, das sich angeblich sonst nur
noch im Luwischen nachweisen läßt46
, sondern daß hier das indogerm. Nominalsufix
*-tjo-47 vorliegt. Hier ist aber die vermutlich makedonische Hesych-Glosse
t9-aXa,yxav· t9-<iXaaaav zu berücksichtigen48
• Dieser Beleg spricht für ein älteres
Element mit Guttural, denn auch wenn wir außer einer Art Lautverschiebung nichts
von dieser nur noch in wenigen Relikten überlieferten Sprache wissen, können wir
davon ausgehen, daß aus -ss- niemals *-kk-, von dem hier in Analogie zum d der
Glosse und ähnlichen Beispielen auszugehen ist49
, entstanden sein kann. Wir dürfen
andererseits aber wegen des kretischen t9-aXcit9-t9-ac; und aufgrund des Griechischen
einen umgekehrten Lautwandel *-kjo- > -ss- annehmen, so daß wir t9-ciXaaaa auf eine
Vorform *thalakjo- zurückführen könnten.
Abgesehen von unserer Bestimmung des Atlas als Urmeeresgott gibt es also genug
Gründe, die es erlauben, anzunehmen, daß Atlas und t9-ciXaaaa zusammengehören.
Unter der Voraussetzung ihrer Verwandtschaft verhält sich nun Atlas zu t9-<iXaaaa
formal wie eine Vollstufe zu einer Nullstufe, wodurch einerseits zwei verschiedene
semantische Aspekte der gemeinsamen Vorform unterschieden worden sein könnten;
andererseits wäre es auch denkbar, daß das Wort über zwei verschiedene (proto-indogermanische)
Sprachträger ins Griechische Eingang gefunden hat.
Ich möchte dafür zwei indogermanische Beispiele anführen, die zwar, was ihre
phonematische Entwicklung betrift, gewissermaßen problematisch sind, mir aber
unserem Wortpaar typologisch vergleichbar erscheinen.
Es ist einmal das Wort für einen Baum, der in der Vollstufe „Buche" bedeutet,
wobei es nicht verwundert, daß die Vollstufe auf die Sprachen eines Gebietes
beschränkt ist, wo es tatsächlich Buchen gegeben hat: lat. fägus, anord. bök (<
*bhäg-), während östlich der sogenannten „Buchengrenze" die nullstufige Form des
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Wortes mit anderen Bedeutungen erscheint: kurd. buz „Ulme", russ. buzina, boz
,,Hollunder" ( < *bhüg-).
Das zweite Beispiel zeigt, daß beide Ablautalternationen in derselben Sprache
ebenfalls mit unterschiedlicher Bedeutung vorkommen können: Es ist wieder ein
Baumwort, das in der Nullstufe die „Ulme" (lat. ulmus < *!mos), in der Vollstufe
die „Erle" (alnus < *alnos) bezeichnet50 ,
In Analogie zu diesen Beispielen dürfen wir jedenfalls darauf schließen, daß die
Bedeutung des Namens Atlas mit dem Begriff „Meer" ein gemeinsames, wenigstens
mythologisches genus proximum hat.
Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sowohl das Wort ciXaaaa als auch
der Name Atlas unter den genannten Bedingungen wohl kaum indogermanischen
Ursprungs sein können. Aber mit welcher Berechtigung, um diese wesentliche Frage
abschließend noch einmal aufzugreifen, wurden sie dann mit nur für die Indogermania
gültigen Theorien interpretiert und aufeinander reduziert? Unsere Antwort
lautet: (Proto-) Indogermanen mußten den Begriff bzw. den Namen in seiner uns
unbekannten einheimischen Stammform, die aufgrund unserer Ausführungen vielleicht
*Hatal gelautet hat, wenigstens zu einem Zeitpunkt kennengelernt haben,
bevor die Gesetze der Benveniste'schen Wurzeltheorie aufhörten, in ähnlicher wie
von uns vermuteter Weise sprachbildend zu sein.
ANMERKUNGEN
1 Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Wien 21954, 62.
2 RE II, 2127.
3 RE II, 2127; siehe auch Anm. 24.
4 H. Frisk, Griechisches etymologisches Wörterbuch I, Heidelberg 1960, 179. - Von den Wörterbüchern und
Lexika seien nur einige wichtige genannt: A. Carnoy, Dictionnaire Etymologique de la Mythologie
Greco-Romaine, Louvain 1957, 29; Y. Gerhard, in: Lexikon des frühgriechischen Epos, hrsg. vom
Thes.Ling.Graec. (Hamburg - Ich danke meinem Kollegen V. Schmidt für die Vermittlung der
Korrekturabzüge), Göttingen, erscheint demnächst, 1503; H. G. Liddel - R. Scott, A Greek - English
Lexicon, Oxford 1940, 271a; so auch schon E. E. Seiler - C. Capelle, Vollständiges Griechisch-Deutsches
Wörterbuch über die Geschichte des Homeros und der Homeriden . . ., Leipzig 81878, 107, mit dort in
Anm. 5 genannter noch viel älterer Literatur, die zu identifizieren, um vielleicht den Urheber dieser
Etymo)ogie zu finden, bestenfalls von wissenschaftshistorischem Interesse gewesen wäre. - Einen anderen
Aspekt des Stammes TNL- als Interpretationsgrundlage verwendet H. Usener, Götternamen. Versuch einer
Lehre von der religiösen Begriffsbildung, Frankfurt/Main 1948, 40: ci:rd)avroc;- urspr. ,,gleich schwer
tragend", vgl. TCU\OJ'ra „Waage". Dieser Hinweis findet sich auch bei E. Schwyzer, Griechische Grammatik I,
München 1939, 526 Anm. 1. - Siehe auch F. Solmsen, Beiträge zur griechischen Wortforschung I, Straßburg
1909, 23, der das a auf *s1- ( ? ? ) zurückführt.
5 Andeutungsweise schon bei Hesiod. Theog. 517 ff., klar bei Pindar. Pyth. IV 287 ff. -TM· (TAf'I·) bedeutet in
der griech. Lexikographie fast ausschließlich „aushalten, wagen" (z.B. II. 1,228.543; Od. 20,311 u. a.) i. S.
von „ertragen, erdulden, aushalten, standhalten". So ist auch nhd. ,,dulden" (wie lat. lätos > *tlätos = gr.
TM7T6<; ,,getragen") mit TAT/IXlL genetisch verwandt.
6 Studien zu Platos Atlantiserzählung, in: Archiv Orientalnf 17/1 (1949), 70 f.
7 Der Name des Atlasgebirges, in: Glotta 25 (1936), 231 ff.
8 Das heißt nicht, daß das Atlasgebirge bei den Berbern nicht so genannt worden sein könnte: &Jpi<; Strab.
XVII 825, Addiris Plin.n.h. V 13; der aus dem Griechischen bekannte Name Atlas hat aber dessenungeachtet
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sicher nichts damit zu tun, vgl. auch Frisk, Wörterbuch, 179. - Gleiches gilt zweifellos auch für die mir von
A. Pfiffig freundlicherweise mündlich mitgeteilte etruskische Namensform Aril, die sich auf etruskischen
Spiegeln im Zusammenhang mit dem Hesperidenabenteuer des Herakles findet (siehe auch A. v. Salis, in: Jdl
55, 1940, 144).
9 Griechische Mythologie I, 1854, 348 f.
10 V 18, 4.
11 RE II, 2126.
12 Ge: Hyg.praef.
13 pot:Y; 1raraμow: 11. 16, 151 u. a.
14 11. 21, 196.
15 Apollod. III 10, 1, 1; Ovid.fast. V 81 ff.; Schol.Apoll.Rhod. III 225 u. v. a.
16 Hethitische Texte und griechischer Mythos, in: Anzeiger Österr.Akad.Wiss.phil.-hist.Kl. 87 (1950), 150 ff.;
ders., Thalatta. Der Weg der Griechen zum Meer, Wien 1947, 77 f.
17 Ausgabe von H. Güterbock, Kumarbi. Mythen vom churritischen Kronos aus den hethitischen Fragmenten
zusammegnestellt, übersetzt und erklärt . . ., Zürich-New York 1946.
18 Die Problematik der Übersetzung dieser Stelle wird diskutiert bei W. H. Rascher (Hrsg.), Ausführliches
Lexikon der griechischen und römischen Mythologie I, Leipzig 1884-1890, 704 f.
19 Siehe Anm. 18. - Auch eine der in Anm. 8 genannten Abbildungen (gezeigt bei der I.C.-Tagung 1976 von A.
Pfiffig) zeigt Aril als Träger der Erde!
20 Z.B. das Weltbild des Schöpfungsberichtes der Bibel: Simon-Prado, Praelectiones biblicae, 61949, 42. Eine
diesbezügliche interessante Stelle im AT: Jjob 38, 6; siehe dazu B. Pelzl, Der hehr. Bauausdruck *'aedaen, in:
BZ NF 19/1 (1975), 47.
21 11. 14,200; vgl. T. B. L. Webster, Von Mykene bis Homer, München-Wien 1960, 118.
22 Siehe z.B. M. Vieyra, Die Mythologie der Sumerer, Babylonier und Hethiter, in: P. Grimal (Hrsg.), Mythen
der Völker 1, Frankfurt/Main 1967, 102.
23 RE Suppl. IX, 1438. Zum Namen des Okeanos siehe F. Gisinger, RE XVII, 2308.
24 Maia ist auch Bestandteil des biblischen Namens der Skythen Magog (Gen 10, 2; Ez 38, 1 - 39, 22), wie W.
Brandenstein, Bemerkungen zur Völkertafel der Genesis, in: PS Debrunner, Bern 1954, 65, unter
Berücksichtigung von Herod. IV 5 überzeugend gezeigt hat (> *ma-Xuga „die Erdgöttin zur Mutter
habend"). Dieser Umstand könnte auf östliche Herkunft weisen.
25 Od. 4, 385 f. RE II, 2123.
26 Geschichte der griechischen Religion I, München 1955, 241.
27 Serv.Aen. IV 247, Eust. Od. 1, 52. - Bemerkenswert (und wichtig für unsere Argumentation) erscheint mir
in diesem Zusammenhang die Erwähnung, Atlas wäre der Anführer der Titanen gewesen (Hyg.fab. 150), denn
auch im Enuma elis geht die Gigantomachie von Abzu aus. Siehe dazu auch die interessanten Ausführungen
von R. v. Ranke-Graves, Griechische Mythologie. Quellen und Deutung I, Hamburg 1960, 30-33.
28 Was die Legendenbildung betrift, siehe z.B. die Entstehungsätiologien des Atlas-Gebirges, z.B. Ovid.met. IV
627 f., wo berichtet wird, daß Atlas von Perseus versteinert wurde, weil er diesen ungastlich abwies. Auch
durch einen Blick der Medusa konnte Atlas nach der Legende zu Stein werden: Lucan. IX 654 f. usw.
29 RE II, 2128.
30 Siehe dazu die Ausführungen Puchsteins in RE II, 2127, und Ranke-Graves, Mythologie, 31. Zu den
sogenannten griechischen „Wanderungen" siehe dtv-Atlas zur Weltgeschichte 1, München 1964, 47; M. 1.
Finley, Die Griechen, in: Fischer Weltgeschichte 4 (Die altorientalischen Reiche III), Frankfurt/Main 1967,
283 f. mit Literatur auf Seite 365 f.
31 Für diese Annahme spricht z. B. der Umstand, daß Herod. IV 184 sicher noch nicht das heutige Atlasgebirge
mit diesem Namen belegt.
32 H. Biedermann, Die versunkenen Länder, Graz 1975, 76.
33 Methodisch ist dieser Vergleich unproblematisch, da er typologisch ist und den Zweck hat, zu versuchen, eine
sogenannte Elementarparallele zu finden, vgl. auch Nilsson, Geschichte I, 7 ff.
34 M. Soymie, Die Mythologie der Chinesen, in: Grimal, Mythen II, 1967, 285 f.
35 Kein Beleg bei 0. Landau, Mykenisch-griechische Personennamen, Göteborg 1958. Ebenfalls nicht
verzeichnet bei J. Chadwick-L. Baumbach, The Mycenean Greek Vocabulary, in: Glotta 41 (1963 ),
157-271 und in L. Baumbach, Vocabulary II, in: Glotta 49 (1971), 151-190. Auch sonst ist Atlas nicht
einmal Bestandteil von Personennamen: F, Bechtel, Die historischen Personennamen des Griechischen bis zur
Kaiserzeit, Halle 1917, Nachdr. Hildesheim 1964; W. Pape-G. Benseler, Wörterbuch der griechischen
Eigennamen, 2 Bd., Braunschweig 31911, Nachdr. Graz 1959.
36 III 20, 4.
37 Zum Kriterium der Bewährbarkeit bzw. Bewährtheit von Theorien siehe P. Weingartner, Wissenschaftstheorie
I: Einführung in die Hauptprobleme, Stuttgart-Bad Cannstatt 1971, 48 f.
38 Vgl. H. Krahes diesbezügliche Bemerkung in seiner Indogermanischen Sprachwissenschaft I, Einleitung und
Lautlehre, Berlin 1962, 101, und die Darlegung des Ablauts, dass., 68-74.
39 Memoire sur le systeme primitif des voyelles dans les langues indo-europeennes, Leipzig 1879.
40 Siehe F. 0. Lindemann, Einführung in die Laryngaltheorie, Berlin 1970.
36
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41 Nach ihrem Begründer E. Benveniste und dem 9. Kapitel seiner Origines, 1935, 147-173: Esquisse d'une
theorie de la racine, in dem er diese Theorie darlegt, benannt.
42 Zu dieser Umbildung nach den nt-Stämmen, die hier zweifellos vorliegt, siehe speziell Schwyzer, Grammatik
I, 526; P. Kretschmer, Mythische Namen, in: Glotta 7 (1916), 37 Anm. 1; E. Risch, Wortbildung der
homerischen Sprache, Berlin-New York 21974, 26 (§ 12).
43 Siehe Lindemann, Laryngaltheorie, wo dieser Fall nicht einmal theoretisch ernsthaft in Erwägung gezogen
wird.
44 In: Lingua 22, 203 (zitiert nach Lindemann, Laryngaltheorie, 62).
45 Frisk, Wörterbuch I, 648 f.; Schwyzer, Grammatik I, 58 (,,wohl vorgriechisch").
46 H. Kronasser in seiner Einleitung zu W. Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch,
München-Wien 71959, XVI. Von daher wurde es auch in das Hethitische übernommen: J. Friedrich,
Hethitisches Elementarbuch I, Heidelberg 21960, 42 (§ 51b).
47 Risch, Wortbildung, 139 (§ 50 f.).
48 Frisk, Wörterbuch I, 649.
49 Im Gegensatz zu Schwyzer, Grammatik I, 319: ,,{)a)\ao bzw.-T- (kret. ßa)vi:/H}ac;) kann *-aYl(ja sein". -
Risch, Wortbildung, nimmt übrigens wegen der bestehenden Unklarheiten zurecht {}ä).aao nicht in seine
Systematik auf.
50 Der hier feststellbare Wechsel m/n ist durch die Artikulationsbasis des vorausgehenden Vokals mechanisch
geregelt.
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Graz 1954.
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W. Zaunmüller, Bibliographisches Handbuch der
Sprachwörterbücher, 1958, Sp.158
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wesentlicher Fortschritt im Fache der Lexikographie zu bezeichnen ist und schon
1849-1850 eine zweite Auflage erforderte.,
Allgemeine deutsche Biographie, Bd. 25, S. 138
Pape, Wilhelm, Lexikograph, geb. am 3. Jänner 1807 zu Kulm, wurde 1828 Lehrer,
1837 Professor am Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin und starb am 23.Februar
1845 daselbst. Seine Hauptwerke sind: ,,Etymologisches Wörterbuch der griechischen
Sprache, nach den Endsilben geordnet" (Berlin 1836) und „Handwörterbuch der
griechischen Sprache" (Braunschweig 1842-45, 4 Bde.; 3. Auflage, bearbeitet von
Sengebusch und Benseler, 187 5-80).
Meyers Konversations-Lexikon, 4.Aufl.1888, Bd.12, S. 670
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Prof. H. Kenner, Archäologisches Institut der Univ. Wien
Akademische Druck - u. Verlagsanstalt
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