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ALMOGAREN XXXIX/2008MM249 ALMOGAREN XXXIX/2008 IC INSTITUTUM CANARIUM ICDIGITAL Separata XXXIX-11 250MMALMOGAREN XXXIX/2008 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). Die deutsche Rechtschreibung wurde – mit Ausnahme von Literaturzitaten – den aktuellen Regeln angepasst. Englischsprachige Keywords wurden zum Teil nach-träglich ergänzt. PDF-Dokumente des IC lassen sich mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader (Version 7.0 oder höher) lesen. Für den Inhalt der Aufsätze sind allein die Autoren verantwortlich. Dunkelrot gefärbter Text kennzeichnet spätere Einfügungen der Redaktion. Alle Vervielfältigungs- und Medien-Rechte dieses Beitrags liegen beim Institutum Canarium Hauslabgasse 31/6 A-1050 Wien IC-Separata werden für den privaten bzw. wissenschaftlichen Bereich kostenlos zur Verfügung gestellt. Digitale oder gedruckte Kopien von diesen PDFs herzu-stellen und gegen Gebühr zu verbreiten, ist jedoch strengstens untersagt und be-deutet eine schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: institutum-canarium.org almogaren.org Abbildung Titelseite: Original-Umschlag des gedruckten Jahrbuches. Institutum Canarium 1969-2015 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte ALMOGAREN XXXIX/2008MM251 Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Alain Rodrigue: Les chars gravés du Jbel Aoufilal (Taouz, Maroc) .......................................... 7 Robert G. Bednarik: Die Kranichberger Petroglyphen bei Gloggnitz, Niederösterreich ................... 19 Yves & Christine Gauthier: À propos des Monuments À Alignements du Sahara .................................... 27 Franz Trost: Bemerkungen zum Papyrus Louvre I. 3079, Kol. 111, Zeile 82-86 ................ 89 Joaquín Caridad Arias: El título canario Mencey "rey", un derivado del teónymo púnico Melkart ................................................... 105 Werner Pichler: Bericht über den aktuellen Stand der Erforschung und Erhaltung der libysch-berberischen Felsinschriften auf den Kanarischen Inseln .................... 117 Andoni Sáenz de Buruaga: Nota sobre un panel con grabados de équidos en el abrigo rupestre de Galabt El Jeil 2 (Tiris, Sahara Occidental) ............................................ 137 Julio Cuenca Sanabría et alii: El culto a las cuevas entre los aborigenes canarios: el almogaren de Risco Caído (Gran Canaria) ................................................................. 153 Werner Pichler: The rock art sites in the region of Igherm/Anti-Atlas (S-Morocco) ................... 191 Dolores García Padrón: Agustín Millares Cubas y los inicios de la lexicografía canaria ............... 239 Hartwig-E. Steiner: Die Jungfrauen-Höhle auf der Osterinsel Ana O Keke auf Poike / Rapa Nui, Polynesien ............................................................... 253 Hartwig-E. Steiner: Das Areal der weißen Steinhügel auf Selvagem Grande. Ilhas Selvagens, Portugal ........................................................................... 321 252MMALMOGAREN XXXIX/2008 Zitieren Sie diesen Aufsatz bitte wie folgt / Please cite this article as follows: Steiner, Hartwig-E. (2008): Die Jungfrauen-Höhle auf der Osterinsel "Ana O Keke" auf Poike / Rapa Nui, Polynesien.- Almogaren XXXIX (Institutum Canarium), Wien, 253-320 ALMOGAREN XXXIX/2008MM253 Almogaren XXXIX / 2008 Wien 2008 253 - 320 Hartwig-E. Steiner Die Jungfrauen-Höhle auf der Osterinsel »Ana O Keke« auf Poike/Rapa Nui, Polynesien Dionisio Teao Atan und seinem Bruder ›Kio‹ Sergio Ruben Teao Atan gewidmet Keywords: Easter Island, Ana O Keke, cave of virgins, initiation rituals, rock art Zusammenfassung: Seit Ende des 19. Jahrhunderts haben mehrere Expeditionen versucht, den Geheimnissen der Kultur und der Menschen auf der Osterinsel (Rapa Nui) näher zu kommen oder sie im idealen Fall zu entschlüsseln. Je mehr geforscht wurde, umso mehr wurde der immense archäologische Bestand dieser Insel erkennbar (Patricia Vargas: 2006). Und umso weniger wurden eindeutige, beweisfähige Erkenntnisse gewonnen. Dies gilt auch für das von den Einheimischen mündlich überlieferte Ritual des Bleichens auserwählter Jugendlicher. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Höhle Ana O Keke, von der es zahlreiche Parallelen zur Cueva del Agua auf El Hierro (Kanarische Inseln) gibt. Abstract: Since the late XIXth century, several expeditions have attempted to tackle and if possible unravel the secrets of the people and culture of the Easter Island (Rapa Nui). However, the further the research has gone, the more evident has become the magnitude of the archaeological treasures which still remain undiscovered (Patricia Vargas, 2006), resulting in the findings being far less conclusive or unquestionable than they were thought to have been. This remains the case concerning the ritual of the “whitening“ of selected younger female members, a tradition which has been kept intact thanks to oral history. A major role in this ritual is played by the cave Ana O Keke, which has numerous parallels with the Cueva del Agua in El Hierro (Canary Islands). Resumen: Desde finales del s. XIX, varias expediciones han tratado de adentrarse en los secretos de la cultura y las gentes en la Isla de Pascua (Rapa Nui), y, en el mejor de los casos, descifrarlos. Sin embargo, cuanto más lejos ha ido la investigación, más clara ha quedado la inmensidad de las existencias arqueológicas de la isla (Patricia Vargas, 2006), y mucho menos concluyentes e inequívocas los conocimientos obtenidos. Esto es válido también para el ritual, trasmitido oralmente por los nativos, del “blanqueado” de jóvenes elegidas. Un papel primordial lo desempeña la cueva Ana O Keke, que presenta numerosos parale-los con la Cueva del Agua en El Hierro (Islas Canarias). Keywords: Easter Island, Ana O Keke, cave of virgins, initiation rituals, rock art 254MMALMOGAREN XXXIX/2008 Inhalt 1 Vorbemerkungen 1.1 Von Polynesiern besiedelt, von Europäern entdeckt 1.2 Weltberühmt seit 200 Jahren, Weltkulturerbe seit 1995 1.3 Bestandsaufnahme und Dokumentation der Ana O Keke 1.4 Parallelen zur Cueva del Agua auf El Hierro 2 Die Halbinsel Poike 2.1 Frühestes Siedlungsgebiet 2.2 Herrschaftsraum der Elite 2.3 Archäologisch bedeutende Stätten 2.4 Im Kontext zur Ana O Keke 3 Die Höhle Ana O Keke 3.1 Geografische Lage 3.2 Topografie, Landschaft 3.3 Beschreibung: Gestalt, Größe, Struktur 3.4 Besonderheiten 3.5 Begehungen 1975-2007 3.6 Beschreibung einer Begehung in 2002 3.7 Der Name Ana O Keke 3.8 Literaturhinweise seit ihrer »Entdeckung« 3.9 Bisherige Forschungsansätze 4 Die Felsbilder der Ana O Keke 4.1 Lage und Größe 4.2 Machart und Zustand 4.3 Zeichen-Arten und -Formen 4.4 Bisherige Forschungsansätze 5 Initiationstätte und Zufluchtsort? 5.1 Ana Hue Neru – die Höhlen der Unberührten - Ana O Keke - Ana More Mata Puku 5.2 Die weißen Jungfrauen - Helle Haut als Statussymbol - Bleichen in Dunkelheit - Initiation in Abgeschiedenheit - Der Jungfrauen-Kult auf Rapa Nui 5.3 Kultstätte, Zufluchtsort, Schutzraum 6 Ana O Keke mit Parallelen zur Cueva del Agua 6.1 Zahlreiche, markante Übereinstimmungen 6.2 Rückschlüsse für vergleichbare Nutzung? 7 Schlussbemerkungen 7.1 Schützenswerter Teil der Identität 7.2 Veränderungen, Gefährdungen 7.3 Schutzmaßnahmen und Forschungsansätze 8 Glossar 9 Literatur ALMOGAREN XXXIX/2008MM255 1 Vorbemerkungen Die Osterinsel (span. Isla de Pascua, engl. Easter Island, franz. L‘Ile de Pâques) liegt in der Südhälfte des Pazifiks und bildet die östlichste Insel des polynesischen Dreiecks mit Neuseeland im Westen und Ha-waii im Norden. Die Osterinsel oder Rapa Nui, wie sie traditionell in der Sprache ihrer polynesischen Bevölkerung genannt wird, liegt auf 109°26'14" westlich von Greenwich und 27°09'30" südlich des Äqua-tors. Die Osterinsel ist 4 240 km von Tahiti entfernt und 3 790 km von Santiago de Chile und zählt damit zu den abgelegensten, bewohnten Orten der Welt. Die Osterinsel gehört seit 1888 politisch zu Chile, ethnisch zählt sie zu Polynesien. Sie ist 24 km lang und 12 km breit und weist aufgrund ihrer Dreiecksform eine Fläche von knapp 165 km2 auf. Seit Eröffnung des Flughafens 1967 – und seiner Erweiterung 1988, selbst für Space- Shuttle-Landungen – lebt Rapa Nui vorwiegend vom noch immer zunehmenden Tourismus. 1.1 Von Polynesiern besiedelt, von Europäern entdeckt Es gibt Indizien, die auf mehrere Besiedlungsphasen zwischen dem 4. und dem 13. Jahrhundert unserer Zeitrechnung hindeuten – vorwiegend aus dem polynesischen Raum, insbesondere von den Marquesas-Inseln aus. Am 5. April 1722, am Spätnachmittag des Ostersonntags, entdeckte „The African Galley“, eines der drei Schiffe unter dem Kommando des holländischen Admirals Jacob Roggeveen, eine kleine Insel im südöst-lichen Pazifik. Roggeveen gab ihr zu Ehren des denkwürdigen Tages den Namen Paásch Eyland, holländisch für Osterinsel. Fast 50 Jahre später nahmen die Spanier Phelipe Gonzáles y Hae-do und Antonio Daumonte am 20. November 1770 durch Deklaration und Hissen der spanischen Flagge sowie demonstrativem Setzen von drei Kreuzen auf den Hügeln der Halbinsel Poike die Osterinsel in den Besitz der Spanischen Krone und nannten sie Isla San Carlos zu Ehren ihres Königs Karl III. Bei diesem kurzen Aufenthalt entstand die erste See-/Landkarte der Insel, gezeichnet von F. A. Agüera. Am 13. März 1774 ankerte der englische Kapitän James Cook vor der Osterinsel. Beim Landgang begleiteten ihn auch Georg Forster, dem wir einen aufschlussreichen Bericht verdanken und W. Hodges, der Zeichner der Expedition, von dem u.a. die ersten colorierten Zeich-nungen der berühmten Steinfiguren, der Moais, stammen. Cook ließ 256MMALMOGAREN XXXIX/2008 auch eine See-/Landkarte fertigen, die erneut seine hochentwickelte Fähigkeit beim Kartieren dokumentiert. Der französische Weltumsegler Jean François de Galaup Comte de la Pérouse ankerte am 9. April 1786 vor der Osterinsel. Nach ihm wurde die La Pérouse Bucht an der Nordküste benannt. Trotz des nur 24-stündigen Aufenthalts entstanden detailgetreue, realistische und dabei künstlerisch gekonnte Zeichnungen von Moais, Ahus, Boots-und Steinhäusern sowie ihrer Bewohner – gefertigt vom Maler der Expedition, Dubois Duché de Vancy. La Pérouse verbesserte auch die Kartografie und korrigierte die geografische Position der Insel. Über einhundert Jahre später, am 9. September 1888, nahm dann der chilenische Kapitän D. Policarpo Toro, Kommandant des Marinetrans-portschiffes „Augamos“, die Osterinsel feierlich in chilenischen Besitz. Von da an hielt Chile regelmäßig Kontakt zu seiner Liegenschaft im polynesischen Pazifik. 1.2 Weltberühmt seit 200 Jahren, Weltkulturerbe seit 1995 Wenige Kulturstätten der Welt sind so bekannt und berühmt wie die Osterinsel. Ihre über 800 eindrucksvollen, überdimensionierten Steinfi-guren, die Moais, mit ihren meist schlanken Körpern, ihren manirierten Händen, ihren langgezogenen Ohrlappen und dem oft schnippisch ar-roganten Gesichtsausdruck, wurden seit Ende des 18. Jahrhunderts in zahlreichen Illustrationen und später in unzähligen Fotos millionenfach in der ganzen Welt verbreitet. Überall bekannt und doch voller Rätsel und Geheimnisse, das ist die Kultur und Geschichte der Osterinsel und ihrer Bewohner bis heute geblieben. Ab Ende des 19. Jahrhunderts besuchten mehr und mehr wissen-schaftlich motivierte Expeditionen Rapa Nui. Schon nach Erscheinen der ersten Berichte war klar, dass diese Insel eine einmalige Fundgrube für Archäologen, Ethnologen, Anthropologen und Naturwissenschaft-ler war. Hunderte Bücher, tausende Artikel und Bildberichte sowie zahl-reiche Filme – wissenschaftlich fundierte, allgemein verständliche oder reißerisch fiktive – berichten über die Geheimnisse und Rätsel von Rapa Nui. Wesentlich zur weltweiten Bekanntheit beigetragen haben mit Millionenauflagen die populärwissenschaftlichen Bücher des nor-wegischen Forschers und Archäologen Thor Heyerdahl (1947 Kon Tiki und 1955 Aku Aku), aber auch die Fantastereien des Schweizers Erich von Däniken und nicht zuletzt die Hollywood-Produktion »Rapa Nui« ALMOGAREN XXXIX/2008MM257 (1997) von Produzent Kevin Costner und Regisseur Kevin Reynolds. Schon 1935 erklärte Chile die Osterinsel zum „Parque Nacional Rapa Nui“ und 1995 folgte die Auszeichnung der UNESCO zum „World Monuments Fund“, zum Weltkulturerbe dieser weltweit be-kannten und bedeutenden archäologischen Stätte mit ihren über 20 000 archäologischen Fundstellen (Vargas 2006:45) 1.3 Bestandsaufnahme und Dokumentation der Ana O Keke Bei unserer ersten Reise durch Südamerika und in den Pazifik im Januar/Februar 1975, konnten wir auch neun Tage auf der Osterinsel verbringen. Dabei hatten wir das Glück, durch unseren täglichen Be-gleiter und Führer Dionisio Teao Atan, nicht nur die weltbekannten Attraktionen, die Moais oder das Zeremonialdorf Orongo sowie zahl-reiche Felsbildstätten zu besichtigen, sondern auch bis dato nahezu un-bekannte, nur Wenigen zugängliche archäologische Stätten kennen zu lernen. Er hatte uns in manche nur den Einheimischen bekannte Orte und Geheimnisse eingeweiht. Mit ihm und seinem Bruder »Kio« Ser-gio Ruben Teao Atan verbindet uns eine tiefe Freundschaft. Mit Dio-nisio Teao Atan haben wir 1975 zum ersten Mal die sogenannte „Jung-frauen- Höhle“ Ana O Keke besucht. Sie wurde zu einem der zentralen Forschungsobjekte weiterer Aufenthalte auf Rapa Nui. Am Beginn dieser Arbeit zur Ana O Keke stand eine möglichst lückenlose Recherche in der umfangreichen Osterinsel-Literatur – von den ersten Reiseberichten der Entdecker-Expeditionen im 18. Jahr-hundert, über erste wissenschaftlich brauchbare, gründlichere Doku-mentationen Ende des 19. Jahrhunderts, von Geiseler und Thomson, über Routledge und Knoche bis zu Englert, Heyerdahl und Campbell und zu den Speläologen Gautier und Lloret i Prieto. Nach umfangreichen Quellenstudien und Auswertung aller Infor-mationen zur Ana O Keke und ihrer überlieferten kultischen Funktion als „Jungfrauen-Höhle“ waren erneute Forschungen vor Ort nötig. Bei zwei weiteren Aufenthalten auf der Osterinsel standen eine exakte Dokumentation des Petroglyphen-Paneels, eine Vermessung und Kar-tierung der vorderen Höhlenräume sowie möglichst eine Gesamtbe-gehung als vordringliche Aufgabe an. Außerdem sollten, soweit dies technisch möglich war, Aufnahmen einzelner interessanter Höhlenab-schnitte gemacht werden. Diese Feldforschungen wurden in den Jahren 2002 und 2007 durchgeführt. 258MMALMOGAREN XXXIX/2008 Die vorliegende Arbeit ist als Ergänzung, und teilweise auch als Richtigstellung, der bislang wenigen und manchmal sehr subjektiv ein-geschönten Berichte zur Ana O Keke zu sehen. Es ist die erste Doku-mentation, die eine Gesamtbeschreibung der Höhle und der bislang über sie bekannten Quellen bietet. Sie soll Grundlage weiterer wissen-schaftlich fundierter Forschungen sein. 1.4 Parallelen zur Cueva del Agua auf El Hierro Wenige Jahre nach dem ersten Besuch der Ana O Keke auf Rapa Nui erfuhren wir von einer 1980 entdeckten Höhle mit Petroglyphen auf der kanarischen Insel El Hierro. 1982 konnten wir bei der ersten Begehung der „Cueva del Agua“ zahlreiche überraschende Parallelen zur Ana O Keke feststellen. Nach der Publikation unserer Feldfor-schung in der Cueva del Agua (Steiner 2001/2002) soll die vorliegende Dokumentation über die Ana O Keke alle bisherigen Ergebnisse unserer Quellenforschung und Feldarbeit aufzeigen und die Parallelen zur Cueva del Agua auf den Kanaren herausarbeiten. Weil die rituelle Funktion, die kultische Nutzung der Ana O Keke durch mündliche Überlieferungen einigermaßen bekannt und gesichert ist, könnte sie auch als Schlüssel für die Cueva del Agua nützlich sein. Vielleicht gibt es eine plausible Antwort auf die Frage, ob es in der Natur der Menschen liegt, dass unter gleichen Bedingungen an den am weitesten voneinander entfernten, entlegendsten Punkten der Welt gleiche übereinstimmende Rituale, Phänomene und Ausdrucksformen vorkommen. 2 Die Halbinsel Poike Poike bezeichnet den östlichen Ausläufer der Osterinsel, eine topo-grafisch sich deutlich abgrenzende Halbinsel. Mit 5 bis 6 km Länge und einer Breite von 4 bis 5 km ergibt dies eine Fläche von rund 24 km2, einem Siebentel der Osterinsel. Der Vulkankegel Maúnga Puakatiki (370 m) bildet die zentrale Spitze von Poike mit seinem markanten, von überall sichtbaren Kratergipfel, den große Eukalyptusbäume wie ein Haarschopf krönen. Seitlich davon, zur nördlichen Küste zu, erhe-ben sich ebenso deutlich die drei Hügel Maúnga Vai a Heva (260 m), Maúnga Tea Tea (240 m) und Maúnga Parehe (220 m), auf denen die Spanier 1770 als Zeichen der Besitznahme drei Kreuze setzten. Spätere Expeditionen haben diese Kreuze nie erwähnt – wahrscheinlich wurde deren Holz von den Einheimischen rasch anderweitig genutzt. ALMOGAREN XXXIX/2008MM259 Poike mit seinem Strato-Vulkan Puakatiki gilt geologisch als ältester Teil der Osterinsel. Erst mit den später hinzugekommenen Vulkanen Terevaka (506 m) und Rano Kau (307 m) entstand die dreiecksförmige, zusammenhängende Osterinsel. Die Halbinsel Poike wird auf drei Seiten durch Steilküsten zum Meer begrenzt: Durch die Nordküste zwischen Mahatua und dem Cabo O‘Higgins an der Nord-Ost-Ecke, durch die Ostküste vom Cabo O‘Higgins über die Ostspitze am Cabo Cumming bis zum Cabo Rogge-ween im Südosten, und von dort durch die Südküste bis zur Bucht von Hotuiti. Ebenso deutlich grenzt sich Poike auch landwärts im Westen durch eine klare Senke zwischen den beiden Siedlungs- und Kultur-gebieten Hotuiti im Süden und Mahatua im Norden ab. Diese west-liche Landgrenze bildet heute die Straße und früher der geschichtlich bedeutende Poike-Graben, der in Rapa Nui traditionell „Kote Umu o te Hanau Eepe“ heißt und damit auf das Herrschaftsgebiet der „Lang- Ohren“ hinweist. 2.1 Frühestes Siedlungsgebiet Poike zeigt sich heute als trockenes, karges und verstepptes Grasland mit vier kleinen Wäldchen und sich rasch vergrößernden Erosions-flächen im Süden und Osten der Halbinsel. Ganz anders schien die Situation zu Zeiten der ersten Besiedlung, die im 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung vermutet wird. Nach Fonck (1974:86) datierte der Anthropologe Golson eine nicht näher beschriebene Probe von Poike mit der C14-Methode auf das Jahr 386 n.Chr. Bodenproben und Pollenanalysen lassen zur damaligen Zeit auf einen üppigen, flächendeckenden Palmenwald auf Poike schließen (Bork 2006:86). Nach Brown (1924:64) war Poike der Teil der Osterinsel mit den besten Anbau-Flächen. „Poike war am besten geeignet für Acker-bau und Viehzucht“, bestätigt auch Pflücke (1990:112), der mit der Archäologin Patricia Vargas 1990 Poike und die Ana O Keke besuchte. Dies prädestinierte, neben weiteren vorteilhaften Standortfaktoren, die Halbinsel Poike für die ersten Besiedler als bevorzugtes Siedlungs-und Kulturgebiet. Durch die dann ständig fortschreitende Waldrodung, und die dadurch verursachte Erosion, versteppte Poike zusehends und verlor seine herausragende Bedeutung als Siedlungsgebiet (Bork 2006:91). 260MMALMOGAREN XXXIX/2008 2.2 Herrschaftsraum der Elite Nach übereinstimmenden mündlichen Überlieferungen war die Be-völkerung der Osterinsel in zwei Klassen aufgeteilt: in die herrschende Schicht der „Lang-Ohren“ (Hanau Eepe) und in die arbeitende, unter-geordnete Gruppe der „Kurz-Ohren“ (Hanau Momoko). Die heraus-ragende Stellung der Lang-Ohren wird auch dadurch bestätigt, dass ein charakteristisches Merkmal aller Steinstatuen die überlangen Ohrläpp-chen sind – und dies über alle Schaffensepochen hinweg, vom Anfang bis zum Ende der Bildhauertätigkeit. Die Steinstatuen waren und sind Ebenbilder der herrschenden Lang-Ohren und entsprechend mit deren spezifischen Charakteristika geschmückt. Die Lang-Ohren waren die privilegierte Oberschicht, die Elite. In fast allen älteren Aufzeichnungen und Publikationen wird die ver-nichtende Schlacht der Kurz-Ohren gegen die Lang-Ohren am Poike- Graben geschildert, die den Untergang der Lang-Ohren besiegelte. Der Poike-Graben grenzte die Halbinsel von der Hauptinsel ab. In all diesen Berichten wird Poike als Siedlungsraum und Herrschafts-sitz der Lang-Ohren ausgewiesen. Auf Poike lebten die Bildhauer und Lang-Ohren, berichtet Brown (1924:110). Die gestaltenden und koor-dinierenden, anleitenden und anweisenden Bildhauer entstammten mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls dem Clan der Lang-Ohren. Auch Henri Lavachery (1935: 166) schreibt: „Les Longues Oreilles, établies à Poike, auraient débarrassé la région des pierres qui la couvraient“, d. h. dass die Lang-Ohren, auf Poike ansässig, diese Region von den Steinen befreiten, die auch hier die Böden bedeckten. Einen sehr fundierten und aufschlussreichen Bericht findet man bei Walter Knoche, dem Leiter der chilenischen Osterinselexpedition im Jahre 1911. Knoche schreibt (1925:298 ff.): „Vormals gab es zwei Rassen, die sich hauptsächlich durch die Größe ihrer Ohren unterschieden. Die einen, die Großohren, bewohnten Anga Nui und Poike, die Gegend, die damals dicht bevölkert war, wie man aus den Grundmauern und Ruinen der alten Häuser, welche sich dicht beieinander finden, er-sehen kann. Sie waren Herren des östlichen Teiles der Insel. ... Viele ver-sichern, dass die Großohren die Baumeister der großen Steinbilder ... waren ... Wahrscheinlich zwangen sie bei diesen Bauten die Kleinohren zur Arbeit.“ Knoche vermutet, „dass die Großohren über etwas mehr Kultur und damit über eine gewisse Kunst verfügten, dafür aber auch hochmütig und großsprecherisch waren, und dass umgekehrt ihre Nach-barn, die Kleinohren, praktischer veranlagt und gemäßigter waren“. ALMOGAREN XXXIX/2008MM261 2.3 Archäologisch bedeutende Stätten Bei der systematischen archäologischen Prospektion der Osterinsel durch die Archäologen Patricia Vargas u. a. (2006) wurde die Insel in 35 Quadranten aufgeteilt. Der Quadrant 25 mit der nordöstlichen Halbinsel Poike führt die Bezeichnung „Ana O Keke“. Bei der zwischen 1988 und 1990 durchgeführten kleinteiligen Feldforschung auf Poike wurden zahlreiche archäologische Fundstücke und Fundstätten registriert und damit Poike als wichtiges Siedlungsgebiet mit einer Reihe bedeutender und teilweise einmaliger Kulturstätten ausgewiesen und bestätigt. Hervorzuheben sind mehrere Ahus: Einer am Fuße des Maúnga Parehe, bei dem auch das helle, weiche Trachyt-Gestein dieses Hügels Verwendung fand. Ein anderer, zentral auf dem östlichen Hochplateau gelegener Ahu (6,5 x 2,0 m), mit sieben (oder mehr) kleinen Moais, de-ren Größe zwischen 1,30 m und 2,10 m liegt. Bereits bei diesen kleinen (frühen?) Moais sind die sorgfältig gestalteten, langgezogenen und fein strukturierten Ohren sowie ebenfalls feingliedrige, manirierte Hände mit dem nach oben gespreizten Daumen beachtenswert. Einzelne kleine Moais sind über Poike verstreut: einer an der Nordflanke des Maúnga Puakatiki, ein Torso in einer Höhle am Maúnga Vai a Heva und ein weiterer (?) auf dem Gipfel des Maúnga Parehe. Bearbeitete Platten und Blöcke mit Näpfchen, Rillen und Rinnen findet man häufig im Norden und Nordosten von Poike. In diesem Bereich sind runde Schalensteine und längliche Reibschalen wie auch die typischen Steinsetzungen von Feuerstellen vertreten. Die außerge-wöhnlichste Darstellung des Schöpfergottes „Make Make“ ist sicher das aus dem Naturfels herausgearbeitete Porträt am Maúnga Vai a Heva. Der große, offene Mund, in dem ein erwachsener Mensch be-quem Platz findet, speichert kostbares Regenwasser. Diese überdimen-sionale Darstellung des Make Make ist auf Rapa Nui einmalig. Auch ein an der nördlichen Cumbre frei stehender Felsblock mit großen Felsritzungen, bekannt als Sternwartfelsen „Ko te papa ui hetuu“ ist in dieser Form einzigartig. Nicht zuletzt sind die beiden Kulthöhlen der Unberührten, die „Ana Hue Neru“, die Höhlen der Jungfrauen und Jünglinge mit ihren Petro-glyphen eindrucksvolle Zeugen für die kulturelle Bedeutung der Halb-insel Poike. Gerade bei der herausragenden Rolle, die Poike in der Geschichte der Osterinsel spielt, ist die Sorgfalt um den Erhalt der hier vor-kommenden archäologischen Zeugen wichtig. Besorgt schreibt Bork 262MMALMOGAREN XXXIX/2008 (2006:98): „In den Erosionswüsten im Osten der Poike-Halbinsel werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten letzte und in ihrer Art einmalige Spuren und Relikte alter Siedlungen und Kulturstätten ver-loren gehen, ohne dass sie vorher erforscht und dokumentiert werden konnten“. 2.4 im Kontext zur Ana O Keke Eine unmittelbare Verbindung zwischen Ana O Keke und Ana More Mata Puku lässt sich feststellen. Beide Höhlen sind Ritualhöhlen für unberührte Jugendliche, sogenannte Ana Hue Neru, und beide liegen im Nordosten Poikes in räumlicher Nähe zueinander. Auch der nahe bei der Ana O Keke gelegene, freistehende Felsblock mit den großen symmetrischen Felsgravuren kann einer begleitenden Funktion gedient haben. Und möglicherweise hat auch die unweit gelegene Farbmine „Te Tiamo“, eine mächtige Erosionsrunse, mit ihren roten Farbpigmenten eine Aufgabe im Ritual der Ana O Keke erfüllt. Gut denkbar ist, dass Ana O Keke schon seit der Frühzeit der Be-siedlung von Poike einer rituellen Funktion diente, evtl. für Initiations-riten, und so im direkten Kontext zu allen Kultstätten auf Poike stand. 3 Die Höhle Ana O Keke In der Geschichte und Kultur der Osterinsel haben Höhlen eine be-sondere Bedeutung. Der katalanische Speläologe Jordi Lloret i Prieto berichtete im Mai 2008 dem Autor, er habe erfahren, dass man heute über 1000 Höhlen der Osterinsel kenne. Am häufigsten Wohn- oder Begräbnishöhlen von Sippen oder Clans, sogenannte Familienhöhlen, deren Existenz und Lage nur diesem engen Kreis direkter Angehö-riger bekannt war. Eine herausragende Rolle spielen die Kult- oder Ritualhöhlen: die Ana Heu mit ihren zahlreichen Make-Make-Reliefs, die Ana Kai Tangata mit berühmten Fels-Malereien, die Höhlen des Vogelmann-Kultes auf Motu Nui und nicht zuletzt die Ana Hue Neru, die Jungfrauenhöhlen Ana More Mata Puku und Ana O Keke. 3.1 Geografische Lage Die Ana O Keke liegt an der nördlichen Steilküste der Halbinsel Poike zwischen dem Maúnga Parehe und dem Cabo O‘Higgins. Die geografischen Koordinaten wurden im Februar 2007 durch Satelliten- GPS mit 27°05'570" Süd und 109°14'522" West ermittelt. I ALMOGAREN XXXIX/2008MM263 3.2 Topografie, Landschaft Über 100 m fast senkrecht zum Meer abfallend, bildet die Steilküste im Norden Poikes einen sicheren Schutz. An der oberen Kante dieser Steilküste liegt die Ana O Keke im grasbewachsenen Felshang. Wenige Meter darüber hat die Erosion ein breites Stück Grasboden abgetragen, das nun als Sandfläche offen liegt und Wind und Regen preisgegeben ist. Die darüberliegende Hochfläche ist Grasland mit vereinzeltem, niederem Buschwerk. 3.3 Beschreibung: Gestalt, Größe, Struktur Die Ana O Keke ist eine mehrere hundert Meter lange Lavaröhre, deren Fließrichtung bei ihrer Entstehung von Südwest nach Nordost, vom Vulkan Puakatiki zur Nordküste, in leichten Schlangenlinien ver-lief. Auf ihrer gesamten Länge fällt sie um geschätzte 30 bis 40 m. Zur Länge der Höhle gibt es bislang nur wenige authentische Anga-ben. Pater Sebastian Englert (1948:165) nennt 380 m vom Eingang bis zum Ende. Heyerdahl übernimmt Englerts Angaben mit etwa 380 m. Die Speläologen Gautier & Carlier (1987:46) weisen 440 m Gesamt-länge mit einer Steigung um 40 m aus. Die Speläologen Lloret i Prieto & Ubach i Tarrés (1996) haben bis 274 m dokumentiert und dann die Begehung abgebrochen. Unser einheimischer Freund ›Kio‹ Sergio Ruben Teao Atan, der mehrfach die Höhle bis zum Ende durchforschte, schätzte am 8.2.2002 die Ana O Keke auf „300 m Länge oder mehr“. Die Ana O Keke ist eine typische Lavaröhre, die dadurch entsteht, dass über schnell fließendem, flüssigem Magma eine erkaltende Lava-masse eine Decke bildet, während in der darunterliegenden Röhre das Magma ausfließt und eine leere Röhre unterschiedlicher Dimen-sion hinterlässt. So bilden sich Abschnitte mit ovalen oder fast run-den Querschnitten oder breite, aber niedrige Hallen bis zu schmalen, flachen Durchgängen. Möglicherweise hängen die unterschiedlichen Formen auch wesentlich von der Oberflächen-Topografie zur Zeit der Entstehung der Lavaröhren ab. Diese Strukturen finden wir alle auch in der Ana O Keke. 3.4 Besonderheiten Die mit fast einem halben Kilometer recht beachtliche Länge ist auf der Osterinsel nicht häufig, aber auch nicht einmalig. Dasselbe gilt für das ausreichende Vorkommen von frischem, klarem Tropfwasser. 264MMALMOGAREN XXXIX/2008 Außergewöhnlich ist das über 5 m lange zusammenhängende Petro-glyphen- Paneel im Eingangsbereich. Eine ähnlich komprimierte Bild-folge kennen wir in anderen Höhlen nicht. Einzigartig ist jedoch die rituelle Nutzung der Ana O Keke als Ana Hue Neru, als Jungfrauen-Höhle. Daraus ergibt sich ihre hohe kultu-relle Bedeutung für die früheren Bewohner und ihr fester Platz in der Geschichte der Osterinsel. 3.5 Begehungen 1975-2007 Während unserer drei jeweils mehrwöchigen Aufenthalte auf Rapa Nui kam es zu sechs Begehungen der Ana O Keke. Am 27. Januar 1975 führte uns unser einheimischer Begleiter Dionisio Teao Atan mit seinem kleinen Sohn Cristian zur Ana O Keke. Wir besichtigten den Eingangsbereich mit dem Felsbild-Paneel und den engen Durchschlupf zum dahinterliegenden Raum. Damit war das Interesse einer gründ-licheren Erforschung geweckt. Die Chance dazu ergab sich in 2002. Am 25. Januar fertigten wir eine erste Dokumentation der Felsgravuren mit Vermessung, Zeichnung und Fotografie. Am 1. Februar unternahm der Autor eine Begehung der Lavaröhre bis zu einer abgesenkten, wasser-führenden Stelle – nach Lloret i Prieto 254 m vom Eingang entfernt. Am 5. Februar wurde der gesamte Eingangsbereich komplett und detail-genau vermessen. Beim dritten Aufenthalt konnte am 29. Januar 2007 der an den Ein-gangsbereich anschließende Raum mit der dahinterliegenden engeren Röhre detailliert vermessen werden. Am 3. Februar wurde die Doku-mentation des Felsbild-Paneels abgeschlossen. Da alle Begehungen zu gleichen Jahreszeiten stattfanden, war eine deutliche Zunahme des Tropfwassers und damit der Gesamt-Feuchtig-keit in der Ana O Keke festzustellen – besonders auch in der kurzen Zeit zwischen 2002 und 2007. Durch die zunehmende Feuchtigkeit ist auch der vordere Bereich mit Tageslicht durch Moose usw. grüner ge-worden. Veränderungen durch Fremdeinwirkungen waren bis Februar 2007 nicht festzustellen. 3.6 Beschreibung einer Begehung in 2002 Es gibt Fragen, die nur durch eine möglichst vollständige Erfassung des gesamten Höhlenkomplexes beantwortet werden können – wenn überhaupt: Welche Teile der Höhle könnten kurzfristig oder dauerhaft für welchen Zweck genutzt worden sein? Sind noch irgendwo Spuren ALMOGAREN XXXIX/2008MM265 menschlicher Existenz oder Handlungen feststellbar? Stimmen die Be-schreibungen in den bisher veröffentlichten Quellen mit der Wirklich-keit überein? Am 1. Februar 2002 unternahm der Autor eine Begehung der Ana O Keke bis zu einer 254 m (nach Lloret i Prieto) vom Höhleneingang entfernten, wasserführenden Kuhle, die wir „Siphon“ nennen. Diese Begehung und die dabei festgestellten Charakteristika und Besonder-heiten sind die Grundlage folgender Beschreibung. Vom Sattel zwischen dem Maúnga Puakatiki, dem Gipfel der Halb-insel Poike, und dem Maúnga Vai a Heva führt ein verwachsener Weg zur nördlichen Steilküste. Am oberen Rand des leicht nach Nord-osten abfallenden, grasbewachsenen Hochplateaus geht es, rund 110 m über dem Meer, bis zu einer deutlich erkennbaren Erosionsfläche vor dem Cabo O‘Higgins an der Nordost-Ecke. Über diese zum Meer abfallende, rutschige Erosionsfläche führt eine sandige Runse bis zu einem kleinen Felsplateau über dem Meer. Hier mündet nach links ein schmaler Pfad, der parallel zur Küste ca. 30 m am Steilhang entlang einige Meter abwärts führt. Wenige Meter vor dem Höhleneingang ist noch ein 2 m hoher Felsstieg zu überwinden. Der Pfad endet direkt vor dem Höhleneingang auf einem kleinen 4 - 5 m2 großen Vorplatz. Der flache, nur 70 cm hohe Zugang erzwingt einen Einstieg auf Händen und Knien. Der unmittelbar daran anschließende Lavatunnel weitet sich rasch bis auf 130 cm Höhe und eine Breite von 230 cm, sodass man sich hier gebückt oder in der Hocke bewegen kann. Das einfallende Tageslicht erhellt ein fast 5 m langes und über 1 m hohes Felsbild- Paneel auf der rechten, konkav gewölbten Wand der Lavaröhre. Nach 6,4 m teilt sich der Tunnel in einen engen linken Arm und einen etwas geräumigeren rechten Durchgang. Schon nach 1,6 m vereinigen sich die beiden Arme wieder und bilden einen Raum von 2,5 x 2,8 m, der sich fast rechtwinklig, nach rechts abbiegend, wieder zur Röhre ver-engt, an deren Ende ein knapp 40 cm niederer Durchschlupf mündet. Dieser Engpass, der nur flach kriechend überwunden werden kann, bildet die natürliche Grenze zwischen dem Eingangsbereich (Raum I) und dem Beginn des nur Wenigen bekannten Höhleninneren. Während sich im Eingangsbereich die Feuchtigkeit noch in Grenzen hielt und nur ein kleines Rinsal bis zum Eingang lief und dort in der Tageshitze verdunstete, war es im Raum II durchgehend nass. Schon im Durchschlupf kroch man bäuchlings durch eine Wasserlache und in der niederen aber breiten Halle war die gesamte Decke mit regelmäßig 266MMALMOGAREN XXXIX/2008 fallenden Wassertropfen übersät. Auch der Boden war nass, schlam-mig und rutschig und im hinteren, leicht erhöhten Teil dieses zweiten Raumes hat sich ein kleiner, flacher See gebildet. Die Begehung, oder korrekter gesagt Bekriechung, ist eine recht feuchte Aktion. In diesem breiteren, niederen, vorderen Höhlenteil sind weder er-kennbare Einwirkungen noch Hinterlassenschaften irgendwelcher Nutzer oder Besucher der Höhle festzustellen. Organisches Material würde sich bei der zur Zeit herrschenden Feuchtigkeit rasch zersetzen und auflösen. Das Tageslicht ist lediglich unmittelbar hinter dem Durchschlupf noch festzustellen, wenige Meter danach wird es stockdunkel und dies bleibt auch so nach einer Anpassung der Augen an die Dunkelheit von etwa einer Viertelstunde. Deshalb ist die Aussage Englerts (1974:165) „Als Probe des excellenten Sehens der Alten sind an den Wänden der Höhle Ana O Keke die Spuren von mit huki (beilartiges Werkzeug) gemachten Arbeiten geblieben, selbst bis zum Ende der Höhle, auf 380 m Distanz vom Eingang.“ doch sehr in Zweifel zu stellen. Bei der, trotz des Sommerhalbjahres, so starken Nässe ist Raum II für einen Aufenthalt derzeit nicht geeignet. An Raum II schließt ein 3 m langer schmaler Kriechgang an, der in eine leicht ansteigende Röhre mit einem weiteren nur bäuchlings zu überwindenden Durchschlupf übergeht. Nach leichter Rechtsbiegung erreicht man einen geräu-migeren Teil des Höhlenganges. Bemerkenswert ist in diesem Bereich ein schachtartiger Abzweig, der an der linken Wand in etwa 1 m Höhe nach oben führt – Nutzungsspuren sind nicht zu erkennen. Ab dieser Stelle ist die Höhle weiter ansteigend in leicht gebückter Haltung be-quemer begehbar. Hier ist die Höhle nicht mehr so nass wie in Raum II, aber immer noch so feucht, dass der Boden glitschig ist. In diesem Be-reich der Höhle liegen einige von Menschen eingebrachte, vom Meer rund oder oval abgeschliffene Basaltbrocken. Der Lavatunnel verläuft mit leichten Abweichungen in südwestlicher Richtung. Sehr markant ist ein größerer Basaltblock mitten im Höhlengang, der von oben bis unten in zwei Teile gespalten ist. In dessen Umfeld erkennt man zahl-reiche Lamonit-Brocken, die mit dem Boden fest verbunden sind. Nach 254 m (Punkt „0“ bei Lloret i Prieto) endet die Begehung an einer kurzen abfallenden Kuhle von etwa 2 mal 3 m Fläche. Die abfal-lenden Seiten der Kuhle sind vorne und links mit feuchtem Schlamm so schmierig, dass sie keinen sicheren Stand oder Halt bieten. Die Kuhle ist wasserführend. Am hinteren Ende ist eine ca. 20 cm hohe Wölbung ALMOGAREN XXXIX/2008MM267 zu erkennen, die auf eine Fortsetzung der Lavaröhre schließen lässt. Diese Kuhle, die etwa 1 bis 1,5 m unter Höhlenniveau liegt, weist die Form und Funktion eines Siphons auf. Offensichtlich war der weiter-führende Durchschlupf ganz oder zumindest überwiegend mit Wasser gefüllt. Nach Jordi Lloret i Prieto (10.4.2008) liegt dieser Punkt „0“ 21,4 m höher als der Eingang. Eine weitere Begehung stand nicht zur Diskussion und hätte für unsere Fragen auch keine weiteren Erkennt-nisse geliefert. Es ist schwer vorstellbar, dass früher eine Nutzung oder Begehung über diese natürliche Grenze hinaus stattgefunden hat, zu-mal auch die Lichtquellen mit Fackeln (Span, Talg, o.ä.) keine guten Bedingungen für eine sinnvolle Nutzung boten. 3.7 Der Name Ana O Keke Auf die Gedenktafel an Pater Sebastian Englert schrieben die Oster-insulaner „Er sprach unsere Sprache, er war einer von uns“. Englert verfasste das erste, umfassende Wörterbuch, sein Diccionario Rapa-nui – Español von 1938. Hier finden wir folgende Übersetzung bzw. Erklärung zum Wort Keke: „inclinarse el sol (en las primeras horas después de mediodía)“, d.h. „die Sonne neigt sich in den ersten Stunden nach Mittag“. In der zweiten, verbesserten Ausgabe Idioma Rapanui von 1978 finden wir eine überarbeitete Übersetzung: „inclinarse el sol después de pasar por el zenit“, d.h. „die Sonne neigt sich nach dem Überschreiten des Zenits“. Heyerdahl (1957:81) übersetzt entsprechend Ana O Keke mit „Die Höhle zur Inklination der Sonne“. Dies dürfte nur symbolisch oder allenfalls sinngemäß der beabsichtigten Bedeutung des Namens gerecht werden. Möglicherweise wird mit dem Namen darauf hinge-wiesen, dass die Sonne für die hier Eingeschlossenen untergegangen ist, dass sie ihre Kraft, ihre „bräunende“ Macht verloren hat. 3.8 Literaturhinweise seit ihrer „Entdeckung“ Weder in den Berichten der großen Entdeckerreisen des 18. Jahr-hunderts – von Roggeveen 1722, Gonzáles 1770, Cook 1774 oder La Pérouse 1786 – noch in den sehr fundierten Dokumentationen der ersten wissenschaftlich orientierten Expeditionen – von Geiseler 1882 oder Thomson 1886 – finden wir Hinweise auf „Jungfrauen-Höhlen“ auf der Osterinsel. Als Erster berichtet der Leiter der chilenischen Osterinselexpedition 1911, Dr. Walter Knoche (1925:191), in seiner Zu-sammenfassung von einer „Art Vestalinnenkult auf dieser abgelegenen 268MMALMOGAREN XXXIX/2008 Insel, indem die Väter ihre Töchter auf Lebenszeit oder auch nur bis zum Eintritt der Mannbarkeit in Höhlen einsperrten“. Während der monatelangen Forschungsaufenthalte von Katherine Routledge 1914 und der französisch-belgischen Expedition 1934/1935 unter Alfred Métraux und Henri Lavachery stießen diese auf keinerlei Informationen über „Jungfrauen-Höhlen“ im Allgemeinen oder über die Ana O Keke im Speziellen. Das besondere Interesse Lavacherys galt den Felsbildern der Osterinsel. Da er die Petroglyphen der Ana O Keke nirgends erwähnt, ist es sicher, dass die Höhle zu seiner Zeit auch Einheimischen kaum bekannt war oder unter einem Tabu stand, sonst hätte er davon erfahren – zumal Lavachery die Halbinsel Poike durchforschte und einige Ahus kartografierte. Pater Sebastian Englert kam 1935 auf die Osterinsel und blieb dort bis 1969. Ihm verdanken wir die gründlichsten und umfangreichsten Aufzeichnungen über viele Bereiche des Lebens, der Kultur und Geschichte auf Rapa Nui. Englert widmet in seinem Hauptwerk „La Tierra de Hotu Matu’a“ dem Jungfrauen-Kult und der Ana O Keke eigene Kapitel. Als Erster erwähnt und beschreibt er in Kapitel XIV die Ana O Keke (1974[1948]:183): „Sie befindet sich etwa 1 000 m östlich vom Maúnga Parehe, einem der drei Hügel, die auf der Anhöhe von Poike liegen und mit ihrer typischen Form vom Strand bei La Pérouse aus zu sehen sind. Diese Höhle hat den Namen Ana O Keke. Ihr Eingang befindet sich nur etwa 20 m unterhalb der Kante der Steilküste. Es ist eine außergewöhnlich lange Höhle; man misst 380 m vom Eingang bis zum Ende. Ihre geologische Formation zeigt in einigen Teilen Basalt und in anderen Andesith mit Feldspat. In verschiedenen Abschnitten verdient der Anblick eines fast perfekten Gewölbes Beachtung. Es gibt Spuren einer Bearbeitung durch die früheren Inselbewohner, denn an den Wänden im Innern, die aus sprödem, sehr zerbrechlichem Ande-sith bestehen, finden sich Spuren von kleinen, harten Holzwerkzeugen, den sogenannten huki. Auch in der Tiefe der Höhle sind die Wände mit dem huki bearbeitet worden, um den Zugang ins Innere des Berges zu weiten. Es ist offensichtlich, dass es sich um eine natürliche Höhle handelt, dass sie aber durch den Menschen zum Teil verlängert, zum Gewölbe geformt und geglättet wurde. Die Höhe der Höhle schwankt in einzelnen Abschnitten sehr stark. Die ersten fünf Meter sind 1,30 m hoch. Weiter im Inneren gibt es Stellen von 1,80 m und andere, die viel niedriger sind. Es gibt eine Strecke von etwa 5 m Länge, die sehr eng ist und nicht mehr als 30 cm Höhe hat, so dass es notwendig ist, ALMOGAREN XXXIX/2008MM269 auf dem Bauch zu kriechen, um voran zu kommen. Das ist genau auch eine der Stellen mit einem Wasserpfuhl. Im Allgemeinen ist die Breite der Höhle zwischen 1,80 m und 2 m. Man bemerkt über die gesamte Ausdehnung der Höhle eine beständige und reichliche Wassereinsicke-rung. Die Wände sind mit Wassertropfen bedeckt, und im Innern, wo der Boden aus Basalt besteht, bleiben Teiche frischen Wassers, so dass die früheren Bewohner, die in diesem Gebiet lebten, sich mit Trinkwas-ser im Überfluss versorgen konnten“. Englerts sachliche Schilderung der physischen Gegebenheiten der Ana O Keke war und ist Grundlage fast aller bis heute erschienenen Berichte. Englert führte 1955 auch den norwegischen Forscher und Expedi-tionsleiter Thor Heyerdahl zur Ana O Keke und überredete diesen zu einer Begehung. Englert selbst verzichtete auf eine Wiederholung. Heyerdahl (1957:84) zitiert Englert sinngemäß: „Wenn wir da hinein-kröchen, könnten wir noch etwa dreihundertachzig Meter tief in den Fels vordringen, aber das sei die schlimmste Tour, die er je bestanden habe. Ihn bringe niemand wieder da hinein.“ Heyerdahls Bericht von seinem Besuch in der Ana O Keke steigert sich dramatisch bis zum atemberaubenden Abenteuer auf Leben und Tod. Interessant ist vor allem seine Beschreibung über den Verlauf der Höhle im Bereich der wasserführenden Senke, (die wir Siphon nen-nen). Heyerdahl (1957:84) schreibt: „Tief drinnen im Berg kamen wir an eine Stelle, wo der Grund lehmig und von Wasser überspült war. Hier wurde der Raum immer niedriger. Wir mussten uns ducken und auf Händen und Füßen durch Wasser und Schlamm vorwärts kriechen. Aber dann wurde es noch flacher, und schließlich konnten wir uns nur noch auf den Bauch legen und unter den Felsmassen vorschieben ... Obgleich ich mit dem halben Körper in Wasser und Matsch lag, kam die Decke so tief herab, dass ich mich immer wieder vergeblich vortas-tete, ohne einen Ausweg zu finden ... zeigte deutlich, dass der Durch-gang nicht nur niedrig, sondern auch schmal war ... Langsam drängte ich den Brustkorb hinein und spürte, dass ich zur Not noch weiter käme ... Während der Schlamm sich nach der Seite fortschob, der harte Berg von oben und unten auf mich drückte, zwängte ich mich Zoll um Zoll durch den Spalt. Ganze fünf Meter mussten wir uns durch diesen Schraubstock zwängen, der unsere Rippen mit Riesenkräften umklam-mert hielt, dann waren wir durch das Nadelöhr und kamen in den Teil, wo die Skelette lagen. Hier war es wieder trocken und mehr Platz unter der Decke ... Der Gang endete schließlich in einer steilen Lehmwand, 270MMALMOGAREN XXXIX/2008 die zu einer Öffnung in der Decke hinaufführte ... in eine kleine, glockenförmige Kuppel ... eine Gasblase im Gestein.“ Spärliche Hinweise auf die Ana O Keke findet man bei Louis Castex und bei Ramon Campbell, die sich beide auf den Bericht von Heyer-dahl beziehen. Castex (1966/1973:99) beschreibt seinen Besuch der Ana O Keke sehr theatralisch als gefährliches und unheilvolles Abenteuer: „So kam ich auf die zweite Plattform, von der ich mich zum Höhlenein-gang wandte. Die Öffnung des Eingangs zog mich an ... indem ich mich bäuchlings auf den Boden legte, führte ich meinen Kopf ein. Eine aus-gedehnte Wölbung öffnete sich vor meinen Augen, sich fast auf 500 m erstreckend ... Der Geruch, den man in der Höhle einatmet, hindert uns, jenes schreckliche Drama zu vergessen. Verstreut auf dem dunklen und schlammigen Boden sieht man einige Gebeine ... Werden das die Überreste der jungfräulichen Mädchen sein? ... Die Enge bemächtigt sich unseres Geistes.“ Eine angemessen selbstkritische Wertung. Auch Ramon Campbells Aussagen zur Ana O Keke sind abenteuer-lich. Obwohl er 1999 in seinem Kapitel „Espeleologia“ (span. für Spe-läologie = Höhlenkunde) schreibt, dass viele Forscher und Reisende Berichte über Höhlenformationen hinterlassen haben, deren Mehrheit oberflächlich sei, ist seine Arbeit leider auch nicht frei von Fehlern, so z.B. seine Ortsangaben und geografischen Lagebestimmungen. Die Behauptung Campbells (1999:101), dass die feingliedrige Hand aus gelbem Toromiroholz, die Georg Forsters Vater dem Britischen Museum in London übereignete, aus der Ana O Keke stamme, ist nicht belegt. Forster, Teilnehmer der Expedition von James Cook, erhielt diese Schnitzarbeit von dem mitreisenden Tahitianer Maheine. Ihre Herkunft ist in keinem der Reiseberichte dokumentiert. Und Campbells Wertung von Heyerdahls Aku-Aku „als wahres Science-Fiction-Werk, voll von Fantasien“ ist auch auf seine eigenen Schilderungen anwendbar: „Ich erforschte auch persönlich diese Höh-le, im Südosten (?) der Halbinsel Poike gelegen, aber vor der Enge der ersten Strecke wagte ich es nicht, diesen unsicheren Bereich zu passie-ren, um nicht erdrückt zu werden.“ Campbell hat nur den Eingangsbe-reich mit dem Petroglyphen-Paneel besucht. Französische Höhlenforscher des GERS in Rouen, Alain Gautier und Pierre Carlier, organisierten 1979 und 1983 zwei Expeditionen auf die Osterinsel. Dabei erforschten sie 1979 auch die Ana O Keke bis zu deren Ende. Sie weisen die Gesamtlänge der Lavaröhre mit 440 m aus, insgesamt um rund 40 m ansteigend (1987:46). ALMOGAREN XXXIX/2008MM271 Eine weitere Expedition zur Erforschung der Höhlen auf der Oster-insel starteten 1992 die katalanischen Speläologen Jordi Lloret i Prieto und Montserrat Ubach i Torrés. In 17 Tagen erforschten und dokumen-tierten sie 27 Höhlen und Abris mit Maßen und Skizzen. Am 10.4.2008 erhielt der Autor von Jordi Lloret i Prieto eine über dessen Veröffent-lichungen hinausgehende persönliche Schilderung der Begehung der Ana O Keke: „Wir sind nur mit den Kopflampen hineingegangen, da wir annahmen, dass es eine sehr schnelle Erkundung sein würde. Ich hatte große Probleme mit den Ortungsgeräten. Ich ermittelte einen Wert zur Orientierung, dann wiederholte ich die Messung und erhielt eine vollkommen andere Zahl. Es schien, als ob das Gerät vollkommen verrückt geworden wäre. Es war der einzige Ort auf der Osterinsel, wo wir diese Probleme hatten. Das hatte zur Folge, dass sich die Ortserkun-dung sehr in die Länge zog. Aufgrund mangelnden Lichts begingen und topografierten wir nur 274 Meter mit 22 Metern ansteigendem Höhen-unterschied. Wir fanden keinen Siphon. In ungefähr 254 m Entfernung vom Eingang fanden wir einen engen aber kurzen Durchschlupf, leicht abfallend und danach ansteigend, wobei die Erde am tiefsten Punkt mit Grundwasser von ungefähr 10 cm Tiefe bedeckt war. Es ist der Punkt ‚0’ auf unserer Skizze, auf einem Niveau von 21,4 m über dem des Eingangs ... Ich würde sagen, das ist die Stelle, die Sie als ‚Siphon’ bezeichnen. Es ist sehr gut möglich, dass sich in Zeiten starken Regens dieses siphon-artige Loch ein paar Meter auffüllt. Diese Stelle könnte mit den ‚180 Metern’ übereinstimmen, die Sie ungefähr ermittelt haben. Sie haben wohl Pech gehabt, es mit Wasser gefüllt vorgefunden zu haben. Sicher ist der normalere Zustand, dass es trocken ist, so wie wir es vorgefunden haben.“ Weiter berichtet Lloret i Prieto, dass sie keinerlei archäolo-gische Relikte vorgefunden haben. Er bemerkt weiter, dass die topogra-fischen Skizzen, d.h. die Höhlengrundrisse der Höhlenforscher oft von leichter „difusion“ (Ungenauigkeit) sind. Wenn man die Bedingungen bei der Datenaufnahme kennt, ist dies nicht verwunderlich. Die Archäologin und Felsbildforscherin Georgia Lee, die viele Jahre auf Rapa Nui gelebt und geforscht hat, erstellte ein Standardwerk über die Felsbildkunst der Osterinsel und behandelt darin natürlich auch das Petroglyphen-Paneel der Ana O Keke. Eine weitere, allerdings sehr publikumswirksam aufbereitete Geschichte der Jungfrauenhöhle zeigt der Film Rapa Nui. Das Begleitbuch zeigt erstmals auch Fotos der Höhle und ihrer Umgebung, ist jedoch wissen-schaftlich nicht relevant. 272MMALMOGAREN XXXIX/2008 3.9 Bisherige Forschungsansätze Forschungsansätze, die wissenschaftlichen Kriterien gerecht würden, können in Bezug auf die Ana O Keke bislang nicht erkannt werden. Brauchbare Grundlagen für eine intensivere Auseinandersetzung mit der Ana O Keke liefern die Berichte von der physischen Struktur der Höhle und des Jungfrauenkultes von Sebastian Englert sowie die karto-grafische Bestandsaufnahme von Jordi Lloret i Prieto und Montserrat Ubach i Torrés. Ebenso ist die Dokumentation des Felsbild-Paneels von Georgia Lee zu erwähnen. 4 Die Felsbilder der Ana O Keke Über die gesamte Osterinsel verstreut findet man Tausende von Petroglyphen, von schlichten oder symbolträchtigen Einzelzeichen bis zu aufwändig gestalteten Kompositionen aus zahlreichen Zeichen, Figuren und Symbolen, auf einzelnen oder mehreren Felsplatten. Die Petroglyphen der Ana O Keke nehmen trotz der Vielzahl von Felsbildstätten eine Sonderstellung ein. Denn es scheint, als handle es sich bei dem Felsbild-Paneel nicht um ein zufälliges Zusammen-kommen von Einzelzeichen, sondern um eine bewusste Komposition vorbedachter Zeichen-Formen und -Abfolgen, einer in sich logisch ablaufenden Bildlegende. In der Ana O Keke kommen Zeichen vor, die uns sonst nirgends in dieser Form aufgefallen sind und die auch nach Georgia Lee nur ein-oder zweimal trotz der großen Gesamtmenge an Felsbildern auf der Insel vorkommen. Und andere, die zahlreich überall zu finden sind, fehlen in der Ana O Keke. 4.1 Lage und Größe Die Petroglyphen befinden sich im vordersten Teil der Ana O Keke, auf der rechten Wand im Eingangsbereich. Die Zeichen beginnen rund 2 m nach dem Eingang und bilden ein scheinbar zusammenhängendes Paneel über 3,95 m Länge und 1 m bis 1,20 m Höhe. Sie beginnen knapp, d.h. ca. 20 cm, über dem Boden. Bei der starken Verwitterung der Wand-fläche direkt am Eingang lässt sich leider nicht feststellen, ob dieses Fels-bild- Paneel ursprünglich unmittelbar am Eingang begann oder endete. Weitere Vorkommen von Felsritzungen, von Zeichen und Symbolen, konnten bei unseren Begehungen der Ana O Keke nicht festgestellt werden. Auch ein Hinweis von Pflücke (1990:115) auf Dutzende Make- Make-Darstellungen im Innern der Höhle kann nicht bestätigt werden. ALMOGAREN XXXIX/2008MM273 4.2 Machart und Zustand Ohne materialbelastende Untersuchungen vorzunehmen, kann man aufgrund der nicht sehr harten Oberfläche des Wandabschnittes beim Paneel davon ausgehen, dass die Petroglyphen der Ana O Keke durch Ritzen und Kratzen, Schaben und Reiben entstanden sind. Punzie-rungen sind nicht zu erkennen, aber auch nicht auszuschließen. Auf der Osterinsel gibt es ausreichend natürlich entstandene Steinwerkzeuge aus Basalt, Phonolith oder Obsidian, die für die Herstellung der Petro-glyphen geeignet sind. Recht bedenklich ist der Zustand der vorderen, zum Eingang ge-legenen Hälfte des Paneels. Absandungen der Gesteinsoberflächen durch Feuchtigkeitseinwirkungen lassen die Gravuren teilweise nur noch erahnen und nicht mehr verlässlich bestimmen. Die hintere Hälfte des Paneels ist überwiegend gut erhalten. Obwohl 2002 deutliche Spuren von Kreidenachzeichnungen einzelner Zeichen zu erkennen waren, sind die ursprünglichen Formen unverändert er-halten. Überkritzelungen oder Besuchermonogramme gibt es glück-licherweise nicht. 4.3 Zeichen-Arten und -Formen Grundsätzlich gibt es zwei Gruppen von Zeichen: reale Abbilder von natürlichen Wesen und Gegenständen oder abstrakte Formen, die geometrische Formen oder symbolische Inhalte repräsentieren. In der Ana O Keke sind beide Gruppen vertreten. Zu den Zeichen natürlicher Vorbilder zählen wir Pflanzen (Tafel 18 J), Vögel (Tafel 19 N) und Fische (Tafel 19 S) sowie Gegenstände wie die Dechsel oder das Querbeil (Tafel 18 G und H) oder polyne-sische Doppel- bzw. Auslegerboote (Tafel 20 T und U) oder den Brust-schmuck Rei Miro/Mond (Tafel 19 Q). Zu den abstrakten oder geometrischen Zeichen gehören das Oval (Tafel 18 A) und das Kreuz (Tafel 18 B), aber auch die über das ge-samte Felsbild-Paneel verlaufende Näpfchenreihe. Zu den anthropomorphen Figuren gehört unzweifelhaft das ein-drucksvollste Zeichen der Ana O Keke, das gespreizt hockende Wesen (Tafel 18 K). Dieses Zeichen ist auf der Osterinsel einmalig, lediglich zwei weitere anthropomorphe Darstellungen zeigen die eigentüm-lichen Doppellinien (Lee 1992:54). Auch die Querbeile (polyn. huki) kommen laut Lee (1992:115) nur an einem weiteren Platz auf der Osterinsel vor, am Kraterrand des Rano Kau. 274MMALMOGAREN XXXIX/2008 Dies bedeutet, dass bei den Petroglyphen der Ana O Keke Zeichen vorkommen, die auf Rapa Nui einmalig oder extrem selten sind (Tafel 18 E und F sowie Tafel 19 L). Andererseits fehlen Zeichen in der Ana O Keke, die auf der gesam-ten Insel in großer Zahl zu finden sind: die Vulven-Darstellungen (ko-mari), der Schöpfer-Gott Make Make, der Vogelmann (manu tangata) oder das Bootshaus (hare paenga). Lässt sich daraus eine zeitliche Einordnung der Petroglyphen von Ana O Keke treffen? Entstanden die Zeichen in zeitlichem Zusam-menhang mit den Einwanderungen aus dem polynesischen Raum, weil hier polynesische Bootstypen gezeigt werden (Lee 1992:47/Barthel 1962:133)? Dann könnten wir die Zeit der Entstehung und der kul-tischen Nutzung zwischen dem 12. Jahrhundert und dem vernichtenden Ende der Lang-Ohren im 18. Jahrhundert annehmen. Bevor sich der Vogelmann-Kult mit den zahlreichen Darstellungen des manu tangata und der komari manifestierte. 4.4 Bisherige Forschungsansätze Henri Lavachery, Teilnehmer der französisch-belgischen Expedition 1934/1935, und die amerikanische Archäologin Georgia Lee haben mit ihren umfangreichen Arbeiten über die Petroglyphen der Osterinsel Grundlagenwerke geschaffen. Beide Werke bieten eine Strukturierung nach Zeichenarten, dokumentieren ihre regionalen Verbreitungen und liefern eine Zusammenstellung der Zeichen bekannter archäologischer Stätten. Lavachery kannte die Ana O Keke nicht. Georgia Lee präsentiert in ihrem Werk das Felsbild-Paneel (1992:47) in einer vor Ort gefertigten Handskizze. Sie geht auch auf einzelne Zeichen aus der Ana O Keke ein, betreibt aber keine weitergehende Erforschung dieses Paneels. Hier wäre eine umfassende, analytische Bearbeitung durch diese re-nommierte Felsbildforscherin und Osterinselkennerin wünschenswert. Eine fantastische Interpretation der Felsbilder findet man bei Campbell (1959:51). Er schreibt, dass die Felsbilder den neru, den Jungfrauen, gewidmet waren. Campbell fährt dann an anderer Stelle widersprüchlich fort: „... einige interessante Petroglyphen, die ihrem Charakter nach mehr oder weniger erst in jüngster Zeit gemacht zu sein scheinen.“ Campbell folgert entsprechend: „Diese Petroglyphen, die ich bei meinem einzigen Besuch der Höhle sehen konnte ... scheinen mehr sexuelle Symbole zu sein. Die Darstellung einer komari (Vulva) ALMOGAREN XXXIX/2008MM275 ist von schlechter Gestalt. Das, was sich scheinbar als Spermien offen-bart, scheint eine heute nicht mehr vorkommende (Palmen-) Art zu sein. Sonderbar erscheint mir die Figur, die sich im unteren Bereich des Paneels befindet, und einen Teil der inneren Geschlechtsorgane der Frau darstellt (Gebärmutter und Eileiter). Dies übersteigt alle Ver-nunft, da es ja dann eine mikroskopische Darstellung wäre.“ Dieser extrem spekulativen Deutung fügt er einsichtig an: „Ich beziehe nicht Stellung, indem ich Mutmaßungen anstelle; ich überlasse dem Leser die kritische Interpretation dieser Entwürfe.“ Das ist auch gut so. Auch die bei Campbell veröffentlichte Skizze ist überwiegend frei interpre-tiert (1999:344). Die französischen Höhlenforscher Gautier und Carlier nehmen an, dass die Petroglyphen in einem Zusammenhang zu den kultischen Auf-gaben der Ana O Keke stehen und dass die Platzierung von Petrogly-phen aus einer von der Tradition überlieferten kulturellen Erfahrung bestimmt wird. Diese Annahme ist höchstwahrscheinlich richtig. Eine Deutung der Zeichen, aufgrund der bisherigen Quellen, ist und bleibt jedoch reine Spekulation. Zukünftige Forschungsarbeit wird sich dennoch hypothetischer An-sätze als Ausgangspunkt strukturierter Analysen bedienen müssen. So könnte man folgende Hypothesen als Ansatz weiterer wissen-schaftlicher Auseinandersetzung mit den Petroglyphen der Ana O Keke nutzen. Wenn die Unterbringung auserwählter Jugendlicher in der Höhle mit einem Initiations-Ritual verbunden war, und es einen immer glei-chen Zeitablauf gegeben hat, könnten dann die Näpfchenzeichen eine Art Kalender der Verweildauer und des Initiations-Ritus bedeuten? Symbolisieren die Zeichen bestimmte Phasen des Initiations-Rituals? Sind die einzelnen Zeichen Bildmarken für bestimmte „Jungfrauen“, so wie Wappen, Monogramme oder Kartuschen? Wenn wir mehr über den Kult der neru, der Jungfrauen auf der Osterinsel, erfahren wollen, dann könnten die Petroglyphen der Ana O Keke der Schlüssel sein, sozusagen die Bildlegende eines noch weit-gehend unbekannten Initiations-Rituals. 5 Initiationsstätte oder Zufluchtsort? Unter den vermutlich über tausend Höhlen der Osterinsel haben einige eine herausragende Bedeutung, weil sie namentlich in Überlie-ferungen mit ganz bestimmten geschichtlichen oder kultisch-rituellen 276MMALMOGAREN XXXIX/2008 Geschehnissen verbunden sind. Zu den bekannten sogenannten Kult-oder Ritual-Höhlen gehören die Ana Kai Tangata bei Mataveri mit ihren Felsmalereien, die Ana Heu an der Nord-West-Spitze mit ihren zahlreichen Make-Make-Reliefen und die Ana O Keke, die Jung-frauen- Höhle auf Poike. In seiner Dokumentation zur Cueva del Agua auf El Hierro be-schreibt der Autor im Kapitel „Höhlen-Heiligtum oder Zufluchtsort“ (Steiner 2001/2002:349-356) verschiedene Kategorien von Höhlen je nach deren Nutzung oder Wirkung auf den Menschen. Die hier ge-troffenen Feststellungen und Einordnungen können ohne Einschrän-kungen auch für die Ana O Keke übernommen werden. Die Ana O Keke war eine Höhle mit kultischen Funktionen. Sie diente als Jung-frauen-„ Internat“ für Initiationsriten und besaß seinerzeit sicher auch eine große mythologische Bedeutung. Den ersten Hinweis auf „Jungfrauen“-Höhlen finden wir bei Walter Knoche (1925:191). Ausführlich beschreibt Englert (1974[1948]:182) zwei dieser „Jungfrauen“-Höhlen, die Ana O Keke und die Ana More Mata Puku. 5.1 Ana Hue Neru – die Höhlen der Unberührten Ana Hue Neru ist der übergeordnete Gattungsbegriff für Jungfrauen- Höhlen auf Rapa Nui. Ana Hue Neru bedeutet sinngemäß „Höhle, in der sich Jungen oder Mädchen in Abgeschiedenheit zusammenfinden“. Es ist der Überbegriff für die Bezeichnung von Orten, Höhlen mit glei-cher kultischer Bestimmung. Den ersten Hinweis auf Ana Hue Neru finden wir in Englerts „Dic-cionario Rapanui – Español“ (1938:88) unter dem Begriff „neru“: espe-cie de anacoretas o monjes que vivían antiguamente en las cuevas Ana Hueneru (mujeres) y Ana More Matapuku (hombres) en el barranco tras del Poike“. Hier glaubte Englert noch, dass Ana Hue Neru der Name für eine bestimmte Höhle sei, in der die jungen Frauen unter-gebracht wurden. In seiner umfassenden Osterinsel-Dokumentation (1974[1948]:182-183) beschreibt Englert dann Ana Hue Neru als über-geordneten Begriff für Jungfrauen-Höhlen und nennt erstmals die Ana O Keke und die schon bekannte Ana More Mata Puku als zwei Höhlen auf Poike, in denen früher Mädchen in Abgeschiedenheit lebten. Er spricht hier, im Gegensatz zu seinem Wörterbuch von 1938, nur von Mädchen. Im gleichen Werk schreibt Englert (1974:145) jedoch „Es war üblich eine gewisse Anzahl von Jungen und Mädchen in zwei Höhlen ALMOGAREN XXXIX/2008MM277 an der Steilküste hinter Poike einzuschließen und man gab ihnen den Namen neru. Eine der Höhlen war für die Jungen, die andere für die Mädchen“. In seinem 1963 fertiggestellten, aber erst 1978 erschienenen „Idioma Rapanui“ präzisiert Englert (1978:207) dann seine Erkennt-nisse wie folgt: „neru: niños y niñas que vivían antiguamente aislados en dos cuevas del barranco del Poike: Ana More Mata puku cueva de niños (Höhle der Jungen), Ana O Keke cueva de niñas (Höhle der Mädchen)“. Ana O Keke Ana O Keke liegt am oberen Rand der nördlichen Steilküste von Poike zwischen dem Maúnga Parehe und dem Cabo O‘Higgins. Hey-erdahl (1961:24) bezeichnet die Ana O Keke „als die geschichtlich be-rühmteste Höhle“, in der ausgewählte Mädchen zur Bleichung ihrer Haut abgesondert wurden. Die Höhle bietet Platz für höchstens ein Dutzend Kinder, schätzt Heyerdahl (1957:83). Ana More Mata Puku Im Nordosten von Ana O Keke, am Fuß der Steilküste, liegt die zwei-te Höhle der nerus, etwa 10 m über dem Meer an einem Ort namens Vai Mahati. Es ist die Höhle der Jungen. Lloret i Prieto (1996:22) gibt die Größe dieser Höhle mit 7,5 m Länge, 3,5 m Breite und höchstens 1,4 m Höhe an. Er verweist auf einige Petroglyphen. Ähnliche Maße finden wir bei Englert (1948:184) mit 7 m Länge, 3,5 m Breite und 1,30 m Höhe. Englert sieht in einer der Petroglyphen einfacher Machart ein Schiff mit drei Masten. 5.2 Die weißen Jungfrauen, die „neru“ Der Kult der neru, der weißen Jungfrauen, ist vermutlich nicht ur-sprünglich auf der Osterinsel entstanden, sondern entspricht eher einer Tradition, die von einer der frühen Besiedlergruppen auf die Osterinsel mitgebracht wurde. Möglicherweise waren es die privilegierten Siedler der Halbinsel Poike, die Langohren, auf deren Territorium die beiden Kulthöhlen der neru liegen. Helle Haut als Statussymbol Ein brauner Teint gilt unter „weißen“ Europäern als Zeichen eines erfolgreichen, freizeitorientierten Lebensstils. Die Torturen unter sengender Sonne oder in Solarien werden dabei heldenhaft in Kauf 278MMALMOGAREN XXXIX/2008 genommen. Sportliche Bräune ist in der „weißen“ Gesellschaft ein Statussymbol. Das Gegenteil gilt in Gesellschaften mit naturgegeben dunkler Hautfarbe. Hier ist eine helle, d.h. „weiße“ Haut ein begehrenswertes Attribut, das mit einem Anspruch an Macht, mit einem besonderen Privileg verbunden wird. Diese Sonderstellung der Hellhäutigen findet man sowohl auf den Gilbert-Inseln in Mikronesien als auch in den polynesischen Archipelen, auf den Marquesas-Inseln und offensicht-lich auch auf der Osterinsel. Der Rostocker Carl Friedrich Behrens begleitete 1722 den Nieder-länder Admiral Roggeween auf seiner Erkundungsreise in die Südsee. In seinem 1738 erschienenen Buch „Der wohlversuchte Sued-Länder“ schreibt Behrens: „Ich war der Erste, der bei der Anlandung unserer Leute die Insul mit seinen Füßen betrat.“ Er beschreibt die Einwohner wie folgt: „Der Couleur nach waren sie bräunlich, wie ungefähr ein Spa-nier, doch findet man derselben „einige schwärzer, auch teils ganz weiß“. Und an anderer Stelle: „Unter diesen war ein ganz weißer Mensch“. Roggeween berichtet selbst, dass die Körper dieser Menschen nicht schwarz waren, sondern mehr bleich oder gelblich, wie er es bei vielen Jugendlichen sah und schloss daraus, dass sie von höherem Rang wa-ren und es nicht nötig hatten, Feldarbeit zu verrichten. Felipe González (1770) erschienen die Insulaner „europäischer als die Amerikaner“. Langle, der La Pérouse begleitete (1786), bemerkte, dass sich die Farbe ihres Gesichtes wenig von der der Europäer unterscheidet. Und Adalbert von Chamisso beobachtete auf seiner Reise um die Welt 1815-1818 „Einige junge Leute unterschieden sich durch eine viel hellere Farbe der Haut“ (1896:401). Schließlich zitiert Englert (1974[1948]:164) seinen Vorgänger Hno. Eugenio, der 1864 neun Monate auf Rapa Nui lebte: „Ihre Farbe, ob-wohl etwas kupfern, unterscheidet sich nur sehr wenig von der der Europäer, da viele gänzlich weiß sind“. Hier ist natürlich auch zu bedenken, dass vor Eugenio schon etliche „weiße“ Seefahrer, das ent-gegenkommende Wesen der Osterinsulanerinnen schätzten. Auf die helle Haut als Statussymbol in Polynesien und auf der Os-terinsel verweist auch Routledge (1920:235) „... indem sich die Gruppe vor den Tänzen lange Zeit innen aufhielt, um „eine schöne Gesichts-farbe zu bekommen“ – ein kleiner Einblick, welcher zeigte, dass weiße Haut bewundert wurde“. ALMOGAREN XXXIX/2008MM279 J. M. Brown (1924:236) berichtet, dass die Vornehmen, d.h. die Füh-rungsschicht der meisten polynesischen Gebiete, ihre Töchter bleichten, indem sie diese von der Sonne fernhielten. Von den Marquesanern sagt Linton (1923:421), dass sie weiße Haut außerordentlich bewunderten und dies auch als Schönheits-Merkmal in einigen ihrer Legenden erwähnt wird. Auch bei Métraux (1957:93) lesen wir „Der lange Aufenthalt in den hare-nui lieferte den jungen Leuten auch die Möglichkeit, die helle Hautfarbe zu behalten, die bei den Polynesiern als wesentliches Schön-heitsmerkmal angesehen wurde. Niemand hätte bei einem Tanz mit ei-ner sonnengebräunten Haut erscheinen wollen“. Über den besonderen Stellenwert der hellen Haut als Statussymbol berichtet Englert (1974[1948]:229) „Es war ein großer Stolz für die El-tern, Kinder von heller Hautfarbe zu haben – mit Gewalt geschaffen durch das Opfer ständigen Verweilens im Haus, ohne sich der Sonne auszusetzen. Darum maß man natürlich dem Vorzeigen solcher Kinder große Bedeutung bei“. Bleichen in Dunkelheit Um eine weiße Haut, Schönheitsideal und Statussymbol zugleich, zu erlangen, wurden große Opfer gebracht und Entbehrungen erduldet. Das einzige wirksame Mittel war auf jeden Fall die Sonne, aber mög-lichst auch normales Tageslicht zu meiden. Aus Überlieferungen wissen wir, dass es für diesen Kult auf der Os-terinsel zwei spezielle Einrichtungen gab: die Koro-Häuser und die Ana Hue Neru, die Jungfrauen-Höhlen. Über die Koro-Häuser vermittelt uns Métraux (1971:348) einen anschaulichen Eindruck: „In Zusammenhang mit der Koro (einem Tanzfest) wird immer auch ein großes Haus erwähnt, das ebenfalls Koro genannt wird, in dem junge Leute ihre Zeit mit verschiedenen Spielen verbrachten. Dieses Haus war das sichtbare Symbol für den Sitz des Ausrichters eines Koro-Festes. In der Vergangenheit haben sich Beschreibungen der Koro-Häuser erhalten, welche von nahezu 100 Fuß und mehr, bei einer Höhe von mehr als 20 Fuß, berichten. Das Material für den Bau des Hauses wurde häufig von Spendern und Freunden des Koro-Ausrichters geliefert. Tepano (Métraux‘ Informant) sagte, dass Koro-Häuser für junge Leute gedacht wa-ren, sowohl für Jungen als auch für Mädchen, welche hier monate-lang lebten, großzügig versorgt mit allen denkbaren Köstlichkeiten ... 280MMALMOGAREN XXXIX/2008 Gewisse Tabus scheinen in den Koro-Häusern geherrscht zu haben und verbindliche Regeln waren in ihnen zu beachten“. Bei Englert (1974[1948]:163) erfahren wir ebenfalls Aufschluss-reiches über diesen Brauch: „Unter den Kindern beiderlei Geschlechts wurden in frühester Jugend die Hübschesten ausgewählt, um als pokihuru hare zu leben, was soviel heißt wie „Kinder, bestimmt das Haus zu hüten“. Es war ihnen nicht erlaubt auszugehen, um mit ande-ren Kindern im Freien zu laufen und zu spielen, damit ihre Körper, der Sonne ausgesetzt, nicht ihre weiße Farbe verlören. Sie mussten fast im-mer in den dunklen Häusern bleiben. Zum Ausgehen und frische Luft schöpfen, markierte man ihnen mit Steinen eine enge Grenze, inner-halb derer sie ihren Spaziergang machen konnten. Sie ertrugen sicher eine monotone und traurige Kindheit, Opfer eines Schönheitswahns“. Englert erwähnt in diesem Zusammenhang, dass es unklar ist, ob die sogenannten neru zu einer Institution religiösen Ursprungs gehörten, oder ob sie eine besondere Form der poki huru hare darstellten. Auf jeden Fall unterwarfen sich die Mädchen und Jungen in den Jungfrauen-Höhlen, den Ana Hue Neru, den gleichen Torturen, in wochen- oder monatelanger Abgeschiedenheit, in der Dunkelheit der Höhlen ihre Haut zu bleichen. Initiation in Abgeschiedenheit Verschiedene Quellen berichten übereinstimmend, dass es sich bei den neru um auserwählte Jugendliche aus privilegiertem Stand – wahr-scheinlich während ihrer Pubertät – handelte. Da genau die Zeit der Reife, vom Mädchen zur Frau, vom Jungen zum Mann, in den meisten Gesellschaften mit sexueller Aufklärung und tra-ditionellen Riten zur Aufnahme in die Stammesgemeinschaft zusammen-trifft, werden die jeweiligen Praktiken und Unterrichtungen in Form be-währter Initiationsrituale von Generation zu Generation weitergegeben. Über derartige Praktiken bei den neru auf der Osterinsel ist nichts Verlässliches überliefert. Nur eines scheint gewiss, dass die Jugend-lichen in dieser entbehrungsreichen Zeit nicht allein gelassen wurden und der vermutlich lange Aufenthalt zur Vorbereitung von Initiations-riten genutzt wurde. Möglicherweise spielte in diesem Zusammenhang auch das Petroglyphen-Paneel eine Rolle, als Anschauungs- und Informa-tions-„ Schaubild“. Campbell (1999:51) meint, dass die Petroglyphen den neru gewidmet waren, die hier in strikter Isolation zum Bleichen und zur religiösen und sexuellen Initiation gehalten wurden. An anderer ALMOGAREN XXXIX/2008MM281 Stelle vermutet Campbell (1971:284), dass ältere Personen, im allge-meinen Frauen oder Priester, die Eingeschlossenen in verschiedenen Spielen und Kenntnissen schulten. Der Jungfrauen-Kult auf Rapa Nui Den Jungfrauen-Kult auf der Osterinsel, mit dem vor allem die Ana O Keke in Verbindung gebracht wird, kennen wir durch drei Quellen, die noch auf mündlichen Überlieferungen aus dem ersten Drittel des letzten Jahrhunderts beruhen. Diese authentischen Quellen liefern Walter Knoche, Leiter der chilenischen Osterinsel-Expedition von 1911, und Alfred Métraux von der französisch-belgischen Expedition 1934/1935, die monatelang auf der Osterinsel forschten. Die umfang-reichsten Informationen sammelte Sebastian Englert, der als Priester 30 Jahre auf Rapa Nui lebte und deren Geschichte und Kultur studierte. Den ersten Hinweis auf den Jungfrauen-Kult liefert Knoche (1925:191): „Ferner gab es eine Art Vestalinnenkult auf dieser abge-legenen Insel, indem die Väter ihre Töchter auf Lebenszeit oder auch nur bis zum Eintritt der Mannbarkeit in Höhlen einsperrten. Verstö-ße dieser „Priesterinnen“ wurden zwar geahndet, doch gibt es Erzäh-lungen und Lieder, aus denen hervorgeht, dass die polynesischen Don Juans gerade sich um die Gunst dieser abgeschlossenen Jungfrauen bemühten“. Knoche hat in freien Versen ein Liebeslied wiedergegeben, das sich auf den Jungfrauen-Kult und auf eine Ana Hue Neru bezieht (1925:253): In der Höhle am Vulkane wohnt die unberührte Kleine, Der hab ich mein Herz geschenket, doch vor Sehnsucht fast ich weine, Färbt sich doch das liebe Mädchen ihre hübschen weißen Wangen, Stunden über Stunden lang, bis in krassem Rot sie prangen, Tief betrübt steh ich am Eingang, bitt, sie möcht doch endlich kommen, Denn mir ist ganz schwül zu Mute, bin vor Sehnsucht ganz benommen. Knoche selbst interpretiert dann dieses Liebeslied: „Als die Män-ner die Gesänge beendeten, herrschte unter den zuhörenden Frauen grosse Fröhlichkeit. Es ist ja auch in der Tat neckisch zu sehen, wie die Angebetete in aller Ruhe ihre Toilette, in diesem Fall die Rotbemalung zu einem Feste, beendet, während der Liebste voll Ungeduld vor der Höhle wartet. Hinzu kommt, dass es sich in diesem Falle wahrscheinlich 282MMALMOGAREN XXXIX/2008 um eine Vestalin handelt, d.h. eine Jungfrau, die von ihrem Vater in einer Höhle eingeschlossen, zur Keuschheit verdammt war“. Von Métraux, der mit Lachery 1934 die Osterinsel besuchte, kennen wir ein weiteres Gedicht (1957:94) über die neru: „Du bist in einer Höhle eingesperrt, O Eingeschlossene! An der Wand ist eine Kalebasse voll Ocker aufgehängt. Wie lang bist du bereits eingesperrt gewesen, O Eingeschlossene! Ich liebe dich. O du, die du eingeschlossen bist! Wie weiß bist du geworden in deiner Abgeschiedenheit, O Eingeschlossene!“ Métraux schildert weitere interessante Einzelheiten zum Jungfrauen- Kult: „Ein gewisser Kult der Körperschönheit zeichnet sich bei den meisten polynesischen Gruppen ab. Die jungen Leute schreckten nicht vor schmerzhaften Verfahren zurück, wenn sie hofften, mit deren Hilfe eine helle Hautfarbe und eine solide Körperfülle zu erzielen ... Diese Sitte erklärt vielleicht auch die auf der Oster-Insel vorhandenen Über-lieferungen über die neru. Wenn ich recht verstanden habe, handelte es sich dabei um junge Burschen und Mädchen, die von ihren Eltern in Höhlen eingesperrt wurden, in denen sie in völligem Nichtstun lebten, so dass ihre Fingernägel übermäßig lang wurden. Sie ließen sich ihre Haare wachsen und befolgten einige Nahrungs-Tabus, die jedoch kaum als Kasteiung gedeutet werden dürfen. Ihre Eltern wachten mit der größten Sorgfalt über ihre Ernährung, doch ist in der Überlieferung nicht direkt von einer Mastkur die Rede. In der Erinnerung, die sich an die neru er-halten hat, deutet nichts auf einen Brauch, der von der Religion verlangt worden wäre. Ganz im Gegenteil legten einige Anspielungen in einem Gedicht und einer Erzählung die Betonung auf die Unwiderstehlichkeit dieser neru und lassen vermuten, dass die Absperrung ihrer Schönheit zugute kommen sollte. Diese Analogien zu Mangareva berechtigen uns vielleicht dazu, das Einsperren der neru als eine rein ästhetische Maß-nahme zu deuten ... Die Kalebasse voll Ocker (aus unserem Gedicht), die in der Höhle hing, enthielt die Schminke, mit der die jungen Mäd-chen sich bemalten! Das Märchen von den „sprechenden Bananen“ be-schreibt den Tag einer dieser Schönen: des Morgens wurde sie von der Mutter gewaschen, gelaust und gekämmt. Dann rieb die Mutter sie mit Safran ein und zog an ihrer Klitoris, um deren Länge zu vergrößern“. Auch Sebastian Englert (1974:145) zitiert einen Liedabschnitt über die neru: ALMOGAREN XXXIX/2008MM283 „Bleib eingeschlossen als neru, Bleib eingeschlossen als neru dort hinten, In der Höhle oben, In der Höhle, in der die Kalebassen mit farbiger Erde aufgehängt sind, Höhle der alten neru, Höhle da hinten.“ Englert vermutet, dass der Jungfrauen-Kult noch während der tur-bulenten Periode der alten Epoche außer Gebrauch kam. Die Ernäh-rung der neru gibt er mit Zuckerrohr und Meeresfrüchten an. Englert schreibt zum Ende der neru: „Die letzte bekannte Frau, die in ihrer Kindheit neru gewesen war, war die väterliche Großmutter der Paka-rati, Te Oho a neru, die im Jahr 1915 sehr alt starb. Sie heiratete vor 1850; so muss also die Einrichtung der neru schon Jahrzehnte vor der Ankunft der ersten Missionare aufgehört haben zu existieren“. In den von Englert (2006:165) veröffentlichten Legenden der Oster-insel finden wir einen Bericht von Arturo Teao über das Schicksal der neru. Er berichtet, dass die Kinder schon im Alter von sieben Jahren in die Hue-Neru-Höhlen gebracht wurden. Niemand, außer den Vätern, durfte zu den Höhlen hinabsteigen. Die Väter brachten das Essen: Zuckerrohr, Pipi-Schnecken und Schneckenpüree. In einem Lied be-singen Eltern ihr totes Kind, ein neru: „Bleib, oh neru! Bleib beim Bleichen deiner Haut, oh neru, In der Höhle der hängenden Kalebassen von Ki‘ea, der alten neru; Im Sommer kannst du aufsteigen, Zum Winter sollst du absteigen, Bleib, dass du einen weißen Teint erhältst, oh neru!“ In einem weiteren hier in Rapa Nui wiedergegebenen Gedicht wird die außergewöhnliche Stellung und das Ansehen der neru hervorgeho-ben. Stirbt ein neru während der Isolation und hatte sich die Jungfern-schaft bewahrt, dann galt es als vornehmer als andere Menschen; man erhob es über das Irdische und verlieh ihm eine besondere Würde. In seinem großen Werk „Herrencia Musical“ zur Musik und den Lie-dern der Osterinsel, veröffentlicht Campbell (1971:286) ein Lied, das sich ebenfalls mit dem Schicksal der neru auseinandersetzt: 284MMALMOGAREN XXXIX/2008 „¡Oh! Neru de miembros bellos y delgados, colgantes ... Lleváis el manto antiguo de Rapanui, de aquella tierra de Hiva. Eres tú, ¡Oh! Hermosa Miru ... Escondidas están las Neru ... escondidas allá atrás ... Penden en las cuevas las calabazas del color; Cuelgan hacia abajo ... Es la hora en que se levanta la caña de azúcar ...“ Este es el sentimiento divino de las Neru ... recluidas más allá del Poike ... Sinngemäß ins Deutsche übersetzt: „Oh! Neru, mit schönen Gliedern, schlank und rank ... Ihr tragt den alten Umhang von Rapanui, aus jenem Land von Hiva, das bist du. Oh! Schöne Miru ... Versteckt sind die Neru ... Versteckt dort hinten ... Sie hängen in den Höhlen, die Kalebassen mit der Farbe ... Zur Stunde, in der sich das Zuckerrohr erhebt ...“ Dies ist das göttliche Empfinden der Neru, eingeschlossen ganz hinten auf Poike ... Campbell, der von 1964 bis 1994 als Arzt mehrere Jahre auf Rapa Nui tätig war, bietet uns Details zu den Gepflogenheiten der neru, die entweder der zunehmenden Fantasie seiner Informanten zu danken sind oder seiner Neigung entsprachen, neue Aspekte in ein nur wenig bekanntes Phänomen zu bringen. Campbell (1999:94) berichtet „Die Haupthöhle war die Ana O Keke. Genau hier widmeten sie sich dem Erlernen der alten Gesänge und Gedichte, patautau, den anmutigen Fadenspielen, kai-kai, und dem Verschönern von Antlitz und Körper. In den Traditionen ist begründet, dass es eine Art sexueller Initiation durch die Anleitung erwachsener Frauen gab, dass man sie die Kunst der Liebe lehrte, bis zur Massage ihrer Sexual-Organe, makitu‘u, um sie ALMOGAREN XXXIX/2008MM285 auf deren erotische Funktionen vorzubereiten“. Campbell (1971:284) meint, dass der Jungfrauen-Kult ungefähr bis 1820 praktiziert wurde. Interessant ist sein Hinweis, dass das rote Pulver „ki‘ea“, das man zur Körper-Bemalung benutzte, in der Umgebung auf Poike gesammelt wurde. Verrührt mit Pflanzensäften wurde es dann in Kalebassen an die Decken der Höhlen oder Hütten gehängt. Bei zwei weiteren Autoren, die in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Osterinsel besuchten, finden wir Informationen oder Fragmente von Liedertexten, die sich auf den Kult der neru, den Jung-frauen- Kult beziehen. Castex besuchte 1961 die Osterinsel und veröf-fentlichte dann in seinem Buch das bei Métraux zitierte Gedicht fast wortgleich – jedoch ohne Quellenangabe. Castex‘ Ausführungen gipfeln in seiner Erkenntnis, dass die Höhle der jungfräulichen Mädchen, die Ana O Keke, die Seele der Osterinsel darstellen könnte – genauso schwierig zu ergründen, wie das Geheim-nis der Statuen (1973:102), meint er schließlich. Francis Mazière, der 1963 auf Rapa Nui weilt, bemerkt zu einem Lied über die neru, dass es Folgendes ausdrücke (1967:115): „Haupt mit Erdfarben, Höhle der einstigen neru, Höhle jener anderen!“ Diese Beispiele von Gedichten und Liedtexten, mit nahezu iden-tischen Inhalten und lediglich unterschiedlichen Ausdrucksformen, bzw. Begriffen, zeigen, dass die Tradition der neru bei den Bewohnern der Osterinsel tief verwurzelt war und von Generation zu Generation überliefert wurde. Auch eine wichtige Sequenz des Spielfilms „Rapa Nui“ handelt vom Bleichen in der Jungfrauen-Höhle und vom besonderen Status dieser Auserwählten. 5.3 Kultstätte, Zufluchtsort, Schutzraum Alle bisherigen Erkenntnisse attestieren der Ana O Keke den Status einer Kultstätte. Die Überlieferungen, vor allem in Liedern und Rezi-tationen zu den Fadenspielen kai-kai, bieten verlässliche Hinweise auf den Kult der neru und ihre Ritualstätte in dieser Höhle auf Poike. Diese Höhle bietet für diesen Zweck beste Voraussetzungen – Abgeschie-denheit, Wasser und einen brauchbaren Zugang. Für die Funktion als 286MMALMOGAREN XXXIX/2008 Kultstätte sprechen vor allem die eindrucksvollen Petroglyphen, die ein Gesamtkunstwerk sind. Dass im Notfall die Ana O Keke auch als gut geeigneter Zufluchts-ort und Schutzraum dienen könnte, ist ohne Zweifel. Möglicherweise stehen einer solch profanen Nutzung jedoch die Tabus der Kultstätte entgegen. 6 Ana O Keke mit Parallelen zur Cueva del Agua Wer beide Höhlen, die Ana O Keke auf Rapa Nui und die Cueva del Agua auf der Kanaren-Insel El Hierro, besucht und studiert hat, ist von der Vielzahl an Übereinstimmungen überrascht. Die eine Höhle ist ein nahezu spiegelbildliches Abbild der anderen. Es ist sicher, dass die beiden Gesellschaften auf den Kanaren und der Osterinsel keine Verbindungen oder Kenntnisse voneinander hatten. Aber es ist durchaus vorstellbar, dass unter selben Bedingungen sich auch gleichartige kulturelle Phänomene, Bräuche, Lebensformen und Techniken entwickeln. Auf jeden Fall lohnt es darüber nachzudenken, ob die Funktion der Ana O Keke als Jungfrauenhort zum Bleichen und als Initiationsstätte auch eine Entsprechung bei der nahezu identischen Anlage der Cueva del Agua findet. Diese Hypothese wird getragen von dem Wissen, dass es auch auf den Kanaren, nach Berichten von Abreu Galindo insbesondere auf Gran Canaria, einen Kult gab, vergleichbar mit dem der neru auf Rapa Nui. So pflegten hochrangige, adlige Leute ihre Töchter, sobald sie heiraten wollten, dreißig Tage lang abgesondert zu halten. Die dreißig Tage dauernde Absonderung der jungfräulichen Bräute dürfte nicht nur der Mästung gedient haben, sondern auch der Initiation in die Welt der erwachsenen Frau mit ihren erotischen und gynäkologischen Anforderungen, vermutet Hans-Joachim Ulbrich (1997:14). Für uns stellt sich nun die Frage, ob es legitim ist, aufgrund der zahl-reichen verblüffenden Übereinstimmungen zwischen beiden Höhlen einen Abgleich vorzunehmen und daraus – rein hypothetische – Rück-schlüsse auf einen wie auch immer gearteten Jungfrauenkult mit Initia-tionsriten in der Cueva del Agua zu ziehen. Angedeutet habe ich diese Möglichkeiten bereits in meiner Dokumentation über die Cueva del Agua (Steiner 2001/2002:353). Bei unserem Quellenstudium mussten wir erstaunt feststellen, dass ein Vergleich von Kultur-Phänomen zwischen der Osterinsel und den Kanaren nicht neu ist. So beschrieb Ende letzten Jahrhunderts Massimo ALMOGAREN XXXIX/2008MM287 Dall’ Agnola (1995:135ff) die zwangsläufig gleichartige Entwicklung bei übereinstimmenden Gegebenheiten an völlig unterschiedlichen Orten in seinem Aufsatz über die Übereinstimmungen menschlichen Verhaltens zwischen zwei vorgeschichtlichen Inselkulturen: Rapa Nui und Kanarische Inseln. 6.1 Zahlreiche, markante Übereinstimmungen Bevor wir die frappierenden Übereinstimmungen der beiden Höh-len Ana O Keke und Cueva del Agua betrachten, sollten auch einige Gemeinsamkeiten der beiden Inseln Rapa Nui und El Hierro erwähnt werden. Rapa Nui und El Hierro, beide reine Vulkaninseln, hatten - in Abgeschiedenheit vom Rest der damaligen Welt, spezifische Strukturen und inseltypische Verhaltensweisen entwickelt - eine etwa zeitgleiche Phase der Erstbesiedelung - eine Art Steinzeit-Kultur ohne Metalle (bis zur Entdeckung durch europäische Seefahrer) - eine besondere Fähigkeit eindrucksvolle Petroglyphen zu gestalten – jahrhundertelang, über verschiedene kulturelle Epochen hinweg - einen typischen Trockenmauerbau sowie Rundbauten zum Schutz der Pflanzen - eine Küche, die vorwiegend Fisch und Meeresfrüchte verwertete. Interessante Merkmale, die jedoch beim Blick auf andere Vulkan-inseln weltweit, vielerorts anzutreffen sind. Ganz anders sieht es bei den beiden zu vergleichenden Höhlen, der Ana O Keke auf Rapa Nui und der Cueva del Agua auf El Hierro aus. Hier sind die Parallelen geradezu extrem ausgeprägt: - Sie sind beide Lavaröhren mit einer überdurchschnittlichen Länge und einem gut ausgebildeten Eingangsbereich. - Sie liegen beide versteckt, aber gut zugänglich, an der oberen Kante, an der Cumbre, eines zum Meer gelegenen Steilhangs. - Sie liegen beide in einem topografisch klar abgegrenzten Herrschafts gebiet, vermutlich eines privilegierten, elitären Clans (der Lang- Ohren auf Poike; der Herren von Las Playas). - Sie verfügen beide über eine nahezu permanente Versorgung von Trinkwasser durch einsickerndes, frisches Tropfwasser. - Sie sind wenig geeignet als Wohn-, Schlaf- oder Bestattungshöhle. - Sie sind prädestiniert für die Aufgaben eines Höhlen-Heiligtums, einer Initiationsstätte. 288MMALMOGAREN XXXIX/2008 Und die absolut überraschendste Gemeinsamkeit dieser beiden Höhlen weist auf deren herausragende Stellung und Aufgabe hin: - In beiden Höhlen sind im unmittelbaren Eingangsbereich große Flächen mit zahlreichen Petroglyphen zu eindrucksvollen Felsbild- Paneelen gestaltet. Wurde mit diesen magischen Zeichen die jeweilige Höhle für einen Kult, einen Ritus erobert, gesichert und für unerwünschte Eindring-linge tabuisiert? Wurde hier ein Ort gekennzeichnet, der der Weisung und Weihung junger Mädchen bei der Frauwerdung geweiht war? 6.2 Rückschlüsse für vergleichbare Nutzung Eines ist sicher: Beide Höhlen hatten eine mit Sicherheit über pro-fane Funktionen hinausgehende Aufgabe. Beide wären ideal geeignet für einen längeren, jedoch nicht dauerhaften Aufenthalt – beispielsweise zur Initiation. Diese Aufgabe scheint für die Ana O Keke einigermaßen verlässlich erwiesen. Obwohl nun einiges dafür spricht, dass auch die Cueva del Agua aufgrund der zahlreichen Übereinstimmungen zu kul-tischen Zwecken, möglicherweise zu Initiationsriten genutzt wurde, sollte man mehr Sicherheit durch weitere Forschung erarbeiten. Denk-bare Quellen für solche Studien sind neben Kirchenarchiven vor allem alte Liedertexte, Gedichte, Sprichwörter oder Kinderverse. 7 Schlussbemerkungen Das Hauptmotiv für das Entstehen der vorliegenden Arbeit lag in der verblüffenden Übereinstimmung zahlreicher Besonderheiten der Ana O Keke auf Rapa Nui und der Cueva del Agua auf El Hierro, Kanaren, über die ich (2002:329ff) bereits eine umfassende Arbeit veröffentlichte – mit vielen Fragen die noch zu klären sind. Da lag es nahe, sich mit derselben Intension auch der Ana O Keke, mit all ihren Facetten, zu widmen, um so aus Erkenntnissen über die eine Kulthöhle eventuell Rückschlüsse auf die andere ziehen zu können oder zumindest neue Forschungsansätze in der einen oder anderen Richtung zu finden. Aufgrund mehrfacher Begehungen sollte eine unspektakuläre, fan-tasiefreie, sachliche Beschreibung der physischen Beschaffenheit der Höhle erstellt werden. Schwerpunkt der Arbeit war eine präzise und detailreiche Erfassung der Petroglyphen, sowohl der Einzelzeichen als auch des Paneels, um dieses Gesamtkunstwerk polynesischer Felsbildkunst für eine breitere Öffentlichkeit und interessierte Forscher zu erschließen. ALMOGAREN XXXIX/2008MM289 Ein erstes umfassendes Quellenstudium über das Herrschaftsgebiet Poike, die Höhle Ana O Keke und den Kult der weißen Jungfrauen, der neru, machte klar, welche Bedeutung der Ana O Keke im Rahmen der Kultur und Geschichte der Osterinsulaner zusteht. Ana O Keke ist ein wichtiges Kulturdenkmal der Osterinsel, das neben einigen Einheimischen, bislang gerademal von einer oder zwei Hand-voll Besuchern bis zum Siphon oder zum Ende der Höhle begangen und studiert wurde. 7.1 Schützenswerter Teil der Identität Es gibt keine schriftlichen Aufzeichnungen oder authentischen Über-lieferungen aus der Zeit vor dem 18. Jahrhundert. Die Bilderschrift Rongo Rongo wird von einigen Forschern mit unterschiedlichen An-sätzen jeweils neu und anders „entschlüsselt“. Deshalb können wir uns zur Zeit nur auf die Sprache Rapa Nui, auf kai-kai, das polynesische Fadenspiel mit seinen Rezitativversen sowie auf Lieder und Gedichte stützen, um einigermaßen verlässliche Ansätze traditioneller Gescheh-nisse und Bräuche zu erfahren. In Legenden und Geschichten erfahren wir einiges über Orte auf der Osterinsel und deren Bedeutung für ihre Gesellschaft, so z.B. über die Höhle der Kannibalen Ana Kai Tangata, über den Vogelmann-Kult auf Orongo und Motu Nui, über die Schlacht zwischen Lang-Ohren und Kurz-Ohren im Poikegraben oder über den Jungfrauen-Kult in der Ana O Keke. Diese überlieferten Traditionen sind es wert, erforscht, erhalten, ge-pflegt und weitergetragen zu werden. Sie sind Teil der Identität dieser Insel und ihrer angestammten Bewohner. Sie sind Teil der Identität von Rapa Nui. 7.2 Veränderungen, Gefährdungen Ein hohes Risiko für Gefährdungen, insbesondere der Petroglyphen in der Ana O Keke, bestand zwischen 1990 und 2005. Im Zuge des stark gewachsenen Tourismus auf der Osterinsel stieß das Angebot einer Entdecker-Jeep-Tour zur Jungfrauen-Höhle auf große Begeisterung. Es fanden Touren zur Ana O Keke mit bis zu sechs Geländewagen und 30 Personen statt. Die Gefahr für die Petroglyphen bestand im Nach-Malen oder -Kratzen, im Verändern oder im schlimmsten Fall durch Einritzen von Namen oder Initialen. Aber nichts Negatives ist passiert. Ana O Keke ist ein wichtiges Kulturdenkmal der Osterinsel, 290MMALMOGAREN XXXIX/2008 Eine weitere Gefährdung der Felsgravuren bringt die in den letzten Jahrzehnten zunehmende Feuchtigkeit, auch im Sommerhalbjahr. Die Wand mit dem Petroglyphen-Paneel hat dann eine feuchte Oberfläche, die ganz leicht absandelt. Eine negative Veränderung konnte ich bei meinen Besuchen zwischen 1975 und 2007 allerdings nicht feststellen. 7.3 Schutzmaßnahmen und Forschungsansätze Nachdem seit einigen Jahren motorisierte Touren auf Poike ohne Ausnahmen verboten sind, ist die Ana O Keke wieder zu einem ein-samen, mystischen Ort geworden. Es scheint, dass in den letzten Jahren keine oder wenn, dann nur ganz wenige Interessierte die Höhle be-suchten. Weitere Schutzmaßnahmen sind nicht notwendig. Jedoch sollte in absehbarer Zeit ein komplexeres Forschungsprojekt starten, das alle Aspekte der Ana O Keke inklusive der Petroglyphen und des Kultes der neru beinhaltet. Die Böden der einzelnen Höhlenabschnitte sollten exakt nach irgendwelchen Relikten abgesucht werden, die Petroglyphen groß-formatig digital erfasst und ausgewertet werden und letztlich auch alle noch so kleinen Hinweise auf den Kult der neru systematisch gesammelt werden. Die vorliegende Arbeit soll Anreiz sein, dieses Projekt rasch, solange noch brauchbare Spuren zu finden sind, in Angriff zu nehmen. 8 Glossar Bei der Aufbereitung und Dokumentation archäologischer Fundstätten der Osterinsel werden in aller Regel Begriffe und Namen verwendet, die der einheimischen polynesischen Sprache Rapa Nui entstammen. Die häufigsten in dieser Arbeit verwendeten Begriffe werden nachfol-gend nochmals kurz erläutert. Ahu Plattform, auf der die Steinfiguren standen Ana Höhle Ana Hue Neru Bezeichung für Höhlen, in denen junge Leute beiderlei Geschlechts zum Bleichen ihrer Haut und möglicherweise auch zu Initiationsriten abgesondert wurden Ana O Keke Höhle, in der die Mädchen eingesperrt waren Ana More Mata Puku Höhle, in der die Knaben eingesperrt waren ALMOGAREN XXXIX/2008MM291 Hare Haus, Hütte Hare paenga Bootshaus Hue Zusammenschluss, Vereinigung Huki Werkzeug, Querbeil, Dechsel Keke Neigen der Sonne, nachdem sie den Zenit überschritten hat Komari stilisierte Darstellung der Vulva auf Felsbildern Make Make Darstellung auf Felsbildern, dominierende Gottheit der Osterinsel, entspricht wahrschein-lich dem polynesischen Schöpfergott tiki Manu tangata Vogelmann, stilisierte Darstellung auf Fels-bildern eines meist hockenden Vogel-Mensch- Wesens Moai große Steinfiguren zur Verehrung der Ahnen Neru Jungfrauen, unberührte Mädchen und Knaben aus angesehenem Stand, die ausgewählt waren, eine längere Zeit in Abgeschiedenheit und Dunkelheit in Höhlen (den Ana Hue Neru) zu verbringen, um ihre Haut zu bleichen. Da dies in der Zeit ihrer Pubertät geschah, kann man davon ausgehen, dass während dieser Aufent-halte auch Initiationsriten stattfanden. Rapa Nui Dieser Begriff wird für drei verschiedene Sachen verwendet: 1. als Name für die Insel 2. als Bezeichnung für die Bewohner 3. als Begriff für die Sprache Darüberhinaus bleibt zu erklären Abri Schutzraum oder Halbhöhle unter einem Fels-überhang, wettergeschützter Siedlungsplatz Cumbre Höhenrücken, Bergkamm, Kante eines Steil-abfalls Initiation Einweihungsritual bei der Geschlechtsreife zur Vorbereitung in die Erwachsenenwelt Limonit Mineral (auch als Brauneisenerz oder Rasen-eisenerz bekannt) Phonolith Klangstein, harter, hell klingender Stein 292MMALMOGAREN XXXIX/2008 9 Literatur Barthel, Thomas S. (1958): Grundlagen zur Entzifferung der Osterinselschrift. – Cram, de Gruyter & Co., Hamburg Barthel, Thomas S. 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Durchschlupf: 62 x 120 cm 1. Durchschlupf: 37 x 192 cm Kriechgang ANA O KEKE · Eingang / Raum I und Raum II · Rapa Nui / Polynesien Tafel 6 ALMOGAREN XXXIX/2008MM301 xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xx N © STEINER 1.2.2002 wassergefüllter Siphon Wasserfläche davor ca. 2 x 4m gespaltener Steinblock faustgroße, vom Meer abgeschliffene, seitlicher Nebenarm, glatte Steine in 1m Höhe, ansteigend Felsbrocken 3. Durchschlupf 2. Durchschlupf: 62 cm hoch, 120cm breit 1. Durchschlupf: 37cm hoch, 192 cm breit Petroglyphen-Paneel Zugang Tageslichtgrenze Eingang 4. Durchschlupf 5. Durchschlupf ANA O KEKE · Höhlen-Grundriss bis zum Siphon · Rapa Nui / Polynesien Tafel 7 302MMALMOGAREN XXXIX/2008 ANA O KEKE · Raum I, rechts das Petroglyphen-Paneel · Rapa Nui / Polynesien Tafel 8 ANA O KEKE · Raum I, Eingangsbereich · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM303 Tafel 9 ANA O KEKE · Raum I, nach den Petroglyphen · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Raum I, Blick von hinten zum Eingang · Rapa Nui / Polynesien 304MMALMOGAREN XXXIX/2008 Tafel 10 ANA O KEKE · Raum II, vorderer Bereich · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Raum II, Durchgang zum hinteren Bereich · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM305 Tafel 11 ANA O KEKE · Raum II, Blick in den hinteren Bereich · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Raum II mit Wasseransammlung · Rapa Nui / Polynesien 306MMALMOGAREN XXXIX/2008 Tafel 12 ANA O KEKE · Höhlengang mit gespaltenem Steinblock · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Höhlengang mit Konglomerat · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM307 Tafel 13 ANA O KEKE · Gangende mit Tümpel und Siphon · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Gangende mit Tümpel und Siphon · Rapa Nui / Polynesien 308MMALMOGAREN XXXIX/2008 Tafel 14 ANA O KEKE · Höhleneingang mit Petroglyphen (links) · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM309 Tafel 15 ANA O KEKE · Teil des Petroglyphen Paneels (C/D) · Rapa Nui / Polynesien 310MMALMOGAREN XXXIX/2008 Tafel 16 ANA O KEKE · Vermessen und Kartieren der Höhle · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Dokumentation der Petroglyphen · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM311 Tafel 18 A B C D E F G H J K 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm ANA O KEKE · Zeichen mit eigenständigen Figurationen · Rapa Nui / Polynesien 3112aMMMMAALLMMOOGGAARREENN X XXXXXIXIX/2/0200808 0 1 »ANA O KEKE« / POIKE • RAPA NUI A B C Tafe AALMLMOGOAGRAERNE NX XXXIXIX/2/020080M8MMM3311b3 22 3 4m PETROGLYPHEN »ANA O KEKE« eindeutige Petroglyphen wahrscheinliche Gravuren fragliche (natürliche) Spuren ©STEINER 2007 D E F el 17 314MMALMOGAREN 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm L N M O P S Q R ANA O KEKE · Zeichen mit eigenständigen Figurationen · Rapa Nui / Polynesien Tafel 19 312MMALMOGAREN XXXIX/2008 ALMOGAREN XXXIX/2008MM315 10 cm 10 cm 10 cm T U V Tafel 20 ANA O KEKE · Zeichen mit eigenständigen Figurationen · Rapa Nui / Polynesien 2008MM313 316MMALMOGAREN 0 10 20 30cm Tafel 21 ANA O KEKE · Petroglyphen Paneel Block A und B · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Umzeichnung der Petroglyphen Block A/B · Rapa Nui / Polynesien © STEINER ’08 314MMALMOGAREN XXXIX/2008 ALMOGAREN XXXIX/2008MM317 0 10 20 30cm Tafel 22 ANA O KEKE · Petroglyphen Paneel Block C II · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Umzeichnung der Petroglyphen Block C II · Rapa Nui / Polynesien © STEINER ’08 2008MM315 318MMALMOGAREN 0 10 20 30cm Tafel 23 ANA O KEKE · Petroglyphen Paneel Block D · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Umzeichnung der Petroglyphen Block D · Rapa Nui / Polynesien © STEINER ’08 316MMALMOGAREN XXXIX/2008 ALMOGAREN XXXIX/2008MM319 0 10 20 30cm Tafel 24 ANA O KEKE · Petroglyphen Paneel Block E · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Umzeichnung der Petroglyphen Block E · Rapa Nui / Polynesien © STEINER ’08 2008MM317 320MMALMOGAREN XXXIX/2008 ANA O KEKE · Mahlstein, Reibstein oder Stößel (?) aus Basalt · Rapa Nui Tafel 25 © STEINER 2007 318MMALMOGAREN XXXIX/2008 ALMOGAREN XXXIX/2008MM321 Tafel 26 ANA O KEKE · Phonolith (oben) · Limonit (unten) · 1:1 · Rapa Nui / Polynesien © STEINER 2007 2008MM319 322MMALMOGAREN Tafel 27 ANA O KEKE · Plan von Lloret i Prieto & Ubach i Tarres · Rapa Nui / Polynesien Reproduction © Jordi Lloret i Prieto & Montserrat Ubach i Tarres · Published in ESPELEÒLEG 41/1996 320MMALMOGAREN XXXIX/2008
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Calificación | |
Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Die Jungfrauen-Höhle auf der Osterinsel "Ana O Keke" auf Poike / Rapa Nui, Polynesien |
Autor principal | Steiner, Hartwig E. |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 39 |
Tipo de documento | Artículo |
Lugar de publicación | Hallein |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 2008 |
Páginas | pp. 253-320 |
Materias | Prehistoria ; Islas Canarias |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 5108614 Bytes |
Texto | ALMOGAREN XXXIX/2008MM249 ALMOGAREN XXXIX/2008 IC INSTITUTUM CANARIUM ICDIGITAL Separata XXXIX-11 250MMALMOGAREN XXXIX/2008 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). Die deutsche Rechtschreibung wurde – mit Ausnahme von Literaturzitaten – den aktuellen Regeln angepasst. Englischsprachige Keywords wurden zum Teil nach-träglich ergänzt. PDF-Dokumente des IC lassen sich mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader (Version 7.0 oder höher) lesen. Für den Inhalt der Aufsätze sind allein die Autoren verantwortlich. Dunkelrot gefärbter Text kennzeichnet spätere Einfügungen der Redaktion. Alle Vervielfältigungs- und Medien-Rechte dieses Beitrags liegen beim Institutum Canarium Hauslabgasse 31/6 A-1050 Wien IC-Separata werden für den privaten bzw. wissenschaftlichen Bereich kostenlos zur Verfügung gestellt. Digitale oder gedruckte Kopien von diesen PDFs herzu-stellen und gegen Gebühr zu verbreiten, ist jedoch strengstens untersagt und be-deutet eine schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: institutum-canarium.org almogaren.org Abbildung Titelseite: Original-Umschlag des gedruckten Jahrbuches. Institutum Canarium 1969-2015 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte ALMOGAREN XXXIX/2008MM251 Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Alain Rodrigue: Les chars gravés du Jbel Aoufilal (Taouz, Maroc) .......................................... 7 Robert G. Bednarik: Die Kranichberger Petroglyphen bei Gloggnitz, Niederösterreich ................... 19 Yves & Christine Gauthier: À propos des Monuments À Alignements du Sahara .................................... 27 Franz Trost: Bemerkungen zum Papyrus Louvre I. 3079, Kol. 111, Zeile 82-86 ................ 89 Joaquín Caridad Arias: El título canario Mencey "rey", un derivado del teónymo púnico Melkart ................................................... 105 Werner Pichler: Bericht über den aktuellen Stand der Erforschung und Erhaltung der libysch-berberischen Felsinschriften auf den Kanarischen Inseln .................... 117 Andoni Sáenz de Buruaga: Nota sobre un panel con grabados de équidos en el abrigo rupestre de Galabt El Jeil 2 (Tiris, Sahara Occidental) ............................................ 137 Julio Cuenca Sanabría et alii: El culto a las cuevas entre los aborigenes canarios: el almogaren de Risco Caído (Gran Canaria) ................................................................. 153 Werner Pichler: The rock art sites in the region of Igherm/Anti-Atlas (S-Morocco) ................... 191 Dolores García Padrón: Agustín Millares Cubas y los inicios de la lexicografía canaria ............... 239 Hartwig-E. Steiner: Die Jungfrauen-Höhle auf der Osterinsel Ana O Keke auf Poike / Rapa Nui, Polynesien ............................................................... 253 Hartwig-E. Steiner: Das Areal der weißen Steinhügel auf Selvagem Grande. Ilhas Selvagens, Portugal ........................................................................... 321 252MMALMOGAREN XXXIX/2008 Zitieren Sie diesen Aufsatz bitte wie folgt / Please cite this article as follows: Steiner, Hartwig-E. (2008): Die Jungfrauen-Höhle auf der Osterinsel "Ana O Keke" auf Poike / Rapa Nui, Polynesien.- Almogaren XXXIX (Institutum Canarium), Wien, 253-320 ALMOGAREN XXXIX/2008MM253 Almogaren XXXIX / 2008 Wien 2008 253 - 320 Hartwig-E. Steiner Die Jungfrauen-Höhle auf der Osterinsel »Ana O Keke« auf Poike/Rapa Nui, Polynesien Dionisio Teao Atan und seinem Bruder ›Kio‹ Sergio Ruben Teao Atan gewidmet Keywords: Easter Island, Ana O Keke, cave of virgins, initiation rituals, rock art Zusammenfassung: Seit Ende des 19. Jahrhunderts haben mehrere Expeditionen versucht, den Geheimnissen der Kultur und der Menschen auf der Osterinsel (Rapa Nui) näher zu kommen oder sie im idealen Fall zu entschlüsseln. Je mehr geforscht wurde, umso mehr wurde der immense archäologische Bestand dieser Insel erkennbar (Patricia Vargas: 2006). Und umso weniger wurden eindeutige, beweisfähige Erkenntnisse gewonnen. Dies gilt auch für das von den Einheimischen mündlich überlieferte Ritual des Bleichens auserwählter Jugendlicher. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Höhle Ana O Keke, von der es zahlreiche Parallelen zur Cueva del Agua auf El Hierro (Kanarische Inseln) gibt. Abstract: Since the late XIXth century, several expeditions have attempted to tackle and if possible unravel the secrets of the people and culture of the Easter Island (Rapa Nui). However, the further the research has gone, the more evident has become the magnitude of the archaeological treasures which still remain undiscovered (Patricia Vargas, 2006), resulting in the findings being far less conclusive or unquestionable than they were thought to have been. This remains the case concerning the ritual of the “whitening“ of selected younger female members, a tradition which has been kept intact thanks to oral history. A major role in this ritual is played by the cave Ana O Keke, which has numerous parallels with the Cueva del Agua in El Hierro (Canary Islands). Resumen: Desde finales del s. XIX, varias expediciones han tratado de adentrarse en los secretos de la cultura y las gentes en la Isla de Pascua (Rapa Nui), y, en el mejor de los casos, descifrarlos. Sin embargo, cuanto más lejos ha ido la investigación, más clara ha quedado la inmensidad de las existencias arqueológicas de la isla (Patricia Vargas, 2006), y mucho menos concluyentes e inequívocas los conocimientos obtenidos. Esto es válido también para el ritual, trasmitido oralmente por los nativos, del “blanqueado” de jóvenes elegidas. Un papel primordial lo desempeña la cueva Ana O Keke, que presenta numerosos parale-los con la Cueva del Agua en El Hierro (Islas Canarias). Keywords: Easter Island, Ana O Keke, cave of virgins, initiation rituals, rock art 254MMALMOGAREN XXXIX/2008 Inhalt 1 Vorbemerkungen 1.1 Von Polynesiern besiedelt, von Europäern entdeckt 1.2 Weltberühmt seit 200 Jahren, Weltkulturerbe seit 1995 1.3 Bestandsaufnahme und Dokumentation der Ana O Keke 1.4 Parallelen zur Cueva del Agua auf El Hierro 2 Die Halbinsel Poike 2.1 Frühestes Siedlungsgebiet 2.2 Herrschaftsraum der Elite 2.3 Archäologisch bedeutende Stätten 2.4 Im Kontext zur Ana O Keke 3 Die Höhle Ana O Keke 3.1 Geografische Lage 3.2 Topografie, Landschaft 3.3 Beschreibung: Gestalt, Größe, Struktur 3.4 Besonderheiten 3.5 Begehungen 1975-2007 3.6 Beschreibung einer Begehung in 2002 3.7 Der Name Ana O Keke 3.8 Literaturhinweise seit ihrer »Entdeckung« 3.9 Bisherige Forschungsansätze 4 Die Felsbilder der Ana O Keke 4.1 Lage und Größe 4.2 Machart und Zustand 4.3 Zeichen-Arten und -Formen 4.4 Bisherige Forschungsansätze 5 Initiationstätte und Zufluchtsort? 5.1 Ana Hue Neru – die Höhlen der Unberührten - Ana O Keke - Ana More Mata Puku 5.2 Die weißen Jungfrauen - Helle Haut als Statussymbol - Bleichen in Dunkelheit - Initiation in Abgeschiedenheit - Der Jungfrauen-Kult auf Rapa Nui 5.3 Kultstätte, Zufluchtsort, Schutzraum 6 Ana O Keke mit Parallelen zur Cueva del Agua 6.1 Zahlreiche, markante Übereinstimmungen 6.2 Rückschlüsse für vergleichbare Nutzung? 7 Schlussbemerkungen 7.1 Schützenswerter Teil der Identität 7.2 Veränderungen, Gefährdungen 7.3 Schutzmaßnahmen und Forschungsansätze 8 Glossar 9 Literatur ALMOGAREN XXXIX/2008MM255 1 Vorbemerkungen Die Osterinsel (span. Isla de Pascua, engl. Easter Island, franz. L‘Ile de Pâques) liegt in der Südhälfte des Pazifiks und bildet die östlichste Insel des polynesischen Dreiecks mit Neuseeland im Westen und Ha-waii im Norden. Die Osterinsel oder Rapa Nui, wie sie traditionell in der Sprache ihrer polynesischen Bevölkerung genannt wird, liegt auf 109°26'14" westlich von Greenwich und 27°09'30" südlich des Äqua-tors. Die Osterinsel ist 4 240 km von Tahiti entfernt und 3 790 km von Santiago de Chile und zählt damit zu den abgelegensten, bewohnten Orten der Welt. Die Osterinsel gehört seit 1888 politisch zu Chile, ethnisch zählt sie zu Polynesien. Sie ist 24 km lang und 12 km breit und weist aufgrund ihrer Dreiecksform eine Fläche von knapp 165 km2 auf. Seit Eröffnung des Flughafens 1967 – und seiner Erweiterung 1988, selbst für Space- Shuttle-Landungen – lebt Rapa Nui vorwiegend vom noch immer zunehmenden Tourismus. 1.1 Von Polynesiern besiedelt, von Europäern entdeckt Es gibt Indizien, die auf mehrere Besiedlungsphasen zwischen dem 4. und dem 13. Jahrhundert unserer Zeitrechnung hindeuten – vorwiegend aus dem polynesischen Raum, insbesondere von den Marquesas-Inseln aus. Am 5. April 1722, am Spätnachmittag des Ostersonntags, entdeckte „The African Galley“, eines der drei Schiffe unter dem Kommando des holländischen Admirals Jacob Roggeveen, eine kleine Insel im südöst-lichen Pazifik. Roggeveen gab ihr zu Ehren des denkwürdigen Tages den Namen Paásch Eyland, holländisch für Osterinsel. Fast 50 Jahre später nahmen die Spanier Phelipe Gonzáles y Hae-do und Antonio Daumonte am 20. November 1770 durch Deklaration und Hissen der spanischen Flagge sowie demonstrativem Setzen von drei Kreuzen auf den Hügeln der Halbinsel Poike die Osterinsel in den Besitz der Spanischen Krone und nannten sie Isla San Carlos zu Ehren ihres Königs Karl III. Bei diesem kurzen Aufenthalt entstand die erste See-/Landkarte der Insel, gezeichnet von F. A. Agüera. Am 13. März 1774 ankerte der englische Kapitän James Cook vor der Osterinsel. Beim Landgang begleiteten ihn auch Georg Forster, dem wir einen aufschlussreichen Bericht verdanken und W. Hodges, der Zeichner der Expedition, von dem u.a. die ersten colorierten Zeich-nungen der berühmten Steinfiguren, der Moais, stammen. Cook ließ 256MMALMOGAREN XXXIX/2008 auch eine See-/Landkarte fertigen, die erneut seine hochentwickelte Fähigkeit beim Kartieren dokumentiert. Der französische Weltumsegler Jean François de Galaup Comte de la Pérouse ankerte am 9. April 1786 vor der Osterinsel. Nach ihm wurde die La Pérouse Bucht an der Nordküste benannt. Trotz des nur 24-stündigen Aufenthalts entstanden detailgetreue, realistische und dabei künstlerisch gekonnte Zeichnungen von Moais, Ahus, Boots-und Steinhäusern sowie ihrer Bewohner – gefertigt vom Maler der Expedition, Dubois Duché de Vancy. La Pérouse verbesserte auch die Kartografie und korrigierte die geografische Position der Insel. Über einhundert Jahre später, am 9. September 1888, nahm dann der chilenische Kapitän D. Policarpo Toro, Kommandant des Marinetrans-portschiffes „Augamos“, die Osterinsel feierlich in chilenischen Besitz. Von da an hielt Chile regelmäßig Kontakt zu seiner Liegenschaft im polynesischen Pazifik. 1.2 Weltberühmt seit 200 Jahren, Weltkulturerbe seit 1995 Wenige Kulturstätten der Welt sind so bekannt und berühmt wie die Osterinsel. Ihre über 800 eindrucksvollen, überdimensionierten Steinfi-guren, die Moais, mit ihren meist schlanken Körpern, ihren manirierten Händen, ihren langgezogenen Ohrlappen und dem oft schnippisch ar-roganten Gesichtsausdruck, wurden seit Ende des 18. Jahrhunderts in zahlreichen Illustrationen und später in unzähligen Fotos millionenfach in der ganzen Welt verbreitet. Überall bekannt und doch voller Rätsel und Geheimnisse, das ist die Kultur und Geschichte der Osterinsel und ihrer Bewohner bis heute geblieben. Ab Ende des 19. Jahrhunderts besuchten mehr und mehr wissen-schaftlich motivierte Expeditionen Rapa Nui. Schon nach Erscheinen der ersten Berichte war klar, dass diese Insel eine einmalige Fundgrube für Archäologen, Ethnologen, Anthropologen und Naturwissenschaft-ler war. Hunderte Bücher, tausende Artikel und Bildberichte sowie zahl-reiche Filme – wissenschaftlich fundierte, allgemein verständliche oder reißerisch fiktive – berichten über die Geheimnisse und Rätsel von Rapa Nui. Wesentlich zur weltweiten Bekanntheit beigetragen haben mit Millionenauflagen die populärwissenschaftlichen Bücher des nor-wegischen Forschers und Archäologen Thor Heyerdahl (1947 Kon Tiki und 1955 Aku Aku), aber auch die Fantastereien des Schweizers Erich von Däniken und nicht zuletzt die Hollywood-Produktion »Rapa Nui« ALMOGAREN XXXIX/2008MM257 (1997) von Produzent Kevin Costner und Regisseur Kevin Reynolds. Schon 1935 erklärte Chile die Osterinsel zum „Parque Nacional Rapa Nui“ und 1995 folgte die Auszeichnung der UNESCO zum „World Monuments Fund“, zum Weltkulturerbe dieser weltweit be-kannten und bedeutenden archäologischen Stätte mit ihren über 20 000 archäologischen Fundstellen (Vargas 2006:45) 1.3 Bestandsaufnahme und Dokumentation der Ana O Keke Bei unserer ersten Reise durch Südamerika und in den Pazifik im Januar/Februar 1975, konnten wir auch neun Tage auf der Osterinsel verbringen. Dabei hatten wir das Glück, durch unseren täglichen Be-gleiter und Führer Dionisio Teao Atan, nicht nur die weltbekannten Attraktionen, die Moais oder das Zeremonialdorf Orongo sowie zahl-reiche Felsbildstätten zu besichtigen, sondern auch bis dato nahezu un-bekannte, nur Wenigen zugängliche archäologische Stätten kennen zu lernen. Er hatte uns in manche nur den Einheimischen bekannte Orte und Geheimnisse eingeweiht. Mit ihm und seinem Bruder »Kio« Ser-gio Ruben Teao Atan verbindet uns eine tiefe Freundschaft. Mit Dio-nisio Teao Atan haben wir 1975 zum ersten Mal die sogenannte „Jung-frauen- Höhle“ Ana O Keke besucht. Sie wurde zu einem der zentralen Forschungsobjekte weiterer Aufenthalte auf Rapa Nui. Am Beginn dieser Arbeit zur Ana O Keke stand eine möglichst lückenlose Recherche in der umfangreichen Osterinsel-Literatur – von den ersten Reiseberichten der Entdecker-Expeditionen im 18. Jahr-hundert, über erste wissenschaftlich brauchbare, gründlichere Doku-mentationen Ende des 19. Jahrhunderts, von Geiseler und Thomson, über Routledge und Knoche bis zu Englert, Heyerdahl und Campbell und zu den Speläologen Gautier und Lloret i Prieto. Nach umfangreichen Quellenstudien und Auswertung aller Infor-mationen zur Ana O Keke und ihrer überlieferten kultischen Funktion als „Jungfrauen-Höhle“ waren erneute Forschungen vor Ort nötig. Bei zwei weiteren Aufenthalten auf der Osterinsel standen eine exakte Dokumentation des Petroglyphen-Paneels, eine Vermessung und Kar-tierung der vorderen Höhlenräume sowie möglichst eine Gesamtbe-gehung als vordringliche Aufgabe an. Außerdem sollten, soweit dies technisch möglich war, Aufnahmen einzelner interessanter Höhlenab-schnitte gemacht werden. Diese Feldforschungen wurden in den Jahren 2002 und 2007 durchgeführt. 258MMALMOGAREN XXXIX/2008 Die vorliegende Arbeit ist als Ergänzung, und teilweise auch als Richtigstellung, der bislang wenigen und manchmal sehr subjektiv ein-geschönten Berichte zur Ana O Keke zu sehen. Es ist die erste Doku-mentation, die eine Gesamtbeschreibung der Höhle und der bislang über sie bekannten Quellen bietet. Sie soll Grundlage weiterer wissen-schaftlich fundierter Forschungen sein. 1.4 Parallelen zur Cueva del Agua auf El Hierro Wenige Jahre nach dem ersten Besuch der Ana O Keke auf Rapa Nui erfuhren wir von einer 1980 entdeckten Höhle mit Petroglyphen auf der kanarischen Insel El Hierro. 1982 konnten wir bei der ersten Begehung der „Cueva del Agua“ zahlreiche überraschende Parallelen zur Ana O Keke feststellen. Nach der Publikation unserer Feldfor-schung in der Cueva del Agua (Steiner 2001/2002) soll die vorliegende Dokumentation über die Ana O Keke alle bisherigen Ergebnisse unserer Quellenforschung und Feldarbeit aufzeigen und die Parallelen zur Cueva del Agua auf den Kanaren herausarbeiten. Weil die rituelle Funktion, die kultische Nutzung der Ana O Keke durch mündliche Überlieferungen einigermaßen bekannt und gesichert ist, könnte sie auch als Schlüssel für die Cueva del Agua nützlich sein. Vielleicht gibt es eine plausible Antwort auf die Frage, ob es in der Natur der Menschen liegt, dass unter gleichen Bedingungen an den am weitesten voneinander entfernten, entlegendsten Punkten der Welt gleiche übereinstimmende Rituale, Phänomene und Ausdrucksformen vorkommen. 2 Die Halbinsel Poike Poike bezeichnet den östlichen Ausläufer der Osterinsel, eine topo-grafisch sich deutlich abgrenzende Halbinsel. Mit 5 bis 6 km Länge und einer Breite von 4 bis 5 km ergibt dies eine Fläche von rund 24 km2, einem Siebentel der Osterinsel. Der Vulkankegel Maúnga Puakatiki (370 m) bildet die zentrale Spitze von Poike mit seinem markanten, von überall sichtbaren Kratergipfel, den große Eukalyptusbäume wie ein Haarschopf krönen. Seitlich davon, zur nördlichen Küste zu, erhe-ben sich ebenso deutlich die drei Hügel Maúnga Vai a Heva (260 m), Maúnga Tea Tea (240 m) und Maúnga Parehe (220 m), auf denen die Spanier 1770 als Zeichen der Besitznahme drei Kreuze setzten. Spätere Expeditionen haben diese Kreuze nie erwähnt – wahrscheinlich wurde deren Holz von den Einheimischen rasch anderweitig genutzt. ALMOGAREN XXXIX/2008MM259 Poike mit seinem Strato-Vulkan Puakatiki gilt geologisch als ältester Teil der Osterinsel. Erst mit den später hinzugekommenen Vulkanen Terevaka (506 m) und Rano Kau (307 m) entstand die dreiecksförmige, zusammenhängende Osterinsel. Die Halbinsel Poike wird auf drei Seiten durch Steilküsten zum Meer begrenzt: Durch die Nordküste zwischen Mahatua und dem Cabo O‘Higgins an der Nord-Ost-Ecke, durch die Ostküste vom Cabo O‘Higgins über die Ostspitze am Cabo Cumming bis zum Cabo Rogge-ween im Südosten, und von dort durch die Südküste bis zur Bucht von Hotuiti. Ebenso deutlich grenzt sich Poike auch landwärts im Westen durch eine klare Senke zwischen den beiden Siedlungs- und Kultur-gebieten Hotuiti im Süden und Mahatua im Norden ab. Diese west-liche Landgrenze bildet heute die Straße und früher der geschichtlich bedeutende Poike-Graben, der in Rapa Nui traditionell „Kote Umu o te Hanau Eepe“ heißt und damit auf das Herrschaftsgebiet der „Lang- Ohren“ hinweist. 2.1 Frühestes Siedlungsgebiet Poike zeigt sich heute als trockenes, karges und verstepptes Grasland mit vier kleinen Wäldchen und sich rasch vergrößernden Erosions-flächen im Süden und Osten der Halbinsel. Ganz anders schien die Situation zu Zeiten der ersten Besiedlung, die im 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung vermutet wird. Nach Fonck (1974:86) datierte der Anthropologe Golson eine nicht näher beschriebene Probe von Poike mit der C14-Methode auf das Jahr 386 n.Chr. Bodenproben und Pollenanalysen lassen zur damaligen Zeit auf einen üppigen, flächendeckenden Palmenwald auf Poike schließen (Bork 2006:86). Nach Brown (1924:64) war Poike der Teil der Osterinsel mit den besten Anbau-Flächen. „Poike war am besten geeignet für Acker-bau und Viehzucht“, bestätigt auch Pflücke (1990:112), der mit der Archäologin Patricia Vargas 1990 Poike und die Ana O Keke besuchte. Dies prädestinierte, neben weiteren vorteilhaften Standortfaktoren, die Halbinsel Poike für die ersten Besiedler als bevorzugtes Siedlungs-und Kulturgebiet. Durch die dann ständig fortschreitende Waldrodung, und die dadurch verursachte Erosion, versteppte Poike zusehends und verlor seine herausragende Bedeutung als Siedlungsgebiet (Bork 2006:91). 260MMALMOGAREN XXXIX/2008 2.2 Herrschaftsraum der Elite Nach übereinstimmenden mündlichen Überlieferungen war die Be-völkerung der Osterinsel in zwei Klassen aufgeteilt: in die herrschende Schicht der „Lang-Ohren“ (Hanau Eepe) und in die arbeitende, unter-geordnete Gruppe der „Kurz-Ohren“ (Hanau Momoko). Die heraus-ragende Stellung der Lang-Ohren wird auch dadurch bestätigt, dass ein charakteristisches Merkmal aller Steinstatuen die überlangen Ohrläpp-chen sind – und dies über alle Schaffensepochen hinweg, vom Anfang bis zum Ende der Bildhauertätigkeit. Die Steinstatuen waren und sind Ebenbilder der herrschenden Lang-Ohren und entsprechend mit deren spezifischen Charakteristika geschmückt. Die Lang-Ohren waren die privilegierte Oberschicht, die Elite. In fast allen älteren Aufzeichnungen und Publikationen wird die ver-nichtende Schlacht der Kurz-Ohren gegen die Lang-Ohren am Poike- Graben geschildert, die den Untergang der Lang-Ohren besiegelte. Der Poike-Graben grenzte die Halbinsel von der Hauptinsel ab. In all diesen Berichten wird Poike als Siedlungsraum und Herrschafts-sitz der Lang-Ohren ausgewiesen. Auf Poike lebten die Bildhauer und Lang-Ohren, berichtet Brown (1924:110). Die gestaltenden und koor-dinierenden, anleitenden und anweisenden Bildhauer entstammten mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls dem Clan der Lang-Ohren. Auch Henri Lavachery (1935: 166) schreibt: „Les Longues Oreilles, établies à Poike, auraient débarrassé la région des pierres qui la couvraient“, d. h. dass die Lang-Ohren, auf Poike ansässig, diese Region von den Steinen befreiten, die auch hier die Böden bedeckten. Einen sehr fundierten und aufschlussreichen Bericht findet man bei Walter Knoche, dem Leiter der chilenischen Osterinselexpedition im Jahre 1911. Knoche schreibt (1925:298 ff.): „Vormals gab es zwei Rassen, die sich hauptsächlich durch die Größe ihrer Ohren unterschieden. Die einen, die Großohren, bewohnten Anga Nui und Poike, die Gegend, die damals dicht bevölkert war, wie man aus den Grundmauern und Ruinen der alten Häuser, welche sich dicht beieinander finden, er-sehen kann. Sie waren Herren des östlichen Teiles der Insel. ... Viele ver-sichern, dass die Großohren die Baumeister der großen Steinbilder ... waren ... Wahrscheinlich zwangen sie bei diesen Bauten die Kleinohren zur Arbeit.“ Knoche vermutet, „dass die Großohren über etwas mehr Kultur und damit über eine gewisse Kunst verfügten, dafür aber auch hochmütig und großsprecherisch waren, und dass umgekehrt ihre Nach-barn, die Kleinohren, praktischer veranlagt und gemäßigter waren“. ALMOGAREN XXXIX/2008MM261 2.3 Archäologisch bedeutende Stätten Bei der systematischen archäologischen Prospektion der Osterinsel durch die Archäologen Patricia Vargas u. a. (2006) wurde die Insel in 35 Quadranten aufgeteilt. Der Quadrant 25 mit der nordöstlichen Halbinsel Poike führt die Bezeichnung „Ana O Keke“. Bei der zwischen 1988 und 1990 durchgeführten kleinteiligen Feldforschung auf Poike wurden zahlreiche archäologische Fundstücke und Fundstätten registriert und damit Poike als wichtiges Siedlungsgebiet mit einer Reihe bedeutender und teilweise einmaliger Kulturstätten ausgewiesen und bestätigt. Hervorzuheben sind mehrere Ahus: Einer am Fuße des Maúnga Parehe, bei dem auch das helle, weiche Trachyt-Gestein dieses Hügels Verwendung fand. Ein anderer, zentral auf dem östlichen Hochplateau gelegener Ahu (6,5 x 2,0 m), mit sieben (oder mehr) kleinen Moais, de-ren Größe zwischen 1,30 m und 2,10 m liegt. Bereits bei diesen kleinen (frühen?) Moais sind die sorgfältig gestalteten, langgezogenen und fein strukturierten Ohren sowie ebenfalls feingliedrige, manirierte Hände mit dem nach oben gespreizten Daumen beachtenswert. Einzelne kleine Moais sind über Poike verstreut: einer an der Nordflanke des Maúnga Puakatiki, ein Torso in einer Höhle am Maúnga Vai a Heva und ein weiterer (?) auf dem Gipfel des Maúnga Parehe. Bearbeitete Platten und Blöcke mit Näpfchen, Rillen und Rinnen findet man häufig im Norden und Nordosten von Poike. In diesem Bereich sind runde Schalensteine und längliche Reibschalen wie auch die typischen Steinsetzungen von Feuerstellen vertreten. Die außerge-wöhnlichste Darstellung des Schöpfergottes „Make Make“ ist sicher das aus dem Naturfels herausgearbeitete Porträt am Maúnga Vai a Heva. Der große, offene Mund, in dem ein erwachsener Mensch be-quem Platz findet, speichert kostbares Regenwasser. Diese überdimen-sionale Darstellung des Make Make ist auf Rapa Nui einmalig. Auch ein an der nördlichen Cumbre frei stehender Felsblock mit großen Felsritzungen, bekannt als Sternwartfelsen „Ko te papa ui hetuu“ ist in dieser Form einzigartig. Nicht zuletzt sind die beiden Kulthöhlen der Unberührten, die „Ana Hue Neru“, die Höhlen der Jungfrauen und Jünglinge mit ihren Petro-glyphen eindrucksvolle Zeugen für die kulturelle Bedeutung der Halb-insel Poike. Gerade bei der herausragenden Rolle, die Poike in der Geschichte der Osterinsel spielt, ist die Sorgfalt um den Erhalt der hier vor-kommenden archäologischen Zeugen wichtig. Besorgt schreibt Bork 262MMALMOGAREN XXXIX/2008 (2006:98): „In den Erosionswüsten im Osten der Poike-Halbinsel werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten letzte und in ihrer Art einmalige Spuren und Relikte alter Siedlungen und Kulturstätten ver-loren gehen, ohne dass sie vorher erforscht und dokumentiert werden konnten“. 2.4 im Kontext zur Ana O Keke Eine unmittelbare Verbindung zwischen Ana O Keke und Ana More Mata Puku lässt sich feststellen. Beide Höhlen sind Ritualhöhlen für unberührte Jugendliche, sogenannte Ana Hue Neru, und beide liegen im Nordosten Poikes in räumlicher Nähe zueinander. Auch der nahe bei der Ana O Keke gelegene, freistehende Felsblock mit den großen symmetrischen Felsgravuren kann einer begleitenden Funktion gedient haben. Und möglicherweise hat auch die unweit gelegene Farbmine „Te Tiamo“, eine mächtige Erosionsrunse, mit ihren roten Farbpigmenten eine Aufgabe im Ritual der Ana O Keke erfüllt. Gut denkbar ist, dass Ana O Keke schon seit der Frühzeit der Be-siedlung von Poike einer rituellen Funktion diente, evtl. für Initiations-riten, und so im direkten Kontext zu allen Kultstätten auf Poike stand. 3 Die Höhle Ana O Keke In der Geschichte und Kultur der Osterinsel haben Höhlen eine be-sondere Bedeutung. Der katalanische Speläologe Jordi Lloret i Prieto berichtete im Mai 2008 dem Autor, er habe erfahren, dass man heute über 1000 Höhlen der Osterinsel kenne. Am häufigsten Wohn- oder Begräbnishöhlen von Sippen oder Clans, sogenannte Familienhöhlen, deren Existenz und Lage nur diesem engen Kreis direkter Angehö-riger bekannt war. Eine herausragende Rolle spielen die Kult- oder Ritualhöhlen: die Ana Heu mit ihren zahlreichen Make-Make-Reliefs, die Ana Kai Tangata mit berühmten Fels-Malereien, die Höhlen des Vogelmann-Kultes auf Motu Nui und nicht zuletzt die Ana Hue Neru, die Jungfrauenhöhlen Ana More Mata Puku und Ana O Keke. 3.1 Geografische Lage Die Ana O Keke liegt an der nördlichen Steilküste der Halbinsel Poike zwischen dem Maúnga Parehe und dem Cabo O‘Higgins. Die geografischen Koordinaten wurden im Februar 2007 durch Satelliten- GPS mit 27°05'570" Süd und 109°14'522" West ermittelt. I ALMOGAREN XXXIX/2008MM263 3.2 Topografie, Landschaft Über 100 m fast senkrecht zum Meer abfallend, bildet die Steilküste im Norden Poikes einen sicheren Schutz. An der oberen Kante dieser Steilküste liegt die Ana O Keke im grasbewachsenen Felshang. Wenige Meter darüber hat die Erosion ein breites Stück Grasboden abgetragen, das nun als Sandfläche offen liegt und Wind und Regen preisgegeben ist. Die darüberliegende Hochfläche ist Grasland mit vereinzeltem, niederem Buschwerk. 3.3 Beschreibung: Gestalt, Größe, Struktur Die Ana O Keke ist eine mehrere hundert Meter lange Lavaröhre, deren Fließrichtung bei ihrer Entstehung von Südwest nach Nordost, vom Vulkan Puakatiki zur Nordküste, in leichten Schlangenlinien ver-lief. Auf ihrer gesamten Länge fällt sie um geschätzte 30 bis 40 m. Zur Länge der Höhle gibt es bislang nur wenige authentische Anga-ben. Pater Sebastian Englert (1948:165) nennt 380 m vom Eingang bis zum Ende. Heyerdahl übernimmt Englerts Angaben mit etwa 380 m. Die Speläologen Gautier & Carlier (1987:46) weisen 440 m Gesamt-länge mit einer Steigung um 40 m aus. Die Speläologen Lloret i Prieto & Ubach i Tarrés (1996) haben bis 274 m dokumentiert und dann die Begehung abgebrochen. Unser einheimischer Freund ›Kio‹ Sergio Ruben Teao Atan, der mehrfach die Höhle bis zum Ende durchforschte, schätzte am 8.2.2002 die Ana O Keke auf „300 m Länge oder mehr“. Die Ana O Keke ist eine typische Lavaröhre, die dadurch entsteht, dass über schnell fließendem, flüssigem Magma eine erkaltende Lava-masse eine Decke bildet, während in der darunterliegenden Röhre das Magma ausfließt und eine leere Röhre unterschiedlicher Dimen-sion hinterlässt. So bilden sich Abschnitte mit ovalen oder fast run-den Querschnitten oder breite, aber niedrige Hallen bis zu schmalen, flachen Durchgängen. Möglicherweise hängen die unterschiedlichen Formen auch wesentlich von der Oberflächen-Topografie zur Zeit der Entstehung der Lavaröhren ab. Diese Strukturen finden wir alle auch in der Ana O Keke. 3.4 Besonderheiten Die mit fast einem halben Kilometer recht beachtliche Länge ist auf der Osterinsel nicht häufig, aber auch nicht einmalig. Dasselbe gilt für das ausreichende Vorkommen von frischem, klarem Tropfwasser. 264MMALMOGAREN XXXIX/2008 Außergewöhnlich ist das über 5 m lange zusammenhängende Petro-glyphen- Paneel im Eingangsbereich. Eine ähnlich komprimierte Bild-folge kennen wir in anderen Höhlen nicht. Einzigartig ist jedoch die rituelle Nutzung der Ana O Keke als Ana Hue Neru, als Jungfrauen-Höhle. Daraus ergibt sich ihre hohe kultu-relle Bedeutung für die früheren Bewohner und ihr fester Platz in der Geschichte der Osterinsel. 3.5 Begehungen 1975-2007 Während unserer drei jeweils mehrwöchigen Aufenthalte auf Rapa Nui kam es zu sechs Begehungen der Ana O Keke. Am 27. Januar 1975 führte uns unser einheimischer Begleiter Dionisio Teao Atan mit seinem kleinen Sohn Cristian zur Ana O Keke. Wir besichtigten den Eingangsbereich mit dem Felsbild-Paneel und den engen Durchschlupf zum dahinterliegenden Raum. Damit war das Interesse einer gründ-licheren Erforschung geweckt. Die Chance dazu ergab sich in 2002. Am 25. Januar fertigten wir eine erste Dokumentation der Felsgravuren mit Vermessung, Zeichnung und Fotografie. Am 1. Februar unternahm der Autor eine Begehung der Lavaröhre bis zu einer abgesenkten, wasser-führenden Stelle – nach Lloret i Prieto 254 m vom Eingang entfernt. Am 5. Februar wurde der gesamte Eingangsbereich komplett und detail-genau vermessen. Beim dritten Aufenthalt konnte am 29. Januar 2007 der an den Ein-gangsbereich anschließende Raum mit der dahinterliegenden engeren Röhre detailliert vermessen werden. Am 3. Februar wurde die Doku-mentation des Felsbild-Paneels abgeschlossen. Da alle Begehungen zu gleichen Jahreszeiten stattfanden, war eine deutliche Zunahme des Tropfwassers und damit der Gesamt-Feuchtig-keit in der Ana O Keke festzustellen – besonders auch in der kurzen Zeit zwischen 2002 und 2007. Durch die zunehmende Feuchtigkeit ist auch der vordere Bereich mit Tageslicht durch Moose usw. grüner ge-worden. Veränderungen durch Fremdeinwirkungen waren bis Februar 2007 nicht festzustellen. 3.6 Beschreibung einer Begehung in 2002 Es gibt Fragen, die nur durch eine möglichst vollständige Erfassung des gesamten Höhlenkomplexes beantwortet werden können – wenn überhaupt: Welche Teile der Höhle könnten kurzfristig oder dauerhaft für welchen Zweck genutzt worden sein? Sind noch irgendwo Spuren ALMOGAREN XXXIX/2008MM265 menschlicher Existenz oder Handlungen feststellbar? Stimmen die Be-schreibungen in den bisher veröffentlichten Quellen mit der Wirklich-keit überein? Am 1. Februar 2002 unternahm der Autor eine Begehung der Ana O Keke bis zu einer 254 m (nach Lloret i Prieto) vom Höhleneingang entfernten, wasserführenden Kuhle, die wir „Siphon“ nennen. Diese Begehung und die dabei festgestellten Charakteristika und Besonder-heiten sind die Grundlage folgender Beschreibung. Vom Sattel zwischen dem Maúnga Puakatiki, dem Gipfel der Halb-insel Poike, und dem Maúnga Vai a Heva führt ein verwachsener Weg zur nördlichen Steilküste. Am oberen Rand des leicht nach Nord-osten abfallenden, grasbewachsenen Hochplateaus geht es, rund 110 m über dem Meer, bis zu einer deutlich erkennbaren Erosionsfläche vor dem Cabo O‘Higgins an der Nordost-Ecke. Über diese zum Meer abfallende, rutschige Erosionsfläche führt eine sandige Runse bis zu einem kleinen Felsplateau über dem Meer. Hier mündet nach links ein schmaler Pfad, der parallel zur Küste ca. 30 m am Steilhang entlang einige Meter abwärts führt. Wenige Meter vor dem Höhleneingang ist noch ein 2 m hoher Felsstieg zu überwinden. Der Pfad endet direkt vor dem Höhleneingang auf einem kleinen 4 - 5 m2 großen Vorplatz. Der flache, nur 70 cm hohe Zugang erzwingt einen Einstieg auf Händen und Knien. Der unmittelbar daran anschließende Lavatunnel weitet sich rasch bis auf 130 cm Höhe und eine Breite von 230 cm, sodass man sich hier gebückt oder in der Hocke bewegen kann. Das einfallende Tageslicht erhellt ein fast 5 m langes und über 1 m hohes Felsbild- Paneel auf der rechten, konkav gewölbten Wand der Lavaröhre. Nach 6,4 m teilt sich der Tunnel in einen engen linken Arm und einen etwas geräumigeren rechten Durchgang. Schon nach 1,6 m vereinigen sich die beiden Arme wieder und bilden einen Raum von 2,5 x 2,8 m, der sich fast rechtwinklig, nach rechts abbiegend, wieder zur Röhre ver-engt, an deren Ende ein knapp 40 cm niederer Durchschlupf mündet. Dieser Engpass, der nur flach kriechend überwunden werden kann, bildet die natürliche Grenze zwischen dem Eingangsbereich (Raum I) und dem Beginn des nur Wenigen bekannten Höhleninneren. Während sich im Eingangsbereich die Feuchtigkeit noch in Grenzen hielt und nur ein kleines Rinsal bis zum Eingang lief und dort in der Tageshitze verdunstete, war es im Raum II durchgehend nass. Schon im Durchschlupf kroch man bäuchlings durch eine Wasserlache und in der niederen aber breiten Halle war die gesamte Decke mit regelmäßig 266MMALMOGAREN XXXIX/2008 fallenden Wassertropfen übersät. Auch der Boden war nass, schlam-mig und rutschig und im hinteren, leicht erhöhten Teil dieses zweiten Raumes hat sich ein kleiner, flacher See gebildet. Die Begehung, oder korrekter gesagt Bekriechung, ist eine recht feuchte Aktion. In diesem breiteren, niederen, vorderen Höhlenteil sind weder er-kennbare Einwirkungen noch Hinterlassenschaften irgendwelcher Nutzer oder Besucher der Höhle festzustellen. Organisches Material würde sich bei der zur Zeit herrschenden Feuchtigkeit rasch zersetzen und auflösen. Das Tageslicht ist lediglich unmittelbar hinter dem Durchschlupf noch festzustellen, wenige Meter danach wird es stockdunkel und dies bleibt auch so nach einer Anpassung der Augen an die Dunkelheit von etwa einer Viertelstunde. Deshalb ist die Aussage Englerts (1974:165) „Als Probe des excellenten Sehens der Alten sind an den Wänden der Höhle Ana O Keke die Spuren von mit huki (beilartiges Werkzeug) gemachten Arbeiten geblieben, selbst bis zum Ende der Höhle, auf 380 m Distanz vom Eingang.“ doch sehr in Zweifel zu stellen. Bei der, trotz des Sommerhalbjahres, so starken Nässe ist Raum II für einen Aufenthalt derzeit nicht geeignet. An Raum II schließt ein 3 m langer schmaler Kriechgang an, der in eine leicht ansteigende Röhre mit einem weiteren nur bäuchlings zu überwindenden Durchschlupf übergeht. Nach leichter Rechtsbiegung erreicht man einen geräu-migeren Teil des Höhlenganges. Bemerkenswert ist in diesem Bereich ein schachtartiger Abzweig, der an der linken Wand in etwa 1 m Höhe nach oben führt – Nutzungsspuren sind nicht zu erkennen. Ab dieser Stelle ist die Höhle weiter ansteigend in leicht gebückter Haltung be-quemer begehbar. Hier ist die Höhle nicht mehr so nass wie in Raum II, aber immer noch so feucht, dass der Boden glitschig ist. In diesem Be-reich der Höhle liegen einige von Menschen eingebrachte, vom Meer rund oder oval abgeschliffene Basaltbrocken. Der Lavatunnel verläuft mit leichten Abweichungen in südwestlicher Richtung. Sehr markant ist ein größerer Basaltblock mitten im Höhlengang, der von oben bis unten in zwei Teile gespalten ist. In dessen Umfeld erkennt man zahl-reiche Lamonit-Brocken, die mit dem Boden fest verbunden sind. Nach 254 m (Punkt „0“ bei Lloret i Prieto) endet die Begehung an einer kurzen abfallenden Kuhle von etwa 2 mal 3 m Fläche. Die abfal-lenden Seiten der Kuhle sind vorne und links mit feuchtem Schlamm so schmierig, dass sie keinen sicheren Stand oder Halt bieten. Die Kuhle ist wasserführend. Am hinteren Ende ist eine ca. 20 cm hohe Wölbung ALMOGAREN XXXIX/2008MM267 zu erkennen, die auf eine Fortsetzung der Lavaröhre schließen lässt. Diese Kuhle, die etwa 1 bis 1,5 m unter Höhlenniveau liegt, weist die Form und Funktion eines Siphons auf. Offensichtlich war der weiter-führende Durchschlupf ganz oder zumindest überwiegend mit Wasser gefüllt. Nach Jordi Lloret i Prieto (10.4.2008) liegt dieser Punkt „0“ 21,4 m höher als der Eingang. Eine weitere Begehung stand nicht zur Diskussion und hätte für unsere Fragen auch keine weiteren Erkennt-nisse geliefert. Es ist schwer vorstellbar, dass früher eine Nutzung oder Begehung über diese natürliche Grenze hinaus stattgefunden hat, zu-mal auch die Lichtquellen mit Fackeln (Span, Talg, o.ä.) keine guten Bedingungen für eine sinnvolle Nutzung boten. 3.7 Der Name Ana O Keke Auf die Gedenktafel an Pater Sebastian Englert schrieben die Oster-insulaner „Er sprach unsere Sprache, er war einer von uns“. Englert verfasste das erste, umfassende Wörterbuch, sein Diccionario Rapa-nui – Español von 1938. Hier finden wir folgende Übersetzung bzw. Erklärung zum Wort Keke: „inclinarse el sol (en las primeras horas después de mediodía)“, d.h. „die Sonne neigt sich in den ersten Stunden nach Mittag“. In der zweiten, verbesserten Ausgabe Idioma Rapanui von 1978 finden wir eine überarbeitete Übersetzung: „inclinarse el sol después de pasar por el zenit“, d.h. „die Sonne neigt sich nach dem Überschreiten des Zenits“. Heyerdahl (1957:81) übersetzt entsprechend Ana O Keke mit „Die Höhle zur Inklination der Sonne“. Dies dürfte nur symbolisch oder allenfalls sinngemäß der beabsichtigten Bedeutung des Namens gerecht werden. Möglicherweise wird mit dem Namen darauf hinge-wiesen, dass die Sonne für die hier Eingeschlossenen untergegangen ist, dass sie ihre Kraft, ihre „bräunende“ Macht verloren hat. 3.8 Literaturhinweise seit ihrer „Entdeckung“ Weder in den Berichten der großen Entdeckerreisen des 18. Jahr-hunderts – von Roggeveen 1722, Gonzáles 1770, Cook 1774 oder La Pérouse 1786 – noch in den sehr fundierten Dokumentationen der ersten wissenschaftlich orientierten Expeditionen – von Geiseler 1882 oder Thomson 1886 – finden wir Hinweise auf „Jungfrauen-Höhlen“ auf der Osterinsel. Als Erster berichtet der Leiter der chilenischen Osterinselexpedition 1911, Dr. Walter Knoche (1925:191), in seiner Zu-sammenfassung von einer „Art Vestalinnenkult auf dieser abgelegenen 268MMALMOGAREN XXXIX/2008 Insel, indem die Väter ihre Töchter auf Lebenszeit oder auch nur bis zum Eintritt der Mannbarkeit in Höhlen einsperrten“. Während der monatelangen Forschungsaufenthalte von Katherine Routledge 1914 und der französisch-belgischen Expedition 1934/1935 unter Alfred Métraux und Henri Lavachery stießen diese auf keinerlei Informationen über „Jungfrauen-Höhlen“ im Allgemeinen oder über die Ana O Keke im Speziellen. Das besondere Interesse Lavacherys galt den Felsbildern der Osterinsel. Da er die Petroglyphen der Ana O Keke nirgends erwähnt, ist es sicher, dass die Höhle zu seiner Zeit auch Einheimischen kaum bekannt war oder unter einem Tabu stand, sonst hätte er davon erfahren – zumal Lavachery die Halbinsel Poike durchforschte und einige Ahus kartografierte. Pater Sebastian Englert kam 1935 auf die Osterinsel und blieb dort bis 1969. Ihm verdanken wir die gründlichsten und umfangreichsten Aufzeichnungen über viele Bereiche des Lebens, der Kultur und Geschichte auf Rapa Nui. Englert widmet in seinem Hauptwerk „La Tierra de Hotu Matu’a“ dem Jungfrauen-Kult und der Ana O Keke eigene Kapitel. Als Erster erwähnt und beschreibt er in Kapitel XIV die Ana O Keke (1974[1948]:183): „Sie befindet sich etwa 1 000 m östlich vom Maúnga Parehe, einem der drei Hügel, die auf der Anhöhe von Poike liegen und mit ihrer typischen Form vom Strand bei La Pérouse aus zu sehen sind. Diese Höhle hat den Namen Ana O Keke. Ihr Eingang befindet sich nur etwa 20 m unterhalb der Kante der Steilküste. Es ist eine außergewöhnlich lange Höhle; man misst 380 m vom Eingang bis zum Ende. Ihre geologische Formation zeigt in einigen Teilen Basalt und in anderen Andesith mit Feldspat. In verschiedenen Abschnitten verdient der Anblick eines fast perfekten Gewölbes Beachtung. Es gibt Spuren einer Bearbeitung durch die früheren Inselbewohner, denn an den Wänden im Innern, die aus sprödem, sehr zerbrechlichem Ande-sith bestehen, finden sich Spuren von kleinen, harten Holzwerkzeugen, den sogenannten huki. Auch in der Tiefe der Höhle sind die Wände mit dem huki bearbeitet worden, um den Zugang ins Innere des Berges zu weiten. Es ist offensichtlich, dass es sich um eine natürliche Höhle handelt, dass sie aber durch den Menschen zum Teil verlängert, zum Gewölbe geformt und geglättet wurde. Die Höhe der Höhle schwankt in einzelnen Abschnitten sehr stark. Die ersten fünf Meter sind 1,30 m hoch. Weiter im Inneren gibt es Stellen von 1,80 m und andere, die viel niedriger sind. Es gibt eine Strecke von etwa 5 m Länge, die sehr eng ist und nicht mehr als 30 cm Höhe hat, so dass es notwendig ist, ALMOGAREN XXXIX/2008MM269 auf dem Bauch zu kriechen, um voran zu kommen. Das ist genau auch eine der Stellen mit einem Wasserpfuhl. Im Allgemeinen ist die Breite der Höhle zwischen 1,80 m und 2 m. Man bemerkt über die gesamte Ausdehnung der Höhle eine beständige und reichliche Wassereinsicke-rung. Die Wände sind mit Wassertropfen bedeckt, und im Innern, wo der Boden aus Basalt besteht, bleiben Teiche frischen Wassers, so dass die früheren Bewohner, die in diesem Gebiet lebten, sich mit Trinkwas-ser im Überfluss versorgen konnten“. Englerts sachliche Schilderung der physischen Gegebenheiten der Ana O Keke war und ist Grundlage fast aller bis heute erschienenen Berichte. Englert führte 1955 auch den norwegischen Forscher und Expedi-tionsleiter Thor Heyerdahl zur Ana O Keke und überredete diesen zu einer Begehung. Englert selbst verzichtete auf eine Wiederholung. Heyerdahl (1957:84) zitiert Englert sinngemäß: „Wenn wir da hinein-kröchen, könnten wir noch etwa dreihundertachzig Meter tief in den Fels vordringen, aber das sei die schlimmste Tour, die er je bestanden habe. Ihn bringe niemand wieder da hinein.“ Heyerdahls Bericht von seinem Besuch in der Ana O Keke steigert sich dramatisch bis zum atemberaubenden Abenteuer auf Leben und Tod. Interessant ist vor allem seine Beschreibung über den Verlauf der Höhle im Bereich der wasserführenden Senke, (die wir Siphon nen-nen). Heyerdahl (1957:84) schreibt: „Tief drinnen im Berg kamen wir an eine Stelle, wo der Grund lehmig und von Wasser überspült war. Hier wurde der Raum immer niedriger. Wir mussten uns ducken und auf Händen und Füßen durch Wasser und Schlamm vorwärts kriechen. Aber dann wurde es noch flacher, und schließlich konnten wir uns nur noch auf den Bauch legen und unter den Felsmassen vorschieben ... Obgleich ich mit dem halben Körper in Wasser und Matsch lag, kam die Decke so tief herab, dass ich mich immer wieder vergeblich vortas-tete, ohne einen Ausweg zu finden ... zeigte deutlich, dass der Durch-gang nicht nur niedrig, sondern auch schmal war ... Langsam drängte ich den Brustkorb hinein und spürte, dass ich zur Not noch weiter käme ... Während der Schlamm sich nach der Seite fortschob, der harte Berg von oben und unten auf mich drückte, zwängte ich mich Zoll um Zoll durch den Spalt. Ganze fünf Meter mussten wir uns durch diesen Schraubstock zwängen, der unsere Rippen mit Riesenkräften umklam-mert hielt, dann waren wir durch das Nadelöhr und kamen in den Teil, wo die Skelette lagen. Hier war es wieder trocken und mehr Platz unter der Decke ... Der Gang endete schließlich in einer steilen Lehmwand, 270MMALMOGAREN XXXIX/2008 die zu einer Öffnung in der Decke hinaufführte ... in eine kleine, glockenförmige Kuppel ... eine Gasblase im Gestein.“ Spärliche Hinweise auf die Ana O Keke findet man bei Louis Castex und bei Ramon Campbell, die sich beide auf den Bericht von Heyer-dahl beziehen. Castex (1966/1973:99) beschreibt seinen Besuch der Ana O Keke sehr theatralisch als gefährliches und unheilvolles Abenteuer: „So kam ich auf die zweite Plattform, von der ich mich zum Höhlenein-gang wandte. Die Öffnung des Eingangs zog mich an ... indem ich mich bäuchlings auf den Boden legte, führte ich meinen Kopf ein. Eine aus-gedehnte Wölbung öffnete sich vor meinen Augen, sich fast auf 500 m erstreckend ... Der Geruch, den man in der Höhle einatmet, hindert uns, jenes schreckliche Drama zu vergessen. Verstreut auf dem dunklen und schlammigen Boden sieht man einige Gebeine ... Werden das die Überreste der jungfräulichen Mädchen sein? ... Die Enge bemächtigt sich unseres Geistes.“ Eine angemessen selbstkritische Wertung. Auch Ramon Campbells Aussagen zur Ana O Keke sind abenteuer-lich. Obwohl er 1999 in seinem Kapitel „Espeleologia“ (span. für Spe-läologie = Höhlenkunde) schreibt, dass viele Forscher und Reisende Berichte über Höhlenformationen hinterlassen haben, deren Mehrheit oberflächlich sei, ist seine Arbeit leider auch nicht frei von Fehlern, so z.B. seine Ortsangaben und geografischen Lagebestimmungen. Die Behauptung Campbells (1999:101), dass die feingliedrige Hand aus gelbem Toromiroholz, die Georg Forsters Vater dem Britischen Museum in London übereignete, aus der Ana O Keke stamme, ist nicht belegt. Forster, Teilnehmer der Expedition von James Cook, erhielt diese Schnitzarbeit von dem mitreisenden Tahitianer Maheine. Ihre Herkunft ist in keinem der Reiseberichte dokumentiert. Und Campbells Wertung von Heyerdahls Aku-Aku „als wahres Science-Fiction-Werk, voll von Fantasien“ ist auch auf seine eigenen Schilderungen anwendbar: „Ich erforschte auch persönlich diese Höh-le, im Südosten (?) der Halbinsel Poike gelegen, aber vor der Enge der ersten Strecke wagte ich es nicht, diesen unsicheren Bereich zu passie-ren, um nicht erdrückt zu werden.“ Campbell hat nur den Eingangsbe-reich mit dem Petroglyphen-Paneel besucht. Französische Höhlenforscher des GERS in Rouen, Alain Gautier und Pierre Carlier, organisierten 1979 und 1983 zwei Expeditionen auf die Osterinsel. Dabei erforschten sie 1979 auch die Ana O Keke bis zu deren Ende. Sie weisen die Gesamtlänge der Lavaröhre mit 440 m aus, insgesamt um rund 40 m ansteigend (1987:46). ALMOGAREN XXXIX/2008MM271 Eine weitere Expedition zur Erforschung der Höhlen auf der Oster-insel starteten 1992 die katalanischen Speläologen Jordi Lloret i Prieto und Montserrat Ubach i Torrés. In 17 Tagen erforschten und dokumen-tierten sie 27 Höhlen und Abris mit Maßen und Skizzen. Am 10.4.2008 erhielt der Autor von Jordi Lloret i Prieto eine über dessen Veröffent-lichungen hinausgehende persönliche Schilderung der Begehung der Ana O Keke: „Wir sind nur mit den Kopflampen hineingegangen, da wir annahmen, dass es eine sehr schnelle Erkundung sein würde. Ich hatte große Probleme mit den Ortungsgeräten. Ich ermittelte einen Wert zur Orientierung, dann wiederholte ich die Messung und erhielt eine vollkommen andere Zahl. Es schien, als ob das Gerät vollkommen verrückt geworden wäre. Es war der einzige Ort auf der Osterinsel, wo wir diese Probleme hatten. Das hatte zur Folge, dass sich die Ortserkun-dung sehr in die Länge zog. Aufgrund mangelnden Lichts begingen und topografierten wir nur 274 Meter mit 22 Metern ansteigendem Höhen-unterschied. Wir fanden keinen Siphon. In ungefähr 254 m Entfernung vom Eingang fanden wir einen engen aber kurzen Durchschlupf, leicht abfallend und danach ansteigend, wobei die Erde am tiefsten Punkt mit Grundwasser von ungefähr 10 cm Tiefe bedeckt war. Es ist der Punkt ‚0’ auf unserer Skizze, auf einem Niveau von 21,4 m über dem des Eingangs ... Ich würde sagen, das ist die Stelle, die Sie als ‚Siphon’ bezeichnen. Es ist sehr gut möglich, dass sich in Zeiten starken Regens dieses siphon-artige Loch ein paar Meter auffüllt. Diese Stelle könnte mit den ‚180 Metern’ übereinstimmen, die Sie ungefähr ermittelt haben. Sie haben wohl Pech gehabt, es mit Wasser gefüllt vorgefunden zu haben. Sicher ist der normalere Zustand, dass es trocken ist, so wie wir es vorgefunden haben.“ Weiter berichtet Lloret i Prieto, dass sie keinerlei archäolo-gische Relikte vorgefunden haben. Er bemerkt weiter, dass die topogra-fischen Skizzen, d.h. die Höhlengrundrisse der Höhlenforscher oft von leichter „difusion“ (Ungenauigkeit) sind. Wenn man die Bedingungen bei der Datenaufnahme kennt, ist dies nicht verwunderlich. Die Archäologin und Felsbildforscherin Georgia Lee, die viele Jahre auf Rapa Nui gelebt und geforscht hat, erstellte ein Standardwerk über die Felsbildkunst der Osterinsel und behandelt darin natürlich auch das Petroglyphen-Paneel der Ana O Keke. Eine weitere, allerdings sehr publikumswirksam aufbereitete Geschichte der Jungfrauenhöhle zeigt der Film Rapa Nui. Das Begleitbuch zeigt erstmals auch Fotos der Höhle und ihrer Umgebung, ist jedoch wissen-schaftlich nicht relevant. 272MMALMOGAREN XXXIX/2008 3.9 Bisherige Forschungsansätze Forschungsansätze, die wissenschaftlichen Kriterien gerecht würden, können in Bezug auf die Ana O Keke bislang nicht erkannt werden. Brauchbare Grundlagen für eine intensivere Auseinandersetzung mit der Ana O Keke liefern die Berichte von der physischen Struktur der Höhle und des Jungfrauenkultes von Sebastian Englert sowie die karto-grafische Bestandsaufnahme von Jordi Lloret i Prieto und Montserrat Ubach i Torrés. Ebenso ist die Dokumentation des Felsbild-Paneels von Georgia Lee zu erwähnen. 4 Die Felsbilder der Ana O Keke Über die gesamte Osterinsel verstreut findet man Tausende von Petroglyphen, von schlichten oder symbolträchtigen Einzelzeichen bis zu aufwändig gestalteten Kompositionen aus zahlreichen Zeichen, Figuren und Symbolen, auf einzelnen oder mehreren Felsplatten. Die Petroglyphen der Ana O Keke nehmen trotz der Vielzahl von Felsbildstätten eine Sonderstellung ein. Denn es scheint, als handle es sich bei dem Felsbild-Paneel nicht um ein zufälliges Zusammen-kommen von Einzelzeichen, sondern um eine bewusste Komposition vorbedachter Zeichen-Formen und -Abfolgen, einer in sich logisch ablaufenden Bildlegende. In der Ana O Keke kommen Zeichen vor, die uns sonst nirgends in dieser Form aufgefallen sind und die auch nach Georgia Lee nur ein-oder zweimal trotz der großen Gesamtmenge an Felsbildern auf der Insel vorkommen. Und andere, die zahlreich überall zu finden sind, fehlen in der Ana O Keke. 4.1 Lage und Größe Die Petroglyphen befinden sich im vordersten Teil der Ana O Keke, auf der rechten Wand im Eingangsbereich. Die Zeichen beginnen rund 2 m nach dem Eingang und bilden ein scheinbar zusammenhängendes Paneel über 3,95 m Länge und 1 m bis 1,20 m Höhe. Sie beginnen knapp, d.h. ca. 20 cm, über dem Boden. Bei der starken Verwitterung der Wand-fläche direkt am Eingang lässt sich leider nicht feststellen, ob dieses Fels-bild- Paneel ursprünglich unmittelbar am Eingang begann oder endete. Weitere Vorkommen von Felsritzungen, von Zeichen und Symbolen, konnten bei unseren Begehungen der Ana O Keke nicht festgestellt werden. Auch ein Hinweis von Pflücke (1990:115) auf Dutzende Make- Make-Darstellungen im Innern der Höhle kann nicht bestätigt werden. ALMOGAREN XXXIX/2008MM273 4.2 Machart und Zustand Ohne materialbelastende Untersuchungen vorzunehmen, kann man aufgrund der nicht sehr harten Oberfläche des Wandabschnittes beim Paneel davon ausgehen, dass die Petroglyphen der Ana O Keke durch Ritzen und Kratzen, Schaben und Reiben entstanden sind. Punzie-rungen sind nicht zu erkennen, aber auch nicht auszuschließen. Auf der Osterinsel gibt es ausreichend natürlich entstandene Steinwerkzeuge aus Basalt, Phonolith oder Obsidian, die für die Herstellung der Petro-glyphen geeignet sind. Recht bedenklich ist der Zustand der vorderen, zum Eingang ge-legenen Hälfte des Paneels. Absandungen der Gesteinsoberflächen durch Feuchtigkeitseinwirkungen lassen die Gravuren teilweise nur noch erahnen und nicht mehr verlässlich bestimmen. Die hintere Hälfte des Paneels ist überwiegend gut erhalten. Obwohl 2002 deutliche Spuren von Kreidenachzeichnungen einzelner Zeichen zu erkennen waren, sind die ursprünglichen Formen unverändert er-halten. Überkritzelungen oder Besuchermonogramme gibt es glück-licherweise nicht. 4.3 Zeichen-Arten und -Formen Grundsätzlich gibt es zwei Gruppen von Zeichen: reale Abbilder von natürlichen Wesen und Gegenständen oder abstrakte Formen, die geometrische Formen oder symbolische Inhalte repräsentieren. In der Ana O Keke sind beide Gruppen vertreten. Zu den Zeichen natürlicher Vorbilder zählen wir Pflanzen (Tafel 18 J), Vögel (Tafel 19 N) und Fische (Tafel 19 S) sowie Gegenstände wie die Dechsel oder das Querbeil (Tafel 18 G und H) oder polyne-sische Doppel- bzw. Auslegerboote (Tafel 20 T und U) oder den Brust-schmuck Rei Miro/Mond (Tafel 19 Q). Zu den abstrakten oder geometrischen Zeichen gehören das Oval (Tafel 18 A) und das Kreuz (Tafel 18 B), aber auch die über das ge-samte Felsbild-Paneel verlaufende Näpfchenreihe. Zu den anthropomorphen Figuren gehört unzweifelhaft das ein-drucksvollste Zeichen der Ana O Keke, das gespreizt hockende Wesen (Tafel 18 K). Dieses Zeichen ist auf der Osterinsel einmalig, lediglich zwei weitere anthropomorphe Darstellungen zeigen die eigentüm-lichen Doppellinien (Lee 1992:54). Auch die Querbeile (polyn. huki) kommen laut Lee (1992:115) nur an einem weiteren Platz auf der Osterinsel vor, am Kraterrand des Rano Kau. 274MMALMOGAREN XXXIX/2008 Dies bedeutet, dass bei den Petroglyphen der Ana O Keke Zeichen vorkommen, die auf Rapa Nui einmalig oder extrem selten sind (Tafel 18 E und F sowie Tafel 19 L). Andererseits fehlen Zeichen in der Ana O Keke, die auf der gesam-ten Insel in großer Zahl zu finden sind: die Vulven-Darstellungen (ko-mari), der Schöpfer-Gott Make Make, der Vogelmann (manu tangata) oder das Bootshaus (hare paenga). Lässt sich daraus eine zeitliche Einordnung der Petroglyphen von Ana O Keke treffen? Entstanden die Zeichen in zeitlichem Zusam-menhang mit den Einwanderungen aus dem polynesischen Raum, weil hier polynesische Bootstypen gezeigt werden (Lee 1992:47/Barthel 1962:133)? Dann könnten wir die Zeit der Entstehung und der kul-tischen Nutzung zwischen dem 12. Jahrhundert und dem vernichtenden Ende der Lang-Ohren im 18. Jahrhundert annehmen. Bevor sich der Vogelmann-Kult mit den zahlreichen Darstellungen des manu tangata und der komari manifestierte. 4.4 Bisherige Forschungsansätze Henri Lavachery, Teilnehmer der französisch-belgischen Expedition 1934/1935, und die amerikanische Archäologin Georgia Lee haben mit ihren umfangreichen Arbeiten über die Petroglyphen der Osterinsel Grundlagenwerke geschaffen. Beide Werke bieten eine Strukturierung nach Zeichenarten, dokumentieren ihre regionalen Verbreitungen und liefern eine Zusammenstellung der Zeichen bekannter archäologischer Stätten. Lavachery kannte die Ana O Keke nicht. Georgia Lee präsentiert in ihrem Werk das Felsbild-Paneel (1992:47) in einer vor Ort gefertigten Handskizze. Sie geht auch auf einzelne Zeichen aus der Ana O Keke ein, betreibt aber keine weitergehende Erforschung dieses Paneels. Hier wäre eine umfassende, analytische Bearbeitung durch diese re-nommierte Felsbildforscherin und Osterinselkennerin wünschenswert. Eine fantastische Interpretation der Felsbilder findet man bei Campbell (1959:51). Er schreibt, dass die Felsbilder den neru, den Jungfrauen, gewidmet waren. Campbell fährt dann an anderer Stelle widersprüchlich fort: „... einige interessante Petroglyphen, die ihrem Charakter nach mehr oder weniger erst in jüngster Zeit gemacht zu sein scheinen.“ Campbell folgert entsprechend: „Diese Petroglyphen, die ich bei meinem einzigen Besuch der Höhle sehen konnte ... scheinen mehr sexuelle Symbole zu sein. Die Darstellung einer komari (Vulva) ALMOGAREN XXXIX/2008MM275 ist von schlechter Gestalt. Das, was sich scheinbar als Spermien offen-bart, scheint eine heute nicht mehr vorkommende (Palmen-) Art zu sein. Sonderbar erscheint mir die Figur, die sich im unteren Bereich des Paneels befindet, und einen Teil der inneren Geschlechtsorgane der Frau darstellt (Gebärmutter und Eileiter). Dies übersteigt alle Ver-nunft, da es ja dann eine mikroskopische Darstellung wäre.“ Dieser extrem spekulativen Deutung fügt er einsichtig an: „Ich beziehe nicht Stellung, indem ich Mutmaßungen anstelle; ich überlasse dem Leser die kritische Interpretation dieser Entwürfe.“ Das ist auch gut so. Auch die bei Campbell veröffentlichte Skizze ist überwiegend frei interpre-tiert (1999:344). Die französischen Höhlenforscher Gautier und Carlier nehmen an, dass die Petroglyphen in einem Zusammenhang zu den kultischen Auf-gaben der Ana O Keke stehen und dass die Platzierung von Petrogly-phen aus einer von der Tradition überlieferten kulturellen Erfahrung bestimmt wird. Diese Annahme ist höchstwahrscheinlich richtig. Eine Deutung der Zeichen, aufgrund der bisherigen Quellen, ist und bleibt jedoch reine Spekulation. Zukünftige Forschungsarbeit wird sich dennoch hypothetischer An-sätze als Ausgangspunkt strukturierter Analysen bedienen müssen. So könnte man folgende Hypothesen als Ansatz weiterer wissen-schaftlicher Auseinandersetzung mit den Petroglyphen der Ana O Keke nutzen. Wenn die Unterbringung auserwählter Jugendlicher in der Höhle mit einem Initiations-Ritual verbunden war, und es einen immer glei-chen Zeitablauf gegeben hat, könnten dann die Näpfchenzeichen eine Art Kalender der Verweildauer und des Initiations-Ritus bedeuten? Symbolisieren die Zeichen bestimmte Phasen des Initiations-Rituals? Sind die einzelnen Zeichen Bildmarken für bestimmte „Jungfrauen“, so wie Wappen, Monogramme oder Kartuschen? Wenn wir mehr über den Kult der neru, der Jungfrauen auf der Osterinsel, erfahren wollen, dann könnten die Petroglyphen der Ana O Keke der Schlüssel sein, sozusagen die Bildlegende eines noch weit-gehend unbekannten Initiations-Rituals. 5 Initiationsstätte oder Zufluchtsort? Unter den vermutlich über tausend Höhlen der Osterinsel haben einige eine herausragende Bedeutung, weil sie namentlich in Überlie-ferungen mit ganz bestimmten geschichtlichen oder kultisch-rituellen 276MMALMOGAREN XXXIX/2008 Geschehnissen verbunden sind. Zu den bekannten sogenannten Kult-oder Ritual-Höhlen gehören die Ana Kai Tangata bei Mataveri mit ihren Felsmalereien, die Ana Heu an der Nord-West-Spitze mit ihren zahlreichen Make-Make-Reliefen und die Ana O Keke, die Jung-frauen- Höhle auf Poike. In seiner Dokumentation zur Cueva del Agua auf El Hierro be-schreibt der Autor im Kapitel „Höhlen-Heiligtum oder Zufluchtsort“ (Steiner 2001/2002:349-356) verschiedene Kategorien von Höhlen je nach deren Nutzung oder Wirkung auf den Menschen. Die hier ge-troffenen Feststellungen und Einordnungen können ohne Einschrän-kungen auch für die Ana O Keke übernommen werden. Die Ana O Keke war eine Höhle mit kultischen Funktionen. Sie diente als Jung-frauen-„ Internat“ für Initiationsriten und besaß seinerzeit sicher auch eine große mythologische Bedeutung. Den ersten Hinweis auf „Jungfrauen“-Höhlen finden wir bei Walter Knoche (1925:191). Ausführlich beschreibt Englert (1974[1948]:182) zwei dieser „Jungfrauen“-Höhlen, die Ana O Keke und die Ana More Mata Puku. 5.1 Ana Hue Neru – die Höhlen der Unberührten Ana Hue Neru ist der übergeordnete Gattungsbegriff für Jungfrauen- Höhlen auf Rapa Nui. Ana Hue Neru bedeutet sinngemäß „Höhle, in der sich Jungen oder Mädchen in Abgeschiedenheit zusammenfinden“. Es ist der Überbegriff für die Bezeichnung von Orten, Höhlen mit glei-cher kultischer Bestimmung. Den ersten Hinweis auf Ana Hue Neru finden wir in Englerts „Dic-cionario Rapanui – Español“ (1938:88) unter dem Begriff „neru“: espe-cie de anacoretas o monjes que vivían antiguamente en las cuevas Ana Hueneru (mujeres) y Ana More Matapuku (hombres) en el barranco tras del Poike“. Hier glaubte Englert noch, dass Ana Hue Neru der Name für eine bestimmte Höhle sei, in der die jungen Frauen unter-gebracht wurden. In seiner umfassenden Osterinsel-Dokumentation (1974[1948]:182-183) beschreibt Englert dann Ana Hue Neru als über-geordneten Begriff für Jungfrauen-Höhlen und nennt erstmals die Ana O Keke und die schon bekannte Ana More Mata Puku als zwei Höhlen auf Poike, in denen früher Mädchen in Abgeschiedenheit lebten. Er spricht hier, im Gegensatz zu seinem Wörterbuch von 1938, nur von Mädchen. Im gleichen Werk schreibt Englert (1974:145) jedoch „Es war üblich eine gewisse Anzahl von Jungen und Mädchen in zwei Höhlen ALMOGAREN XXXIX/2008MM277 an der Steilküste hinter Poike einzuschließen und man gab ihnen den Namen neru. Eine der Höhlen war für die Jungen, die andere für die Mädchen“. In seinem 1963 fertiggestellten, aber erst 1978 erschienenen „Idioma Rapanui“ präzisiert Englert (1978:207) dann seine Erkennt-nisse wie folgt: „neru: niños y niñas que vivían antiguamente aislados en dos cuevas del barranco del Poike: Ana More Mata puku cueva de niños (Höhle der Jungen), Ana O Keke cueva de niñas (Höhle der Mädchen)“. Ana O Keke Ana O Keke liegt am oberen Rand der nördlichen Steilküste von Poike zwischen dem Maúnga Parehe und dem Cabo O‘Higgins. Hey-erdahl (1961:24) bezeichnet die Ana O Keke „als die geschichtlich be-rühmteste Höhle“, in der ausgewählte Mädchen zur Bleichung ihrer Haut abgesondert wurden. Die Höhle bietet Platz für höchstens ein Dutzend Kinder, schätzt Heyerdahl (1957:83). Ana More Mata Puku Im Nordosten von Ana O Keke, am Fuß der Steilküste, liegt die zwei-te Höhle der nerus, etwa 10 m über dem Meer an einem Ort namens Vai Mahati. Es ist die Höhle der Jungen. Lloret i Prieto (1996:22) gibt die Größe dieser Höhle mit 7,5 m Länge, 3,5 m Breite und höchstens 1,4 m Höhe an. Er verweist auf einige Petroglyphen. Ähnliche Maße finden wir bei Englert (1948:184) mit 7 m Länge, 3,5 m Breite und 1,30 m Höhe. Englert sieht in einer der Petroglyphen einfacher Machart ein Schiff mit drei Masten. 5.2 Die weißen Jungfrauen, die „neru“ Der Kult der neru, der weißen Jungfrauen, ist vermutlich nicht ur-sprünglich auf der Osterinsel entstanden, sondern entspricht eher einer Tradition, die von einer der frühen Besiedlergruppen auf die Osterinsel mitgebracht wurde. Möglicherweise waren es die privilegierten Siedler der Halbinsel Poike, die Langohren, auf deren Territorium die beiden Kulthöhlen der neru liegen. Helle Haut als Statussymbol Ein brauner Teint gilt unter „weißen“ Europäern als Zeichen eines erfolgreichen, freizeitorientierten Lebensstils. Die Torturen unter sengender Sonne oder in Solarien werden dabei heldenhaft in Kauf 278MMALMOGAREN XXXIX/2008 genommen. Sportliche Bräune ist in der „weißen“ Gesellschaft ein Statussymbol. Das Gegenteil gilt in Gesellschaften mit naturgegeben dunkler Hautfarbe. Hier ist eine helle, d.h. „weiße“ Haut ein begehrenswertes Attribut, das mit einem Anspruch an Macht, mit einem besonderen Privileg verbunden wird. Diese Sonderstellung der Hellhäutigen findet man sowohl auf den Gilbert-Inseln in Mikronesien als auch in den polynesischen Archipelen, auf den Marquesas-Inseln und offensicht-lich auch auf der Osterinsel. Der Rostocker Carl Friedrich Behrens begleitete 1722 den Nieder-länder Admiral Roggeween auf seiner Erkundungsreise in die Südsee. In seinem 1738 erschienenen Buch „Der wohlversuchte Sued-Länder“ schreibt Behrens: „Ich war der Erste, der bei der Anlandung unserer Leute die Insul mit seinen Füßen betrat.“ Er beschreibt die Einwohner wie folgt: „Der Couleur nach waren sie bräunlich, wie ungefähr ein Spa-nier, doch findet man derselben „einige schwärzer, auch teils ganz weiß“. Und an anderer Stelle: „Unter diesen war ein ganz weißer Mensch“. Roggeween berichtet selbst, dass die Körper dieser Menschen nicht schwarz waren, sondern mehr bleich oder gelblich, wie er es bei vielen Jugendlichen sah und schloss daraus, dass sie von höherem Rang wa-ren und es nicht nötig hatten, Feldarbeit zu verrichten. Felipe González (1770) erschienen die Insulaner „europäischer als die Amerikaner“. Langle, der La Pérouse begleitete (1786), bemerkte, dass sich die Farbe ihres Gesichtes wenig von der der Europäer unterscheidet. Und Adalbert von Chamisso beobachtete auf seiner Reise um die Welt 1815-1818 „Einige junge Leute unterschieden sich durch eine viel hellere Farbe der Haut“ (1896:401). Schließlich zitiert Englert (1974[1948]:164) seinen Vorgänger Hno. Eugenio, der 1864 neun Monate auf Rapa Nui lebte: „Ihre Farbe, ob-wohl etwas kupfern, unterscheidet sich nur sehr wenig von der der Europäer, da viele gänzlich weiß sind“. Hier ist natürlich auch zu bedenken, dass vor Eugenio schon etliche „weiße“ Seefahrer, das ent-gegenkommende Wesen der Osterinsulanerinnen schätzten. Auf die helle Haut als Statussymbol in Polynesien und auf der Os-terinsel verweist auch Routledge (1920:235) „... indem sich die Gruppe vor den Tänzen lange Zeit innen aufhielt, um „eine schöne Gesichts-farbe zu bekommen“ – ein kleiner Einblick, welcher zeigte, dass weiße Haut bewundert wurde“. ALMOGAREN XXXIX/2008MM279 J. M. Brown (1924:236) berichtet, dass die Vornehmen, d.h. die Füh-rungsschicht der meisten polynesischen Gebiete, ihre Töchter bleichten, indem sie diese von der Sonne fernhielten. Von den Marquesanern sagt Linton (1923:421), dass sie weiße Haut außerordentlich bewunderten und dies auch als Schönheits-Merkmal in einigen ihrer Legenden erwähnt wird. Auch bei Métraux (1957:93) lesen wir „Der lange Aufenthalt in den hare-nui lieferte den jungen Leuten auch die Möglichkeit, die helle Hautfarbe zu behalten, die bei den Polynesiern als wesentliches Schön-heitsmerkmal angesehen wurde. Niemand hätte bei einem Tanz mit ei-ner sonnengebräunten Haut erscheinen wollen“. Über den besonderen Stellenwert der hellen Haut als Statussymbol berichtet Englert (1974[1948]:229) „Es war ein großer Stolz für die El-tern, Kinder von heller Hautfarbe zu haben – mit Gewalt geschaffen durch das Opfer ständigen Verweilens im Haus, ohne sich der Sonne auszusetzen. Darum maß man natürlich dem Vorzeigen solcher Kinder große Bedeutung bei“. Bleichen in Dunkelheit Um eine weiße Haut, Schönheitsideal und Statussymbol zugleich, zu erlangen, wurden große Opfer gebracht und Entbehrungen erduldet. Das einzige wirksame Mittel war auf jeden Fall die Sonne, aber mög-lichst auch normales Tageslicht zu meiden. Aus Überlieferungen wissen wir, dass es für diesen Kult auf der Os-terinsel zwei spezielle Einrichtungen gab: die Koro-Häuser und die Ana Hue Neru, die Jungfrauen-Höhlen. Über die Koro-Häuser vermittelt uns Métraux (1971:348) einen anschaulichen Eindruck: „In Zusammenhang mit der Koro (einem Tanzfest) wird immer auch ein großes Haus erwähnt, das ebenfalls Koro genannt wird, in dem junge Leute ihre Zeit mit verschiedenen Spielen verbrachten. Dieses Haus war das sichtbare Symbol für den Sitz des Ausrichters eines Koro-Festes. In der Vergangenheit haben sich Beschreibungen der Koro-Häuser erhalten, welche von nahezu 100 Fuß und mehr, bei einer Höhe von mehr als 20 Fuß, berichten. Das Material für den Bau des Hauses wurde häufig von Spendern und Freunden des Koro-Ausrichters geliefert. Tepano (Métraux‘ Informant) sagte, dass Koro-Häuser für junge Leute gedacht wa-ren, sowohl für Jungen als auch für Mädchen, welche hier monate-lang lebten, großzügig versorgt mit allen denkbaren Köstlichkeiten ... 280MMALMOGAREN XXXIX/2008 Gewisse Tabus scheinen in den Koro-Häusern geherrscht zu haben und verbindliche Regeln waren in ihnen zu beachten“. Bei Englert (1974[1948]:163) erfahren wir ebenfalls Aufschluss-reiches über diesen Brauch: „Unter den Kindern beiderlei Geschlechts wurden in frühester Jugend die Hübschesten ausgewählt, um als pokihuru hare zu leben, was soviel heißt wie „Kinder, bestimmt das Haus zu hüten“. Es war ihnen nicht erlaubt auszugehen, um mit ande-ren Kindern im Freien zu laufen und zu spielen, damit ihre Körper, der Sonne ausgesetzt, nicht ihre weiße Farbe verlören. Sie mussten fast im-mer in den dunklen Häusern bleiben. Zum Ausgehen und frische Luft schöpfen, markierte man ihnen mit Steinen eine enge Grenze, inner-halb derer sie ihren Spaziergang machen konnten. Sie ertrugen sicher eine monotone und traurige Kindheit, Opfer eines Schönheitswahns“. Englert erwähnt in diesem Zusammenhang, dass es unklar ist, ob die sogenannten neru zu einer Institution religiösen Ursprungs gehörten, oder ob sie eine besondere Form der poki huru hare darstellten. Auf jeden Fall unterwarfen sich die Mädchen und Jungen in den Jungfrauen-Höhlen, den Ana Hue Neru, den gleichen Torturen, in wochen- oder monatelanger Abgeschiedenheit, in der Dunkelheit der Höhlen ihre Haut zu bleichen. Initiation in Abgeschiedenheit Verschiedene Quellen berichten übereinstimmend, dass es sich bei den neru um auserwählte Jugendliche aus privilegiertem Stand – wahr-scheinlich während ihrer Pubertät – handelte. Da genau die Zeit der Reife, vom Mädchen zur Frau, vom Jungen zum Mann, in den meisten Gesellschaften mit sexueller Aufklärung und tra-ditionellen Riten zur Aufnahme in die Stammesgemeinschaft zusammen-trifft, werden die jeweiligen Praktiken und Unterrichtungen in Form be-währter Initiationsrituale von Generation zu Generation weitergegeben. Über derartige Praktiken bei den neru auf der Osterinsel ist nichts Verlässliches überliefert. Nur eines scheint gewiss, dass die Jugend-lichen in dieser entbehrungsreichen Zeit nicht allein gelassen wurden und der vermutlich lange Aufenthalt zur Vorbereitung von Initiations-riten genutzt wurde. Möglicherweise spielte in diesem Zusammenhang auch das Petroglyphen-Paneel eine Rolle, als Anschauungs- und Informa-tions-„ Schaubild“. Campbell (1999:51) meint, dass die Petroglyphen den neru gewidmet waren, die hier in strikter Isolation zum Bleichen und zur religiösen und sexuellen Initiation gehalten wurden. An anderer ALMOGAREN XXXIX/2008MM281 Stelle vermutet Campbell (1971:284), dass ältere Personen, im allge-meinen Frauen oder Priester, die Eingeschlossenen in verschiedenen Spielen und Kenntnissen schulten. Der Jungfrauen-Kult auf Rapa Nui Den Jungfrauen-Kult auf der Osterinsel, mit dem vor allem die Ana O Keke in Verbindung gebracht wird, kennen wir durch drei Quellen, die noch auf mündlichen Überlieferungen aus dem ersten Drittel des letzten Jahrhunderts beruhen. Diese authentischen Quellen liefern Walter Knoche, Leiter der chilenischen Osterinsel-Expedition von 1911, und Alfred Métraux von der französisch-belgischen Expedition 1934/1935, die monatelang auf der Osterinsel forschten. Die umfang-reichsten Informationen sammelte Sebastian Englert, der als Priester 30 Jahre auf Rapa Nui lebte und deren Geschichte und Kultur studierte. Den ersten Hinweis auf den Jungfrauen-Kult liefert Knoche (1925:191): „Ferner gab es eine Art Vestalinnenkult auf dieser abge-legenen Insel, indem die Väter ihre Töchter auf Lebenszeit oder auch nur bis zum Eintritt der Mannbarkeit in Höhlen einsperrten. Verstö-ße dieser „Priesterinnen“ wurden zwar geahndet, doch gibt es Erzäh-lungen und Lieder, aus denen hervorgeht, dass die polynesischen Don Juans gerade sich um die Gunst dieser abgeschlossenen Jungfrauen bemühten“. Knoche hat in freien Versen ein Liebeslied wiedergegeben, das sich auf den Jungfrauen-Kult und auf eine Ana Hue Neru bezieht (1925:253): In der Höhle am Vulkane wohnt die unberührte Kleine, Der hab ich mein Herz geschenket, doch vor Sehnsucht fast ich weine, Färbt sich doch das liebe Mädchen ihre hübschen weißen Wangen, Stunden über Stunden lang, bis in krassem Rot sie prangen, Tief betrübt steh ich am Eingang, bitt, sie möcht doch endlich kommen, Denn mir ist ganz schwül zu Mute, bin vor Sehnsucht ganz benommen. Knoche selbst interpretiert dann dieses Liebeslied: „Als die Män-ner die Gesänge beendeten, herrschte unter den zuhörenden Frauen grosse Fröhlichkeit. Es ist ja auch in der Tat neckisch zu sehen, wie die Angebetete in aller Ruhe ihre Toilette, in diesem Fall die Rotbemalung zu einem Feste, beendet, während der Liebste voll Ungeduld vor der Höhle wartet. Hinzu kommt, dass es sich in diesem Falle wahrscheinlich 282MMALMOGAREN XXXIX/2008 um eine Vestalin handelt, d.h. eine Jungfrau, die von ihrem Vater in einer Höhle eingeschlossen, zur Keuschheit verdammt war“. Von Métraux, der mit Lachery 1934 die Osterinsel besuchte, kennen wir ein weiteres Gedicht (1957:94) über die neru: „Du bist in einer Höhle eingesperrt, O Eingeschlossene! An der Wand ist eine Kalebasse voll Ocker aufgehängt. Wie lang bist du bereits eingesperrt gewesen, O Eingeschlossene! Ich liebe dich. O du, die du eingeschlossen bist! Wie weiß bist du geworden in deiner Abgeschiedenheit, O Eingeschlossene!“ Métraux schildert weitere interessante Einzelheiten zum Jungfrauen- Kult: „Ein gewisser Kult der Körperschönheit zeichnet sich bei den meisten polynesischen Gruppen ab. Die jungen Leute schreckten nicht vor schmerzhaften Verfahren zurück, wenn sie hofften, mit deren Hilfe eine helle Hautfarbe und eine solide Körperfülle zu erzielen ... Diese Sitte erklärt vielleicht auch die auf der Oster-Insel vorhandenen Über-lieferungen über die neru. Wenn ich recht verstanden habe, handelte es sich dabei um junge Burschen und Mädchen, die von ihren Eltern in Höhlen eingesperrt wurden, in denen sie in völligem Nichtstun lebten, so dass ihre Fingernägel übermäßig lang wurden. Sie ließen sich ihre Haare wachsen und befolgten einige Nahrungs-Tabus, die jedoch kaum als Kasteiung gedeutet werden dürfen. Ihre Eltern wachten mit der größten Sorgfalt über ihre Ernährung, doch ist in der Überlieferung nicht direkt von einer Mastkur die Rede. In der Erinnerung, die sich an die neru er-halten hat, deutet nichts auf einen Brauch, der von der Religion verlangt worden wäre. Ganz im Gegenteil legten einige Anspielungen in einem Gedicht und einer Erzählung die Betonung auf die Unwiderstehlichkeit dieser neru und lassen vermuten, dass die Absperrung ihrer Schönheit zugute kommen sollte. Diese Analogien zu Mangareva berechtigen uns vielleicht dazu, das Einsperren der neru als eine rein ästhetische Maß-nahme zu deuten ... Die Kalebasse voll Ocker (aus unserem Gedicht), die in der Höhle hing, enthielt die Schminke, mit der die jungen Mäd-chen sich bemalten! Das Märchen von den „sprechenden Bananen“ be-schreibt den Tag einer dieser Schönen: des Morgens wurde sie von der Mutter gewaschen, gelaust und gekämmt. Dann rieb die Mutter sie mit Safran ein und zog an ihrer Klitoris, um deren Länge zu vergrößern“. Auch Sebastian Englert (1974:145) zitiert einen Liedabschnitt über die neru: ALMOGAREN XXXIX/2008MM283 „Bleib eingeschlossen als neru, Bleib eingeschlossen als neru dort hinten, In der Höhle oben, In der Höhle, in der die Kalebassen mit farbiger Erde aufgehängt sind, Höhle der alten neru, Höhle da hinten.“ Englert vermutet, dass der Jungfrauen-Kult noch während der tur-bulenten Periode der alten Epoche außer Gebrauch kam. Die Ernäh-rung der neru gibt er mit Zuckerrohr und Meeresfrüchten an. Englert schreibt zum Ende der neru: „Die letzte bekannte Frau, die in ihrer Kindheit neru gewesen war, war die väterliche Großmutter der Paka-rati, Te Oho a neru, die im Jahr 1915 sehr alt starb. Sie heiratete vor 1850; so muss also die Einrichtung der neru schon Jahrzehnte vor der Ankunft der ersten Missionare aufgehört haben zu existieren“. In den von Englert (2006:165) veröffentlichten Legenden der Oster-insel finden wir einen Bericht von Arturo Teao über das Schicksal der neru. Er berichtet, dass die Kinder schon im Alter von sieben Jahren in die Hue-Neru-Höhlen gebracht wurden. Niemand, außer den Vätern, durfte zu den Höhlen hinabsteigen. Die Väter brachten das Essen: Zuckerrohr, Pipi-Schnecken und Schneckenpüree. In einem Lied be-singen Eltern ihr totes Kind, ein neru: „Bleib, oh neru! Bleib beim Bleichen deiner Haut, oh neru, In der Höhle der hängenden Kalebassen von Ki‘ea, der alten neru; Im Sommer kannst du aufsteigen, Zum Winter sollst du absteigen, Bleib, dass du einen weißen Teint erhältst, oh neru!“ In einem weiteren hier in Rapa Nui wiedergegebenen Gedicht wird die außergewöhnliche Stellung und das Ansehen der neru hervorgeho-ben. Stirbt ein neru während der Isolation und hatte sich die Jungfern-schaft bewahrt, dann galt es als vornehmer als andere Menschen; man erhob es über das Irdische und verlieh ihm eine besondere Würde. In seinem großen Werk „Herrencia Musical“ zur Musik und den Lie-dern der Osterinsel, veröffentlicht Campbell (1971:286) ein Lied, das sich ebenfalls mit dem Schicksal der neru auseinandersetzt: 284MMALMOGAREN XXXIX/2008 „¡Oh! Neru de miembros bellos y delgados, colgantes ... Lleváis el manto antiguo de Rapanui, de aquella tierra de Hiva. Eres tú, ¡Oh! Hermosa Miru ... Escondidas están las Neru ... escondidas allá atrás ... Penden en las cuevas las calabazas del color; Cuelgan hacia abajo ... Es la hora en que se levanta la caña de azúcar ...“ Este es el sentimiento divino de las Neru ... recluidas más allá del Poike ... Sinngemäß ins Deutsche übersetzt: „Oh! Neru, mit schönen Gliedern, schlank und rank ... Ihr tragt den alten Umhang von Rapanui, aus jenem Land von Hiva, das bist du. Oh! Schöne Miru ... Versteckt sind die Neru ... Versteckt dort hinten ... Sie hängen in den Höhlen, die Kalebassen mit der Farbe ... Zur Stunde, in der sich das Zuckerrohr erhebt ...“ Dies ist das göttliche Empfinden der Neru, eingeschlossen ganz hinten auf Poike ... Campbell, der von 1964 bis 1994 als Arzt mehrere Jahre auf Rapa Nui tätig war, bietet uns Details zu den Gepflogenheiten der neru, die entweder der zunehmenden Fantasie seiner Informanten zu danken sind oder seiner Neigung entsprachen, neue Aspekte in ein nur wenig bekanntes Phänomen zu bringen. Campbell (1999:94) berichtet „Die Haupthöhle war die Ana O Keke. Genau hier widmeten sie sich dem Erlernen der alten Gesänge und Gedichte, patautau, den anmutigen Fadenspielen, kai-kai, und dem Verschönern von Antlitz und Körper. In den Traditionen ist begründet, dass es eine Art sexueller Initiation durch die Anleitung erwachsener Frauen gab, dass man sie die Kunst der Liebe lehrte, bis zur Massage ihrer Sexual-Organe, makitu‘u, um sie ALMOGAREN XXXIX/2008MM285 auf deren erotische Funktionen vorzubereiten“. Campbell (1971:284) meint, dass der Jungfrauen-Kult ungefähr bis 1820 praktiziert wurde. Interessant ist sein Hinweis, dass das rote Pulver „ki‘ea“, das man zur Körper-Bemalung benutzte, in der Umgebung auf Poike gesammelt wurde. Verrührt mit Pflanzensäften wurde es dann in Kalebassen an die Decken der Höhlen oder Hütten gehängt. Bei zwei weiteren Autoren, die in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Osterinsel besuchten, finden wir Informationen oder Fragmente von Liedertexten, die sich auf den Kult der neru, den Jung-frauen- Kult beziehen. Castex besuchte 1961 die Osterinsel und veröf-fentlichte dann in seinem Buch das bei Métraux zitierte Gedicht fast wortgleich – jedoch ohne Quellenangabe. Castex‘ Ausführungen gipfeln in seiner Erkenntnis, dass die Höhle der jungfräulichen Mädchen, die Ana O Keke, die Seele der Osterinsel darstellen könnte – genauso schwierig zu ergründen, wie das Geheim-nis der Statuen (1973:102), meint er schließlich. Francis Mazière, der 1963 auf Rapa Nui weilt, bemerkt zu einem Lied über die neru, dass es Folgendes ausdrücke (1967:115): „Haupt mit Erdfarben, Höhle der einstigen neru, Höhle jener anderen!“ Diese Beispiele von Gedichten und Liedtexten, mit nahezu iden-tischen Inhalten und lediglich unterschiedlichen Ausdrucksformen, bzw. Begriffen, zeigen, dass die Tradition der neru bei den Bewohnern der Osterinsel tief verwurzelt war und von Generation zu Generation überliefert wurde. Auch eine wichtige Sequenz des Spielfilms „Rapa Nui“ handelt vom Bleichen in der Jungfrauen-Höhle und vom besonderen Status dieser Auserwählten. 5.3 Kultstätte, Zufluchtsort, Schutzraum Alle bisherigen Erkenntnisse attestieren der Ana O Keke den Status einer Kultstätte. Die Überlieferungen, vor allem in Liedern und Rezi-tationen zu den Fadenspielen kai-kai, bieten verlässliche Hinweise auf den Kult der neru und ihre Ritualstätte in dieser Höhle auf Poike. Diese Höhle bietet für diesen Zweck beste Voraussetzungen – Abgeschie-denheit, Wasser und einen brauchbaren Zugang. Für die Funktion als 286MMALMOGAREN XXXIX/2008 Kultstätte sprechen vor allem die eindrucksvollen Petroglyphen, die ein Gesamtkunstwerk sind. Dass im Notfall die Ana O Keke auch als gut geeigneter Zufluchts-ort und Schutzraum dienen könnte, ist ohne Zweifel. Möglicherweise stehen einer solch profanen Nutzung jedoch die Tabus der Kultstätte entgegen. 6 Ana O Keke mit Parallelen zur Cueva del Agua Wer beide Höhlen, die Ana O Keke auf Rapa Nui und die Cueva del Agua auf der Kanaren-Insel El Hierro, besucht und studiert hat, ist von der Vielzahl an Übereinstimmungen überrascht. Die eine Höhle ist ein nahezu spiegelbildliches Abbild der anderen. Es ist sicher, dass die beiden Gesellschaften auf den Kanaren und der Osterinsel keine Verbindungen oder Kenntnisse voneinander hatten. Aber es ist durchaus vorstellbar, dass unter selben Bedingungen sich auch gleichartige kulturelle Phänomene, Bräuche, Lebensformen und Techniken entwickeln. Auf jeden Fall lohnt es darüber nachzudenken, ob die Funktion der Ana O Keke als Jungfrauenhort zum Bleichen und als Initiationsstätte auch eine Entsprechung bei der nahezu identischen Anlage der Cueva del Agua findet. Diese Hypothese wird getragen von dem Wissen, dass es auch auf den Kanaren, nach Berichten von Abreu Galindo insbesondere auf Gran Canaria, einen Kult gab, vergleichbar mit dem der neru auf Rapa Nui. So pflegten hochrangige, adlige Leute ihre Töchter, sobald sie heiraten wollten, dreißig Tage lang abgesondert zu halten. Die dreißig Tage dauernde Absonderung der jungfräulichen Bräute dürfte nicht nur der Mästung gedient haben, sondern auch der Initiation in die Welt der erwachsenen Frau mit ihren erotischen und gynäkologischen Anforderungen, vermutet Hans-Joachim Ulbrich (1997:14). Für uns stellt sich nun die Frage, ob es legitim ist, aufgrund der zahl-reichen verblüffenden Übereinstimmungen zwischen beiden Höhlen einen Abgleich vorzunehmen und daraus – rein hypothetische – Rück-schlüsse auf einen wie auch immer gearteten Jungfrauenkult mit Initia-tionsriten in der Cueva del Agua zu ziehen. Angedeutet habe ich diese Möglichkeiten bereits in meiner Dokumentation über die Cueva del Agua (Steiner 2001/2002:353). Bei unserem Quellenstudium mussten wir erstaunt feststellen, dass ein Vergleich von Kultur-Phänomen zwischen der Osterinsel und den Kanaren nicht neu ist. So beschrieb Ende letzten Jahrhunderts Massimo ALMOGAREN XXXIX/2008MM287 Dall’ Agnola (1995:135ff) die zwangsläufig gleichartige Entwicklung bei übereinstimmenden Gegebenheiten an völlig unterschiedlichen Orten in seinem Aufsatz über die Übereinstimmungen menschlichen Verhaltens zwischen zwei vorgeschichtlichen Inselkulturen: Rapa Nui und Kanarische Inseln. 6.1 Zahlreiche, markante Übereinstimmungen Bevor wir die frappierenden Übereinstimmungen der beiden Höh-len Ana O Keke und Cueva del Agua betrachten, sollten auch einige Gemeinsamkeiten der beiden Inseln Rapa Nui und El Hierro erwähnt werden. Rapa Nui und El Hierro, beide reine Vulkaninseln, hatten - in Abgeschiedenheit vom Rest der damaligen Welt, spezifische Strukturen und inseltypische Verhaltensweisen entwickelt - eine etwa zeitgleiche Phase der Erstbesiedelung - eine Art Steinzeit-Kultur ohne Metalle (bis zur Entdeckung durch europäische Seefahrer) - eine besondere Fähigkeit eindrucksvolle Petroglyphen zu gestalten – jahrhundertelang, über verschiedene kulturelle Epochen hinweg - einen typischen Trockenmauerbau sowie Rundbauten zum Schutz der Pflanzen - eine Küche, die vorwiegend Fisch und Meeresfrüchte verwertete. Interessante Merkmale, die jedoch beim Blick auf andere Vulkan-inseln weltweit, vielerorts anzutreffen sind. Ganz anders sieht es bei den beiden zu vergleichenden Höhlen, der Ana O Keke auf Rapa Nui und der Cueva del Agua auf El Hierro aus. Hier sind die Parallelen geradezu extrem ausgeprägt: - Sie sind beide Lavaröhren mit einer überdurchschnittlichen Länge und einem gut ausgebildeten Eingangsbereich. - Sie liegen beide versteckt, aber gut zugänglich, an der oberen Kante, an der Cumbre, eines zum Meer gelegenen Steilhangs. - Sie liegen beide in einem topografisch klar abgegrenzten Herrschafts gebiet, vermutlich eines privilegierten, elitären Clans (der Lang- Ohren auf Poike; der Herren von Las Playas). - Sie verfügen beide über eine nahezu permanente Versorgung von Trinkwasser durch einsickerndes, frisches Tropfwasser. - Sie sind wenig geeignet als Wohn-, Schlaf- oder Bestattungshöhle. - Sie sind prädestiniert für die Aufgaben eines Höhlen-Heiligtums, einer Initiationsstätte. 288MMALMOGAREN XXXIX/2008 Und die absolut überraschendste Gemeinsamkeit dieser beiden Höhlen weist auf deren herausragende Stellung und Aufgabe hin: - In beiden Höhlen sind im unmittelbaren Eingangsbereich große Flächen mit zahlreichen Petroglyphen zu eindrucksvollen Felsbild- Paneelen gestaltet. Wurde mit diesen magischen Zeichen die jeweilige Höhle für einen Kult, einen Ritus erobert, gesichert und für unerwünschte Eindring-linge tabuisiert? Wurde hier ein Ort gekennzeichnet, der der Weisung und Weihung junger Mädchen bei der Frauwerdung geweiht war? 6.2 Rückschlüsse für vergleichbare Nutzung Eines ist sicher: Beide Höhlen hatten eine mit Sicherheit über pro-fane Funktionen hinausgehende Aufgabe. Beide wären ideal geeignet für einen längeren, jedoch nicht dauerhaften Aufenthalt – beispielsweise zur Initiation. Diese Aufgabe scheint für die Ana O Keke einigermaßen verlässlich erwiesen. Obwohl nun einiges dafür spricht, dass auch die Cueva del Agua aufgrund der zahlreichen Übereinstimmungen zu kul-tischen Zwecken, möglicherweise zu Initiationsriten genutzt wurde, sollte man mehr Sicherheit durch weitere Forschung erarbeiten. Denk-bare Quellen für solche Studien sind neben Kirchenarchiven vor allem alte Liedertexte, Gedichte, Sprichwörter oder Kinderverse. 7 Schlussbemerkungen Das Hauptmotiv für das Entstehen der vorliegenden Arbeit lag in der verblüffenden Übereinstimmung zahlreicher Besonderheiten der Ana O Keke auf Rapa Nui und der Cueva del Agua auf El Hierro, Kanaren, über die ich (2002:329ff) bereits eine umfassende Arbeit veröffentlichte – mit vielen Fragen die noch zu klären sind. Da lag es nahe, sich mit derselben Intension auch der Ana O Keke, mit all ihren Facetten, zu widmen, um so aus Erkenntnissen über die eine Kulthöhle eventuell Rückschlüsse auf die andere ziehen zu können oder zumindest neue Forschungsansätze in der einen oder anderen Richtung zu finden. Aufgrund mehrfacher Begehungen sollte eine unspektakuläre, fan-tasiefreie, sachliche Beschreibung der physischen Beschaffenheit der Höhle erstellt werden. Schwerpunkt der Arbeit war eine präzise und detailreiche Erfassung der Petroglyphen, sowohl der Einzelzeichen als auch des Paneels, um dieses Gesamtkunstwerk polynesischer Felsbildkunst für eine breitere Öffentlichkeit und interessierte Forscher zu erschließen. ALMOGAREN XXXIX/2008MM289 Ein erstes umfassendes Quellenstudium über das Herrschaftsgebiet Poike, die Höhle Ana O Keke und den Kult der weißen Jungfrauen, der neru, machte klar, welche Bedeutung der Ana O Keke im Rahmen der Kultur und Geschichte der Osterinsulaner zusteht. Ana O Keke ist ein wichtiges Kulturdenkmal der Osterinsel, das neben einigen Einheimischen, bislang gerademal von einer oder zwei Hand-voll Besuchern bis zum Siphon oder zum Ende der Höhle begangen und studiert wurde. 7.1 Schützenswerter Teil der Identität Es gibt keine schriftlichen Aufzeichnungen oder authentischen Über-lieferungen aus der Zeit vor dem 18. Jahrhundert. Die Bilderschrift Rongo Rongo wird von einigen Forschern mit unterschiedlichen An-sätzen jeweils neu und anders „entschlüsselt“. Deshalb können wir uns zur Zeit nur auf die Sprache Rapa Nui, auf kai-kai, das polynesische Fadenspiel mit seinen Rezitativversen sowie auf Lieder und Gedichte stützen, um einigermaßen verlässliche Ansätze traditioneller Gescheh-nisse und Bräuche zu erfahren. In Legenden und Geschichten erfahren wir einiges über Orte auf der Osterinsel und deren Bedeutung für ihre Gesellschaft, so z.B. über die Höhle der Kannibalen Ana Kai Tangata, über den Vogelmann-Kult auf Orongo und Motu Nui, über die Schlacht zwischen Lang-Ohren und Kurz-Ohren im Poikegraben oder über den Jungfrauen-Kult in der Ana O Keke. Diese überlieferten Traditionen sind es wert, erforscht, erhalten, ge-pflegt und weitergetragen zu werden. Sie sind Teil der Identität dieser Insel und ihrer angestammten Bewohner. Sie sind Teil der Identität von Rapa Nui. 7.2 Veränderungen, Gefährdungen Ein hohes Risiko für Gefährdungen, insbesondere der Petroglyphen in der Ana O Keke, bestand zwischen 1990 und 2005. Im Zuge des stark gewachsenen Tourismus auf der Osterinsel stieß das Angebot einer Entdecker-Jeep-Tour zur Jungfrauen-Höhle auf große Begeisterung. Es fanden Touren zur Ana O Keke mit bis zu sechs Geländewagen und 30 Personen statt. Die Gefahr für die Petroglyphen bestand im Nach-Malen oder -Kratzen, im Verändern oder im schlimmsten Fall durch Einritzen von Namen oder Initialen. Aber nichts Negatives ist passiert. Ana O Keke ist ein wichtiges Kulturdenkmal der Osterinsel, 290MMALMOGAREN XXXIX/2008 Eine weitere Gefährdung der Felsgravuren bringt die in den letzten Jahrzehnten zunehmende Feuchtigkeit, auch im Sommerhalbjahr. Die Wand mit dem Petroglyphen-Paneel hat dann eine feuchte Oberfläche, die ganz leicht absandelt. Eine negative Veränderung konnte ich bei meinen Besuchen zwischen 1975 und 2007 allerdings nicht feststellen. 7.3 Schutzmaßnahmen und Forschungsansätze Nachdem seit einigen Jahren motorisierte Touren auf Poike ohne Ausnahmen verboten sind, ist die Ana O Keke wieder zu einem ein-samen, mystischen Ort geworden. Es scheint, dass in den letzten Jahren keine oder wenn, dann nur ganz wenige Interessierte die Höhle be-suchten. Weitere Schutzmaßnahmen sind nicht notwendig. Jedoch sollte in absehbarer Zeit ein komplexeres Forschungsprojekt starten, das alle Aspekte der Ana O Keke inklusive der Petroglyphen und des Kultes der neru beinhaltet. Die Böden der einzelnen Höhlenabschnitte sollten exakt nach irgendwelchen Relikten abgesucht werden, die Petroglyphen groß-formatig digital erfasst und ausgewertet werden und letztlich auch alle noch so kleinen Hinweise auf den Kult der neru systematisch gesammelt werden. Die vorliegende Arbeit soll Anreiz sein, dieses Projekt rasch, solange noch brauchbare Spuren zu finden sind, in Angriff zu nehmen. 8 Glossar Bei der Aufbereitung und Dokumentation archäologischer Fundstätten der Osterinsel werden in aller Regel Begriffe und Namen verwendet, die der einheimischen polynesischen Sprache Rapa Nui entstammen. Die häufigsten in dieser Arbeit verwendeten Begriffe werden nachfol-gend nochmals kurz erläutert. Ahu Plattform, auf der die Steinfiguren standen Ana Höhle Ana Hue Neru Bezeichung für Höhlen, in denen junge Leute beiderlei Geschlechts zum Bleichen ihrer Haut und möglicherweise auch zu Initiationsriten abgesondert wurden Ana O Keke Höhle, in der die Mädchen eingesperrt waren Ana More Mata Puku Höhle, in der die Knaben eingesperrt waren ALMOGAREN XXXIX/2008MM291 Hare Haus, Hütte Hare paenga Bootshaus Hue Zusammenschluss, Vereinigung Huki Werkzeug, Querbeil, Dechsel Keke Neigen der Sonne, nachdem sie den Zenit überschritten hat Komari stilisierte Darstellung der Vulva auf Felsbildern Make Make Darstellung auf Felsbildern, dominierende Gottheit der Osterinsel, entspricht wahrschein-lich dem polynesischen Schöpfergott tiki Manu tangata Vogelmann, stilisierte Darstellung auf Fels-bildern eines meist hockenden Vogel-Mensch- Wesens Moai große Steinfiguren zur Verehrung der Ahnen Neru Jungfrauen, unberührte Mädchen und Knaben aus angesehenem Stand, die ausgewählt waren, eine längere Zeit in Abgeschiedenheit und Dunkelheit in Höhlen (den Ana Hue Neru) zu verbringen, um ihre Haut zu bleichen. Da dies in der Zeit ihrer Pubertät geschah, kann man davon ausgehen, dass während dieser Aufent-halte auch Initiationsriten stattfanden. Rapa Nui Dieser Begriff wird für drei verschiedene Sachen verwendet: 1. als Name für die Insel 2. als Bezeichnung für die Bewohner 3. als Begriff für die Sprache Darüberhinaus bleibt zu erklären Abri Schutzraum oder Halbhöhle unter einem Fels-überhang, wettergeschützter Siedlungsplatz Cumbre Höhenrücken, Bergkamm, Kante eines Steil-abfalls Initiation Einweihungsritual bei der Geschlechtsreife zur Vorbereitung in die Erwachsenenwelt Limonit Mineral (auch als Brauneisenerz oder Rasen-eisenerz bekannt) Phonolith Klangstein, harter, hell klingender Stein 292MMALMOGAREN XXXIX/2008 9 Literatur Barthel, Thomas S. (1958): Grundlagen zur Entzifferung der Osterinselschrift. – Cram, de Gruyter & Co., Hamburg Barthel, Thomas S. 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Durchschlupf: 62 x 120 cm 1. Durchschlupf: 37 x 192 cm Kriechgang ANA O KEKE · Eingang / Raum I und Raum II · Rapa Nui / Polynesien Tafel 6 ALMOGAREN XXXIX/2008MM301 xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xx N © STEINER 1.2.2002 wassergefüllter Siphon Wasserfläche davor ca. 2 x 4m gespaltener Steinblock faustgroße, vom Meer abgeschliffene, seitlicher Nebenarm, glatte Steine in 1m Höhe, ansteigend Felsbrocken 3. Durchschlupf 2. Durchschlupf: 62 cm hoch, 120cm breit 1. Durchschlupf: 37cm hoch, 192 cm breit Petroglyphen-Paneel Zugang Tageslichtgrenze Eingang 4. Durchschlupf 5. Durchschlupf ANA O KEKE · Höhlen-Grundriss bis zum Siphon · Rapa Nui / Polynesien Tafel 7 302MMALMOGAREN XXXIX/2008 ANA O KEKE · Raum I, rechts das Petroglyphen-Paneel · Rapa Nui / Polynesien Tafel 8 ANA O KEKE · Raum I, Eingangsbereich · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM303 Tafel 9 ANA O KEKE · Raum I, nach den Petroglyphen · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Raum I, Blick von hinten zum Eingang · Rapa Nui / Polynesien 304MMALMOGAREN XXXIX/2008 Tafel 10 ANA O KEKE · Raum II, vorderer Bereich · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Raum II, Durchgang zum hinteren Bereich · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM305 Tafel 11 ANA O KEKE · Raum II, Blick in den hinteren Bereich · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Raum II mit Wasseransammlung · Rapa Nui / Polynesien 306MMALMOGAREN XXXIX/2008 Tafel 12 ANA O KEKE · Höhlengang mit gespaltenem Steinblock · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Höhlengang mit Konglomerat · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM307 Tafel 13 ANA O KEKE · Gangende mit Tümpel und Siphon · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Gangende mit Tümpel und Siphon · Rapa Nui / Polynesien 308MMALMOGAREN XXXIX/2008 Tafel 14 ANA O KEKE · Höhleneingang mit Petroglyphen (links) · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM309 Tafel 15 ANA O KEKE · Teil des Petroglyphen Paneels (C/D) · Rapa Nui / Polynesien 310MMALMOGAREN XXXIX/2008 Tafel 16 ANA O KEKE · Vermessen und Kartieren der Höhle · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Dokumentation der Petroglyphen · Rapa Nui / Polynesien ALMOGAREN XXXIX/2008MM311 Tafel 18 A B C D E F G H J K 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm ANA O KEKE · Zeichen mit eigenständigen Figurationen · Rapa Nui / Polynesien 3112aMMMMAALLMMOOGGAARREENN X XXXXXIXIX/2/0200808 0 1 »ANA O KEKE« / POIKE • RAPA NUI A B C Tafe AALMLMOGOAGRAERNE NX XXXIXIX/2/020080M8MMM3311b3 22 3 4m PETROGLYPHEN »ANA O KEKE« eindeutige Petroglyphen wahrscheinliche Gravuren fragliche (natürliche) Spuren ©STEINER 2007 D E F el 17 314MMALMOGAREN 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm 10 cm L N M O P S Q R ANA O KEKE · Zeichen mit eigenständigen Figurationen · Rapa Nui / Polynesien Tafel 19 312MMALMOGAREN XXXIX/2008 ALMOGAREN XXXIX/2008MM315 10 cm 10 cm 10 cm T U V Tafel 20 ANA O KEKE · Zeichen mit eigenständigen Figurationen · Rapa Nui / Polynesien 2008MM313 316MMALMOGAREN 0 10 20 30cm Tafel 21 ANA O KEKE · Petroglyphen Paneel Block A und B · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Umzeichnung der Petroglyphen Block A/B · Rapa Nui / Polynesien © STEINER ’08 314MMALMOGAREN XXXIX/2008 ALMOGAREN XXXIX/2008MM317 0 10 20 30cm Tafel 22 ANA O KEKE · Petroglyphen Paneel Block C II · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Umzeichnung der Petroglyphen Block C II · Rapa Nui / Polynesien © STEINER ’08 2008MM315 318MMALMOGAREN 0 10 20 30cm Tafel 23 ANA O KEKE · Petroglyphen Paneel Block D · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Umzeichnung der Petroglyphen Block D · Rapa Nui / Polynesien © STEINER ’08 316MMALMOGAREN XXXIX/2008 ALMOGAREN XXXIX/2008MM319 0 10 20 30cm Tafel 24 ANA O KEKE · Petroglyphen Paneel Block E · Rapa Nui / Polynesien ANA O KEKE · Umzeichnung der Petroglyphen Block E · Rapa Nui / Polynesien © STEINER ’08 2008MM317 320MMALMOGAREN XXXIX/2008 ANA O KEKE · Mahlstein, Reibstein oder Stößel (?) aus Basalt · Rapa Nui Tafel 25 © STEINER 2007 318MMALMOGAREN XXXIX/2008 ALMOGAREN XXXIX/2008MM321 Tafel 26 ANA O KEKE · Phonolith (oben) · Limonit (unten) · 1:1 · Rapa Nui / Polynesien © STEINER 2007 2008MM319 322MMALMOGAREN Tafel 27 ANA O KEKE · Plan von Lloret i Prieto & Ubach i Tarres · Rapa Nui / Polynesien Reproduction © Jordi Lloret i Prieto & Montserrat Ubach i Tarres · Published in ESPELEÒLEG 41/1996 320MMALMOGAREN XXXIX/2008 |
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