Herbert NOW AK, Hallein
PRÄHISTORISCHE STEINBAUTEN VON LA PALMA, EL HIERRO, LA
GOMERA UND TENERIFE, KANARISCHE INSELN
Die Kanarischen Inseln sind reich an prähistorischen Steinkonstruktionen, über die
vom Ende des 19. Jahrhunderts an in wissenschaftlicher Form in den verschiedensten
Periodicis berichtet wurde. Als Autoren treffen wir S. BERTHELOT,
R. VERNEAU, J. BETHENCOURT Y ALFONSO unter den frühen Berichterstattern,
während im 20. Jahrhundert vor allem die lokalen kanarischen Forscher (hier
soll S. JIMENEZ SANCHEZ und L. DIEGO CUSCOY hervorgehoben werden) als
Autoren auftreten.
Der vorliegende Versuch einer systematisch-kompilatorischen Zusammenfassung
sollte, wenigsten in groben Zügen, das bis jetzt Bekannte darlegen. Die Schwierigkeiten,
all die oft weit verstreuten Einzeltexte hereinzubekommen (NOW AK, 197 0),
muß erneut betont werden. Es ist daher auch zu befürchten, daß dieser Bericht
lückenhaft bleiben muß, vor allem dann, wenn es sich um einzelne kleinere
Monumente oder um Entdeckungen handelt, die selbst in der vorliegenden Literatur
nur andeutungsweise genannt werden.
Die kanarischen Altertümer litten schon immer ( und tun es auch heute noch)
unter der Forschungsbegeisterung Unqualifizierter, wobei nicht alle Schuld der
Begeisterung der „aficionados" in die Schuhe geschoben werden darf. Vieles wurde
zerstört und ist unwiederbringlich verloren. Daher werden auch einige frühe Quellen
herangezogen, zumal hier ja nicht bloß das noch heute Vorhandene dargelegt werden
soll, sondern all jenes, was an prähistorischen Steinsetzungen überhaupt vorhanden
war.
Die aus dem Fels gehauenen Monumente und heiligen Berge werden hier nicht
behandelt, sondern sollten in einer späteren Darstellung gewürdigt werden. Bei
vorliegender Untersuchung geht es um Bauten, die sich mit solchen der Westsahara
(M. MILBURN 1972 und 1975; H. NOWAK 1971; J. GONZALEZ FERNANDEZ
1971) vergleichen lassen, nicht jedoch um Objekte wie künstlich aus dem Fels
gehauene Bergheiligtümer, ausgeschachtete Grottenwohnungen und Begräbnishöhlen.
Eventuell angestellte Vergleiche mit Funden des Westsahara-Raumes bleiben nicht
ohne interessante Problematik.
a) Die Steinzeit dauerte auf den Kanaren bis zur Eroberung der Inseln, also nahezu
bis 1500 n. Chr, Metall konnte bei den Altkanariern bis heute nicht nachgewiesen
werden. Eine bei WÖLFEL (1950, 243) angeführte Metallmeldung (er stützte sich
auf eine Nachricht von J. Mardnez Santa-Olalla) wurde von SCHWIDETZKY
( 1963, 16) dementiert.
b) Die in der Westsahara angetroffenen Monumente können sowohl aus der
,,Steinzeit" als auch den nachfolgenden Metall-Epochen stammen. C-14 Datie-
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rungen liegen kaum vor. Eine vor einigen Jahren dt1rchgeführte Ausgrabung eines
Tumulus bei der Guelta de Zemmur (Spanische Sahara), von der ein C-14
Anhaltspunkt zu erhoffen gewesen wäre, brachte wenig Präzises. Er wird, wie der
Autor selbst sagt, ,,mit einiger Kühnheit" in die Zeit „medio-tardfo dentro del
desenvolvimiento general de las construcciones megaliticas norteafricanas"
datiert (BALBIN BEHRMANN, 1973). Zusammenhänge zwischen kanarischen
und westsaharischen Konstruktionen werden wir im Augenblick daher nur in
typologischer Hinsicht sehen müssen. Für chronologische Parallelen gibt es kaum
Anhaltspunkte.
c) Das weitgestreute westsaharische Capsien (WÖLFEL, 1942) mit seinen Pfeilspitzen-
und Klingenfunden hat mit dem kanarischen Neolithikum - die
Einwanderungsschübe liegen nach SCHWIDETZKY ( 1963) zwischen dem Ende
des 2. vorchristlichen Jahrtausends und dem Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. -
kaum Gemeinsamkeiten. über keramische Parallelen fehlen umfassende Studien.
Wohl aber gibt es typologische Parallelen beim Vergleich einzelner Tumuli Gran
Canarias mit solchen der Westsahara.
Als Chronisten werden in diesem Aufsatz überwiegend nur TORRIANI
(WÖLFEL-TORRIANI, 1940) und ABREU GALINDO (1955) herangezogen. Beide
haben sich als früheste Geschichtsschreiber der Epoche nach der Eroberung der
Inseln als die Verläßlichsten erwiesen, während die späteren Chronisten sich doch
mehr oder weniger auf die Chroniken von Torriani - Abreu Galindo - Espinosa
stützten, da sie nicht mehr aus dem echten Kontakt der Konquista-Epoche schöpfen
konnten. Ein großer Gewinn wäre natürlich, wenn die verschollene Chronik des „Dr.
Troya" (WÖLFEL, 1965, 96) aufgefunden würde, der als Gewährsmann für Torriani
angesehen werden darf. Glücklicher war man mit der Aufspürung des lange
verschollenen Textes des ALONSO DE PALENCIA (LOPEZ DE TORO, 1970), in
dem WÖLFEL (1965, 56) eine Quelle für Torriani und Abreu Galindo sieht.
LaPalma
Im mächtigen bewaldeten Kraterkessel der Caldera de Taburiente befindet sich ein
natürlicher Monolith namens „Idafe", der im Leben der Ureinwohner eine tragende
kultische Bedeutung hatte. Zu Füßen dieses Felsens befand sich ein zusammengetragener
Steinhaufen, auf dem unter Anrufung des Namens „Idafe" das Gekröse
geschlachteter Tiere als Opfergabe geworfen wurde (WÖLFEL-TORRIANI, 1940;
ABREU GALINDO, 1955; WÖLFEL, 1965, 374). Derartige Steinhaufen, die die
Funktion eines „Steinhaufen, Altar, Heiligtum" (WÖLFEL, 1965, 375) hatten,
waren auch auf anderen Gebieten der Insel anzutreffen. WÖLFEL (1961, 433)
schreibt dazu: ,,Jedes der Teilreiche auf dieser Insel hatte ein eigenes Heiligtum zum
Opfern für das Höchste Wesen. Der Altar wurde hergestellt ... daß jeder einzelne
Teilnehmer einen Stein herbeitrug ...s o daß dieser Steinhaufen ..." ), und weist auf
die enge Relation zum berberischen „kerkur" hin. Ähnliche Steinhaufen-Anlagen
findet man noch in Gomera und auf Gran Canaria.
über die Höhe des Idafe haben wir die recht unbestimmte Angabe von ,, ... mas de
cien brazas" (WÖLFEL, 1965, 440). Eine uns vorliegende neue Studie von
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HERNANDEZ PEREZ läßt den prähistorischen Steinbauten wenig Beachtung.
Weder der Idafe noch die Steinhaufen-Heiligtümer der zwölf Stämme als auch die
Hinweise auf zwei relativ neu entdeckte „tagorore" sind in der Studie verdienstlich
beachtet. Ein Tagoror befindet sich in der Caldera de Taburiente nahe dem Barranco
de Los Cantos. Er wurde 196 7 entdeckt, war zerstört und umfaßte eine Fläche von
1000 m2
• Der andere Tagoror liegt im Gebiet von Garafia beim Barranco de Briesta
(gegenüber der Necr6polis de Toscano) und ist halb zerstört. Detailbeschreibungen
und Abbildungen fehlen (HERNANDEZ PEREZ, 1972, 46, 90, 97).
Der bisher einzige bekannte Opferplatz ( ara de sacrificio) der Insel befindet sich in
den Montafias de Los Sauces und scheint ein stumpfkonisch aufgeschlichteter
Steinhaufen zu sein (,,tiene forma troncoc6nica"). Nähere Maße und Abbildungen
fehlen auch für diesen Fundplatz (HERNANDEZ PEREZ, 1972, 47).
Wir werden also, wie wir deutlich sehen, auch durch jüngste Publikationen nicht
wesentlich glücklicher. Dafür wird aber, wenn nicht künftige Forschungen doch noch
echten Aufschluß geben sollten, unser Vertrauen in die Handschriften der frühen
Chronisten ungebrochen bleiben müssen. Die Bestattungen erfolgten in Höhlen,
zumindest ist eine andere Bestattungsart bisher noch nicht belegt (WÖLFELTORRIANI,
1940; ABREU GALINDO, 1955; HERNANDEZ PEREZ, 1972).
El Hierro
Der Kult der Urbewohner kannte einen männlichen „Götzen" (Eraorahan) und
einen weiblichen „Götzen" (Moneiba), die jeweils von den Männern und Frauen
getrennt verehrt wurden und von denen sie glaubten, daß sie auf den höchsten
Felsen wohnten (WÖLFEL-TORRIANI, 1940, 189). Eraorahan und Moneiba
hatten ihren Sitz ,, ...e n dos pefiascos cumplidos a manera de mojones, que estan en
un termino que llamaban Bentayca ..." (ABREU GALINDO, 1955, 90). Die
Problematik um diese Örtlichkeit und die von den lokalen Forschern vorgelegten
Lokalisierungen wurden bereits eingehend erörtert (NOWAK, 1970).
Bei der Problemstellung um diese beiden Götzen führt eine Abbildung von
S. BERTHELOT (VIERA Y CLAVIJO, 1967) zum Opferplatz von El Julan,
(NOWAK, 1970), die zwei viereckige Säulen zeigt. Der gebirgige Hintergrund
dieser Säulen läßt wohl auf eine Lage in El J ulan schließen, viereckige Säulen sind
jedoch weder für Hierro noch eine der anderen Inseln jemals nachgewiesen worden.
Das Eraorahan-Moneiba-Problem wird durch den Opferplatz in El Julan nur noch
vergrößert, da wir an der exakten Wiedergabe der Säulen auf der vorgenannten
Zeichnung doch etwas unsicher werden. Auf der anderen Seite steht allerdings die
Frage im Raum: warum sollte Berthelot, der immer wieder überprüft werden kann
und nie seine Glaubwürdigkeit verliert, in diesem Fall unwahr werden?
Sicherlich wären die zwei Säulen (Stelen) für eine Eraorahan-Moneiba-Lokalisierung
in El Julan ideal. Doch wenn wir schon ALVAREZ DELGADO (1945, 408;
1946, 10) mit seiner Hypothese über die Lage der Monolithe nahe El Pinar
ablehnend gegenüberstehen (NOWAK, 1970) und uns auf TORRIANI (WÖLFELTORRIANI,
1940, 188) und BERTHELOT (BERTHELOT - BARKER-WEBB,
1842, 176) mit einer Lokalisierung „in den höchsten Gipfeln" der Insel stützen, so
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läßt ABREU GALINDO (1955, 90) mit der Passage über Eraorahan (,, ... a Dios
Nuestro Sefior ..." ) und Moneiba (,, ...a la Virgen Maria ... ") den Schluß zu, daß
diese beiden christianisiert wurden. Und die unwirtliche Lage der Dehesa und die
unweit davon befindliche Montafia Ventejea stützt die von mir seinerzeit vorgelegte
Lokalisierung für diese Montafia Ventejea (NOWAK, 1970) und zeigt gleichzeitig
auf, daß weder A.L V AREZ DELG ADOs Fixierung bei den „Santillos de los
Antiguas" noch eine Verlegung nach El Julan richtig sein kann. Die Steinkonstruktionen
auf der Abbildung BERTHELOTs (Abb. 1) zeigen uns aber außerdem immer
klarer, daß es sich dabei nicht um den heute bekannten Opferplatz Los Concheros in
El Julan handeln kann, sondern um eine heute völlig unbekannte Anlage, die im
deutlichen Gegensatz zur Darstellung von VERNEAU (1898, 267; NOWAK, 1970)
steht (Abb. 2a und 2b ). Es ist in diesem Zusammenhang nicht uninteressant zu
vermerken, daß unsere kanarischen Forscherkollegen bis heute das heiße Eisen der
viereckigen Säulen und des Opferplatzes BER THELOTs unangetastet ließen.
Der Opferplatz Los Concheros in El J ulan, um dessen Interpretation sich vor
allem A. CLOSS (1966; 1968/69) verdient machte, liegt in der Einsamkeit des
Steilabfalles El J ulan zum Meer. Die hervorstechende Konstruktion dieser Anlage ist
ein Steinkreis mit einem aus schönen Platten geschlichteten „Altar", dem sich eine
Brandopferstelle und einige Wohnräume anschließen. Unweit davon befindet sich
noch ein großer Muschelhaufen (Conchero) und in einigenhundert Metern Distanz die
berühmten Felsinschriften. DIEGO CUSCOY ( 194 7, 183) sieht im Steinkreis einen
„tagoror" und im „Altar" einen Sitz für eine hochgestellte Persönlichkeit. Bei dieser
Interpretation muß jedoch beachtet werden, daß die „Sitze" für die Versammlungsteilnehmer
im Steinkreis von „Altar" selbst stammen; bei Besuchen in Jahresintervallen
(1964, 1965, 1966, 1967) mußte leider festgestellt werden, daß sich diese
Sitze in wunderbarer Weise vermehren, der Altar selbst aber gleichzeitig an Höhe
abnimmt. Der mächtige altkanarische Chonchero wird zunehmend mit Speisen- und
Verpackungsresten neukanarischer „Versammlungsteilnehmer" bereichert.
Zu den interessantesten Funden aus der prähispanischen Zeit Hierros gehörte
zweifellos der Baetyl vom Malpaso, den A.L V AREZ DELGADO erwähnt. Es handelt
sich um einen ovalen Stein von 60 cm Höhe, einer Maximalbreite von 35 cm und
einer Dicke von 12 cm. Er lag am Fuße des Malpaso unter anderen Steinen und hat
ein „menschliches Gesicht". Die Abbildung aber vermag uns von den gewünschten
Gesichtszügen wenig zu überzeugen. Es wird festgehalten, daß der Stein, der als „una
indudable obra humana" erscheinen soll, von der Anhöhe heruntergestürzt sein muß
und durch das Bachbett kollerte. Wir wollen die mehr als dubiosen Gesichtszüge
beiseite lassen, doch wäre immerhin noch zu bedenken, daß neben den vorgenannten
viereckigen Säulen in der kanarischen Archäologie kein einziger Figurenmenhir oder
-baetyl bekannt ist. Begleitkonstruktionen auf der Anhöhe, von der er kollerte, gab
es anscheinend nicht. Vielleicht war er dort aufgestellt worden, vielleicht war er aber
nur ein zufälliger Steinfund mit einem durch natürliche Faktoren gebildeten
„Gesicht". Wir wollen gegen diese Darstellungsart doch all unsere Reserven
anmelden. Es soll hier nicht der Anschein prinzipieller Kritik an allem erweckt
werden, doch hilft gläubig-kritiklose Übernahme von Fundbeschreibungen und ihren
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Wunschinterpretationen (,, ... creemos que se trata de una figura antropomorfa, que
quiza tuvo aplicaci6n religiosa o cultual, por lo que le damos el nombre de betilo")
der Kanaristik wohl am wenigsten (ALVAREZ DELGADO, 1946, 16).
über drei sicher identifizierte Brandopferstätten (aras de sacrificios) berichtet
DIEGO CUSCOY. Diese waren nach seiner Darstellung für den Kult um „Aranfaibo",
(s. unten) der Herden oder Weiden oder dem Regen geschaffen worden.
Es handelt sich um konische Steinkonstruktionen aus locker geschlichteten Steinen.
Ihre Höhe liegt zwischen 0,80 und 1,60 m bei 1,00 m Durchmesser. In diesP-n
„Öfen" befanden sich Aschenreste sowie kalzinierte Schafs- und Ziegenknochen. Die
Lage dieser Opferstätten ist bei zwei Stück nördlich des Opferplatzes Los Choncheros,
der dritte befindet sich im Opferplatz selbst (DIEGO CUSCOY, 194 7).
Wie für La Palma und Gomera sind also auch hier Brandopferstätten belegt. Es
erscheint jedoch unverständlich, daß diese mit dem Kult um das Vermittler-Schwein
Aranfaibo in Zusammenhang gebracht werden, zumal weder ABREU GALINDO
noch TORRIANI eine Brandopfer-Aussage machen.
Im Regenkult um Eraoranhan und Moneiba spielt das Schwein Aranfaibo eine
eindeutige Rolle. Wenn die Winterregen ausblieben, versammelten sich die Menschen
um ihre beiden ,,{dolos" und flehten um Wasser. Half dies nichts, ging ein für heilig
gehaltener Mann in das Gebiet von Tacuytunta zur Höhle Asteheyta (auch:
Abstenehita) und rief in diese Höhle hinein erneut Eraoranhan und Moneiba an.
Dann kam aus der Höhle ein Tier „en forma de cochino", das Aranfaibo hieß - was
„Vermittler" (medianero) bedeutete - und ein Freund von Eraoranhan war. Der
Mann nahm das Tier unter seinen Mantel und brachte es zu den beiden natürlichen
Monolithen, worauf der ersehnte Regen kam (WÖLFEL-TORRIANI, 1940;
ABREU GALINDO, 1955; WÖLFEL, 1961, 435; WÖLFEL, 1965, 438). über das
weitere Schicksal des „Vermittlers" wird jedoch nichts berichtet.
Die von DIEGO CUSCOY angeführte Relation zwischen dem Eraoranhan-Moneiba-
Aranfaibo-Kult und einer Brandopferstätte ist eine durch nichts gestützte
Vermutung. Genausowenig kann man von einem „heiligen Schwein" (cerdo sagrado)
sprechen wie DIEGO CUSCOY (1947, 186) ausführt, denn Aranfaibo wird von
TORRIANI ausschließlich als „demonio" oder „porco" und von ABREU GALINDO
als „medianero" und „demonio" sowie „amigo de eraoranhan" bezeichnet.
In der gleichen Arbeit von DIEGO CUSCOY wird noch von einer interessanten
Bestattung in der „Necr6polis del Julan" berichtet (Abb. 3). Demnach lag der Tote
auf Steinplatten, wurde von Hölzern bedeckt und auf den Hölzern wurde eine
Steinpyramide aufgeschlichtet (DIEGO CUSCOY, 1947, 187-191).
Eine genaue Beschreibung einer Brandopferstätte am Cabezo del Jable in El Julan
finden wir in einer späteren Publikation, die über die Ausgrabung dieser Stätte
berichtet. Gefunden wurden Aschen und kalzinierte Knochen sowie zwei Messer aus
Basalt (DIEGO CUSCOY, 1966). DIEGO CUSCOY (1966, 52) stellt eine Verbindung
zwischen den Brandopferstätten und den Felsbildern in El Julan her (NOWAK,
197 5 ), die uns aber nicht tragbar erscheint, zumal Brandopferstätten weder bei den
Felsbildern im Nordosten der Insel noch bei denen auf La Palma und Gran Canaria
gefunden wurden.
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Der Reichtum an Felsbildern nahe dem Opferplatz Los Concheros in El Julan
sowie nahe der NO-Küste hat diese Darstellung nicht zu berühren. Die Bestattungen
erfolgten in Höhlen; über andersartige Grabstätten der Ureinwohner gibt es keinerlei
Literaturangaben.
La Gomera
Auf dem Hochplateau der Fortaleza de Chipude befinden sich mehrere Baetyle, teils
mit kleinen Brandöfchen oder alleinstehend, kleinere Steinhaufen mit Baetyl, ein
doppelter Steinkreis sowie ein großer Steinhaufen mit einem ausgeschachtetem
Feuerloch. Diese Funde ließen den Schluß zu, in der Fortaleza einen „Heiligen Berg"
der Altgomerer zu sehen (BETHENCOURT Y ALFONSO, 1881, 355; VERNEAU,
1890; VERNEAU, 1898; NOWAK, 1969; NOWAK, 1970).
Während sich meine detaillierte Darstellung vorerst den Unwillen eines kanarischen
Forscherkollegen zuzog, der die von mir nie angezweifelte Entdeckerpriorität
des hervorragenden Tinerfefios Bethencourt y Alfonso (über Bethencourt y Alfonso
siehe TARQUIS RODRIGUEZ, 1970) gewahrt wissen wollte, trat Jahre später
M. PELLICER auf dem Plan. Nach einem Pressebericht (1. C.-NACHRICHTEN
Nr. 14/1974) hat er aufgrund seiner Forschungen festgestellt, daß es sich beim
angeführten Inventar der Fortaleza um Reste von Hirtenunterkünften handelt und
die „Heiliger-Berg"-Interpretation als undiskutabel abgelehnt werden muß. Obwohl
es nicht unbedingt mit dieser Darstellung zu tun hat, sei noch festgehalten, daß nach
PELLICER die Fortaleza de Chipude der von den Chronisten genannte Berg
„Argodey" der Altgomerer sei. Sicherlich weckt diese „Argodey"-Interpretation und
die pastorale Umwidmung der Steinsetzungen, schon vor der Beweisführung
PELLICERs, unser gewiß nicht unberechtigtes Interesse. Wir dürfen dazu aber heute
schon unsere Bedenken anmelden, wenn der Forschungsbericht mit dem Pressebericht
ident sein sollte.
Daß sich die neueren insularen Forschungen nicht mit den Hinweisen von
BETHENCOUR T Y ALFONSO ( 1881) beschäftigen, der im V alle Gran Rey
ähnliche Konstruktionen wie auf der Fortaleza de Chipude vorfand, und dazu noch
den Hinweis auf einen Conchero und mögliche Felsbilder gab, ist beklagenswert: von
weiteren Ansatzpunkten, etwa der Montafia del Adivino - in Verbindung mit der
dort ansässigen altgomerischen Wahrsagerin Aremoga (FRUCTUOSO, 1964) - ganz
zu schweigen. Bestattungen erfolgten in Höhlen.
Tenerife
Diese Insel ist mit kultischen Steinkonstruktionen nicht gesegnet. Erst vor zwei
Jahren fand sich ein Bericht in der insularen Presse, daß DIEGO CUSCOY einen
Opferplatz im Süden der Insel bei San Miguel bearbeitete (1.C.-NACHRICHTEN
Nr. 12/13, 1973). Nähere Angabe fehlen bis jetzt aber noch gänzlich. Wohl gibt es
noch einige Plätze für Regenkult (Bailaderos), die jedoch keine Steinsetzungen
aufweisen (WÖLFEL, 1965, 453; NOWAK, 1970). Das Fehlen von Anlagen ähnlich
wie in La Palma, El Hierro und La Gomera wird von DIEGO CUSCOY ( 1968) in
seiner ausführlichen Arbeit bestätigt, doch zeigt gerade der Hinweis aus dem Jahre
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1972, daß diese Anlagen wohl vorhanden sein werden, wenn auch bisher keine
diesbezüglichen gezielten Forschungen erfolgten.
Eine Fortsetzung dieser Darstellung über Steinbauten auf Gran Canaria, Fuerteventura
und Lanzarote folgt.
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SUMMARY
The author presents descriptions of prehistoric stone buildings in the Western islands
of the Canarian archipelago. His study is based on pertinent scientific literature and
the reports of chroniclers pointing to stone structures of the Canarian aborigines
which have disappeared in subsequent centuries. His paper refers to a number of
hitherto unsolved problems which have not yet been taken up by contemporary
Canarian investigators. This particularly applies to sites in the island of La Palma
which have become known during the last few years. Moreover, there is also a
number of not yet investigated hints regarding the island of Hierro and the lack of
such initiatives relating to La Gomera.
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RESUMEN:
El autor describe, en este estudio, las construcciones de piedra prehist6ricas de las
islas de La Palma, Hierro, Gomera y Tenerife. Su estudio tiene en cuenta, no solo la
ultimas publicaciones cientfficas al respecto, sino tambien los relatos de los
cronistas, en los que se describen construcciones de piedra hoy dfa ya desaparecidas.
Pone de relieve tambien el autor una serie de problemas, aun sin resolver, de los que
los actuales investigadores de aquellas islas aun no se han ocupado.
Abb. 1: Conchero del Hierro (Zeichnung von S. Berthelot)
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Brandopferaltar
Abb. 2a: Opferplatz „Los Concheros", Hierro (nach VERNEAU)
Abb. 2b: Opferplatz „Los Concheros", Hierro (nach Foto H. Nowak/1967)
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Steinschlichtung
Holz
Lage des
Toten
Holz
Erdboden
Abb. 3: Rekonstruktion einer Einzelbestattung (nach DIEGO CUSCOY, 1947)
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