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ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM95 ICDIGITAL Separata 44-45/4 96MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). Die deutsche Rechtschreibung wurde – mit Ausnahme von Literaturzitaten – den aktuellen Regeln angepasst. Englischsprachige Keywords wurden zum Teil nach-träglich ergänzt. PDF-Dokumente des IC lassen sich mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader (Version 7.0 oder höher) lesen. Für den Inhalt der Aufsätze sind allein die Autoren verantwortlich. Dunkelrot gefärbter Text kennzeichnet spätere Einfügungen der Redaktion. Alle Vervielfältigungs- und Medien-Rechte dieses Beitrags liegen beim Institutum Canarium Hauslabgasse 31/6 A-1050 Wien IC-Separatas werden für den privaten bzw. wissenschaftlichen Bereich kostenlos zur Verfügung gestellt. Digitale oder gedruckte Kopien von diesen PDFs herzu-stellen und gegen Gebühr zu verbreiten, ist jedoch strengstens untersagt und be-deutet eine schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: institutum-canarium.org almogaren.org Abbildung Titelseite: Original-Umschlag des gedruckten Jahrbuches. Institutum Canarium 1969-2014 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Carmen Díaz Alayón & Francisco Javier Castillo: Estudio de la lista de voces prehispánicas de Juan Bautista Lorenzo Rodríguez ................................................................... 7 Robert G. Bednarik: Archaeology and rock art science ................................................................. 57 Hans-Joachim Ulbrich: Bibliographie der Ilhas Selvagens (Portugal) – Addenda II ......................... 73 Rudolf Franz Ertl: Neue Donaureiter-Bleivotivtafeln entdeckt ................................................. 99 Arnaud F. Lambert: Megaliths and the Early Mezcala Urban Tradition of Mexico .................... 135 Xavier Li Tah Lee Lee: Canarias: destino didáctico de la expedición de Martin Rikli y Carl Schröter .................................................................. 147 Alain Rodrigue: The rock engravings of Tighremt n'Ouazdidene (High Atlas, Morocco) ................................................................................ 167 Andoni Sáenz de Buruaga: Grabados rupestres de hachas de "tipo Metgourine" en el entorno artístico de Lejuad (Tiris, Sahara Occidental) ................................173 Marcos Sarmiento Pérez: La estancia de Nikolay Nikolajevitsch Mikloucho-Maclay en Lanzarote en 1866-67 .............................................................................203 Franz Trost: Der Nil als Grenze zweier Landmassen ......................................................223 Hans-Joachim Ulbrich: Die kanarischen Ureinwohner in der Cosmographia (1544) des Sebastian Münster .................................................................................249 Hartwig-E. Steiner: Zeichen des Vogelmann-Kultes der Osterinsel in den Höhlen auf Motu Nui / Polynesien .................................................. 269 • 98MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Ertl, Rudolf Franz (2014): Neue Donaureiter-Bleivotivtafeln entdeckt.- Almogaren 44-45/2013-2014 (Institutum Canarium), Wien, 99-134 Zitieren Sie bitte diesen Aufsatz folgendermaßen / Please cite this article as follows: ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM99 Almogaren 44-45 / 2013-2014 Wien 2014 99 - 134 Rudolf Franz Ertl Neue Donaureiter-Bleivotivtafeln entdeckt Keywords: Austria, Pannonia, Carnuntum, Roman period, religion, deities, fertility cults, lead votive plaques, Danubian Riders Zusammenfassung: Im Sommer 2013 sind zwei bemerkenswerte Bleivotivtafeln des Kultes der danubischen Reiter aus Privatbesitz bekannt geworden, die zusätzliche Einblicke in die Kulthandlun-gen gewähren. Über keinen der ursprünglich orientalischen Kulte im Römischen Reich wissen wir so wenig, wie über den Kult der Danubischen Reiter. Er ist eine der mannig-faltigen Schöpfungen und Erscheinungen des religiösen Lebens in der vom Synkretismus geprägten römischen Kaiserzeit vom ausgehenden 2. bis zum frühen 4. nachchristlichen Jahrhundert. Der vor allem von den Legionären hochgehaltene danubische Reiterkult ist praktisch eine eklektische Synthese aller damals "gängigen" Religionen – auf den kleins-ten Nenner gebracht – und infolge der überwiegenden Mithraselemente ohne erkennbare Eigencharakteristik. Im Zentrum der Verehrung stand neben den beiden Reitergöttern die gallo-keltische Pferdegöttin Epona. Auf Grund der Darstellungen auf einer der beiden Relieftafeln wird die Bedeutung des Fischopfers abermals betont. Abstract: In the summer of 2013, two notable lead votive offerings of the Danubian Horsemen cult, from private sources, were announced, providing new information on its cultic acts. Among those originally from the oriental Roman Empire, no cult is so little known as that of the Danubian Horsemen. This was one of several creations and manifestations of religious life in the imperial period. It was characterized by syncretism from the late second to early fourth century AD. Danubian worship, especially popular among legionaries, is largely an eclectic synthesis of all the "usual" religions of that period. It carried a minimum common-denominator without recognizable characteristics owing to the predominant elements of Mithras. At the center point of veneration, with the two god riders is the Celtic Gaul horse goddess Epona. On occasion of the representations of the two embossed plaques, the importance of the fish offering is once again highlighted. Resumen: En el verano de 2013 se dieron a conocer dos notables exvotos de plomo del culto de los jinetes danubianos procedentes del ámbito privado, que aportan nuevos datos sobre los actos cultuales. De ninguno de los cultos originalmente orientales en el Imperio Romano sabemos tan poco como sobre el culto de los jinetes danubianos. Se trata de una de las diversas creaciones y manifestaciones de la vida religiosa en el periodo imperial marcada por el sincretismo desde finales del siglo segundo hasta principios del siglo cuarto después 100MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 de Cristo. El culto danubiano, muy apreciado sobre todo por los legionarios, es prácticamente una síntesis ecléctica de todas las religiones 'usuales' en aquel periodo – llevada un mínimo denominador común– y sin características propias reconocibles como consecuencia de los preponderantes elementos de Mitras. En el punto central de la veneración, junto a los dos dioses jinetes está la diosa-caballo galo-celta Epona. Con motivo de las representaciones sobre una de las dos tablillas en relieve se destaca una vez más la importancia de la ofrenda de peces. Vorbemerkungen. Die Fachwelt wurde – abgesehen von einigen gnosti-schen Gemmen – erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die Mo-numente des Kultes der Donauländischen Reiter aufmerksam. Das mag darin begründet sein, dass die archäologische Erforschung der Hauptfundgebiete in den einstigen "unteren" Donauprovinzen des römischen Imperiums – Dacia, Moesia und Pannonia – den heutigen Balkanländern Bulgarien, Rumänien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowenien und Ungarn nicht zuletzt auf Grund ungünstiger politischer Faktoren wesentlich später einsetzte als in Westeuropa. Der Ursprung der Verehrung der beiden Reitergötter scheint im geto-dakischen Bereich zu liegen. Die Einflüsse des Thrakischen Reiters, von Mithras und den beiden Dioskuren, von der ursprünglich gallischen Pferde-göttin Epona sowie von Attis und Kybele sind unleugbar. Es scheint jedoch, dass der Kult der Danubischen Reiter nie seinen lokalen Charakter verloren hat. Da jegliches Inschriftenmaterial und auch eine schriftliche Überlieferung fehlen, sind wir darauf angewiesen, aus dem geringen zur Verfügung stehen-den Material "herauszulesen", wobei die Gefahr des "Hinein-Interpretierens" nicht übersehen werden darf. Griechische Heroen und thrakische Reiter standen Pate. Bekannt wur-de der Kult durch Relieftafeln aus den unterschiedlichsten Materialien, vor allem aus Stein (zumeist Marmor) und Metall (zumeist Blei). Während die Steindenkmäler offensichtlich vorwiegend als Hausaltäre dienten, fungierten die Bleireliefs als Votivgaben. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus den unzähligen Hiebmarken auf ergrabenen und aufgelesenen Tafeln. Die Darstellungen leiten sich vom griechischen Heroenrelief ab. Ähnlich wie bei den frühen Abbildungen thrakischer Reitergötter handelt es sich bei den Votivtafeln des Kultes der Danubischen Reitergötter um Weihegaben an das Pantheon orientalischer Götter in ihrer späten, posthellenistischen Aus-prägung, an den Olymp des mit Mysterien verbundenen Synkretismus, der in den Donauländern im 3. und frühen 4. nachchristlichen Jahrhundert seine Blütezeit erlebte. Der vor allem von den Legionären hochgehaltene danubische Reiterkult ist praktisch eine eklektische Synthese aller damals "gängigen" ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM101 Religionen – auf den kleinsten Nenner gebracht – und infolge der überwie-genden Mithraselemente ohne erkennbare Eigencharakteristik. Was die Bleivotivtafeln erzählen. Auf Grund der großen Zahl von Blei-votivtafelfunden im Raum Sirmium (Sremska Mitrovica, Serbien) darf diese einstige römische colonia als ein Zentrum des Kultes angesehen werden. Nebenbei bemerkt: Kaiser Lucius Domitius Aurelianus (270 bis 275 n. Chr.), wohl der glänzendste und fähigste Offizier seit Trajan auf dem Thron, wurde vermutlich 207 n. Chr. in Sirmium geboren. Seine Mutter soll dort Sonnen-priesterin gewesen sein. Auf den ersten Blick erscheinen die, in wenigen Exemplaren auch in Carnuntum (heute Petronell und Bad Deutsch-Altenburg, Niederösterreich) aufgefundenen Votivtafeln verwirrend. Anscheinend konfus durcheinander-gewürfelte Kultszenen und die stereotype Wiederholung der mehr oder min-der gleichen Elemente machen es dem Interpreten der Szenen nicht gerade leicht. Auf der Mehrzahl der Monumente sind neben den beiden Donaureitern (deren Dualität an die Dioskuren gemahnt) der Sonnengott (Helios in der Quadriga und Sol invictus), die Mondgöttin (Luna, Selene) und die Große Göttin zu finden, als Begleiter erkennen wir in manchen Fällen Mars und Victoria, Nemesis und Hekate. Die häufigsten der dargestellten Szenen zei-gen Einweihung in den Kult, Widderopfer (criobolium) und das Kultmahl des Fisches (Zeitalter der Fische seit Beginn des Principats). Symbolkräftig sind die Darstellung der Sterne, die himmlische Trias und das Gastmahl der Göt-ter. Tiere, wie Himmelsschlangen oder Adler, Hahn oder Pfau, sind ebenso zu finden wie die Darstellungen der Wind- und Jahreszeitenallegorien sowie Auferstehungssymbole. Besonders häufig tauchen Darstellungen der vier Ele-mente auf, stets in der untersten, erdverbundenen Bildzone der Tafeln. Die eindrucksvollste und zugleich komplette Variante ist die Abfolge Schlange (Erde) – Krater (Wasser) – Löwe (Feuer) – Hahn (Luft). Zentrale Figur auf den Bleivotivtafeln ist die Muttergöttin, eine weibliche Götterfigur mit einem meist bis zum Boden reichenden Gewand, die zumeist aus ihrer Schürze (?) die Pferde der beiden ihr zugewandten Donaureiter füt-tert. Bei dieser Magna Mater kann es sich um Kybele ebenso handeln wie um Demeter, Dea Syria, Atargatis oder Epona. Für letztere spricht eindeutig ihr Bezug zu den Pferden. Epona war ursprünglich möglicherweise eine keltische Kriegsgottheit – was bis dato durch nichts zu beweisen ist – nachweislich aber eine gallische Pferdegöttin (vom keltischen "epo" = Pferd). Bereits in der frühen Kaiserzeit wurde Epona vielerorts im römischen Imperium verehrt und galt bald als Schutzgöttin der Pferde, Maultiere und Esel. Der Götterhimmel. Auf der Mehrzahl der Monumente sind neben den bei 102MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 den Donaureitern (deren Dualität an die Dioskuren erinnert) der Sonnengott (Helios in der Quadriga und Sol invictus), die Mondgöttin (Luna, Selene) und die Große Göttin (Kybele, Atargatis, Dea Syria, Epona?) zu finden, als Be-gleiter erkennen wir in manchen Fällen Mars und Victoria, Nemesis und Hekate. Die häufigsten aller dargestellten Szenen zeigen Einweihung und Widderopfer (criobolium). Symbolkräftig sind die Darstellungen der Sterne, der himmlischen Trias und das Gastmahl der Götter. Tiere, wie Himmels-schlangen oder Adler, Hahn oder Pfau, sind ebenso zu finden, wie die Darstel-lungen der Wind- und Jahreszeitenallegorien. CUMONT bezweifelte die Existenz einer Donaureitersekte bzw. eines Donaureiterkultes mit eigenständiger religiöser und ritueller Ausbildung. Dazu TUDOR wörtlich: "For him the Danubian Rider monuments are no more than modest representations in the class of phylacteries" – "Für ihn sind die Monumente der Donaureiter nicht mehr als anspruchslose Darstellungen in der Kategorie religiöser Selbstgefälligkeit." Tatsächlich könnte man zu dieser Auffassung gelangen, fehlen doch bislang Statuen, Skulpturen und Tempel-anlagen. Was wir haben, sind lediglich Hausaltäre, Votivbleche und Bleitafeln, die auch als Ikonen oder Amulette gedeutet werden können. Die crioboliums- Darstellung (Widderopfer) und das vom Mithraskult beeinflusste Opfermahl, vor allem aber die Initiation des nackten Mythen deuten auf ein geschlosse-nes religiöses Gebäude hin. Freilich mutet es seltsam an, dass abgesehen von den unzähligen Streufunden bislang Thrakische Reiter und Donaureiter-Ana-themata (= religiöse Weihegeschenke) nur in Mithräen gefunden wurden, so in Londinium (London) und Sarmizegetusa (Varhely, Siebenbürgen). Im Sommer 2013 sind aus dem pannonischen Raum – vermutlich aus dem Nachlass eines Sammlers – zwei neue Typen von Donaureiter-Bleivotivtafeln bekannt geworden: 1.Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit aufgesetztem Dreiecks-giebel. Bei dieser Tafel handelt es sich um einen Beleg des überaus seltenen TYPUS ERTL E 02, wobei alle drei bis dato bekannt gewordenen Exemplare von sehr ähnlichen aber geringfügig unterschiedlichen Matrizen stammen. Objektbeschreibung E 02, Var. 4. Rechteckige Bleivotivtafel mit aufge-setztem Dreiecksgiebel (Tympanum). Die vier Register werden durch drei glatte Linienwülste voneinander deutlich getrennt. Zum Unterschied von den Typen ERTL E 02, Var. 1-3 ist Var. 4 auffallend breiter. 1.1 Tympanum. Im Zentrum des Tympanums erkennt man die Köpfe von Luna mit aufgesetzter Mondsichel (links) und Sol (rechts – mit Strahlenkranz). In den Zwickeln des Tympanums die beiden Himmelsschlangen. 1.2 Im Hauptregister dominiert im Zentrum die Große Göttin (Epona). ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM103 Ihre beiden Hände hält sie den Pferden entgegen, als ob sie dieselben füttern möchte. Die Donaureiter tragen Tuniken, Mäntel und – wie von Vergleichs-funden bekannt – phrygische Kappen (Mützen). Der linke hält eine draco- Standarte, unter den Hufen seines Pferdes liegt ein Mann mit dem Gesicht zum Boden. Vor dem Kopf des linken Pferdes schwebt ein Stern (oder ein Sonnensymbol?), über dem Kopf des rechten Pferdes ist ein "kipferlförmiges" Gebilde zu sehen, das sehr wahrscheinlich die Mondsichel darstellen soll. 1.3 Im dritten Register erkennt man links eine mensa Delphica (?), im Zentrum einen dreibeinigen Opfertisch und rechts drei Ringe, die Kronen oder Lorbeerkränze oder – was am wahrscheinlichsten ist – Brotlaibe darstellen. Auf vergleichbaren Fundstücken sind diese Ringe in Verbund mit drei Be-chern zu sehen. 1.4 Im vierten Register, dem Basisregister, sieht man von links nach rechts die vier Symbole für die vier Elemente: einen nach rechts laufenden Löwen (Feuer), einen nach links blickenden Hahn (Luft), einen kantharos (Wasser), und einen nach links schreitenden Stier (Erde). 1.5 Fundort. Hinsichtlich des angeblichen Fundortes Carnuntum bestehen berechtigte Zweifel, zumal im gesamten bekannt gewordenen Verbreitungs-gebiet des Kultes der Danubischen Reiter dieser "Inseltypus" ausschließlich aus der Provinz Dacia bekannt geworden ist. 1.6 Bislang bekannt gewordene Donaureiter-Bleivotivtafeln des Typs ERTL E2: • ERTL E 02-001 (= TUDOR 42) - Abmessungen: 70 x 85 mm; Materialstärke: 2,0 mm; Gewicht: ? - Erhaltungszustand: schlecht. - Fundort: Sucidava, Dacia, Commune Celieu, distr. alt, Rumänien. - Herkunft: entdeckt 1958 im Bereich einer antiken Behausung gemeinsam mit Münzen und römischer Keramik aus der ersten Hälfte des 3. nachchrist-lichen Jahrhunderts. - Aufbewahrungsort: Museum Bukarest, Rumänien. - Literatur: TUDOR 1960, 1969, ERTL 1996 • ERTL E 02-002 (= TUDOR 43) - Abmessungen: 70 x 85 mm Materialstärke: 2,0 mm Gewicht: ? - Erhaltungszustand: ? - Fundort: Sucidava, Dacia, Orlea, Rumänien. - Herkunft: Gefunden 1850 in Orlea, früher in der Sammlung von Major D. Pappazoglu. Aufbewahrungsort: Museum Bukarest, Rumänien. - Literatur: ANTONESCU 1889, BUDAY 1928, HAMPEL 1912, TUDOR 1969, ERTL 1996 104MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 • ERTL E 02-003 (= TUDOR 206) - Abmessungen: 36 x 80 mm Materialstärke: ? Gewicht: ? - Erhaltungszustand: Fragment. - Fundort: Dacia, Drobeta, Turnu-Severin, Rumänien. - Herkunft: entdeckt 1963 im Gebiet der retentura sinistra des Lagers. - Aufbewahrungsort: Portile de Fier Museum, Drobeta-Turnu Severin, Ru-mänien. - Literatur: DAVIDESCU-FLORESCU 1968, TUDOR 1976, ERTL 1996 1.7 Zur Symbolsprache in den Ebenen der Donaureiter-Votivtafel ERTL E 2, Var. 4: 1.7.1 Oberstes Register = Tympanon. 1.7.1.1 Sol invictus und Luna. Die drei Lichtgötter und Geschwister Helios (Sol), Selene (Luna) und Eos entsprossen dem Titanidengeschlecht. Der Vater hieß Hyperion, die Mutter war Theia. Auf seiner von vier feuersprühenden Schimmeln gezogenen Quadriga raste Helios täglich am Morgen aus einer stillen Bucht im östlichen Okeanos über das Firmament und tauchte am Abend durch das Sonnentor im Westen wieder unter. Dort bestieg er die von Hephaistos angefertigte Fähre und fuhr während der Nacht zurück nach Os-ten. Sowohl Helios als auch Selene mussten bereits in vorhomerischer Zeit in weiten Gebieten zugunsten Apollon und Artemis in den Hintergrund treten. Während Helios die Sonnen-Quadriga lenken durfte, gestand man Selene nur eine Biga, einen von zwei Rossen gezogenen Wagen, zu. Wie Artemis, liebte sie die Jagd. Helios und Selene rückten erst wieder in der Zeit des Synkretis-mus im Mithraskult und im Kult der danubischen Reiter als Sonnengott und Mondgöttin in den Blickpunkt des religiösen Interesses. 1.7.1.2 Die neue Sonnentheologie. In der römischen Kaiserzeit trat der Helioskult – gegenüber der hellenistischen Ära – stark zurück. Helios wurde jedoch mit anderen Göttern gleichgesetzt: Mithras, Serapis, Zeus, Aumos (im Ostjordanland), Baal von Emesa und Sol invictus. Über die neue Sonnen-theologie (Corpus Hermeticum) wissen wir wenig. Laut griechischem Mythos ist Helios ein "Titanide", ein Sohn des Titanen Hyperion und dessen Schwes-ter Theia. Seine Großeltern väterlicher- und mütterlicherseits waren Uranos und Gaia. Seine Gattin ist Perseis, die ihm Aietes, Kirke, Pasiphae und Perses gebärt. Des Helios Freundin Klymene bringt seinen Sohn Phaethon zur Welt, der als ungeschickter Lenker des Sonnenwagens einen Weltenbrand verur-sachte. Mit Klymene zeugt Helios auch die Heliaden, die Geschwister Phaethons. 1.7.1.3 Schwester und Gattin Selene. Die Mondgöttin Selene (= Mene), mit der Helios (= Sol invictus) im 2. und 3. nachchristlichen Jahrhundert häu- ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM105 fig auf den von thrakischen und danubischen Reitern dominierten Weihe- und Votivtafeln dargestellt wird, galt ebenfalls als Frau des Helios, mit der er sich – nach einer späten Erzählung, vermutlich einer Erfindung aus dem dritten nachchristlichen Jahrhundert – jeweils am Neumond vereinigte (Quintus von Smyrna 10, 337). Selene war zugleich des Helios leibliche Schwester; auch sie ist wie Eos eine Tochter von Hyperion und dessen Schwester und Gattin Theia. Sol als eigenständige Lichtgottheit spielte im frühen Rom nur eine unterge-ordnete Rolle. Im ersten vorchristlichen Jahrhundert dürften römische Solda-ten erstmals auf den persischen Lichtgott Mithras gestoßen sein. Unter der Regentschaft Vespasians war der Mithraskult die wichtigste Soldatenreligion. Die erste bekannte Inschrift "soli invicto deo" stammt aus dem Jahr 158 v. Chr. (CIL VI 715). Die Apotheosierung der Caesaren. Die "Apotheosierung" der Caesaren als absolute Monarchen vollzog sich ab dem ersten nachchristlichen Jahrhundert. Seit Nero identifizierten sich die Kaiser mit der Sonne und ließen sich mit einem Strahlenkranz abbilden. In der altrömischen Numismatik gilt das Sonnensymbol -ebenso wie die Mondsichel – als Verdoppelungseffekt: 2 Asse = 1 Dupondius; 2 Denare = 1 Doppeldenar oder Antoninian. Den colossus Neronis weihte Vespasian dem Sol. Auch Constantin der Große hat sein Abbild in Konstantinopel als Helios bezeichnen lassen. Dazu SEITSCHEK: "Er und alle Kaiser nach ihm fühlten sich als Sonnengötter kraft ihres Amtes als Welten-herrscher! Denkmäler mit Helios-Quadrigen im Panzerschmuck sind deshalb auch symbolische Darstellungen römischer Kaiser. Unter Heliogabal und sei-nem Nachfolger Alexander Severus erreichte der Sonnenkult seinen Höhepunkt im Imperium Romanum. Aurelianus (270 bis 275 n. Chr.) war als Sohn einer Sonnenpriesterin ein besonderer "Sonnenherrscher". Nach dem Sieg über Zenobia erhob er Sol invictus zum Dominus Imperii Romani und bestimmte den 25. Dezember zum "natalis invicti" (zum Geburtstag des Unbesiegbaren). 1.7.1.4 Sol und Christus. Diesen Tag haben die Christen als offiziellen Geburtstag von Jesus von Nazareth übernommen. Den großartigen Tempel für Sol weihte Aurelian ebenfalls am 25. Dezember 274 n. Chr. Das Christen-tum übernahm Sol-Mithras in all seiner Symbolvielfalt: Christus als Sol und Lenker einer Quadriga (Vatikan), die strahlende Sonnenscheibe und den leuch-tenden Strahlenkranz. In einer Fensterglas-Malerei der Kathedrale zu Lau-sanne wird Christus als Sol bezeichnet und einhundert Jahre später finden wir Christus als neuen Helios mit der Sonnenscheibe auf der Quadriga in der Aratus-Handschrift. Exakt diese Darstellung aber kennen wir von den rund 1000 Jahre älteren Bleivotivtafeln, weshalb manche Interpreten glaubten, im Donaureiterkult christliche Elemente entdeckt zu haben. 106MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Da die Bleivotivtafeln in einer sehr späten Phase der Anthropomorphi-sierung – und Sublimierung des göttlichen Tuns in der Ethik – entstanden sind, dürfen wir mit großer Wahrscheinlichkeit in dem die Quadriga steuern-den Gott Helios mit dem Sonnenball sehen und nicht mehr Apollo. Auf seine Gleichsetzung mit Mithras weist die phrygische Mütze. An die Verehrung des ursprünglich syrischen Sonnengottes Sol invictus und der Mondgöttin Luna in Carnuntum gemahnen zwei sich im Museum Carnuntinum in Bad Deutsch-Altenburg befindliche Bronzeappliken und mehrere Votivplättchen, Gemmen und Öllampen. Von Victoria (auf dem Glo-bus) sind zwei Bronzestatuetten ergraben worden. Ein Bronzeamulett weist auf die Verehrung des Zeitgottes Aion hin, der in Ägypten bereits seit ptole-mäischer Zeit verehrt wurde. Die frühen Christen glaubten in ihrem Erlöser Jesus Christus den "neuen Aion" zu erkennen. 1.7.1.5 Die Himmelsschlangen. Die Schlange war in der antiken Welt das Inbild dämonischer Ambivalenz. Und sie ist es zum Teil noch heute. Neben der Vorstellung vom Unheimlichen, Gefährlichen und Furchterweckenden steht die Überlieferung vom helfenden, heilsamen und rettenden Wesen (Larenschlange!). Auf den oberen Ecken mancher Votivtafeln sind eindeutig zwei "gefiederte" Schlangen zu erkennen, die mit ihrem Körper jeweils eine Schlinge bilden. Bei diesen Schlangen handelt es sich eindeutig um Symbole des Himmelsgewölbes, wobei auch hier wieder das im Donaureiterkult geüb-te System der Dualität zur Verdoppelung des Himmelssymbols führte. Die beiden Himmelsschlangen mögen auch für die Sonnen- und Mondbahn am Firmament stehen. Im Sabazioskult verwendeten Frauen im ekstatischen Ritual Schlangen oder deren Bilder als Zeichen der Gottvereinigung. Auch auf dem Schlangengefäß von Veldidena (Wilten bei Innsbruck), das 1916/1917 westlich des Stubaital-bahnhofs ergraben wurde, bildet die Schlange eine Schlinge. Hier allerdings gehört die Schlange in den Bereich des Mithraskultes. Desgleichen finden wir überaus häufig Schlangendarstellungen auf Mithrasreliefs, seltener Darstel-lungen aus dem Bereich des Jupiter-Dolichenus-Kultes. 1.7.1.6 Die Schlange im Mithraskult. SWOBODA hat das Phänomen der "Schlange im Mithraskult" in seiner gleichnamigen Arbeit ausführlich behan-delt. Doch schon DREXEL hatte zuvor erkannt, dass "Gefäße, an denen sich Schlangen emporringeln,... öfters in Mithräen gefunden" werden. Nach ABRAMIC wurden Schlangenvasen jedoch auch außerhalb der kultischen Sphäre im profanen Bereich verwendet. Im Mithraskult ist die Schlange chtho-nischer Natur, sie ist Symbol für das Element Erde. Die mithrische Legende erzählt von der Befruchtung der Schlange = Erde durch das Stierblut. Die ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM107 Verbindung von Schlange und Wasser geht jedoch auf altgriechisches Gedan-kengut zurück (Schlange als genius loci der Quelle). Die Assoziation Schlange und Befruchtung finden wir auch im Alten Testament (Adam und Eva, Sün-denfall, Vertreibung aus dem Paradies). 1.7.2 Register = Donaureiter-Register 1.7.2.1 Epona und die Donaureiter. Zentrale Figur auf den Bleivotivtafeln ist die Muttergöttin, eine weibliche Götterfigur mit einem meist bis zum Bo-den reichenden Gewand, die aus ihrer Schürze (?) die Pferde der beiden daneben stehenden Donaureiter füttert. Im 2. Register der E2-Tafeln reichen zwar die Hände der Epona zu den Pferdemäulern, das geschürzte Gewand mit dem vermeintlichen Futter fehlt. Bei dieser weiblichen Götterfigur handelt es sich zweifellos um eine späte Ausbildung der Großen Mutter, der Magna Mater, die uns in vielen Erschei-nungsformen bekannt ist und ihren Ursprung möglicherweise in der Göttin Ninchursag hat. Die Göttin darf keineswegs nur mit einer einzigen Gottheit identifiziert werden und ihre häufige Darstellung gemeinsam mit Fischen (sie-he Fischopfer) ist kein Ausschließlichkeitsbeweis dafür, in ihr schlechthin eine Atargatis-Dea Syria zu sehen. 1.7.2.2 Die Göttin Epona war ursprünglich möglicherweise eine keltische Kriegsgottheit – was bis dato durch nichts (außer Hypothesen und Spekulati-onen) zu beweisen ist – nachweislich aber eine gallische Pferdegöttin (vom keltischen "epo" = Pferd). Bereits in der frühen Kaiserzeit wurde Epona vielerorts im Imperium verehrt und galt bald als Schutzgöttin der Pferde, Maul-tiere und Esel. Die Palette der Deutungen der weiblichen Göttin ist breiter als die der meisten Autoren und reicht von Artemis über Anahita, Kybele, Rhea, Venus, Diana Ephesiana, Demeter, Selene, Artemis-Bendis und Despoina-Nemesis bis zur Aphrodite. Epona nicht zu vergessen! Zu beiden Seiten der Magna Mater, die ihrerseits ebenso synkretische Bindungen mit anderen Gottheiten eingeht, wie es die übrigen dargestellten Gottheiten tun, finden sich häufig zwei Sterne. Für manche Autoren sind diese beiden Sterne (Morgen- und Abendstern) – mehr als die vielen dargestellten Fische – Hinweise auf Atargatis-Dea Syria. Für die Gleichsetzung der Großen Göttin mit Epona sprechen sowohl die zeitliche als auch die örtliche Verbreitung. Inschrifts- und Bildzeugnisse für Epona, die keltische Pferdegöttin sind nach PAULY-WISSOWA" von Spanien, Portugal und Oberitalien (gelegentlich sogar S.-Italien) bis zu den Decumantes Agri und nach Dacien, und von der Britannia bis Bulgarien entdeckt worden. Griechisch-römischer Kunstgeschmack wandelte die ursprüngliche Tier- in eine 108MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Menschengestalt um, eine Göttin, die in der Regel entweder reitet oder zwi-schen zwei Pferden sitzt..." 1.7.2.3 Epona – eine niedere Gottheit? Noch im ausgehenden ersten nach-christlichen Jahrhundert mokierte sich Juvenal über einen Konsul des Jahres 94 n. Chr., der den von ihm vollzogenen Staatsopfern zum Hohn, dieser nie-deren Gottheit huldigte: "...interea, dum lanatas torvumque iuvencum more Numae caedit Iovis ante altaria, iurat solam Eponam et facies olida ad praesepia pictas... qia ulio est qui consul fertur; Epona dea mulionum est." Festtag der Epona war – nach einem in Guidizzolo zwischen Mantua und Verona aufgefundenen, auf einem Ziegelsteinfragment verzeichneten Bauern-kalender – der 18. Dezember. Die Mehrzahl der Epona-Inschriften stammt von Truppenteilen oder Angehörigen des Heeres. 1.7.2.4 Die Donaureiter. Die Göttin wird links und rechts von den beiden Donaureitern flankiert. Sie sind häufig mit wehenden Mäntelchen und phry-gischen Kappen dargestellt. Zumeist grüßen die Reiter die Göttin mit erhobe-nem Arm. Es ist wahrscheinlich, dass es sich bei diesen beiden Reitern um eine "Reinkarnation" der beiden Dioskuren, also von Castor und Pollux bzw. Cautes und Cautopates handelt. Ähnlich wie bei der Verehrung des Thraki-schen Reiters ging es auch bei den Donaureitern zunächst lediglich um die Verehrung eines einzigen Reiterheros. Unter dem Einfluss der orientalischen Mysterienreligionen, primär des Mithraskultes, dürfte es in Anlehnung an die beiden Dioskuren zur Verdoppelung des Donaureiters gekommen sein. Unter den Pferdehufen des linken Donaureiters liegt ein ausgestreckter Mann (Gefangener oder toter Krieger). Die Deutung ist schwierig, zumal auf Vergleichsstücken nur Krieger auftauchen, zum Teil in ähnlicher Darstellung, zum Teil mit abgewinkelten Beinen. Der linke Donaureiter führt eine erhobe-ne draco-Standarte, der rechts zu sehende Donaureiter erhebt möglicherweise den Arm zum Gruß. 1.7.3 Register = Opfertisch und Opfergaben. Auf einer großen Zahl von Bleivotivtafeln der Donaureiter findet sich – zumeist im untersten Register – ein dreibeiniger Opfertisch mit einem Fisch, der jedoch nicht den Symbolen der vier Elemente zugeordnet werden darf. Im vorliegenden Fall befindet er sich in der Mitte zwischen den Opfergaben, wobei der links dargestellte Del-phin eine Deutung als mensa Delphica zulässt. Diese ehernen oder marmor-nen Opfertische verfügten zumeist über runde Stein- oder Holzplatten. 1.7.3.1 Blutige und unblutige Opfergaben. Schon im lateinischen Wort sacrificium (sacrum facere) steckt der Begriff, ein Lebewesen (beispielsweise Rind, Schwein, Schaf, Huhn oder Fisch) oder eine Sache dem profanen Be-reich zu entziehen und zum Eigentum einer Gottheit zu erklären. Daraus folgt ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM109 eine Begriffstrennung in unblutige und blutige Opfergaben. Zu den traditio-nellen unblutigen Opfer- oder Weihegaben zählen beispielsweise mola salsa (das von den Vestalinnen zubereitete gesalzene Mehl), Feldfrüchte (Erstlinge der Ernte), dapes (geweihte Mahlzeiten), Milch und Wein als Trankopfer und Wohlgerüche (Lorbeer, Weihrauch). Zu den traditionellen blutigen Opfer- und Weihegaben zählen Rinder, Schweine, Schafe (Suovetaurilia), Pferde, Fische (Volcanalia), Hunde (Luper-calia, Robigalia) und in Ausnahmefällen Menschen. Göttern wurden meist männliche, Göttinnen meist weibliche Tiere geop-fert, Himmelsgötter erhielten weiße oder zumindest helle, Erdgötter (und "un-terirdische") zumeist schwarze oder dunkle Tiere. Die Tiere mussten gewis-sen Bedingungen in Bezug auf Alter, Farbe und Geschlecht genügen. Nur kultisch reine Opfertiere wurden durch die immolatio den Göttern geweiht. Die Eingeweide (Leber, Lunge, Herz, Gallenblase und Darmnetz) wurden von haruspices begutachtet. Die "exta" wurden gekocht und auf Altären verbrannt, der Rest (das Fleisch) von den Priestern und den Teilnehmern am Opfermahl verzehrt. 1.7.4 Register = Das Vier-Elemente-Register. Die principia vitae, die vier Elemente (Luft, Erde, Wasser und Feuer) finden wir in verschiedensten Dar-stellungen auf den Tafeln der Donaureiter. Die eindrucksvollste und zugleich komplette Variante ist die Abfolge Schlange – Krater – Löwe – Hahn. Die Schlange symbolisiert die Erde, der Krater das Wasser, der Löwe das Feuer und der Hahn die Luft. Das Wassersymbol wird allerdings manchmal auch durch einen Fisch ersetzt und die Erde durch einen Stier, wie in vorliegendem Fall. Die Symbole für die vier Elemente finden sich auf den in Register ge-gliederten Tafeln stets in der untersten, erdverbundenen Bildzone. In der An-ordnung der zwei bis vier übereinanderliegenden Register wird der Aufstieg vom irdischen in den himmlischen Bereich deutlich gemacht, der dem Mysten dank Fürsprache und Vermittlung der beiden Donaureiter ermöglicht wird. 1.7.5 Zum Material: Blei – ein magisches Metall. Es kommt nicht von ungefähr, dass die meisten Votivtafeln der Danubischen Reiter in Blei ausge-führt sind, denn Blei galt schon in der Antike als magisches Metall. Blei wur-de ubiquitär im gesamten Imperium gefunden und abgebaut. Vor allem in den Silbergruben wurde plumbum nigrum als Nebenprodukt gewonnen. Nach PLINIVS XXXIll, 119, gab es besondere metalla plumbaria. Blei wurde zur Herstellung von Gerätschaften aller Art (Schalen, Gefäße, Bleirohre, Lote, Gewichte etc.) verwendet und spielte daneben unter dem Einfluss des "Aber-glaubens" mitsamt seinen Nebenprodukten eine wichtige Rolle in der Medi-zin. Nach GALENVS befreien Bleiplatten – auf den Leib gelegt – Sportler 110MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 von nächtlichen Pollutionen. Bleiglätte, Bleiglanz und Bleiweiß wurden als Malerfarben und Schminke gebraucht. Bleitafeln kennen wir ua. als Einkaufs-gutscheine (EGGER, Brigantium), als Fluchtäfelchen (Carnuntum) und als Votivtafeln und Amulette. Astrologisch gesehen ist Blei das besondere Metall der Menschen, die im Zeichen des Steinbocks oder des Wassermannes gebo-ren sind. Im Bereich der Gestirne war und ist das Blei dem Planeten Saturn zugeordnet. 2. Die rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit dem großen Fisch. Die rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit dem Fisch im obersten Register ist ein aus der Literatur bislang noch völlig unbekannter Typus – allerdings mit durchwegs bekannten Symbolen. Objektbeschreibung. Die gesamte Tafel wird von einer Zierleiste einge-fasst. Ähnliche Zierleisten finden sich auf den Tafeln Typus ERTL A 03, C 02, E 05 und F 01, wobei die Aedikula-Tafeln (Typus ERTL F 01) von der Kon-zeption her weitgehend der Donaureiter-Votivtafel mit dem großen Fisch ent-sprechen. Lediglich bei beiden großen Portraitköpfe gemahnen an die runden Donaureiter-Votivtafel Typus ERTL H 01 und H 01V. 2.1 Oberstes Register: Das Fisch-Register. Bis in ptolemäische Zeit ver-trat in Ägypten eine Fischgöttin ("die Erste der Fische") den Deltagau Mendes. In Babylonien wurde als Fisch – mit Menschenkopf unter dem Fischkopf und Menschenfüßen unter dem Schwanz – das dem Meer entstiegene, vernunft-begabte Wesen Oannes verehrt, das den Menschen "alle Gesittung" lehrte. Der Fisch erscheint also bereits hier als Träger aller geistigen Lebenskräfte. Babylonischen Ursprungs ist auch der Ziegen- oder Steinbockfisch, dem wir noch als Legionszeichen mehrerer römischer Legionen -beispielsweise der LEGIO XIllI GEMINA MARTIA VICTRIX – begegnen. Aus der iranischen Luristankunst ist die Figur eines Fischgottes auf einer Kultaxt bekannt ge-worden. Nach syrischer Überlieferung verdankte die Göttin Atargatis ihre Rettung den Fischen, die nunmehr "verstirnt" auf dem Firmament fortleben. Atargatis ist die griechische Form von Atar'ata (nordsyrisch) = Aschtart = Astart = Atta = Anat = Tanit. Sie ist die westsemitische Göttin der Fruchtbar-keit, der Liebe (Tempelprostitution) und des Himmels (Venusstern) = Him-melskönigin. Für die vorgriechische Bevölkerung der Kykladen ist die Beziehung zwi-schen dem Fischmotiv und einer lebengebenden Göttin durch die sogenann-ten Kykladenpfannen nahegelegt, auf denen wir Fischdarstellungen neben dem Schoß der Gottheit begegnen. Auf Cypern entdeckte Kultgefäße in Fischform machen eine Verbindung mit Aphrodite wahrscheinlich, dem griechischen ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM111 Pendant zur kretischen Britomartis, deren Beiname Diktynna auf eine Netz-göttin hinweist. "In den nördlichen Balkanländern und anscheinend besonders in den thrakisch besiedelten Gebieten sind zahlreiche Bleitäfelchen... "ähnlich den Bleivotivtafeln des Donaureiterkultes – aber auch "...steinerne Votivtafeln zum Vorschein gekommen, die gewöhnlich den sogenannten thrakischen bzw. danubischen Reitern zugeschrieben werden, aber noch nicht befriedigend ge-deutet sind", heißt es im Artemis Lexikon der Alten Welt. "Mögen hier Ein-flüsse aus dem Orient oder vom Kabirenheiligtum in Samothrake einwirken: jedenfalls ist in der Mitte dieser Täfelchen des öfteren ein dreifüßiger Fisch dargestellt, auf dem ein Fisch liegt, in einzelnen Fällen wird er als heilige Spei-se des Mysten vorgelegt. Aus Schriftquellen der Kaiserzeit erfährt man, dass der... 'pompilos' (wahrscheinlich eine Abart des Thunfisches) bei den Göttern in Samothrake als Speise sehr beliebt war..." Soweit, so gut. Aber Thunfisch und danubische Reiter passen kaum zueinander. Und die vorliegenden Dar-stellungen sind nicht naturalistisch genug, um hier eine konkrete Aussage machen zu können. Auch das auf der Donaureiter-Votivtafel mit dem großen Fisch dargestellte Exemplar ähnelt keinem Thunfisch, sondern erinnert von seiner Körpergestalt, seiner Rücken- und Schwanzflosse und infolge Fehlens einer Bauchflosse eher an einen Zander (Lucioperca lucioperca). Es würde auch eher zu den Donaureitern passen, dass ihnen Flussfische geopfert wur-den. 2.1.1 "ICHTHYS". In der altchristlichen Kunst finden wir den Fisch als häufigstes aller geheimen Erkennungszeichen in Form des Akrostichon "ichthys" oder als graphisch bzw. bildlich umgesetztes Arkanszeichen. Ihm begegnen wir als Dekoration innerhalb von Decken- und Fußbodenornamen-ten ebenso, wie als apotropäisches Zeichen über Haustüren, aber auch auf Epitaphien, Amuletten und Ringen. Im frühen Christentum war der Fisch nicht nur das häufigste Arkanzeichen (geheimes Erkennungszeichen der Anhänger der neuen Lehre), sondern auch ein Akrostichon (eines ursprünglich magi-sches Wort, das aus den Anfangsbuchstaben eines kurzen Textes gebildet wurde): = = Jesus Chris-tus Gottes Sohn Retter. Pisciculi war auch die Bezeichnung für gläubige Chris-ten. Der Fisch war allerdings bereits in vorchristlicher Zeit ein Symbol für Heil und Leben. 2.1.2 Kultmahl. Die Fischdarstellungen auf Donaureiter-Bleivotivtafeln sind auf Grund des Fisch-Kultmahles nahezu ubiquitär zu finden. Es ist anzu-nehmen, dass der Fisch das wichtigste Opfertier im Donaureiterkult war. Beispiele: 112MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 - auf dem dreibeinigen Opfertisch vor der Göttin auf den Tafeln Typus ERTL A 03, - auf dem Opfertisch auf den Tafeln Typus ERTL A 08, B 01, B 02, B 03, - auf dem dreibeinigen Opfertisch auf den Tafeln Typus ERTL C 01, - im vierten Register der Tafeln Typus ERTL E 01, - extrem dominierend (Alleinstellung) in der Aedikula der Tafeln Typus ERTL F 01, - auf dem Opfertisch auf den Tafeln Typus ERTL F 02, - extrem dominierend (Alleinstellung) in der Aedikula der Tafeln Typus ERTL G 01, G 02, - auf dem dreibeinigen Opfertisch auf den Tafeln Typus ERTL H 02 usw. Das Fischregister wird von den übrigen Registern der Tafel durch eine Zier-leiste getrennt. 2.2 Zweites Register – das Götterregister. In der Mitte sind zwei einander zugewandte Portraitköpfe, die bei oberflächlicher Betrachtung als Imperato-renportraits gedeutet werden könnten. Dafür würden die stirnbandartigen Diademe mit den geknüpften Enden sprechen (vgl. hiezu Darstellungen der Soldatenkaiser auf Münzen). Dagegen spricht allerdings, dass es sich auf allen bislang bekannt gewordenen Donaureiter-Votivtafeln beim zweiten Register stets um das Götterregister handelt. Dem entsprechen der Morgen- und Abendstern (ganz außen), die in Analogie zu den runden Donaureiter-Votivtafel H 01 und H 01V dargestellte Köpfe von Luna (links) und Sol invictus (rechts), was durch die beiden, hinter den Portraitköpfen abgebildeten Frauenfiguren verstärkt wird. Die links dargestellte Frauenfigur, die auf den ersten Blick an eine nicht geflügelte Victoria mit dem Siegeskranz gemahnt, dürfte eher die Mondsichel der Luna hochhalten und die Frauenfigur hinter dem Sol invictus hält eine Standarte. Völlig unklar ist, worum es sich bei der Kreuzdarstellung unter der Standarte handelt. Zu den unidentifizierten Objekten zählt TUDOR ua. Ob-jekte in Form eines Kreuzes: "a heartshaped object, equally difficult to identify." 2.3 Drittes Register: Epona und die Donaureiter. Siehe 1.7.2.1. 1.7.2.2. und 1.7.2.3. Die Darstellung auf der Donaureiter-Votivtafel mit dem großen Fisch unterscheidet von den Darstellungen auf den bekannten Tafeln durch die über den Donaureitern fliegenden Adler. Himmelsadler sind im Götterbereich oder im Bereich der Donaureiter dar-gestellt, meist mit ausgestreckten Schwingen. Adlerdarstellungen fehlen allerdings auf den frühen Tafeln mit nur einem danubischen Reiter. Das be-deutet, dass dieses Militär-Symbol (ebenso wie die draco-Standarte) erst im 3. ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM113 Jahrhundert in den Kult aufgenommen worden sein dürfte. Möglicherweise ebenfalls vom Mithraskult entlehnt, wandelte sich die Bedeutung des Adlers vermutlich vom Boten des Sol invictus zum Siegeremblem. Diese Vermutung liegt nahe, zumal auf den späteren Bleivotivtafeln Adlerdarstellungen mit Siegeskranz auftauchen. 2.4 Das Stierregister. Stierdarstellungen auf Donaureiter-Votivtafeln sind selten und erinnern an das taurobolium, wobei viel häufiger crioboliums-Dar-stellungen vorkommen. Taurobolium und criobolium (Schafopfer) für den Kaiser kamen erst in der späteren Kaiserzeit auf. Mit dem Kybele/Attis-Kult gesellte sich zum taurobolium für die Magna Mater das criobolium für die Kultgenossen der phrygischen Göttin. In Inschriften taucht das criobolium erst am Anfang des 3. nachchr. Jahrhunderts auf. TUDOR vermutet, dass der Akt des Widdertötens und des Fellabziehens den ersten Grad der Mysterien bilde-te, der den Eingeweihten Glück in der nächsten Welt versprach. Es ist bewie-sen, dass in der Zeit vor dem Dualismus, als ein einziger Reiterheros verehrt wurde, nicht nur Widder, sondern auch Stiere geopfert wurden. Das an einen kantharos gemahnende Gebilde zwischen den beiden darge-stellten Rindern kann der Verfasser nicht deuten, auch nicht das darunter selt-same Gebilde mit den vier Halbkugeln im Schlangenregister 2.5 Das Schlangenregister. Siehe 1.7.1.5 und 1.7.1.6. 2.5 Fundort. Hinsichtlich des angeblichen Fundortes Carnuntum bestehen auch bei der rechteckigen Donaureiter-Bleivotivtafel mit dem großen Fisch berechtigte Zweifel auf Grund der Patina des Objektes, die sich nicht von je-ner der Donaureiter-Votivtafel ERTL E 2, Var. 4 unterscheidet. 3.Die Ideen der Mysterientheologie. Die Ideen, die man der allgemeinen Mysterientheologie im Synkretismus zugrunde legen kann, sind Tod und Auf-erstehung, Wiedergeburt und Gotteskindschaft, Erleuchtung und Erlösung, Vergöttlichung und Unsterblichkeit. Bedingt durch die Verschiedenartigkeit der Kulte und den unterschiedlichen emotionellen Inhalt der Mysterien ist es unmöglich, eine allgemeine Mysterientheologie zu konstruieren. Das Haupt-problem, warum sich die Mysterienreligionen gegen das Christentum nicht durchsetzen konnten, waren zweifellos deren nationale Eigentümlichkeiten und die oftmalige Beschränkung auf das männliche Geschlecht. So waren bekanntlich beim Mithraskult Frauen nicht zugelassen. Bei den Donaureitern wird es vermutlich ebenso gewesen sein. Ein interessantes Phänomen ist, dass der Donaureiterkult auch für regio-nale bzw. provinziale Gottheiten vereinnahmt wurde. Typisches Beispiel ist eine Bleivotivtafel für den Gott Dominus mit einer Donaureiter-Darstellung. 114MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Diese Allgemeinbezeichnung lässt offen, welchem Gott die Widmung gilt, denn sowohl DOMINA als auch DOMINUS beschreiben keine konkrete Gott-heit und Weihegaben mit diesen Namen waren universell verwendbar. Eine diesbezügliche Weiheinschrift findet sich auch auf einem Altar mit profilierter Basis und profiliertem Aufsatz aus der Zeit um 200 n. Chr., gefun-den in Carnuntum und publiziert von Vorbeck (1980): • DOMINO ET / DOMNAE / POSVIT / FAN(N)IVS / FIRMINVS / [C]ASSIANV[S] = Dem Herrn (der Unterwelt?) und der Herrin hat Fannius Firminus Cassianus (diesen Altar) errichtet. Vergleichbare, allgemein gehaltene Formeln, die ebenfalls auf Carnuntiner Funden aus dieser Zeit aufscheinen, sind die Altarinschrift • D DABVS / ET G C EIVS / L CALVEN / VICTOR OPTIO D / D = D(IS) D(E)ABVS / ET G(ENIO) C(ENTVRIAE) EIVS / L(VCIVS) CALVEN(TIVS) / VICTOR OPTIO D(ONO) / D(EDIT) = Den Göttern, Göttinnen und dem Genius seiner Centurie hat der optio (Feldwebel) Lucius Calventius Victor (diesen Altar) gestiftet ... und die Weiheinschrift (in einer tabula ansata): • I O M DIS / DEABUS / OMNIBVS / M VLPIVS / SERVIANVS / C A L XIIII G / SEVER REN = I(OVI) O(PTIMO) M(AXIMO) DIS / DEABUS(QVE) / OMNIBVS / M(ARCVS) VLPIVS / SERVIANVS / C(VSTOS) A(RMORVM) L(EGIONIS) XIIII G(EMINAE) / SEVER(IANAE) REN(OVAVIT) = Jupiter, dem besten und höchsten Gott, sowie allen Göttern und Göttin-nen geweiht! Marcus Ulpius Servianus, custos armorum (= Waffenmeister) der 14. Legion, hat dies wiederherstellen lassen. Verwendete und weiterführende Literatur: ALLESCH, R. M. 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Das drit-tes Register zeigt die Große Göttin (Epona) und die Donaureiter. Das Stierregister gemahnt an das taurobolium für die Magna Mater und anstelle der im untersten Register üblicherweise dargestellen Symbole für die vier Elemente sind zwei Schlangen zu sehen. Abmessungen der Bleivotivtafel: 74 x 110 mm. Der angebli-che Fundort Carnuntum ist auf Grund der rostbraunen Patina zweifelhaft. Auf-bewahrung: Privatsammlung. Foto: Helmut Leitner 118MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel, Typus ERTL A 03. Abmessungen: 90 x 93 mm. Aufbewahrung: Archäologische Sammlung, Bukarest. Foto: Karl Pranz Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit zwei Säulen u. einem Rundbogen, Typus ERTL B 01. Abmessungen: 80 x 81 mm. Aufbewahrung: Privatbesitz. Foto: Karl Pranz ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM119 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit zwei Säulen u. einem Rundbogen, Typus ERTL B 02. Abmessungen: 77 x 93 mm. Aufbewahrung: RGZM, Mainz. Foto: K. Pranz Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit zwei Säulen und einem Rundbogen, Typus ERTL B 03. Abmessungen: 78 x 99 mm. Aufbewahrung: KHM, Wien. Foto: K. Pranz 120MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Abb. 6 - Donaureiter-Bleivotivtafel des Typus ERTL B 03. Bleivotivtafel in Rechteckform mit Darstellung von Danubischen Reitern. Römisch, sehr wahrscheinlich 3. nachchristli-ches Jahrhundert. Die dargestellten Symbole werden von zwei Säulen mit korinthischen Kapitälen und ei-nem Bogen – gebildet aus einem Ei-erstab – umschlossen. In den beiden oberen Ecken außerhalb des "Heilig-tums" (Altar, Lararium) befinden sich zwei Schlangen. Oberste (erste) Reihe: Unter dem Bogen erkennt man deutlich Sol in seiner Quadriga, gekleidet in Tuni-ka, wehenden Mantel und mit seiner unverwechselbaren siebenstrahligen Strahlenkrone. Mit seiner rechten Hand grüßt er die Welt, in der lin-ken Hand hält er einen Globus (Erd-ball). Über den Pferden der Quadri-ga dominieren zwei achtstrahlige Sterne. Vom Streitwagen ist nur der obere Teil sicht-bar, die beiden gekreuzten Striche symbolisieren das Zaumzeug. Hauptreihe (zweites Register): In der Mitte des Hauptfeldes steht eine Göttin (Epona?), bekleidet mit chiton und himation, die ihr Oberkleid mit den Händen zu einem Bausch hochhebt, als wolle sie darin Futter aufbewahren bzw. die Pferde füttern. Die Haar-tracht ist typisch für die erste Hälfte des 3. nachchristlichen Jahrhunderts. Beiderseits von ihr sind die Donauländischen Reitergötter zu erkennen. Einer, der rechte, ist bar-häuptig, der andere (der linke) trägt eine phrygische Mütze, beide sind mit Tunika und wehendem Mantel bekleidet. Die Reiter salutieren der Göttin. Mit den Hufen trampelt das rechte Pferd auf einem am Boden hingestreckten Mann, das linke Pferd auf einem Fisch. Hinter dem linken Reiter erkennt man deutlich einen Soldaten in Rüstung und Helm, mit Schild und Lanze (Mars?), rechts sieht man eine Frau, die ihre rechte Hand zum Mund führt (Nemesis). Drittes Register: In der Mitte des Feldes erkennt man drei glattrasierte, kahl geschorene Männer (Priester?), die um einen Tisch mit einem Fisch (Opfermahl?) herumsitzen und ihre rechten Arme nach demselben ausstrecken. Auf diesem Votivtafeltyp ist deutlich zu erkennen, dass der Priester (?) in der Mitte mit der linken Hand einen Becher oder Humpen umklammert, den er an die Brust drückt. Rechts sind zwei nackte Jünglinge zu sehen, der erste führt den zweiten an der Hand zum Opfermahl. Auf der linken Seite ist die Crioboliums-Szene dargestellt. Ein lediglich mit einem Schurz bekleideter Mann zieht einem vom Baum herabhängenden kopflosen Bock (Widder) das Fell ab. Neben dem Mann mit dem Schurz steht eine mit Tunika bekleidete Person mit einer Widder-maske auf dem Kopf (Widderkopf). Viertes und letztes Register (von links nach rechts sind zu erkennen): Der dreibeinige Tisch mit einem Fisch und die Symbole für die vier Elemente – ein cantharos (Symbol für Wasser), flankiert von einem Löwen (Symbol für das Feuer) und einer Schlange (Symbol für die Erde) und ganz rechts ein Hahn (Symbol für die Luft). Sammlung: Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz. Foto: Friedrich Grotensohn ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM121 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit zwei Säulen u. zwei Rundbögen, Typus ERTL C 02. Abmessungen: 85 x 100 mm. Aufbewahrung: Museum Sofia. Foto: K. Pranz Detail-Beschreibung zur nachfolgenden Abb. 8: Donaureiter-Bleivotivtafel Ty-pus ERTL D 03. Rechteckige Tafel (Querformat) mit Dreiecksgiebel im Feld. Das oberste, "himmlische" Register wird von einem aus jeweils zwei Kordeln (Ka-theten) gebildeten Dreiecksgiebel dominiert, wobei an der Spitze des tympanums eine geflügelte Sonne (?) erscheint. In den beiden oberen Ecken sind links Sol und rechts Luna mit der Mondsichel auf den Schultern eindeutig bestimmbar. Die Hypothenuse des Dreiecks, der auf zwei schlanken Spiralsäulen mit Kompositkapitälen aufliegende "Architrav" wird ebenso wie die Basislinie der Tafel von kordelähnlichen, gedrehten Stricken gebildet. An den beiden Spiral-säulen winden sich Schlangen empor. Das Hauptfeld ist in zwei Register gegliedert. Das obere zeigt im Zentrum die Große Göttin flankiert von den beiden Donaureitern in kurzen Tuniken und mit wehenden Mäntelchen. Beim linken Reiter ist die phrygische Mütze deutlich zu erkennen. In der Hand hält er eine Streitaxt (?). Hinter den Reitern erkennt man jeweils eine menschliche Figur. Unter dem linken Donaureiter liegt horizontal hingestreckt eine menschliche Figur, vermutlich ein besiegter Feind. Im unteren Register erkennt man einen Löwen, darüber eine Feuerschaufel, ei-nen Fisch, darüber drei Brote (?) und nicht näher deutbare, dreieckige Gebilde sowie drei Öllampen (?), einen dreibeinigen Tisch mit Fisch und die klassische Crioboliumsdarstellung, wobei der Widderkopf am Boden unter dem auf einem Ast des Baumes hängenden Widderrumpf liegt. 122MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit einem Dreiecksgiebel im Feld als oberstes Register, Typus ERTL D 03. Abmessungen: 81 x 71 mm. Aufbewahrung: Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz. Foto: Karl Pranz Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit aufgesetztem freistehendem Dreiecks-giebel, Typus ERTL E 01. Abmessungen: 85 x 110 mm. Aufbewahrung: Ghighen- Museum, Bulgarien. Foto: Karl Pranz ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM123 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit aufgesetztem Dreiecksgiebel. Bei die-ser Tafel handelt es sich um einen Beleg des überaus seltenen TYPUS ERTL E 02, wobei alle drei bis dato bekannt gewordenen Exemplare von sehr ähnlichen aber geringfügig unterschiedlichen Matrizen stammen. Im Zentrum des Tympanums erkennt man die Köpfe von Luna mit aufgesetzter Mondsichel und Sol mit dem Strahlenkranz dahinter die beiden Himmelsschlangen. Im Hauptregister dominiert im Zentrum die Große Göttin (Epona). Ihre beiden Hände hält sie den Pferden entgegen, als ob sie dieselben füttern möchte. Die Donaureiter tragen Tuniken, Mäntel und phrygische Mützen. Im dritten Register erkennt man links eine mensa Delphica (?), im Zentrum einen dreibeinigen Opfertisch und rechts drei Ringe, die Kronen oder Lorbeerkränze oder – was am wahrscheinlichsten ist – Brotlaibe darstellen. Im Basisregister, sieht man von links nach rechts die vier Symbole für die vier Elemente: einen nach rechts laufenden Löwen (Feuer), einen nach links blickenden Hahn (Luft), einen kantharos (Wasser), und einen nach links schreiten-den Stier (Erde). Hinsichtlich des angeblichen Fundortes Carnuntum bestehen be-rechtigte Zweifel, zumal im gesamten bekannt gewordenen Verbreitungsgebiet des Kultes der Danubischen Reiter dieser "Inseltypus" ausschließlich aus der Provinz Dacia bekannt geworden ist. Aufbewahrung: Privatsammlung. Foto: Helmut Leitner 124MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Rechteckige Donaureiter-Blei-votivtafel mit aufgesetztem frei-stehendem Dreiecksgiebel, Typus ERTL E 02. Abmessungen: 70 x 85 mm. Aufbewahrung: Museum Bukarest. Foto: Karl Pranz Aedicula-Donaureiter-Bleivotiv-tafel mit Bogen und Akrotherien, Typus ERTL F 01. Abmessungen: 77 x 90 mm. Aufbewahrung: Rö-misch- Germanisches Zentralmu-seum, Mainz. Foto: Karl Pranz ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM125 Donaureiter-Bleivotivtafel Typus ERTL F 0l. Bei den F-Typen handelt es sich um spezielle Aedicula-Tafeln mit Bogen und Akrotherien. Die einzelnen, deutlich er-kennbaren Register des Hauptfeldes werden von einer gedrehten Schnur einge-fasst. Im bogenförmigen Aufsatz erkennt man einen von zwei Sternen flankierten Fisch, in den Akrotherien zwei weitere Sterne. Im obersten Register des Hauptfeldes steht ein Krater mit Deckel, aus dem sich zwei Wasserströme ergießen. Flankiert wird der Krater von den beiden Himmels-schlangen, die aus dem heiligen Gefäß trinken. In der linken oberen Ecke erkennt man Luna mit der Mondsichel auf den Schultern. In der rechten oberen Ecke steht die Büste des Sol mit seiner Strahlenkrone. Das Hauptregister wird von der Großen Göttin dominiert, die auch auf dieser Darstellung die Pferde der Donaureiter zu füttern scheint. Die Göttin Epona (?) steht auf einem Postament mit einer einfachen Stütze. Sie trägt das häufig zu er-kennende zweiteilige Kleidungsstück aus bodenlangem Unterteil und hüftlangem Oberteil. Die beiden Donaureiter tragen Tuniken, wehende Mäntelchen und phry-gische Mützen. Unter den Hufen der Pferde der beiden danubischen Reiter er-kennt man die häufig dargestellten Feinde oder Gebannten in Form zweier nack-ter Männer, die horizontal ausgestreckt mit den Gesicht zum Boden liegen. Hin-ter dem linken Donaureiter erkennt man einen Mann (Soldat? Gott Mars?), hinter dem rechten Donaureiter eine Frau, die ihre rechte Hand vor den Mund hält (Ne-mesis). Im untersten Register sieht man von links nach rechts einen dreibeinigen Opfer-tisch, einen Kandelaber mit einer Öllampe, einen Dolch, die Crioboliumsszene, einen kantharos, darüber drei Früchte oder Brotlaibe und einen Hahn über einem Widderkopf. Foto: Bogdan Winnicki 126MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Abb.15 - Aedicula-Donaureiter- Bleivotivtafel mit Bogen und Ak-rotherien sowie zwei Säulen, Ty-pus ERTL F 02. Abmessungen: 97 x 120 mm. Aufbewahrung: Muse-um Zagreb. Foto: Bogdan Winnicki Abb.14 - Bleivotivtafel mit der Dar-stellung Danubischer Reiter, Typus ERTL F 02. Im Bogen erkennt man Helios in seiner Quadriga, beklei-det mit Tunika und wehendem Man-tel sowie einer siebenstrahligen Krone auf seinem Haupt. In der lin-ken Hand hält er eine Peitsche, mit der rechten grüßt er salutierend. Das linke Akroterium wird von der Büste des Sol ausgefüllt, im rechten Akroter erkennt man Luna. Im Hauptregister ist die Große Göt-tin (Epona?) zu erkennen. Die bei-den Donaureiter salutieren der Göt-tin. Unter den Hufen des linken Pferdes liegt ein nackter Mann, unter den Hufen des rechten Pfer-des ein Fisch. Hinter dem linken Reiter erkennt man Mars, dem rech-ten folgt Nemesis. Das dritte Register zeigt Criobolium, Kultmahl und Heranführung eines Mysten. Im untersten Register sind die Symbole der vier Elemente dargestellt. Abmessun-gen: 98 x 120 mm. Fundort: vermutlich Sirmium, Pannonia inferior (heute Sremska Mitrovica, Serbien). Privatsammlung. Foto: Helmut Leitner ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM127 Aedicula-Donaureiter-Bleivotivtafel mit drei Bögen, Typus ERTL F 03. Abmes-sungen: 87 x 109 mm. Aufbewahrung: KHM, Wien. Foto: Karl Pranz. Aedicula-Donaureiter-Bleivotivtafel mit Bogen und Akrotherien und einem kreis-runden Medaillon im Feld, Typus ERTL G 02. Abmessungen: 74 x 87 mm. Aufbe-wahrung: RGZM, Mainz. Foto: Karl Pranz Aedicula-Donaureiter-Bleivotivtafel mit Bogen und Akrotherien und einem kreis-runden Medaillon im Feld, Typus ERTL G 04. Abmessungen: 77 x 88 mm. Aufbe-wahrung: RGZM, Mainz. Foto: Bogdan Winnicki 128MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Kreisrunde Donaureiter-Bleivotivtafel, Typus ERTL H 01V. Abmessungen: ca. 78 mm Durchmesser. Aufbewahrung: RGZM, Mainz. Foto: Karl Pranz Kreisrunde Donaureiter-Bleivotivtafel, Typus ERTL H 02. Abmessungen: 74 mm Durchmesser. Aufbewahrung: RGZM, Mainz. Foto: Karl Pranz ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM129 Donaureiter-Bleivotivtafel Typus ERTL H 02. Rundes Medaillon, eingerahmt von drei Kreisen. Der äußerste besteht aus einem Eierstab, der zweite ist eine Perl-schnur und der dritte ein schmaler glatter Reif. Oben, in der Mitte, sieht man die Große Göttin bekleidet mit einem chiton. Sie hebt das gebauschte Gewand hoch, vermutlich um mit dem darin verborgenen Futter die Pferde der Donaureiter zu füttern. Die Göttin steht über einem drei-beinigen Tisch, auf dem ein Fisch liegt (mensa Delphica). Der Kopf der Großen Göttin wird von den beiden Himmelsschlangen und zwei Sternen flankiert. Un-ter den Schlangen erkennt man links Luna mit der Mondsichel auf den Schultern und rechts Sol mit der siebenstrahligen Krone. In der darunterliegenden Ebene folgen beiderseits der Großen Göttin die beiden Donaureiter in ihren orientalischen Kostümen. Unter den Hufen der Pferde lie-gen zwei Männer in ähnlicher Kleidung. Hinter dem rechten Donaureiter sieht man die Büste einer Person mit phrygischer Mütze. Im nun folgenden Register erkennt man von links nach rechts einen Hahn, einen kantharos und einen Widder, darunter sieht man drei kipferlartige Ringe (Brote oder Diademe?). Sammlung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz. Foto: Friedrich Grotensohn 130MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Donaureiter-Bleivotivtafel Typus ERTL H 06. Rundmedaillon, umrahmt von zwei seil-artig gedrehten Einfassungen, wobei die innere in zwei Schlangenköpfen mündet. Im obersten Register erkennt man von links nach rechts einen Hahn, darunter einen Fisch, eine Büste der Luna mit der Mondsichel auf dem Kopf, eine kleine Statuette der Nemesis (bekleidet mit chiton und himation, über und unter ihr jeweils ein Stern), eine Büste des Sol invictus mit fünfzackiger Strahlenkrone und einen Widderkopf, darunter einen dreibeinigen Opfertisch. Im Hauptregister fehlt die üblicherweise im Zentrum dargestellte Große Göttin zur Gänze. Es stehen sich lediglich die zwei Donaureiter gegenüber, bekleidet mit Tuni-ken, jedoch ohne die beinahe schon obligaten wehenden Mäntelchen. Der rechte Donaureiter hat möglicherweise eine phrygische Mütze auf, es könnte sich aber genauso gut um einen Helm mit Federbusch handeln. Der linke Donaureiter schwingt einen Speer (?), der rechte hält einen leicht geschwungenen Stab in Händen, der an eine Schlange oder an den Knotenstock eines centurios erinnert. Unter den beiden Reitern liegen besiegte, verwundete oder getötete Feinde horizontal am Boden hingestreckt, allerdings in unterschiedlichen Stellungen. Der Mann unter dem linken Donaureiter hält die Anne gespreitzt und hat ein Bein angewinkelt, beim gegenüberliegenden, unter dem rechten Donaureiter, sind Arme und Beine parallel ausgerichtet. Hinter dem linken Donaureiter steht ein Kandelaber mit einer aufgesetzten Öllampe, hinter dem rechten Donaureiter steht auf einer nicht näher erklärbaren Basisline ein zweihenkeliger Krug, darunter ist ein Rabe dargestellt. Nicht erklärbar ist der Punkt im Zentrum des Medaillons zwischen den beiden Donaureitern. Im untersten Register schreitet ein Löwe auf der linken Seite nach rechts, darunter sieht man drei Ringe (drei Brotlaibe?), in der Mitte zieht ein Mann dem auf einem Ast des dargestellten Baumes hängenden Widderkörper das Fell ab (criobolium), rechts sieht man einen Widder, darunter einen Stern. Sammlung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz. Foto: Friedrich Grotensohn ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM131 Donaureiter-Bleivotivtafel in Form eines achtzackigen Sternes mit kreisrundem Medaillons auf der Rückseite, Typus ERTL J 01. Abmessungen: 87 mm Durch-messer. Aufbewahrung: Privatsammlung. Foto: Friedrich Grotensohn. Ausführli-che Beschreibung siehe folgende Seite. 132MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Detailbeschreibung zu Abb. 22: Donaureiter-Bleivotivtafel in Form eines acht-zackigen Sternes mit kreisrundem Medaillon auf der Rückseite. Typus ERTL J 0l. Abmessung: 87 mm Durchmesser. Der "Avers" zeigt eine deutliche Gliederung in den von zwei Schlangen gebildeten Himmelsbereich und drei darunter liegende Register. Im Zentrum des ersten Registers, der obersten Reihe, blicken einander Sol invictus (links, mit siebenstrahliger Krone auf dem Haupt) und Luna (rechts, mit der Mondsichel auf dem Haupt) an. Links von Sol steht auf einer Basislinie die Göttin Nemesis (vgl. hierzu auch die Beschreibung des "Revers"). Dahinter, ebenfalls auf einer Basislinie, ist ein Vogel zu sehen (vermutlich ein Rabe). Rechts neben Luna als Pendant zur Nemesis steht eine widderköpfige, männliche Figur, daneben erkennt man einen Hahn, beide stehen auf Basislinien. Im Zentrum des zweiten Registers dominiert die frontal zum Betrachter stehende Große Göttin (Epona?) mit erhobenem Gewand (als wolle sie die Pferde füttern). Auch sie steht auf einer Basislinie. Flankiert wird die Große Göttin (Magna Ma-ter) von den beiden Donaureitern in ihren wehenden Mänteln. Der linke Reiter schwingt eine Doppelaxt (?), der rechte Reiter stößt mit einer Lanze nach dem unter den Hufen seines Pferdes liegenden Mann (Feind? Gebannter?) mit parallel ausgerichteten Beinen. Auch unter dem linken Reiter liegt ein Mann mit dem Gesicht zum Boden, eines seiner Beine ist jedoch abgewinkelt. Hinter dem linken Reiter sieht man oben einen Fisch, darunter einen auf einer eigenen Basislinie nach rechts schreitenden Löwen. Hinter dem rechten Donaureiter erkennt man oben einen dreibeinigen Opfertisch mit drei ringförmigen Gebilden (Brote?), darunter einen Bratrost. Im dritten Register (Basisreihe) erkennt man von links nach rechts die Heran-führung eines Mysten, abermals einen Bratrost und einen dreibeinigen Opfer-tisch mit drei ringförmigen Gebilden (Brote?). Bei der unter dem Tisch ausge-streckten "menschlichen Figur" dürfte es sich lediglich um eine Rüstung handeln. Es folgen ein Kandelaber mit Öllampe, ein Widderkopf, darunter ein zweihenke-liger Krug (zur Aufnahme des Widderblutes oder des heiligen Wassers), daneben eine realistische Darstellung der Crioboliumsszene. Auf dem "Revers" der seltsamen Bleitafel J 01 steht Nemesis vor einem großen Löwen. Unwillkürlich erinnert diese Darstellung an eine Bauinschrift und Dar-stellung syrischer Götter aus Aquincum (Budapest): "DEAB SYR ET ...AB PRO SALV..." Und damit tauchen auch bereits Assoziationen mit anderen Göttinnen von der kleinasiatischen Magna Mater und der Dea Syria über Kybele bis Atargatis auf. Für Atargatis sprechen nicht zuletzt die berühmten Reliefs des Altars von Fiki. Auf dieser wohl umfassendsten Darstellung des heliopolitanischen Panthe-ons erscheinen neben Sol, Luna und Jupiter Heliopolitanus die Gestalt der Atargatis (von Sphingen umringt) sowie eine Göttin mit der Harfe, die RONZEVALLE als syrische Nemesis identifizierte, weiters Simeia, der Löwengott und deren Kind Simios (=Mercurius). Auf den Götterbildern des Arcus in Aquincum ist der Löwe bereits Symbol der Dea Syria. Wie aber passt der Löwe zur Nemesis? Etwa durch eine Gleichsetzung Atargatis - Dea Syria - Nemesis? Erhebt sich dabei die Frage, ob im Donaureiterkult die eschatologischen bzw. soteriologischen Charaktere der beiden Kulte nicht nur verknüpft, sondern tatsächlich verschmolzen sind? Nemesis, ursprünglich die ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM133 Göttin der Zuteilung und der Vergeltung, auch die Zürnende, in nachhomerischer Zeit nur als Straferin oder Rächerin bekannt, avancierte über ihre Funktion als Gestirngöttin und kosmische Schicksalswalterin in hellenistischer Zeit zu einer den Weltlauf beherrschenden Nemesis Regina. In hellenistischer Zeit gewann Nemesis auch besondere Bedeutung in der Ero-tik. Zu manchen Zeiten stand Nemesis im Reigen der Liebesgötter gleichwertig mit Aphrodite und Eros ohne mit ihnen wesensgleich zu sein. Später fungierte Diana-Nemesis als Beschützerin der Arena und der darin kämpfenden Gladiato-ren (Tempelchen im Amphitheater Carnuntum, drei ursarii in Teurnia -Relief im Schloss Porcia in Spittal an der Drau/Kärnten). Als Nemesis campestris war sie auch die Schutzgottheit der Exerzierplätze. In der späten römischen Kaiserzeit (Dominat) vereinigte Nemesis-Fortuna aller übrigen Götter Macht in ihrer Per-son. In dieser Form wurde sie von ihren Anhängern, den Nemesiaci, zu denen sehr wahrscheinlich auch die Anhänger des Donaureiter-Kultes zählten, verehrt – nach MÜLLER auch "in den ausschweifenden Formen der Fremdkulte." (Ne-mesis und Magna Mater zusammen in Ostia - CIL XIV 34). Von Tyche übernahm die spätere "Allgöttin" Nemesis den Ehrentitel Augusta, ihr Naheverhältnis zu dem phrygischen Reitergott wird bereits in PAULY's "Real- Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft", herausgegeben von W. KROLL - 32. Halbband, Stuttgart 1935, pag. 2373, beschrieben. Auf vielen Dar-stellungen steht Nemesis auf einer am Boden liegenden männlichen oder weib-lichen Gestalt, die vielleicht ursprünglich einen bestimmten durch Defixio (Beschwörungsritual) niedergeworfenen Gegner darstellte – vgl. hierzu die von den Donaureitern unterworfenen Feinde. Einerseits kennen wir Darstellungen von Nemesis, wo sie gesenkten Blicks mit der einen Hand leicht das Gewand über der Brust anhebt, andererseits den be-kannten Gestus von der vor den Mund gehaltenen Hand, der darauf zurückgeht, dass man den Mittelfinger der rechten Hand im Mund befeuchtete und ihn damit hinter das rechte Ohr steckte. Die Frage der Vervielfachung der Nemesis ist sehr umstritten, auf einigen Bleivotivtafeln der Donaureiter erscheint Nemesis manchmal zweifach, allerdings gleichartig-ähnlich wie auf den smyrnäischen Bil-dern, die ebenfalls in keiner Weise irgendeinen Wesensunterschied erkennen lassen. Bronzevotivblech mit Darstellung eines Thrakischen Reiters. Rechts ist die das Pferd fütternde Pferdegöttin Epona zu erkennen. Römisch, spätes 3. nachchristl. Jahrhundert. Privatbe-sitz. Foto: Friedrich Grotensohn 134MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Donaureiter-Votiv-tafel aus Silberblech. Aufbewahrung: Mu-seum Köln. Abmes-sungen: wesentlich größer als die meis-ten Bleivotivtafeln (ca. A5). Foto: Hel-mut Leitner Donaureiter-Bleivotivtafel mit der Inschrift "DOMINO", gefun-den in Quadrata. Aufbewahrung: Museum von Hanság; datiert 2./ 3. Jh. n.Chr. Die Allgemeinbe-zeichnung "DOMINO" lässt of-fen, welchem konkreten Gott die Widmung gilt. Foto: A. Dabasi, Museum von Hanság.
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Calificación | |
Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Neue Donaureiter-Bleivotivtafeln entdeckt. |
Autor principal | Ertl, Rudolf Franz |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 44-45 |
Tipo de documento | Artículo |
Lugar de publicación | Wien |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 2013-2014 |
Páginas | pp. 099-134 |
Materias | Prehistoria ; Islas Canarias |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 8664040 Bytes |
Texto | ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM95 ICDIGITAL Separata 44-45/4 96MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). Die deutsche Rechtschreibung wurde – mit Ausnahme von Literaturzitaten – den aktuellen Regeln angepasst. Englischsprachige Keywords wurden zum Teil nach-träglich ergänzt. PDF-Dokumente des IC lassen sich mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader (Version 7.0 oder höher) lesen. Für den Inhalt der Aufsätze sind allein die Autoren verantwortlich. Dunkelrot gefärbter Text kennzeichnet spätere Einfügungen der Redaktion. Alle Vervielfältigungs- und Medien-Rechte dieses Beitrags liegen beim Institutum Canarium Hauslabgasse 31/6 A-1050 Wien IC-Separatas werden für den privaten bzw. wissenschaftlichen Bereich kostenlos zur Verfügung gestellt. Digitale oder gedruckte Kopien von diesen PDFs herzu-stellen und gegen Gebühr zu verbreiten, ist jedoch strengstens untersagt und be-deutet eine schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: institutum-canarium.org almogaren.org Abbildung Titelseite: Original-Umschlag des gedruckten Jahrbuches. Institutum Canarium 1969-2014 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Carmen Díaz Alayón & Francisco Javier Castillo: Estudio de la lista de voces prehispánicas de Juan Bautista Lorenzo Rodríguez ................................................................... 7 Robert G. Bednarik: Archaeology and rock art science ................................................................. 57 Hans-Joachim Ulbrich: Bibliographie der Ilhas Selvagens (Portugal) – Addenda II ......................... 73 Rudolf Franz Ertl: Neue Donaureiter-Bleivotivtafeln entdeckt ................................................. 99 Arnaud F. Lambert: Megaliths and the Early Mezcala Urban Tradition of Mexico .................... 135 Xavier Li Tah Lee Lee: Canarias: destino didáctico de la expedición de Martin Rikli y Carl Schröter .................................................................. 147 Alain Rodrigue: The rock engravings of Tighremt n'Ouazdidene (High Atlas, Morocco) ................................................................................ 167 Andoni Sáenz de Buruaga: Grabados rupestres de hachas de "tipo Metgourine" en el entorno artístico de Lejuad (Tiris, Sahara Occidental) ................................173 Marcos Sarmiento Pérez: La estancia de Nikolay Nikolajevitsch Mikloucho-Maclay en Lanzarote en 1866-67 .............................................................................203 Franz Trost: Der Nil als Grenze zweier Landmassen ......................................................223 Hans-Joachim Ulbrich: Die kanarischen Ureinwohner in der Cosmographia (1544) des Sebastian Münster .................................................................................249 Hartwig-E. Steiner: Zeichen des Vogelmann-Kultes der Osterinsel in den Höhlen auf Motu Nui / Polynesien .................................................. 269 • 98MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Ertl, Rudolf Franz (2014): Neue Donaureiter-Bleivotivtafeln entdeckt.- Almogaren 44-45/2013-2014 (Institutum Canarium), Wien, 99-134 Zitieren Sie bitte diesen Aufsatz folgendermaßen / Please cite this article as follows: ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM99 Almogaren 44-45 / 2013-2014 Wien 2014 99 - 134 Rudolf Franz Ertl Neue Donaureiter-Bleivotivtafeln entdeckt Keywords: Austria, Pannonia, Carnuntum, Roman period, religion, deities, fertility cults, lead votive plaques, Danubian Riders Zusammenfassung: Im Sommer 2013 sind zwei bemerkenswerte Bleivotivtafeln des Kultes der danubischen Reiter aus Privatbesitz bekannt geworden, die zusätzliche Einblicke in die Kulthandlun-gen gewähren. Über keinen der ursprünglich orientalischen Kulte im Römischen Reich wissen wir so wenig, wie über den Kult der Danubischen Reiter. Er ist eine der mannig-faltigen Schöpfungen und Erscheinungen des religiösen Lebens in der vom Synkretismus geprägten römischen Kaiserzeit vom ausgehenden 2. bis zum frühen 4. nachchristlichen Jahrhundert. Der vor allem von den Legionären hochgehaltene danubische Reiterkult ist praktisch eine eklektische Synthese aller damals "gängigen" Religionen – auf den kleins-ten Nenner gebracht – und infolge der überwiegenden Mithraselemente ohne erkennbare Eigencharakteristik. Im Zentrum der Verehrung stand neben den beiden Reitergöttern die gallo-keltische Pferdegöttin Epona. Auf Grund der Darstellungen auf einer der beiden Relieftafeln wird die Bedeutung des Fischopfers abermals betont. Abstract: In the summer of 2013, two notable lead votive offerings of the Danubian Horsemen cult, from private sources, were announced, providing new information on its cultic acts. Among those originally from the oriental Roman Empire, no cult is so little known as that of the Danubian Horsemen. This was one of several creations and manifestations of religious life in the imperial period. It was characterized by syncretism from the late second to early fourth century AD. Danubian worship, especially popular among legionaries, is largely an eclectic synthesis of all the "usual" religions of that period. It carried a minimum common-denominator without recognizable characteristics owing to the predominant elements of Mithras. At the center point of veneration, with the two god riders is the Celtic Gaul horse goddess Epona. On occasion of the representations of the two embossed plaques, the importance of the fish offering is once again highlighted. Resumen: En el verano de 2013 se dieron a conocer dos notables exvotos de plomo del culto de los jinetes danubianos procedentes del ámbito privado, que aportan nuevos datos sobre los actos cultuales. De ninguno de los cultos originalmente orientales en el Imperio Romano sabemos tan poco como sobre el culto de los jinetes danubianos. Se trata de una de las diversas creaciones y manifestaciones de la vida religiosa en el periodo imperial marcada por el sincretismo desde finales del siglo segundo hasta principios del siglo cuarto después 100MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 de Cristo. El culto danubiano, muy apreciado sobre todo por los legionarios, es prácticamente una síntesis ecléctica de todas las religiones 'usuales' en aquel periodo – llevada un mínimo denominador común– y sin características propias reconocibles como consecuencia de los preponderantes elementos de Mitras. En el punto central de la veneración, junto a los dos dioses jinetes está la diosa-caballo galo-celta Epona. Con motivo de las representaciones sobre una de las dos tablillas en relieve se destaca una vez más la importancia de la ofrenda de peces. Vorbemerkungen. Die Fachwelt wurde – abgesehen von einigen gnosti-schen Gemmen – erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die Mo-numente des Kultes der Donauländischen Reiter aufmerksam. Das mag darin begründet sein, dass die archäologische Erforschung der Hauptfundgebiete in den einstigen "unteren" Donauprovinzen des römischen Imperiums – Dacia, Moesia und Pannonia – den heutigen Balkanländern Bulgarien, Rumänien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowenien und Ungarn nicht zuletzt auf Grund ungünstiger politischer Faktoren wesentlich später einsetzte als in Westeuropa. Der Ursprung der Verehrung der beiden Reitergötter scheint im geto-dakischen Bereich zu liegen. Die Einflüsse des Thrakischen Reiters, von Mithras und den beiden Dioskuren, von der ursprünglich gallischen Pferde-göttin Epona sowie von Attis und Kybele sind unleugbar. Es scheint jedoch, dass der Kult der Danubischen Reiter nie seinen lokalen Charakter verloren hat. Da jegliches Inschriftenmaterial und auch eine schriftliche Überlieferung fehlen, sind wir darauf angewiesen, aus dem geringen zur Verfügung stehen-den Material "herauszulesen", wobei die Gefahr des "Hinein-Interpretierens" nicht übersehen werden darf. Griechische Heroen und thrakische Reiter standen Pate. Bekannt wur-de der Kult durch Relieftafeln aus den unterschiedlichsten Materialien, vor allem aus Stein (zumeist Marmor) und Metall (zumeist Blei). Während die Steindenkmäler offensichtlich vorwiegend als Hausaltäre dienten, fungierten die Bleireliefs als Votivgaben. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus den unzähligen Hiebmarken auf ergrabenen und aufgelesenen Tafeln. Die Darstellungen leiten sich vom griechischen Heroenrelief ab. Ähnlich wie bei den frühen Abbildungen thrakischer Reitergötter handelt es sich bei den Votivtafeln des Kultes der Danubischen Reitergötter um Weihegaben an das Pantheon orientalischer Götter in ihrer späten, posthellenistischen Aus-prägung, an den Olymp des mit Mysterien verbundenen Synkretismus, der in den Donauländern im 3. und frühen 4. nachchristlichen Jahrhundert seine Blütezeit erlebte. Der vor allem von den Legionären hochgehaltene danubische Reiterkult ist praktisch eine eklektische Synthese aller damals "gängigen" ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM101 Religionen – auf den kleinsten Nenner gebracht – und infolge der überwie-genden Mithraselemente ohne erkennbare Eigencharakteristik. Was die Bleivotivtafeln erzählen. Auf Grund der großen Zahl von Blei-votivtafelfunden im Raum Sirmium (Sremska Mitrovica, Serbien) darf diese einstige römische colonia als ein Zentrum des Kultes angesehen werden. Nebenbei bemerkt: Kaiser Lucius Domitius Aurelianus (270 bis 275 n. Chr.), wohl der glänzendste und fähigste Offizier seit Trajan auf dem Thron, wurde vermutlich 207 n. Chr. in Sirmium geboren. Seine Mutter soll dort Sonnen-priesterin gewesen sein. Auf den ersten Blick erscheinen die, in wenigen Exemplaren auch in Carnuntum (heute Petronell und Bad Deutsch-Altenburg, Niederösterreich) aufgefundenen Votivtafeln verwirrend. Anscheinend konfus durcheinander-gewürfelte Kultszenen und die stereotype Wiederholung der mehr oder min-der gleichen Elemente machen es dem Interpreten der Szenen nicht gerade leicht. Auf der Mehrzahl der Monumente sind neben den beiden Donaureitern (deren Dualität an die Dioskuren gemahnt) der Sonnengott (Helios in der Quadriga und Sol invictus), die Mondgöttin (Luna, Selene) und die Große Göttin zu finden, als Begleiter erkennen wir in manchen Fällen Mars und Victoria, Nemesis und Hekate. Die häufigsten der dargestellten Szenen zei-gen Einweihung in den Kult, Widderopfer (criobolium) und das Kultmahl des Fisches (Zeitalter der Fische seit Beginn des Principats). Symbolkräftig sind die Darstellung der Sterne, die himmlische Trias und das Gastmahl der Göt-ter. Tiere, wie Himmelsschlangen oder Adler, Hahn oder Pfau, sind ebenso zu finden wie die Darstellungen der Wind- und Jahreszeitenallegorien sowie Auferstehungssymbole. Besonders häufig tauchen Darstellungen der vier Ele-mente auf, stets in der untersten, erdverbundenen Bildzone der Tafeln. Die eindrucksvollste und zugleich komplette Variante ist die Abfolge Schlange (Erde) – Krater (Wasser) – Löwe (Feuer) – Hahn (Luft). Zentrale Figur auf den Bleivotivtafeln ist die Muttergöttin, eine weibliche Götterfigur mit einem meist bis zum Boden reichenden Gewand, die zumeist aus ihrer Schürze (?) die Pferde der beiden ihr zugewandten Donaureiter füt-tert. Bei dieser Magna Mater kann es sich um Kybele ebenso handeln wie um Demeter, Dea Syria, Atargatis oder Epona. Für letztere spricht eindeutig ihr Bezug zu den Pferden. Epona war ursprünglich möglicherweise eine keltische Kriegsgottheit – was bis dato durch nichts zu beweisen ist – nachweislich aber eine gallische Pferdegöttin (vom keltischen "epo" = Pferd). Bereits in der frühen Kaiserzeit wurde Epona vielerorts im römischen Imperium verehrt und galt bald als Schutzgöttin der Pferde, Maultiere und Esel. Der Götterhimmel. Auf der Mehrzahl der Monumente sind neben den bei 102MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 den Donaureitern (deren Dualität an die Dioskuren erinnert) der Sonnengott (Helios in der Quadriga und Sol invictus), die Mondgöttin (Luna, Selene) und die Große Göttin (Kybele, Atargatis, Dea Syria, Epona?) zu finden, als Be-gleiter erkennen wir in manchen Fällen Mars und Victoria, Nemesis und Hekate. Die häufigsten aller dargestellten Szenen zeigen Einweihung und Widderopfer (criobolium). Symbolkräftig sind die Darstellungen der Sterne, der himmlischen Trias und das Gastmahl der Götter. Tiere, wie Himmels-schlangen oder Adler, Hahn oder Pfau, sind ebenso zu finden, wie die Darstel-lungen der Wind- und Jahreszeitenallegorien. CUMONT bezweifelte die Existenz einer Donaureitersekte bzw. eines Donaureiterkultes mit eigenständiger religiöser und ritueller Ausbildung. Dazu TUDOR wörtlich: "For him the Danubian Rider monuments are no more than modest representations in the class of phylacteries" – "Für ihn sind die Monumente der Donaureiter nicht mehr als anspruchslose Darstellungen in der Kategorie religiöser Selbstgefälligkeit." Tatsächlich könnte man zu dieser Auffassung gelangen, fehlen doch bislang Statuen, Skulpturen und Tempel-anlagen. Was wir haben, sind lediglich Hausaltäre, Votivbleche und Bleitafeln, die auch als Ikonen oder Amulette gedeutet werden können. Die crioboliums- Darstellung (Widderopfer) und das vom Mithraskult beeinflusste Opfermahl, vor allem aber die Initiation des nackten Mythen deuten auf ein geschlosse-nes religiöses Gebäude hin. Freilich mutet es seltsam an, dass abgesehen von den unzähligen Streufunden bislang Thrakische Reiter und Donaureiter-Ana-themata (= religiöse Weihegeschenke) nur in Mithräen gefunden wurden, so in Londinium (London) und Sarmizegetusa (Varhely, Siebenbürgen). Im Sommer 2013 sind aus dem pannonischen Raum – vermutlich aus dem Nachlass eines Sammlers – zwei neue Typen von Donaureiter-Bleivotivtafeln bekannt geworden: 1.Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit aufgesetztem Dreiecks-giebel. Bei dieser Tafel handelt es sich um einen Beleg des überaus seltenen TYPUS ERTL E 02, wobei alle drei bis dato bekannt gewordenen Exemplare von sehr ähnlichen aber geringfügig unterschiedlichen Matrizen stammen. Objektbeschreibung E 02, Var. 4. Rechteckige Bleivotivtafel mit aufge-setztem Dreiecksgiebel (Tympanum). Die vier Register werden durch drei glatte Linienwülste voneinander deutlich getrennt. Zum Unterschied von den Typen ERTL E 02, Var. 1-3 ist Var. 4 auffallend breiter. 1.1 Tympanum. Im Zentrum des Tympanums erkennt man die Köpfe von Luna mit aufgesetzter Mondsichel (links) und Sol (rechts – mit Strahlenkranz). In den Zwickeln des Tympanums die beiden Himmelsschlangen. 1.2 Im Hauptregister dominiert im Zentrum die Große Göttin (Epona). ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM103 Ihre beiden Hände hält sie den Pferden entgegen, als ob sie dieselben füttern möchte. Die Donaureiter tragen Tuniken, Mäntel und – wie von Vergleichs-funden bekannt – phrygische Kappen (Mützen). Der linke hält eine draco- Standarte, unter den Hufen seines Pferdes liegt ein Mann mit dem Gesicht zum Boden. Vor dem Kopf des linken Pferdes schwebt ein Stern (oder ein Sonnensymbol?), über dem Kopf des rechten Pferdes ist ein "kipferlförmiges" Gebilde zu sehen, das sehr wahrscheinlich die Mondsichel darstellen soll. 1.3 Im dritten Register erkennt man links eine mensa Delphica (?), im Zentrum einen dreibeinigen Opfertisch und rechts drei Ringe, die Kronen oder Lorbeerkränze oder – was am wahrscheinlichsten ist – Brotlaibe darstellen. Auf vergleichbaren Fundstücken sind diese Ringe in Verbund mit drei Be-chern zu sehen. 1.4 Im vierten Register, dem Basisregister, sieht man von links nach rechts die vier Symbole für die vier Elemente: einen nach rechts laufenden Löwen (Feuer), einen nach links blickenden Hahn (Luft), einen kantharos (Wasser), und einen nach links schreitenden Stier (Erde). 1.5 Fundort. Hinsichtlich des angeblichen Fundortes Carnuntum bestehen berechtigte Zweifel, zumal im gesamten bekannt gewordenen Verbreitungs-gebiet des Kultes der Danubischen Reiter dieser "Inseltypus" ausschließlich aus der Provinz Dacia bekannt geworden ist. 1.6 Bislang bekannt gewordene Donaureiter-Bleivotivtafeln des Typs ERTL E2: • ERTL E 02-001 (= TUDOR 42) - Abmessungen: 70 x 85 mm; Materialstärke: 2,0 mm; Gewicht: ? - Erhaltungszustand: schlecht. - Fundort: Sucidava, Dacia, Commune Celieu, distr. alt, Rumänien. - Herkunft: entdeckt 1958 im Bereich einer antiken Behausung gemeinsam mit Münzen und römischer Keramik aus der ersten Hälfte des 3. nachchrist-lichen Jahrhunderts. - Aufbewahrungsort: Museum Bukarest, Rumänien. - Literatur: TUDOR 1960, 1969, ERTL 1996 • ERTL E 02-002 (= TUDOR 43) - Abmessungen: 70 x 85 mm Materialstärke: 2,0 mm Gewicht: ? - Erhaltungszustand: ? - Fundort: Sucidava, Dacia, Orlea, Rumänien. - Herkunft: Gefunden 1850 in Orlea, früher in der Sammlung von Major D. Pappazoglu. Aufbewahrungsort: Museum Bukarest, Rumänien. - Literatur: ANTONESCU 1889, BUDAY 1928, HAMPEL 1912, TUDOR 1969, ERTL 1996 104MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 • ERTL E 02-003 (= TUDOR 206) - Abmessungen: 36 x 80 mm Materialstärke: ? Gewicht: ? - Erhaltungszustand: Fragment. - Fundort: Dacia, Drobeta, Turnu-Severin, Rumänien. - Herkunft: entdeckt 1963 im Gebiet der retentura sinistra des Lagers. - Aufbewahrungsort: Portile de Fier Museum, Drobeta-Turnu Severin, Ru-mänien. - Literatur: DAVIDESCU-FLORESCU 1968, TUDOR 1976, ERTL 1996 1.7 Zur Symbolsprache in den Ebenen der Donaureiter-Votivtafel ERTL E 2, Var. 4: 1.7.1 Oberstes Register = Tympanon. 1.7.1.1 Sol invictus und Luna. Die drei Lichtgötter und Geschwister Helios (Sol), Selene (Luna) und Eos entsprossen dem Titanidengeschlecht. Der Vater hieß Hyperion, die Mutter war Theia. Auf seiner von vier feuersprühenden Schimmeln gezogenen Quadriga raste Helios täglich am Morgen aus einer stillen Bucht im östlichen Okeanos über das Firmament und tauchte am Abend durch das Sonnentor im Westen wieder unter. Dort bestieg er die von Hephaistos angefertigte Fähre und fuhr während der Nacht zurück nach Os-ten. Sowohl Helios als auch Selene mussten bereits in vorhomerischer Zeit in weiten Gebieten zugunsten Apollon und Artemis in den Hintergrund treten. Während Helios die Sonnen-Quadriga lenken durfte, gestand man Selene nur eine Biga, einen von zwei Rossen gezogenen Wagen, zu. Wie Artemis, liebte sie die Jagd. Helios und Selene rückten erst wieder in der Zeit des Synkretis-mus im Mithraskult und im Kult der danubischen Reiter als Sonnengott und Mondgöttin in den Blickpunkt des religiösen Interesses. 1.7.1.2 Die neue Sonnentheologie. In der römischen Kaiserzeit trat der Helioskult – gegenüber der hellenistischen Ära – stark zurück. Helios wurde jedoch mit anderen Göttern gleichgesetzt: Mithras, Serapis, Zeus, Aumos (im Ostjordanland), Baal von Emesa und Sol invictus. Über die neue Sonnen-theologie (Corpus Hermeticum) wissen wir wenig. Laut griechischem Mythos ist Helios ein "Titanide", ein Sohn des Titanen Hyperion und dessen Schwes-ter Theia. Seine Großeltern väterlicher- und mütterlicherseits waren Uranos und Gaia. Seine Gattin ist Perseis, die ihm Aietes, Kirke, Pasiphae und Perses gebärt. Des Helios Freundin Klymene bringt seinen Sohn Phaethon zur Welt, der als ungeschickter Lenker des Sonnenwagens einen Weltenbrand verur-sachte. Mit Klymene zeugt Helios auch die Heliaden, die Geschwister Phaethons. 1.7.1.3 Schwester und Gattin Selene. Die Mondgöttin Selene (= Mene), mit der Helios (= Sol invictus) im 2. und 3. nachchristlichen Jahrhundert häu- ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM105 fig auf den von thrakischen und danubischen Reitern dominierten Weihe- und Votivtafeln dargestellt wird, galt ebenfalls als Frau des Helios, mit der er sich – nach einer späten Erzählung, vermutlich einer Erfindung aus dem dritten nachchristlichen Jahrhundert – jeweils am Neumond vereinigte (Quintus von Smyrna 10, 337). Selene war zugleich des Helios leibliche Schwester; auch sie ist wie Eos eine Tochter von Hyperion und dessen Schwester und Gattin Theia. Sol als eigenständige Lichtgottheit spielte im frühen Rom nur eine unterge-ordnete Rolle. Im ersten vorchristlichen Jahrhundert dürften römische Solda-ten erstmals auf den persischen Lichtgott Mithras gestoßen sein. Unter der Regentschaft Vespasians war der Mithraskult die wichtigste Soldatenreligion. Die erste bekannte Inschrift "soli invicto deo" stammt aus dem Jahr 158 v. Chr. (CIL VI 715). Die Apotheosierung der Caesaren. Die "Apotheosierung" der Caesaren als absolute Monarchen vollzog sich ab dem ersten nachchristlichen Jahrhundert. Seit Nero identifizierten sich die Kaiser mit der Sonne und ließen sich mit einem Strahlenkranz abbilden. In der altrömischen Numismatik gilt das Sonnensymbol -ebenso wie die Mondsichel – als Verdoppelungseffekt: 2 Asse = 1 Dupondius; 2 Denare = 1 Doppeldenar oder Antoninian. Den colossus Neronis weihte Vespasian dem Sol. Auch Constantin der Große hat sein Abbild in Konstantinopel als Helios bezeichnen lassen. Dazu SEITSCHEK: "Er und alle Kaiser nach ihm fühlten sich als Sonnengötter kraft ihres Amtes als Welten-herrscher! Denkmäler mit Helios-Quadrigen im Panzerschmuck sind deshalb auch symbolische Darstellungen römischer Kaiser. Unter Heliogabal und sei-nem Nachfolger Alexander Severus erreichte der Sonnenkult seinen Höhepunkt im Imperium Romanum. Aurelianus (270 bis 275 n. Chr.) war als Sohn einer Sonnenpriesterin ein besonderer "Sonnenherrscher". Nach dem Sieg über Zenobia erhob er Sol invictus zum Dominus Imperii Romani und bestimmte den 25. Dezember zum "natalis invicti" (zum Geburtstag des Unbesiegbaren). 1.7.1.4 Sol und Christus. Diesen Tag haben die Christen als offiziellen Geburtstag von Jesus von Nazareth übernommen. Den großartigen Tempel für Sol weihte Aurelian ebenfalls am 25. Dezember 274 n. Chr. Das Christen-tum übernahm Sol-Mithras in all seiner Symbolvielfalt: Christus als Sol und Lenker einer Quadriga (Vatikan), die strahlende Sonnenscheibe und den leuch-tenden Strahlenkranz. In einer Fensterglas-Malerei der Kathedrale zu Lau-sanne wird Christus als Sol bezeichnet und einhundert Jahre später finden wir Christus als neuen Helios mit der Sonnenscheibe auf der Quadriga in der Aratus-Handschrift. Exakt diese Darstellung aber kennen wir von den rund 1000 Jahre älteren Bleivotivtafeln, weshalb manche Interpreten glaubten, im Donaureiterkult christliche Elemente entdeckt zu haben. 106MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Da die Bleivotivtafeln in einer sehr späten Phase der Anthropomorphi-sierung – und Sublimierung des göttlichen Tuns in der Ethik – entstanden sind, dürfen wir mit großer Wahrscheinlichkeit in dem die Quadriga steuern-den Gott Helios mit dem Sonnenball sehen und nicht mehr Apollo. Auf seine Gleichsetzung mit Mithras weist die phrygische Mütze. An die Verehrung des ursprünglich syrischen Sonnengottes Sol invictus und der Mondgöttin Luna in Carnuntum gemahnen zwei sich im Museum Carnuntinum in Bad Deutsch-Altenburg befindliche Bronzeappliken und mehrere Votivplättchen, Gemmen und Öllampen. Von Victoria (auf dem Glo-bus) sind zwei Bronzestatuetten ergraben worden. Ein Bronzeamulett weist auf die Verehrung des Zeitgottes Aion hin, der in Ägypten bereits seit ptole-mäischer Zeit verehrt wurde. Die frühen Christen glaubten in ihrem Erlöser Jesus Christus den "neuen Aion" zu erkennen. 1.7.1.5 Die Himmelsschlangen. Die Schlange war in der antiken Welt das Inbild dämonischer Ambivalenz. Und sie ist es zum Teil noch heute. Neben der Vorstellung vom Unheimlichen, Gefährlichen und Furchterweckenden steht die Überlieferung vom helfenden, heilsamen und rettenden Wesen (Larenschlange!). Auf den oberen Ecken mancher Votivtafeln sind eindeutig zwei "gefiederte" Schlangen zu erkennen, die mit ihrem Körper jeweils eine Schlinge bilden. Bei diesen Schlangen handelt es sich eindeutig um Symbole des Himmelsgewölbes, wobei auch hier wieder das im Donaureiterkult geüb-te System der Dualität zur Verdoppelung des Himmelssymbols führte. Die beiden Himmelsschlangen mögen auch für die Sonnen- und Mondbahn am Firmament stehen. Im Sabazioskult verwendeten Frauen im ekstatischen Ritual Schlangen oder deren Bilder als Zeichen der Gottvereinigung. Auch auf dem Schlangengefäß von Veldidena (Wilten bei Innsbruck), das 1916/1917 westlich des Stubaital-bahnhofs ergraben wurde, bildet die Schlange eine Schlinge. Hier allerdings gehört die Schlange in den Bereich des Mithraskultes. Desgleichen finden wir überaus häufig Schlangendarstellungen auf Mithrasreliefs, seltener Darstel-lungen aus dem Bereich des Jupiter-Dolichenus-Kultes. 1.7.1.6 Die Schlange im Mithraskult. SWOBODA hat das Phänomen der "Schlange im Mithraskult" in seiner gleichnamigen Arbeit ausführlich behan-delt. Doch schon DREXEL hatte zuvor erkannt, dass "Gefäße, an denen sich Schlangen emporringeln,... öfters in Mithräen gefunden" werden. Nach ABRAMIC wurden Schlangenvasen jedoch auch außerhalb der kultischen Sphäre im profanen Bereich verwendet. Im Mithraskult ist die Schlange chtho-nischer Natur, sie ist Symbol für das Element Erde. Die mithrische Legende erzählt von der Befruchtung der Schlange = Erde durch das Stierblut. Die ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM107 Verbindung von Schlange und Wasser geht jedoch auf altgriechisches Gedan-kengut zurück (Schlange als genius loci der Quelle). Die Assoziation Schlange und Befruchtung finden wir auch im Alten Testament (Adam und Eva, Sün-denfall, Vertreibung aus dem Paradies). 1.7.2 Register = Donaureiter-Register 1.7.2.1 Epona und die Donaureiter. Zentrale Figur auf den Bleivotivtafeln ist die Muttergöttin, eine weibliche Götterfigur mit einem meist bis zum Bo-den reichenden Gewand, die aus ihrer Schürze (?) die Pferde der beiden daneben stehenden Donaureiter füttert. Im 2. Register der E2-Tafeln reichen zwar die Hände der Epona zu den Pferdemäulern, das geschürzte Gewand mit dem vermeintlichen Futter fehlt. Bei dieser weiblichen Götterfigur handelt es sich zweifellos um eine späte Ausbildung der Großen Mutter, der Magna Mater, die uns in vielen Erschei-nungsformen bekannt ist und ihren Ursprung möglicherweise in der Göttin Ninchursag hat. Die Göttin darf keineswegs nur mit einer einzigen Gottheit identifiziert werden und ihre häufige Darstellung gemeinsam mit Fischen (sie-he Fischopfer) ist kein Ausschließlichkeitsbeweis dafür, in ihr schlechthin eine Atargatis-Dea Syria zu sehen. 1.7.2.2 Die Göttin Epona war ursprünglich möglicherweise eine keltische Kriegsgottheit – was bis dato durch nichts (außer Hypothesen und Spekulati-onen) zu beweisen ist – nachweislich aber eine gallische Pferdegöttin (vom keltischen "epo" = Pferd). Bereits in der frühen Kaiserzeit wurde Epona vielerorts im Imperium verehrt und galt bald als Schutzgöttin der Pferde, Maul-tiere und Esel. Die Palette der Deutungen der weiblichen Göttin ist breiter als die der meisten Autoren und reicht von Artemis über Anahita, Kybele, Rhea, Venus, Diana Ephesiana, Demeter, Selene, Artemis-Bendis und Despoina-Nemesis bis zur Aphrodite. Epona nicht zu vergessen! Zu beiden Seiten der Magna Mater, die ihrerseits ebenso synkretische Bindungen mit anderen Gottheiten eingeht, wie es die übrigen dargestellten Gottheiten tun, finden sich häufig zwei Sterne. Für manche Autoren sind diese beiden Sterne (Morgen- und Abendstern) – mehr als die vielen dargestellten Fische – Hinweise auf Atargatis-Dea Syria. Für die Gleichsetzung der Großen Göttin mit Epona sprechen sowohl die zeitliche als auch die örtliche Verbreitung. Inschrifts- und Bildzeugnisse für Epona, die keltische Pferdegöttin sind nach PAULY-WISSOWA" von Spanien, Portugal und Oberitalien (gelegentlich sogar S.-Italien) bis zu den Decumantes Agri und nach Dacien, und von der Britannia bis Bulgarien entdeckt worden. Griechisch-römischer Kunstgeschmack wandelte die ursprüngliche Tier- in eine 108MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Menschengestalt um, eine Göttin, die in der Regel entweder reitet oder zwi-schen zwei Pferden sitzt..." 1.7.2.3 Epona – eine niedere Gottheit? Noch im ausgehenden ersten nach-christlichen Jahrhundert mokierte sich Juvenal über einen Konsul des Jahres 94 n. Chr., der den von ihm vollzogenen Staatsopfern zum Hohn, dieser nie-deren Gottheit huldigte: "...interea, dum lanatas torvumque iuvencum more Numae caedit Iovis ante altaria, iurat solam Eponam et facies olida ad praesepia pictas... qia ulio est qui consul fertur; Epona dea mulionum est." Festtag der Epona war – nach einem in Guidizzolo zwischen Mantua und Verona aufgefundenen, auf einem Ziegelsteinfragment verzeichneten Bauern-kalender – der 18. Dezember. Die Mehrzahl der Epona-Inschriften stammt von Truppenteilen oder Angehörigen des Heeres. 1.7.2.4 Die Donaureiter. Die Göttin wird links und rechts von den beiden Donaureitern flankiert. Sie sind häufig mit wehenden Mäntelchen und phry-gischen Kappen dargestellt. Zumeist grüßen die Reiter die Göttin mit erhobe-nem Arm. Es ist wahrscheinlich, dass es sich bei diesen beiden Reitern um eine "Reinkarnation" der beiden Dioskuren, also von Castor und Pollux bzw. Cautes und Cautopates handelt. Ähnlich wie bei der Verehrung des Thraki-schen Reiters ging es auch bei den Donaureitern zunächst lediglich um die Verehrung eines einzigen Reiterheros. Unter dem Einfluss der orientalischen Mysterienreligionen, primär des Mithraskultes, dürfte es in Anlehnung an die beiden Dioskuren zur Verdoppelung des Donaureiters gekommen sein. Unter den Pferdehufen des linken Donaureiters liegt ein ausgestreckter Mann (Gefangener oder toter Krieger). Die Deutung ist schwierig, zumal auf Vergleichsstücken nur Krieger auftauchen, zum Teil in ähnlicher Darstellung, zum Teil mit abgewinkelten Beinen. Der linke Donaureiter führt eine erhobe-ne draco-Standarte, der rechts zu sehende Donaureiter erhebt möglicherweise den Arm zum Gruß. 1.7.3 Register = Opfertisch und Opfergaben. Auf einer großen Zahl von Bleivotivtafeln der Donaureiter findet sich – zumeist im untersten Register – ein dreibeiniger Opfertisch mit einem Fisch, der jedoch nicht den Symbolen der vier Elemente zugeordnet werden darf. Im vorliegenden Fall befindet er sich in der Mitte zwischen den Opfergaben, wobei der links dargestellte Del-phin eine Deutung als mensa Delphica zulässt. Diese ehernen oder marmor-nen Opfertische verfügten zumeist über runde Stein- oder Holzplatten. 1.7.3.1 Blutige und unblutige Opfergaben. Schon im lateinischen Wort sacrificium (sacrum facere) steckt der Begriff, ein Lebewesen (beispielsweise Rind, Schwein, Schaf, Huhn oder Fisch) oder eine Sache dem profanen Be-reich zu entziehen und zum Eigentum einer Gottheit zu erklären. Daraus folgt ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM109 eine Begriffstrennung in unblutige und blutige Opfergaben. Zu den traditio-nellen unblutigen Opfer- oder Weihegaben zählen beispielsweise mola salsa (das von den Vestalinnen zubereitete gesalzene Mehl), Feldfrüchte (Erstlinge der Ernte), dapes (geweihte Mahlzeiten), Milch und Wein als Trankopfer und Wohlgerüche (Lorbeer, Weihrauch). Zu den traditionellen blutigen Opfer- und Weihegaben zählen Rinder, Schweine, Schafe (Suovetaurilia), Pferde, Fische (Volcanalia), Hunde (Luper-calia, Robigalia) und in Ausnahmefällen Menschen. Göttern wurden meist männliche, Göttinnen meist weibliche Tiere geop-fert, Himmelsgötter erhielten weiße oder zumindest helle, Erdgötter (und "un-terirdische") zumeist schwarze oder dunkle Tiere. Die Tiere mussten gewis-sen Bedingungen in Bezug auf Alter, Farbe und Geschlecht genügen. Nur kultisch reine Opfertiere wurden durch die immolatio den Göttern geweiht. Die Eingeweide (Leber, Lunge, Herz, Gallenblase und Darmnetz) wurden von haruspices begutachtet. Die "exta" wurden gekocht und auf Altären verbrannt, der Rest (das Fleisch) von den Priestern und den Teilnehmern am Opfermahl verzehrt. 1.7.4 Register = Das Vier-Elemente-Register. Die principia vitae, die vier Elemente (Luft, Erde, Wasser und Feuer) finden wir in verschiedensten Dar-stellungen auf den Tafeln der Donaureiter. Die eindrucksvollste und zugleich komplette Variante ist die Abfolge Schlange – Krater – Löwe – Hahn. Die Schlange symbolisiert die Erde, der Krater das Wasser, der Löwe das Feuer und der Hahn die Luft. Das Wassersymbol wird allerdings manchmal auch durch einen Fisch ersetzt und die Erde durch einen Stier, wie in vorliegendem Fall. Die Symbole für die vier Elemente finden sich auf den in Register ge-gliederten Tafeln stets in der untersten, erdverbundenen Bildzone. In der An-ordnung der zwei bis vier übereinanderliegenden Register wird der Aufstieg vom irdischen in den himmlischen Bereich deutlich gemacht, der dem Mysten dank Fürsprache und Vermittlung der beiden Donaureiter ermöglicht wird. 1.7.5 Zum Material: Blei – ein magisches Metall. Es kommt nicht von ungefähr, dass die meisten Votivtafeln der Danubischen Reiter in Blei ausge-führt sind, denn Blei galt schon in der Antike als magisches Metall. Blei wur-de ubiquitär im gesamten Imperium gefunden und abgebaut. Vor allem in den Silbergruben wurde plumbum nigrum als Nebenprodukt gewonnen. Nach PLINIVS XXXIll, 119, gab es besondere metalla plumbaria. Blei wurde zur Herstellung von Gerätschaften aller Art (Schalen, Gefäße, Bleirohre, Lote, Gewichte etc.) verwendet und spielte daneben unter dem Einfluss des "Aber-glaubens" mitsamt seinen Nebenprodukten eine wichtige Rolle in der Medi-zin. Nach GALENVS befreien Bleiplatten – auf den Leib gelegt – Sportler 110MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 von nächtlichen Pollutionen. Bleiglätte, Bleiglanz und Bleiweiß wurden als Malerfarben und Schminke gebraucht. Bleitafeln kennen wir ua. als Einkaufs-gutscheine (EGGER, Brigantium), als Fluchtäfelchen (Carnuntum) und als Votivtafeln und Amulette. Astrologisch gesehen ist Blei das besondere Metall der Menschen, die im Zeichen des Steinbocks oder des Wassermannes gebo-ren sind. Im Bereich der Gestirne war und ist das Blei dem Planeten Saturn zugeordnet. 2. Die rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit dem großen Fisch. Die rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit dem Fisch im obersten Register ist ein aus der Literatur bislang noch völlig unbekannter Typus – allerdings mit durchwegs bekannten Symbolen. Objektbeschreibung. Die gesamte Tafel wird von einer Zierleiste einge-fasst. Ähnliche Zierleisten finden sich auf den Tafeln Typus ERTL A 03, C 02, E 05 und F 01, wobei die Aedikula-Tafeln (Typus ERTL F 01) von der Kon-zeption her weitgehend der Donaureiter-Votivtafel mit dem großen Fisch ent-sprechen. Lediglich bei beiden großen Portraitköpfe gemahnen an die runden Donaureiter-Votivtafel Typus ERTL H 01 und H 01V. 2.1 Oberstes Register: Das Fisch-Register. Bis in ptolemäische Zeit ver-trat in Ägypten eine Fischgöttin ("die Erste der Fische") den Deltagau Mendes. In Babylonien wurde als Fisch – mit Menschenkopf unter dem Fischkopf und Menschenfüßen unter dem Schwanz – das dem Meer entstiegene, vernunft-begabte Wesen Oannes verehrt, das den Menschen "alle Gesittung" lehrte. Der Fisch erscheint also bereits hier als Träger aller geistigen Lebenskräfte. Babylonischen Ursprungs ist auch der Ziegen- oder Steinbockfisch, dem wir noch als Legionszeichen mehrerer römischer Legionen -beispielsweise der LEGIO XIllI GEMINA MARTIA VICTRIX – begegnen. Aus der iranischen Luristankunst ist die Figur eines Fischgottes auf einer Kultaxt bekannt ge-worden. Nach syrischer Überlieferung verdankte die Göttin Atargatis ihre Rettung den Fischen, die nunmehr "verstirnt" auf dem Firmament fortleben. Atargatis ist die griechische Form von Atar'ata (nordsyrisch) = Aschtart = Astart = Atta = Anat = Tanit. Sie ist die westsemitische Göttin der Fruchtbar-keit, der Liebe (Tempelprostitution) und des Himmels (Venusstern) = Him-melskönigin. Für die vorgriechische Bevölkerung der Kykladen ist die Beziehung zwi-schen dem Fischmotiv und einer lebengebenden Göttin durch die sogenann-ten Kykladenpfannen nahegelegt, auf denen wir Fischdarstellungen neben dem Schoß der Gottheit begegnen. Auf Cypern entdeckte Kultgefäße in Fischform machen eine Verbindung mit Aphrodite wahrscheinlich, dem griechischen ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM111 Pendant zur kretischen Britomartis, deren Beiname Diktynna auf eine Netz-göttin hinweist. "In den nördlichen Balkanländern und anscheinend besonders in den thrakisch besiedelten Gebieten sind zahlreiche Bleitäfelchen... "ähnlich den Bleivotivtafeln des Donaureiterkultes – aber auch "...steinerne Votivtafeln zum Vorschein gekommen, die gewöhnlich den sogenannten thrakischen bzw. danubischen Reitern zugeschrieben werden, aber noch nicht befriedigend ge-deutet sind", heißt es im Artemis Lexikon der Alten Welt. "Mögen hier Ein-flüsse aus dem Orient oder vom Kabirenheiligtum in Samothrake einwirken: jedenfalls ist in der Mitte dieser Täfelchen des öfteren ein dreifüßiger Fisch dargestellt, auf dem ein Fisch liegt, in einzelnen Fällen wird er als heilige Spei-se des Mysten vorgelegt. Aus Schriftquellen der Kaiserzeit erfährt man, dass der... 'pompilos' (wahrscheinlich eine Abart des Thunfisches) bei den Göttern in Samothrake als Speise sehr beliebt war..." Soweit, so gut. Aber Thunfisch und danubische Reiter passen kaum zueinander. Und die vorliegenden Dar-stellungen sind nicht naturalistisch genug, um hier eine konkrete Aussage machen zu können. Auch das auf der Donaureiter-Votivtafel mit dem großen Fisch dargestellte Exemplar ähnelt keinem Thunfisch, sondern erinnert von seiner Körpergestalt, seiner Rücken- und Schwanzflosse und infolge Fehlens einer Bauchflosse eher an einen Zander (Lucioperca lucioperca). Es würde auch eher zu den Donaureitern passen, dass ihnen Flussfische geopfert wur-den. 2.1.1 "ICHTHYS". In der altchristlichen Kunst finden wir den Fisch als häufigstes aller geheimen Erkennungszeichen in Form des Akrostichon "ichthys" oder als graphisch bzw. bildlich umgesetztes Arkanszeichen. Ihm begegnen wir als Dekoration innerhalb von Decken- und Fußbodenornamen-ten ebenso, wie als apotropäisches Zeichen über Haustüren, aber auch auf Epitaphien, Amuletten und Ringen. Im frühen Christentum war der Fisch nicht nur das häufigste Arkanzeichen (geheimes Erkennungszeichen der Anhänger der neuen Lehre), sondern auch ein Akrostichon (eines ursprünglich magi-sches Wort, das aus den Anfangsbuchstaben eines kurzen Textes gebildet wurde): = = Jesus Chris-tus Gottes Sohn Retter. Pisciculi war auch die Bezeichnung für gläubige Chris-ten. Der Fisch war allerdings bereits in vorchristlicher Zeit ein Symbol für Heil und Leben. 2.1.2 Kultmahl. Die Fischdarstellungen auf Donaureiter-Bleivotivtafeln sind auf Grund des Fisch-Kultmahles nahezu ubiquitär zu finden. Es ist anzu-nehmen, dass der Fisch das wichtigste Opfertier im Donaureiterkult war. Beispiele: 112MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 - auf dem dreibeinigen Opfertisch vor der Göttin auf den Tafeln Typus ERTL A 03, - auf dem Opfertisch auf den Tafeln Typus ERTL A 08, B 01, B 02, B 03, - auf dem dreibeinigen Opfertisch auf den Tafeln Typus ERTL C 01, - im vierten Register der Tafeln Typus ERTL E 01, - extrem dominierend (Alleinstellung) in der Aedikula der Tafeln Typus ERTL F 01, - auf dem Opfertisch auf den Tafeln Typus ERTL F 02, - extrem dominierend (Alleinstellung) in der Aedikula der Tafeln Typus ERTL G 01, G 02, - auf dem dreibeinigen Opfertisch auf den Tafeln Typus ERTL H 02 usw. Das Fischregister wird von den übrigen Registern der Tafel durch eine Zier-leiste getrennt. 2.2 Zweites Register – das Götterregister. In der Mitte sind zwei einander zugewandte Portraitköpfe, die bei oberflächlicher Betrachtung als Imperato-renportraits gedeutet werden könnten. Dafür würden die stirnbandartigen Diademe mit den geknüpften Enden sprechen (vgl. hiezu Darstellungen der Soldatenkaiser auf Münzen). Dagegen spricht allerdings, dass es sich auf allen bislang bekannt gewordenen Donaureiter-Votivtafeln beim zweiten Register stets um das Götterregister handelt. Dem entsprechen der Morgen- und Abendstern (ganz außen), die in Analogie zu den runden Donaureiter-Votivtafel H 01 und H 01V dargestellte Köpfe von Luna (links) und Sol invictus (rechts), was durch die beiden, hinter den Portraitköpfen abgebildeten Frauenfiguren verstärkt wird. Die links dargestellte Frauenfigur, die auf den ersten Blick an eine nicht geflügelte Victoria mit dem Siegeskranz gemahnt, dürfte eher die Mondsichel der Luna hochhalten und die Frauenfigur hinter dem Sol invictus hält eine Standarte. Völlig unklar ist, worum es sich bei der Kreuzdarstellung unter der Standarte handelt. Zu den unidentifizierten Objekten zählt TUDOR ua. Ob-jekte in Form eines Kreuzes: "a heartshaped object, equally difficult to identify." 2.3 Drittes Register: Epona und die Donaureiter. Siehe 1.7.2.1. 1.7.2.2. und 1.7.2.3. Die Darstellung auf der Donaureiter-Votivtafel mit dem großen Fisch unterscheidet von den Darstellungen auf den bekannten Tafeln durch die über den Donaureitern fliegenden Adler. Himmelsadler sind im Götterbereich oder im Bereich der Donaureiter dar-gestellt, meist mit ausgestreckten Schwingen. Adlerdarstellungen fehlen allerdings auf den frühen Tafeln mit nur einem danubischen Reiter. Das be-deutet, dass dieses Militär-Symbol (ebenso wie die draco-Standarte) erst im 3. ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM113 Jahrhundert in den Kult aufgenommen worden sein dürfte. Möglicherweise ebenfalls vom Mithraskult entlehnt, wandelte sich die Bedeutung des Adlers vermutlich vom Boten des Sol invictus zum Siegeremblem. Diese Vermutung liegt nahe, zumal auf den späteren Bleivotivtafeln Adlerdarstellungen mit Siegeskranz auftauchen. 2.4 Das Stierregister. Stierdarstellungen auf Donaureiter-Votivtafeln sind selten und erinnern an das taurobolium, wobei viel häufiger crioboliums-Dar-stellungen vorkommen. Taurobolium und criobolium (Schafopfer) für den Kaiser kamen erst in der späteren Kaiserzeit auf. Mit dem Kybele/Attis-Kult gesellte sich zum taurobolium für die Magna Mater das criobolium für die Kultgenossen der phrygischen Göttin. In Inschriften taucht das criobolium erst am Anfang des 3. nachchr. Jahrhunderts auf. TUDOR vermutet, dass der Akt des Widdertötens und des Fellabziehens den ersten Grad der Mysterien bilde-te, der den Eingeweihten Glück in der nächsten Welt versprach. Es ist bewie-sen, dass in der Zeit vor dem Dualismus, als ein einziger Reiterheros verehrt wurde, nicht nur Widder, sondern auch Stiere geopfert wurden. Das an einen kantharos gemahnende Gebilde zwischen den beiden darge-stellten Rindern kann der Verfasser nicht deuten, auch nicht das darunter selt-same Gebilde mit den vier Halbkugeln im Schlangenregister 2.5 Das Schlangenregister. Siehe 1.7.1.5 und 1.7.1.6. 2.5 Fundort. Hinsichtlich des angeblichen Fundortes Carnuntum bestehen auch bei der rechteckigen Donaureiter-Bleivotivtafel mit dem großen Fisch berechtigte Zweifel auf Grund der Patina des Objektes, die sich nicht von je-ner der Donaureiter-Votivtafel ERTL E 2, Var. 4 unterscheidet. 3.Die Ideen der Mysterientheologie. Die Ideen, die man der allgemeinen Mysterientheologie im Synkretismus zugrunde legen kann, sind Tod und Auf-erstehung, Wiedergeburt und Gotteskindschaft, Erleuchtung und Erlösung, Vergöttlichung und Unsterblichkeit. Bedingt durch die Verschiedenartigkeit der Kulte und den unterschiedlichen emotionellen Inhalt der Mysterien ist es unmöglich, eine allgemeine Mysterientheologie zu konstruieren. Das Haupt-problem, warum sich die Mysterienreligionen gegen das Christentum nicht durchsetzen konnten, waren zweifellos deren nationale Eigentümlichkeiten und die oftmalige Beschränkung auf das männliche Geschlecht. So waren bekanntlich beim Mithraskult Frauen nicht zugelassen. Bei den Donaureitern wird es vermutlich ebenso gewesen sein. Ein interessantes Phänomen ist, dass der Donaureiterkult auch für regio-nale bzw. provinziale Gottheiten vereinnahmt wurde. Typisches Beispiel ist eine Bleivotivtafel für den Gott Dominus mit einer Donaureiter-Darstellung. 114MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Diese Allgemeinbezeichnung lässt offen, welchem Gott die Widmung gilt, denn sowohl DOMINA als auch DOMINUS beschreiben keine konkrete Gott-heit und Weihegaben mit diesen Namen waren universell verwendbar. Eine diesbezügliche Weiheinschrift findet sich auch auf einem Altar mit profilierter Basis und profiliertem Aufsatz aus der Zeit um 200 n. Chr., gefun-den in Carnuntum und publiziert von Vorbeck (1980): • DOMINO ET / DOMNAE / POSVIT / FAN(N)IVS / FIRMINVS / [C]ASSIANV[S] = Dem Herrn (der Unterwelt?) und der Herrin hat Fannius Firminus Cassianus (diesen Altar) errichtet. Vergleichbare, allgemein gehaltene Formeln, die ebenfalls auf Carnuntiner Funden aus dieser Zeit aufscheinen, sind die Altarinschrift • D DABVS / ET G C EIVS / L CALVEN / VICTOR OPTIO D / D = D(IS) D(E)ABVS / ET G(ENIO) C(ENTVRIAE) EIVS / L(VCIVS) CALVEN(TIVS) / VICTOR OPTIO D(ONO) / D(EDIT) = Den Göttern, Göttinnen und dem Genius seiner Centurie hat der optio (Feldwebel) Lucius Calventius Victor (diesen Altar) gestiftet ... und die Weiheinschrift (in einer tabula ansata): • I O M DIS / DEABUS / OMNIBVS / M VLPIVS / SERVIANVS / C A L XIIII G / SEVER REN = I(OVI) O(PTIMO) M(AXIMO) DIS / DEABUS(QVE) / OMNIBVS / M(ARCVS) VLPIVS / SERVIANVS / C(VSTOS) A(RMORVM) L(EGIONIS) XIIII G(EMINAE) / SEVER(IANAE) REN(OVAVIT) = Jupiter, dem besten und höchsten Gott, sowie allen Göttern und Göttin-nen geweiht! Marcus Ulpius Servianus, custos armorum (= Waffenmeister) der 14. Legion, hat dies wiederherstellen lassen. Verwendete und weiterführende Literatur: ALLESCH, R. M. 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Das drit-tes Register zeigt die Große Göttin (Epona) und die Donaureiter. Das Stierregister gemahnt an das taurobolium für die Magna Mater und anstelle der im untersten Register üblicherweise dargestellen Symbole für die vier Elemente sind zwei Schlangen zu sehen. Abmessungen der Bleivotivtafel: 74 x 110 mm. Der angebli-che Fundort Carnuntum ist auf Grund der rostbraunen Patina zweifelhaft. Auf-bewahrung: Privatsammlung. Foto: Helmut Leitner 118MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel, Typus ERTL A 03. Abmessungen: 90 x 93 mm. Aufbewahrung: Archäologische Sammlung, Bukarest. Foto: Karl Pranz Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit zwei Säulen u. einem Rundbogen, Typus ERTL B 01. Abmessungen: 80 x 81 mm. Aufbewahrung: Privatbesitz. Foto: Karl Pranz ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM119 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit zwei Säulen u. einem Rundbogen, Typus ERTL B 02. Abmessungen: 77 x 93 mm. Aufbewahrung: RGZM, Mainz. Foto: K. Pranz Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit zwei Säulen und einem Rundbogen, Typus ERTL B 03. Abmessungen: 78 x 99 mm. Aufbewahrung: KHM, Wien. Foto: K. Pranz 120MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Abb. 6 - Donaureiter-Bleivotivtafel des Typus ERTL B 03. Bleivotivtafel in Rechteckform mit Darstellung von Danubischen Reitern. Römisch, sehr wahrscheinlich 3. nachchristli-ches Jahrhundert. Die dargestellten Symbole werden von zwei Säulen mit korinthischen Kapitälen und ei-nem Bogen – gebildet aus einem Ei-erstab – umschlossen. In den beiden oberen Ecken außerhalb des "Heilig-tums" (Altar, Lararium) befinden sich zwei Schlangen. Oberste (erste) Reihe: Unter dem Bogen erkennt man deutlich Sol in seiner Quadriga, gekleidet in Tuni-ka, wehenden Mantel und mit seiner unverwechselbaren siebenstrahligen Strahlenkrone. Mit seiner rechten Hand grüßt er die Welt, in der lin-ken Hand hält er einen Globus (Erd-ball). Über den Pferden der Quadri-ga dominieren zwei achtstrahlige Sterne. Vom Streitwagen ist nur der obere Teil sicht-bar, die beiden gekreuzten Striche symbolisieren das Zaumzeug. Hauptreihe (zweites Register): In der Mitte des Hauptfeldes steht eine Göttin (Epona?), bekleidet mit chiton und himation, die ihr Oberkleid mit den Händen zu einem Bausch hochhebt, als wolle sie darin Futter aufbewahren bzw. die Pferde füttern. Die Haar-tracht ist typisch für die erste Hälfte des 3. nachchristlichen Jahrhunderts. Beiderseits von ihr sind die Donauländischen Reitergötter zu erkennen. Einer, der rechte, ist bar-häuptig, der andere (der linke) trägt eine phrygische Mütze, beide sind mit Tunika und wehendem Mantel bekleidet. Die Reiter salutieren der Göttin. Mit den Hufen trampelt das rechte Pferd auf einem am Boden hingestreckten Mann, das linke Pferd auf einem Fisch. Hinter dem linken Reiter erkennt man deutlich einen Soldaten in Rüstung und Helm, mit Schild und Lanze (Mars?), rechts sieht man eine Frau, die ihre rechte Hand zum Mund führt (Nemesis). Drittes Register: In der Mitte des Feldes erkennt man drei glattrasierte, kahl geschorene Männer (Priester?), die um einen Tisch mit einem Fisch (Opfermahl?) herumsitzen und ihre rechten Arme nach demselben ausstrecken. Auf diesem Votivtafeltyp ist deutlich zu erkennen, dass der Priester (?) in der Mitte mit der linken Hand einen Becher oder Humpen umklammert, den er an die Brust drückt. Rechts sind zwei nackte Jünglinge zu sehen, der erste führt den zweiten an der Hand zum Opfermahl. Auf der linken Seite ist die Crioboliums-Szene dargestellt. Ein lediglich mit einem Schurz bekleideter Mann zieht einem vom Baum herabhängenden kopflosen Bock (Widder) das Fell ab. Neben dem Mann mit dem Schurz steht eine mit Tunika bekleidete Person mit einer Widder-maske auf dem Kopf (Widderkopf). Viertes und letztes Register (von links nach rechts sind zu erkennen): Der dreibeinige Tisch mit einem Fisch und die Symbole für die vier Elemente – ein cantharos (Symbol für Wasser), flankiert von einem Löwen (Symbol für das Feuer) und einer Schlange (Symbol für die Erde) und ganz rechts ein Hahn (Symbol für die Luft). Sammlung: Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz. Foto: Friedrich Grotensohn ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM121 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit zwei Säulen u. zwei Rundbögen, Typus ERTL C 02. Abmessungen: 85 x 100 mm. Aufbewahrung: Museum Sofia. Foto: K. Pranz Detail-Beschreibung zur nachfolgenden Abb. 8: Donaureiter-Bleivotivtafel Ty-pus ERTL D 03. Rechteckige Tafel (Querformat) mit Dreiecksgiebel im Feld. Das oberste, "himmlische" Register wird von einem aus jeweils zwei Kordeln (Ka-theten) gebildeten Dreiecksgiebel dominiert, wobei an der Spitze des tympanums eine geflügelte Sonne (?) erscheint. In den beiden oberen Ecken sind links Sol und rechts Luna mit der Mondsichel auf den Schultern eindeutig bestimmbar. Die Hypothenuse des Dreiecks, der auf zwei schlanken Spiralsäulen mit Kompositkapitälen aufliegende "Architrav" wird ebenso wie die Basislinie der Tafel von kordelähnlichen, gedrehten Stricken gebildet. An den beiden Spiral-säulen winden sich Schlangen empor. Das Hauptfeld ist in zwei Register gegliedert. Das obere zeigt im Zentrum die Große Göttin flankiert von den beiden Donaureitern in kurzen Tuniken und mit wehenden Mäntelchen. Beim linken Reiter ist die phrygische Mütze deutlich zu erkennen. In der Hand hält er eine Streitaxt (?). Hinter den Reitern erkennt man jeweils eine menschliche Figur. Unter dem linken Donaureiter liegt horizontal hingestreckt eine menschliche Figur, vermutlich ein besiegter Feind. Im unteren Register erkennt man einen Löwen, darüber eine Feuerschaufel, ei-nen Fisch, darüber drei Brote (?) und nicht näher deutbare, dreieckige Gebilde sowie drei Öllampen (?), einen dreibeinigen Tisch mit Fisch und die klassische Crioboliumsdarstellung, wobei der Widderkopf am Boden unter dem auf einem Ast des Baumes hängenden Widderrumpf liegt. 122MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit einem Dreiecksgiebel im Feld als oberstes Register, Typus ERTL D 03. Abmessungen: 81 x 71 mm. Aufbewahrung: Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz. Foto: Karl Pranz Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit aufgesetztem freistehendem Dreiecks-giebel, Typus ERTL E 01. Abmessungen: 85 x 110 mm. Aufbewahrung: Ghighen- Museum, Bulgarien. Foto: Karl Pranz ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM123 Rechteckige Donaureiter-Bleivotivtafel mit aufgesetztem Dreiecksgiebel. Bei die-ser Tafel handelt es sich um einen Beleg des überaus seltenen TYPUS ERTL E 02, wobei alle drei bis dato bekannt gewordenen Exemplare von sehr ähnlichen aber geringfügig unterschiedlichen Matrizen stammen. Im Zentrum des Tympanums erkennt man die Köpfe von Luna mit aufgesetzter Mondsichel und Sol mit dem Strahlenkranz dahinter die beiden Himmelsschlangen. Im Hauptregister dominiert im Zentrum die Große Göttin (Epona). Ihre beiden Hände hält sie den Pferden entgegen, als ob sie dieselben füttern möchte. Die Donaureiter tragen Tuniken, Mäntel und phrygische Mützen. Im dritten Register erkennt man links eine mensa Delphica (?), im Zentrum einen dreibeinigen Opfertisch und rechts drei Ringe, die Kronen oder Lorbeerkränze oder – was am wahrscheinlichsten ist – Brotlaibe darstellen. Im Basisregister, sieht man von links nach rechts die vier Symbole für die vier Elemente: einen nach rechts laufenden Löwen (Feuer), einen nach links blickenden Hahn (Luft), einen kantharos (Wasser), und einen nach links schreiten-den Stier (Erde). Hinsichtlich des angeblichen Fundortes Carnuntum bestehen be-rechtigte Zweifel, zumal im gesamten bekannt gewordenen Verbreitungsgebiet des Kultes der Danubischen Reiter dieser "Inseltypus" ausschließlich aus der Provinz Dacia bekannt geworden ist. Aufbewahrung: Privatsammlung. Foto: Helmut Leitner 124MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Rechteckige Donaureiter-Blei-votivtafel mit aufgesetztem frei-stehendem Dreiecksgiebel, Typus ERTL E 02. Abmessungen: 70 x 85 mm. Aufbewahrung: Museum Bukarest. Foto: Karl Pranz Aedicula-Donaureiter-Bleivotiv-tafel mit Bogen und Akrotherien, Typus ERTL F 01. Abmessungen: 77 x 90 mm. Aufbewahrung: Rö-misch- Germanisches Zentralmu-seum, Mainz. Foto: Karl Pranz ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM125 Donaureiter-Bleivotivtafel Typus ERTL F 0l. Bei den F-Typen handelt es sich um spezielle Aedicula-Tafeln mit Bogen und Akrotherien. Die einzelnen, deutlich er-kennbaren Register des Hauptfeldes werden von einer gedrehten Schnur einge-fasst. Im bogenförmigen Aufsatz erkennt man einen von zwei Sternen flankierten Fisch, in den Akrotherien zwei weitere Sterne. Im obersten Register des Hauptfeldes steht ein Krater mit Deckel, aus dem sich zwei Wasserströme ergießen. Flankiert wird der Krater von den beiden Himmels-schlangen, die aus dem heiligen Gefäß trinken. In der linken oberen Ecke erkennt man Luna mit der Mondsichel auf den Schultern. In der rechten oberen Ecke steht die Büste des Sol mit seiner Strahlenkrone. Das Hauptregister wird von der Großen Göttin dominiert, die auch auf dieser Darstellung die Pferde der Donaureiter zu füttern scheint. Die Göttin Epona (?) steht auf einem Postament mit einer einfachen Stütze. Sie trägt das häufig zu er-kennende zweiteilige Kleidungsstück aus bodenlangem Unterteil und hüftlangem Oberteil. Die beiden Donaureiter tragen Tuniken, wehende Mäntelchen und phry-gische Mützen. Unter den Hufen der Pferde der beiden danubischen Reiter er-kennt man die häufig dargestellten Feinde oder Gebannten in Form zweier nack-ter Männer, die horizontal ausgestreckt mit den Gesicht zum Boden liegen. Hin-ter dem linken Donaureiter erkennt man einen Mann (Soldat? Gott Mars?), hinter dem rechten Donaureiter eine Frau, die ihre rechte Hand vor den Mund hält (Ne-mesis). Im untersten Register sieht man von links nach rechts einen dreibeinigen Opfer-tisch, einen Kandelaber mit einer Öllampe, einen Dolch, die Crioboliumsszene, einen kantharos, darüber drei Früchte oder Brotlaibe und einen Hahn über einem Widderkopf. Foto: Bogdan Winnicki 126MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Abb.15 - Aedicula-Donaureiter- Bleivotivtafel mit Bogen und Ak-rotherien sowie zwei Säulen, Ty-pus ERTL F 02. Abmessungen: 97 x 120 mm. Aufbewahrung: Muse-um Zagreb. Foto: Bogdan Winnicki Abb.14 - Bleivotivtafel mit der Dar-stellung Danubischer Reiter, Typus ERTL F 02. Im Bogen erkennt man Helios in seiner Quadriga, beklei-det mit Tunika und wehendem Man-tel sowie einer siebenstrahligen Krone auf seinem Haupt. In der lin-ken Hand hält er eine Peitsche, mit der rechten grüßt er salutierend. Das linke Akroterium wird von der Büste des Sol ausgefüllt, im rechten Akroter erkennt man Luna. Im Hauptregister ist die Große Göt-tin (Epona?) zu erkennen. Die bei-den Donaureiter salutieren der Göt-tin. Unter den Hufen des linken Pferdes liegt ein nackter Mann, unter den Hufen des rechten Pfer-des ein Fisch. Hinter dem linken Reiter erkennt man Mars, dem rech-ten folgt Nemesis. Das dritte Register zeigt Criobolium, Kultmahl und Heranführung eines Mysten. Im untersten Register sind die Symbole der vier Elemente dargestellt. Abmessun-gen: 98 x 120 mm. Fundort: vermutlich Sirmium, Pannonia inferior (heute Sremska Mitrovica, Serbien). Privatsammlung. Foto: Helmut Leitner ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM127 Aedicula-Donaureiter-Bleivotivtafel mit drei Bögen, Typus ERTL F 03. Abmes-sungen: 87 x 109 mm. Aufbewahrung: KHM, Wien. Foto: Karl Pranz. Aedicula-Donaureiter-Bleivotivtafel mit Bogen und Akrotherien und einem kreis-runden Medaillon im Feld, Typus ERTL G 02. Abmessungen: 74 x 87 mm. Aufbe-wahrung: RGZM, Mainz. Foto: Karl Pranz Aedicula-Donaureiter-Bleivotivtafel mit Bogen und Akrotherien und einem kreis-runden Medaillon im Feld, Typus ERTL G 04. Abmessungen: 77 x 88 mm. Aufbe-wahrung: RGZM, Mainz. Foto: Bogdan Winnicki 128MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Kreisrunde Donaureiter-Bleivotivtafel, Typus ERTL H 01V. Abmessungen: ca. 78 mm Durchmesser. Aufbewahrung: RGZM, Mainz. Foto: Karl Pranz Kreisrunde Donaureiter-Bleivotivtafel, Typus ERTL H 02. Abmessungen: 74 mm Durchmesser. Aufbewahrung: RGZM, Mainz. Foto: Karl Pranz ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM129 Donaureiter-Bleivotivtafel Typus ERTL H 02. Rundes Medaillon, eingerahmt von drei Kreisen. Der äußerste besteht aus einem Eierstab, der zweite ist eine Perl-schnur und der dritte ein schmaler glatter Reif. Oben, in der Mitte, sieht man die Große Göttin bekleidet mit einem chiton. Sie hebt das gebauschte Gewand hoch, vermutlich um mit dem darin verborgenen Futter die Pferde der Donaureiter zu füttern. Die Göttin steht über einem drei-beinigen Tisch, auf dem ein Fisch liegt (mensa Delphica). Der Kopf der Großen Göttin wird von den beiden Himmelsschlangen und zwei Sternen flankiert. Un-ter den Schlangen erkennt man links Luna mit der Mondsichel auf den Schultern und rechts Sol mit der siebenstrahligen Krone. In der darunterliegenden Ebene folgen beiderseits der Großen Göttin die beiden Donaureiter in ihren orientalischen Kostümen. Unter den Hufen der Pferde lie-gen zwei Männer in ähnlicher Kleidung. Hinter dem rechten Donaureiter sieht man die Büste einer Person mit phrygischer Mütze. Im nun folgenden Register erkennt man von links nach rechts einen Hahn, einen kantharos und einen Widder, darunter sieht man drei kipferlartige Ringe (Brote oder Diademe?). Sammlung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums, Mainz. Foto: Friedrich Grotensohn 130MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Donaureiter-Bleivotivtafel Typus ERTL H 06. Rundmedaillon, umrahmt von zwei seil-artig gedrehten Einfassungen, wobei die innere in zwei Schlangenköpfen mündet. Im obersten Register erkennt man von links nach rechts einen Hahn, darunter einen Fisch, eine Büste der Luna mit der Mondsichel auf dem Kopf, eine kleine Statuette der Nemesis (bekleidet mit chiton und himation, über und unter ihr jeweils ein Stern), eine Büste des Sol invictus mit fünfzackiger Strahlenkrone und einen Widderkopf, darunter einen dreibeinigen Opfertisch. Im Hauptregister fehlt die üblicherweise im Zentrum dargestellte Große Göttin zur Gänze. Es stehen sich lediglich die zwei Donaureiter gegenüber, bekleidet mit Tuni-ken, jedoch ohne die beinahe schon obligaten wehenden Mäntelchen. Der rechte Donaureiter hat möglicherweise eine phrygische Mütze auf, es könnte sich aber genauso gut um einen Helm mit Federbusch handeln. Der linke Donaureiter schwingt einen Speer (?), der rechte hält einen leicht geschwungenen Stab in Händen, der an eine Schlange oder an den Knotenstock eines centurios erinnert. Unter den beiden Reitern liegen besiegte, verwundete oder getötete Feinde horizontal am Boden hingestreckt, allerdings in unterschiedlichen Stellungen. Der Mann unter dem linken Donaureiter hält die Anne gespreitzt und hat ein Bein angewinkelt, beim gegenüberliegenden, unter dem rechten Donaureiter, sind Arme und Beine parallel ausgerichtet. Hinter dem linken Donaureiter steht ein Kandelaber mit einer aufgesetzten Öllampe, hinter dem rechten Donaureiter steht auf einer nicht näher erklärbaren Basisline ein zweihenkeliger Krug, darunter ist ein Rabe dargestellt. Nicht erklärbar ist der Punkt im Zentrum des Medaillons zwischen den beiden Donaureitern. Im untersten Register schreitet ein Löwe auf der linken Seite nach rechts, darunter sieht man drei Ringe (drei Brotlaibe?), in der Mitte zieht ein Mann dem auf einem Ast des dargestellten Baumes hängenden Widderkörper das Fell ab (criobolium), rechts sieht man einen Widder, darunter einen Stern. Sammlung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz. Foto: Friedrich Grotensohn ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM131 Donaureiter-Bleivotivtafel in Form eines achtzackigen Sternes mit kreisrundem Medaillons auf der Rückseite, Typus ERTL J 01. Abmessungen: 87 mm Durch-messer. Aufbewahrung: Privatsammlung. Foto: Friedrich Grotensohn. Ausführli-che Beschreibung siehe folgende Seite. 132MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Detailbeschreibung zu Abb. 22: Donaureiter-Bleivotivtafel in Form eines acht-zackigen Sternes mit kreisrundem Medaillon auf der Rückseite. Typus ERTL J 0l. Abmessung: 87 mm Durchmesser. Der "Avers" zeigt eine deutliche Gliederung in den von zwei Schlangen gebildeten Himmelsbereich und drei darunter liegende Register. Im Zentrum des ersten Registers, der obersten Reihe, blicken einander Sol invictus (links, mit siebenstrahliger Krone auf dem Haupt) und Luna (rechts, mit der Mondsichel auf dem Haupt) an. Links von Sol steht auf einer Basislinie die Göttin Nemesis (vgl. hierzu auch die Beschreibung des "Revers"). Dahinter, ebenfalls auf einer Basislinie, ist ein Vogel zu sehen (vermutlich ein Rabe). Rechts neben Luna als Pendant zur Nemesis steht eine widderköpfige, männliche Figur, daneben erkennt man einen Hahn, beide stehen auf Basislinien. Im Zentrum des zweiten Registers dominiert die frontal zum Betrachter stehende Große Göttin (Epona?) mit erhobenem Gewand (als wolle sie die Pferde füttern). Auch sie steht auf einer Basislinie. Flankiert wird die Große Göttin (Magna Ma-ter) von den beiden Donaureitern in ihren wehenden Mänteln. Der linke Reiter schwingt eine Doppelaxt (?), der rechte Reiter stößt mit einer Lanze nach dem unter den Hufen seines Pferdes liegenden Mann (Feind? Gebannter?) mit parallel ausgerichteten Beinen. Auch unter dem linken Reiter liegt ein Mann mit dem Gesicht zum Boden, eines seiner Beine ist jedoch abgewinkelt. Hinter dem linken Reiter sieht man oben einen Fisch, darunter einen auf einer eigenen Basislinie nach rechts schreitenden Löwen. Hinter dem rechten Donaureiter erkennt man oben einen dreibeinigen Opfertisch mit drei ringförmigen Gebilden (Brote?), darunter einen Bratrost. Im dritten Register (Basisreihe) erkennt man von links nach rechts die Heran-führung eines Mysten, abermals einen Bratrost und einen dreibeinigen Opfer-tisch mit drei ringförmigen Gebilden (Brote?). Bei der unter dem Tisch ausge-streckten "menschlichen Figur" dürfte es sich lediglich um eine Rüstung handeln. Es folgen ein Kandelaber mit Öllampe, ein Widderkopf, darunter ein zweihenke-liger Krug (zur Aufnahme des Widderblutes oder des heiligen Wassers), daneben eine realistische Darstellung der Crioboliumsszene. Auf dem "Revers" der seltsamen Bleitafel J 01 steht Nemesis vor einem großen Löwen. Unwillkürlich erinnert diese Darstellung an eine Bauinschrift und Dar-stellung syrischer Götter aus Aquincum (Budapest): "DEAB SYR ET ...AB PRO SALV..." Und damit tauchen auch bereits Assoziationen mit anderen Göttinnen von der kleinasiatischen Magna Mater und der Dea Syria über Kybele bis Atargatis auf. Für Atargatis sprechen nicht zuletzt die berühmten Reliefs des Altars von Fiki. Auf dieser wohl umfassendsten Darstellung des heliopolitanischen Panthe-ons erscheinen neben Sol, Luna und Jupiter Heliopolitanus die Gestalt der Atargatis (von Sphingen umringt) sowie eine Göttin mit der Harfe, die RONZEVALLE als syrische Nemesis identifizierte, weiters Simeia, der Löwengott und deren Kind Simios (=Mercurius). Auf den Götterbildern des Arcus in Aquincum ist der Löwe bereits Symbol der Dea Syria. Wie aber passt der Löwe zur Nemesis? Etwa durch eine Gleichsetzung Atargatis - Dea Syria - Nemesis? Erhebt sich dabei die Frage, ob im Donaureiterkult die eschatologischen bzw. soteriologischen Charaktere der beiden Kulte nicht nur verknüpft, sondern tatsächlich verschmolzen sind? Nemesis, ursprünglich die ALMOGAREN 44-45/2013-2014MM133 Göttin der Zuteilung und der Vergeltung, auch die Zürnende, in nachhomerischer Zeit nur als Straferin oder Rächerin bekannt, avancierte über ihre Funktion als Gestirngöttin und kosmische Schicksalswalterin in hellenistischer Zeit zu einer den Weltlauf beherrschenden Nemesis Regina. In hellenistischer Zeit gewann Nemesis auch besondere Bedeutung in der Ero-tik. Zu manchen Zeiten stand Nemesis im Reigen der Liebesgötter gleichwertig mit Aphrodite und Eros ohne mit ihnen wesensgleich zu sein. Später fungierte Diana-Nemesis als Beschützerin der Arena und der darin kämpfenden Gladiato-ren (Tempelchen im Amphitheater Carnuntum, drei ursarii in Teurnia -Relief im Schloss Porcia in Spittal an der Drau/Kärnten). Als Nemesis campestris war sie auch die Schutzgottheit der Exerzierplätze. In der späten römischen Kaiserzeit (Dominat) vereinigte Nemesis-Fortuna aller übrigen Götter Macht in ihrer Per-son. In dieser Form wurde sie von ihren Anhängern, den Nemesiaci, zu denen sehr wahrscheinlich auch die Anhänger des Donaureiter-Kultes zählten, verehrt – nach MÜLLER auch "in den ausschweifenden Formen der Fremdkulte." (Ne-mesis und Magna Mater zusammen in Ostia - CIL XIV 34). Von Tyche übernahm die spätere "Allgöttin" Nemesis den Ehrentitel Augusta, ihr Naheverhältnis zu dem phrygischen Reitergott wird bereits in PAULY's "Real- Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft", herausgegeben von W. KROLL - 32. Halbband, Stuttgart 1935, pag. 2373, beschrieben. Auf vielen Dar-stellungen steht Nemesis auf einer am Boden liegenden männlichen oder weib-lichen Gestalt, die vielleicht ursprünglich einen bestimmten durch Defixio (Beschwörungsritual) niedergeworfenen Gegner darstellte – vgl. hierzu die von den Donaureitern unterworfenen Feinde. Einerseits kennen wir Darstellungen von Nemesis, wo sie gesenkten Blicks mit der einen Hand leicht das Gewand über der Brust anhebt, andererseits den be-kannten Gestus von der vor den Mund gehaltenen Hand, der darauf zurückgeht, dass man den Mittelfinger der rechten Hand im Mund befeuchtete und ihn damit hinter das rechte Ohr steckte. Die Frage der Vervielfachung der Nemesis ist sehr umstritten, auf einigen Bleivotivtafeln der Donaureiter erscheint Nemesis manchmal zweifach, allerdings gleichartig-ähnlich wie auf den smyrnäischen Bil-dern, die ebenfalls in keiner Weise irgendeinen Wesensunterschied erkennen lassen. Bronzevotivblech mit Darstellung eines Thrakischen Reiters. Rechts ist die das Pferd fütternde Pferdegöttin Epona zu erkennen. Römisch, spätes 3. nachchristl. Jahrhundert. Privatbe-sitz. Foto: Friedrich Grotensohn 134MMALMOGAREN 44-45/2013-2014 Donaureiter-Votiv-tafel aus Silberblech. Aufbewahrung: Mu-seum Köln. Abmes-sungen: wesentlich größer als die meis-ten Bleivotivtafeln (ca. A5). Foto: Hel-mut Leitner Donaureiter-Bleivotivtafel mit der Inschrift "DOMINO", gefun-den in Quadrata. Aufbewahrung: Museum von Hanság; datiert 2./ 3. Jh. n.Chr. Die Allgemeinbe-zeichnung "DOMINO" lässt of-fen, welchem konkreten Gott die Widmung gilt. Foto: A. Dabasi, Museum von Hanság. |
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