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ALMOGAREN XLII/2011MM129 ICDIGITAL Separata XLII-9 ALMOGAREN XLII/2011 IC 130MMALMOGAREN XLII/2011 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). Die deutsche Rechtschreibung wurde – mit Ausnahme von Literaturzitaten – den aktuellen Regeln angepasst. Englischsprachige Keywords wurden zum Teil nach-träglich ergänzt. PDF-Dokumente des IC lassen sich mit dem kostenlosen Adobe Acrobat Reader (Version 7.0 oder höher) lesen. Für den Inhalt der Aufsätze sind allein die Autoren verantwortlich. Dunkelrot gefärbter Text kennzeichnet spätere Einfügungen der Redaktion. Alle Vervielfältigungs- und Medien-Rechte dieses Beitrags liegen beim Institutum Canarium Hauslabgasse 31/6 A-1050 Wien IC-Separatas werden für den privaten bzw. wissenschaftlichen Bereich kostenlos zur Verfügung gestellt. Digitale oder gedruckte Kopien von diesen PDFs herzu-stellen und gegen Gebühr zu verbreiten, ist jedoch strengstens untersagt und be-deutet eine schwerwiegende Verletzung der Urheberrechte. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: institutum-canarium.org almogaren.org Abbildung Titelseite: Original-Umschlag des gedruckten Jahrbuches. Institutum Canarium 1969-2013 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte ALMOGAREN XLII/2011MM131 Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Luis Alberto Anaya Hernández: Las nuevas ideas y la Inquisición .................................................................. 9 Joaquín Caridad Arias: Temas lingüísticos canarios .......................................................................... 23 Julien d'Huy: Le récit du Chasseur adroit : un mythe kabyle à remonter le temps ? ......................................................... 37 Michael Huebner & Sebastian Huebner: New evidence for a large prehistoric settlement in an annular geomorphological structure in Southwest Morocco ................ 43 Werner Pichler & Alain Rodrigue: The rock art site of Hadjart (Taouz, Morocco) ............................................. 51 Andoni Sáenz de Buruaga: Una nueva estación artística en el Tiris saharaui: presentación del abrigo rupestre de Lejuad VIII (Duguech, Sahara Occidental) ............... 63 R. Santana Rodríguez, J. M. Pérez Luzardo, J. Pérez-Luzardo Díaz: El hábitat troglodita en Gran Canaria: Evolución del hogar desde tiempos prehispánicos ....................................... 89 Susan Searight-Martinet: Rock engravings from Asli Bou Kerch, Smara, Western Sahara ................ 109 Hans-Joachim Ulbrich: Die podomorphen Felsbilder von Lanzarote (Kanarische Inseln) ............ 133 Hartwig E. Steiner: Altkanarische Stätten in Las Playas / El Hierro III: Poblado del Letime – eine Höhen-Siedlung mit Höhlen-Heiligtum? ......... 169 132MMALMOGAREN XLII/2011 Ulbrich, Hans-Joachim (2011): Die podomorphen Felsbilder von Lanzarote (Kanarische Inseln).- Almogaren XLII (Institutum Canarium), Wien, 133-168 Zitieren Sie bitte diesen Aufsatz folgendermaßen / Please cite this article as follows: ALMOGAREN XLII/2011MM133 Hans-Joachim Ulbrich Die podomorphen Felsbilder von Lanzarote (Kanarische Inseln) Keywords: Canary Islands, Lanzarote, podomorphic rock art, Old Mediterranean, religion, Magna Mater Zusammenfassung: Lanzarote, die nordöstlichste der sieben großen Kanarischen Inseln bietet ein reiches prähispanisches Inventar an Felsritzungen, welches u.a. auch verschiedene Formen von Fuß-Abbildungen umfasst. Es wird der Versuch unternommen, den gesamten aktuellen Korpus dieses Felsbild-Typs darzustellen und in Teilen neu zu interpretieren. Darüber-hinaus wird eine relative chronologische Einordnung vorgeschlagen. Abstract: Lanzarote, the northeasternmost of the seven big Canary Islands, offers a rich inventory of prehispanic rock art which features also several forms of podomorphic motifs. The attempt is undertaken to show the actually complete corpus of this type of rock carvings and to interpret it partially anew. Furthermore a relative chronological estimation is given. Resumen: Lanzarote, la más al norte de las siete Islas Canarias principales, ofrece un copioso inventario de rayados rupestres prehispánicos que, entre otras, contiene diversas formas de figuras podomorfas. El presente trabajo pretende presentar e interpretar en su conjunto -parcialmente de nuevo- el corpus actual de este tipo de grabado rupestre. Asimismo, se propone una clasificación cronológica relativa. Almogaren XLII / 2011 Wien 2011 133 - 168 Der vorliegende Aufsatz ist die Aktualisierung und Zusammenführung mehrerer Textab-schnitte zum Thema 'prähispanische Fußabbildungen auf kanarischen Felsen' in früheren Arbeiten (Ulbrich 1990: 62, 64; 1991: 13, 15, 18f; 1995; besonders 1996: 295ff). 1. Allgemeines Der Fuß und die Füße, das Fußpaar, gehören nicht nur anatomisch gesehen sondern auch kultur- und religionsgeschichtlich zu den wichtigsten Körper-teilen des Menschen. Der homo symbolicus ist bezüglich seiner untersten Gliedmaßen, die am häufigsten den Boden berühren, möglicherweise schon seit dem Jungpaläolithikum existent. Die Symbolforschung kennt deshalb nicht nur den physischen Fuß, sondern speziell auch die Fußspur oder den 134MMALMOGAREN XLII/2011 Fußabdruck, in dem der Fuß vereinfacht bzw. abstrahiert und oft nur als Um-riss dargestellt wird. Der ehemalige IC-Präsident (1973-1988), Prof. Dr. Hans Biedermann, hat sich zeitlebens intensiv mit der Welt der Symbole auseinan-dergesetzt. In seinem großen Werk (Biedermann 2000: 157f) führt er u.a. aus: "Fuß (Fußspur), schon in vorgeschichtlichen Epochen viel beachtete und in Form von Felsbildern und plastischen Gestaltungen manifestierte Symbol-form für die Anwesenheit von Menschen und vor allem übernatürlichen Wesen. Fährtensucher aller Zeiten und Kulturen haben dem Fußabdruck Beachtung geschenkt. Da der Fuß der Erde unmittelbar benachbart ist, herrschte vielfach der Glaube, er würde dem betretenen Boden persönliche Kräfte und Ausstrahlungen übertragen. Landnahme wurde häufig einfach dadurch manifestiert, daß auf den Boden der Fuß des Entdeckers gesetzt wurde; ähnlich wurde auf besiegte Feinde der Fuß gestellt, um deren Unter-werfung symbolisch zu manifestieren. Das 'Aufstehen mit dem linken Fuß' galt schon in der Antike als unglückliches Omen für den folgenden Tag. Untergebene und Sklaven mußten als Zeichen der Demut die Füße ihrer Herren küssen. Andererseits galt Lösen der Schuhriemen und Betreten hei-liger Stätten (2. Buch Mosis 3,5) mit bloßen Füßen als Akt der Ehrfurcht. Der Gründonnerstagsbrauch der 'Fußwaschung' in der katholischen Kirche ist ein sinnbildlicher Ausdruck der Demut, nach dem Vorbild Jesu, der seinen Jün-gern nach der orientalischen Sitte der Gastfreundschaft die Füße gewaschen hatte. Die Barfüßigkeit von Mönchsorden (unbeschuhte Karmeliter) ist Aus-druck der freiwillig gewählten Armut. – Dämonischen Wesen wurden oft unmenschlich gestaltete, etwa verkehrt angesetzte Füße zugeschrieben, ebenso Gänse- oder Entenfüße (so etwa bestimmten Wassergeistern und Zwergen). Berühmt ist in diesem Zusammenhang der Bocks- oder Pferdefuß des Teufels, der als Zerrbild einstiger Schönheit nur hinkend gehen kann. Im Volksglauben Altchinas, des buddhistischen Raumes, aber auch im islami-schen und christlichen Bereich werden oft natürlich entstandene Höhlungen in Stein als Fußspuren von Göttern, Heroen, Propheten und Heiligen ver-ehrt. Die Mutter des Begründers der Chou-Dynastie soll durch Betreten ei-ner göttlichen Fußspur auf übernatürliche Weise geschwängert worden sein. – Im Jahr 1740 wurde auf dem Rosenstein in Schwaben eine 'Fußspur Gottes' gesprengt, um ihre 'abergläubische Verehrung' (besonders durch Fußkranke) zu verhindern. In ähnlicher Weise werden an vielen Orten Mitteleuropas Fußstapfen von Heiligen, Riesen, Teufeln und Hexen gezeigt, meist Auswitterungserscheinungen auf Steinplatten, die annähernd Fußabdrücken ähneln. Der Ausdruck 'in jemandes Fußstapfen treten' bedeutet die Absicht der geistigen Nachfolge (vgl. Römerbrief 4, 12): Man will dem Vorbild, das diese Spur hinterlassen hat, folgen. – Eine moderne Manifestation spieleri-scher Art, die auf die archaische Verehrung der Fußspuren großer Vorbilder zurückgeht, ist die Hollywood-Sitte, auf dem Sunset-Strip in Los Angeles die Fußspuren gefeierter Schauspieler zu bewundern und in sie hineinzutreten. – Für die Psychoanalyse ist der Frauenfuß ein durch frühkindliche Wahr- ALMOGAREN XLII/2011MM135 nehmungen so erlebter Ersatz für den 'fehlenden Penis' des weiblichen Ge-schlechtes, wodurch die absonderliche sexuelle Abweichung des männlichen 'Fuß- und Schuhfetischismus' erklärt werden soll. – In der christlichen Sym-bolik wird die Hauptsünde des Zornes (Ira) gelegentlich dadurch dargestellt, daß eine Edelfrau einen Diener mit Füßen tritt; der Fußtritt ist auch sonst Ausdruck extremer Verachtung des Getretenen." Bezogen auf den uns hier interessierenden europäischen-mediterranen-nordafrikanischen Raum kann festgehalten werden, dass podomorphe, also dem Fuß formenmäßig entsprechende oder fußähnliche Felsbilder sowie fuß-bezogene Riten über Jahrtausende hinweg bis in die Jetztzeit hinein in allen diesen geografischen Gebieten – zu denen auch die Kanarischen Inseln gehö-ren – eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben. 2. Der altkanarische Kontext Die überaus reichen Erscheinungsformen der prähispanischen – also alt-kanarischen – Felsbildkunst auf den Insulae Fortunatae umfassen unter ande-rem auch die Darstellung von Füßen (und möglicherweise auch Sandalen). Nahezu alle großen Inseln des Archipels – bislang meines Wissens nicht La Gomera und La Palma – weisen solche Motive mehr oder weniger häufig auf. Bei näherem Hinsehen fällt auf, dass die meisten als Umriss ausgeführt sind, weniger als große Schabung oder gar Tiefenrelief. Mit den zur Verfügung ste-henden Mitteln – Steine und Faustkeile aus dem vulkanischen Umfeld, zum Beispiel aus Basalt oder Obsidian – war man eher in der Lage, Umrisse, d.h. gerade und gebogene Linien oder Striche, zu erzeugen, als langwierig Flä-chen herauszuarbeiten. Wie bei vielen anderen Kulturmerkmalen zeigt sich auch bei den podo-morphen Felsbildern der kanarischen Ureinwohner kein einheitliches Bild. Mit anderen Worten: Die frühen Zuwanderer aus dem iberischen, mediterranen und nordafrikanischen (altberberischen) Raum haben alle ihre eigenen Stil-richtungen im Fels verewigt. Es lässt sich auch hier feststellen, dass es den einheitlichen, alleine berberischen Kolonisten nicht gegeben hat. Auf El Hierro z.B. finden wir Fußumrisse in der Lava, ein Medium, das auf keiner anderen Insel des Archipels für solche Motive genutzt wurde. Nur auf Lanzarote gibt es – ganz begrenzt im äußersten Süden – Umrisse mit zwei Zehen-Reihen an gegenüberliegenden Seiten des schematisierten Fußes. Fu-erteventura ist jene Insel mit den meisten podomorphen Paneelen – mit Mas-sierung auf einem einzigen Berg bzw. einem Gipfelbereich; dort auch die ein-zigen flächig hergestellten podomorfos (span.) der gesamten Kanaren. Da ich hier nicht das extrem weite Gesamtfeld der podomorphen Abbil-dungen im atlantisch-mediterranen Raum komplett neu aufrollen möchte, 136MMALMOGAREN XLII/2011 empfehle ich zum Thema der Kulturparallelen und zu den bisherigen mögli-chen Bedeutungen der 'Podomorfos' die Lektüre von Pichler (1996: 218-226) und Ulbrich (1996: 295-300). Im Hinblick auf andere Autoren sei an dieser Stelle lediglich betont, dass Vergleiche nicht nur mit Nordafrika oder Berber-kulturen vorgenommen werden sollten. Ziel der nachfolgenden Ausführungen ist es, einige neue Gedanken in die Diskussion einzubringen, die – zunächst nur für Lanzarote – eine Verbin-dung zum Kult der Magna Mater Mediterranea wahrscheinlicher machen als bisher schon. Darüberhinaus werden im Abbildungsteil (Kapitel 9) alle bis dato bekannten fußartigen Petrosomatoglyphen vorgestellt. 3. Verteilung und Typologie der podomorphen Felsbilder auf Lanzarote Acht Fundstellen (davon 3 Dislokationen), 14 natürliche Paneele und 35 Ein-zelfüße, Fußpaare und Fuß-Friese kennzeichnen die Fundsituation auf Lanzarote. Damit liegt Lanzarote statistisch gesehen an zweiter Stelle nach Fuerteventura. Die Lokationen der Felsbilder zeigt Tab.1. Die Bevorzugung einer bestimmten Region lässt sich nicht erkennen; wohl aber die Häufung an bestimmten Fundor-ten, nämlich die Piedra del Majo (Zonzamas) und die Cueva Palomas (Femés). Die hypsometrische Verteilung kann vereinfacht wie folgt angegeben werden: - Basaltschlote in der Ebene 2 Fundstellen, 3 Paneele - Basaltschlote auf einem Bergkamm 2 Fundstellen, 6 Paneele - Basaltfelsen in mittlerer Höhe 1 Fundstelle, 5 Paneele - Dislokationen 3 Steine (2 davon sind Mauersteine) Damit wird deutlich, dass die Ureinwohner von Lanzarote ("Mahos") keine besondere Vorliebe für Höhenheiligtümer besaßen, bzw. dass ein durch Fuß-abdrücke geheiligter Ort nicht zwingend auf einer Bergspitze sein musste. Es sieht vielmehr so aus, als würde sich die Nutzung eines Ortes eher nach dem Vorhandensein eines ritzbaren Felsens richten. Somit besteht ein ganz deutli-cher Unterschied zur Mña. Tindaya der Nachbarinsel Fuerteventura, wo die ! " # $ # % " !" # $! " % & ' ( ) * * ) +, - . / ( & - 0 ( & & - " 1 - 2' 3* 4 5 6 " ' 7 8 # 29 4 * ALMOGAREN XLII/2011MM137 & $ " ' " $ $ () "% # % " 2 :;4 * 0 " 6 5 .% - ' .% - < .% = - .% > 2 8 7 > 4 - . .% > 8 3 - ? 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Tindaya (Fuerteventura) feststellen zu können; ich glaube aber, dass dies eher mit der generellen Ausrichtung der lanzarotischen Felsbilder nach Süden zu tun hat (Ulbrich 1995), die wiederum mit einem Sonnenkult zusammenhängen könnte. Tabelle 2 zeigt die Umriss-Formen, die – inklusive Varianten – mit 11-12 beziffert werden können (von Typ A ist ein Fall transitiv zu Typ B, man sehe Abb. 13). Damit steht Lanzarote auch bei der Zahl der verschiedenen Typen an zweiter Stelle nach Fuerteventura, das laut Pichler (1996: 215) 27 Typen aufweist. Den lanzarotischen Typ H gibt es dagegen auf Fuerteventura nicht. Die Podomorfos von Lanzarote scheinen auch stark auf der schematisierten Seite angesiedelt zu sein, während auf Fuerteventura viel realistischere Typen existieren, z.B. was die Darstellung der Zehen betrifft. Letztere werden auf Lanzarote als Striche oder vereinfachte Umrisse dargestellt (Typ A, B, G, H), sind aber auf Fuerteventura teilweise sehr nahe an der anatomischen Realität (Pichlers Typen 2-9, 14-15). Das Anlegen von Friesen aus 3, 4 oder 5 Einzelfüßen oder auch aus 2 Fuß-paaren scheint sich aufgrund des Auftretens von ungeraden Zahlen völlig von der menschlichen Anatomie gelöst zu haben: Vielmehr kam es offenbar dar-auf an, die Idee, die hinter dem "Fußabdruck" stand, im Fels zu manifestieren und durch eine möglichst große Menge solcher Symbole die Heiligkeit des Ortes zu potenzieren bzw. den Zweck des Symbols, nämlich eine Bitte an die Gottheit, schneller und beständiger in der Realität wahr werden zu lassen. Dies deutet auch die petroglyphische Darstellung auf Lanzarote von immerhin 18 Einzelfüßen an (die Friese hier nicht angerechnet). Die Ausführungstechnik umfasst Ritzungen (span. incisión), Punzierungen (span. picado, percusión) und Schabungen (span. frotación, deutsch 'Reibung'). Interessant ist, dass der Großteil der Ritzungen der Piedra del Majo (Zonza-mas) nachgeschabt wurde; in der geschabten leichten Vertiefung haben sich ALMOGAREN XLII/2011MM139 Mikroorganismen festgesetzt, die im Laufe der Zeit für eine Patina gesorgt haben, die etwas dunkler ist als der Gesteinslack des nicht bearbeiteten Felsens. 4. Anmerkungen zu den Abbildungen Abb. 1 - Der Mauerstein wurde von einem Deutschen bei Restaurierungs-arbeiten in der Casa de los Marqueses (Teguise) entdeckt. Er zeigt den Typ A mit einer interessanten Variante der Zehen als Umrisse, also flächig. Der Stein stammt sicherlich aus dem altkanarischen Umfeld der ehemaligen Hauptstadt von Lanzarote und mag vielleicht im 16. Jh. dort entdeckt worden sein. Es ist nicht auszuschließen, dass der Stein – obwohl heidnisch – das adelige spani-sche Haus schützen und segnen sollte; der Herzog Agustín de Herrera y Rojas hatte schließlich eine eingeborene Großmutter. Sehr ähnlich ist auch Abb. 15, deren Stein nicht weit davon entfernt in Teguise entdeckt wurde. Unerklärt sind bisher die linearen und gebogenen Fortsätze auf der Fersenseite; León Hernández & Perera Betancort (1996: 63) denken hier an einen möglichen Hinweis auf Sandalen. Die gebogenen An-hängsel finden sich auch in Abb. 15 und an anderer Stelle, nämlich seitlich, an der Ritzung der Abb. 11 (Piedra del Majo). Aufgrund dieses Umstandes vermu-te ich eher eine kultische Bedeutung. Warum bei einer Sandale Zehen zeigen? Abb. 2 - Dies ist eines von mehreren Paneelen, welche erst in den 90er Jahren (Perera Betancort, Springer Bunk & Tejera Gaspar 1997) in der Nähe von Femés auf einem östlich gelegenen Höhenzug des Ajaches-Gebirges, der in Richtung Pico Naos noch weitere Fundstellen aufweist, entdeckt wurde. Es zeigt neben drei punzierten Fußumrissen des Typs I auch einige Striche des altkanarischen linear-geometrischen Stils sowie eine latino-kanarische In-schrift ( = IAM). Auf demselben Paneel befindet sich (weiter unten) noch eine vertikale libysch-berberische Inschrift. YAM ( ) ist im Phönizischen (und Hebräischen) ein Begriff für "Meer" (Krahmalkov 2000: 209); dies könnte für die Fundstelle 'Cueva Palomas' zu-treffen, bei der das Meer in Sichtweite ist. Phönizier und Punier haben Lan-zarote mit ziemlicher Sicherheit besucht. YM mit ungewisser Vokalisation ist laut Krahmalkov (2000: 210) auch ein phön. Personenname oder – in zwei Fällen – die erste Silbe eines solchen. Laut Jongeling (1994: 61) ist iam aber auch der Beginn zahlreicher altberberischer Personennamen: iam(a)car, iam-bal, iambaria, iameraban, iameratan, iamgur, iammada, usw. Wir hätten es dann mit der Kurzform eines PN zu tun, etwa in dem Sinne eines Rufnamens. Abb. 3 - Zu sehen ist ein weiterer gepunzter Fußumriss (Typ I) der Fund-stelle 'Cueva Palomas'. Darüber ein gepunzter Kreis, der möglicherweise ei-nen missglückten Fußabruck darstellen soll. 140MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 4 - Wir erkennen zwei Fußumrisse des Typs I, die möglicherweise als Paar gemeint sind; der linke Umriss ist jedoch nicht vollendet. Abb. 5 - Dieses Paneel von der 'Cueva Palomas' zeigt einen gepunzten Fußumriss des Typs I und ein geritztes Fußpaar des Typs C. Letzteres erinnert an eine ähnliche Form der Abb. 12 links. Abb. 6 - Wir sehen ein Doppelpaneel der 'Cueva Palomas' mit zwei ge-punzten Einzelumrissen und zwei Fußpaaren, alle des Typs I. Ebenfalls ent-halten sind einige latino-kanarische und libysch-berberische Inschriften, die in dieser Umzeichnung nur schwer erkennbar sind (mehr dazu in Kapitel 6). Abb. 7 - Cueva Palomas: zwei Fußpaare des Typs I. Abb. 8 - Die Ebene nordwestlich der altkanarischen Siedlung 'Zonzamas' ist durch mehrere niedrige und verwitterte Basaltschlote gekennzeichnet, die alle prähispanische Felsbilder und teilweise Inschriften aufweisen. Einer da-von ist die Peña del Conchero, auf der sich dieser Fußumriss des Typs I befin-det; nur hier existiert die einzige Version auf Lanzarote, die geschabt ist. Zwei natürliche Felsritzen durchkreuzen den Umriss (als Unterbrechungen ange-deutet). Zusätzlich einige Linien des altkanarischen linear-geometrischen Stils. Abb. 9 - Diese weitere Fußdarstellung (geritzter Typ G) der Peña del Con-chero weist 6-8 Zehen auf, mit deren Zahl man es offenbar nicht so genau genommen hat. Abb. 10 - Ganz in der Nähe befindet sich die Peña del Letrero (im Valle oder Llano de Zonzamas) mit einem kleinen, geritzten Fuß-Fries (Typ E). Ich gehe aufgrund der schrägen Querlinien, die an Typ C erinnern, nicht von ei-nem "Zaun"-Motiv aus (man vergleiche mit Abb. 11). Abb. 11 - Peña del Letrero: Hier ist es sehr unsicher ob es sich um ein Fuß- Fries handelt (evtl. Typ E), oder um eines der enigmatischen "Zaun"- oder "Leiter"-Motive, die auf Lanzarote öfters auftreten. Abb. 12 - Die Blöcke mit Felsbildern der Piedra del Majo gehören zu einem Ensemble auf dem Südost-Hang der Caldera de Zonzamas, das auch eine Quesera umfasst (Kanäle im Boden für Trankopfer). Der Krater der Caldera de Zonzamas wird übrigens als Müllhalde der nahen Inselhauptstadt Arrecife be-nützt. Bei den beiden Fußpaaren sehen wir einen leicht unterschiedlichen Schematisierungsgrad: links (Typ C) eine Spur realistischer als rechts (Typ D). Abb. 13 - Transitive Form zwischen Typ A und Typ B aufgrund der teilweise flächig ausgeführten Zehen. Dieses Paneel der Piedra del Majo ist durch ein Pic-nic- Feuer weitgehend zerstört worden. Im Volksmund wird es nicht ganz korrekt "El Pentágono" (Fünfeck) genannt. Man lese auch den Text zu Abb. 1 (S. 139). Abb. 14 - Geritzt und nachgeschabt ist der rechte Teil, ein Fries (Typ E) aus vier Umrissen oder zwei Paaren; ein fünfter Umriss wurde links begonnen, ALMOGAREN XLII/2011MM141 aber nicht vollendet. Dieses Gebilde wird im Volksmund "La Mariposa" (Schmetterling) genannt. Links sehen wir einen Einzelumriss des Typs F; daran angefügt einige Linien des linear-geometrischen Stils. Abb. 15 - Piedra del Majo: links ein Fries des Typs E und rechts ein Fuß-paar des Typs B (mit richtiger Zehenzahl). Beides geritzt und nachgeschabt. Abb. 16 - Piedra del Majo: drei leicht variierende Umrisse des Typs F und ein vages Fußpaar des Typs C. Alles geritzt und nachgeschabt. Abb. 17 - Im Bereich des neuzeitlichen 'Palacio de los Espinola' (heute ein Museum in Teguise) fand man diesen lockeren Stein mit einem ramponierten Fußpaar des Typs A; man lese hierzu auch die Bemerkungen zu Abb. 1 auf S. 139. Abb. 18 - Peña de María Herrera (Haría): Diese beiden Umrisse des Typs I sind möglicherweise als Paar gedacht, obwohl unterschiedlich groß. Die Aus-führung ist unbekannt (vermutlich geritzt und nachgeschabt). Im Umfeld zahl-reiche Motive des linear-geometrischen Stils, sowie motivlose Schabungen (Polierungen/Schliffe). Abb. 19-20 - Diese beiden Fußpaare (Typ H) befinden sich auf einem Mauerstein des Pozo de la Cruz, eines Brunnens also, der im Rahmen der ersten normannisch-spanischen Siedlung – San Marcial del Rubicón im äu-ßersten Süden Lanzarotes – angelegt wurde. Den alten Berichten und auch dem archäologischen Befund zufolge (Tejera Gaspar & Aznar Vallejo 1989) lebten hier Europäer und die eingeborenen Mahos friedlich nebeneinander. Der Stein ist sicher älter und stammt aus der Umgebung des (heute fast ver-schwundenen) Dorfes; er wurde also wiederverwendet. Auffallend sind die zwei Reihen von Zehen pro Paar, was möglicherweise bedeutet, dass man zwei Paare zu einem Paar verschmolzen hat, um die transzendente Kraft des Sym-bols zu verstärken – und dies zwei Mal auf einem Stein (also eigentlich vier Paare). León Hernández & Perera Betancort (1996: 89) sehen im oberen Teil von Abb. 20 abweichend von Tejera & Aznar neun Zehen. Insgesamt wurde auf die Ritzung einer korrekten Zehenzahl kein Wert gelegt – wie bei Abb. 9. 5. Zur Bedeutung der podomorphen Felsbilder Lanzarotes Betrachten wir zunächst einige Aspekte, die für das prähispanische Lan-zarote einen Kult der Großen Muttergottheit, der Magna Mater Mediterranea, anzeigen: • Zahlreiche Näpfchen (cazoletas) und Kanäle (canalillos / queseras) im Fels-boden, über die ganze Insel verstreut. Eindeutig für Libationen benützt, also Flüssigkeitsopfer an die Erde, den Leib der Magna Mater. • Fund einer Felsritzung im Zentrum der Insel mit dem Typ der fettleibigen weiblichen Idole als Motiv (Näheres bei Ulbrich 2000). 142MMALMOGAREN XLII/2011 • Zahlreiche Darstellungen von weiblichen Genitalien (Ulbrich 1997), über die ganze Insel verteilt. Insbesondere ein Paneel der 'Peña de la Fecundidad' bei El Mojón (Abb. bei Ulbrich 1991: 19f, 168). Eines dieser Vulven-Symbole ist möglicherweise von einem Kranz aus Sonnenstrahlen umgeben. • Es existieren auf Lanzarote auch einige wenige Penis-Darstellungen und Phallus-Objekte, die – zusammen mit den vorgenannten Motiven – einen Fruchtbarkeitskult anzeigen, der neben dem Fortbestand der Menschen ins-besondere auf die Fruchtbarkeit der Felder abzielte. Beides hat mit gebären und hervorbringen zu tun, was unmittelbar zu Mutter Erde führt. • Eingeborene Königsfamilien mit der Trennung in weltliche Macht beim König und spirituelle Macht beim weiblichen Oberhaupt (Lanzarote und Fuer-teventura). • Enger, fast "körperlicher" Kontakt zur Erde durch Schlagen von Felsen im Fall der Lithophone/Klangsteine und durch Tanz und Bittgesänge auf beson-deren Plätzen (Hypothese bei Ulbrich 2003). Zu berücksichtigen in diesem Zusammenhang ist auch das Reiben und Polieren von Felsen ohne Klanger-zeugung, ein zum Teil vorspanisches Phänomen, welches auf Lanzarote öfters anzutreffen ist (man lese hier auch den Text zu Abb. 18). • Deutung des linear-geometrischen Felsbildstils teilweise als Regenzauber (zumindest die reinen Linien- und Tropfenformen; Ulbrich 2009). Nieder-schläge waren auf Lanzarote überlebenswichtig; einer der vielen und sicher einer der wichtigsten Aspekte der Magna Mater und ihrer zahlreichen Erschei-nungsformen und Avatare war ihre Eigenschaft als Bringerin von Flüssigkeit schlechthin und Wasser im Besonderen. Man sehe auch ihre Verbindung zu Brunnen, Quellen*, Seen und Flüssen (*die zu Zeiten der Ureinwohner auf Lanzarote zahlreicher und noch nicht versiegt waren wie heute). • Spiralform beim Tempelbau (efequen) und konzentrische Kreise auf einer Stele – beides Zeichen eines Wiedergeburtsglaubens. • In Ulbrich (1996: 287-299) habe ich auf die numinose Präsenz anzeigende, purifizierende und segnende Wirkung von podomorphen Abbildungen an Tem-peln und anderen Sakralstätten im mediterranen Großraum (in den ich aus-drücklich die Iberische Halbinsel einbeziehe) hingewiesen. Vorderasiatische und römische weibliche Gottheiten, die damit verbunden waren, hatten ihre Kulte sowohl in Nordafrika als auch in Hispanien. Ihre Tempel musste man barfuß betreten; so wie Kaiser Augustus barfüßig an einer sakralen Handlung teilnahm (Dieterich 1913: 81). Im weiteren Sinne gehört hierher auch die auf S. 134 von Biedermann beschriebene Sitte, dem Höhergestellten die Füße zu küssen. Dies gab es auch bei den Altkanariern: Der italienische Ingenieur und Festungsbauer Leonardo Torriani konnte 1590 noch viele authentische Sitten ALMOGAREN XLII/2011MM143 der Ureinwohner aufzeichnen; für Tenerife meldet er die Respektbezeugung, dass man Adeligen die Füße reinigte und küsste, wenn man ihnen als Vasall begegnete (deutsche Ausgabe S. 165). Anatomische Exvotos und Amulette gab es u.a. bei den Iberern; man findet darunter vielfach auch Beine und Füße (Prados Torreira 1991). Aus schon römisch-iberischer Zeit stammt eine der Göttin Ma gewidmete Marmortafel mit einem Fußpaar, die man bei Itálica fand (Abb. in Paz García-Bellido 1991: 65). • In Ulbrich (1991: 19f) hatte ich auf die möglichen Verbindungen der Mahos zu einem Sonnenkult hingewiesen; dies u.a. deshalb, weil ihr ethnischer Ei-genname 'Fellschuh/Sandale' bedeutete und die Lautfolge /mah/ möglicher-weise auch in dem altkanarischen Wort für Sonne "magec" auftaucht. Die Son-ne als Gottheit war im mediterranen Raum hauptsächlich männlich belegt; bei den Germanen, Hurritern, Hethitern und einigen afrikanischen Stämmen war sie jedoch weiblich. Bei den Ägyptern des Neuen Reiches (1552-1070 v.Chr.) wurde die Sonne durch die Muttergottheit Neith jeden Tag aufs Neue geboren. Mit weißen Sandalen, ohne den Schmutz des Diesseits, ging der Ägypter auf seinem Todesweg in die Unterwelt zu Osiris. Zwei Sandalen zier-ten in ptolemäischer Zeit öfters das Fußende von Särgen (Lurker 1998). Nach dieser Übersicht möchte ich nun konkret auf die Bedeutung der Podo-morfos zu sprechen kommen. Wenn wir davon ausgehen, dass der lanzaro-tische Ureinwohner die Erde zugleich als Gottheit und als wundersamen Schoß ("Mutter Erde" als Hypostase), der Kinder, Feldfrüchte und Wasser hervor-bringt, ansah, dann war es für ihn enorm wichtig, möglichst nahe an diese Erde heranzukommen, ihr durch örtliche Nähe auch geistig näher zu sein. Ich meine deshalb: In einer Art Analogiezauber versah der Maho die Felsen mit Fußabbildungen, die seinen echten physischen Füßen entsprechen sollten, die aber nicht durch die im täglichen Leben notwendigen Sandalen bzw. Leder-sohlen vom "Körper" der Gottheit getrennt waren. Diemit diesem Vorgang einhergehende transzendente Bitte und Erwartungshaltung entsprach durch ihren Dauereffekt praktisch einer Gebetsmühle, wie sie etwa im tibetischen Buddhismus zur Vervielfachung eines Gebets eingesetzt wird. Der bedeuten-de Heidelberger Altphilologe und Religionswissenschaftler Albrecht Dieterich (1866-1908) beschreibt in seinem Buch über die "Mutter Erde" (1913) in meh-reren Kapiteln, wie Zeugung, Geburt und Tod in vielen Kulturen eng mit der "Großen Mutter" zusammenhängen (Richard Wünsch, der Bearbeiter von Dieterich erwähnt auf S. 134 zwei leider schwer erreichbare Literaturstellen zum Thema 'Ritus des Schuhausziehens'). Die unmittelbare Nachbarschaft von Libationsrinnen (Quesera de Zonzamas) und Podomorfos (Piedra del Majo) unterstützt die Annahme eines solchen Zusammenhangs auf Lanzarote. 144MMALMOGAREN XLII/2011 Verfolgt man diesen Gedanken und das oben Erwähnte zum Thema Magna Mater, dann scheinen die podomorphen Felsbilder Lanzarotes ihren festen Platz im Kult einer wie immer gearteten Muttergottheit gehabt zu haben, die über die Zeiten hinweg nicht immer dieselbe gewesen sein muss. 6. Überlegungen zur Chronologie Man kann Werner Pichler (1996: 225) nur vollen Herzens zustimmen, wenn er meint, dass eine absolute Chronologie der kanarischen Podomorfos zur Zeit nicht möglich ist. Was man jedoch m.E. vornehmen kann – allerdings nur sehr behutsam –, ist eine relative Chronologie der Kulturelemente unterein-ander, die mit den Podomorfos auf den Paneelen erscheinen. In diesem Zu-sammenhang fällt auf, dass Lanzarote weit mehr solche 'Symbol-Konglome-rate' aufweist als Fuerteventura. Hier nun einige Beispiele dafür: • Die Autoren des Aufsatzes Perera, Springer & Tejera (1997) haben das Ab-fotografieren der Paneele der Cueva Palomas (Femés I) nachts und mit künst-lichem Seitenlicht durchgeführt; dadurch gelang es, Details der Ritzungen und Schabungen sehr viel feiner sichtbar zu machen. Eines der Ergebnisse ist nach meiner Interpretation, dass das Paneel, welches hier den oberen Teil der Abb. 6 darstellt, mindestens zwei Schichten hat. Die eine, die normalerweise als erstes ins Auge springt und die ich bei Tageslicht gesehen habe, enthält zahlreiche libysch-berberische und latino-kanarische Inschriften (siehe Abb. 21) sowie einige grobe Linien des linear-geometrischen Stils; die zweite – vermutlich untere – enthält mehr und detailliertere Linien sowie die Podo-morfos. Letztere und zum Teil die Linien wären demnach älter als die In-schriften. Ich habe dies erwartet, es ist aber unmöglich, für alle Paneele Lanzarotes so zu konstatieren. Die Podomorfos dieses Paneels jedoch könn-ten damit vor 300 v.Chr. entstanden sein. Perera Betancort (2010: 21) berichtet für die Cueva Palomas allerdings von einem gepunzten Podomorfo, der über einer latino-kanarischen Inschrift liegen soll. • Ob auf Lanzarote ein Trend hin zur Schematisierung stattfand, etwa von Typ I zu Typ F oder von Typ A/B zu Typ G/H/C/D/E ist zugegebenermaßen spekulativ. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass man sich anfangs Mühe gab, die Umrisse möglichst der Anatomie entsprechend darzustellen, dann aber mit der Zeit zu einem laxeren, einfacheren Stil überwechselte. • Es ist durchaus möglich, dass sich auch die geritzten und gepunzten Um-risse zeitlich unterscheiden. Punzieren erlaubt die Herstellung von breiteren Strichen und von Flächen, was mit Ritzungen extrem schwierig und zeitauf-wändig wäre. Die gepunzten Podomorfos könnten deshalb – die zuvor erwähn-te Arbeitseinsparung einbeziehend – älter sein. ALMOGAREN XLII/2011MM145 7. Schlussbetrachtung Die zu erwartenden Neufunde an Felsbild-Paneelen auf Lanzarote dürften in den wenigsten Fällen auch Podomorfos enthalten, so dass sich die Fund-situation dieses Motivtyps kaum noch sensationell verändern wird. Die opti-sche Auswertung des hier vorgestellten Korpus dürfte deshalb – aus meiner Sicht – weitgehend endgültig sein. Die inhaltliche und besonders die religiöse Analyse dagegen lässt noch Spielraum für andere Thesen. Trotzdem scheint für mich die Verbindung der podomorphen Felsbilder Lanzarotes zu einem Kult der Magna Mater in ihrer Form als Erdgöttin höchst wahrscheinlich zu sein – wenn man so will ein indirekter Fruchtbarkeitskult. Denn die Mahos wollten offenbar mit ihren Fuß-abbildungen bei der Göttin präsent sein, was wiederum zu einem wohlwol-lenden göttlichen Verhalten führen sollte, das die Ernten, den Kindersegen und den Wasserhaushalt der Insel positiv beeinflusste. Die zeitliche Einstufung von lanzarotischen Podomorfos ist äußerst schwie-rig, besonders durch den Umstand, dass dieser Motivtyp in dem Zeitrahmen, den er gleichzeitig auf den Kanaren und auf dem nahen östlichen und nördli-chen Festland haben kann – nämlich Spätneolithikum bis Spätantike – eine breite stilistische und urheberbezogene Streuung aufweist. Und so glaube ich, dass die Podomorfos von Lanzarote zu unterschiedlichen Zeiten von unter-schiedlichen Kolonisten erzeugt wurden, wobei letztere auch eine voneinan-der abweichende Motivation gehabt haben können. 8. Bibliografie: Biedermann, Hans (2000*): Knaurs Lexikon der Symbole.- Weltbild Verlag, Augsburg, 591 S. [*posthumer Nachdruck] Castro Alfín, D. (1987): Los petroglifos de Tindaya (Fuerteventura).- "I Jornadas de Historia de Fuerteventura y Lanzarote" [1984] t.II, Cabildo Insular de Fuerteventura, Pto. del Rosario (D.L. Sta. Cruz de Tenerife), 295-322 Chevallier, Raymond (1986): Les graffiti dans le monde romain.- I Segni della Terra 4 (Antropologia Alpina), Torino, 67-81 Cortés Vázquez, M. (1987): Los petroglifos podomorfos de Mña. Tindaya (Fuerteventura): características formáles y significación.- "I Jornadas de Historia de Fuerteventura y Lanzarote" [1984] t.II, Cabildo Insular de Fuerteventura, Pto. del Rosario (D.L. Sta. Cruz de Tenerife), 13-63 Cortés Vázquez, M. (1990): Los petroglifos del yacimiento de Zonzamas, Lanzarote.- "II Jornadas de Historia de Lanzarote y Fuerteventura" [1985] t.II (Serv. de Publ. del Cabildo Insular de Lanzarote), Arrecife (D.L. Mad-rid) 1990, 329-338 + Faltbeilage mit Abb. 146MMALMOGAREN XLII/2011 Dieterich, Albrecht (1913²): Mutter Erde. Ein Versuch über Volksreligion.- G. Teubner Verlag, Leipzig-Berlin, 138 S. (2. Auflage posthum) Freydank, H.; et alii (1997): Lexikon Alter Orient. Ägypten, Indien, China, Vorderasien.- VMA-Verlag, Wiesbaden, 494 S. Jongeling, K. (1994): North African names from Latin sources.- CNWS Pub-lications vol.21 (Leiden University), 216 S. Krahmalkov, Charles R. (2000): Phoenician-Punic Dictionary.- Orientalia Lovaniensia Analecta 90 = Studia Phoenicia XV (Peeters), Leuven, 499 S. 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(* Faksimil-Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1940; das italienisch abgefaßte Manuskript entstand 1590 unter dem Titel "Descrittione et historia del regno de l'isole Canarie gia dette le Fortunate con il parere delle loro fortificationi"; span. Ausgabe: "Descripción de las Islas Canarias", Sta. Cruz de Tenerife 1959/1978) Ulbrich, Hans-Joachim (1990): Die Besiedlung der Kanarischen Inseln – Ur-sprung und Chronologie.- Almogaren XX / 2 / 1989, Hallein 1990, 33-99 Ulbrich, Hans-Joachim (1991): Felsbildforschung auf Lanzarote.- Almogaren XXI / 2 / 1990, Hallein 1991, 319 S. Ulbrich, Hans-Joachim (1995/2002): Elements of the prehispanic rock-art of Lanzarote (Canary Islands).- in Martín Rodríguez, Ernesto (Ed. 2002): Actas del I Simposio de Manifestaciones Rupestres Canarias – Norte de Africa. 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Ulbrich (auf der Basis eines Photos von Irma Köbel-Wettlauffer) – genaue Größe unbekannt – podomorpher Typ A 9. Abbildungen (Die Benennung von Paneelen erfolgt nach den jeweiligen Autoren.) ALMOGAREN XLII/2011MM149 Abb. 2 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Ausschnitt aus Paneel 7 Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ I 150MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 3 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Ausschnitt aus Paneel 10a Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ I (unten) ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM151 Abb. 4 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Ausschnitt aus Paneel 10a Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ I (vermutlich als Paar angelegt) ca. 10 cm 152MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 5 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Ausschnitt aus Paneel 10b Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ C (links), I (rechts) ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM153 Abb. 6 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Paneel 1/1/28 (a) Zeichnung aus Perera Betancort, Springer Bunk & Tejera Gaspar (1997: 57) – podomorpher Typ I (man sehe auch Abb. 21) ca. 10 cm 154MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 7 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Paneel 1/1/28 (b) Zeichnung aus Perera Betancort, Springer Bunk & Tejera Gaspar (1997: 60) – podomorpher Typ I ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM155 Abb. 8 Peña del Conchero, Llano de Zonzamas, Lanzarote – Paneel W1 Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ I (geschabt) ca. 10 cm 156MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 9 Peña del Conchero, Llano de Zonzamas, Lanzarote – Paneel W2 Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ G ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM157 Abb. 10 Peña del Letrero, Llano de Zonzamas, Lanzarote – Paneel C2 Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ E ca. 5 cm 158MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 11 Peña del Letrero, Llano de Zonzamas, Lanzarote – Paneel T Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ E (unsicher) ca. 5 cm ALMOGAREN XLII/2011MM159 Abb. 12 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote – Paneel B Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ C (links), D (rechts) ca. 10 cm Sehr vage befindet sich möglicherweise oben links ein Einzelfuß des Typs F (hier nicht zu sehen und statistisch nicht mitgerechnet). 160MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 13 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote – Paneel C Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ A/B (transitiv) – "El Pentágono" ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM161 Abb. 14 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote – Paneel D Zeichnung: H.-J. Ulbrich (punktierte Linien unsicher) – podomorpher Typ F (links), E (rechts) – "La Mariposa" ca. 10 cm 162MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 15 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote – Paneel E Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ E (links), B (rechts) ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM163 Abb. 16 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote Zeichnung aus León Hernández & Perera Betancort (1996: 88) – podomorpher Typ C, F ca. 10 cm 164MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 17 Palacio de los Espinola, Teguise, Lanzarote – lockeres Steinfragment Zeichnung aus León Hernández & Perera Betancort (1996: 90) – podomorpher Typ A ca. 5 cm ALMOGAREN XLII/2011MM165 Abb. 18 Peña de María Herrera, Haría, Lanzarote – Paneel B Zeichnung aus León Hernández & Perera Betancort (1996: 90) – podomorpher Typ I ca. 5 cm 166MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 19 Pozo de la Cruz, San Marcial del Rubicón, Lanzarote (Mauerstein) Zeichnung aus Tejera Gaspar & Aznar Vallejo (1989) – podomorpher Typ H ca. 5 cm ALMOGAREN XLII/2011MM167 Abb. 20 Pozo de la Cruz, San Marcial del Rubicón, Lanzarote (Mauerstein) Zeichnung aus Tejera Gaspar & Aznar Vallejo (1989) – podomorpher Typ H ca. 5 cm 168MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 21 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Paneel 12c Zeichnung: H.-J. Ulbrich Mein Paneel 12c entspricht dem oberen Teil des Paneels 1/1/28 in Abb. 6 (S. 153). Die Umzeichnung hier zeigt nur die alphabetiformen Ritzungen, nicht die Linien des ebenfalls vorhandenen linear-geometrischen Stils. Relativ deutlich sieht man 3 latino-kanarische (líbico-canario) Inschriften, 4-5 libysch-berberische Inschrif-ten, sowie einige unsichere Fragmente, die dem einen oder dem anderen Typ zu-geordnet werden können. Unter den lateinisch geschriebenen Wörtern findet man die Zeichenfolgen UARIGAL (oder UARIGAN / UARIGAU / NARIGAU / NARI-GAL), ANIL und möglicherweise NIB – alle drei wahrscheinlich Personennamen (die beiden letzten vielleicht Kurzformen). Interessanterweise liegt unter UARIGAL eine libysch-berberische Inschrift, die man mit YRM (MRY) transkribieren könn-te. IAR ist ein öfters auftretendes initiales Element in altberberischen Perso-nennamen. Im Phönizischen bietet sich – allerdings sehr vage – MRY Y an, ein PN, der den Namen des obskuren Gottes MR (Benz ➝ Krahmalkov 2000: 311f) ent-hält. MRY ist dann eventuell ein weiterer Fall im Bereich PN-Kurzformen, deren Existenz ich in der libysch-berberischen und lateinischen Epigraphik der Kanarischen Inseln schon seit längerem vermute (man sehe auch S. 139 über Abb. 2).
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Colección | Almogaren |
Título y subtítulo | Die podomorphen Felsbilder von Lanzarote (Kanarische Inseln) |
Autor principal | Ulbrich, Hans-Joachim |
Entidad | Institutum Canarium |
Publicación fuente | Almogaren |
Numeración | Número 42 |
Tipo de documento | Artículo |
Lugar de publicación | Wien |
Editorial | Institutum Canarium |
Fecha | 2011 |
Páginas | pp. 133-168 |
Materias | Prehistoria ; Islas Canarias |
Copyright | http://biblioteca.ulpgc.es/avisomdc |
Formato digital | |
Tamaño de archivo | 2245049 Bytes |
Texto | ALMOGAREN XLII/2011MM129 ICDIGITAL Separata XLII-9 ALMOGAREN XLII/2011 IC 130MMALMOGAREN XLII/2011 ICDIGITAL Eine PDF-Serie des Institutum Canarium herausgegeben von Hans-Joachim Ulbrich Technische Hinweise für den Leser: Die vorliegende Datei ist die digitale Version eines im Jahrbuch "Almogaren" ge-druckten Aufsatzes. Aus technischen Gründen konnte – nur bei Aufsätzen vor 1990 – der originale Zeilenfall nicht beibehalten werden. Das bedeutet, dass Zeilen-nummern hier nicht unbedingt jenen im Original entsprechen. Nach wie vor un-verändert ist jedoch der Text pro Seite, so dass Zitate von Textstellen in der ge-druckten wie in der digitalen Version identisch sind, d.h. gleiche Seitenzahlen (Pa-ginierung) aufweisen. Der im Aufsatzkopf erwähnte Erscheinungsort kann vom Sitz der Gesellschaft abweichen, wenn die Publikation nicht im Selbstverlag er-schienen ist (z.B. Vereinssitz = Hallein, Verlagsort = Graz wie bei Almogaren III). 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Institutum Canarium 1969-2013 für alle seine Logos, Services und Internetinhalte ALMOGAREN XLII/2011MM131 Inhaltsverzeichnis (der kompletten Print-Version) Luis Alberto Anaya Hernández: Las nuevas ideas y la Inquisición .................................................................. 9 Joaquín Caridad Arias: Temas lingüísticos canarios .......................................................................... 23 Julien d'Huy: Le récit du Chasseur adroit : un mythe kabyle à remonter le temps ? ......................................................... 37 Michael Huebner & Sebastian Huebner: New evidence for a large prehistoric settlement in an annular geomorphological structure in Southwest Morocco ................ 43 Werner Pichler & Alain Rodrigue: The rock art site of Hadjart (Taouz, Morocco) ............................................. 51 Andoni Sáenz de Buruaga: Una nueva estación artística en el Tiris saharaui: presentación del abrigo rupestre de Lejuad VIII (Duguech, Sahara Occidental) ............... 63 R. Santana Rodríguez, J. M. Pérez Luzardo, J. Pérez-Luzardo Díaz: El hábitat troglodita en Gran Canaria: Evolución del hogar desde tiempos prehispánicos ....................................... 89 Susan Searight-Martinet: Rock engravings from Asli Bou Kerch, Smara, Western Sahara ................ 109 Hans-Joachim Ulbrich: Die podomorphen Felsbilder von Lanzarote (Kanarische Inseln) ............ 133 Hartwig E. Steiner: Altkanarische Stätten in Las Playas / El Hierro III: Poblado del Letime – eine Höhen-Siedlung mit Höhlen-Heiligtum? ......... 169 132MMALMOGAREN XLII/2011 Ulbrich, Hans-Joachim (2011): Die podomorphen Felsbilder von Lanzarote (Kanarische Inseln).- Almogaren XLII (Institutum Canarium), Wien, 133-168 Zitieren Sie bitte diesen Aufsatz folgendermaßen / Please cite this article as follows: ALMOGAREN XLII/2011MM133 Hans-Joachim Ulbrich Die podomorphen Felsbilder von Lanzarote (Kanarische Inseln) Keywords: Canary Islands, Lanzarote, podomorphic rock art, Old Mediterranean, religion, Magna Mater Zusammenfassung: Lanzarote, die nordöstlichste der sieben großen Kanarischen Inseln bietet ein reiches prähispanisches Inventar an Felsritzungen, welches u.a. auch verschiedene Formen von Fuß-Abbildungen umfasst. Es wird der Versuch unternommen, den gesamten aktuellen Korpus dieses Felsbild-Typs darzustellen und in Teilen neu zu interpretieren. Darüber-hinaus wird eine relative chronologische Einordnung vorgeschlagen. Abstract: Lanzarote, the northeasternmost of the seven big Canary Islands, offers a rich inventory of prehispanic rock art which features also several forms of podomorphic motifs. The attempt is undertaken to show the actually complete corpus of this type of rock carvings and to interpret it partially anew. Furthermore a relative chronological estimation is given. Resumen: Lanzarote, la más al norte de las siete Islas Canarias principales, ofrece un copioso inventario de rayados rupestres prehispánicos que, entre otras, contiene diversas formas de figuras podomorfas. El presente trabajo pretende presentar e interpretar en su conjunto -parcialmente de nuevo- el corpus actual de este tipo de grabado rupestre. Asimismo, se propone una clasificación cronológica relativa. Almogaren XLII / 2011 Wien 2011 133 - 168 Der vorliegende Aufsatz ist die Aktualisierung und Zusammenführung mehrerer Textab-schnitte zum Thema 'prähispanische Fußabbildungen auf kanarischen Felsen' in früheren Arbeiten (Ulbrich 1990: 62, 64; 1991: 13, 15, 18f; 1995; besonders 1996: 295ff). 1. Allgemeines Der Fuß und die Füße, das Fußpaar, gehören nicht nur anatomisch gesehen sondern auch kultur- und religionsgeschichtlich zu den wichtigsten Körper-teilen des Menschen. Der homo symbolicus ist bezüglich seiner untersten Gliedmaßen, die am häufigsten den Boden berühren, möglicherweise schon seit dem Jungpaläolithikum existent. Die Symbolforschung kennt deshalb nicht nur den physischen Fuß, sondern speziell auch die Fußspur oder den 134MMALMOGAREN XLII/2011 Fußabdruck, in dem der Fuß vereinfacht bzw. abstrahiert und oft nur als Um-riss dargestellt wird. Der ehemalige IC-Präsident (1973-1988), Prof. Dr. Hans Biedermann, hat sich zeitlebens intensiv mit der Welt der Symbole auseinan-dergesetzt. In seinem großen Werk (Biedermann 2000: 157f) führt er u.a. aus: "Fuß (Fußspur), schon in vorgeschichtlichen Epochen viel beachtete und in Form von Felsbildern und plastischen Gestaltungen manifestierte Symbol-form für die Anwesenheit von Menschen und vor allem übernatürlichen Wesen. Fährtensucher aller Zeiten und Kulturen haben dem Fußabdruck Beachtung geschenkt. Da der Fuß der Erde unmittelbar benachbart ist, herrschte vielfach der Glaube, er würde dem betretenen Boden persönliche Kräfte und Ausstrahlungen übertragen. Landnahme wurde häufig einfach dadurch manifestiert, daß auf den Boden der Fuß des Entdeckers gesetzt wurde; ähnlich wurde auf besiegte Feinde der Fuß gestellt, um deren Unter-werfung symbolisch zu manifestieren. Das 'Aufstehen mit dem linken Fuß' galt schon in der Antike als unglückliches Omen für den folgenden Tag. Untergebene und Sklaven mußten als Zeichen der Demut die Füße ihrer Herren küssen. Andererseits galt Lösen der Schuhriemen und Betreten hei-liger Stätten (2. Buch Mosis 3,5) mit bloßen Füßen als Akt der Ehrfurcht. Der Gründonnerstagsbrauch der 'Fußwaschung' in der katholischen Kirche ist ein sinnbildlicher Ausdruck der Demut, nach dem Vorbild Jesu, der seinen Jün-gern nach der orientalischen Sitte der Gastfreundschaft die Füße gewaschen hatte. Die Barfüßigkeit von Mönchsorden (unbeschuhte Karmeliter) ist Aus-druck der freiwillig gewählten Armut. – Dämonischen Wesen wurden oft unmenschlich gestaltete, etwa verkehrt angesetzte Füße zugeschrieben, ebenso Gänse- oder Entenfüße (so etwa bestimmten Wassergeistern und Zwergen). Berühmt ist in diesem Zusammenhang der Bocks- oder Pferdefuß des Teufels, der als Zerrbild einstiger Schönheit nur hinkend gehen kann. Im Volksglauben Altchinas, des buddhistischen Raumes, aber auch im islami-schen und christlichen Bereich werden oft natürlich entstandene Höhlungen in Stein als Fußspuren von Göttern, Heroen, Propheten und Heiligen ver-ehrt. Die Mutter des Begründers der Chou-Dynastie soll durch Betreten ei-ner göttlichen Fußspur auf übernatürliche Weise geschwängert worden sein. – Im Jahr 1740 wurde auf dem Rosenstein in Schwaben eine 'Fußspur Gottes' gesprengt, um ihre 'abergläubische Verehrung' (besonders durch Fußkranke) zu verhindern. In ähnlicher Weise werden an vielen Orten Mitteleuropas Fußstapfen von Heiligen, Riesen, Teufeln und Hexen gezeigt, meist Auswitterungserscheinungen auf Steinplatten, die annähernd Fußabdrücken ähneln. Der Ausdruck 'in jemandes Fußstapfen treten' bedeutet die Absicht der geistigen Nachfolge (vgl. Römerbrief 4, 12): Man will dem Vorbild, das diese Spur hinterlassen hat, folgen. – Eine moderne Manifestation spieleri-scher Art, die auf die archaische Verehrung der Fußspuren großer Vorbilder zurückgeht, ist die Hollywood-Sitte, auf dem Sunset-Strip in Los Angeles die Fußspuren gefeierter Schauspieler zu bewundern und in sie hineinzutreten. – Für die Psychoanalyse ist der Frauenfuß ein durch frühkindliche Wahr- ALMOGAREN XLII/2011MM135 nehmungen so erlebter Ersatz für den 'fehlenden Penis' des weiblichen Ge-schlechtes, wodurch die absonderliche sexuelle Abweichung des männlichen 'Fuß- und Schuhfetischismus' erklärt werden soll. – In der christlichen Sym-bolik wird die Hauptsünde des Zornes (Ira) gelegentlich dadurch dargestellt, daß eine Edelfrau einen Diener mit Füßen tritt; der Fußtritt ist auch sonst Ausdruck extremer Verachtung des Getretenen." Bezogen auf den uns hier interessierenden europäischen-mediterranen-nordafrikanischen Raum kann festgehalten werden, dass podomorphe, also dem Fuß formenmäßig entsprechende oder fußähnliche Felsbilder sowie fuß-bezogene Riten über Jahrtausende hinweg bis in die Jetztzeit hinein in allen diesen geografischen Gebieten – zu denen auch die Kanarischen Inseln gehö-ren – eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben. 2. Der altkanarische Kontext Die überaus reichen Erscheinungsformen der prähispanischen – also alt-kanarischen – Felsbildkunst auf den Insulae Fortunatae umfassen unter ande-rem auch die Darstellung von Füßen (und möglicherweise auch Sandalen). Nahezu alle großen Inseln des Archipels – bislang meines Wissens nicht La Gomera und La Palma – weisen solche Motive mehr oder weniger häufig auf. Bei näherem Hinsehen fällt auf, dass die meisten als Umriss ausgeführt sind, weniger als große Schabung oder gar Tiefenrelief. Mit den zur Verfügung ste-henden Mitteln – Steine und Faustkeile aus dem vulkanischen Umfeld, zum Beispiel aus Basalt oder Obsidian – war man eher in der Lage, Umrisse, d.h. gerade und gebogene Linien oder Striche, zu erzeugen, als langwierig Flä-chen herauszuarbeiten. Wie bei vielen anderen Kulturmerkmalen zeigt sich auch bei den podo-morphen Felsbildern der kanarischen Ureinwohner kein einheitliches Bild. Mit anderen Worten: Die frühen Zuwanderer aus dem iberischen, mediterranen und nordafrikanischen (altberberischen) Raum haben alle ihre eigenen Stil-richtungen im Fels verewigt. Es lässt sich auch hier feststellen, dass es den einheitlichen, alleine berberischen Kolonisten nicht gegeben hat. Auf El Hierro z.B. finden wir Fußumrisse in der Lava, ein Medium, das auf keiner anderen Insel des Archipels für solche Motive genutzt wurde. Nur auf Lanzarote gibt es – ganz begrenzt im äußersten Süden – Umrisse mit zwei Zehen-Reihen an gegenüberliegenden Seiten des schematisierten Fußes. Fu-erteventura ist jene Insel mit den meisten podomorphen Paneelen – mit Mas-sierung auf einem einzigen Berg bzw. einem Gipfelbereich; dort auch die ein-zigen flächig hergestellten podomorfos (span.) der gesamten Kanaren. Da ich hier nicht das extrem weite Gesamtfeld der podomorphen Abbil-dungen im atlantisch-mediterranen Raum komplett neu aufrollen möchte, 136MMALMOGAREN XLII/2011 empfehle ich zum Thema der Kulturparallelen und zu den bisherigen mögli-chen Bedeutungen der 'Podomorfos' die Lektüre von Pichler (1996: 218-226) und Ulbrich (1996: 295-300). Im Hinblick auf andere Autoren sei an dieser Stelle lediglich betont, dass Vergleiche nicht nur mit Nordafrika oder Berber-kulturen vorgenommen werden sollten. Ziel der nachfolgenden Ausführungen ist es, einige neue Gedanken in die Diskussion einzubringen, die – zunächst nur für Lanzarote – eine Verbin-dung zum Kult der Magna Mater Mediterranea wahrscheinlicher machen als bisher schon. Darüberhinaus werden im Abbildungsteil (Kapitel 9) alle bis dato bekannten fußartigen Petrosomatoglyphen vorgestellt. 3. Verteilung und Typologie der podomorphen Felsbilder auf Lanzarote Acht Fundstellen (davon 3 Dislokationen), 14 natürliche Paneele und 35 Ein-zelfüße, Fußpaare und Fuß-Friese kennzeichnen die Fundsituation auf Lanzarote. Damit liegt Lanzarote statistisch gesehen an zweiter Stelle nach Fuerteventura. Die Lokationen der Felsbilder zeigt Tab.1. Die Bevorzugung einer bestimmten Region lässt sich nicht erkennen; wohl aber die Häufung an bestimmten Fundor-ten, nämlich die Piedra del Majo (Zonzamas) und die Cueva Palomas (Femés). Die hypsometrische Verteilung kann vereinfacht wie folgt angegeben werden: - Basaltschlote in der Ebene 2 Fundstellen, 3 Paneele - Basaltschlote auf einem Bergkamm 2 Fundstellen, 6 Paneele - Basaltfelsen in mittlerer Höhe 1 Fundstelle, 5 Paneele - Dislokationen 3 Steine (2 davon sind Mauersteine) Damit wird deutlich, dass die Ureinwohner von Lanzarote ("Mahos") keine besondere Vorliebe für Höhenheiligtümer besaßen, bzw. dass ein durch Fuß-abdrücke geheiligter Ort nicht zwingend auf einer Bergspitze sein musste. Es sieht vielmehr so aus, als würde sich die Nutzung eines Ortes eher nach dem Vorhandensein eines ritzbaren Felsens richten. Somit besteht ein ganz deutli-cher Unterschied zur Mña. Tindaya der Nachbarinsel Fuerteventura, wo die ! " # $ # % " !" # $! " % & ' ( ) * * ) +, - . / ( & - 0 ( & & - " 1 - 2' 3* 4 5 6 " ' 7 8 # 29 4 * ALMOGAREN XLII/2011MM137 & $ " ' " $ $ () "% # % " 2 :;4 * 0 " 6 5 .% - ' .% - < .% = - .% > 2 8 7 > 4 - . .% > 8 3 - ? 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Tindaya (Fuerteventura) feststellen zu können; ich glaube aber, dass dies eher mit der generellen Ausrichtung der lanzarotischen Felsbilder nach Süden zu tun hat (Ulbrich 1995), die wiederum mit einem Sonnenkult zusammenhängen könnte. Tabelle 2 zeigt die Umriss-Formen, die – inklusive Varianten – mit 11-12 beziffert werden können (von Typ A ist ein Fall transitiv zu Typ B, man sehe Abb. 13). Damit steht Lanzarote auch bei der Zahl der verschiedenen Typen an zweiter Stelle nach Fuerteventura, das laut Pichler (1996: 215) 27 Typen aufweist. Den lanzarotischen Typ H gibt es dagegen auf Fuerteventura nicht. Die Podomorfos von Lanzarote scheinen auch stark auf der schematisierten Seite angesiedelt zu sein, während auf Fuerteventura viel realistischere Typen existieren, z.B. was die Darstellung der Zehen betrifft. Letztere werden auf Lanzarote als Striche oder vereinfachte Umrisse dargestellt (Typ A, B, G, H), sind aber auf Fuerteventura teilweise sehr nahe an der anatomischen Realität (Pichlers Typen 2-9, 14-15). Das Anlegen von Friesen aus 3, 4 oder 5 Einzelfüßen oder auch aus 2 Fuß-paaren scheint sich aufgrund des Auftretens von ungeraden Zahlen völlig von der menschlichen Anatomie gelöst zu haben: Vielmehr kam es offenbar dar-auf an, die Idee, die hinter dem "Fußabdruck" stand, im Fels zu manifestieren und durch eine möglichst große Menge solcher Symbole die Heiligkeit des Ortes zu potenzieren bzw. den Zweck des Symbols, nämlich eine Bitte an die Gottheit, schneller und beständiger in der Realität wahr werden zu lassen. Dies deutet auch die petroglyphische Darstellung auf Lanzarote von immerhin 18 Einzelfüßen an (die Friese hier nicht angerechnet). Die Ausführungstechnik umfasst Ritzungen (span. incisión), Punzierungen (span. picado, percusión) und Schabungen (span. frotación, deutsch 'Reibung'). Interessant ist, dass der Großteil der Ritzungen der Piedra del Majo (Zonza-mas) nachgeschabt wurde; in der geschabten leichten Vertiefung haben sich ALMOGAREN XLII/2011MM139 Mikroorganismen festgesetzt, die im Laufe der Zeit für eine Patina gesorgt haben, die etwas dunkler ist als der Gesteinslack des nicht bearbeiteten Felsens. 4. Anmerkungen zu den Abbildungen Abb. 1 - Der Mauerstein wurde von einem Deutschen bei Restaurierungs-arbeiten in der Casa de los Marqueses (Teguise) entdeckt. Er zeigt den Typ A mit einer interessanten Variante der Zehen als Umrisse, also flächig. Der Stein stammt sicherlich aus dem altkanarischen Umfeld der ehemaligen Hauptstadt von Lanzarote und mag vielleicht im 16. Jh. dort entdeckt worden sein. Es ist nicht auszuschließen, dass der Stein – obwohl heidnisch – das adelige spani-sche Haus schützen und segnen sollte; der Herzog Agustín de Herrera y Rojas hatte schließlich eine eingeborene Großmutter. Sehr ähnlich ist auch Abb. 15, deren Stein nicht weit davon entfernt in Teguise entdeckt wurde. Unerklärt sind bisher die linearen und gebogenen Fortsätze auf der Fersenseite; León Hernández & Perera Betancort (1996: 63) denken hier an einen möglichen Hinweis auf Sandalen. Die gebogenen An-hängsel finden sich auch in Abb. 15 und an anderer Stelle, nämlich seitlich, an der Ritzung der Abb. 11 (Piedra del Majo). Aufgrund dieses Umstandes vermu-te ich eher eine kultische Bedeutung. Warum bei einer Sandale Zehen zeigen? Abb. 2 - Dies ist eines von mehreren Paneelen, welche erst in den 90er Jahren (Perera Betancort, Springer Bunk & Tejera Gaspar 1997) in der Nähe von Femés auf einem östlich gelegenen Höhenzug des Ajaches-Gebirges, der in Richtung Pico Naos noch weitere Fundstellen aufweist, entdeckt wurde. Es zeigt neben drei punzierten Fußumrissen des Typs I auch einige Striche des altkanarischen linear-geometrischen Stils sowie eine latino-kanarische In-schrift ( = IAM). Auf demselben Paneel befindet sich (weiter unten) noch eine vertikale libysch-berberische Inschrift. YAM ( ) ist im Phönizischen (und Hebräischen) ein Begriff für "Meer" (Krahmalkov 2000: 209); dies könnte für die Fundstelle 'Cueva Palomas' zu-treffen, bei der das Meer in Sichtweite ist. Phönizier und Punier haben Lan-zarote mit ziemlicher Sicherheit besucht. YM mit ungewisser Vokalisation ist laut Krahmalkov (2000: 210) auch ein phön. Personenname oder – in zwei Fällen – die erste Silbe eines solchen. Laut Jongeling (1994: 61) ist iam aber auch der Beginn zahlreicher altberberischer Personennamen: iam(a)car, iam-bal, iambaria, iameraban, iameratan, iamgur, iammada, usw. Wir hätten es dann mit der Kurzform eines PN zu tun, etwa in dem Sinne eines Rufnamens. Abb. 3 - Zu sehen ist ein weiterer gepunzter Fußumriss (Typ I) der Fund-stelle 'Cueva Palomas'. Darüber ein gepunzter Kreis, der möglicherweise ei-nen missglückten Fußabruck darstellen soll. 140MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 4 - Wir erkennen zwei Fußumrisse des Typs I, die möglicherweise als Paar gemeint sind; der linke Umriss ist jedoch nicht vollendet. Abb. 5 - Dieses Paneel von der 'Cueva Palomas' zeigt einen gepunzten Fußumriss des Typs I und ein geritztes Fußpaar des Typs C. Letzteres erinnert an eine ähnliche Form der Abb. 12 links. Abb. 6 - Wir sehen ein Doppelpaneel der 'Cueva Palomas' mit zwei ge-punzten Einzelumrissen und zwei Fußpaaren, alle des Typs I. Ebenfalls ent-halten sind einige latino-kanarische und libysch-berberische Inschriften, die in dieser Umzeichnung nur schwer erkennbar sind (mehr dazu in Kapitel 6). Abb. 7 - Cueva Palomas: zwei Fußpaare des Typs I. Abb. 8 - Die Ebene nordwestlich der altkanarischen Siedlung 'Zonzamas' ist durch mehrere niedrige und verwitterte Basaltschlote gekennzeichnet, die alle prähispanische Felsbilder und teilweise Inschriften aufweisen. Einer da-von ist die Peña del Conchero, auf der sich dieser Fußumriss des Typs I befin-det; nur hier existiert die einzige Version auf Lanzarote, die geschabt ist. Zwei natürliche Felsritzen durchkreuzen den Umriss (als Unterbrechungen ange-deutet). Zusätzlich einige Linien des altkanarischen linear-geometrischen Stils. Abb. 9 - Diese weitere Fußdarstellung (geritzter Typ G) der Peña del Con-chero weist 6-8 Zehen auf, mit deren Zahl man es offenbar nicht so genau genommen hat. Abb. 10 - Ganz in der Nähe befindet sich die Peña del Letrero (im Valle oder Llano de Zonzamas) mit einem kleinen, geritzten Fuß-Fries (Typ E). Ich gehe aufgrund der schrägen Querlinien, die an Typ C erinnern, nicht von ei-nem "Zaun"-Motiv aus (man vergleiche mit Abb. 11). Abb. 11 - Peña del Letrero: Hier ist es sehr unsicher ob es sich um ein Fuß- Fries handelt (evtl. Typ E), oder um eines der enigmatischen "Zaun"- oder "Leiter"-Motive, die auf Lanzarote öfters auftreten. Abb. 12 - Die Blöcke mit Felsbildern der Piedra del Majo gehören zu einem Ensemble auf dem Südost-Hang der Caldera de Zonzamas, das auch eine Quesera umfasst (Kanäle im Boden für Trankopfer). Der Krater der Caldera de Zonzamas wird übrigens als Müllhalde der nahen Inselhauptstadt Arrecife be-nützt. Bei den beiden Fußpaaren sehen wir einen leicht unterschiedlichen Schematisierungsgrad: links (Typ C) eine Spur realistischer als rechts (Typ D). Abb. 13 - Transitive Form zwischen Typ A und Typ B aufgrund der teilweise flächig ausgeführten Zehen. Dieses Paneel der Piedra del Majo ist durch ein Pic-nic- Feuer weitgehend zerstört worden. Im Volksmund wird es nicht ganz korrekt "El Pentágono" (Fünfeck) genannt. Man lese auch den Text zu Abb. 1 (S. 139). Abb. 14 - Geritzt und nachgeschabt ist der rechte Teil, ein Fries (Typ E) aus vier Umrissen oder zwei Paaren; ein fünfter Umriss wurde links begonnen, ALMOGAREN XLII/2011MM141 aber nicht vollendet. Dieses Gebilde wird im Volksmund "La Mariposa" (Schmetterling) genannt. Links sehen wir einen Einzelumriss des Typs F; daran angefügt einige Linien des linear-geometrischen Stils. Abb. 15 - Piedra del Majo: links ein Fries des Typs E und rechts ein Fuß-paar des Typs B (mit richtiger Zehenzahl). Beides geritzt und nachgeschabt. Abb. 16 - Piedra del Majo: drei leicht variierende Umrisse des Typs F und ein vages Fußpaar des Typs C. Alles geritzt und nachgeschabt. Abb. 17 - Im Bereich des neuzeitlichen 'Palacio de los Espinola' (heute ein Museum in Teguise) fand man diesen lockeren Stein mit einem ramponierten Fußpaar des Typs A; man lese hierzu auch die Bemerkungen zu Abb. 1 auf S. 139. Abb. 18 - Peña de María Herrera (Haría): Diese beiden Umrisse des Typs I sind möglicherweise als Paar gedacht, obwohl unterschiedlich groß. Die Aus-führung ist unbekannt (vermutlich geritzt und nachgeschabt). Im Umfeld zahl-reiche Motive des linear-geometrischen Stils, sowie motivlose Schabungen (Polierungen/Schliffe). Abb. 19-20 - Diese beiden Fußpaare (Typ H) befinden sich auf einem Mauerstein des Pozo de la Cruz, eines Brunnens also, der im Rahmen der ersten normannisch-spanischen Siedlung – San Marcial del Rubicón im äu-ßersten Süden Lanzarotes – angelegt wurde. Den alten Berichten und auch dem archäologischen Befund zufolge (Tejera Gaspar & Aznar Vallejo 1989) lebten hier Europäer und die eingeborenen Mahos friedlich nebeneinander. Der Stein ist sicher älter und stammt aus der Umgebung des (heute fast ver-schwundenen) Dorfes; er wurde also wiederverwendet. Auffallend sind die zwei Reihen von Zehen pro Paar, was möglicherweise bedeutet, dass man zwei Paare zu einem Paar verschmolzen hat, um die transzendente Kraft des Sym-bols zu verstärken – und dies zwei Mal auf einem Stein (also eigentlich vier Paare). León Hernández & Perera Betancort (1996: 89) sehen im oberen Teil von Abb. 20 abweichend von Tejera & Aznar neun Zehen. Insgesamt wurde auf die Ritzung einer korrekten Zehenzahl kein Wert gelegt – wie bei Abb. 9. 5. Zur Bedeutung der podomorphen Felsbilder Lanzarotes Betrachten wir zunächst einige Aspekte, die für das prähispanische Lan-zarote einen Kult der Großen Muttergottheit, der Magna Mater Mediterranea, anzeigen: • Zahlreiche Näpfchen (cazoletas) und Kanäle (canalillos / queseras) im Fels-boden, über die ganze Insel verstreut. Eindeutig für Libationen benützt, also Flüssigkeitsopfer an die Erde, den Leib der Magna Mater. • Fund einer Felsritzung im Zentrum der Insel mit dem Typ der fettleibigen weiblichen Idole als Motiv (Näheres bei Ulbrich 2000). 142MMALMOGAREN XLII/2011 • Zahlreiche Darstellungen von weiblichen Genitalien (Ulbrich 1997), über die ganze Insel verteilt. Insbesondere ein Paneel der 'Peña de la Fecundidad' bei El Mojón (Abb. bei Ulbrich 1991: 19f, 168). Eines dieser Vulven-Symbole ist möglicherweise von einem Kranz aus Sonnenstrahlen umgeben. • Es existieren auf Lanzarote auch einige wenige Penis-Darstellungen und Phallus-Objekte, die – zusammen mit den vorgenannten Motiven – einen Fruchtbarkeitskult anzeigen, der neben dem Fortbestand der Menschen ins-besondere auf die Fruchtbarkeit der Felder abzielte. Beides hat mit gebären und hervorbringen zu tun, was unmittelbar zu Mutter Erde führt. • Eingeborene Königsfamilien mit der Trennung in weltliche Macht beim König und spirituelle Macht beim weiblichen Oberhaupt (Lanzarote und Fuer-teventura). • Enger, fast "körperlicher" Kontakt zur Erde durch Schlagen von Felsen im Fall der Lithophone/Klangsteine und durch Tanz und Bittgesänge auf beson-deren Plätzen (Hypothese bei Ulbrich 2003). Zu berücksichtigen in diesem Zusammenhang ist auch das Reiben und Polieren von Felsen ohne Klanger-zeugung, ein zum Teil vorspanisches Phänomen, welches auf Lanzarote öfters anzutreffen ist (man lese hier auch den Text zu Abb. 18). • Deutung des linear-geometrischen Felsbildstils teilweise als Regenzauber (zumindest die reinen Linien- und Tropfenformen; Ulbrich 2009). Nieder-schläge waren auf Lanzarote überlebenswichtig; einer der vielen und sicher einer der wichtigsten Aspekte der Magna Mater und ihrer zahlreichen Erschei-nungsformen und Avatare war ihre Eigenschaft als Bringerin von Flüssigkeit schlechthin und Wasser im Besonderen. Man sehe auch ihre Verbindung zu Brunnen, Quellen*, Seen und Flüssen (*die zu Zeiten der Ureinwohner auf Lanzarote zahlreicher und noch nicht versiegt waren wie heute). • Spiralform beim Tempelbau (efequen) und konzentrische Kreise auf einer Stele – beides Zeichen eines Wiedergeburtsglaubens. • In Ulbrich (1996: 287-299) habe ich auf die numinose Präsenz anzeigende, purifizierende und segnende Wirkung von podomorphen Abbildungen an Tem-peln und anderen Sakralstätten im mediterranen Großraum (in den ich aus-drücklich die Iberische Halbinsel einbeziehe) hingewiesen. Vorderasiatische und römische weibliche Gottheiten, die damit verbunden waren, hatten ihre Kulte sowohl in Nordafrika als auch in Hispanien. Ihre Tempel musste man barfuß betreten; so wie Kaiser Augustus barfüßig an einer sakralen Handlung teilnahm (Dieterich 1913: 81). Im weiteren Sinne gehört hierher auch die auf S. 134 von Biedermann beschriebene Sitte, dem Höhergestellten die Füße zu küssen. Dies gab es auch bei den Altkanariern: Der italienische Ingenieur und Festungsbauer Leonardo Torriani konnte 1590 noch viele authentische Sitten ALMOGAREN XLII/2011MM143 der Ureinwohner aufzeichnen; für Tenerife meldet er die Respektbezeugung, dass man Adeligen die Füße reinigte und küsste, wenn man ihnen als Vasall begegnete (deutsche Ausgabe S. 165). Anatomische Exvotos und Amulette gab es u.a. bei den Iberern; man findet darunter vielfach auch Beine und Füße (Prados Torreira 1991). Aus schon römisch-iberischer Zeit stammt eine der Göttin Ma gewidmete Marmortafel mit einem Fußpaar, die man bei Itálica fand (Abb. in Paz García-Bellido 1991: 65). • In Ulbrich (1991: 19f) hatte ich auf die möglichen Verbindungen der Mahos zu einem Sonnenkult hingewiesen; dies u.a. deshalb, weil ihr ethnischer Ei-genname 'Fellschuh/Sandale' bedeutete und die Lautfolge /mah/ möglicher-weise auch in dem altkanarischen Wort für Sonne "magec" auftaucht. Die Son-ne als Gottheit war im mediterranen Raum hauptsächlich männlich belegt; bei den Germanen, Hurritern, Hethitern und einigen afrikanischen Stämmen war sie jedoch weiblich. Bei den Ägyptern des Neuen Reiches (1552-1070 v.Chr.) wurde die Sonne durch die Muttergottheit Neith jeden Tag aufs Neue geboren. Mit weißen Sandalen, ohne den Schmutz des Diesseits, ging der Ägypter auf seinem Todesweg in die Unterwelt zu Osiris. Zwei Sandalen zier-ten in ptolemäischer Zeit öfters das Fußende von Särgen (Lurker 1998). Nach dieser Übersicht möchte ich nun konkret auf die Bedeutung der Podo-morfos zu sprechen kommen. Wenn wir davon ausgehen, dass der lanzaro-tische Ureinwohner die Erde zugleich als Gottheit und als wundersamen Schoß ("Mutter Erde" als Hypostase), der Kinder, Feldfrüchte und Wasser hervor-bringt, ansah, dann war es für ihn enorm wichtig, möglichst nahe an diese Erde heranzukommen, ihr durch örtliche Nähe auch geistig näher zu sein. Ich meine deshalb: In einer Art Analogiezauber versah der Maho die Felsen mit Fußabbildungen, die seinen echten physischen Füßen entsprechen sollten, die aber nicht durch die im täglichen Leben notwendigen Sandalen bzw. Leder-sohlen vom "Körper" der Gottheit getrennt waren. Diemit diesem Vorgang einhergehende transzendente Bitte und Erwartungshaltung entsprach durch ihren Dauereffekt praktisch einer Gebetsmühle, wie sie etwa im tibetischen Buddhismus zur Vervielfachung eines Gebets eingesetzt wird. Der bedeuten-de Heidelberger Altphilologe und Religionswissenschaftler Albrecht Dieterich (1866-1908) beschreibt in seinem Buch über die "Mutter Erde" (1913) in meh-reren Kapiteln, wie Zeugung, Geburt und Tod in vielen Kulturen eng mit der "Großen Mutter" zusammenhängen (Richard Wünsch, der Bearbeiter von Dieterich erwähnt auf S. 134 zwei leider schwer erreichbare Literaturstellen zum Thema 'Ritus des Schuhausziehens'). Die unmittelbare Nachbarschaft von Libationsrinnen (Quesera de Zonzamas) und Podomorfos (Piedra del Majo) unterstützt die Annahme eines solchen Zusammenhangs auf Lanzarote. 144MMALMOGAREN XLII/2011 Verfolgt man diesen Gedanken und das oben Erwähnte zum Thema Magna Mater, dann scheinen die podomorphen Felsbilder Lanzarotes ihren festen Platz im Kult einer wie immer gearteten Muttergottheit gehabt zu haben, die über die Zeiten hinweg nicht immer dieselbe gewesen sein muss. 6. Überlegungen zur Chronologie Man kann Werner Pichler (1996: 225) nur vollen Herzens zustimmen, wenn er meint, dass eine absolute Chronologie der kanarischen Podomorfos zur Zeit nicht möglich ist. Was man jedoch m.E. vornehmen kann – allerdings nur sehr behutsam –, ist eine relative Chronologie der Kulturelemente unterein-ander, die mit den Podomorfos auf den Paneelen erscheinen. In diesem Zu-sammenhang fällt auf, dass Lanzarote weit mehr solche 'Symbol-Konglome-rate' aufweist als Fuerteventura. Hier nun einige Beispiele dafür: • Die Autoren des Aufsatzes Perera, Springer & Tejera (1997) haben das Ab-fotografieren der Paneele der Cueva Palomas (Femés I) nachts und mit künst-lichem Seitenlicht durchgeführt; dadurch gelang es, Details der Ritzungen und Schabungen sehr viel feiner sichtbar zu machen. Eines der Ergebnisse ist nach meiner Interpretation, dass das Paneel, welches hier den oberen Teil der Abb. 6 darstellt, mindestens zwei Schichten hat. Die eine, die normalerweise als erstes ins Auge springt und die ich bei Tageslicht gesehen habe, enthält zahlreiche libysch-berberische und latino-kanarische Inschriften (siehe Abb. 21) sowie einige grobe Linien des linear-geometrischen Stils; die zweite – vermutlich untere – enthält mehr und detailliertere Linien sowie die Podo-morfos. Letztere und zum Teil die Linien wären demnach älter als die In-schriften. Ich habe dies erwartet, es ist aber unmöglich, für alle Paneele Lanzarotes so zu konstatieren. Die Podomorfos dieses Paneels jedoch könn-ten damit vor 300 v.Chr. entstanden sein. Perera Betancort (2010: 21) berichtet für die Cueva Palomas allerdings von einem gepunzten Podomorfo, der über einer latino-kanarischen Inschrift liegen soll. • Ob auf Lanzarote ein Trend hin zur Schematisierung stattfand, etwa von Typ I zu Typ F oder von Typ A/B zu Typ G/H/C/D/E ist zugegebenermaßen spekulativ. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass man sich anfangs Mühe gab, die Umrisse möglichst der Anatomie entsprechend darzustellen, dann aber mit der Zeit zu einem laxeren, einfacheren Stil überwechselte. • Es ist durchaus möglich, dass sich auch die geritzten und gepunzten Um-risse zeitlich unterscheiden. Punzieren erlaubt die Herstellung von breiteren Strichen und von Flächen, was mit Ritzungen extrem schwierig und zeitauf-wändig wäre. Die gepunzten Podomorfos könnten deshalb – die zuvor erwähn-te Arbeitseinsparung einbeziehend – älter sein. ALMOGAREN XLII/2011MM145 7. Schlussbetrachtung Die zu erwartenden Neufunde an Felsbild-Paneelen auf Lanzarote dürften in den wenigsten Fällen auch Podomorfos enthalten, so dass sich die Fund-situation dieses Motivtyps kaum noch sensationell verändern wird. Die opti-sche Auswertung des hier vorgestellten Korpus dürfte deshalb – aus meiner Sicht – weitgehend endgültig sein. Die inhaltliche und besonders die religiöse Analyse dagegen lässt noch Spielraum für andere Thesen. Trotzdem scheint für mich die Verbindung der podomorphen Felsbilder Lanzarotes zu einem Kult der Magna Mater in ihrer Form als Erdgöttin höchst wahrscheinlich zu sein – wenn man so will ein indirekter Fruchtbarkeitskult. Denn die Mahos wollten offenbar mit ihren Fuß-abbildungen bei der Göttin präsent sein, was wiederum zu einem wohlwol-lenden göttlichen Verhalten führen sollte, das die Ernten, den Kindersegen und den Wasserhaushalt der Insel positiv beeinflusste. Die zeitliche Einstufung von lanzarotischen Podomorfos ist äußerst schwie-rig, besonders durch den Umstand, dass dieser Motivtyp in dem Zeitrahmen, den er gleichzeitig auf den Kanaren und auf dem nahen östlichen und nördli-chen Festland haben kann – nämlich Spätneolithikum bis Spätantike – eine breite stilistische und urheberbezogene Streuung aufweist. Und so glaube ich, dass die Podomorfos von Lanzarote zu unterschiedlichen Zeiten von unter-schiedlichen Kolonisten erzeugt wurden, wobei letztere auch eine voneinan-der abweichende Motivation gehabt haben können. 8. Bibliografie: Biedermann, Hans (2000*): Knaurs Lexikon der Symbole.- Weltbild Verlag, Augsburg, 591 S. [*posthumer Nachdruck] Castro Alfín, D. (1987): Los petroglifos de Tindaya (Fuerteventura).- "I Jornadas de Historia de Fuerteventura y Lanzarote" [1984] t.II, Cabildo Insular de Fuerteventura, Pto. del Rosario (D.L. Sta. Cruz de Tenerife), 295-322 Chevallier, Raymond (1986): Les graffiti dans le monde romain.- I Segni della Terra 4 (Antropologia Alpina), Torino, 67-81 Cortés Vázquez, M. (1987): Los petroglifos podomorfos de Mña. Tindaya (Fuerteventura): características formáles y significación.- "I Jornadas de Historia de Fuerteventura y Lanzarote" [1984] t.II, Cabildo Insular de Fuerteventura, Pto. del Rosario (D.L. Sta. Cruz de Tenerife), 13-63 Cortés Vázquez, M. 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(* Faksimil-Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1940; das italienisch abgefaßte Manuskript entstand 1590 unter dem Titel "Descrittione et historia del regno de l'isole Canarie gia dette le Fortunate con il parere delle loro fortificationi"; span. Ausgabe: "Descripción de las Islas Canarias", Sta. Cruz de Tenerife 1959/1978) Ulbrich, Hans-Joachim (1990): Die Besiedlung der Kanarischen Inseln – Ur-sprung und Chronologie.- Almogaren XX / 2 / 1989, Hallein 1990, 33-99 Ulbrich, Hans-Joachim (1991): Felsbildforschung auf Lanzarote.- Almogaren XXI / 2 / 1990, Hallein 1991, 319 S. Ulbrich, Hans-Joachim (1995/2002): Elements of the prehispanic rock-art of Lanzarote (Canary Islands).- in Martín Rodríguez, Ernesto (Ed. 2002): Actas del I Simposio de Manifestaciones Rupestres Canarias – Norte de Africa. Las Palmas 1995.- Número Extraordinario de la revista "Faykag" Otoño 2002, Las Palmas de G.C., 393-400 (CD im PDF-Format) Ulbrich, Hans-Joachim (1996): Neue Felsbildstationen auf der Kanareninsel Lanzarote (II).- Almogaren XXVII, Vöcklabruck (Austria), 285-357 Ulbrich, Hans-Joachim (1997): Sexualität und Scham bei den Altkanariern.- Almogaren XXVIII, Vöcklabruck, 7-88 Ulbrich, Hans-Joachim (2000): Eine Spur der Großen Mutter auf Lanzarote (Kanarische Inseln).- Almogaren XXXI (Institutum Canarium), Wien, 71-88 Ulbrich, Hans-Joachim (2003): Frequenzanalyse eines Lithophons auf Lan-zarote (Kanarische Inseln).- Almogaren XXXIV (Institutum Canarium), Wien, 25-36 Ulbrich, Hans-Joachim (2009): Kontakt zur Großen Mutter – Felsritzungen auf Lanzarote als Emanation des altkanarischen Regenkultes.- IC-Nach-richten 91 (Institutum Canarium), Wien, 57-59 148MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 1 Casa de los Marqueses, Teguise, Lanzarote (Mauerstein) Zeichnung: H.-J. Ulbrich (auf der Basis eines Photos von Irma Köbel-Wettlauffer) – genaue Größe unbekannt – podomorpher Typ A 9. Abbildungen (Die Benennung von Paneelen erfolgt nach den jeweiligen Autoren.) ALMOGAREN XLII/2011MM149 Abb. 2 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Ausschnitt aus Paneel 7 Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ I 150MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 3 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Ausschnitt aus Paneel 10a Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ I (unten) ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM151 Abb. 4 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Ausschnitt aus Paneel 10a Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ I (vermutlich als Paar angelegt) ca. 10 cm 152MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 5 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Ausschnitt aus Paneel 10b Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ C (links), I (rechts) ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM153 Abb. 6 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Paneel 1/1/28 (a) Zeichnung aus Perera Betancort, Springer Bunk & Tejera Gaspar (1997: 57) – podomorpher Typ I (man sehe auch Abb. 21) ca. 10 cm 154MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 7 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Paneel 1/1/28 (b) Zeichnung aus Perera Betancort, Springer Bunk & Tejera Gaspar (1997: 60) – podomorpher Typ I ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM155 Abb. 8 Peña del Conchero, Llano de Zonzamas, Lanzarote – Paneel W1 Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ I (geschabt) ca. 10 cm 156MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 9 Peña del Conchero, Llano de Zonzamas, Lanzarote – Paneel W2 Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ G ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM157 Abb. 10 Peña del Letrero, Llano de Zonzamas, Lanzarote – Paneel C2 Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ E ca. 5 cm 158MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 11 Peña del Letrero, Llano de Zonzamas, Lanzarote – Paneel T Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ E (unsicher) ca. 5 cm ALMOGAREN XLII/2011MM159 Abb. 12 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote – Paneel B Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ C (links), D (rechts) ca. 10 cm Sehr vage befindet sich möglicherweise oben links ein Einzelfuß des Typs F (hier nicht zu sehen und statistisch nicht mitgerechnet). 160MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 13 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote – Paneel C Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ A/B (transitiv) – "El Pentágono" ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM161 Abb. 14 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote – Paneel D Zeichnung: H.-J. Ulbrich (punktierte Linien unsicher) – podomorpher Typ F (links), E (rechts) – "La Mariposa" ca. 10 cm 162MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 15 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote – Paneel E Zeichnung: H.-J. Ulbrich – podomorpher Typ E (links), B (rechts) ca. 10 cm ALMOGAREN XLII/2011MM163 Abb. 16 Piedra del Majo, Caldera de Zonzamas (lado SE), Lanzarote Zeichnung aus León Hernández & Perera Betancort (1996: 88) – podomorpher Typ C, F ca. 10 cm 164MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 17 Palacio de los Espinola, Teguise, Lanzarote – lockeres Steinfragment Zeichnung aus León Hernández & Perera Betancort (1996: 90) – podomorpher Typ A ca. 5 cm ALMOGAREN XLII/2011MM165 Abb. 18 Peña de María Herrera, Haría, Lanzarote – Paneel B Zeichnung aus León Hernández & Perera Betancort (1996: 90) – podomorpher Typ I ca. 5 cm 166MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 19 Pozo de la Cruz, San Marcial del Rubicón, Lanzarote (Mauerstein) Zeichnung aus Tejera Gaspar & Aznar Vallejo (1989) – podomorpher Typ H ca. 5 cm ALMOGAREN XLII/2011MM167 Abb. 20 Pozo de la Cruz, San Marcial del Rubicón, Lanzarote (Mauerstein) Zeichnung aus Tejera Gaspar & Aznar Vallejo (1989) – podomorpher Typ H ca. 5 cm 168MMALMOGAREN XLII/2011 Abb. 21 Cueva Palomas, Femés (I), Lanzarote – Paneel 12c Zeichnung: H.-J. Ulbrich Mein Paneel 12c entspricht dem oberen Teil des Paneels 1/1/28 in Abb. 6 (S. 153). Die Umzeichnung hier zeigt nur die alphabetiformen Ritzungen, nicht die Linien des ebenfalls vorhandenen linear-geometrischen Stils. Relativ deutlich sieht man 3 latino-kanarische (líbico-canario) Inschriften, 4-5 libysch-berberische Inschrif-ten, sowie einige unsichere Fragmente, die dem einen oder dem anderen Typ zu-geordnet werden können. Unter den lateinisch geschriebenen Wörtern findet man die Zeichenfolgen UARIGAL (oder UARIGAN / UARIGAU / NARIGAU / NARI-GAL), ANIL und möglicherweise NIB – alle drei wahrscheinlich Personennamen (die beiden letzten vielleicht Kurzformen). Interessanterweise liegt unter UARIGAL eine libysch-berberische Inschrift, die man mit YRM (MRY) transkribieren könn-te. IAR ist ein öfters auftretendes initiales Element in altberberischen Perso-nennamen. Im Phönizischen bietet sich – allerdings sehr vage – MRY Y an, ein PN, der den Namen des obskuren Gottes MR (Benz ➝ Krahmalkov 2000: 311f) ent-hält. MRY ist dann eventuell ein weiterer Fall im Bereich PN-Kurzformen, deren Existenz ich in der libysch-berberischen und lateinischen Epigraphik der Kanarischen Inseln schon seit längerem vermute (man sehe auch S. 139 über Abb. 2). |
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