Almogaren XXX / 1999 Vöcklabruck 1999 339 - 344
Friedrich Berger
Vier Bauwerke aus dem Nordsudan
Einleitung
W ährend einer Reise im Jahre 1996 wurden die Ruinen von mehreren Bauwerken
im Nordsudan abseits des Niltales besucht. Hierüber wurde während
der Jahrestagung des IC am 12.-14. Juni 1998 berichtet. Hier folgt eine Zusammenfassung
des Vortrages.
Die "Pyramide"
Lokation 15°38' N - 27°55' E, nahe dem Brunnen Id Abu Sofian (man sehe
Abbildung 1).
Aus der Feme sieht dieses Bauwerk aus wie ein Hügel mit Steingeröllen an
den Hängen. Wenn man näher kommt und hinaufsteigt, wird deutlich, daß es
sich um die Reste eines Bauwerkes handelt. Es besteht aus sorgfältig gemauerten
mehr oder weniger stark gebrannten Lehmziegeln.
Newbold war wohl der erste Europäer, der die Ruine 1924 besucht hat. Er
bezeichnete sie als Pyramide (1924: 79-80, PI. VIII). Das Material für die Ziegel,
sandigen Ton, gibt es in etwa 2 km Entfernung (1924: 79). Brennstofe
gibt es heute dort nicht und Wasser ist ca. 13 km entfernt im Brunnen Id Abu
Sofian.
Von der Pyramide aus sieht man eine runde Plattform und eine kreisförmige
Struktur aus Steinen. In einiger Entfernung fanden sich die Reste von geraden
Mauern in einem rechten Winkel, möglicherweise zur Einfriedung eines
Geländes.
Für ein Bruchstück eines Ziegels wurde eine Thermolumineszenz-Analyse
durchgeführt. Diese gab ein Alter von 1500 +/- 300 Jahren (Labor RalfKotalla
Nr. 970363, 19.4.1997). Allerdings wurden für die Altersbestimmung mitteleuropäische
Parameter benutzt, so daß die Altersangabe nicht voll verläßlich
ist.
Auf der Basis der angegebenen Daten wurde die sogenannte Pyramide
ungefähr im Jahre 500 +/- 300 n.Chr. gebaut. Damit würde sie in die Zeit des
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Endes des Reiches Kusch und des Beginns der christlichen Reiche im Nordsudan
fallen.
Das Reich Kusch mit den Hauptstädten Napata und später Meroe bestand
seit etwa 800 v.Chr. (Streck, 1989:39). Zeitweise stellte es die Herrscher von
Ägypten. Es setzte die ägyptische Tradition fort bis weit nach dem Niedergang
der ägyptischen Reiches. Die ägyptische Hieroglyphenschrift und die
demotische Schrift wurden übernommen und später wurde eine Buchstabenschrift
entwickelt (Leclant, 1978). Die Buchstabenschrift ist zwar interpretiert,
aber nicht lesbar, da die meroitische Sprache nicht bekannt ist (Haarmann,
1990:390). Möglicherweise handelte es sich bei den Herrschern um Zuwanderer,
die eine Oberschicht über Nubier bildeten.
Das Reich Kusch wurde um 350 durch König Ezana aus Axum (Äthiopien)
zerstört (Ilevbare, 1986:181), nachdem bereits vorher neue nubische Einwanderer
ofenbar die Macht übernommen hatten. Angeblich flohen die Prinzen
nach Darfur in den Westen.
Es gibt Wissenschaftler, die die Pyramidengräber der Garamanten im Wadi
al-Ajal im Fezzan auf die Pyramiden von Meroe zurückführen (El-Rashdi,
1986:102).
Das Fort am Wadi Howar
Lokation 17°46' N - 29°55' E, am Wadi Howar, etwa 100 km vom Nil (Abbildung
2).
Nahe dem Wadi Howar liegt eine große Befestigungsanlage. Sie ist rechteckig
mit rund 120 x 200 m Größe und bis zu 4 m hohen und ebenso breiten
Mauern. Außen haben die Mauern "Finger" zur Verstärkung. An den vier Seiten
sind Eingänge. Bemerkenswert ist an mehreren Stellen die aufrechte
Schichtung der grob behauenen Steine im Mauerwerk. Im Inneren der Umwallung
sind die Grundmauern von einigen Gebäuden angedeutet und ein
Brunnen (?). Die erste Erwähnung und Beschreibung stammt von Kuper
(1989:199). Er nennt das Bauwerk "GalaAbuAhmed" ( besser Qalca = Burg).
Auf der Basis von Vergleichen mit anderen Bauwerken im Niltal ordnet er das
Fort in die christliche Periode. Nach Hinkel (in Kröpelin, 1993:139) könnte es
auch aus der Zeit von Meroe stammen (400 v.Chr. - 350 n.Chr.).
Nach dem Fall des Reiches Kusch war das Gebiet nubisch. Es wurde 542-
580 von Ägypten aus durch die Kopten christianisiert. Dies führte zu einem
neuen Aufschwung. Es bildeten sich drei nubische Königreiche
• Nobatia im Norden, Hauptstadt Faras;
• Makuria in der Mitte, Hauptstadt (Old-)Dongola;
• Alwa oder Aloda im Süden, Hauptstadt Soba.
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Nobatia und Makuria wurden 700 vereint. Eine Schrift wurde eingeführt
auf der Basis der koptischen Schrift mit drei zusätzlichen Zeichen aus der
Meroe-Schrift.
EI Hosh (Hof, Haus)
Lokation 17° 16' N - 31 ° 38' E (Abbildung 3).
Am Hang eines Hügels ist ein Bereich mit einer halbkreisförmigen Mauer
eingegrenzt. Ofenbar handelt es sich um ein Tierpferch, da der Bereich zur
Spitze des Hügels hin ofen ist. Die Mauer hat ein Tor. Auch hier kann man
aufrecht gestellte Steine in der Mauerung beobachten.
Vor der Mauer fanden sich einige Steinwerkzeuge, unter anderem durchbohrte
Steine, die als Gewicht zu Grabstöcken gedient haben können, oder als
Keulenköpfe.
In der Nähe der Anlage gibt es einige vorislamische Gräber.
Ruine einer Kirche
Lokation 17° 07' N - 31 ° 00' E, im Wadi Mossatar (Abbildung 4).
Auf der Karte ist eine Kirche verzeichnet. Hiervon ist aber nicht mehr viel
zu sehen. Die meisten Steine wurden wiederverwendet für ein Haus.
Die arabische Invasion von Norden wurde 642/62 zunächst abgewehrt und
es wurde eine Vertrag zur gegenseitigen Abgrenzung geschlossen zwischen
den Arabern im Norden und den christlichen sudanischen Königreichen im
Süden. Schließlich wurde Dongola aber 1323 von Ägypten aus erobert. Alwa
wurde 1504 von den Funj und den Arabern von Süden aus erobert. Damit
wurde der Nordsudan islamisiert. Die Bewohner im Niltal in Unternubien
und Obernubien sind aber weiterhin Nubier und sprechen ihre alte Sprache
(abgesehen von den Umsiedlungen wegen des Baus des Nasser-Stausees). Sonst
gibt es Nubier im Gebiet von Darfur und Südkordofan. Westlich des Nils im
Nordsudan nomadisieren die arabischen Kababisch und die Hawawir. Letztere
sind erst 1820/21 von Mehmet Ali aus Oberägypten hierhin verdrängt worden.
Schlußbemerkung
Das Gebiet, in dem die vier Bauwerke liegen, wird heute von Kamelnomaden
bewohnt, die in der Nähe von Brunnen auch Ziegen und Schafe halten.
Während die heutigen ariden Klimabedingungen am mittleren Wadi Howar
bei Jebel Rahib bereits vor rund 3300 Jahren erreicht wurden (Neumann,
1993: 164-167), zeigt die Existenz der beschriebenen Bauwerke, daß die Aridität
weiter südlich und östlich erst später fortschritt. Sonst haben die Gebäude
wenig gemeinsam.
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In: Heine, Bernd et al. (Hg.) 1985. Sprache und Geschichte in
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Main/New York: Campus.
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Kuper, Rudolph, 1989. Tue Eastern Sahara from North to South: data and dates
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Bildmaterial:
Abb. 1: "Pyramide"
Abb. 2: Das Fort am Wadi Howar
Abb. 3: El Hosh
Abb. 4: Steine aus einer Kirche
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Abb. 1
Abb. 2
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Abb. 3
Abb. 4
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