Miscellanea
Gertrude ENGLJAHRINGER, Salzburg
FELSBILDER IN DER SCHLUCHT
VON OUED DJARET, ALGERIEN
Neun Tage, nachdem wir im Zuge einer Studienfahrt Algier in Richtung
Süden verlassen hatten, und zwar nach 180 km Pistenfahrt (denn die
Asphaltstra.Be endet etwa 50 Kilometer vor der Zwischenstation El AdebLarache),
erreichten wir Illizi.
Dieser Ort, von Algier etwa 1895 Kilometer weit entfernt, ist der Ausgangspunkt
für Touren zu den berühmten, von Touristen aber zum Glück
noch wenig besuchten Felsbildern im Tal des Oued Djaret. Auf der Suche
nach einem ortskundigen Führer wies man uns zum Haus des Ortsvorstehers,
das zugleich Verwaltungszentrum des Ortes wie auch des ganzen Distriktes
war. Der Bürgermeister versprach, für den nachsten Tag einen Tuareg-Führer
herzubestellen. Über die genauen Konditionen wurde wenig gesprochen. Am
nachsten Tag waren wir überrascht, nicht nur den versprochenen Führer
anzutreffen, sondern auch einen jungen Begleiter und drei Kamele.
Die Details mit den Ortskundigen sollten in solchen Fallen immer exakt
vereinbart werden; in diesem Fall war ofenbar ein Kamel zuviel eingeplant,
denn der Führer geht normalerweise zu Fu.B und führt das Tragtier. Von
einem weiteren Mann war nie die Rede gewesen. Dennoch verlieBen wir in
der beschriebenen Besetzung Illizi in südlicher Richtung - einen Ort, der
zwar einen Wüstenflugplatz besitzt, aber keine Tankstelle (es empfiehlt sich
aber, sich 280 km vor Illizi, in IN AMENAS, mit Treibstof zu versorgen).
Wir rechneten damit, das 15 km von Illizi entfernte Tal des Oued Djaret bald
zu erreichen. Leider erwies es sich, da.B unser Führer - ein Azguer-Tuareg -
mehrere Schlafpausen einlegte, wodurch wir erst am Abend bei den Auslaufern
des Tales eintrafen, wo wir kampierten.
Der frühe Morgen des Folgetages ergab die ersten Eindrücke von dem
Reichtum dieses Gebietes an alter Felskunst. Unsere Schlafstelle lag unmittelbar
neben einem gro.Ben Felsblock mit Gravierungen. Eindrucksvoll war
eine graue, flach liegende Steinplatte mit einer eingeschlifenen Rinderdarstellung,
die eine mit dem Daumen nach unten weisende Hand in der Brustgegend
aufwies (Abb. 1; die etwa 0,9 cm tiefen Schleifrillen sind mit Wasser
übergossen, um das Ritzbild deutlicher werden zu lassen).
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Eine Zufahrt mit dem Landrover bis knapp vor den Eingang der Schlucht
ware moglich gewesen, jedoch nur mit einem Führer, da es keine Wegmarkierung
gibt. Im Inneren der Schlucht kann kein Fahrzeug weiterkommen.
Hier existiert nur ein schmaler FuBpfad zwischen Steinblocken. Die Schlucht
verlauft etwa 20 Kilometer weiter in nord-südlicher Richtung.
Wir drangen im Zuge unserer Kundfahrt ur etwa 8 km weit vor, da unser
Tuaregführer sich als nicht sehr wanderfreudig erwies.
Abb. 2 zeigt eine Tierdarstellung, die ofenbar als hornloses Rind anzusprechen
ist. Die Gesamtlange der eingeklopften und nachher vertieft nachgekratzten
Tierfigur ist etwa 1,5 m. Es gibt auch flachenhaft eingetiefte Tierfiguren
(etwa Gazellen), durch eingeschliffene Konturlinien starker hervorgehoben.
Abb. 3 laBt im Oberteil eine Menschengestalt mit erhobenen Armen
erkennen, die an jene von Tiout (Frobenius, Hadschra Maktuba, Graz 1965:
Tafel 72 u. o.) erinnernd, etwa 30 cm hoch. Links unten ist ein Teil einer
schonen Rinderdarstellung sichtbar.
Eine etwa 130 cm lange, gut erhaltene Elefanten-Darstellung ist auf
Abb. 4 zu erkennen, wobei die gefacherten Ohren des Tieres an Tafel VIII
(In Habeter, Fezzan) bei Frobenius, Ekade Ektab (Graz 1963) erinnern.
Petroglyphen verschiedenen Alters und Stils zeigt Abb. 5, wobei die eingeschliffene
Wiedergabe des Altbüfels (Bubalus antiquus) mit einem Menschen
unterhalb des nach vorn gedrehten Homes auffallt. Das weit ausladende
Gehorn ist flachenhaft glatt eingeschliffen. Sorgfaltig ausgeführt ist eine
Doppelspiralen-Schlangenlinie; einer anderen Epoche gehort eine eingeklopfte
Girafe ober dem Gehorn des Altbüffels an. Spiraldarstellungen kommen
auch sonst nicht selten vor. Jene von Abb. 6, etwa 45 cm im Durchmesser,
hat einen ,,Eingang" und erinnert an ein Labyrinth-Motiv (vgl. SchwarzWinklhofer/
Biedermann: Das Buch der Zeichen und Symbole, Graz 1972,
Seite 23 ). Erstaunlicherweise finden wir auch eine jener typisch ,,megalithischen"
Spiralen vor, Abb. 7, die vor allem auf der Kanareninsel La Palma
(nach Mitteilung von H. Nowak) anzutrefen sind.
Eine formal sehr sichere Nashorn-Darstellung zeigt Abb. 8, die Lange des
Tieres betragt ca. 1 m.
Abb. 9 zeigt ein Beispiel für den berühmten ,,Garamanten-Streitwagen"
der nordafrikanischen Felskunst, eine eingeklopfte Darstellung von ca. 40 cm
Lange.
Schwieriger zu fotografieren sind die im Oued Djaret anzutreffenden Felsmalereien,
wobei Abb. 10 ein Beispiel - Tierfigur, 15 cm lang - wiedergibt.
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AL GE RI E N
Abb. 1
NACH
GHAc¡AMES
L Y B I E N
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4
Abb. 5
Abb. 6
Abb. 7
Abb.8
Abb. 10
Nach einem dreitagigen Aufenthalt kehrten wir nach Illizi zurück, wobei
die Distanz diesmal bereits in einem halben Tag zurückgelegt werden konnte.
Der Kostenpunkt der viertagigen Tour belief sich für 2 Personen auf etwa
6S 2000 ,- ( 1 algerischer Dinar - ca. 6S 5 ,-) . In di eser Summe sind die
Spesen für einen Führer mit 2 Kamelen eingeschlossen, wobei der Führer für
das Wasser sorgt, der Reisende für seinen Proviant selbst aufkommen muB.
Das Wasser wird in Ziegenhaut-Schlauchen mitgeführt, und es halt sich darin
überraschend kühl. Die finanziellen Angelegenheiten sind im Amt des Bürgermeisters
zu erledigen. Wahrend der Tour nach Oued Djaret hatten wir den
VW-Bus (auf eigenes Risiko) bei der Reparaturwerkstatte von Illizi abgestellt.
AbschlieBend sei noch erwahnt, daB ein letzter Nachklang der alten Felsbilderkunst
bei den Tuareg von heute fortlebt; sie verfertigen Tierdarstellungen,
daneben auch Felsinschriften in Tifinagh-Zeichen. Die künstlerische
Qualitat der alten Felsbilder wird von ihnen freilich in keiner Weise erreicht.
Kartenskizze und Zeichnungen: Bernd Baier, Halein
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